zu Art.2 Abs.1 GG (1) | [ ] [ » ] | [ ] |
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Die Freiheit der Entfaltung der Persönlichkeit erschöpft sich nicht in der allgemeinen Handlungsfreiheit (vgl BVerfGE_6,32 <36 f>), sondern umfaßt in der grundgesetzlichen Ordnung auch den grundrechtlichen Anspruch, nicht durch staatlichen Zwang mit einem Nachteil belastet zu werden, der nicht in der verfassungsmäßigen Ordnung begründet ist. Das Grundrecht verbietet Eingriffe der Staatsgewalt, die nicht rechtsstaatlich sind (BVerfGE 9,83 <88>; 17,306 <313 f>). Insbesondere gehört zur Handlungsfreiheit auch das Grundrecht des Bürgers, nur auf Grund solcher Rechtsvorschriften zu Steuern herangezogen zu werden, die formell und materiell der Verfassung gemäß sind und deshalb zur verfassungsmäßigen Ordnung gehören. Denn in die wirtschaftliche Freiheit des Einzelnen greift die öffentliche Gewalt nicht nur durch Gebote und Verbote, sondern auch durch Auferlegung von Steuern ein (BVerfGE_9,3 <11>). (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE)
Die freiheitssichernde Funktion des Grundrechts auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren (Art.2 Abs.1 iVm Art.20 Abs.3 GG) erfordert es, daß der Richter den Inhalt von Meinungsäußerungen unter Heranziehung des gesamten Kontextes einer Erklärung objektiv und sachlich vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Geschehens, in dem sie gefallen ist, ermittelt und in der Begründung seiner Entscheidung erkennen läßt, daß er seine Entscheidung auf diese Weise gewonnen hat. Gegen diese Grundsätze wird, in einem fachgerichtlichen Urteil verstoßen, wenn einzelnen Teilen einer Meinungsäußerung eine bei hinreichender Beachtung des Zusammenhangs nicht mehr verständliche verschärfende und damit überzogene Deutung gegeben wird und sie in dieser Deutung einer disziplinarrechtlichen Würdigung und Ahndung unterworfen werden. (vgl BVerfG, B, 10.07.92, - 2_BvR__1802/91 - Potentielle Mörder - NJW_92,2750 -51 )
Die Besonderen Grundrechtsnormen schließen für ihren Bereich die Anwendung des Art.2 Abs.1 GG nur aus, soweit eine Verletzung dieses Grundrechts und einer besonderen Grundrechtsnorm unter demselben sachlichen Gesichtspunkt in Betracht kommt (Ergänzung BVerfGE 6, 32 <37>; 10, 55 <58>). (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE
Die Ausreisefreiheit ist als Ausfluß der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Art.2 Abs.1 GG innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. (vgl BVerfG, U, 16.01.57, - 1_BvR_253/56 - Elfes - BVerfGE_6,32 = E-StA_91,27 -32 = www.DFR/BVerfGE)
Es kann gegen Art.2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen, wenn ein Gutachten über die ortsübliche Vergleichsmiete zur Grundlage eines Urteils gemacht wird, obwohl weder das Gericht noch die Prozeßparteien die Möglichkeit hatten, die vom Sachverständigen zugrunde gelegten Befundtatsachen zu überprüfen. (vgl BVerfG, B, 11.10.94, - 1_BvR_1398/93 - Vergleichsmiete - BVerfGE_91,176 -85 )
Die auf der Grundlage der Anschauung des Jahres 1986 gewonnene Auffassung, das Tragen von Ohrschmuck (Ohrstecker) durch uniformierte männliche Zollbeamte könne im Einzelfall zu einer Ansehensminderung und damit zu einer Beeinträchtigung der dem Tragen der Dienstkleidung beigemessenen Repräsentations- und Neutralitätsfunktion führen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Dienstherr ist aber gehalten, die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse im Auge zu behalten und zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Verbots des Tragens von Ohrschmuck zur Dienstkleidung noch gegeben sind. (vgl BVerfG, B, 10.01.91, - 2_BvR_550/90 - Ohrstecker - DVBl_91,632 = NVwZ_91,767)
Die Gewährung von Rechtshilfe durch Zustellung einer Klage, mit der Ansprüche auf Strafschadensersatz nach US-amerikanischem Recht (punitive damages) geltend gemacht werden, verletzt nicht die allgemeine Handlungsfreiheit in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. (vgl BVerfG, B, 07.12.94, - 1_BvR_1279/94 - Punitive Damages - BVerfGE_91,335 = www.DFR/BVerfGE)
Im Verfahren der Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht kann eine Verletzung des Art.2 Abs.1 GG nicht darauf gestützt werden, daß Landesrecht mit der Landesverfassung unvereinbar sei und deshalb nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne dieses Grundgesetzartikels gehöre. (vgl BVerfG, B, 17.12.75, - 1_BvR_548/68 - Gemeinschaftsschule - BVerfGE_41,88 = www.DFR/BVerfGE)
Die allgemeine Handlungsfeiheit wird durch das Haager Zustellungsübereinkommen zulässigerweise eingeschränkt. Nur unter engen Voraussetzungen, wenn die Hoheitsrechte oder die Sicherheit der Bundesrepublik gefährdet sind, kann auf der Grundlage des Art.13 HZÜ die Zustellung verweigert werden. (vgl BVerfG, B, 24.01.07, - 2_BvR_1133/04 - Zustellungszeugnis - = RS-BVerfG-Nr.07.003 = www.BVerfGE.de)
Das sich im Mutterleib entwickelnde Leben steht als selbständiges Rechtsgut unter dem Schutz der Verfassung (Art.2 Abs.2 Satz 1, Art.1 Abs.1 GG). Die Schutzpflicht des Staates verbietet nicht nur unmittelbare staatliche Eingriffe in das sich entwickelnde Leben, sondern gebietet dem Staat auch, sich schützend und fördernd vor dieses Leben zu stellen. Die Verpflichtung des Staates, das sich entwickelnde Leben in Schutz zu nehmen, besteht auch gegenüber der Mutter. Der Lebensschutz der Leibesfrucht genießt grundsätzlich für die gesamte Dauer der Schwangerschaft Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren und darf nicht für eine bestimmte Frist in Frage gestellt werden. (vgl BVerfG, U, 25.02.75, - 1_BvF_1/74 - Schwangerschaftsabbruch I - BVerfGE_39,1 = www.DFR/BVerfGE)
Der Gesetzgeber kann die grundgesetzlich gebotene rechtliche Mißbilligung des Schwangerschaftsabbruchs auch auf andere Weise zum Ausdruck bringen als mit dem Mittel der Strafdrohung. Entscheidend ist, ob die Gesamtheit der dem Schutz des ungeborenen Lebens dienenden Maßnahmen einen der Bedeutung des zu sichernden Rechtsgutes entsprechenden tatsächlichen Schutz gewährleistet. Im äußersten Falle, wenn der von der Verfassung gebotene Schutz auf keine andere Weise erreicht werden kann, ist der Gesetzgeber verpflichtet, zur Sicherung des sich entwickelnden Lebens das Mittel des Strafrechts einzusetzen. (vgl BVerfG, U, 25.02.75, - 1_BvF_1/74 - Schwangerschaftsabbruch I - BVerfGE_39,1 = www.DFR/BVerfGE)
Eine Fortsetzung der Schwangerschaft ist unzumutbar, wenn der Abbruch erforderlich ist, um von der Schwangeren eine Gefahr für ihr Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihres Gesundheitszustandes abzuwenden. Darüber hinaus steht es dem Gesetzgeber frei, andere außergewöhnliche Belastungen für die Schwangere, die ähnlich schwer wiegen, als unzumutbar zu werten und in diesen Fällen den Schwangerschaftsabbruch straffrei zu lassen. (vgl BVerfG, U, 25.02.75, - 1_BvF_1/74 - Schwangerschaftsabbruch I - BVerfGE_39,1 = www.DFR/BVerfGE)
Das Fünfte Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 18.Juni 1974 (BGBl.I S.1297) ist der verfassungsrechtlichen Verpflichtung, das werdende Leben zu schützen, nicht in dem gebotenen Umfang gerecht geworden. (vgl BVerfG, U, 25.02.75, - 1_BvF_1/74 - Schwangerschaftsabbruch I - BVerfGE_39,1 = www.DFR/BVerfGE)
Zur Reichweite des Grundrechts auf Schutz der Persönlichkeit aus Art.2 Abs.1 in Verbindung mit Art.1 Abs.1 GG gegen Abbildungen von Prominenten im Kontext unterhaltender Medienberichte über deren Privat- und Alltagsleben (vgl BVerfG, B, 26.02.08, - 1_BvR_1602/07 - Abbildung von Prominenten - = RS-BVerfG-Nr.08.010 = www.BVerfG.de)
Eine vom Schutz der Privatsphäre (Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG) umfaßte vertrauliche Äußerung verliert diesen Charakter nicht dadurch, daß sie der Briefüberwachung nach §§ 29 Abs.3, 31 des Strafvollzugsgesetzes unterliegt. Eine Verurteilung wegen Beleidigung, die auf der gegenteiligen Annahme beruht, verstößt gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art.5 Abs.1 Satz 1 GG). (vgl BVerfG, B, 26.04.94, - 1_BvR_1968/88 - Briefüberwachung - BVerfGE_90,255 = www.DFR/BVerfGE)
Zur Frage der Verwertbarkeit tagebuchartiger Aufzeichnungen des Beschuldigten im Strafverfahren (vgl BVerfG, B, 14.09.89, - 2_BvR_1062/87 - Tagebuch - BVerfGE_80,367 -383 = BVerfGA_Nr.78 = www.DFR/BVerfGE)
Wird bei einem Arzt die Karteikarte des Beschuldigten ohne oder gegen dessen Willen beschlagnahmt, so liegt darin in aller Regel eine Verletzung des dem Patienten zustehenden Grundrechts auf Achtung seines privaten Bereichs (Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG). Das gilt auch dann, wenn sich die Karteikarte nicht mehr im Besitz des behandelnden Arztes, sondern im Gewahrsam eines Berufskollegen befindet, der Praxis und Patientenkartei seines Vorgängers übernommen hat. (vgl BVerfG, B, 08.03.72, - 2_BvR_28/71 - Ärztliche Schweigepflicht - BVerfGE_32,373 = www.DFR/BVerfGE)
Es besteht kein Schutz des Verstorbenen durch das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit aus Art.2 Abs.1 GG, weil Träger dieses Grundrechts nur die lebende Person ist. (vgl BVerfG, B, 05.04.01, - 1_BvR_932/94 - Wilhem Kaisen - NJW_01,2957 -60 )
Leitsätze zu diesem Vorbehalt habe ich nicht gefunden. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass dieser Vorbehalt von dem der verfassungsmäßigen Ordnung überlagert wird. (Schm)
Verfassungsmäßige Ordnung im Sinne des Art.2 Abs.1 GG ist die verfassungsmäßige Rechtsordnung, dh die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell der Verfassung gemäß sind. (vgl BVerfG, U, 16.01.57, - 1_BvR_253/56 - Elfes - BVerfGE_6,32 = E-StA_91,27 -32 = www.DFR/BVerfGE)
Jedermann kann im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend machen, eine seine Handlungsfreiheit beschränkende Rechtsnorm gehöre nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung. (vgl BVerfG, U, 16.01.57, - 1_BvR_253/56 - Elfes - BVerfGE_6,32 = E-StA_91,27 -32 = www.DFR/BVerfGE)
Der verfassungsmäßigen Ordnung entspricht eine gesetzliche Regelung von Befugnissen, die aus einem Grundrecht hergeleitet werden können, nur dann, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen - also auch die negativen - inhaltlich mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Ist ein Genehmigungsverfahren zulässigerweise angeordnet, so müssen also die Gründe, die eine Versagung der behördlichen Erlaubnis ermöglichen, durch legitime öffentliche Interessen gerechtfertigt sein. Das gleiche gilt, wenn das Gesetz zuläßt, daß die Erteilung der Genehmigung von Bedingungen, Auflagen oder zeitlichen Begrenzungen abhängig gemacht wird. Je mehr der gesetzliche Eingriff elementare Äußerungen der menschlichen Handlungsfreiheit berührt, um so sorgfältiger müssen die zur Rechtfertigung vorgebrachten Gründe gegen den grundsätzlichen Freiheitsanspruch des Bürgers abgewogen werden (BVerfGE_17,306 <314>). (vgl BVerfG, U, 05.08.66, - 1_BvF_1_61 - Sammlungsgesetz - BVerfGE_20,150 = www.DFR/BVerfGE)
Es verstößt gegen Art.2 Abs.1 GG, wenn die Verweigerung der Angabe der Personalien nach § 111 OWiG geahndet wird, ohne daß zuvor die Rechtmäßigkeit der Aufforderung in vollem Umfang überprüft worden ist. (vgl BVerfG, B, 07.03.95, - 1_BvR_1564/92 - Personalienangabe - BVerfGE_92,191 = DFR-BVerfGE_92,191)
Die Zivilgerichte müssen - insbesondere bei der Konkretisierung und Anwendung von Generalklauseln wie § 138 und § 242 BGB - die grundrechtliche Gewährleistung der Privatautonomie in Art.2 Abs.1 GG beachten. Daraus ergibt sich ihre Pflicht zur Inhaltskontrolle von Verträgen, die einen der beiden Vertragspartner ungewöhnlich stark belasten und das Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärke sind. (vgl BVerfG, B, 19.10.93, - 1_BvR_567/89 - Bürgschaftsverträge - BVerfGE_89,214 = RS-BVerfG-Nr.93.013 = www.DFR/BVerfGE)
Zur Privatautonomie des Einzelnen. (vgl BVerfG, B, 19.10.93, - 1_BvR_567/89 - Bürgschaftsverträge - BVerfGE_89,214 = RS-BVerfG-Nr.93.013 = www.DFR/BVerfGE)
§ 45a Absatz 2 Satz 3 Variante 1 des Personenbeförderungsgesetzes in der Fassung des Artikels 24 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 29.Dezember 2003 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 3076) ist mit Artikel 20 Absatz 2, Artikel 38 Absatz 1 Satz 2, Artikel 42 Absatz 1 Satz 1 und Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 3 des Grundgesetzes. Die Vorschrift bleibt bis zu einer Neuregelung, längstens bis zum 30.Juni 2011, anwendbar.
Die vorstehende Entscheidungsformel hat gemäß § 31 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Gesetzeskraft.
(vgl BVerfG, B, 08.12.09, - 2_BvR_758/07 - Zeitfahrausweise - = RS-BVerfG-Nr.09.022
= www.BVerfG.de)
Ein gesetzlicher Eingriff in die Freiheit der Disposition über Betriebsmittel ist mit Art.2 Abs.1 GG vereinbar, sofern ein angemessener Spielraum zur Entfaltung der Unternehmerinitiative verbleibt. (vgl BVerfG, U, 20.07.54, - 1_BvR_459/52 - Investitionshilfe - BVerfGE_4,7 = www.DFR/BVerfGE)
Aus Art.2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art.20 Abs.3 GG) lässt sich die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten im materiellen Sinn ableiten (vgl BVerfGE 82,126 <155>; 93,99 <107>). Das Rechtsstaatsprinzip fordert im Interesse der Rechtssicherheit, dass strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden. (vgl BVerfG, B, 20.07.00, - 1_BvR_352_00 - Überlange Verfahrensdauer - = www.bverfg.de)
Es lässt sich allerdings nicht generell festlegen, ab wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert; insbesondere die Angabe einer festen Jahresgrenze ist angesichts der Unterschiedlichkeit der Verfahren nicht möglich. Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung dieser Frage sind vielmehr stets alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Bedeutung der Sache für die Parteien, die Schwierigkeit der Sachmaterie, das den Parteien zuzurechnende Verhalten sowie die gerichtlich nicht zu beeinflussenden Tätigkeiten von Dritten, wie etwa Sachverständigen, einzubeziehen. (vgl BVerfG, B, 20.07.00, - 1_BvR_352_00 - Überlange Verfahrensdauer - = www.bverfg.de)
Die Gerichte haben im Rahmen ihrer Verfahrensführung auch die Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen. Mit zunehmender Dauer des Verfahrens insgesamt oder in der jeweiligen Instanz verdichtet sich die mit dem Justizgewährleistungsanspruch verbundene Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens und dessen Beendigung zu bemühen. (vgl BVerfG, B, 20.07.00, - 1_BvR_352_00 - Überlange Verfahrensdauer - = www.bverfg.de)
Auch bei einem Rechtsstreit, der beträchtliche rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten aufweist überschreitet ein Verfahrenszeitraum von 11 Jahren, in denen keine Entscheidung erging deutlich das unter dem Gesichtspunkt eines effektiven Rechtsschutzes für einen Prozessbeteiligten noch Hinnehmbaren. (vgl BVerfG, B, 20.07.00, - 1_BvR_352_00 - Überlange Verfahrensdauer - = www.bverfg.de)
Die Pflicht der Gerichts zur nachhaltigen Beschleunigung des Verfahrens wird noch verstärkt, wenn es bei dem Rechtsstreit um die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers geht. (vgl BVerfG, B, 20.07.00, - 1_BvR_352_00 - Überlange Verfahrensdauer - = www.bverfg.de)
Läßt eine Äußerung mehrere Deutungen zu, von denen nur eine strafbar ist, dann dürfen die Gerichte die zur Bestrafung führende Deutung nur zugrundelegen, wenn sie die anderen Deutungsmöglichkeiten zuvor mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen haben. (vgl BVerfG, B, 25.08.94, - 1_BvR_1432/92 - Soldaten sind Mörder - NJW_94,2943 )
Die §§ 175 f StGB verstoßen auch nicht gegen das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art.2 Abs.1 GG), da homosexuelle Betätigung gegen das Sittengesetz verstößt und nicht eindeutig festgestellt werden kann, daß jedes öffentliche Interesse an ihrer Bestrafung fehlt. (vgl BVerfG, U, 10.05.57, - 1_BvR_550/52 - Homosexuelle - BVerfGE_6,389 = www.DFR/BVerfGE)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht das Grundrecht aus Art.2 Abs.1 GG auch juristischen Personen zu (BVerfGE 10, 89 <99>). (vgl BVerfG, B, 25.10.66, - 2_BvR_506_63 - Nulla poena sine culpa - BVerfGE_20,323 = www.DFR/BVerfGE)
Die Grundrechte aus Art.2 Abs.1 und Art.3 Abs.1 GG stehen auch juristischen Personen zu (BVerfGE_4,7 <12>; 10,89 <99>, 221 <225>; 15,235 <239>). (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE)
Das aus Art.2 I iVm Art.1 I GG folgende Recht, sich nicht selbst einer Straftat bezichtigen zu müssen, ist gemäß Art.19 III GG nicht auf juristische Personen anwendbar. (vgl BVerfG, B, 26.02.97, - 1_BvR_2172/96 - Aufzeichnungen - BVerfGE_95,220 = NJW_97,1841 -44 = www.DFR/BVerwGE.de)
Die Heranziehung zur Kirchenbausteuer auf Grund des Badischen Ortskirchensteuergesetzes verletzt die juristischen Personen in ihrem Grundrecht aus Art.2 Abs.1 GG. (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE)
Handelsgesellschaften können sich auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art.2 Abs.1 GG) berufen, auch wenn sie keine juristischen Personen sind. (vgl BVerfG, U, 29.07.59, - 1_BvR_394/58 - Wasserverband - HDW_R517 )
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Entmündigten wird verletzt, wenn ein Gericht ohne hinreichende Abwägung der betroffenen Belange davon ausgeht, er sei bei Abschluß eines Mietvertrages verpflichtet gewesen, seine Entmündigung zu offenbaren. (vgl BVerfG, B, 11.06.91, - 1_BvR_239/90 - Offenbarung der Entmündigung - BVerfGE_84,192 = www.DFR/BVerfGE)
Im Wehrdisziplinarverfahren sind minderjährige Soldaten handlungs- und prozeßfähig, obwohl die Wehrdisziplinarordnung und die Wehrbeschwerdeordnung keine ausdrücklichen Bestimmungen darüber enthalten. Dasselbe gilt für das Verfahren über die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer und andere die Wehrpflicht betreffende Verfahren (BVerwGE 7, 66 <67> = NJW 1958, S.2032). Diese gegenüber dem Bürgerlichen Recht, dem Zivilprozeßrecht und auch dem allgemeinen Verwaltungsprozeßrecht erweiterte Handlungsfähigkeit trägt dem Umstand Rechnung, daß die Wehrpflicht schon mit dem 18.Lebensjahr beginnt und der Wehrpflichtige grundsätzlich für reif angesehen wird, die ihm übertragenen Aufgaben als Soldat zu erfüllen. Darüber hinaus ist das Wehrdisziplinarverfahren nach seinem Inhalt und Ablauf dem Strafverfahren eng verwandt, in welchem minderjährige Angeklagte ebenfalls weitgehend selbständige Antragsbefugnisse haben. (vgl BVerfG, B, 26.05.70, - 1_BvR_83/69 - Dienstpflichtverweigerung - BVerfGE_28,243 = www.DFR/BVerfGE)
Ist über den Antrag eines Soldaten auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer noch nicht rechtskräftig entschieden und verweigert der Soldat in dieser Zeit eine von ihm geforderte militärische Dienstleistung, so verstößt die Bewertung seines Verhaltens als Dienstvergehen nicht gegen seine Grundrechte aus Art.4 Abs.3, Art.1 Abs.1 oder Art.2 Abs.1 GG. (vgl BVerfG, B, 26.05.70, - 1_BvR_83/69 - Dienstpflichtverweigerung - BVerfGE_28,243 = www.DFR/BVerfGE)
Das Gericht darf einen Antrag auf Anhörung eines Sachverständigen zu den Ergebnissen einer auf eigenen Wunsch vorgenommenen polygraphischen Untersuchung wegen Unzulässigkeit der Beweiserhebung (§ 244 Abs.3 Satz 1 StPO) ablehnen. (vgl BVerfG, B, 07.04.98, - 2_BvR_1827/97 - Lügendetektor - NJW_98,1938 -39 = www.bverfg.de)
Soweit in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren eine Verletzung des Art.2 Abs.1 GG durch eine landesrechtliche Norm gerügt wird, ist das Bundesverfassungsgericht darauf beschränkt, die landesrechtliche Norm auf ihre Übereinstimmung mit bundesrechtlichen Normen zu überprüfen. Dies gilt auch, wenn ein Landesverfassungsgericht über die Vereinbarkeit des Entwurfs eines Landesgesetzes mit der Landesverfassung zu befinden hat. (vgl BVerfG, B, 24.03.82, - 2_BvH_1/82 - Startbahn West - BVerfGE_60,175 = www.DFR/BVerfGE)
Zur Verfassungsmäßigkeit der Verhinderung von Mehrfachnamen ( § 1355 Abs.4 Satz 2). (vgl BVerfG, B, 05.05.09, - 1_BvR_1155/03 - Mehrfachnahmen - = RS-BVerfG-Nr.09.008 = www.BVerfG.de)
§ 161 Abs.1 StPO stellt als Ermittlungsgeneralklausel die Ermächtigungsgrundlage für Ermittlungen jeder Art dar, die nicht mit einem erheblichen Grundrechtseingriff verbunden sind und daher keiner speziellen Eingriffsermächtigung bedürfen. Sie ermächtigt die Staatsanwaltschaft zu den erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen, die weniger intensiv in Grundrechte des Bürgers eingreifen. Die Staatsanwaltschaft kann auf dieser Grundlage in freier Gestaltung des Ermittlungsverfahrens die erforderlichen Maßnahmen zur Aufklärung von Straftaten ergreifen. § 161 Abs.1 StPO bildet auch die Rechtsgrundlage für die allgemeine Erhebung personenbezogener Daten und damit für eine Ermittlungsanfrage der Staatsanwaltschaft gegenüber privaten Stellen wie den hier betroffenen Kreditkartenunternehmen. (vgl BVerfG, B, 17.02.09, - 2_BvR_1372/07 - Kreditkartendaten - = RS-BVerfG-Nr.09.005 = www.BVerfG.de)
Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der Auslegung unterhaltsrechtlicher und sozialhilferechtlicher Normen bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit von Kindern, die aus übergegangenem Recht vom Sozialhilfeträger zur Unterhaltszahlung für ihre Eltern herangezogen werden. (vgl BVerfG, U, 07.06.05, - 1_BvR_1506/96 - Unterhaltszahlungen - Originalurteil = www.bverfg.de)
Sagt ein Arbeitnehmer im Rahmen eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens gegen seinen Arbeitgeber aus und übergibt auf Aufforderung der Staatsanwaltschaft Unterlagen, so ist dieses Verhalten grundsätzlich nicht geeingnet, eine fristlose Kündigung zu rechtferigen. Denn es ist mit dem Rechtsstaatprinzip unvereinbar, wenn derjenige, der die ihm auferlegten staatsbürgerlichen Pflichten erfüllt und nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben macht, dadurch zivilrechtliche Nachteile erleidet. (vgl BVerfG, B, 02.07.01, - 1_BvR_2049/00 - Zeugenaussage - NJW_01,3474 = www.bverfg.de)
Das Rehabilitierungsgericht verletzt den Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes), wenn es die Tatsachenfeststellungen des DDR-Gerichts schlicht übernimmt, obwohl der Vortrag politischer Verfolgung Anlaß zur Prüfung gegeben hätte. (vgl BVerfG, U, 07.12.99, - 2_BvR_1533_94 - Fahnenflucht - BVerfGE_101,275 = www.DFR/BVerfGE)
Eine landesgesetzliche Regelung, die das Reiten im Walde grundsätzlich nur auf solchen privaten Straßen und Wegen erlaubt, die als Reitwege gekennzeichnet sind, ist mit § 14 des Bundeswaldgesetzes vom 2.Mai 1975 (BGBl.I S.1037) vereinbar und verstößt nicht gegen Art.2 Abs.1 GG. (vgl BVerfG, B, 06.06.89, - BvR_92/85 - Reiten im Walde - BVerfGE_80,137 = www.DFR/BVerfGE)
Der mit der gesetzlichen Verpflichtung zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung eines privaten Pflegeversicherungsvertrages verbundene Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art.2 Abs.1 GG) ist verfassungsgemäß. (vgl BVerfG, U, 03.04.01, - 1_BvR_2014/95 - Pflegeversicherung I - BVerfGE_103,197 = www.bverfg.de)
Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung von Sitzblockaden als Nötigung. (vgl BVerfG, B, 14.07.87, - 1_BvR_242/86 - General Bastian - BVerfGE_76,211 = RS-BVerfG-Nr.87.025 = www.DFR/BVerfGE)
Für den Umgang mit Drogen gelten die Schranken des Art.2 Abs.1 GG. Ein "Recht auf Rausch", das diesen Beschränkungen entzogen wäre, gibt es nicht. (vgl BVerfG, B, 09.03.94, - 2_BvL_43/92 - Cannabis - BVerfGE_90,145 = www.DFR/BVerfGE)
Die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes, die den unerlaubten Umgang mit Cannabisprodukten mit Strafe bedrohen, sind im strafbewehrten Verbot am Maßstab des Art.2 Abs.1, in der angedrohten Freiheitsentziehung an Art.2 Abs.2 Satz 2 GG zu messen. (vgl BVerfG, B, 09.03.94, - 2_BvL_43/92 - Cannabis - BVerfGE_90,145 = www.DFR/BVerfGE)
Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt. (vgl BVerfG, U, 05.08.66, - 1_BvF_1_61 - Sammlungsgesetz - BVerfGE_20,150 = www.DFR/BVerfGE)
Die Gesetze der Länder Bremen und Saarland über die Errichtung von Arbeitnehmerkammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Pflichtzugehörigkeit aller Arbeitnehmer sind mit dem Grundgesetz vereinbar. (vgl BVerfG, B, 18.12.74, - 1_BvR_439/65 - Arbeitskammer - BVerfGE_38,281 = www.DFR/BVerfGE)
Zur gerichtlichen Kontrolle des Inhalts ehevertraglicher Abreden, die vor der Eheschließung mit einer Schwangeren getroffen werden und die Betreuungs- und Unterhaltssituation des gemeinsamen Kindes nach einer Scheidung berühren, am Maßstab des Art.2 Abs.1 in Verbindung mit Art.6 Abs.4 GG und des Art.6 Abs.2 GG. (vgl BVerfG, U, 06.02.01, - 1_BvR_12/92 - Unterhaltsverzichtvertrag - BVerfGE_103,89 = www.bverfg.de)
Die gesetzliche Verpflichtung von Kopierläden, einer Verwertungsgesellschaft Auskunft über Art und Anzahl der Kopiergeräte zu geben, um die Inanspruchnahme zur urheberrechtlichen Betreibervergütung vorzubereiten, ist verfassungsgemäß. (vgl BVerfG, B, 20.10.96, - 1_BvR_1282/91 - Kopierladen II - NJW-CoR_97,232 (L) = NJW_97,248 )
Die Untersuchung einer gemäß § 81a StPO oder auf freiwilliger Basis von einem Beschuldigten entnommenen Blutprobe im nicht-codierten Bereich der DNA, die keine Informationen über erbliche Eigenschaften des Beschuldigten vermittelt, begegnet nach dem heutigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnis keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. (vgl BVerfG, B 18.09.95 - 2 BvR 103/92 - DNA-Analyse, NJW 96,771 - 772)
Zur Frage der Verletzung der Art.12 Abs.1, 14 und 2 Abs.1 GG durch die Erteilung einer Baugenehmigung an einen Konkurrenten. (vgl VGH BW, B 15.08.89 - 8 S 1863/89 - Wettbewerb, UPR 90,68)
Bei der im Einzelfall erforderlichen Abwägung zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit des Art.5 Abs.1 GG und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Art.1 Abs.1, 2 Abs.1 GG ist zu beachten, daß in Anbetracht der heutigen Reizüberflutung auch starke Formulierungen - scharfe und abwertende Kritik, Ironie und übersteigerte Polemik - zulässig sein können, wenn der Äußernde damit keine eigennützige Ziele verfolgt und nicht lediglich die betroffene Person herabsetzen, sondern sich im geistigen Meinungskampf in der Öffentlichkeit Gehör verschaffen will. (vgl LG Berlin, U 19.11.96 - 27 O 381/96 - Titanic, NJW 97,1371 -73)
Sowohl das allgemeine Persönlichkeitsrecht als auch dessen besondere Ausprägung in Gestalt des Rechts am eigenen Bild sind verletzt, wenn in zwei mit Fotos versehenen Zeitungsartikeln über eine Person der nicht erweisliche Eindruck erweckt wird, diese spiegele eine dauerhafte Erkrankung lediglich vor, um so neben der Gehaltsfortzahlung auch weitere persönliche Vorteile (hier: das Erstellen einer Dissertation) auf Kosten der Allgemeinheit zu erreichen. Das Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers ist maßgeblich bei der Beurteilung, ob eine solche Berichtserstattung noch als zulässige Information der Leser oder bereits als rechtswidriges Anprangern des Betroffenen einzuschätzen ist. Auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB kann sich ein Presseorgan nicht berufen, wenn unzureichende Recherchen vor der Veröffentlichung der Behauptungen über den Betroffenen einen Verstoß gegen die pressemäßigen Sorgfaltsanforderungen begründen. Zu den Kriterien für die Höhe des Geldentschädigungsanspruchs bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Anschluß an BGHZ 128,1 = NJW 95,861 = LM H.5/1995 § 823 (Ah) BGB Nr.119). (vgl LG Berlin, U 26.11.96 - 27 O 451/96 - Berlins gierigster Lehrer, NJW 97,1373 -75)
Es war mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG) der aus dem öffentlichen Dienst der Deutschen Demokratischen Republik übernommenen Arbeitnehmer grundsätzlich vereinbar, daß die Arbeitgeber von ihnen vor der Entscheidung über eine Kündigung nach den Vorschriften des Einigungsvertrages verlangten, Fragen über frühere Parteifunktionen in der SED und Tätigkeiten für das Ministerium für Staatsicherheit zu beantworten. Fragen nach Vorgängen, die vor dem Jahre 1970 abgeschlossen waren, verletzten jedoch das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten. Wurden sie untzutreffend beantwortet, dürfen daraus keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen werden. (vgl BVerfG, U 08.07.97 - 1 BvR 2111/94 - Stasi-Tätigkeiten, ZBR 97,355 -59 = NJW 97,2307 -09)
Reichweite geschützter Freiheit öffentlicher Meinungsäußerung.Überwiegen des Persönlichkeitsschutzes (Art.2 Abs.1 GG) im Fall sogenannter Schmähkritik. Schmähung liegt vor, wenn die Auseinandersetzung in der Sache hinter die Diffamierung der Person zurücktritt (hier: verneint im Falle der Bezeichnung »Zwangsdemokrat« für den verstorbenen Ministerpräsidenten Strauß). (vgl BVerfG, E 26.06.90 - 1 BvR 1165/89 - Zwangsdemokrat, BVerfGE 82, 272 = DVBl 90,993 = NJW 91,95 = NJW-RR 91,143 = JZ 90,1072 = DNr.90.000)
Ob allgemeine nächtliche Stromabschaltungen in der Untersuchungshaft generell oder unter Bedingungen, wie sie in der Justizvollzugsanstalt U vorliegen, von Verfassungs wegen hinzunehmen wären, wenn der Gesetzgeber selbst eine klare Entscheidung in diesem Sinne getroffen hätte, steht nicht zur Entscheidung. (vgl BVerfG, B, 10.01.08, - 2_BvR_1229/07 - Elektrizitätsversorgung-Haft - = RS-BVerfG-Nr.08.001 = www.BVerfG.de)
In Grundrechte darf nur auf gesetzlicher Grundlage eingegriffen werden. Dieser allgemeine rechtsstaatliche Grundsatz gilt auch für den Vollzug der Untersuchungshaft. (vgl BVerfG, B, 10.01.08, - 2_BvR_1229/07 - Elektrizitätsversorgung-Haft - = RS-BVerfG-Nr.08.001 = www.BVerfG.de)
Für Einschränkungen grundrechtlicher Freiheiten des Untersuchungsgefangenen bildet zwar nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts § 119 Abs.3 StPO eine verfassungsrechtlich zureichende gesetzliche Grundlage (vgl BVerfGE_34,369 (379); BVerfGE_34,384 (395); BVerfGE_35,307 (30)>; BVerfGE_35,311 (316); BVerfGE_57,170 (177)). (vgl BVerfG, B, 10.01.08, - 2_BvR_1229/07 - Elektrizitätsversorgung-Haft - = RS-BVerfG-Nr.08.001 = www.BVerfG.de)
Dies gilt jedoch nur im Hinblick darauf, dass es sich um eine strikt auf die Abwehr von Gefahren für die Haftzwecke oder die Ordnung der Anstalt beschränkte Ermächtigung handelt, deren Anwendung in besonderem Maße dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet ist. (vgl BVerfG, B, 10.01.08, - 2_BvR_1229/07 - Elektrizitätsversorgung-Haft - = RS-BVerfG-Nr.08.001 = www.BVerfG.de)
Für darüber hinausgehende Eingriffe nach Maßgabe vollzugspolitischer Zweckmäßigkeiten und nicht gefahrenabwehrrechtlich begründeter Abwägungen bietet § 119 Abs.3 StPO keine ausreichende Grundlage. (vgl BVerfG, B, 10.01.08, - 2_BvR_1229/07 - Elektrizitätsversorgung-Haft - = RS-BVerfG-Nr.08.001 = www.BVerfG.de)
Die Auslegung der Vorschrift hat dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein Untersuchungsgefangener noch nicht rechtskräftig verurteilt ist und deshalb allein den unvermeidlichen Beschränkungen unterworfen werden darf (vgl BVerfGE_15,288 <295>; BVerfGE_34,369 <379>; BVerfGE_42,95 <100>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss daher den Vollzug der Untersuchungshaft in besonderem Maße beherrschen. (vgl BVerfG, B, 10.01.08, - 2_BvR_1229/07 - Elektrizitätsversorgung-Haft -
Voraussetzung für die Zulässigkeit von Grundrechtseingriffen auf der Grundlage des § 119 Abs.3 StPO ist eine reale Gefährdung der in dieser Bestimmung bezeichneten öffentlichen Interessen (vgl BVerfGE_15,288 <295>; BVerfGE_34,384 <398>; BVerfGE_35,5 <9 f>; BVerfGE_35,307 <309>). Für das Vorliegen einer solchen Gefahr müssen konkrete Anhaltspunkte bestehen (vgl BVerfGE_35,5 <10>; BVerfGE_42,234 <236>; BVerfGE_57,170 <177>). Die bloße Möglichkeit, dass ein Untersuchungsgefangener seine Freiheiten missbraucht, reicht nicht aus. (vgl BVerfG, B, 10.01.08, - 2_BvR_1229/07 - Elektrizitätsversorgung-Haft - = RS-BVerfG-08.001 = www.BVerfG.de)
Eine über Einzelmaßnahmen im konkreten Fall hinausgehende generelle Beschränkung ist aber nur dann zulässig, wenn eine reale Gefährdung der in § 119 Abs.3 StPO bezeichneten öffentlichen Interessen nicht jeweils durch einzelne Maßnahmen hinreichend abgewehrt werden kann. (vgl BVerfG, B, 10.01.08, - 2_BvR_1229/07 - Elektrizitätsversorgung-Haft - = RS-BVerfG-08.001 = www.BVerfG.de)
In solchen Fällen ist zudem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch Rechnung zu tragen, dass im Einzelfall Ausnahmen zugelassen werden, soweit dies ohne konkrete Gefährdung der in § 119 Abs.3 StPO genannten Interessen möglich ist. (vgl BVerfG, B, 10.01.08, - 2_BvR_1229/07 - Elektrizitätsversorgung-Haft - = RS-BVerfG-08.001 = www.BVerfG.de)
Je weniger konkret die Gefährdung der Ordnung in der Anstalt ist, desto größeres Gewicht kommt der Handlungsfreiheit des Untersuchungsgefangenen zu und desto zurückhaltender muss der Richter bei grundrechtlichen Eingriffen sein. (vgl BVerfG, B, 10.01.08, - 2_BvR_1229/07 - Elektrizitätsversorgung-Haft - = RS-BVerfG-08.001 = www.BVerfG.de)
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