1959 | ||
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1958 1960 | [ ] |
59.001 | Arzneifertigwaren |
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1) Der Verzicht auf mündliche Verhandlung nach § 25 Abs.1 BVerfGG ist nicht frei widerruflich. | |
2) Eine Norm aus vorkonstitutioneller Zeit, die inhaltlich nicht zu beanstanden ist, kann die Berufsausübung auch dann wirksam regeln, wenn sie als Rechtsverordnung ergangen ist. | |
3) Die Abgrenzung der apothekenpflichtigen Waren wirkt für den Apotheker wie für den Drogisten als Regelung der Berufsausübung. | |
§§§ | |
59.002 | Gehör bei Haftbefehl |
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1) Bei der Anordnung der Untersuchungshaft ist eine Verweisung des Beschuldigten auf nachträgliche Anhörung mit dem Grundgesetz vereinbar. Das gilt auch für die Beschwerdeinstanz. Dabei ist eine restriktive Interpretation des § 308 Abs.1 StPO für die Beschwerde der Staatsanwaltschaft zulässig, soweit eine sinnvolle Anwendung des Gesetzes sie fordert. | |
2) Erläßt das Oberlandesgericht einen in der unteren Instanz abgelehnten oder aufgehobenen Haftbefehl auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft, ohne den Beschuldigten vorher zu hören, so muß es ihm Gelegenheit zu Gegenvorstellungen geben und über diese entscheiden. Hierauf ist der Beschuldigte in entsprechender Anwendung von § 115 StPO hinzuweisen. | |
§§§ | |
59.003 | Armenrecht |
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1) "Herkunft" in Art.3 Abs.3 GG bedeutet die von den Vorfahren hergeleitete soziale Verwurzelung, nicht die in den eigenen Lebensumständen begründete Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht. | |
2) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 GG) in Verbindung mit der Sozialpflicht des Staates (Art.20 Abs.1 GG) verlangt eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Sie kann je nach der Eigenart der Materie und der Ausgestaltung des Verfahrens in den verschiedenen Zweigen und Instanzen der Gerichtsbarkeit in verschiedener Weise erreicht werden. | |
3) Im Sozialgerichtsverfahren erster und zweiter Instanz ist der unbemittelten Partei die Verwirklichung ihres Rechtsschutzes auch ohne die Möglichkeit der Anwaltsbeiordnung hinreichend gewährleistet. | |
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T-59-01 | Zu dem Begriff Herkunft iSd Art.3 Abs.3 GG |
"In Betracht kommt hier nur das Verbot, jemanden "wegen seiner Herkunft" zu benachteiligen. | |
Der Begriff "Herkunft" ist als soziale Herkunft zu verstehen. Die - in Art.3 Abs.3 GG verwendeten - Begriffe "Abstammung", "Heimat" und "Herkunft" überschneiden und ergänzen einander nach dem üblichen Sprachgebrauch wechselseitig, wobei jedoch "Abstammung" vornehmlich die natürliche biologische Beziehung eines Menschen zu seinen Vorfahren, "Heimat" die örtliche Beziehung zur Umwelt und "Herkunft" die sozial-standesmäßige Verwurzelung bezeichnet (vgl BVerfGE_5,17 <22>). Die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes bestätigt, daß "Herkunft" auch hier in diesem Sinne gebraucht ist: Die vom Ausschuß für Grundsatzfragen in erster Lesung angenommene Fassung der Grundrechtsartikel enthielt im damaligen Artikel 19 Absatz 3 lediglich ein Differenzierungsverbot wegen der Abstammung, der Rasse, des Glaubens sowie der religiösen und politischen Anschauungen eines Menschen. In einem dem Parlamentarischen Rat erstatteten Gutachten schlug Professor Dr Thoma vor, auch die Bevorrechtigung oder Benachteiligung eines Menschen wegen "seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Klasse" zu verbieten. Der Abgeordnete Dr. Dehler hat später im Grundsatzausschuß berichtet, daß die Worte "Heimat und Herkunft" in Anlehnung an diese Anregung von Thoma durch den Allgemeinen Redaktionsausschuß - dem Dehler selbst angehörte - eingefügt worden seien, wobei man "an die soziale Herkunft und besonders an die Vertriebenen gedacht" habe. Die vom Redaktionsausschuß beschlossene Fassung ist dann sachlich unverändert in das Grundgesetz übernommen worden (vgl JöR NF Bd.1 S.66 ff). | |
Dem Wort "Herkunft" ist, ähnlich wie dem verwandten, gelegentlich sogar synonym gebrauchten Wort "Abstammung", das Element des Überkommenen eigentümlich, das zwar in die Gegenwart hineinwirkt aber von der gegenwärtigen Lage des Menschen unabhängig ist, ja häufig gerade als Ausdruck eines gewissen Spannungsverhältnisses zwischen der gegenwärtigen sozialen Lage und derjenigen gebraucht wird, in die der Mensch hineingeboren ist. "Herkunft" meint also die von den Vorfahren hergeleitete soziale Verwurzelung, nicht die in den eigenen Lebensumständen begründete Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht. | |
Keinesfalls trifft der Begriff sonach das von der Beschwerdeführerin berufene Vergleichspaar bemittelt/unbemittelt im Sinne des Prozeßrechts (wie das in Bemerkungen zu der Entscheidung BVerfGE_2,336 - Beiordnung eines Armenanwalts im Klageerzwingungsverfahren - in der Literatur gelegentlich behauptet worden ist). "Herkunft" im Sinne sozialer Abstammung kann zwar einer der Faktoren sein, welche die gegenwärtige Vermögens- und Einkommenslage beeinflussen; das aber reicht nicht aus, um die finanzielle Fähigkeit oder Unfähigkeit einer Partei, ihrem Anwalt aus eigenen Mitteln zu honorieren, unter den Begriff "Herkunft" zu bringen." | |
Auszug aus BVerfG B, 22.01.59, - 1_BvR_154/55 -, www.dfr/BVerfGE, Abs.17 ff | |
§§§ | |
59.004 | Hochverratsverfahren |
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Ein Hochverratsverfahren gemäß den §§ 80, 81 StGB gegen Funktionäre einer politischen Partei setzt die Feststellung der Verfassungswidrigkeit dieser Partei durch das Bundesverfassungsgericht auch dann nicht voraus, wenn sie sich im Rahmen dessen gehalten haben, was die Partei erstrebt und propagiert. | |
§§§ | |
59.005 | Einfuhrgenehmigung |
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Das Prinzip des Rechtsstaates fordert, daß der Einzelne wissen muß, inwieweit die Verwaltung in seinen Rechtskreis eingreifen darf; es fordert aber weder, daß der Gesetzgeber die Verwaltung bindet, den möglichen Eingriff immer zu vollziehen, noch daß der Gesetzgeber tatbestandsmäßig genau umreißt, wann die Verwaltung von einem zulässigen, nach Tatbestand und Folge eindeutig geregelte Eingriff Abstand nehmen darf. | |
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Beschluss | Entscheidungsformel: |
§§§ | |
59.006 | Politisch Verfolgter |
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1) Enthält der Beschluß gemäß § 29 DAG eine eigene Sachentscheidung, dann ist sie wegen ihres selbständigen Charakters mit der Verfassungsbeschwerde anfechtbar. Wegen des inneren Zusammenhangs der in dem selben Auslieferungsverfahren ergehenden Sachentscheidungen greift die rechtzeitig gegen den Beschluß nach § 29 Abs.1 DAG erhobene Verfassungsbeschwerde auch die ursprüngliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung an. | |
2) Politisch Verfolgter kann in Ausnahmefällen auch jemand sein, der erst während seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland die Tatsachen schafft, die eine politische Verfolgung in dem Lande befürchten lassen, das die Auslieferung begehrt. | |
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Beschluss | Entscheidungsformel: |
§§§ | |
59.007 | Wirtschaftsstrafgesetz |
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§ 23 des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 26.Juli 1949 (WiGBl.Satz 193) war mit dem Grundgesetz vereinbar. | |
§§§ | |
59.008 | Rekursverfahren |
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1) Der Begriff "Rekursverfahren nach den §§ 20 und 21 der Gewerbeordnung" in Art.II des Gesetzes zur Änderung der Titel I bis IV, VII und X der Gewerbeordnung vom 29. September 1953 (BGBl.I S.1459) umfaßt alle im Bundesrecht vorgesehenen förmlichen Verwaltungsverfahren, auf die die Grundsätze des Rekursverfahrens, wie sie in §§ 20, 21 GewO niedergelegt sind, Anwendung finden. | |
2) Art.II ÄndG ermächtigt daher die Länder, auch das Rechtsmittelverfahren nach § 4 in Verbindung mit § 3 des Gesetzes über den Verkehr mit unedlen Metallen abweichend zu regeln. | |
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Beschluss | Entscheidungsformel: |
§§§ | |
59.009 | Heilmittelwerbung |
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§ 5 Abs.2 Buchst.e der Polizeiverordnung über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens vom 29.September 1941 -- RGBl.I S.587 -- ist mit dem Grundgesetz vereinbar. | |
§§§ | |
59.010 | Wahlklage |
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§ 18 Abs.3 des Rheinland-Pfälzischen Landesgesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit ("Wahlklage") schließt die verwaltungsgerichtliche Klage gegen den Beschwerdebescheid der höheren Verwaltungsbehörde nicht aus und ist deshalb mit Art.19 Abs.4 GG vereinbar. | |
§§§ | |
59.011 | Gesetzlicher Richter |
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1) Aus Art.101 Abs.1 Satz 2 GG folgt nicht, daß der Gesetzgeber den gesetzlichen Richter stets endgültig bestimmen muß. Eine "bewegliche" Zuständigkeitsregelung ist zulässig, soweit sie unter justizgemäßen Gesichtspunkten generalisiert und sachfremden Einflüssen auf das Verfahren vorbeugt. | |
2) Bejaht die Staatsanwaltschaft die "besondere Bedeutung" des Falles im Sinne von § 24 Abs.1 Nr.2 GVG, so muß sie beim Landgericht Anklage erheben. | |
§§§ | |
59.012 | Getrennte Veranlagung |
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Der Grundsatz der getrennten Veranlagung von Ehegatten nach dem Einkommensteuergesetz in der Fassung vom 13.November 1957 (BGBl.I S.1793) ist mit dem Grundgesetz vereinbar. | |
§§§ | |
59.013 | Bremer Personalvertretung |
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1) Die Nichtigkeit landesrechtlicher Vorschriften wegen Verletzung der Prinzipien des Art.28 Abs.1 und 2 GG kann im Verfahren des Art.93 Abs.1 Nr.2 GG auch von einer Landesregierung geltend gemacht werden. | |
2) a) Die verfassungsmäßige Ordnung im demokratischen Rechtsstaat (Art.28 Abs.1 Satz 1 GG) setzt eine funktionsfähige und verantwortliche Regierung voraus. | |
3) Es entspricht hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art.33 Abs.5 GG), daß über Personalangelegenheiten eines Beamten in der Regel allein die ihm vorgesetzten Dienstbehörden entscheiden. Diese Entscheidung hat Gesetzeskraft. 3) Es entspricht hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art.33 Abs.5 GG), daß über Personalangelegenheiten eines Beamten in der Regel allein die ihm vorgesetzten Dienstbehörden entscheiden. Diese | |
§§§ | |
59.014 | Feuerwehrabgabe |
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Beschluss | Entscheidungsformel: |
§§§ | |
59.015 | Feuerwehrabgabe |
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§ 24 BVerfGG gilt nach Wortlaut, Sinn und Zweck für alle Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Er kann daher auch in Normenkontrollverfahren nach Art.100 Abs.1 GG angewandt werden, in denen sich die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts als offensichtlich unbegründet erweist. Entsprechend dem Charakter dieser Verfahrensart und im Hinblick auf § 31 BVerfGG ist in solchen Fällen jedoch die Vorlage nicht zu verwerfen, vielmehr muß ausgesprochen werden, daß die Vorschrift, die das vorlegende Gericht für verfassungswidrig hält, mit dem Grundgesetz vereinbar ist. | |
§§§ | |
59.016 | Hebammenaltersgrenze |
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1) Wird eine Verfassungsbeschwerde gegen einen "Vollziehungsakt" erhoben, der das in einer Norm enthaltene generelle Verbot nur für den konkreten Fall wiederholt, so steht der Ablauf der Frist des § 93 Abs.2 BVerfGG der Zulässigkeit auch dann nicht entgegen, wenn die Verfassungsbeschwerde nur mit der Grundrechtswidrigkeit der Norm selbst begründet wird. | |
2) Wird mit einer Verfassungsbeschwerde geltend gemacht, daß eine belastende Norm den Gleichheitssatz verletze, weil sie nicht auf andere, gleiche Verhältnisse ausgedehnt worden sei, so fehlt ihr das Rechtsschutzinteresse dann nicht, wenn die Möglichkeit besteht, daß die Gleichheit verfassungsrechtlich eindeutig durch Nichtigkeit der belastenden Regelung herbeizuführen wäre. 2) Wird mit einer Verfassungsbeschwerde geltend gemacht, daß eine belastende Norm den Gleichheitssatz verletze, weil sie nicht auf andere, gleiche Verhältnisse ausgedehnt worden sei, so fehlt ihr das Rechtsschutzinteresse dann nicht, wenn #w q die Möglichkeit besteht, daß die Gleichheit verfassungsrechtlich eindeutig durch Nichtigkeit der belastenden Regelung herbeizuführen wäre. | |
3) Altersgrenzen für die Ausübung eines Berufs sind subjektive Zulassungsvoraussetzungen im Sinne des Urteils BVerfGE_7,377. Die darin liegende generalisierende Vermutung der Leistungsunfähigkeit widerstreitet nicht der Bedeutung der Berufsfreiheit für die Freiheit der einzelnen Persönlichkeit. | |
4) Sind Ausnahmen von der Altersgrenze zugelassen, so gebietet Art.12 Abs.1 GG nicht, daß eine Ausnahme bewilligt werden muß, wenn die individuelle Leistungsfähigkeit des Antragstellers feststeht. | |
§§§ | |
59.017 | Kriegsfolgelasten |
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1) Wenn der Bund gesetzliche Regelungen trifft, die zusätzliche Aufwendungen für Kriegsfolgelasten zur Folge haben, so muß er zugleich bestimmen, daß und wie er sie trägt. | |
2) Art.120 GG versteht unter Kriegsfolgelasten die Lasten solcher Kriegsfolgen, deren entscheidende - und in diesem Sinne alleinige - Ursache der zweite Weltkrieg ist. | |
3) Der Ausdruck Kriegsfolgelasten ist nicht nur als Richtschnur für den Gesetzgeber zu verstehen. Das Wort bezeichnet vielmehr einen Rechtsbegriff, der hinreichend bestimmt ist, um Maßstäbe für die Entscheidung darüber zu geben, ob bestimmte Aufwendungen solche für Kriegsfolgelasten sind. | |
4) Daß nach Art.120 Abs.1 GG der Bund die Aufwendungen für Kriegsfolgelasten "nach näherer Bestimmung eines Bundesgesetzes" trägt, besagt nur, daß der Bundesgesetzgeber die Auswirkungen eines schon in der Verfassung enthaltenen Rechtssatzes im einzelnen festlegen, das Verfahren zum Vollzug der Verfassungsnorm ordnen und Zweifelsfragen entscheiden soll. Dem Bundesgesetzgeber steht nach Art.120 Abs.1 GG nicht die Befugnis zur Legaldefinition der vom Bund zu tragenden Kriegsfolgelasten zu. | |
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Beschluss | Entscheidungsformel: |
§§§ | |
59.018 | Preußischer Kulturbesit |
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1) Der ehemals preußische Kulturbesitz gehört zu den in Art.135 Abs.2 GG umschriebenen Vermögenswerten. Art.135 Abs.2 GG setzt keine Funktionsnachfolge der heutigen Länder in die konkrete Verwaltungsaufgabe, der dieses Vermögen früher gedient hat, voraus. | |
2) Die Frage, ob ein überwiegendes Interesse des Bundes eine von den Absätzen 1 bis 3 des Art.135 GG abweichende Regelung erfordert und wie gegebenenfalls diesem Interesse am besten Rechnung getragen wird, ist vom Bundesgesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden gesetzgeberischen Freiheit zu entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht kann lediglich prüfen, ob der Bundesgesetzgeber eine durch ein überwiegendes Bundesinteresse offenbar nicht gerechtfertigte Regelung getroffen hat. 2) Die Frage, ob ein überwiegendes Interesse des Bundes eine von den Absätzen 1 bis 3 !o ¿h des Art.135 GG abweichende Regelung erfordert und wie gegebenenfalls diesem Interesse am besten Rechnung getragen wird, ist vom Bundesgesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden gesetzgeberischen Freiheit zu entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht kann lediglich prüfen, ob der Bundesgesetzgeber eine durch ein überwiegendes Bundesinteresse offenbar nicht gerechtfertigte Regelung getroffen hat. | |
3) Der Bundesgesetzgeber ist auf Grund des Art.135 Abs.4 GG berechtigt, ohne Zustimmung des Bundesrats ehemaliges Landesvermögen von der Art des preußischen Kulturbesitzes auf eine bundesunmittelbare Stiftung zu übertragen. | |
4) Der Bundesgesetzgeber ist im Rahmen des Art.135 Abs.4 GG nicht an die Voraussetzung des Art.87 Abs.3 Satz 1 GG für die Einrichtung einer Bundesverwaltung gebunden. | |
§§§ | |
59.019 | Redezeit |
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1) Ist ein Bundestagsabgeordneter Beteiligter in einem Organstreitverfahren, so kann er sich selbst vertreten oder sich durch einen anderen Bundestagsabgeordneten vertreten lassen. | |
2) Das Recht des Abgeordneten, im Bundestag das Wort zu ergreifen, gehört zu seinem verfassungsrechtlichen Status. Die Ausübung dieses Rechts unterliegt den vom Parlament kraft seiner Autonomie gesetzten Schranken. | |
3) Durch die Verteilung einer vom Bundestag beschlossenen Gesamtredezeit auf die Fraktionen nach ihrer Stärke wird der durch Art.38 GG gewährleistete Abgeordnetenstatus nicht verletzt. | |
4) Die Redebefugnis der Regierungsmitglieder nach Art.43 Abs.2 Satz 2 GG kann durch den Bundestag nicht beschränkt werden. Sie findet ihre Grenze am Mißbrauchsverbot. | |
§§§ | |
59.020 | Elterliche Gewalt |
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Die zwischen den Eltern bestehende sittliche Lebensgemeinschaft und ihre gemeinsame, unteilbare Verantwortung gegenüber dem Kinde führen in Verbindung mit dem umfassenden Gleichberechtigungsgebot der Verfassung im Bereich der elterlichen Gewalt zu voller Gleichordnung von Vater und Mutter. | |
§§§ | |
59.021 | Wasserverband |
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1) Handelsgesellschaften können sich auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art.2 Abs.1 GG) berufen, auch wenn sie keine juristischen Personen sind. | |
2) Der Landesgesetzgeber ist durch die WasserverbandsVO vom 03.09.37 (RGBl.1_S.933) nicht gehindert, einen Wasserverband mit besonderen Aufgaben zu errichten. | |
3) Art.9 GG hindert nicht die Zwangseingliederung in öffentlich-rechtliche Verbände. Sie ist aber nur zulässig im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung des Art.2 Abs.1 GG. | |
§§§ | |
59.022 | Berufsverbot |
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Art.18 GG steht landesrechtlichen Vorschriften entgegen, die einer Verwirkung des Grundrechts der Pressefreiheit wegen Mißbrauchs zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gleichkommen. | |
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Beschluss | Entscheidungsformel: |
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T-59-02 | Verwirkung von Grundrechten |
"2. a) Nacht Art.18 GG verwirkt der Träger eines Grundrechtes, der dieses Recht zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, das Grundrecht; dem Bundesverfassungsgericht ist die Entscheidung über die Verwirkung und ihr Ausmaß übertragen. § 39 Abs.1 BVerfGG präzisiert diese grundgesetzliche Norm dahin, daß das Bundesverfassungsgericht die Verwirkung auf einen bestimmten Zeitraum befristen und dem Betroffenen auch nach Art und Dauer genau bezeichnete Beschränkungen auferlegen kann, soweit sie nicht andere als die verwirkten Grundrechte beeinträchtigen. | |
Auf Grund des Art.18 GG könnte das Bundesverfassungsgericht somit, wenn ein verantwortlicher Redakteur die Pressefreiheit zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, aussprechen, daß diesem Redakteur für eine bestimmte Zeit die Ausübung seines Berufes untersagt wird. | |
Nach § 4 des Gesetzes vom 17. November 1949 kann die Landesregierung gegen einen verantwortlichen Redakteur einschreiten, wenn er seine berufliche Tätigkeit gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, insbesondere zur Verbreitung nationalistischer, militaristischer, totalitärer, rassen- oder völkerverhetzender Gedanken mißbraucht oder mißbraucht hat. Sie kann ihm die Berufsausübung untersagen, und zwar, wie § 6 Nr.2 der Durchführungsverordnung zu dem Gesetz vom 5.Dezember 1949 (GVBl.S.303) klarstellt, "für dauernd oder für eine bestimmte Zeit". Damit würde die Landesregierung, wie dargelegt, das Grundrecht des verantwortlichen Redakteurs aus Art.5 Abs.1 Satz 2 GG beschränken, dh sie würde eine Sanktion verhängen, die einer teilweisen Verwirkung dieses Grundrechtes gleichkäme. | |
Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob im Hinblick auf das nichtverwirkbare Grundrecht des Art.12 GG es überhaupt zulässig wäre, daß eine Landesregierung einem Redakteur die Berufsausübung für dauernd untersagen kann. Jedenfalls steht die zur Prüfung gestellte Norm schon deshalb im Widerspruch zu Art.18 GG, weil sie der Landesregierung eine Maßnahme überträgt, die nach dieser Vorschrift allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist. | |
b) Art.18 GG ist ebenso wie Art.21 GG "Ausdruck des bewußten verfassungspolitischen Willens zur Lösung des Grenzproblems der freiheitlichen demokratischen Staatsordnung" ( BVerfGE_5,85 <139>). Das Grundgesetz läßt danach die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten politischen Meinungsäußerungen nur soweit zu, als sie dabei nicht selbst gefährdet wird. Für den Mißbrauch des Rechts der freien politischen Betätigung zum Kampf gegen die freiheitliche Demokratie hat es schwere Sanktionen angedroht, zugleich aber durch besondere Rechtsgarantien dafür gesorgt, daß diese nicht leichthin verhängt werden können. Dem gilt vor allem die Beschränkung des Ausspruchs der Sanktionen durch das Bundesverfassungsgericht. Daß diese verfassungsrechtliche Regelung sinnvoll und bindend ist, hat das Bundesverfassungsgericht für Art.21 GG bereits dargetan ( BVerfGE_5,85 <134 ff.>). Für Art.18 GG muß aus den gleichen Gründe dasselbe gelten. Dieses wohlausgewogene System darf nicht dadurch durchbrochen werden, daß neben der bundesverfassungsrechtlichen Regelung für den gleichen Tatbestand des Mißbrauchs noch weitere gleichartige Sanktionen von einem Landesgesetzgeber angedroht werden, deren Verhängung überdies einer spezifisch politischen Stelle übertragen wird. Art.18 GG wäre bei Aufrechterhaltung des § 4 des genannten Gesetzes auch entwertet, weil es der Landesregierung im einzelnen Falle freistehen würde, im Falle eines Mißbrauchs der Pressefreiheit durch einen Redakteur entweder selbst einzuschreiten oder gegen den Betroffenen einen Antrag auf Verwirkung bestimmter Grundrechte beim Bundesverfassungsgericht zu stellen." | |
Auszug aus BVerfG B, 06.10.59, - 1_BvL_118/53 -, www.dfr/BVerfGE, Abs.17 ff | |
§§§ | |
59.023 | Durchlieferungsbewilligung |
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Ein Verfolgter, der auf Grund einer Durchlieferungsbewilligung der Bundesregierung von einem ausländischen Staat an eine zuständige deutsche Behörde zum Zwecke der Durchlieferung übergeben worden ist, darf an den übergebenden Staat nicht zurückgeführt werden, wenn sich vor Beendigung der Durchlieferung herausstellt, daß er deutscher Staatsangehöriger ist. | |
§§§ | |
59.024 | Friedensrichter |
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1) Die Ausübung staatlicher Gerichtsbarkeit durch Gemeinden auf Grund landesrechtlicher Übertragung widerspricht Art.92 GG nicht. | |
2) Wird die Jurisdiktion bundesrechtlich vorgesehener Gerichte ausgeschlossen durch Einrichtung landesrechtlicher Sondergerichte, die den Anforderungen des Grundgesetzes nicht genügen, so wird das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. | |
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Beschluss | Entscheidungsformel: |
§§§ | |
59.025 | Platow-Amnestie |
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Zur Frage der verfassungsmäßigen Abgrenzung von Amnestietatbeständen. | |
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Beschluss | Entscheidungsformel: |
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1958 | RS-BVerfG - 1959 | 1960 [ ] |
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