2000 | ||
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[ 1999 ] [ 2001 ] | [ ] |
00.001 | Gewässerbenutzung | |
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1) Die nach § 7 WHG erteilte wasserrechtliche Erlaubnis begründet eine Legalisierungswirkung für die gestattete Gewässerbenutzung. Ohne Widerruf der Erlaubnis kann eine solche Nutzung - soweit sie sich im Rahmen der Erlaubnis hält - nicht auf der Grundlage der (wasser-)polizeilichen Generalklausel untersagt werden. Das gilt auch dann, wenn die Gewässerbenutzung nun im Widerspruch zu einer nachträglich ergangenen Wasserschutzgebietsverordnung steht. | ||
2) Gegenüber einem Amtshaftungsanspruch aufgrund rechtswidriger Untersagung einer erlaubten Gewässerbenutzung ist der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens wegen eines sonst gebotenen Widerrufs der wasserrechtlichen Erlaubnis jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn ein solcher Widerruf der erkennbaren damaligen Absicht der Verwaltungsbehörde widersprochen hätte. | ||
§§§ |
00.002 | Altlasten | |
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Zu den aus Art.14 Abs.1 GG folgenden Grenzen der Zustandshaftung des Eigentümers für die Grundstückssanierung bei Altlasten. | ||
LB 2) Wie dem Eigentümer nach geltendem Recht die Vorteile der privaten Nutzung der Sache auch dann zufließen, wenn sie ohne sein Zutun entstehen, muss er die Lasten der Sache auch dann tragen, wenn die Gefahr nicht durch ihn verursacht worden ist. | ||
LB 3) Es ist verfassungsrechtlich insbesondere nicht geboten, den Eigentümer in den Fällen, in denen er die Gefahr weder verursacht noch verschuldet hat, als Nichtstörer im Sinne der sicherheitsrechtlichen Vorschriften zu qualifizieren, dem in jedem Fall eine Entschädigung wegen eingriffsbedingter Nachteile zu gewähren wäre. | ||
LB 4) Der Zustandsverantwortliche muss auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen als stets nachrangig Haftender angesehen werden, dessen Inanspruchnahme nur dann ermessensfehlerfrei wäre, wenn Verursacher der Gefahr nicht (mehr) vorhanden oder zur Gefahrenbeseitigung außer Stande sind. | ||
LB 5) Die mit der Zustandshaftung verbundene Belastung ist nicht gerechtfertigt, soweit sie dem Eigentümer nicht zumutbar ist. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist die Belastung des zustandsverantwortlichen Eigentümers zu berücksichtigen und mit den betroffenen Gemeinwohlbelangen abzuwägen. | ||
LB 6) Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten, entfällt in der Regel das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützigen Gebrauch des Grundstücks. Er kann darüber hinaus nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch Veräußerung des Grundstücks gedeckt zu erhalten. Das Eigentum kann damit für ihn gänzlich seinen Wert und Inhalt verlieren. | ||
LB 7) Mehr als einen Anhaltspunkt stellt der Verkehrswert allerdings unter anderem deshalb nicht dar, weil das individuelle Interesse des Eigentümers am Grundstück dessen Verkehrswert möglicherweise überschreitet. | ||
LB 8) Eine diese Grenzen überschreitende Belastung kann insbesondere dann unzumutbar sein, wenn die Gefahr, die von dem Grundstück ausgeht, aus Naturereignissen, aus der Allgemeinheit zuzurechnenden Ursachen oder von nicht nutzungsberechtigten Dritten herrührt. | ||
LB 9) Die Belastung des Zustandsverantwortlichen mit Sanierungskosten bis zur Höhe des Verkehrswertes kann ferner in Fällen unzumutbar sein, in denen das zu sanierende Grundstück den wesentlichen Teil des Vermögens des Pflichtigen bildet und die Grundlage seiner privaten Lebensführung einschließlich seiner Familie darstellt. In solchen Fällen tritt die Aufgabe der Eigentumsgarantie, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen, in den Vordergrund (vgl BVerfGE_83,201 <208>; stRspr). | ||
LB 10) Eine Kostenbelastung, die den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigt, kann allerdings zumutbar sein, wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen hat. | ||
LB 11) Die Zumutbarkeit der mit der Zustandsverantwortung zu tragenden Kostenlasten kann nicht generell an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Eigentümers gemessen werden. | ||
LB 12) Solange der Gesetzgeber, dem es nach Art.14 Abs.1 Satz 2 GG obliegt, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, die Grenzen der Zustandsverantwortlichkeit nicht ausdrücklich regelt, haben die Behörden und Gerichte durch Auslegung und Anwendung der die Verantwortlichkeit und die Kostenpflicht begründenden Vorschriften sicherzustellen, dass die Belastung des Eigentümers das Maß des nach Art.14 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 GG Zulässigen nicht überschreitet. | ||
LB 13) Ordnet die Verwaltung Sanierungsmaßnahmen an, so ist damit nach der einfachgesetzlichen Regelung die volle Tragung der Kosten durch den Pflichtigen verbunden. Ist die Kostenbelastung aber wegen fehlender Zumutbarkeit von Verfassungs wegen begrenzt, muss die Verwaltung auch über die Begrenzung der Kostenbelastung des Zustandsverantwortlichen entscheiden (vgl BVerfGE_100,226 <246>). | ||
LB 14) Ein Eigentümer, der eine ihn in seinem Grundrecht aus Art.14 Abs.1 Satz 1 GG beeinträchtigende behördliche Sanierungsanordnung wegen der damit verbundenen Kostenbelastung für unverhältnismäßig hält, muss sie im Verwaltungsrechtsweg anfechten. Lässt er diesen Verwaltungsakt bestandskräftig werden, so kann er eine Begrenzung seiner Kostenbelastung oder eine (Teil-)Erstattung aufgewandter Sanierungskosten nicht mehr geltend machen. | ||
LB 15) Sind der Verwaltung die Gründe der Unzumutbarkeit im Zeitpunkt der Sanierungsanordnung nicht oder nicht vollständig bekannt, so dass über die Kostentragung zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden werden kann, ist die Sanierungsverfügung mit dem Vorbehalt einer gesonderten Entscheidung über die Kostentragung zu verbinden. | ||
LB 16) Auch die Verwaltungsgerichte müssen wissen, ob und wieweit der Eigentümer mit Sanierungskosten belastet wird, um die Rechtmäßigkeit eines in Eigentumspositionen eingreifenden Verwaltungsakts abschließend beurteilen zu können (vgl BVerfGE_100,226 <246>). | ||
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Beschschluss | Entscheidungsformel | |
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T-00-01 | Zustandshaftung | |
"2.Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit des Grundstückseigentümers in den angegriffenen Entscheidungen genügen indes nicht den Anforderungen der grundrechtlichen Eigentumsgarantie. | ||
a) Die Gerichte haben - ebenso wie schon die Verwaltungsbehörden - bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften Bedeutung und Tragweite der Eigentumsgarantie nach Art.14 Abs.1 und Abs.2 GG zu beachten. Sie müssen bei ihren Entscheidungen der verfassungsrechtlichen Anerkennung des Privateigentums sowie seiner Sozialpflichtigkeit gleichermaßen Rechnung tragen und insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. | ||
b) Daran gemessen begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, die sicherheitsrechtlichen Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit dahingehend auszulegen, dass der Eigentümer eines Grundstücks allein wegen dieser Rechtsstellung verpflichtet werden kann, von dem Grundstück ausgehende Gefahren zu beseitigen, auch wenn er die Gefahrenlage weder verursacht noch verschuldet hat. | ||
Die Gemeinwohlziele, denen das Eigentum nach Art.14 Abs.2 GG verpflichtet ist, finden bei von einem Grundstück ausgehenden Gefahren für Leben und Gesundheit oder das Grundwasser überdies eine verfassungsrechtliche Grundlage insbesondere in der staatlichen Schutzpflicht nach Art.2 Abs.2 Satz 1 GG und dem Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen in Art.20a GG. Beide Verfassungsbestimmungen betreffen hochrangige Gemeinwohlbelange, die den Auftrag aus Art.14 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 GG verstärken und das grundrechtlich geschützte Interesse des Eigentümers, in der privatnützigen Verwendung seines Grundstücks nicht beschränkt zu werden, überwiegen. | ||
Die Zustandsverantwortlichkeit findet ihren Grund in der mit dem Eigentum verbundenen Sachherrschaft sowie in der Verbindung von Vorteilen und Lasten der Sache. Wie dem Eigentümer nach geltendem Recht die Vorteile der privaten Nutzung der Sache auch dann zufließen, wenn sie ohne sein Zutun entstehen, muss er die Lasten der Sache auch dann tragen, wenn die Gefahr nicht durch ihn verursacht worden ist. | ||
In einer Reihe von Fällen liegt die Sanierung von Altlasten überdies nicht allein im öffentlichen Interesse, sondern zugleich im privaten Interesse des Eigentümers, so dass die Sanierungspflichten weniger schwer wiegen. Hiervon ist beispielsweise auszugehen, wenn Verunreinigungen des Bodens und des Grundwassers die Nutzung des Grundstücks beeinträchtigen oder gänzlich unmöglich machen und nur durch die Gefahrenbeseitigung die Nutzbarkeit des Grundstücks wiederherzustellen ist. Außerdem werden durch die Sanierung regelmäßig der Verkehrswert des Grundstücks und sein individueller Nutzungswert erheblich gesteigert. | ||
Es ist daher von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Verwaltungsgerichte davon ausgehen, dass es für die Erfüllung der Voraussetzungen der Zustandsverantwortlichkeit unerheblich ist, auf welche Umstände der Gefahrenzustand zurückzuführen ist und ob der Eigentümer der Sache die Gefahr verursacht oder gar verschuldet hat. Es ist verfassungsrechtlich insbesondere nicht geboten, den Eigentümer in den Fällen, in denen er die Gefahr weder verursacht noch verschuldet hat, als Nichtstörer im Sinne der sicherheitsrechtlichen Vorschriften zu qualifizieren, dem in jedem Fall eine Entschädigung wegen eingriffsbedingter Nachteile zu gewähren wäre. Der Zustandsverantwortliche muss auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen als stets nachrangig Haftender angesehen werden, dessen Inanspruchnahme nur dann ermessensfehlerfrei wäre, wenn Verursacher der Gefahr nicht (mehr) vorhanden oder zur Gefahrenbeseitigung außer Stande sind. | ||
c) Auch wenn die Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers als solche mit der Verfassung in Einklang steht, so kann sie aber im Ausmaß dessen, was dem Eigentümer zur Gefahrenabwehr abverlangt werden darf, begrenzt sein. Besondere Bedeutung hat hierbei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der nur erforderliche und im Hinblick auf den Zweck angemessene und zumutbare Grundrechtsbeeinträchtigungen zulässt. Das ist auch bei der Belastung des Eigentümers mit den Kosten einer Sanierungsmaßnahme zu beachten. Eine solche Belastung ist nicht gerechtfertigt, soweit sie dem Eigentümer nicht zumutbar ist. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist die Belastung des zustandsverantwortlichen Eigentümers zu berücksichtigen und mit den betroffenen Gemeinwohlbelangen abzuwägen. Vor allem folgende Gesichtspunkte sind hierbei maßgeblich: | ||
aa) Die sicherheitsrechtliche Pflicht zur Gefahrenabwehr auf eigene Kosten entzieht dem Eigentümer das Grundstück nicht als Gegenstand künftiger Nutzung. Rechtlich bleiben die Substanz wie die Verfügungs- und Nutzungsbefugnisse unberührt. Die Belastung des Eigentümers mit den Kosten führt aber dazu, dass er Verluste aus dem Grundstück erleidet und in der Verwendung von Eigentum zu eigenem Nutzen beeinträchtigt wird. Im Regelfall hat er dies als Folge der Sozialbindung des Eigentums hinzunehmen, um eine effektive Beseitigung der von seinem Grundstück ausgehenden Gefahren zu ermöglichen. | ||
bb) Zur Bestimmung der Grenze dessen, was einem Eigentümer hierdurch an Belastungen zugemutet werden darf, kann als Anhaltspunkt das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung dienen, spiegeln sich in dem Verkehrswert doch nicht nur die Erträge seiner eigenen Nutzung, sondern auch Vorteile, die ohne eigene Mitwirkung und Leistung entstehen. Das sind vor allem planungs- und marktbedingte Steigerungen des Grundstückswerts. Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten, entfällt in der Regel das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützigen Gebrauch des Grundstücks. Er kann darüber hinaus nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch Veräußerung des Grundstücks gedeckt zu erhalten. Das Eigentum kann damit für ihn gänzlich seinen Wert und Inhalt verlieren. Mehr als einen Anhaltspunkt stellt der Verkehrswert allerdings unter anderem deshalb nicht dar, weil das individuelle Interesse des Eigentümers am Grundstück dessen Verkehrswert möglicherweise überschreitet. | ||
cc) Eine diese Grenzen überschreitende Belastung kann insbesondere dann unzumutbar sein, wenn die Gefahr, die von dem Grundstück ausgeht, aus Naturereignissen, aus der Allgemeinheit zuzurechnenden Ursachen oder von nicht nutzungsberechtigten Dritten herrührt. In diesen Fällen darf die Sanierungsverantwortlichkeit nicht unbegrenzt dem alle Sicherungspflichten einhaltenden Eigentümer zur Last fallen. Anderenfalls würden ihm im Übermaß Risiken aufgebürdet, die auf Umständen beruhen, die losgelöst von der Sachherrschaft über das Grundstück sind und jenseits seiner Verantwortungssphäre liegen. Ob in diesen Fällen weitergehende Grenzen der Belastung aus anderen Gründen, etwa aus dem Sozialstaatsgebot, zu beachten sind, bedarf hier keiner Entscheidung. | ||
dd) Die Belastung des Zustandsverantwortlichen mit Sanierungskosten bis zur Höhe des Verkehrswertes kann ferner in Fällen unzumutbar sein, in denen das zu sanierende Grundstück den wesentlichen Teil des Vermögens des Pflichtigen bildet und die Grundlage seiner privaten Lebensführung einschließlich seiner Familie darstellt. In solchen Fällen tritt die Aufgabe der Eigentumsgarantie, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen, in den Vordergrund (vgl BVerfGE_83,201 <208>; stRspr). Hier ist die Grenze der zumutbaren Belastung gewahrt, wenn die Kosten die Vorteile aus der weiteren Nutzung des Grundstücks nach Sanierung nicht übersteigen. Demgegenüber kann die Grenze überschritten sein, wenn etwa der Eigentümer eines Eigenheims unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Lage das Grundstück nicht mehr halten kann. | ||
ee) Eine Kostenbelastung, die den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigt, kann allerdings zumutbar sein, wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen hat. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn der Eigentümer das Grundstück in Kenntnis von Altlasten, die von früheren Eigentümern oder Nutzungsberechtigten verursacht worden sind, erworben hat oder wenn er zulässt, dass das Grundstück in einer risikoreichen Weise genutzt wird, zum Beispiel zum Betrieb einer Deponie oder zur Auskiesung mit anschließender Verfüllung. Auch derartige Umstände sind bei der erforderlichen Abwägung schutzwürdiger Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit beachtlich. Wer ein solches Risiko bewusst eingeht, kann seiner Inanspruchnahme als Zustandsverantwortlicher nicht entgegenhalten, seine Haftung müsse aus Gründen des Eigentumsschutzes begrenzt sein. Denn das freiwillig übernommene Risiko mindert die Schutzwürdigkeit des Eigentümers. | ||
Auch dann, wenn und soweit Risikoumstände beim Erwerb eines Grundstücks oder bei der Nutzungsgewährung an Dritte zwar erkennbar waren oder im Verlauf der Nutzung hätten erkannt werden können, der Eigentümer aber in fahrlässiger Weise die Augen davor geschlossen hat, kann dies dazu führen, dass eine Kostenbelastung über die Höhe des Verkehrswerts hinaus zumutbar ist. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit kann der Grad der Fahrlässigkeit erheblich sein. Die Zumutbarkeit kann ferner davon beeinflusst werden, ob der Eigentümer Vorteile aus dem Risiko - etwa durch einen reduzierten Kaufpreis oder einen erhöhten Pachtzins - erzielt hat. | ||
Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung berücksichtigt dies nicht hinreichend (vgl BVerwG, NVwZ_91,475). Die uneingeschränkte und unbedingte Gleichsetzung des Handelns in "vorwerfbarer" Unkenntnis des Risikos mit dem Handeln in positiver Kenntnist rägt dem verfassungsrechtlichen Erfordernis eines in jeder Hinsicht gerechten und verhältnismäßigen Ausgleichs zwischen den schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und den Belangen des Gemeinwohls nicht in vollem Umfang Rechnung. Eine unterschiedslose Gleichsetzung beider Verhaltensweisen verbietet sich insbesondere deshalb, weil die Schutzwürdigkeit der vom Eigentümer erworbenen oder überlassenen Position in unterschiedlichem Ausmaß gemindert sein kann. | ||
ff) In Fällen, in denen eine Kostenbelastung über den Verkehrswert hinaus an sich zumutbar ist, kann sie nicht auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Eigentümers bezogen werden. Dem Eigentümer ist nicht zumutbar, unbegrenzt für die Sanierung einzustehen, das heißt auch mit Vermögen, das in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück steht. Dagegen kann es zumutbar sein, Vermögen zur Sanierung einzusetzen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine funktionale Einheit darstellt, etwa wenn dieses Bestandteil eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder sonstigen Unternehmens ist. Dies gilt insbesondere für Grundvermögen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine solche Einheit bildet. Aber auch der Zugriff auf dieses sonstige Vermögen darf nur unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen. Wird auf Grund der mit der Sanierung verbundenen Kostenbelastung die Fortführung des Unternehmens oder Betriebs gefährdet, ist bei der Abwägung das in Art.14 Abs.3 GG zum Ausdruck kommende Gewicht des Eigentumsschutzes zu beachten, weil sich die Belastung für den Betroffenen faktisch wie eine Enteignung ohne angemessene Entschädigung auswirkt. Die völlige oder ersatzlose Beseitigung einer Rechtsposition kann im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen (vgl BVerfGE_83,201 <212 f>). | ||
Die Zumutbarkeit der mit der Zustandsverantwortung zu tragenden Kostenlasten kann demnach nicht generell an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Eigentümers gemessen werden. Die Eigentumsgarantie bezweckt den Schutz des konkreten Bestands des Eigentums in der Hand des Eigentümers. Eine unverhältnismäßige Beschränkung der Privatnützigkeit einer durch Art.14 Abs.1 GG geschützten vermögenswerten Position wird nicht dadurch verhältnismäßig, dass der Eigentümer sie auf Grund seines sonstigen Vermögens ausgleichen und ertragen kann. | ||
d) Solange der Gesetzgeber, dem es nach Art.14 Abs.1 Satz 2 GG obliegt, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, die Grenzen der Zustandsverantwortlichkeit nicht ausdrücklich regelt, haben die Behörden und Gerichte durch Auslegung und Anwendung der die Verantwortlichkeit und die Kostenpflicht begründenden Vorschriften sicherzustellen, dass die Belastung des Eigentümers das Maß des nach Art.14 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 GG Zulässigen nicht überschreitet. Sie haben insbesondere anhand der vorstehend genannten Kriterien eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügende Begrenzung der finanziellen Belastung des Grundeigentümers im Rahmen einer ausschließlich auf sein Zustandsverantwortlichkeit gestützten Altlastensanierung zu gewährleisten. | ||
Ordnet die Verwaltung Sanierungsmaßnahmen an, so ist damit nach der einfachgesetzlichen Regelung die volle Tragung der Kosten durch den Pflichtigen verbunden. Ist die Kostenbelastung aber wegen fehlender Zumutbarkeit von Verfassungs wegen begrenzt, muss die Verwaltung auch über die Begrenzung der Kostenbelastung des Zustandsverantwortlichen entscheiden (vgl BVerfGE_100,226 <246>). Ein Eigentümer, der eine ihn in seinem Grundrecht aus Art.14 Abs.1 Satz 1 GG beeinträchtigende behördliche Sanierungsanordnung wegen der damit verbundenen Kostenbelastung für unverhältnismäßig hält, muss sie im Verwaltungsrechtsweg anfechten. Lässt er diesen Verwaltungsakt bestandskräftig werden, so kann er eine Begrenzung seiner Kostenbelastung oder eine (Teil-)Erstattung aufgewandter Sanierungskosten nicht mehr geltend machen. Der Eigentümer muss also entscheiden, ob er die seine Zustandsverantwortlichkeit aktualisierende Sanierungsanordnung hinnehmen oder anfechten will. Diese Entscheidung kann er sinnvoll nur treffen, wenn er weiß, ob er unbegrenzt mit den Kosten belastet wird oder mit welcher Kostenbelastung er höchstens zu rechnen hat. Sind der Verwaltung die Gründe der Unzumutbarkeit im Zeitpunkt der Sanierungsanordnung nicht oder nicht vollständig bekannt, so dass über die Kostentragung zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend entschieden werden kann, ist die Sanierungsverfügung mit dem Vorbehalt einer gesonderten Entscheidung über die Kostentragung zu verbinden. | ||
Auch die Verwaltungsgerichte müssen wissen, ob und wieweit der Eigentümer mit Sanierungskosten belastet wird, um die Rechtmäßigkeit eines in Eigentumspositionen eingreifenden Verwaltungsakts abschließend beurteilen zu können (vgl BVerfGE_100,226 <246>)." | ||
Auszug aus BVerfG B, 16.02.00, - 1_BvR_242/91 -, www.BVerfG.de, Abs.47 | ||
§§§ |
00.003 | Rückverweisung | |
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Auch eine gesetzwidrige Rückverweisung entfaltet, wenn sie in Rechtskraft erwächst, die Bindungswirkung nach § 17a Abs.2 Satz 3 GVG. | ||
§§§ |
00.004 | Stufenklage | |
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1) Eine Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO ist unzulässig, wenn die Auskunft nicht dem Zweck einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll. | ||
2) Die Unzulässigkeit der Stufung steht einer Sachentscheidung über den in der Klage enthaltenen Auskunftsanspruch nicht entgegen. der Stufung steht einer Sachentscheidung über den in der Klage enthaltenen Auskunftsanspruch nicht entgegen. | ||
§§§ |
00.005 | Bürgschaftsübernahme | |
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1) Zur Frage, ob ein Ortsbürgermeister "in Ausübung eines öffentlichen Amtes" handelt, wenn er in einem Zwangsversteigerungstermin namens der Ortsgemeinde die Bürgschaft für einen Bieter übernimmt. | ||
2) Zu den Voraussetzungen, unter denen in einem solchen Fall eine nach der Gemeindeordnung nicht zulässige Bürgschaftsübernahme als sittenwidrige vorsätzliche Schädigung eines Mitbieters anzusehen ist, wenn der durch die Bürgschaft Begünstigte infolge der geleisteten Sicherheit den Zuschlag erhält. | ||
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T-00-02 | Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung | |
"aa) Die Übernahme der Bürgschaft verstieß gegen § 104 Abs.2 GemO. | ||
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Klägervorbringen übernahm der Ortsbürgermeister der Beklagten die Bürgschaft nicht, wie von § 104 Abs.2 Satz 1 GemO gefordert, im Rahmen der Erfüllung kommunaler Aufgaben. Die Bürgschaft diente vielmehr, wie bereits dargelegt, einem privaten Erwerbsinteresse. | ||
Es kommt hinzu, daß der Ortsbürgermeister der Beklagten das Genehmigungserfordernis des § 104 Abs.2 Satz 2 GemO mißachtete. Da die Bürgschaft kein Geschäft der laufenden Verwaltung war (vgl. Hofmann/Beth/Dreibus, Die Kommunalgesetze für Rheinland-Pfalz 1. Aufl. (Stand Januar 1993) 104 GemO Erl.3, § 103 GemO Erl.7), bedurfte sie der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (vgl BGH, Urteil vom 10. Juni 1999 - IX_ZR_409/97 - NJW_99,3335, 3336, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ_142,51 | ||
bb) Nach dem Vortrag der Klägerin, der der rechtlichen Prüfung zugrunde zu legen ist, nutzte der Ortsbürgermeister der Beklagten durch die gesetzwidrig erklärte Übernahme der Bürgschaft zugunsten des Dr S seine Stellung als Vertreter der Beklagten (§ 47 Abs.1 Satz 1 GemO) zur Verfolgung eigener Vermögensinteressen aus. Im Zwangsversteigerungsverfahren setzte er die zweifelsfreie Bonität der Beklagten ein, um in deren Namen für den Bieter Dr S Sicherheit zu leisten (§ 69 Abs.4 ZVG aF iVm § 239 BGB) und auf diese Weise das von ihm, Dr S, D und Dr. B beabsichtigte Bauvorhaben zu retten. Zugleich trieb er - was auf der Hand lag - den Steigerungserlös zum Schaden der Klägerin nach oben. | ||
cc) In der Gesamtschau dürften die vorgenannten, von der Beklagten zum Teil allerdings bestrittenen, Umstände ergeben, daß der Ortsbürgermeister der Beklagten die Klägerin sittenwidrig und vorsätzlich schädigte (§ 826 BGB); dafür müßte die Beklagte gemäß §§ 31, 89 Abs.1 BGB einstehen. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen und, gestützt auf eine umfassende Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten, über die Frage der Sittenwidrigkeit zu befinden haben. Dabei wird zu bedenken sein, daß das Handeln des Ortsbürgermeisters auch dann als sittenwidrig zu bewerten sein könnte, wenn er die Bürgschaft nicht in Verfolgung persönlicher wirtschaftlicher Interessen bewilligt haben sollte. Immerhin setzte er seine Amtsstellung ein, um einen Mitbieter zum Schaden eines anderen rechtswidrig zu begünstigen. | ||
3. Für das weitere Verfahren ist noch auf folgendes hinzuweisen: | ||
Ein auf § 826 BGB iVm 31, 89 Abs.1 BGB gestützter Schadensersatzanspruch würde nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht an dem Einwand der Beklagten scheitern, die Klägerin hätte den behaupteten Schaden auch dann erlitten, wenn die Bürgschaft nicht gewährt worden wäre (sogenannte hypothetische Schadensursache, vgl. BGHZ_104,355, 359 f). | ||
Die vom Gericht für erforderlich erklärte Sicherheit ist "sofort" zu leisten; sonst ist das Gebot zurückzuweisen (§ 70 Abs.2 Satz 1 und 3 ZVG). Allerdings bedeutet "sofortige" Leistung iSd § 70 Abs.2 Satz 1 ZVG nicht, daß der Verpflichtete schon mit dem Geld oder dem Hinterlegungsschein in der Hand "auf dem Sprung" sein muß. Es genügt als sofortige Leistung, wenn die Sicherheit ohne Verzögerung beigebracht wird, so daß der Verfahrensgang nicht oder nur unwesentlich aufgehalten wird, wenn also die Leistung innerhalb einer kurzen Frist erfolgt (Zeller/Stöber, ZVG 16.Aufl. 1996 70 Rn.3 mwN). ..." | ||
Auszug aus BGH VU, 16.03.00, - III_ZR_179/99 -, www.BGH.de, Abs.20 ff | ||
§§§ |
00.006 | Ankageerhebung | |
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1) Zur Frage der Amtspflichtwidrigkeit (Unvertretbarkeit) einer Anklage der Staatsanwaltschaft wegen Brandstiftung. | ||
2) Vom Schutzzweck der Amtspflicht der Staatsanwaltschaft, keine unzulässige Anklage zu erheben, ist, wenn es um den Vorwurf der Brandstiftung geht, auch die Vermeidung von Vermögensschäden des Angeschuldigten umfaßt, die dadurch entstehen, daß der Feuerversicherer ihm die Brandschadenentschädigung infolge der Anklageerhebung nicht auszahlt. | ||
3) Hat eine amtspflichtwidrige Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft gegen die Geschäftsführer und einzigen Gesellschafter einer GmbH wegen Brandstiftung zur Folge, daß der Feuerversicherer die Zahlung der Entschädigung für den Brandschaden der versicherten GmbH (weiter) zurückhält, so ist bezüglich der dadurch eingetretenen Vermögenseinbußen die GmbH geschützter "Dritter" der Amtspflicht der Staatsanwaltschaft, keine unzulässige Anklage zu erheben. | ||
§§§ |
00.007 | Nacherbenvermerk | |
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1) Ein Nacherbenvermerk ist auch dann nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn das Anwartschaftsrecht des Nacherben verpfändet und die Verpfändung im Grundbuch gleichfalls eingetragen ist. Aus diesem Grunde ist hier für die Festsetzung eines Zuzahlungsbetrags nach den §§ 50, 51 ZVG ebensowenig Raum. | ||
2) Die Amtspflichten des Vollstreckungsgerichts bei der Festsetzung des geringsten Gebots bestehen auch gegenüber dem Vollstreckungsschuldner. | ||
3) Zur Darlegung des aus einer fehlerhaften Zwangsversteigerung entstandenen Schadens und zum Ersatz der Kosten eines erfolglosen Vorprozesses. | ||
§§§ |
00.008 | Elektrischer Treppenlift | |
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LB 1) Mit einer Verfassungsbeschwerde kann grundsätzlich nur die Verletzung eigener Grundrechte geltend gemacht werden (vgl BVerfGE_53,30 <48>; BVerfGE_79,203 <209>; stRspr). | ||
LB 2) Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Menschenwürde seiner querschnittsgelähmten Lebensgefährtin, eine Verletzung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit und eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gleichbehandlung mit Nichtbehinderten geltend macht, ist er nicht beschwerdebefugt. Denn diese Rechte stehen ausschließlich seiner Lebenspartnerin zu und können von ihm nicht im Wege einer Prozessstandschaft geltend gemacht werden. | ||
LB 3) Allerdings kann die Verfassungsbeschwerde dahingehend verstanden werden, dass der Beschwerdeführer sinngemäß eine Verletzung seines von Art.14 Abs.1 GG geschützten mietvertraglichen Besitzrechts rügt (vgl BVerfGE_89,1 <5 ff>). | ||
LB 4) Art.14 Abs.1 Satz 1 GG schützt nicht nur die Eigentumsposition des Vermieters. Auch das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung ist Eigentum im Sinne von Art.14 Abs.1 Satz 1 GG (vgl BVerfGE_89,1 <6>). ]e> Abs.16 ]e[ LB 5) Die allgemein zuständigen Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften des einfachen Rechts ebenfalls die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten; sie müssen die im Gesetz auf Grund verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den beiderseitigen Eigentumsschutz beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen vermeidet (vgl BVerfGE_89,1 <9>). | ||
LB 5) Die allgemein zuständigen Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften des einfachen Rechts ebenfalls die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten; sie müssen die im Gesetz auf Grund verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den beiderseitigen Eigentumsschutz beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen vermeidet (vgl BVerfGE_89,1 <9>). | ||
LB 6) Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl BVerfGE_68,361 <372>; BVerfGE_79,292 <303>; BVerfGE_89,1 <9 f>). | ||
LB 7) Da spezielle mietrechtliche Vorschriften über die Anbringung eines Treppenlifts fehlen und da zwischen den Parteien des Mietverhältnisses auch keine Vereinbarung über diese Frage getroffen wurde, hatte das Landgericht nach Maßgabe des das Vertragsrecht beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) darüber zu befinden, ob und gegebenfalls unter welchen Voraussetzungen der Beschwerdeführer die bauliche Umgestaltung des Treppenhauses verlangen kann. In diesem Zusammenhang oblag es dem Gericht, die widerstreitenden grundrechtlich geschützten Rechtspositionen der Vertragsparteien zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl BVerfGE_90,27 <33>). | ||
LB 8) Das eigentumskräftige Recht, im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs über die Art und Weise der Nutzung der Wohnung zu bestimmen, ermächtigt den Mieter grundsätzlich ebenso zur Aufnahme seines Lebenspartners in die Wohnung (vgl dazu auch BVerfGE_82,6 <16>). | ||
LB 9) Bei Bestimmung des Inhalts und Umfangs des sich aus Art.14 Abs.1 Satz 1 GG ergebenden Nutzungsrechts des Mieters ist insoweit Art.3 Abs.3 Satz 2 GG zu beachten. Danach darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Dieses Verbot ist Grundrecht und zugleich objektive Wertentscheidung. | ||
LB 10) Das sich aus Art.14 Abs.1 Satz 1 GG ergebende Nutzungsrecht des Mieters ist daher im Lichte der grundgesetzlichen Bestimmung des Art.3 Abs.3 Satz 2 GG zu sehen; sein Inhalt wird, auch wenn der behinderte Angehörige oder Lebensgefährte nicht Partei des Mietvertrages ist, durch diese Grundentscheidung mitgeprägt. | ||
LB 11) Die Zivilgerichte müssen demnach bei der Überprüfung der vom Vermieter getroffenen Entscheidung im Rahmen des § 242 BGB abwägen zwischen dem eigentumsrechtlich geschützten Interesse des Vermieters an der unveränderten Erhaltung des Treppenhauses und dem ebenfalls grundrechtlich geschützten Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung. | ||
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Beschschluss | Entscheidungsformel | |
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T-00-03 | Mietrecht und Rollstuhlfahrer | |
"Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art.14 Abs.1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs.2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs.1 Satz 1 BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl BVerfGE_7,198 <205 ff>; BVerfGE_90,27 <33 ff; BVerfGE_96,288 <304>; BVerfGE_99,341 <356>). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Verfassungsbeschwerde im Wesentlichen zulässig und begründet. | ||
1. Die Verfassungsbeschwerde ist allerdings teilweise unzulässig. | ||
a) Mit einer Verfassungsbeschwerde kann grundsätzlich nur die Verletzung eigener Grundrechte geltend gemacht werden (vgl BVerfGE_53,30 <48>; BVerfGE_79,203 <209>; stRspr). Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Menschenwürde seiner querschnittsgelähmten Lebensgefährtin, eine Verletzung ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit und eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gleichbehandlung mit Nichtbehinderten geltend macht, ist er nicht beschwerdebefugt. Denn diese Rechte stehen ausschließlich seiner Lebenspartnerin zu und können von ihm nicht im Wege einer Prozessstandschaft geltend gemacht werden. | ||
b) Allerdings kann die Verfassungsbeschwerde dahingehend verstanden werden, dass der Beschwerdeführer sinngemäß eine Verletzung seines von Art.14 Abs.1 GG geschützten mietvertraglichen Besitzrechts rügt (vgl BVerfGE_89,1 <5 ff>). Denn der Beschwerdeführer trägt vor, dass sein mietvertragliches Wohnrecht auch das Recht zur Mitnutzung des Treppenhauses umfasse und dass der Vermieter deshalb gehalten sei, behinderten Angehörigen des Mieters eine zumutbare Mitnutzung des Treppenhauses durch Zustimmung zum Einbau eines Treppenliftes zu ermöglichen. Mit dieser auf Art.14 Abs.1 GG gestützten Rüge ist die Verfassungsbeschwerde zulässig. | ||
2. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit auch begründet. Die Entscheidung des Landgerichts verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art.14 Abs.1 GG. | ||
a) Art.14 Abs.1 Satz 1 GG schützt nicht nur die Eigentumsposition des Vermieters. Auch das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung ist Eigentum im Sinne von Art.14 Abs.1 Satz 1 GG (vgl BVerfGE>_89,1 <6>). | ||
Die Befugnisse von Mieter und Vermieter zuzuordnen und abzugrenzen, ist Aufgabe des Gesetzgebers. Er muss die schutzwürdigen Interessen beider Seiten berücksichtigen und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Die allgemein zuständigen Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften des einfachen Rechts ebenfalls die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten; sie müssen die im Gesetz auf Grund verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den beiderseitigen Eigentumsschutz beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen vermeidet (vgl BVerfGE_89,1 <9>). | ||
Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl BVerfGE_68,361 <372>; BVerfGE_79,292 <303>; BVerfGE_89,1 <9 f>). | ||
b) Da spezielle mietrechtliche Vorschriften über die Anbringung eines Treppenlifts fehlen und da zwischen den Parteien des Mietverhältnisses auch keine Vereinbarung über diese Frage getroffen wurde, hatte das Landgericht nach Maßgabe des das Vertragsrecht beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) darüber zu befinden, ob und gegebenfalls unter welchen Voraussetzungen der Beschwerdeführer die bauliche Umgestaltung des Treppenhauses verlangen kann. In diesem Zusammenhang oblag es dem Gericht, die widerstreitenden grundrechtlich geschützten Rechtspositionen der Vertragsparteien zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl BVerfGE_90,27 <33>). | ||
Das Landgericht hat bei der Abwägung der widerstreitenden Belange dem Eigentumsrecht des Beschwerdeführers nicht die ihm von Verfassungs wegen gebührende Bedeutung beigemessen. Es beinhaltet nicht nur das Recht des Mieters zur Nutzung der Wohnung. Da der Mieter die Wohnung lediglich nutzen kann, wenn der Zugang zur Wohnung gewährleistet ist, umfasst das Besitzrecht des Mieters auch das Recht zur Mitnutzung des Treppenhauses, das zu seiner Wohnung hinführt. Das eigentumskräftige Recht, im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs über die Art und Weise der Nutzung der Wohnung zu bestimmen, ermächtigt den Mieter grundsätzlich ebenso zur Aufnahme seines Lebenspartners in die Wohnung (vgl dazu auch BVerfGE_82,6 <16>). Da sich dies nur verwirklichen lässt, wenn dem Lebenspartner auch der Zugang zur Wohnung eröffnet ist, erstreckt sich das Recht des Mieters im Sinne von Art.14 Abs.1 Satz 1 GG schließlich auch darauf, dass dem Lebensgefährten der Zugang zur Wohnung gewährt wird. Ist der Zugang in diesem Sinne gewährleistet, kann der Mieter aus Art.14 Abs.1 Satz 1 GG grundsätzlich kein weiter gehendes Recht auf Zustimmung zur baulichen Umgestaltung des Treppenhauses herleiten. Die bauliche Gestaltung der allen Mietern dienenden Gemeinschaftsanlage unterliegt, soweit nichts anderes vereinbart ist, der alleinigen Entscheidungsbefugnis des Vermieters. | ||
Dies gilt jedoch nicht in gleicher Weise, wenn der Zugang zur Wohnung für den Mieter oder eine Person, die er berechtigterweise in seine Wohnung aufgenommen hat, auf Grund einer Behinderung erheblich erschwert ist. Bei Bestimmung des Inhalts und Umfangs des sich aus Art.14 Abs.1 Satz 1 GG ergebenden Nutzungsrechts des Mieters ist insoweit Art.3 Abs.3 Satz 2 GG zu beachten. Danach darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Dieses Verbot ist Grundrecht und zugleich objektive Wertentscheidung. Unabhängig davon, ob sich aus diesem Grundrecht originäre Leistungsansprüche herleiten lassen, folgt aus ihm - über das sich aus dem Wortlaut unmittelbar ergebende Verbot der Benachteiligung hinaus - im Zusammenwirken mit speziellen Freiheitsrechten, dass der Staat eine besondere Verantwortung für behinderte Personen trägt (vgl BVerfGE_96,288 <304>). Nach dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers fließt das Verbot der Benachteiligung Behinderter als Teil der objektiven Wertordnung aber auch in die Auslegung des Zivilrechts ein (vgl BVerfGE_99,341 <356> ). Das sich aus Art.14 Abs.1 Satz 1 GG ergebende Nutzungsrecht des Mieters ist daher im Lichte der grundgesetzlichen Bestimmung des Art.3 Abs.3 Satz 2 GG zu sehen; sein Inhalt wird, auch wenn der behinderte Angehörige oder Lebensgefährte nicht Partei des Mietvertrages ist, durch diese Grundentscheidung mitgeprägt. | ||
Die Zivilgerichte müssen demnach bei der Überprüfung der vom Vermieter getroffenen Entscheidung im Rahmen des § 242 BGB abwägen zwischen dem eigentumsrechtlich geschützten Interesse des Vermieters an der unveränderten Erhaltung des Treppenhauses und dem ebenfalls grundrechtlich geschützten Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung. | ||
c) Eine solche Abwägung der divergierenden Interessen im Rahmen des § 242 BGB hat das Landgericht nicht vorgenommen, weil es die ablehnende Entscheidung der Vermieter lediglich am Maßstab des Schikaneverbots (§ 226 BGB) gemessen hat. Es hält eine ablehnende Entscheidung eines Vermieters schon dann für rechtlich zulässig, wenn er überhaupt sachliche Gründe hierfür anführen kann, ganz gleich, welches Gewicht die Gründe im Einzelfall haben und wie gewichtig die gegenläufigen Interessen des Mieters sind. Mit einer solchen verengten Überprüfung hat es im konkreten Fall das verfassungsrechtliche Gebot einer umfassenden einzelfallbezogenen Abwägung verfehlt. | ||
Bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung kann die Begründung der Vermieter nicht als ausreichend angesehen werden, dass mit dem Einbau des Lifts für einen Vermieter stets Verkehrssicherungspflichten und Haftungsrisiken verbunden sind. Vielmehr muss überprüft werden, welches Gewicht dieser Einwand im Falle einer Übernahme der Verkehrssicherungspflichten und einer Haftungsfreistellung durch den Mieter noch besitzt und ob dem Begehren des Mieters - wie das Landgericht Duisburg annimmt - unter entsprechenden Auflagen stattgegeben werden kann. Ebenso ist das Gewicht des von den Vermietern erhobenen Einwandes näher zu untersuchen, dass der Einbau einer elektrischen Anlage und die damit verbundene Verengung des Treppenhauses bis zu einer Breite von 89 cm zu einer Erhöhung des Unfallrisikos führe. Das Landgericht hätte auch der Frage nachgehen müssen, in welchem Maße die Benutzung der Treppe für andere Personen durch diese Verengung erschwert würde. Insbesondere war zu klären, ob auch dann, wenn der Lift nicht in Betrieb sein sollte, die Benutzung der Treppe im Vergleich zu dem bisherigen Zustand nur unter erschwerten Bedingungen möglich wäre. | ||
Das Landgericht hat auch das Gewicht der gegenläufigen Interessen des Beschwerdeführers als Mieter nicht hinreichend untersucht. Es ist nicht darauf eingegangen, inwieweit der Beschwerdeführer angesichts der von ihm getätigten baulichen Investitionen ein besonderes Interesse an der Fortsetzung der Wohnungsnutzung haben kann. Es hat ferner die besondere Bedeutung, die eine Erleichterung des Wohnungszuganges für behinderte Menschen mit sich bringt, nicht konkret und einzelfallbezogen gewürdigt. Ebenso ist der Hinweis des Gerichts, dass auf dem Markt behindertengerechte Wohnungen erhältlich seien, für sich genommen nicht geeignet, das Gewicht des Bestandsinteresses des Mieters in Frage zu stellen. Der eigentumsrechtliche Schutz des Mieters bezieht sich auf die konkrete gemietete Wohnung, nicht auf die Verfügbarkeit einer Wohnung am Mietmarkt. Soweit dem Mieter mit Rücksicht auf die Interessen der Vermieter gleichwohl ausnahmsweise zugemutet werden dürfte, sich eine andere Wohnung zu suchen, hinge das Gewicht des Bestandsinteresses des Mieters allerdings auch davon ab, in welchem Umfang und zu welchen Preisen vergleichbarer behindertengerechter Ersatzwohnraum angemietet werden könnte. Die vom Senat des Landes Berlin hierzu gemachten Angaben lassen jedenfalls nicht auf ein Überangebot an behindertenfreundlich ausgestalteten Wohnungen schließen. | ||
Die landgerichtliche Entscheidung beruht auf dem Verfassungsverstoß. Sie ist daher aufzuheben. Das Landgericht wird bei der von ihm erneut vorzunehmenden Abwägung die vorgenannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben, ohne dass insoweit von Verfassungs wegen ein bestimmtes Ergebnis der Abwägung im konkreten Einzelfall vorgegeben wäre." | ||
Auszug aus BVerfG B, 28.03.00, - 1_BvR_1460/99 -, www.BVerfG.de, Abs.10 ff | ||
§§§ |
00.009 | Persönlichkeitsschutz | |
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LB 1) Es verstößt nicht gegen Art.5 Abs.1 GG, dass die Gerichte im Rahmen der Auslegung und Anwendung des § 23 Abs.2 KUG den Belangen des Klägers unter Berücksichtigung des Art.2 Abs.1 in Verbindung mit Art.1 Abs.1 und des Art.6 GG Vorrang gegeben haben. | ||
LB 2) Das Recht jedes Kindes auf Entwicklung zur Persönlichkeit - auf "Person werden" - umfasst sowohl die Privatsphäre als auch die kindgemäße Entfaltung in öffentlichen Räumen. Zur Entwicklung der Persönlichkeit gehört es, sich in der Öffentlichkeit angemessen bewegen zu lernen. Dies gilt auch für Kinder, deren Eltern von zeitgeschichtlicher Bedeutung sind. | ||
LB 3) Soweit der Schutz des Persönlichkeitsrechts zur Beschränkung bestimmter Mitteilungsformen der Medien führt, ist dies von den Medien hinzunehmen, da wirkungsvoller Persönlichkeitsschutz andernfalls unmöglich wäre. | ||
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T-00-04 | Persönlichkeitsschutz eines Kindes | |
"Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen des Persönlichkeitsschutzes eines Kindes gegenüber der Bildberichterstattung der Presse. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen Urteile, die sie zur Unterlassung der Veröffentlichung von Fotos des Klägers des Ausgangsverfahrens verpflichtet haben, auf denen er zusammen mit seiner Mutter, Prinzessin Caroline von Monaco, abgebildet war. | ||
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs.2 Buchstabe a BVerfGG zu. Die von ihr aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen sind mit dem Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15.Dezember 1999 - 1_BvR_653/96 - geklärt worden. Mangels Erfolgsaussichten ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde auch nicht nach § 93a Abs.2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt. | ||
Die angegriffenen Entscheidungen halten den Maßstäben des Art.5 Abs.1 GG stand. Die Frage, ob es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs.1 Nr.1 KUG handelt, hat das Oberlandesgericht dahinstehen lassen. Auf den diesen Punkt betreffenden Vortrag der Beschwerdeführerin kommt es somit gar nicht an. | ||
Es verstößt nicht gegen Art.5 Abs.1 GG, dass die Gerichte im Rahmen der Auslegung und Anwendung des § 23 Abs.2 KUG den Belangen des Klägers unter Berücksichtigung des Art.2 Abs.1 in Verbindung mit Art.1 Abs.1 und des Art.6 GG Vorrang gegeben haben. Kinder bedürfen hinsichtlich der Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen, eines besonderen Schutzes. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen, so dass der Bereich, in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muss (vgl das Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15.Dezember 1999 - 1_BvR_653/96 -, Umdruck S.35 f). Dieser Schutz verwirklicht sich nicht nur über das elterliche Erziehungsrecht des Art.6 Abs.1 GG, sondern folgt auch aus dem eigenen Recht des Kindes auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne von Art.2 Abs.1 in Verbindung mit Art.1 Abs.1 GG (vgl BVerfGE_24,119 <144>; BVerfGE_45,400 <417>; BVerfGE_72,122 <137> ). Das Recht jedes Kindes auf Entwicklung zur Persönlichkeit - auf "Person werden" - umfasst sowohl die Privatsphäre als auch die kindgemäße Entfaltung in öffentlichen Räumen. Zur Entwicklung der Persönlichkeit gehört es, sich in der Öffentlichkeit angemessen bewegen zu lernen. Dies gilt auch für Kinder, deren Eltern von zeitgeschichtlicher Bedeutung sind. An einem Schutzbedürfnis kann es freilich fehlen, soweit die Kinder sich nicht bei alltäglichen Vorgängen in der Öffentlichkeit bewegen, sondern sich allein oder gemeinsam mit den Eltern bewusst der Öffentlichkeit zuwenden, etwa im Mittelpunkt öffentlicher Veranstaltungen stehen, und sich dadurch den Bedingungen öffentlicher Auftritte ausliefern (vgl. das Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15.Dezember 1999 - 1_BvR_653/96 -, Umdruck S.35 f). Das Schutzbedürfnis entfällt aber nicht bereits bei einem kindgemäßen Verhalten, das üblicherweise in der Öffentlichkeit geschieht. Insbesondere entfällt es nicht dadurch, dass die Eltern das Kind bei alltäglichen Vorgängen wie Einkaufen oder Spazierengehen begleiten. Auch die Kinder der Personen von zeitgeschichtlicher Bedeutung haben ein Recht, wie andere Kinder auch von ihren Eltern in öffentlichen Räumen begleitet zu werden, ohne allein durch die Anwesenheit der Eltern zum Objekt der Medienberichterstattung zu werden. | ||
Die angegriffenen Entscheidungen führen aus, dass die in Rede stehenden Fotografien den Kläger und seine Mutter in vollkommen alltäglichen Situationen zeigten, so dass dessen Interesse, auch außerhalb seines eng begrenzten häuslichen Bereichs bei alltäglichen Verrichtungen mit seiner Mutter zusammen sein zu können, ohne die Anfertigung und weltweite Verbreitung von Fotos über diesen Vorgang hinnehmen zu müssen, gegenüber den Informations- und Unterhaltungsinteressen der Öffentlichkeit überwiege. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beurteilung, einer Veröffentlichung der streitigen Fotografien stünden berechtigte Interessen des Klägers entgegen, setzt nicht notwendig voraus, dass die Herstellung der Aufnahmen in belästigender Weise erfolgt ist oder dass eine herabsetzende Abbildung vorliegt. | ||
Die Annahme der Beschwerdeführerin, durch das Verbot solcher Bildveröffentlichungen werde ein erheblicher Teil der Bildberichterstattung nachhaltig behindert, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Auch wenn die bloße Unterhaltung ebenfalls in den Grundrechtsschutz einbezogen ist und sie in mehr oder minder weit reichendem Umfang meinungsbildende Funktion haben kann, darf im Rahmen der Abwägung mit Persönlichkeitsrechten berücksichtigt werden, ob Fragen, die die Öffentlichkeit wesentlich angehen, erörtert oder lediglich private Angelegenheiten, die nur die Neugier befriedigen, ausgebreitet werden (vgl. das Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1999 - 1_BvR_653/96 -, Umdruck S.41 ff). Soweit der Schutz des Persönlichkeitsrechts zur Beschränkung bestimmter Mitteilungsformen der Medien führt, ist dies von den Medien hinzunehmen, da wirkungsvoller Persönlichkeitsschutz andernfalls unmöglich wäre. Der Umfang des Persönlichkeitsschutzes verringert sich entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht dadurch, dass die Bildberichterstattung heute einen wesentlich breiteren Raum in den Medien einnimmt als in früheren Zeiten." | ||
Auszug aus BVerfG B, 31.03.00, - 1_BvR_1454/97 -, www.BVerfG.de, Abs.1 ff | ||
§§§ |
00.010 | Umlegungsbeschluss | |
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1) Wer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist für die Anfechtung eines Verwaltungsakts mit der Begründung beansprucht, die erforderliche Anhörung vor Erlaß des Verwaltungsakts sei unterblieben, muß einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unterbleiben der Anhörung und der Versäumung der rechtzeitigen Anfechtung schlüssig darlegen und glaubhaft machen. | ||
2) Die Vorschrift des § 45 Abs.3 VwVfG greift zugunsten desjenigen, der die rechtzeitige Anfechtung eines Verwaltungsakts versäumt hat, vor dessen Erlaß er nicht angehört worden war, nur so lange ein, als ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Anhörungsmangel und dem (weiteren) Unterbleiben der Anfechtung gegeben ist. | ||
c) Wer mit einem Wiedereinsetzungsgesuch wegen der Versäumung der Anfechtung eines öffentlich bekannt gemachten Umlegungsbeschlusses anführt, im Falle einer vorherigen Anhörung wäre ihm der Erlaß des Umlegungsbeschlusses nicht entgangen und er hätte ihn rechtzeitig angefochten, kann von dem Zeitpunkt an nicht mehr als an einer Nachholung der Anfechtung "gehindert" angesehen werden, zu dem ihm der Umlegungsbeschluß und dessen wesentliche Zielsetzung persönlich bekanntgegeben worden ist. | ||
§§§ |
00.011 | Staatlicher Verwalter | |
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| ||
a) Pflichtverletzungen des staatlichen Verwalters während der Dauer dieser Verwaltung können Schadensersatzansprüche nach § 13 Abs.1 VermG oder, soweit sie ab dem 3.Oktober 1990 begangen wurden, nach § 839 BGB iVm Art.34 GG auslösen. Der Schadensersatzanspruch nach § 13 VermG ist gegen den Entschädigungsfonds, der Amtshaftungsanspruch gegen die Gebietskörperschaft zu richten, in deren Auftrag der staatliche Verwalter tätig geworden ist. | ||
b) Eine unmittelbare Inanspruchnahme des früheren staatlichen Verwalters nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung kommt nur für solche Pflichtverletzungen in Betracht, die ihm nach dem Ende der staatlichen Verwaltung im Zusammenhang mit ihrer Abwicklung unterlaufen. | ||
c) Zum Umfang der Übernahme von eingetragenen Aufbauhypotheken, die durch den staatlichen Verwalter bestellt worden sind. | ||
§§§ |
00.012 | Zivildienstleistender | |
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Für Amtspflichtverletzungen eines Zivildienstleistenden haftet ohne Unterschied, ob Träger der Beschäftigungsstelle ein Privatrechtssubjekt oder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist, die Bundesrepublik Deutschland. | ||
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T-00-05 | Amtspflichtverletzung eines Zivildienstleistenden | |
"2. Für Amtspflichtverletzungen eines Zivildienstleistenden haftet ohne Unterschied, ob Rechtsträger der Beschäftigungsstelle ein Privatrechtssubjekt oder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist, nicht der Träger der Beschäftigungsstelle, sondern die Bundesrepublik Deutschland. | ||
a) Nach Art.34 GG trifft die Haftung grundsätzlich diejenige Körperschaft, in deren Diensten der pflichtwidrig handelnde Amtsträger steht. Die Frage nach dem haftenden Dienstherrn beantwortet der Senat in ständiger Rechtsprechung danach, welche Körperschaft dem Amtsträger das Amt, bei dessen Ausübung er fehlsam gehandelt hat, anvertraut hat, wer - mit anderen Worten - dem Amtsträger die Aufgabe, bei deren Wahrnehmung die Amtspflichtverletzung vorgekommen ist, übertragen hat. Es haftet im Regelfall die Körperschaft, die diesen Amtsträger angestellt und ihm damit die Möglichkeit zur Amtsausübung eröffnet hat. Ob auch die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung die Amtspflichtverletzung begangen wurde, in den Aufgabenkreis der Anstellungskörperschaft fällt, bleibt dagegen grundsätzlich unbeachtlich. Lediglich dann, wenn die Anknüpfung an die Anstellung versagt, weil der Amtsträger keinen Dienstherrn hat oder aber mehrere Dienstherren vorhanden sind, ist in der Regel darauf abzustellen, wer ihm die Aufgabe, bei deren Erfüllung er gefehlt hat, anvertraut hat. So hat der Senat etwa hinsichtlich der einem Träger des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen von einer freiwilligen Hilfsorganisation zur Verfügung gestellten Rettungssanitäter oder -fahrer, bei denen ein öffentlich-rechtliches Anstellungsverhältnis als Grundlage der Amtstätigkeit fehlt, als haftende Körperschaft den Träger des Rettungsdienstes angesehen (Beschluß vom 26. März 1997 aaO). Ähnliches kommt bei Beamten mit Doppelstellung, abgeordneten Beamten oder für die Ausübung eines Nebenamts in Betracht. In diesen Fällen trifft die Haftung denjenigen der beiden Dienstherren, der dem Beamten die konkrete Aufgabe, bei der es zu der Amtspflichtverletzung kam, anvertraut hat ( BGHZ_87,202, 204 f; BGHZ_99,326, 330 f; Senatsurteile vom 31.Januar 1991 - III_ZR_184/89 - NVwZ_92,298 und vom 27.Januar 1994 - III_ZR_109/92 - NVwZ_94,823 ). | ||
b) Auf dieser Grundlage hat der Senat bei Amtspflichtverletzungen von Zivildienstleistenden in privatrechtlich organisierten Beschäftigungsstellen als haftende Körperschaft nicht die anerkannte Beschäftigungsstelle, sondern die Bundesrepublik Deutschland angesehen ( BGHZ_118,304, 311 | ||
c) Bei Beschäftigungsstellen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft liegt es nicht entscheidend anders. Der Rechtsträger kommt dann zwar gleichfalls als Haftungssubjekt in Betracht. Letztlich hat aber nicht dieser, sondern die Bundesrepublik Deutschland dem Zivildienstleistenden den Aufgabenbereich, innerhalb dessen die Pflichtverletzung erfolgt ist, anvertraut (vgl. bereits Senat in BGHZ_118,304, 309 | ||
aa) Durch die in § 4 ZDG geregelte Anerkennung wird der (öffentlich-rechtlichen) Beschäftigungsstelle die Berechtigung zuerkannt, Zivildienstpflichtige zu beschäftigen und im Falle ihrer Zuweisung die erforderlichen Verwaltungsaufgaben des Bundes für diesen nach Weisung des Bundesamts für den Zivildienst und unter dessen Rechts- und Fachaufsicht wahrzunehmen (Harrer/Haberland, aaO). So erhalten gemäß § 30 Abs.1 ZDG - neben dem Präsidenten des Bundesamts - der Leiter der Beschäftigungsstelle und andere Personen, die mit Aufgaben der Leitung und Aufsicht betraut sind, die Befugnis als Vorgesetzte, dienstliche Anordnungen gegenüber dem Zivildienstleistenden zu erlassen. Den Leitern und ihren Vertretern kann der Präsident des Bundesamts ferner beschränkte Disziplinarbefugnis übertragen (§ 61 Abs.2 ZDG). Geldbezüge werden dem Dienstleistenden nach § 6 Abs.2 ZDG von der Beschäftigungsstelle für den Bund gezahlt und ihr nachträglich erstattet. Zur Entlastung von Aufwand für Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung können den Beschäftigungsstellen darüber hinaus Zuschüsse gewährt werden (§ 6 Abs.3 ZDG). Die Personalakten für den Zivildienst (§ 36 ZDG) werden beim Bundesamt geführt; die Dienststellen haben lediglich eine Personalhilfsakte anzulegen. Für Anträge und Beschwerden steht dem Dienstpflichtigen der Dienstweg bis zum Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend offen (§ 41 Abs.1 ZDG). Über Widersprüche gegen Verwaltungsakte aufgrund des Zivildienstgesetzes entscheidet auch dann das Bundesamt für den Zivildienst, wenn der Verwaltungsakt von dem Leiter der Dienststelle erlassen worden ist (§ 72 Abs.1 ZDG). In der Literatur wird deswegen bei öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsstellen die Anerkennung gemäß § 4 ZDG als organisationsrechtliches Mandat gewertet (Brecht, aaO; Harrer/Haberland, aaO; Heinz, Zentralblatt für Sozialversicherung 1998, 233; aA Weller, aaO S.31 f : Delegation). Inwieweit dem - auch wegen der umstrittenen Bedeutung dieses Begriffs (vgl hierzu etwa Triepel, Delegation und Mandat im öffentlichen Recht, 1942, S.22 ff. ; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht Bd.II, 4.Aufl. , 72 IV b 2, 5; Schenke, VwA 68 (1977), 118 ff ) - zu folgen ist, kann offenbleiben. Aus der gesamten Ausgestaltung des Zivildienstes ergibt sich jedenfalls, daß - anders als bei abgeordneten Beamten - auch der konkrete Einsatz eines Zivildienstleistenden trotz der vorhandenen eigenen Entscheidungskompetenz und Weisungsbefugnis der Beschäftigungsstelle letzten Endes in den Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Bundes fällt. | ||
bb) Entgegen der Ansicht der Revision (ähnlich auch Elbert/Fröbe, Kriegsdienstverweigerung und Zivildienst, 8.Aufl S.177 f; Nümann, DVBl_84,320, 321; Weller, aaO S.53 ff ) gebieten weder Gesichtspunkte sachgerechter Risikoverteilung noch Billigkeitsgründe, die Haftung für Pflichtverletzungen eines Zivildienstleistenden gleichwohl auf die (öffentlich-rechtliche) Beschäftigungsstelle zu verlagern. Die Revision verweist zwar für sich gesehen nicht unzutreffend auf die besseren Möglichkeiten der Beschäftigungsstelle, das Haftungsrisiko durch Weisungen, Ausbildung und Beaufsichtigung der Dienstleistenden zu vermindern, sowie auf die ihr aus dem Einsatz von Zivildienstleistenden zufließenden wirtschaftlichen Vorteile, denen auch die Lasten entsprechen müßten (vgl zu den Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung sowie zu den Verwaltungskosten § 6 Abs.1 ZDG). Sie vernachlässigt dabei jedoch, daß, wie ausgeführt, die Bundesrepublik sich ihrerseits der Beschäftigungsstellen zur Erfüllung ihrer eigenen, im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben bedient, diese insoweit in die Bundesverwaltung eingliedert und durch allgemeine oder Einzelweisungen deren Tätigkeit zu steuern vermag. Die Zivildienstleistenden werden den Beschäftigungsstellen zugewiesen, auf deren Auswahl können die Einrichtungen nur in begrenztem Umfang - mit Zustimmung des Bundesamts - Einfluß nehmen (vgl § 4 Abs.1 Nr.3 ZDG; s. ferner Elbert/Fröbe, S.106, 117 f ). Angesichts dessen erscheint es nicht unangemessen, daß die hinter den Beschäftigungsstellen stehende Bundesrepublik auch die Folgen der Schädigungen Dritter durch ihre Zivildienstleistenden trägt." | ||
Auszug aus BGH U, 11.05.00, - III_ZR_258/99 -, www.BGH.de, Abs.6 ff | ||
§§§ |
00.013 | Amtshaftung | |
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1) Dass das ursprüngliche Begehren des Klägers in einem Baugenehmigungsstreit durch Erteilung der erstreben Baugenehmigung seine Erledigung gefunden hat, ist kein Grund, wegen der dieser Baugenehmigung zukommenden Feststellungswirkung auch für den Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheides bindend vom Bestehen eines Genehmigungsanspruchs auszugehen. | ||
2) Wie nicht zuletzt die Regelung des § 35 Abs.4 Satz 1 Nr.5 BauGB in Verbindung mit Satz 3 dieser Bestimmung erkennen lässt, kann unter Zersiedlungsgesichtspunkten auch der Einbau weiterer Wohnungen in ein Außenbereichsvorhaben öffentliche Belange im Verständnis von § 35 Abs.3 BauGB beeinträchtigen. | ||
§§§ |
00.014 | Zuwegung | |
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Die Amtspflicht der Bauaufsichtsbehörde, eine Baugenehmigung nur dann zu erteilen, wenn die Zuwegung zu dem Baugrundstück öffentlich-rechtlich (durch Baulast) gesichert ist, nimmt dem Bauherrn nicht das privatrechtliche Risiko ab, daß die Nachbarn die Bewilligung dieser Baulast deswegen verweigern, weil die bestehende Grunddienstbarkeit die beabsichtigte Erweiterung der Nutzung nicht abdeckt. | ||
§§§ |
00.015 | Vorwegnahme-Erbfolge | |
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§§§ |
00.016 | Impfschaden | |
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Zu den Voraussetzungen, unter denen sich aus den Ermittlungspflichten des Arztes des Gesundheitsamts, gegenüber dem der Verdacht auf eine Impfschädigung geäußert wird, eine Pflicht zur Belehrung ergeben kann, daß es zur Anerkennung eines Impfschadens einer hierauf gerichteten Antragstellung bedarf. | ||
§§§ |
00.017 | Funktionszulage I | |
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1) Die gesetzliche Gewährung von zusätzlichen Entschädigungen mit Einkommenscharakter für Abgeordnete mit besonderen Funktionen ist eine Maßnahme im Rahmen der Parlamentsautonomie, die der Landtag grundsätzlich in eigener Verantwortung trifft. | ||
2) Die Regelungsmacht des Parlaments in eigenen Angelegenheiten wird - soweit Funktionszulagen in Rede stehen - durch Art.38 Abs.1 GG eingeschränkt. Das auf Art.38 Abs.1 Satz 1 GG fußende Freiheitsgebot des Art.38 Abs.1 Satz 2 GG verlangt, die Abgeordneten in Statusfragen formal gleich zu behandeln, damit keine Abhängigkeiten oder Hierarchien über das für die Arbeitsfähigkeit des Parlaments unabdingbare Maß hinaus entstehen. | ||
3) Um eine der Freiheit des Mandats und der Statusgleichheit der Abgeordneten entsprechende, von sachfremden Einflüssen freie politische Willensbildung zu gewährleisten, ist die Zahl der mit Zulagen bedachten Funktionsstellen auf wenige politisch besonders herausgehobene parlamentarische Funktionen zu beschränken. | ||
LB 4) Die beispielhaft im Grundgesetz aufgeführten Rechte, wie die Geschäftsordnungsautonomie (Art.40 Abs.1 Satz 2 GG), das Selbstversammlungsrecht (Art.39 Abs.3 GG), die Wahl eigener Organe (Art.40 Abs.1 Satz 1 GG), das Enqueterecht (Art.44 Abs.1 GG), die Immunität der Abgeordneten (Art.46 GG) sowie Hausrecht und Polizeigewalt (Art.40 Abs.2 GG), bilden den Kern der verfassungsrechtlich begründeten Parlamentsautonomie. | ||
LB 5) Das Bundesverfassungsgericht zählt zu den Regelungsgegenständen des Selbstorganisationsrechts die Abläufe des Gesetzgebungsverfahrens, soweit es nicht in der Verfassung selbst geregelt ist, sowie die Funktion, Zusammensetzung und Arbeitsweise der Ausschüsse, die Wahrnehmung von Initiativ-, Informations- und Kontrollrechten, die Bildung und die Rechte von Fraktionen und die Ausübung des parlamentarischen Rederechts (BVerfGE_80,188 <219>). | ||
LB 6) Kraft seiner Autonomie darf das Parlament auf diese neuen politischen Arbeitsbedingungen nicht nur durch den Ausbau von parlamentarischen Organisationsstrukturen reagieren. Auch die Schaffung besonders zu entschädigender Funktionsstellen ist dem Binnenbereich parlamentarischer Organisation zuzurechnen. Die für diese eingeräumten Zusatzentschädigungen haben ihre Grundlage nicht in dem Mandat, sondern in besonderen Wahl- und Bestellungsakten des Parlaments (Sondervotum Seuffert BVerfGE_40,296 <340>). | ||
LB 7) Die Gleichheit aller Staatsbürger in der freien Ausübung ihres Wahlrechts findet im Parlament ihren Ausdruck in dem freien Mandat. Denn nur die rechtlich freie Entscheidung fördert das Denken in Alternativen, öffnet die Aufmerksamkeit für die Vielfalt der Interessen und ermöglicht deren Ausgleich. Das freie Mandat "schließt die Rückkopplung zwischen Parlamentariern und Wahlvolk nicht aus, sondern ganz bewußt ein" und schafft durch den Zwang zur Rechtfertigung Verantwortlichkeit. Dieses letztlich auf Art.38 Abs.1 Satz 1 GG fußende Freiheitsgebot des Art.38 Abs.1 Satz 2 GG verlangt, die Abgeordneten in Statusfragen formal gleich zu behandeln, damit keine Abhängigkeiten oder Hierarchien über das für die Arbeitsfähigkeit des Parlaments unabdingbare Maß hinaus entstehen. | ||
LB 8) Nach diesem Maßstab sind die Rechte der Antragsteller durch den Erlass der angegriffenen Regelungen nicht verletzt, soweit die Fraktionsvorsitzenden eine steuerpflichtige Zusatzentschädigung erhalten (1.). Hingegen sind die Rechte der Antragsteller verletzt, soweit stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen und den Ausschussvorsitzenden Funktionszulagen gewährt werden. | ||
* * * | ||
T-00-06 | Abgeordnete | |
"Der Antrag im Landesorganstreitverfahren ist unzulässig, soweit die dreizehnmalige Zahlung von Funktionszulagen pro Jahr gerügt wird, im Übrigen zulässig. | ||
1. Das Bundesverfassungsgericht ist im vorliegenden Fall gemäß Art.93 Abs.1 Nr.4, 3. Fall GG, § 71 Abs.1 Nr.3 BVerfGG zuständig. Das subsidiäre Landesorganstreitverfahren gewährleistet einen lückenlosen Rechtsschutz für die am Verfassungsleben eines Landes Beteiligten gegen alle Verletzungen ihrer eigenen Rechte aus der Landesverfassung (vgl BVerfGE_93,195 <202>). Die Verletzung kann auch im Erlass eines Gesetzes bestehen (vgl BVerfGE_99,332 <336 f> ). Die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts entfällt allerdings, wenn und sobald das Landesrecht für die Streitbeteiligten einen eigenen Rechtsweg zur Entscheidung der konkreten landesverfassungsrechtlichen Streitigkeit bereithält (vgl BVerfGE_90,43 <45> ). Daran fehlt es hier. Die durch die Verfassung des Freistaats Thüringen vom 25.Oktober 1993 und das Gesetz über den Thüringer Verfassungsgerichtshof vom 28.Juni 1994 für Thüringer Landtagsabgeordnete geschaffene Möglichkeit, einen Organstreit vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof zu führen, hat für die konkrete Streitigkeit keinen vorrangigen Rechtsweg eröffnet. Denn die Antragsteller hätten nicht die Antragsfrist von sechs Monaten nach Bekanntwerden der beanstandeten Maßnahme (§ 39 Abs.3 ThürVerfGHG) einhalten können. Eine Übergangsvorschrift, die dem Thüringer Verfassungsgerichtshof die Entscheidung über einen Fall wie diesen ermöglicht, fehlt. | ||
2. Die Antragsteller sind im Landesorganstreitverfahren parteifähig (§ 71 Abs.1 Nr.3 BVerfGG). Sie wurden als Mitglieder des Thüringer Landtags, eines obersten Landesorgans, bereits durch §§ 2, 9 der Vorläufigen Landessatzung für das Land Thüringen mit eigenen Rechten ausgestattet. Sie haben ihre Parteifähigkeit nicht mit dem Ausscheiden aus dem Thüringer Landtag verloren. Maßgeblich für die Parteifähigkeit von Abgeordneten im Organstreit ist ihr Status zu dem Zeitpunkt, zu dem sie den Verfassungsstreit anhängig gemacht haben (vgl BVerfGE_4,144 <152>). | ||
3. Die Antragsteller haben hinreichend geltend gemacht, durch den Streitgegenstand in ihren Rechten oder Zuständigkeiten unmittelbar berührt zu sein (§ 71 Abs.1 Nr.3 BVerfGG). Die Antragsbefugnis im Organstreit ist gegeben, wenn Antragsteller schlüssig behaupten, dass sie und der Antragsgegner an einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt sind und dass der Antragsgegner hieraus erwachsende eigene verfassungsmäßige Rechte und Zuständigkeiten der Antragsteller durch die beanstandete Maßnahme oder das Unterlassen verletzt oder unmittelbar gefährdet hat (vgl BVerfGE_93,195 <203>). Schlüssig ist die Behauptung, wenn die Rechtsverletzung nach dem vorgetragenen Sachverhalt möglich erscheint (vgl BVerfGE_93,195 <204>). Das trifft auf das Vorbringen der Antragsteller zu. Sie wären als Abgeordnete ohne zusätzlich dotierte Funktion verfassungswidrig in ihrem Status beeinträchtigt, wenn die Vorläufige Landessatzung eine Verfassung ist, die Zusatzentschädigungen verbietet. Das liegt angesichts der vom Senat im Diäten-Urteil geäußerten Auffassung nicht fern, der zufolge Funktionszulagen als Teil der Abgeordnetenentschädigung zu begreifen und dem formalen Gleichheitssatz unterworfen sind (vgl BVerfGE_40,296 <318>). | ||
4. a) Das Rechtsschutzinteresse an einer Entscheidung in der Sache ist auch nach dem Ausscheiden der Antragsteller aus dem Thüringer Landtag nicht entfallen, soweit die Funktionszulagen in Rede stehen. | ||
Im Grundsatz gilt allerdings, dass ein objektives Interesse an der Klärung einer Streitfrage des Landesverfassungsrechts durch das Bundesverfassungsgericht nicht besteht, wenn das subjektive Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller fortgefallen ist. Denn in dem föderativ gestalteten Bundesstaat des Grundgesetzes stehen die Verfassungsbereiche des Bundes und der Länder grundsätzlich selbstständig nebeneinander. Entsprechendes gilt für die Verfassungsgerichtsbarkeit des Bundes und der Länder. Daraus folgt, dass die Landesverfassungsgerichtsbarkeit nicht in größere Abhängigkeit gebracht werden darf, als es nach dem Bundesverfassungsrecht unvermeidbar ist (vgl BVerfGE_96,231 <242> ). Besondere Zurückhaltung ist bei der subsidiären Landesorganstreitigkeit angezeigt, weil dem Verfassungsgericht des Bundes durch Art.93 Abs.1 Nr.4, 3. Fall GG die Entscheidungszuständigkeit in denjenigen Fällen eingeräumt wird, die nach der Landesverfassung dem Verfassungsgericht des Landes vorenthalten sind. Dies lässt sich nur mit dem Gedanken rechtfertigen, dass nach der grundgesetzlichen Ordnung auch in den - durch das Grundgesetz mitverfassten - Ländern Rechtsschutz für Verfassungsorgane und -organteile notwendig ist, soweit diese zur Wahrnehmung ihrer Funktion des Schutzes bedürfen (vgl BVerfGE_60,319 <326>; BVerfGE_91,246 <250>). | ||
Im vorliegenden Fall bleibt das Bundesverfassungsgericht ausnahmsweise zur Entscheidung in der Sache berufen. Das Diäten-Urteil hat mit seinen Ausführungen zur grundsätzlichen Verfassungswidrigkeit von Funktionszulagen vielfach den Eindruck vermittelt, dieses Verdikt gelte verbindlich für den Bund und alle Länder. Nach diesem Rechtsstandpunkt wäre ein Landesverfassungsgericht ohnehin gehalten, nach Art.100 Abs.3 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es Funktionszulagen in einem größeren Umfang für verfassungsgemäß hielte als der Senat in seinem Diäten-Urteil. Eine erneute Entscheidung des . Bundesverfassungsgerichts in der Sache bleibt daher geboten | ||
b) Das Rechtsschutzinteresse ist hingegen entfallen, soweit die Antragsteller auch noch nach dem Ausscheiden aus dem Thüringer Landtag die dreizehnmalige Zahlung der Funktionszulagen pro Jahr gemäß § 5 Abs.2 Satz 2 ThürAbgG aF rügen. Die Norm ist durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes vom 28.Februar 1995 (ThürGVBl S.109) abgeändert worden. Nunmehr wird die Zusatzentschädigung nur noch zwölfmal im Jahr gezahlt. Für ein gleichwohl fortbestehendes Interesse an der Klärung einer landesverfassungsrechtlichen Frage ist nichts ersichtlich. C. | ||
Der Antrag hat in der Sache zum Teil Erfolg. Die in § 5 Abs.2 Satz 1 ThürAbgG angeordneten Zahlungen von zusätzlichen Entschädigungen für stellvertretende Fraktionsvorsitzende, parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen und die Vorsitzenden der Ausschüsse verstoßen gegen § 2 Abs.1 der Vorläufigen Landessatzung für das Land Thüringen in Verbindung mit Art.38 Abs.1, Art.28 Abs.1 Satz 1 und 2 GG. Die ebenfalls angegriffene Anordnung der Zahlung von zusätzlichen Entschädigungen an Fraktionsvorsitzende hält dagegen der verfassungsrechtlichen Überprüfung stand. I. | ||
1. Der verfassungsrechtliche Maßstab für die Überprüfung des Antrags ist in erster Linie der Vorläufigen Landessatzung für das Land Thüringen vom 7.November 1990 zu entnehmen, in zweiter Linie dem Grundgesetz. | ||
a) Die Verfassung des Freistaats Thüringen vom 25.Oktober 1993 bildet nicht den Maßstab, weil sie am maßgeblichen Tag des Erlasses von § 5 Abs.2 Satz 1 ThürAbgG noch nicht in Kraft getreten war. Der Antrag im Landesorganstreitverfahren richtet sich gegen eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners (vgl § 71 Abs.2 iVm § 64 Abs.3 BVerfGG), bei einem Streit um die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes also gegen den Erlass der Norm und nicht etwa gegen die Norm als solche. Anzuknüpfen ist an den Tag, an dem der Landtag das Gesetz beschlossen hat (vgl BVerfGE_99,332 <336 f>), hier der 30.Januar 1991. | ||
b) Die Vorläufige Landessatzung für das Land Thüringen, die am Tag des angegriffenen Gesetzesbeschlusses galt, ist eine Landesverfassung im Sinne der §§ 71 Abs.1 Nr.3, 72 Abs.2 Satz 1 BVerfGG. Ihr besonderer, über einem einfachen Gesetz stehender Rang ergibt sich aus ihrer Präambel sowie aus der in § 17 der Vorläufigen Landessatzung angeordneten erschwerten Abänderbarkeit und erhöhten Bestandskraft ihrer Normen. | ||
c) Regelt das Landesverfassungsrecht den Status und die Entschädigung von Landtagsabgeordneten, ergibt sich aus dem Grundgesetz grundsätzlich kein zusätzlicher verfassungsrechtlicher Maßstab. Denn das Grundgesetz gewährleistet den Ländern, soweit es für deren Verfassungen keine ausdrücklichen Vorgaben enthält, eigenständige Verfassungsbereiche (vgl BVerfGE_96,345 <368 f>; BVerfGE_99,1 <11>). Die Bedeutung der parlamentsrechtlichen Regelungen des Grundgesetzes und der zu ihnen ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beschränkt sich darauf, den nach Art.28 Abs.1 Satz 1 GG zu gewährleistenden Grundsätzen der verfassungsmäßigen Ordnung in den Ländern in Bezug auf das Landesparlament Konturen zu geben. Die Bestimmungen über den Status der Bundestagsabgeordneten und die Stellung des Bundestags sind dabei nicht in ihren konkrete Ausgestaltungen, sondern nur in ihren essentiellen, den deutschen Parlamentarismus prägenden Grundsätzen für die Verfasstheit der Länder von Bedeutung (vgl BVerfGE_90,6 <84 f>). Im Übrigen steht es den Ländern frei, den Status und die Fragen der finanziellen Ausstattung der Landtagsabgeordneten abweichend von den Art.38 ff GG zu regeln | ||
2. Die Schaffung von parlamentarischen Funktionsstellen und deren finanzielle Ausstattung unterfallen der Regelungsmacht des Parlaments in eigenen Angelegenheiten. | ||
a) Die Vorläufige Landessatzung für das Land Thüringen bestimmte die Stellung des Landtags und dessen Aufgaben ebenso wie das Grundgesetz für den Bundestag. Danach war der Landtag als Repräsentationsorgan des Landesvolkes für alle grundlegenden politischen Entscheidungen, insbesondere für die Gesetzgebung und die Kontrolle der Landesregierung verantwortlich. Aus dieser hervorgehobenen verfassungsrechtlichen Stellung folgt eine im sachlichen Umfang weit reichende Parlamentsautonomie (vgl die den Landtag betreffenden Regelungen der §§ 2 bis 9 der Vorläufigen Landessatzung). | ||
b) Die gesetzliche Gewährung von zusätzlichen Entschädigungen mit Einkommenscharakter für Abgeordnete mit besonderen Funktionen ist eine Maßnahme im Rahmen der Parlamentsautonomie, die der Landtag grundsätzlich in eigener Verantwortung trifft. | ||
aa) Die dem Landtag als Verfassungsorgan zustehende Autonomie erstreckt sich nicht nur auf Angelegenheiten der Geschäftsordnung im Sinne des § 3 der Vorläufigen Landessatzung für das Land Thüringen und Art.40 Abs.1 Satz 2 GG. Autonomie bezeichnet die allgemeine Befugnis des Parlaments, seine eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln (Pietzcker, in: Schneider/Zeh | ||
bb) Weder das Grundgesetz noch die Landesverfassungen haben die überkommenen Grundsätze der Parlamentsautonomie umfassend und einheitlich geregelt. Die aus ihr fließenden wesentlichen, beispielhaft im Grundgesetz aufgeführten Rechte, wie die Geschäftsordnungsautonomie (Art.40 Abs.1 Satz 2 GG), das Selbstversammlungsrecht (Art.39 Abs.3 GG), die Wahl eigener Organe (Art.40 Abs.1 Satz 1 GG), das Enqueterecht (Art.44 Abs.1 GG), die Immunität der Abgeordneten (Art.46 GG) sowie Hausrecht und Polizeigewalt (Art.40 Abs.2 GG), bilden den Kern der verfassungsrechtlich begründeten Parlamentsautonomie. | ||
Das Bundesverfassungsgericht zählt zu den Regelungsgegenständen des Selbstorganisationsrechts die Abläufe des Gesetzgebungsverfahrens, soweit es nicht in der Verfassung selbst geregelt ist, sowie die Funktion, Zusammensetzung und Arbeitsweise der Ausschüsse, die Wahrnehmung von Initiativ-, Informations- und Kontrollrechten, die Bildung und die Rechte von Fraktionen und die Ausübung des parlamentarischen Rederechts (BVerfGE_80,188 <219>). | ||
cc) Dieser Katalog zählt die Regelungsgegenstände und Instrumente der Parlamentsautonomie nicht erschöpfend auf. Denn auch dieses Recht muß im Hinblick auf die jeweiligen politischen Verhältnisse konkretisiert werden, um eine Anpassung an veränderte Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. So kann die Parlamentsautonomie eine gegenüber früheren Verfassungsepochen gewandelte Aktualität durch den Umstand gewinnen, dass nicht mehr wie in der klassischen Lehre Parlament und Regierung einander gegenüberstehen, sondern die Grenze quer durch das Plenum verläuft: Regierung und die sie unterstützende Parlamentsmehrheit bilden gegenüber der Opposition politisch eine Einheit. Auch auf die zunehmende Komplexität der Regelungsbedürfnisse muss das Parlament im Rahmen des Selbstorganisationsrechts reagieren. Das moderne Parlament muss daher Strategien des arbeitsteiligen Zusammenwirkens und der Koordination der politischen Willensbildung entwickeln, will es seine Arbeitsfähigkeit nicht einbüßen. | ||
dd) Kraft seiner Autonomie darf das Parlament auf diese neuen politischen Arbeitsbedingungen nicht nur durch den Ausbau von parlamentarischen Organisationsstrukturen reagieren. Auch die Schaffung besonders zu entschädigender Funktionsstellen ist dem Binnenbereich parlamentarischer Organisation zuzurechnen. Die für diese eingeräumten Zusatzentschädigungen haben ihre Grundlage nicht in dem Mandat, sondern in besonderen Wahl- und Bestellungsakten des Parlaments (Sondervotum Seuffert - BVerfGE_40,296 <340>). | ||
3. Die Regelungsmacht des Parlaments in eigenen Angelegenheiten ist allerdings nicht unbegrenzt. Sie wird - soweit die Funktionszulagen in Rede stehen - durch Art.38 Abs.1 GG eingeschränkt. In beiden Sätzen dieser Vorschrift ist das Prinzip der repräsentativen Demokratie verankert. Es gewährleistet für jeden der nach den Grundsätzen des Satzes 1 gewählten Abgeordneten sowohl die Freiheit in der Ausübung seines Mandates als auch die Gleichheit im Status als Vertreter des ganzen Volkes (a). Um eine diesen Anforderungen entsprechende, von sachfremden Einflüssen freie politische Willensbildung zu gewährleisten, ist die Zahl der mit Zulagen bedachten Funktionsstellen auf wenige politisch besonders herausgehobene parlamentarische Funktionen zu beschränken (b). | ||
a) Die vom Volk ausgehende und in der Wahl ausgeübte Staatsgewalt wird vom Parlament als Ganzes im Sinne der Gesamtheit seiner Mitglieder wahrgenommen. Die genannten Grundlagen der repräsentativen Demokratie wirken auch auf das parlamentarische Entscheidungsverfahren ein, indem sie grundsätzlich die Mitwirkung aller Abgeordneten bei der Willensbildung des Parlaments erfordern und bei der Schaffung der äußeren Bedingungen, unter denen die Parlamentsbeschlüsse zustande kommen, Berücksichtigung verlangen (vgl BVerfGE_44,308 <315 f>). Dies setzt zum einen die gleiche Mitwirkungsbefugnis aller Abgeordneten im Rahmen der parlamentarischen Arbeit voraus (vgl BVerfGE_80,188 <218> ). Der Senat hat in dem Diäten-Urteil das Gebot der formalisierten Gleichbehandlung zum anderen auf die Bemessung der Abgeordnetenentschädigung erstreckt. Er hat dies aus dem in den Art.38 Abs.1 Satz 1 und Art.28 Abs.1 Satz 2 GG zum Ausdruck gelangten Prinzip abgeleitet, wonach jedermann seine staatsbürgerlichen Rechte in formal möglichst gleicher Weise soll ausüben können. Das gelte nicht nur für die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts im engeren Sinne, sondern auch für die Ausübung des Mandats. Denn das Grundgesetz kenne keine für den Status des Abgeordneten erheblichen besonderen, in seiner Person liegenden Umstände, die es rechtfertigten, innerhalb des Status zu differenzieren. Aus diesem Recht auf gleiche Teilhabe im Prozess der politischen Willensbildung folge auch das Gebot der gleichen Entschädigung. Denn nur dann könnten die Abgeordneten praktisch als Vertreter des ganzen Volkes gelten, wenn Vertreter aus allen Schichten des Volkes Abgeordnete sein können (vgl BVerfGE_40,296 <317 f> und insoweit übereinstimmend BayVerfGH_35,148 <158 f>). | ||
In seiner jüngeren - allerdings nicht die Abgeordnetenentschädigung betreffenden - Rechtsprechung hat der Senat Fragen der Stellung der Abgeordneten im Parlament nicht mehr im Rückgriff auf den aus Art.38 Abs.1 Satz 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit beantwortet. Dessen Anwendung, so der Senat in seinem Urteil vom 16. Juli 1991, "ist auf Wahlen beschränkt". Demgegenüber habe der parlamentsbezogene Grundsatz, wonach alle Mitglieder des Parlaments einander gleichgestellt seien, seine verfassungsrechtliche Grundlage in Art.38 Abs.1 Satz 2 GG ( BVerfGE_84,304 <325>). Der in dieser Norm gewährleistete repräsentative Status der Abgeordneten umfasse das Recht auf gleiche Teilhabe am Prozeß der parlamentarischen Willensbildung (so mit Bezug auf die Abgeordneten des Bundestags BVerfGE_96,264 <278>). | ||
Der Senat gibt, soweit die Entschädigung der Abgeordneten in Rede steht, die isolierte Bezugnahme auf jeweils einen der beiden Sätze des Art.38 Abs.1 GG auf. Denn diese stehen im Hinblick auf das durch sie konkretisierte Prinzip der repräsentativen Demokratie in einem unauflösbaren, sich wechselseitig bedingenden Zusammenhang. So setzt sich insbesondere die Gleichheit der Wahl in der gleichen Mitwirkungsbefugnis aller Abgeordneten fort. Beide besonderen Gleichheitssätze stützen den Repräsentationsgedanken aus unterschiedlichen Richtungen. | ||
Die Gleichheit aller Staatsbürger in der freien Ausübung ihres Wahlrechts findet im Parlament ihren Ausdruck in dem freien Mandat. Denn nur die rechtlich freie Entscheidung fördert das Denken in Alternativen, öffnet die Aufmerksamkeit für die Vielfalt der Interessen und ermöglicht deren Ausgleich. Das freie Mandat "schließt die Rückkopplung zwischen Parlamentariern und Wahlvolk nicht aus, sondern ganz bewußt ein" und schafft durch den Zwang zur Rechtfertigung Verantwortlichkeit (Hofmann/Dreier, in: Schneider/Zeh | ||
b) Die formelle Gleichheit der Abgeordneten sowie die angemessene Entschädigung gemäß § 9 Abs.4 Vorläufige Landessatzung und Art.48 Abs.3 GG sollen die Freiheit des Mandats gewährleisten. Die der Bedeutung des Amtes angemessene Entschädigung soll dem Abgeordneten ermöglichen, als Vertreter des ganzen Volkes frei von wirtschaftlichen Zwängen zu wirken (vgl BVerfGE_40,296 <315 f>). In der parlamentarischen Arbeit können jedoch zusätzliche Entschädigungen für einzelne Abgeordnete die Entscheidungsfreiheit aller Abgeordneten beeinträchtigen, wenn durch solche Zulagen die Gefahr entsteht, dass das parlamentarische Handeln am Leitbild einer "Abgeordnetenlaufbahn" und dem Erreichen einer höheren Einkommensstufe ausgerichtet wird (vgl H Meyer, Das fehlfinanzierte Parlament, in: Huber/Mößle/Stock | ||
Der Abgeordnete bewegt sich zwar in einem Spannungsverhältnis zwischen der Freiheit seines Mandats und einer Einordnung in die Fraktionsdisziplin. Das politische Eingebundensein des Abgeordneten in Partei und Fraktionen im Bund und in den Ländern ist jedoch verfassungsrechtlich zulässig; denn das Grundgesetz weist den Parteien eine besondere Rolle im Prozess der politischen Willensbildung zu (Art.21 Abs.1 GG). Die von den Abgeordneten einer Partei gebildeten Fraktionen nehmen in diesem Prozess Koordinierungsaufgaben wahr, die angesichts der Vielzahl und Vielschichtigkeit der im Parlament zu behandelnden Regelungsbedürfnisse für die parlamentarische Arbeit unabdingbar sind. Wenn der einzelne Abgeordnete im Parlament politisch Einfluss ausüben will, bedarf er der Unterstützung seiner Fraktion (dazu näher Schüttemeyer, Fraktionen im Deutschen Bundestag 1949 - 1997, 1998, S.24, 27, 38 f; Sontheimer/Bleek, Grundzüge des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, 1999, S.290). | ||
Daraus folgende Abhängigkeiten des einzelnen Abgeordneten von Fraktionsbeschlüssen sind im Rahmen funktioneller Differenzierung der Parlamentsarbeit auch mit Blick auf Art.21 Abs.1 GG hinzunehmende. Wird jedoch die Verteilung parlamentarischer Funktionen mit unterschiedlicher Dotierung der Abgeordneten verbunden, so entstehen zusätzliche Abhängigkeiten, die durch die Aufgaben des Abgeordneten innerhalb effektiv organisierter Parlamentsarbeit nicht gerechtfertigt werden, sondern hierzu in Widerspruch treten können: Innerparlamentarische Einkommenshierarchien lassen es erstrebenswert erscheinen, parlamentarische Funktionen aus ökonomischen Gründen, unabhängig von individuellen politischen Intentionen und Kompetenzen, zu übernehmen, auszuüben und gegenüber Konkurrenten zu behaupten. | ||
4. Aus den vorangehenden maßstäblichen Erwägungen läßt sich nicht unmittelbar ablesen, unter welchen Voraussetzungen zusätzliche Entschädigungen für parlamentarische Funktionen geschaffen werden dürfen, ohne die Statusgleichheit der Abgeordneten und die Freiheit des Mandats zu beeinträchtigen. Regelungen über die innere Ordnung des Parlaments bedürfen der Flexibilität, um eine Anpassung an die veränderte Verfassungswirklichkeit zu ermöglichen. In der Gestaltung hat das Parlament schon im Hinblick auf seine besonderen Arbeitsbedingungen (etwa als Vollzeit- oder Teilzeitparlament) weitgehende Freiheit. Dabei muss in Kauf genommen werden, dass sich solche Regeln unter Umständen ungleichmäßig auswirken (vgl BVerfGE_10,4 <19 f>). Hinsichtlich der Reichweite und Grenzen der Parlamentsautonomie in Bezug auf Funktionszulagen lassen sich daher nur sehr allgemeine Kriterien aufzeigen, die als Leitgesichtspunkte dienen können. 64 | ||
a) Vornan muss das Parlament zeitgemäße Strukturen ausbilden können, die der Vielzahl, Bandbreite und Komplexität der Gegenstände parlamentarischer Gesetzgebung und Kontrolle Rechnung tragen. Demgemäß setzt das Gelingen einer wirksamen und rationalen parlamentarischen Arbeit besondere Qualifikationen demokratischer Führung, vor allem besondere Sach- und Verfahrenskunde sowie Fähigkeiten der Information, Kommunikation und des Vermittelns voraus. Dies spricht dafür, dass Funktionen geschaffen und unter bestimmten Voraussetzungen auch besonders honoriert werden können, mit deren Hilfe die politische Willensbildung koordiniert werden kann. | ||
b) Auf der anderen Seite ist der Gefahr zu begegnen, dass durch die systematische Ausdehnung von Funktionszulagen "Abgeordnetenlaufbahnen" und Einkommenshierarchien geschaffen werden, die der Freiheit des Mandats abträglich sind und die Bereitschaft der Abgeordneten beeinträchtigen, ohne Rücksicht auf eigene wirtschaftliche Vorteile die jeweils beste Lösung für das Gemeinwohl anzustreben. Funktionszulagen können darum zum einen nur in geringer Zahl vorgesehen werden und sind zum anderen auf besonders herausgehobene politisch-parlamentarische Funktionen zu begrenzen. | ||
Durch eine Vielzahl von besonders zu entschädigenden Funktionsstellen verstärkt sich die Abhängigkeit des einzelnen Abgeordneten von der politischen Gruppe, der er angehört. Bei den zahlenmäßig begrenzten Spitzenpositionen im Parlament dagegen ist die Gefahr eines solchen den Prinzipien der Gleichheit und der Freiheit aller Abgeordneten grundsätzlich zuwiderlaufenden Mechanismus eher gering zu veranschlagen; denn solche Ämter werden vorzugsweise aus politischen und weniger aus finanziellen Erwägungen angestrebt. Wird einer nur geringen Anzahl von Funktionsträgern eine zusätzliche Entschädigung gewährt, so ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sich der einzelne Abgeordnete bei der Ausübung seines Mandats an sachfremden Gesichtspunkten wie an zusätzlichen Einkommenschancen orientiert. Hingegen könnte eine breite Streuung der besonders zu entschädigenden Funktionsstellen die Bereitschaft gerade der einflussreichen, mit Funktionszulagen ausgestatteten Abgeordneten mindern, die reguläre Entschädigung von Zeit zu Zeit den steigenden Lebenshaltungskosten anzupassen; auch dadurch, dass die Entschädigung im Gefolge der wirtschaftlichen Entwicklung allmählich die Grenze der Angemessenheit unterschreitet, wird die Freiheit des Mandats gefährdet. II. | ||
Nach diesem Maßstab sind die Rechte der Antragsteller durch den Erlass der angegriffenen Regelungen nicht verletzt, soweit die Fraktionsvorsitzenden eine steuerpflichtige Zusatzentschädigung erhalten (1.). Hingegen sind die Rechte der Antragsteller verletzt, soweit stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen und den Ausschussvorsitzenden Funktionszulagen gewährt werden (2.). 68 | ||
1. Der Landtag handelt innerhalb seines ihm verfassungsrechtlich zustehenden Rechts zur Selbstorganisation und überschreitet nicht seinen Gestaltungsspielraum, wenn er in seinem Binnenbereich die Funktionsstellen für Fraktionsvorsitzende schafft und sie mit einer zusätzlichen Abgeordnetenentschädigung bedenkt, die nicht von dem Gedanken des Aufwendungsersatzes geleitet ist (im Ergebnis anders insoweit BVerfGE_40,296 <318> ). Die Posten der Fraktionsvorsitzenden sind in der Anzahl begrenzt und in ihrer politischen Bedeutung in besonderem Maße herausgehoben. | ||
a) Die politische Bedeutung der Fraktionsvorsitzenden folgt aus der Stellung der Fraktionen als notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens. Das Bundesverfassungsgericht hat sie als maßgebliche Faktoren der politischen Willensbildung bezeichnet. Sie sind als Gliederungen des Bundestags der organisierten Staatlichkeit eingefügt (vgl BVerfGE_20,56 <104> und BVerfGE_80,188 <231>). Die Fraktionen als zentrale Organisationseinheiten des Parlaments, die unterschiedliche Vorstellungen und Ziele bündeln, garantieren die parlamentarische Handlungsfähigkeit. Auch ein Landtag kommt heute, um seine Aufgaben bewältigen zu können, nicht ohne eine Gliederung in Fraktionen aus (vgl Schüttemeyer, aaO, S.24, 27, 38 f). Die Länderparlamente haben den Herausforderungen des ökonomischen und technologischen Wandels sowie der Tatsache gerecht zu werden, dass immer mehr Entscheidungen unter den Bedingungen der Ungewissheit zu treffen sind. Den Landtagen wird heute die Koordinierung von Europa-, Bundes- und Landesrecht abverlangt, die ohne die organisatorische und steuernde Tätigkeit der Fraktionsvorstände nicht zu leisten wäre. Auch die Fraktionen in den Landtagen haben Organisationsstrukturen und Arbeitsformen entwickelt, die es möglich machen, den zunehmend spezialisierte Sachkenntnisse erfordernden Entscheidungs- und Kontrollaufgaben gerecht zu werden sowie die parlamentarische Arbeit zu straffen und zu rationalisieren. | ||
b) Das arbeitsteilige Zusammenwirken der Abgeordneten in der Fraktion sowie das Aufeinanderabstimmen von Sach- und Überzeugungsarbeit im Parlament steuern und verantworten die Fraktionsvorsitzenden in besonderem Maße. Ihre Vorbereitung und Koordination der politischen Willensbildung trägt zur Arbeitsfähigkeit der Volksvertretung entscheidend bei. Vor allem die Fraktionsvorsitzenden haben nicht nur auf die Geschlossenheit der Fraktion hinzuwirken, durch politische Vermittlung Kompromisse zu finden und parlamentarische Mehrheiten zu suchen. Neben der innerfraktionellen sind sie auch für die interfraktionelle Zusammenarbeit verantwortlich, sie haben miteinander die Abläufe im Landtag und dessen Initiativen abzustimmen. | ||
Der Fraktionsvorsitz gilt heute als die Schaltstelle der Macht im Parlament. Die Vorsitzenden der Fraktionen, die die Regierung tragen, übernehmen dabei Vermittlungs- und Koordinierungsaufgaben zwischen Regierung und Parlamentsmehrheit, während die Vorsitzenden der Oppositionsfraktionen in besonderer Weise die Alternative zur Regierung und damit Handlungsoptionen und künftige Wahlmöglichkeiten repräsentieren. Von ihrem Wirken hängen in besonderer Weise das parlamentarische Leben und die öffentliche Wirkung des Parlaments als obersten Organs demokratischer Willensbildung ab (vgl Schüttemeyer, aaO, S.11 und 60 ff). | ||
c) Die Funktionszulage lediglich für Fraktionsvorsitzende führt nicht zu einer "Abgeordnetenlaufbahn" und Einkommenshierarchie innerhalb des Landtags, die mit der Freiheit und Gleichheit des Abgeordnetenmandats unvereinbar wäre. Die Anzahl der Fraktionsvorsitzenden ist begrenzt. Im Thüringer Landtag sind es gegenwärtig drei. Die Einrichtung dieser Funktionsstellen liegt nicht im Belieben des Landtags. Die Abgeordnetengleichheit wird durch die finanzielle Differenzierung zu Gunsten der Fraktionsvorsitzenden nur geringfügig beeinträchtigt. Die Repräsentation des Volkes durch jeden Abgeordneten sowie die Entschließungsfreiheit jedes Abgeordneten bleiben unberührt. | ||
d) Die Höhe der den Fraktionsvorsitzenden gewährten Zusatzentschädigung steht nicht außer Verhältnis zur Grundentschädigung. Unbedenklich ist auch, dass die Zulage für die Fraktionsvorsitzenden ebenso hoch ist wie die für den Parlamentspräsidenten. Beiden Funktionen ist die besonders herausgehobene Bedeutung im parlamentarischen Betrieb gleichermaßen eigen. | ||
2. Die Regelungen über ergänzende Entschädigungen für die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, für die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen und für die Ausschussvorsitzenden sind hingegen mit dem Verfassungsrecht unvereinbar. Sie verstoßen gegen die Freiheit des Mandats und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten. Diese Funktionen sind nicht in gleicher Weise wie die des Fraktionsvorsitzenden politisch herausgehoben und in ihrer Zahl begrenzt. | ||
Zwar sind auch diese Funktionen für den parlamentarischen Betrieb im Thüringer Landtag bedeutsam. Gleichwohl handelt es sich nicht um in gleicher Weise herausgehobene Funktionen wie die des Fraktionsvorsitzenden. Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen unterstützen den Fraktionsvorsitzenden bei dessen parlamentarischer Tätigkeit. Ihre Aufgaben und Verantwortung beschränken sich in der Regel auf Teilbereiche der Fraktionsarbeit. Ausschussvorsitzende üben eine im Wesentlichen koordinierende Funktion in einem verkleinerten Abbild des Landtags aus. Zwar kommt dem Ausschussvorsitz durchaus politische Bedeutung zu. Doch fehlt es auch bei ihm an einer politischen Spitzenstellung, die von vornherein nur für sehr wenige Abgeordnete als Chance in Betracht kommt. Die Zahl der Ausschüsse übersteigt deutlich diejenige der Fraktionen und läßt sich zudem vergleichsweise einfach erhöhen, wie überhaupt die Anzahl der hier in Rede stehenden Funktionen weitgehend im Belieben von Landtag und Fraktionen steht. Die Schlussfolgerung, dass die Aussicht auf eine Erhöhung der Entschädigung keine ausschlaggebende oder doch bedeutsame Rolle für die Wahrnehmung des Abgeordnetenmandats zu spielen vermag, lässt sich hier nicht mit der erforderlichen Sicherheit ziehen. Mit der Gewährung von zusätzlichen Entschädigungen an stellvertretende Fraktionsvorsitzende, parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen und Ausschussvorsitzende wäre das Tor geöffnet zu einem differenzierten, Abhängigkeiten erzeugenden oder verstärkenden Entschädigungssystem, das der Senat bereits im Urteil vom 5.November 1975 als unvereinbar mit dem Grundsatz der Abgeordnetengleichheit angesehen hat (vgl BVerfGE_40,296 <318>). | ||
Auszug aus BVerfG U, 21.07.00, - 2_BvH_3/91 -, www.dfr/BVerfGE, Abs.34 ff | ||
§§§ |
00.018 | Dienstwohnung | |
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1) Maßgeblich für die vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts (§ 138 Nr.1 VwGO) ist allein die Richterbank bei Erlass des angefochtenen Urteils (wie BVerwGE_41,174 [176 | ||
2) Ein Gericht ist nur dann nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn willkürliche oder manipulative Erwägungen für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmend gewesen sind. Die lediglich unrichtige Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch führt noch nicht zur vorschriftswidrigen Besetzung des Gerichts (stRspr). | ||
3) Der Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens gilt gemäß § 169 GVG in Verbindung mit § 55 VwGO nur für die mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht (wie Beschluss vom 8. September 1988 - BVerwG 9_CB_38.88 - Buchholz 310 133 VwGO Nr.82 S.21). Ein Erörterungstermin gemäß § 87 Abs.1 Satz 2 Nr.1 VwGO sowie eine Beweisaufnahme in einer vorbereitenden Verhandlung sind lediglich parteiöffentlich (wie Beschlüsse vom 8. September 1988, a. a. O. und vom 27. Juli 1993 - BVerwG 6_B_33.93 - Buchholz 310 § 87 VwGO Nr.8 S.1). Einen Verstoß gegen die Parteiöffentlichkeit muss die betroffene anwaltlich vertretene Partei gemäß § 173 VwGO in Verbindung mit § 295 Abs.1 ZPO in der nächsten mündlichen Verhandlung rügen. | ||
4) Eine Unrichtigkeit tatsächlicher Feststellungen des Urteils ist kein Verfahrensmangel; sie kann gemäß § 119 VwGO nur mittels eines fristgebundenen Antrags auf Berichtigung geltend gemacht werden (wie Beschluss vom 7. Juni 1989 - BVerwG 2_B_70.89 - Buchholz 310 § 119 VwGO Nr.5 S.2 mwN). Das gilt unabhängig davon, ob sich die unrichtige oder unvollständige Tatsachenfeststellung im Tatbestand oder in den Entscheidungsgründen des Urteils befindet (wie Urteil vom 16. Oktober 1984 - BVerwG 9_C_67.83 - Buchholz 310 § 117 VwGO Nr.25 S.14). | ||
5) Die Verweisung auf einen schriftsätzlichen Vortrag vor dem Erlass des angefochtenen Urteils reicht zur ordnungsgemäßen Revisionsbegründung nicht aus. | ||
6) Verfahrensrügen können nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist weder nachgeschoben noch durch ergänzendes Vorbringen nachträglich schlüssig gemacht werden (wie BVerwGE_28,18 <22> und BVerwGE_31,212 <217> mwN). | ||
7) Die Behörde kann ein Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auch dann wiederaufgreifen und über einen durch unanfechtbaren Verwaltungsakt beschiedenen materiellrechtlichen Anspruch erneut sachlich entscheiden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs.1 VwVfG nicht vorliegen (stRspr). | ||
8) Für die Rechtmäßigkeit einer mehrfach begründeten Ermessensentscheidung genügt die rechtliche Fehlerfreiheit eines selbständig tragenden Grundes (wie BVerwGE_62,215 <222> mwN und Urteil vom 26. November 1987 - BVerwG 2_C_53.86 - Buchholz 237.7 § 85 NWLBG Nr.6 S.4). | ||
9) Nach §§ 197, 198 BGB verjähren nicht nur die Ansprüche auf beamtenrechtliche Dienstbezüge in vier Jahren jeweils zum Jahresende, sondern auch Schadenersatzansprüche, die an die Stelle solcher Erfüllungsansprüche treten. Die vierjährige Verjährungsfrist beginnt für solche Schadenersatzansprüche ebenso wie für die Besoldungsansprüche selbst jeweils mit deren Fälligkeit (wie Urteil vom 29. August 1996 - BVerwG 2_C_23.95 - Buchholz 237.95 § 10 S-HLBG Nr.2 S.4 f.). | ||
10) Die Zuweisung einer im Haushaltsplan ausgewiesenen Dienstwohnung an einen Beamten ist ein Verwaltungsakt. Sie begründet ohne Abschluss eines Mietvertrages das beamtenrechtliche Dienstwohnverhältnis zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn. Die vom Beamten für die Nutzung der Dienstwohnung zu entrichtende Dienstwohnungsvergütung setzt der Dienstherr durch Verwaltungsakt fest. Sie wird auf die Dienstbezüge des Beamten angerechnet und bei deren Zahlung einbehalten. Die Vorschriften des Mietrechts finden keine Anwendung. Insbesondere ist § 537 I BGB nicht unmittelbar anwendbar. Die Zahlung der in Höhe der festgesetzten Dienstwohnungsvergütung einbehaltenen Besoldung kann der Beamte auch bei einem erheblichen Mangel der Dienstwohnung nur beanspruchen, wenn die Festsetzung der Dienstwohnungsvergütung oder die Zuweisung der Dienstwohnung rückwirkend aufgehoben wird. | ||
11) Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn erstreckt sich darauf, die Dienstwohnung in ordnungsgemäßem Zustand zu übergeben und zu halten, der ihre gefahrlose Benutzung durch den Beamten und seine Familie ermöglicht (wie BVerwGE_25,138 <141>). | ||
12) Erleidet der Beamte infolge einer vom Dienstherrn zu vertretenden mangelhaften Beschaffenheit der Dienstwohnung einen Dienstunfall oder erkrankt er oder ein Familienangehöriger infolge dieser Ursache, hat der Dienstherr Dienstunfallfürsorge zu gewähren und (oder) unter der Voraussetzung des Verschuldens Schadensersatz wegen Fürsorgepflichtverletzung zu leisten (wie BVerwGE_25,138 <144>). | ||
13) Ein Verschulden der für eine Behörde handelnden Bediensteten ist regelmäßig zu verneinen, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht ihr Verhalten als objektiv rechtmäßig beurteilt hat (stRspr). | ||
14) Ein Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn setzt voraus, dass eine Fürsorgepflichtverletzung den geltend gemachten Schaden adäquat kausal verursacht hat (stRspr). Der erforderliche haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang kann fehlen, wenn der Geschädigte selbst in völlig ungewöhnlicher oder unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt (im Anschl an BGH, NJW_86,1329 <1331> = LM § 249 BGB | ||
15) Ein fürsorgepflichtwidriges Unterlassen des Dienstherrn ist für einen Schaden nur dann haftungsbegründend ursächlich, wenn das gebotene pflichtgemäße Handeln nicht mur möglicherweise, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Eintritt des Schadens verhindert hätte (wie BVerwG, Buchholz 237.6 § 86 NdsLBG Nr.4 S.8 = NJW_96,2175 mwNachw). | ||
16) Der Geschädigte trägt die materielle Beweislast für den adäquaten Ursachenzusammenhang zwischen einer Fürsorgepflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden (stRspr). | ||
17) Ein verschuldensunabhängiger Folgenbeseitigungsanspruch kann auf die Wiederherstellung des durch einen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff veränderten rechtmäßigen Zustands gerichtet sein, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand. Er ermöglicht keinen Ausgleich für Schäden, die durch rechtswidriges Verwaltungshandeln - das bei einer Rechtspflicht zum Handeln auch in einem Unterlassen bestehen kann - verusacht worden sind (stRspr). | ||
§§§ |
00.019 | Unrichtige Auskunft | |
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Zur Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs, der aus der Erteilung einer unrichtigen Auskunft hergeleitet wird, wenn ein verwaltungsrechtlicher Rechtsbehelf mit dem Ziel eingelegt worden ist, einen im Widerspruch zu jener Auskunft ergangenen belastenden Verwaltungsakt zu beseitigen (Fortführung von BGHZ_122,317 ). | ||
§§§ |
00.020 | Weg zur Förderschule | |
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1) "Führt" der Unternehmer (hier: Stadt als Träger einer Förderschule) den Versicherungsfall auf einem Weg "herbei", den der Versicherte (hier: Schüler der Förderschule) im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nach und von dem Ort der Tätigkeit zurücklegt, so ist er gem § 104 Abs.1 Satz 1 SGB VII nicht zum Ersatz des Personenschadens verpflichtet, wenn die Beförderung des Versicherten in den Betrieb eingegliedert war. | ||
2) Die Entsperrung der Haftungsbeschränkung gem § 104 Abs.1 Satz 1 letzter Halbsatz zweite Alternative SGB VII greift bei einem Unfall auf einem solchen Betriebsweg nicht ein. | ||
§§§ |
00.021 | Öffl-rechtliche Zusagen | |
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1) Zur kommunalaufsichtlichen Genehmigungspflicht öffentlich-rechtlicher Zusagen des Landkreises hinsichtlich der Belegung und der Pflegesatzhöhe für ein zu errichtendes Altenpflegeheim. | ||
2) Hat der Landkreis einem Investor Zusagen gemacht, die für die Errichtung und den späteren Betrieb eines Altenpflegeheims eine Vertrauensgrundlage bilden sollen, trifft ihn auch die ihm gegenüber dem Empfänger der Zusagen obliegende Amtspflicht, die notwendige Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde einzuholen. | ||
3) Wäre die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde auf einen entsprechenden Antrag des Landkreises erteilt worden oder zu erteilen gewesen, ist der geschädigte Empfänger der Zusagen nach Amtshaftungsgrundsätzen so zu stellen, als hätte der Landkreis seinen Zusagen entsprochen; wäre die Genehmigung nicht erteilt worden, kommt eine Haftung des Landkreises insoweit in Betracht, als die Zusagen ein haftungsrechtlich relevantes Vertrauen begründeten. | ||
§§§ |
00.022 | Rückgabe-Kfz-Brief | |
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Überläßt das Straßenverkehrsamt im Rahmen der Erteilung einer Betriebserlaubnis nach § 21 StVZO die Rückgabe des Kraftfahrzeugbriefs dem TÜV, so haftet bei weisungswidriger Aushändigung des Briefs an einen Nichtberechtigten nicht der Träger der Zulassungsstelle, sondern das Bundesland, das den Kraftfahrzeugsachverständigen ihre amtliche Anerkennung erteilt hat. | ||
§§§ |
00.023 | Sequestration | |
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1) Zur Abgrenzung von Amtshaftung und persönlicher Vertragshaftung für Pflichtverletzungen eines Gerichtsvollziehers bei einer Sequestration. | ||
§§§ |
00.024 | VG-Eilentscheidungen | |
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Verwaltungsgerichtliche Eilentscheidungen, die im Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs.5 VwGO getroffen werden und vom Verwaltungsgericht nach § 80 Abs.7 VwGO jederzeit geändert oder aufgehoben werden können, entfalten im Amtshaftungsprozeß keine Bindungswirkung. Dies gilt auch dann, wenn das amtspflichtwidrige Verhalten nicht im Erlaß des Verwaltungsakts selbst, sondern nur in der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit durch die Behörde nach § 80 Abs.2 Satz 1 Nr.4 VwGO gesehen werden kann. | ||
§§§ |
00.025 | Haftungsbescheid | |
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1) Zur Frage, inwieweit ein Steuerpflichtiger ein Rechtsmittel gegen die Vollziehung eines noch nicht bestandskräftigen und später aufgehobenen Haftungsbescheids einlegen muß, um einen Schadensersatzanspruch wegen amtspflichtwidriger Vollziehung erheben zu können. | ||
2) Auch nach Einführung der sog Vollverzinsung für die in § 233a AO genannten Steuerarten kann der Steuerpflichtige im Fall der Vollziehung eines nicht bestandskräftigen Haftungsbescheids nach dessen Aufhebung keinen Schadensersatz in entsprechender Anwendung des § 717 Abs.2 ZPO fordern (Fortführung der Senatsurteile BGHZ_39,77 | ||
§§§ |
00.026 | Verfüllung-Steingrube | |
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1) Hat die Behörde den Antrag des Eigentümers auf Erteilung der erforderlichen Genehmigung für die Verfüllung einer Steingrube rechtswidrig als abfallrechtlichen Genehmigungsantrag behandelt und abgelehnt, so setzt ein darauf gestützter Amtshaftungsanspruch voraus, daß die Behörde bei pflichtgemäßer Verfahrensweise eine nach anderen Vorschriften für das Vorhaben erforderliche Genehmigung (hier: gem § 6 Abs.4 LG NW) erteilt hätte oder hätte erteilen müssen. | ||
2) Wenn allerdings die Prüfung des hypothetischen Kausalzusammenhangs ergibt, daß die nach anderen Vorschriften erforderliche Genehmigung zwar nicht erteilt worden wäre oder hätte erteilt werden müssen, die - hypothetische - Ablehnung aber ihrerseits einen Entschädigungsanspruch des Eigentümers gegen die Verwaltung ausgelöst hätte (hier: gem § 7 Satz 1 LG NW aF ), so ist der hypothetische Entschädigungsbetrag bei der Berechnung des auf der Amtspflichtverletzung der Behörde beruhenden Schadens mit einzubeziehen. | ||
§§§ |
00.027 | Hygienekontrolle |
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1) Zur unmittelbaren Wirkung der Entscheidung des Rates 88/408/EWG vom 15.6.1988 und deren Art.2 Abs.1, wonach für die Untersuchungen und Hygienekontrollen von frischem Fleisch im einzelnen bestimmte durchschnittliche Pauschalbeträge als Gebühren zu erheben sind. | |
2) Sind in einem Mitgliedstaat die in Art.2 Abs.2 der Entscheidung 88/408/EWG bestimmten Voraussetzungen erfüllt, unter denen dieser berechtigt ist, die Pauschalbeträge auf den Stand der tatsächlichen Untersuchungskosten anzuheben, hat er aber den entsprechenden Gemeinschaftsrechtsakt nicht fehlerfrei in sein nationales Recht umgesetzt, wird ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch nicht ausgelöst, wenn ein einzelner auf Gebühren in Anspruch genommen wird, die über die Pauschalbeträge hinausgehen, und ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist. | |
§§§ |
Amtshaftung - 2000 | [ ] |
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§§§