1994 | ||
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[ 1993 ] [ ] [ ] [ 1995 ] | [ ] |
94.001 | 2.Weltkrieg-Schuldfrage | |
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1) § 1 Abs.1 Satz 1 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS) ist mit dem Grundgesetz vereinbar. | ||
2) Die Indizierung eines Buches als jugendgefährdend mit der Begründung, es enthalte zur Schuldfrage des Zweiten Weltkrieges eine falsche geschichtliche Darstellung, verstößt gegen Art.5 Abs.1 Satz 1 GG. | ||
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Beschluss | Entscheidungsformel:
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§§§ |
94.002 | Herzog | |
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Daß ein Richter des Bundesverfassungsgerichts von einer politischen Partei für die Wahl des Bundespräsidenten vorgeschlagen wird und seine Zustimmung hierzu erklärt, führt weder zu seinem Ausschluß vom Richteramt noch begründet es für sich genommen die Besorgnis der Befangenheit (§ 19 BVerfGG). | ||
§§§ |
94.003 | Volljährigenadoption | |
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1) § 95 Abs.2 BVerfGG steht einer Beschränkung des Rechtsfolgenausspruchs nicht entgegen, wenn die Aufhebung einer Entscheidung Rechte Dritter oder überwiegende öffentliche Interessen beeinträchtigen würde. Eine Beschränkung auf die Feststellung der Grundrechtsverletzung kommt aber, wenn diese noch fortwirkt, nur ausnahmsweise in Betracht. | ||
2) Wurde eine Volljährigenadoption unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ausgesprochen, so ist nur die Beseitigung der Rechtskraft auszusprechen, damit das Fachgericht das rechtliche Gehör nachholen und anschließend darüber entscheiden kann, ob der Adoptionsbeschluß rückwirkend aufzuheben oder aufrechtzuerhalten ist. | ||
§§§ |
94.004 | Verfassungsbeschwerde | |
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Zu den Voraussetzungen der Annahme einer Verfassungsbeschwerde nach § 93a Abs.2 BVerfGG. | ||
§§§ |
94.005 | Parabolantenne | |
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1) Rundfunkprogramme, deren Empfang in Deutschland möglich ist, sind allgemein zugängliche Informationsquellen iSv Art.5 Abs.1 S.1 Hs.2 GG. Darunter fallen auch ausländische Rundfunkprogramme. | ||
2) Soweit der Empfang von technischen Anlagen abhängt, die eine allgemein zugängliche Informationsquelle erst individuell erschließen, erstreckt sich der Grundrechtsschutz auch auf die Beschaffung und Nutzung solcher Anlagen. | ||
3) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß die Zivilgerichte im Regelfall einen Anspruch des Mieters auf Zustimmung des Vermieters zur Errichtung einer Parabolantenne dann verneinen, wenn dieser einen Kabelanschluß bereitstellt. | ||
4) Das Interesse ständig in Deutschland lebender Ausländer am Empfang von Rundfunkprogrammen ihrer Heimatländer ist bei der Abwägung zwischen den Mieter- und Vermieterbelangen zu berücksichtigen. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liegt darin nicht. | ||
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T-94-01 | Informationsfreiheit | |
"Das angegriffene Urteil verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Informationsfreiheit. I. | ||
Nach Art.5 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 GG hat jeder das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. | ||
1. Die Bedeutung dieses Grundrechts hat das Bundesverfassungsgericht bereits früher dargelegt (vgl BVerfGE_27,71 <80 ff>). Für die Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen und die Aufrechterhaltung der demokratischen Ordnung ist es nicht minder wichtig als die Freiheit der Meinungsäußerung und der Medienberichterstattung. Es ergänzt diese aus der Empfängerperspektive. Der Kommunikationsprozeß, den Art.5 Abs.1 GG im Interesse der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung schützen will (vgl BVerfGE_57,295 <319>), wäre nur unvollkommen erfaßt, wenn die Informationsaufnahme von dem Schutz ausgenommen bliebe. | ||
Die Informationsfreiheit ist in Art.5 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 GG umfassend gewährleistet. Eine Einschränkung auf bestimmte Arten von Informationen läßt sich der Vorschrift nicht entnehmen. Geschützt sind allerdings nur Informationen, die aus allgemein zugänglichen Quellen stammen. Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, wenn sie geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen (vgl BVerfGE_27,71 <83 f>; BVerfGE_33,52 <65>). Diese Eignung richtet sich allein nach den tatsächlichen Gegebenheiten. Rechtsnormen, die den Informationszugang regulieren, umgrenzen nicht den Schutzbereich der Informationsfreiheit, sondern sind als grundrechtsbeschränkende Normen an der Verfassung zu messen. | ||
Massenkommunikationsmittel gehören danach von vornherein zu den Informationsquellen, die den Schutz des Grundrechts genießen (vgl BVerfGE_27,71 <83>). Das gilt insbesondere auch für Hörfunk- und Fernsehsendungen (vgl BVerfGE_35,307 <309>). Einen Unterschied zwischen in- und ausländischen Informationsquellen macht das Grundgesetz nicht. Allgemein zugänglich sind daher auch alle ausländischen Rundfunkprogramme, deren Empfang in der Bundesrepublik Deutschland möglich ist. | ||
Soweit der Empfang von technischen Anlagen abhängt, die eine an die Allgemeinheit gerichtete Information erst individuell erschließen, erstreckt sich der Grundrechtsschutz auch auf die Beschaffung und Nutzung solcher Anlagen. Andernfalls wäre das Grundrecht in Bereichen, in denen der Informationszugang technische Hilfsmittel voraussetzt, praktisch wertlos.Die Einrichtung einer Parabolantenne, die den Empfang von Rundfunkprogrammen ermöglicht, welche über Satellit ausgestrahlt werden, ist daher ebenfalls von dem Grundrecht des Art.5 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 GG geschützt. | ||
2. Dieses Grundrecht beansprucht auch in zivilgerichtlichen Streitigkeiten über die Anbringung von Antennen an Mietwohnungen Beachtung. | ||
Zwar findet die Informationsfreiheit nach Art.5 Abs.2 GG ihre Schranken unter anderem in den allgemeinen Gesetzen. Dazu gehören auch die miet- und eigentumsrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern festlegen. Die Verfassung verlangt aber, daß bei deren Auslegung und namentlich bei der Konkretisierung der Generalklauseln die betroffenen Grundrechte berücksichtigt werden, damit ihr wertsetzender Gehalt für die Rechtsordnung auch auf der Rechtsanwendungsebene zur Geltung kommt (vgl BVerfGE_7,198 <205 ff>; stRspr.). | ||
Vorschriften, die sich ausdrücklich auf die Anbringung von Antennen an Mietwohnungen beziehen, finden sich im BGB nicht. Die Zivilgerichte stützen sich bei der Entscheidung von Konflikten über die Errichtung von Empfangsanlagen vielmehr regelmäßig auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 535, 536, 242 BGB. Soweit unter Berufung auf diese Vorschriften ein Anspruch auf Errichtung einer Empfangsanlage geltend gemacht wird, ist bei ihrer Auslegung und Anwendung dem Grundrecht der Informationsfreiheit Rechnung zu tragen. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß das Grundrecht des Eigentümers aus Art.14 Abs.1 Satz 1 GG berührt ist, wenn er unter Berufung auf die genannten Bestimmungen verurteilt wird, eine Empfangsanlage an seinem Eigentum zu dulden. | ||
Das erfordert in der Regel eine fallbezogene Abwägung der von dem eingeschränkten Grundrecht und dem grundrechtsbeschränkenden Gesetz geschützten Interessen, die im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale des bürgerlichen Rechts vorzunehmen ist. Beim Streit um die Anbringung von Parabolantennen an Mietwohnungen kommt es vor allem darauf an, was unter Berücksichtigung von Treu und Glauben als vertragsgemäßer Gebrauch einer Wohnung im Sinn des § 536 BGB anzusehen ist. Dabei sind die Eigentumsinteressen des Vermieters an der auch optisch ungeschmälerten Erhaltung des Wohnhauses und die Informationsinteressen des Mieters an der Nutzung zugänglicher Informationsquellen zu berücksichtigen. Da beide Interessen durch Grundrechte geschützt sind, von denen keines dem anderen generell vorgeht, hängt die Entscheidung davon ab, welche Beeinträchtigung im Rahmen des vom Gesetzgeber abstrakt vorgenommenen Interessenausgleichs im konkreten Fall schwerer wiegt. II. | ||
Die angegriffene Entscheidung trägt diesem Erfordernis nicht hinreichend Rechnung. Das Landgericht hat zwar nicht verkannt, daß das Grundrecht der Informationsfreiheit bei der Auslegung und Anwendung der §§ 535, 536, 242 BGB zu berücksichtigen ist. Es hat jedoch die besonderen Informationsinteressen des ausländischen Beschwerdeführers aus Gründen vernachlässigt, die vor dem Grundrecht der Informationsfreiheit nicht bestehen können. | ||
1. Die Maßstäbe zur Lösung des Interessenkonflikts zwischen Mieter und Vermieter hinsichtlich der Errichtung von Außenantennen, die die Oberlandesgerichte mittlerweile in einer Reihe von Rechtsentscheiden entwickelt haben und auf die sich das Landgericht beruft, werden zwar im allgemeinen dem Grundrecht der Informationsfreiheit gerecht, erfassen aber nicht die besondere Interessenlage, mit der sich das Landgericht auseinanderzusetzen hatte. | ||
a) Nach dieser Rechtsprechung ist Hörfunk- und Fernsehempfang ein wesentlicher Bestandteil des häuslichen Lebens und gehört deswegen zur üblichen Nutzung einer Wohnung. Demgemäß verhält sich der Mieter nicht vertragswidrig, wenn er Anlagen zum einwandfreien Rundfunkempfang errichtet. Er hat einen Anspruch auf Anbringung einer Einzelantenne außerhalb der Mietwohnung, solange keine ausreichende Gemeinschaftsantenne vorhanden ist (vgl BayObLG, WuM 1981, S.80 f). | ||
Dagegen fehlt es an einem unmittelbaren Anspruch, wenn sein Begehren über die Versorgung durch eine vorhandene Gemeinschaftsantenne hinausgeht. In diesem Fall benötigt er für das Anbringen einer zusätzlichen Empfangseinrichtung die Zustimmung des Vermieters, die allerdings nicht mißbräuchlich verweigert werden darf. Der auch das Mietrechtsverhältnis beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben verbietet es, daß der Vermieter dem Mieter ohne triftigen Grund Einrichtungen versagt, die diesem das Leben in der Mietwohnung erheblich angenehmer machen, während der Vermieter dadurch nur unerheblich beeinträchtigt und die Mietsache nicht verschlechtert wird (vgl BayObLG, aaO; KG, NJW 1985, S.2031 ff). | ||
Für Parabolantennen gilt nach der Zivilrechtsprechung, daß der Vermieter die Zustimmung zur Errichtung dann erteilen muß, wenn er keinen Kabelanschluß bereitstellt. Allerdings kann der Vermieter die Zustimmung davon abhängig machen, daß die Einrichtung von einem Fachmann vorgenommen wird und der Mieter ihn von allen anfallenden Kosten, Gebühren und Haftungen freistellt und auch die Kosten der Entfernung nach Beendigung des Mietverhältnisses trägt. Außerdem hat der Vermieter das Recht, einen Platz zu bestimmen, an dem die Antenne einen ordnungsgemäßen Empfang gewährleistet und optisch am wenigsten stört. Dagegen liegt in der Bereitstellung eines Kabelanschlusses ein sachbezogener Grund zur Versagung einer Parabolantenne (vgl OLG Frankfurt, WuM 1992, S.458). | ||
Diese Auslegung beruht auf der Erwägung, daß das grundrechtlich geschützte Informationsinteresse des Mieters im Rahmen der Güter- und Interessenabwägung die Eigentümerinteressen an einem unveränderten Erhalt des Wohnhauses regelmäßig überwiegt. Während die Informationseinbußen erheblich seien, ließen sich die meist nur ästhetischen Beeinträchtigungen mildern oder durch gemeinschaftliche Empfangsanlagen ganz vermeiden. Diese Grundsätze gelten dem Rechtsentscheid zufolge für den typischen Durchschnittsfall. Dagegen seien Fälle denkbar, in denen das Informationsinteresse des Mieters - etwa wegen der Beschaffenheit der Parabolantenne oder des Hauses - hinter dem Eigentümerinteresse zurücktreten müsse (vgl OLG Frankfurt, aaO). | ||
Die Befolgung dieser Grundsätze stellt im Regelfall die verfassungsmäßige Anwendung der zivilrechtlichen Bestimmungen sicher. Sie führen zu einem angemessenen Ausgleich der beiderseitigen grundrechtlich geschützten Interessen. Dem Interesse des Eigentümers an der Bewahrung des Erscheinungsbildes seines Hauses wird dadurch Rechnung getragen, daß er die Anbringung von Parabolantennen durch Bereitstellung eines Kabelanschlusses abwenden kann. Umgekehrt fällt angesichts des Programmangebots, das über einen Kabelanschluß genutzt werden kann, die Beeinträchtigung der Informationsfreiheit des Mieters, der keine Parabolantenne errichten darf, nicht erheblich ins Gewicht. | ||
b) Den besonderen Informationsinteressen dauerhaft in Deutschland lebender Ausländer trägt diese auf den typischen Durchschnittsfall bezogene Abwägung jedoch nicht ausreichend Rechnung. Sie sind in der Regel daran interessiert, die Programme ihres Heimatlandes zu empfangen, um sich über das dortige Geschehen unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrecht erhalten zu können. Diese Möglichkeit besteht angesichts der kleinen Zahl ausländischer Programme, die in die inländischen Kabelnetze eingespeist werden, meist nur mittels einer Satellitenempfangsanlage. | ||
Anders als bei inländischen Mietern hat daher die Zivilrechtsprechung in der Verweigerung einer Parabolantenne für ausländische Mieter, deren Heimatprogramme nicht in das Kabelnetz eingespeist werden, eine erhebliche Beeinträchtigung der Informationsfreiheit erblickt. Ihre Situation nähere sich derjenigen inländischer Mieter an, die weder an eine Gemeinschaftsparabolantenne noch an das Breitbandkabelnetz angeschlossen seien. Ein Mieter, der sich in dieser Lage befinde, könne in der Regel vom Vermieter die Zustimmung zur Einrichtung einer Parabolantenne verlangen (vgl OLG Karlsruhe, WuM 1993, S.525; ferner OLG Hamburg, WuM 1993, S.527; OLG Hamm, DWW 1993, S.331). | ||
Diese Rechtsprechung steht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen im Einklang. Das von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG geschützte Interesse ausländischer Mieter am Empfang von Rundfunkprogrammen ihres Heimatlandes ist bei der Abwägung mit den Eigentumsinteressen des Vermieters zu berücksichtigen. Eine verfassungswidrige Bevorzugung von Ausländern liegt darin nicht. Zwar verbietet Art.3 Abs.3 GG eine Ungleichbehandlung wegen bestimmter Merkmale. Zu diesen zählt nicht die Staatsangehörigkeit, wohl aber die Heimat. Die Berücksichtigung der gesteigerten Informationsinteressen ausländischer Mieter bevorzugt diese aber nicht wegen ihrer Heimat und stellt umgekehrt keine Benachteiligung der deutschen Mieter wegen ihrer Heimat dar. | ||
Das Grundrecht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, gilt für jedermann ungeachtet seiner Heimat. Wenn dieses Recht - wie bei der Errichtung von Parabolantennen an gemietetem Wohnraum - mit grundrechtlich geschützten Interessen Dritter kollidiert, ist eine im Rahmen der zivilrechtlichen Vorschriften vorzunehmende Abwägung erforderlich. Dabei sind die maßgebenden Umstände des Falles zu berücksichtigen. Insoweit besteht ebenfalls kein Unterschied aufgrund der Heimat. Auch bei deutschen Mietern sind außergewöhnliche Umstände, die einen Fall vom typischen Durchschnittsfall erheblich unterscheiden, bei der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsergebnis wird durch die Berücksichtigung der besonderen Informationsinteressen, die Ausländer regelmäßig gegenüber Deutschen haben, nicht vorweggenommen. Es bildet vielmehr nur einen Abwägungsfaktor unter anderen. Der Inländerstatus führt nicht notwendig zur Versagung, der Ausländerstatus nicht notwendig zur Anerkennung des Anspruchs auf Errichtung einer Parabolantenne. | ||
Geht es nicht um die generelle Bevorzugung einer Personengruppe wegen ihrer Heimat, sondern um die Berücksichtigung aller entscheidungserheblichen Faktoren bei der Abwägung, so ist es auch ausgeschlossen, daß den deutschen Mietern eines Wohnkomplexes schon deswegen die Errichtung von Parabolantennen gestattet werden müßte, weil sie einem Ausländer aufgrund seiner besonderen Lage gestattet worden ist. Wo ein Mieter seine Heimatprogramme bereits über Kabel empfangen kann, fehlt es vielmehr an der Voraussetzung für eine Pflicht zur Gleichbehandlung mit einem Mieter, der dazu auf eine Parabolantenne angewiesen ist. | ||
c) Danach liegt eine Verkennung des Grundrechts der Informationsfreiheit bei Auslegung und Anwendung der bürgerlichrechtlichen Vorschriften vor, wenn der Zugang zu den über Satellit verbreiteten Heimatprogrammen eines ausländischen Mieters bereits mit der Begründung verweigert wird, die Errichtung einer Parabolantenne stelle eine Sondernutzung der Wohnung dar, die den vertragsmäßigen Gebrauch der Mietsache überschreite. | ||
Ebenso wird die Bedeutung des Grundrechts der Informationsfreiheit verkannt, wenn das Begehren eines ausländischen Mieters auf Errichtung einer Parabolantenne mit der Begründung abgewiesen wird, daß dann auch sämtlichen anderen Mietern dasselbe Recht eingeräumt werden müßte. Dagegen kann der Umstand, daß zahlreiche Mieter eines Wohnkomplexes aufgrund ihrer je besonderen Umstände ein berechtigtes Interesse an einer Parabolantenne haben und dieses sich nicht durch eine Gemeinschaftsanlage befriedigen läßt, durchaus bei der Abwägung mit dem Eigentümerinteresse des Vermieters berücksichtigt werden. | ||
Da Art.5 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 GG die Informationsfreiheit umfassend schützt und jedem das Recht gibt zu entscheiden, aus welchen allgemein zugänglichen Quellen er sich unterrichten möchte, ist es ferner fehlerhaft, die Entscheidung für Fernsehprogramme des Heimatlandes unter Verweis auf anderweitige Informationsmöglichkeiten nicht in die Abwägung einzubeziehen. Das gilt für den Verweis auf andere Informationsquellen derselben Art, etwa die ohne Parabolantenne empfangbaren Fernsehprogramme, erst recht aber für den Verweis auf andere Arten von Informationsquellen wie Hörfunk, Zeitungen, Videobänder oder gar Übersetzungen deutschsprachiger Sendungen durch Familienangehörige. Dagegen ist es nicht mit Art.5 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 GG unvereinbar, bei der Abwägung zwischen Mieter- und Vermieterinteressen zu berücksichtigen, in welchem Umfang der Mieter Programme seines Heimatlandes bereits ohne Parabolantenne empfangen kann. | ||
Schließlich wird das Grundrecht der Informationsfreiheit verkannt, wenn die Zivilgerichte bei der Abwägung den Eigentumsinteressen des Vermieters von vornherein den Vorrang vor den Informationsinteressen des Mieters einräumen, ohne anzugeben, welche Eigenschaften des Mietobjekts dieses Ergebnis rechtfertigen. | ||
2. Das Landgericht hat diese Fehler nicht durchweg vermieden. | ||
Zwar ist es dem Amtsgericht nicht darin gefolgt, daß die Informationsbedürfnisse des Beschwerdeführers über sein Heimatland durch Übersetzung deutscher Nachrichten oder türkische Videobänder ausreichend gestillt werden könnten. Es hat den Beschwerdeführer aber ebenfalls auf türkische Hörfunkprogramme und die bevorstehende Empfangbarkeit eines türkischen Fernsehprogramms über das Kabelnetz verwiesen. Ferner ist es davon ausgegangen, daß der Empfang von Fernsehprogrammen, die über Satellit verbreitet werden und nur mit einer Parabolantenne empfangbar sind, nicht zum vertragsmäßigen Gebrauch der Mietsache gehöre, sondern eine Sondernutzung darstelle. Schließlich hat es das Begehren des Beschwerdeführers hinter die Eigentümerinteressen zurücktreten lassen, weil sonst alle Mieter aus Gleichheitsgründen eine Parabolantenne beanspruchen könnten. Dagegen sind die Eigentümerinteressen an dem unveränderten Erscheinungsbild des Hauses ohne nähere Präzisierung als überragend angesehen worden. | ||
Weitere Gründe, die das Ergebnis selbständig zu tragen vermöchten, sind nicht ersichtlich. Die Entscheidung beruht danach auf der Verkennung des Grundrechts auf Informationsfreiheit. Es ist nicht auszuschließen, daß das Landgericht bei hinreichender Berücksichtigung von Art.5 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 GG zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre." | ||
Auszug aus BVerfG B, 09.02.94, - 1_BvR_1687/87 -, www.dfr/BVerfGE, Abs.10 ff | ||
§§§ |
94.006 | 8.Rundfunkentscheidung | |
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1) Die Rundfunkfreiheit erfordert nicht die Gebührenfestsetzung durch die Rundfunkanstalten selbst. Eine Festsetzung der Rundfunkgebühr durch Staatsvertrag der Länder und anschließende Umsetzung in Landesrecht ist mit dem Grundgesetz vereinbar. | ||
2) Art.5 Abs.1 Satz 2 GG verlangt für die Festsetzung der Rundfunkgebühr ein Verfahren, das dem öffentlichrechtlichen Rundfunk die zur Erfüllung seiner Aufgabe im dualen System erforderlichen Mittel gewährleistet und ihn vor Einflußnahmen auf das Programm wirksam sichert. | ||
3) Für die Gebührenfinanzierung gilt der Grundsatz der Programmneutralität. Im Verfahren der Gebührenfestsetzung ist von den Programmentscheidungen der Rundfunkanstalten auszugehen. Die Gebühr darf nicht zu Zwecken der Programmlenkung oder der Medienpolitik eingesetzt werden. | ||
4) Die Überprüfung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten darf sich nur darauf beziehen, ob sich ihre Programmentscheidungen im Rahmen des rechtlich umgrenzten Rundfunkauftrags halten und ob der aus ihnen abgeleitete Finanzbedarf zutreffend und im Einklang mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ermittelt worden ist. | ||
5) Der so überprüfte Bedarf der Rundfunkanstalten darf bei der Gebührenfestsetzung nur aus Gründen unterschritten werden, die vor der Rundfunkfreiheit Bestand haben. Dazu gehören namentlich die Interessen der Gebührenzahler. Abweichungen sind zu begründen. | ||
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Urteil | Entscheidungsformel:
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§§§ |
94.007 | Waldorfschule | |
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1) Der Staat muß Vorsorge dagegen treffen, daß das Grundrecht des Art.7 Abs.4 GG wegen der darin enthaltenen Anforderungen praktisch kaum noch wahrgenommen werden kann. Insofern kann sich aus diesem Grundrecht ein Anspruch auf staatliche Förderung privater Ersatzschulen ergeben. | ||
2) Wartefristen vor Einsetzen der staatlichen Finanzhilfe sind mit der staatlichen Schutz- und Förderpflicht grundsätzlich vereinbar. Die Förderung muß jedoch insgesamt so ausgestaltet sein, daß sich die Wartefrist nicht als Sperre für die Errichtung neuer Schulen auswirkt. | ||
§§§ |
94.008 | Cannabis | |
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1) a) Für den Umgang mit Drogen gelten die Schranken des Art.2 Abs.1 GG. Ein "Recht auf Rausch", das diesen Beschränkungen entzogen wäre, gibt es nicht. | ||
b) Die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes, die den unerlaubten Umgang mit Cannabisprodukten mit Strafe bedrohen, sind im strafbewehrten Verbot am Maßstab des Art.2 Abs.1, in der angedrohten Freiheitsentziehung an Art.2 Abs.2 Satz 2 GG zu messen. | ||
2) a) Bei der vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geforderten Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung des erstrebten Zwecks sowie bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Einschätzung und Prognose der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Gefahren steht dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum zu, welcher vom Bundesverfassungsgericht nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann. | ||
b) Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe muß die Grenze der Zumutbarkeit für die Adressaten des Verbots gewahrt werden (Übermaßverbot oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne). Die Prüfung an diesem Maßstab kann dazu führen, daß ein an sich geeignetes und erforderliches Mittel des Rechtsgüterschutzes nicht angewandt werden darf, weil die davon ausgehenden Beeinträchtigungen der Grundrechte des Betroffenen den Zuwachs an Rechtsgüterschutz deutlich überwiegen, so daß der Einsatz des Schutzmittels als unangemessen erscheint. | ||
3) Soweit die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes Verhaltensweisen mit Strafe bedrohen, die ausschließlich den gelegentlichen Eigenverbrauch geringer Mengen von Cannabisprodukten vorbereiten und nicht mit einer Fremdgefährdung verbunden sind, verstoßen sie deshalb nicht gegen das Übermaßverbot, weil der Gesetzgeber es den Strafverfolgungsorganen ermöglicht, durch das Absehen von Strafe (vgl § 29 Abs.5 BtMG) oder Strafverfolgung (vgl §§ 153 ff StPO, § 31a BtMG)e inem geringen individuellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat Rechnung zu tragen. In diesen Fällen werden die Strafverfolgungsorgane nach dem Übermaßverbot von der Verfolgung der in § 31a BtMG bezeichneten Straftaten grundsätzlich abzusehen haben. | ||
4) Der Gleichheitssatz gebietet nicht, alle potentiell gleich schädlichen Drogen gleichermaßen zu verbieten oder zuzulassen. Der Gesetzgeber konnte ohne Verfassungsverstoß den Umgang mit Cannabisprodukten einerseits, mit Alkohol oder Nikotin andererseits unterschiedlich regeln. | ||
LB 5) Zur abweichenden Meinung der Richterin Graßhof siehe BVerfGE_90,199 = www.dfr/BVerfGE, Abs.193 ff. | ||
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Beschluss | Entscheidungsformel:
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§§§ |
94.009 | Entziehungsanstalt | |
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1) Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und ebenso ihr Vollzug müssen von Verfassungs wegen an die Voraussetzung geknüpft sein, daß eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Süchtigen zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf nicht weiter vollzogen werden, wenn entgegen einer anfänglichen positiven Prognose keine hinreichend konkrete Aussicht mehr auf einen solchen Behandlungserfolg besteht. | ||
2) Die Freiheitsstrafe und die Maßregel der Unterbringung ine iner Entziehungsanstalt verfolgen verschiedene Zwecke. Sie können deshalb auch nebeneinander angeordnet werden. | ||
a) Das Grundrecht des Art.2 Abs.2 Satz 2 GG erfordert es, Freiheitsstrafe und Unterbringung einander so zuzuordnen, daß die Zwecke beider möglichst weitgehend erreicht werden, ohne dabei in das Freiheitsrecht des einzelnen Betroffenen mehr als notwendig einzugreifen. | ||
b) Vom Grundrecht des Art.2 Abs.2 Satz 2 GG ist jedenfallse ine volle Anrechnung der Zeit des Maßregelvollzugs auf die Freiheitsstrafe nicht geboten. Allerdings müssen die gesetzlichen Regelungen darauf Bedacht nehmen, daß bei der jeweils vorgesehenen Art der Kumulierung die Freiheitsentziehung insgesamt nicht übermäßig wird und Anrechnungsausschlüsse nicht ohne Beziehung zu Grund und Ziel der Unterbringungsmaßregel erfolgen. | ||
LB 3) Zur abweichenden Meinung der Richterin Graßhof, siehe BVerfGE_91,38 = www.dfr/BVerfGE, Abs.109 ff | ||
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Beschluss | Entscheidungsformel:
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§§§ |
94.010 | Ausschwitzlüge | |
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Zur Frage, ob die Anwendung von § 5 Nr.4 des Versammlungsgesetzes auf Versammlungen, in denen eine Leugnung der Judenverfolgung zu erwarten ist, gegen Art.5 Abs.1 Satz 1 GG verstößt. | ||
§§§ |
94.011 | Ehelichkeitsanfechtung | |
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Mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG) ist es nicht vereinbar, daß die Frist für die Anfechtung der Ehelichkeit durch das volljährig gewordene Kind nach § 1598 zweiter Halbsatz BGB auch dann zwei Jahre nach Eintritt der Volljährigkeit abläuft, wenn das Kind von den Umständen, die für seine Nichtehelichkeit sprechen, keine Kenntnis hat, und dem Kind insoweit auch eine spätere Klärung seiner Abstammung ausnahmslos verwehrt wird. | ||
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Beschluss | Entscheidungsformel:
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§§§ |
94.012 | Briefüberwachung | |
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Eine vom Schutz der Privatsphäre (Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG) umfaßte vertrauliche Äußerung verliert diesen Charakter nicht dadurch, daß sie der Briefüberwachung nach §§ 29 Abs.3, 31 des Strafvollzugsgesetzes unterliegt. Eine Verurteilung wegen Beleidigung, die auf der gegenteiligen Annahme beruht, verstößt gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art.5 Abs.1 Satz 1 GG). | ||
§§§ |
94.013 | Isserstedt | |
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Zu den Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung bei Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze zur kommunalen Neugliederung. | ||
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Beschluss | Entscheidungsformel:
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T-94-02 | Einstweilige Anordnung | |
"Die Anträge haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. | ||
1. a) Nach § 32 Abs.1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Wegen der meist weittragenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren auslöst, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 32 Abs.1 BVerfGG ein strenger Maßstab anzulegen; dies gilt insbesondere dann, wenn die Suspendierung eines Gesetzes in Rede steht (stRspr, vgl zuletzt BVerfGE_86,390 <395>). | ||
Bei der Entscheidung haben die Gründe, die der Antragsteller für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Vorschriften anführt, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (stRspr, vgl. zuletzt BVerfGE_89,109 <110>). Die einstweilige Anordnung kann nämlich gerade deshalb nötig werden, weil dem Gericht die zur gewissenhaften und umfassenden Prüfung der für die Entscheidung der Hauptsache erheblichen Rechtsfragen erforderliche Zeit fehlt; es wäre dann auch nicht angängig, den Erlaß einer einstweiligen Anordnung von etwas Ungewissem, der summarischen Abschätzung der Erfolgschancen der Hauptsache, abhängig zu machen (vgl BVerfGE_7,367 <371>; BVerfGE_71,350 <351 f>) | ||
Für die Entscheidung kommt es vielmehr auf eine Abwägung der Folgen an, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht ergeht, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen, der Verfassungsbeschwerde der Erfolg aber zu versagen wäre (st Rspr., vgl zuletzt BVerfGE_89,109 <110 f>) | ||
b) Ob und inwieweit diese Folgenabwägung bei Neugliederungsgesetzen besonderen Anforderungen unterliegt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bislang nicht entschieden. Das Urteil des Senats vom 10.Juli 1990 (BVerfGE_82,310) betrifft ausdrücklich nur die Sondersituation einer Rück-Neugliederung. | ||
(1) Der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen hat zur Folgenabwägung festgestellt, daß der Aufwand, der sich bei der Rückabwicklung einer Eingemeindung als nutzlos vertan erweise, im Einzelfall fast immer nachteiliger sei, als die zeitliche Verzögerung der Neugliederung durch den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, wenn der Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache kein Erfolg beschieden ist. Eine solche Nachteilsgewichtung würde indes im Ergebnis fast immer zur aufschiebenden Wirkung der Kommunalverfassungsbeschwerde führen, die im Gesetz aber so gerade nicht vorgesehen sei. Deshalb fordert der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen als Voraussetzung für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, die das Inkrafttreten und den Vollzug des Gesetzes hindere, im jeweiligen Einzelfall Nachteile, die über die normalen Vollzugsfolgen hinausgehen (vgl OVGE 25, 303 <306 f>; ihm folgend HessStGH, ESVGH_22,215 <218>; NdsStGH, StGHE_1,307 <315>; aA StGH BW, ESVGH_25,31 <34 f>). | ||
Ob ein Nachteil regelmäßig eintritt, kann indes für die Beurteilung nicht allein ausschlaggebend sein. Die Bewertung des Nachteils im jeweiligen Einzelfall bemißt sich nicht danach, wie häufig er eintritt. | ||
In seiner nachfolgenden Rechtsprechung hat der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen anerkannt, daß gerade auch regelmäßige Vollzugsfolgen Anlaß für Regelungen im Rahmen einer einstweiligen Anordnung sein können; dies freilich nicht im Hinblick auf eine generelle Vollzugsaussetzung, sondern nur unterhalb der Schwelle einer solchen, soweit sie zur Sicherung einer eventuellen Rückabwicklung erforderlich erscheinen -- sogenannte Wohlverhaltensanordnungen und punktuelle Anordnungen (vgl Beschluß vom 29.Dezember 1971, Eildienst 1972, S.17 f; OVGE 30, 278 ff; hierzu auch Stüer, StuGR | ||
(2) Hiervon ausgehend ist zunächst -- insoweit im Anschluß an den Wortlaut des § 32 Abs.1 BVerfGG -- die Schwere der durch ein nur (vorläufiges) Inkrafttreten des Gesetzes drohenden Nachteile zu ermessen. Die hierbei erforderliche Bewertung des Nachteils hat ihren normativen Orientierungspunkt in der prozessualen Funktion der einstweiligen Anordnung: Sie hat als vorläufige Regelung die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit der nachfolgenden verfassungsgerichtlichen Entscheidung zu sichern. Wegen dieser Sicherungsfunktion der einstweiligen Anordnung ist demnach von entscheidender Bedeutung, ob für den Fall, daß sich die angegriffenen Vorschriften als verfassungswidrig erweisen, ein endgültiger und nicht wiedergutzumachender Schaden eintritt oder nur unter ganz erheblichen Schwierigkeiten wiederausräumbare vollendete Tatsachen geschaffen würden. Ist das der Fall, so reduziert eine gegebene Möglichkeit, den rechtmäßigen vorherigen Zustand mit zumutbarem Aufwand wiederherzustellen, die Schwere des befürchteten Nachteils, der durch die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung eintritt (vgl Berkemann in: Mitarbeiterkommentar zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz, § 32 Rdnr.194 f). | ||
Diese Erwägungen sind nicht deshalb unbeachtlich, weil ein Organisationsgesetz in Rede steht, das keines Vollzugs bedarf. Zwar entstehen im Falle der Nichtigerklärung des Gesetzes die Antragstellerinnen -- ob ex tunc oder ex nunc mag hier dahinstehen -- als eigenständige Gebietskörperschaften unmittelbar wieder; es darf jedoch nicht verkannt werden, daß die Antragstellerinnen dabei auf vielfältige tatsächliche Voraussetzungen angewiesen sind, damit die kommunale Selbstverwaltung für sie wieder wirklich werden kann. | ||
2. Die Verfassungsbeschwerden sind weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Im Rahmen der dem nach erforderlichen Folgenabwägung können keine Nachteile festgestellt werden, die den Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit dem von den Antragstellerinnen begehrten Inhalt rechtfertigen. Demgegenüber sind nach § 32 Abs.1 BVerfGG die aus dem Entscheidungsausspruch ersichtlichen Anordnungen zur Sicherung der Interessen der Antragstellerinnen geboten. | ||
a) Die erstmalige und die Rück-Neugliederung sind entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht gleichzubehandeln. Zwischen beiden gibt es insoweit gewichtige Unterschiede, die einer Übertragung der für die Rück-Neugliederung entwickelten Grundsätze auf eine erstmalige Neugliederung entgegenstehen. Im Falle der RückNeugliederung wird die Bevölkerung "hin- und hergeschoben" als Folge einer in relativ kurzer Zeit entgegengesetzten gesetzgeberischen Gemeinwohlkonkretisierung; der Bevölkerung wird angesonnen, die wenn auch möglicherweise nur widerwillig hingenommene, gleichwohl aber als Dauerlösung konzipierte Zugehörigkeit zu einer neuen "örtlichen Gemeinschaft" im Sinne des Art.28 Abs.2 Satz 2 GG nach einer kurz bemessenen Zeitspanne zu ändern und sich wieder anderweitig zu orientieren. In dieser Situation spricht alles dafür, die neuerliche Änderung der Zugehörigkeit nicht lediglich vorläufig durchzuführen, sondern erst nach einer endgültigen Klärung der Frage, ob sie von Rechts wegen Bestand haben kann. Anderenfalls bestünde die Gefahr, daß -- nach Rückgängigmachung der Rück-Neugliederung die Bereitschaft, wieder in der durch die erste Neugliederung gebildeten Gemeinde verantwortlich mitzuwirken, nachhaltig beeinträchtigt würde (vgl BVerfGE_82,310 <314>). | ||
Gerade diese Gefahr besteht im Falle einer erstmaligen Neugliederung so nicht. Wird sie bei Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung nach kurzer Zeit wieder rückgängig gemacht, besteht kein Anlaß zu zweifeln, daß die ursprüngliche "örtliche Gemeinschaft", für deren Bestand die Gemeinde vor Gericht gezogen ist, von der Bevölkerung wieder angenommen werden wird. Die Zuordnung zur neuen Gemeinde wird während der Anhängigkeit des verfassungsgerichtlichen Verfahrens als eine zunächst noch vorläufige erfahren werden. | ||
Die spezifische Situation der Gemeinden in den neuen Bundesländern gibt keinen Anlaß für eine grundsätzlich abweichende Bewertung. Die Antragstellerinnen weisen zwar zu Recht darauf hin, daß die Gemeinden in der ehemaligen DDR erst nach der Wende wieder als Selbstverwaltungskörperschaften konstituiert wurden, so daß sie sich insoweit noch in einer Aufbauphase befinden. Jedoch wird das Prinzip der Selbstverwaltung durch das Thüringer Neugliederungsgesetz nicht angetastet; die Möglichkeit der Bevölkerung, sich für die Belange der -- wenn auch territorial anders umschriebenen -- örtlichen Gemeinschaft" in eigener Verantwortung einzusetzen, wird nicht beschnitten. | ||
Durch die Eingemeindung besteht indes gleichwohl -- insbesondere wenn das verfassungsgerichtliche Verfahren längere Zeit dauert -- die Gefahr, daß die für eine funktionsfähige Selbstverwaltung in einer kleinen, überschaubaren und gewachsenen örtlichen Gemeinschaft erforderlichen Strukturen und das identitätsstiftende Merkmal der Zugehörigkeit zu ihr Schaden leidet. Dieser Nachteil wiegt zwar schwer; doch erreicht er jedenfalls dann nicht ein solches Gewicht, das den Aufschub des Inkrafttretens des Gesetzes rechtfertigen könnte, wenn andere, weniger eingreifende Möglichkeiten bestehen. Das ist zumal dann der Fall, wenn dabei an gegebene gesetzliche Regelungen angeknüpft werden kann. Der Thüringer Landesgesetzgeber hat dem Bedürfnis, unterhalb der Gemeindeebene noch engere, auch rechtlich strukturierte Gemeinschaften mit eigenen Aufgaben zu bilden, durch die Möglichkeit der Einführung der Ortschaftsverfassung bei räumlich getrennten Ortsteilen Rechnung getragen (§ 45 ThürKO iVm § 26 Abs.3 ThürNGG). Die Stadt Erfurt hat für die Antragstellerinnen zu 3) bereits jetzt in ihrer Hauptsatzung die Ortschaftsverfassung eingeführt, so daß dort schon bei der bevorstehenden Kommunalwahl die Wahl von Ortsbürgermeistern stattfindet (s § 130 Abs.2 ThürKO). | ||
In Jena und Gera ist dies nicht geschehen. Den betroffenen Antragstellerinnen ist in § 26 Abs.3 Satz 2 ThürNGG zwar ausdrücklich ein Rechtsanspruch auf Einführung der Ortschaftsverfassung eingeräumt worden, falls sich auf der ersten Bürgerversammlung, die der Oberbürgermeister spätestens innerhalb eines Jahres nach Eingliederung einzuberufen hat, die Mehrheit der Anwesenden dafür ausspricht. Aufgrund der hiernach möglichen zeitlichen Verzögerung bis zu einem Jahr kann es aber zu einer empfindlichen Unterbrechung, möglicherweise auch zu einem Abbruch der von den Antragstellerinnen betonten positiven Entwicklung kommen. Dies ist nicht zuletzt deshalb zu besorgen, weil die Entfaltung der kommunalen Selbstverwaltung noch verhältnismäßig kurzzeitig ist und ein in den Augen der betroffenen Gemeinden und ihrer Bürger so schneller Eingriff eine verbreitete Resignation auszulösen vermag. Um dies zu vermeiden, erscheint es geboten, den Antragstellerinnen zu 1), 2) und 4) im Wege einer einstweiligen Anordnung sofort mit dem (vorläufigen) Wirksamwerden der Eingemeindung vorläufig den Rechtsstatus einer Ortschaft zu verleihen, damit sie sich auch in der Zeit der Rechtsunsicherheit als eigenständige Einheit rechtlich konstituieren und artikulieren können. | ||
Um die Ortschaften umgehend mit handlungsfähigen Organen zu versehen, ist -- wie aus Nr.2 b. und c. des Entscheidungsausspruchs ersichtlich -- hier sicherzustellen, daß die Wahl der Ortsbürgermeister noch vor der Eingemeindung stattfinden kann. Gleichermaßen sind Regelungen für die Wahl der Ortschaftsräte zu erlassen (s Nr.2 d des Entscheidungsausspruches), damit auch insofern keine unnötig langen Fristen verstreichen. | ||
b) Schwere Nachteile erwachsen den Antragstellerinnen auch nicht im Zusammenhang mit den bevorstehenden Kommunalwahlen. | ||
(1) Das Bundesverfassungsgericht hat es zwar als einen schweren Nachteil für das Gemeindewohl angesehen, wenn Wahlen in einer Situation der Rechtsunsicherheit durchgeführt werden müßten, weil ihre Rechtsgrundlagen umstritten und ihr Ergebnis möglicherweise alsbald gegenstandslos würde (vgl BVerfGE_11,306 <309>). Dies gilt aber nur dann, wenn die Rechtsgrundlagen der Wahl als solcher, dh das Wahlgesetz in seiner Verfassungsmäßigkeit in Frage gestellt wird. Dies ist hier nicht der Fall. Angegriffen ist lediglich die Abgrenzung der kommunalen Körperschaften, innerhalb derer aufgrund eines unstrittigen Kommunalwahlgesetzes gewählt wird (vgl auch BayVfGH_31,33 <43 f>) | ||
(2) Ein eventuell erforderliches Wiederholen oder Nachholen der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in den eingegliederten Gemeinden ist gleichfalls nicht geeignet, einen schweren Nachteil zu begründen, der einen Aufschub des Inkrafttretens des Gesetzes rechtfertigen könnte. | ||
Ein nicht wiedergutzumachender Schaden ist nicht schon durch die bloße Behauptung dargetan, daß die Teilnahme an der auf das gesamte Gebiet der erweiterten Stadt bezogenen Kommunalwahl Auswirkungen auf die (kommunal-)politische Meinungsbildung auch für eine spätere in der wieder selbständigen Gemeinde stattfindenden Wahl haben müßte. Der Befürchtung, daß eine auf den Ortsteil bezogene (kommunal-)politische Entwicklung abgeschnitten wird, kann im übrigen durch die gleichzeitige Einführung der Ortschaftsverfassung entgegengetreten werden. | ||
Unabhängig davon könnte auch eine Folgenabwägung, in deren Rahmen allein die Tatsache, daß Ergebnisse der anstehenden Kommunalwahlen durch spätere Gebietsänderungen möglicherweise hinfällig werden, als gewichtiger Nachteil gewertet würde, nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Sowohl dann, wenn die einstweilige Anordnung erginge, der Hauptsache der Erfolg aber versagt bliebe, als auch dann, wenn die einstweilige Anordnung nicht erlassen würde, das angegriffene Gesetz aber für verfassungswidrig erklärt würde, müßten auf der Grundlage des endgültig bestätigten Zuschnitts der Gebietskörperschaften die Wahlen -- gegebenenfalls teilweise -- wiederholt werden. Ein Überwiegen der Nachteile, die dann entstünden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, kann folglich nicht festgestellt werden; in einer solchen Situation fordert das gemeine Wohl den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nicht (s hierzu auch BVerfGE_31,381 <387>; BVerfGE_36,37 <40>; BVerfGE_65,101 <103>). | ||
c) Soweit insbesondere die Antragstellerinnen zu 3) und zu 4) geltend machen, daß in der Auflösung der Verwaltungsgemeinschaft, an denen sie beteiligt sind oder an denen sie sich zu beteiligen gedenken, ein besonderer Nachteil liege, ist dem nicht zu folgen. Hierin mag zwar in diesen Fällen eine über die allgemeinen Vollzugsfolgen hinausgehende Auswirkung der Neugliederung zu sehen sein. Das Vorbringen der Antragstellerinnen, wonach auch insoweit ein "Hin und Her" der Bevölkerung und der beteiligten Gemeinden ein erheblicher Nachteil und demnach zu vermeiden sei, verkennt jedoch den Ausgangspunkt der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 10.Juli 1990 (BVerfGE_82,310): Ein mehrfaches "Hin und Her" ist vor dem Hintergrund der Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung zu vermeiden, weil es die Integration in die "örtliche Gemeinschaft" übermäßig erschweren kann. Diese Integration bleibt von der Zugehörigkeit der Gemeinde zu einer Verwaltungsgemeinschaft jedoch unberührt. | ||
d) Letztlich ist auch die Gefahr, daß die eingegliederten Gemeinden durch die konkrete Verwaltungstätigkeit der aufnehmenden Städte in wichtigen Angelegenheiten präjudiziert und durch organisatorische Maßnahmen eine Rückabwicklung der Eingemeindung übermäßig erschwert werden könnten, nicht geeignet, den Aufschub des Inkrafttretens des Thüringer Neugliederungsgesetzes im Wege einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen. Insbesondere die Antragstellerinnen zu 2) befürchten in dieser Hinsicht, die Bauleitplanung könnte von der aufnehmenden Stadt so vorangetrieben werden, daß sie ihren ländlichen Charakter verlören und ihnen hierdurch ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstünde. | ||
Im Hinblick auf die Sicherungsfunktion des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ist eine umfassende Vollzugsaussetzung im Interesse der Abwehr solcher Nachteile nicht notwendig. Es genügt eine eingeschränkte Anordnung, die der aufnehmenden Stadt bestimmte Einzelmaßnahmen untersagt; die Einhaltung der Anordnung haben die Kommunalaufsichtsbehörden zu überwachen. | ||
Eine solche "Wohlverhaltensanordnung" (vgl dazu die Nachweise oben II.1 b.<1>). bringt zum Ausdruck, daß die Lage der eingegliederten Gemeinde bis zur abschließenden Klärung der Verfassungsmäßigkeit der Neugliederung offen und folglich bei der Verwaltung hierauf Rücksicht zu nehmen ist. Sie sucht -- unterhalb der Ebene der vollständigen Suspendierung des Gesetzes -- einen Ausgleich zwischen dem Vollzugsinteresse des Gesetzgebers und den berechtigten Anliegen der betroffenen Gemeinden. | ||
Einer generellen "Wohlverhaltensanordnung" kann nicht entgegengehalten werden, daß die Gefahren, denen sie begegnen soll, nicht konkret genug behauptet worden seien. Als allgemeine Richtschnur soll sie der aufnehmenden Stadt ein Handlungsrahmen sein, der gerade auch Fallkonstellationen erfassen soll, die im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz noch nicht absehbar sind." | ||
Auszug aus BVerfG B, 03.05.94, - 2_BvR_2760/93 -, www.dfr/BVerfGE, Abs.5 ff | ||
§§§ |
94.014 | Parabolantenne III | |
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LF: Die grundlegende Bedeutung des Grundrechts auf Informationsfreiheit wird verkannt, wenn bei Anwendungen und Auslegungen der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften ein ausländischer (hier: portugiesicher) Mieter auf den Kabelanschluß verwiesen wird, der ihm nur beschränkten oder gar keinen Zugang zu seinen Heimatprogrammen verschafft; ebenso, wenn die Zivilgerichte bei der Abwägung der Eigentümerinteressen des Vermieters von vorherein den Vorrang vor den Informationsinteressen des Mieters einräumen, ohne anzugeben, welche Eigenschaften des Mietobjektes dieses Ergebnis rechtfertigt. | ||
§§§ |
94.015 | Kindergeld | |
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1) Zur Erschöpfung des Rechtswegs durch eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, wenn zu der streitigen Grundsatzfrage bereits eine Entscheidung des Revisionsgerichts vorliegt. | ||
2) Die Kürzung des Kindergeldes für Besserverdienende nach § 10 Abs.2 des Bundeskindergeldgesetzes war in den Jahren 1986 und 1987 (jedenfalls) für Kindergeldberechtigte mit drei und mehr Kindern noch mit dem Grundgesetz vereinbar. | ||
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Beschluss | Entscheidungsformel:
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§§§ |
94.016 | Parabolantenne II | |
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LF 1) Der Vermieter kann seine Zustimmung zur Installation einer Parabolantenne von der Bedingung abhängig machen, daß der Mieter die Vorschriften des Baurechts und des Denkmalschutzes beachtet (vgl OLG Frankfurt, NJW_92,2490; OLG Karlsruhe, NJW_93,2815). | ||
§§§ |
94.017 | Feuerkasse | |
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LF: Aus den Grundrechten läßt sich kein Anspruch auf Fortbestand der öffentlichrechtlichen Organisation und Ausgestaltung der Hamburger Feuerkasse herleiten. Auch die Umgestaltung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse durch das Neuordnungsgesetz ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. | ||
§§§ |
94.018 | Parabolantenne | |
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Rezension: |
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LF 1) Der Vermieter kann seinen dauerhaft in Deutschland lebenden ausländischen (hier: türkischen) Mietern trotz eines vorhandenen Anschlusses an das Breitbandkabelnetz die Installation einer Parabolantenne zum Empfang ausländischer Satellitenprogramme nicht mit der Begründung verwehren, es sei ihm nicht zuzumuten, den Mietern, bei denen kein solcher "Sonderbedarf" vorliegt, die Gründe für die Verweigerung der Genehmigung zu erläutern, da dies den Hausfrieden gefährde. | ||
LF 2) Aufgrund der verfassungsmäßig gebotenen Berücksichtigung der Informationsinteressen ausländischer Mieter kann eine instanzgerichtliche Entscheidung, die allein diesem Vermieterinteresse den Vorrang einräumt, vor Art.5 Abs.1 S.1 Hs.2 GG keinen Bestand haben. | ||
§§§ |
94.019 | AWACS | |
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1) Die Ermächtigung des Art.24 Abs.2 GG berechtigt den Bund nicht nur zum Eintritt in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit und zur Einwilligung in damit verbundene Beschränkungen seiner Hoheitsrechte. Sie bietet vielmehr auch die verfassungsrechtliche Grundlage für die Übernahme der mit der Zugehörigkeit zu einem solchen System typischerweise verbundenen Aufgaben und damit auch für eine Verwendung der Bundeswehr zu Einsätzen, die im Rahmen und nach den Regeln dieses Systems stattfinden. | ||
2) Art.87a GG steht der Anwendung des Art.24 Abs.2 GG als verfassungsrechtliche Grundlage für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Rahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit nicht entgegen. | ||
3) a) Das Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung, für einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte die grundsätzlich vorherige konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen. | ||
4) Zur Friedenswahrung darf die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art.24 Abs.2 GG in eine "Beschränkung" ihrer Hoheitsrechte einwilligen, indem sie sich an Entscheidungen einer internationalen Organisation bindet, ohne dieser damit schon im Sinne des Art.24 Abs.1 GG Hoheitsrechte zu übertragen. | ||
5) a) Ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Art.24 Abs.2 GG ist dadurch gekennzeichnet, daß es durch ein friedensicherndes Regelwerk und den Aufbau einer eigenen Organisation für jedes Mitglied einen Status völkerrechtlicher Gebundenheit begründet, der wechselseitig zur Wahrung des Friedens verpflichtet und Sicherheit gewährt. Ob das System dabei ausschließlich oder vornehmlich unter den Mitgliedstaaten Frieden garantieren oder bei Angriffen von außen zum kollektiven Beistand verpflichten soll, ist unerheblich. | ||
6) Hat der Gesetzgeber der Einordnung in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit zugestimmt, so ergreift diese Zustimmung auch die Eingliederung von Streitkräften in integrierte Verbände des Systems oder eine Beteiligung von Soldaten an militärischen Aktionen des Systems unter dessen militärischem Kommando, soweit Eingliederung oder Beteiligung in Gründungsvertrag oder Satzung, die der Zustimmung unterlegen haben, bereits angelegt sind. Die darin liegende Einwilligung in die Beschränkung von Hoheitsrechten umfaßt auch die Beteiligung deutscher Soldaten an militärischen Unternehmungen auf der Grundlage des Zusammenwirkens von Sicherheitssystemen in deren jeweiligem Rahmen, wenn sich Deutschland mit gesetzlicher Zustimmung diesen Systemen eingeordnet hat. | ||
7) a) Akte der auswärtigen Gewalt, die vom Tatbestand des Art.59 Abs.2 Satz 1 GG nicht erfaßt werden, sind grundsätzlich dem Kompetenzbereich der Regierung zugeordnet. Art.59 Abs.2 Satz 1 GG kann nicht entnommen werden, daß immer dann, wenn ein Handeln der Bundesregierung im völkerrechtlichen Verkehr die politischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland regelt oder Gegenstände der Bundesgesetzgebung betrifft, die Form eines der gesetzgeberischen Zustimmung bedürftigen Vertrages gewählt werden muß. Auch insoweit kommt eine analoge oder erweiternde Auslegung dieser Vorschrift nicht in Betracht (im Anschluß an BVerfGE_68,1 <84 f>). | ||
LB 8) Zur abweichenden Meinung der Richter Böckenförde und Kruis siehe BVerfGE_90,390 = www.dfr/BVerfGE, Abs.353 ff. | ||
* * * | ||
Beschluss | Entscheidungsformel:
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§§§ |
94.020 | Honecker | |
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Rezension: |
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1) Der Schutz der Rundfunkfreiheit reicht wie der der Pressefreiheit von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht. Er erstreckt sich auch auf die medienspezifische Form der Berichterstattung und die Verwendung der dazu erforderlichen technischen Vorkehrungen. | ||
2) Die stärkerer Beeinträchtigung anderer Rechtsgüter, die im Unterschied zur Presseberichterstattung von der Rundfunkberichterstattung namentlich in gerichtlichen Verfahren ausgeht, kann weitergehende Beschränkungen rechtfertigen, als sie für die Pressefreiheit gelten. | ||
3) Wird die Berichterstattung durch den Rundfunk durch eine sitzungspolizeiliche Anordnung nach § 176 GVG beschränkt, so muß die Auslegung dieser Vorschrift der Bedeutung von Art.5 Abs.1 S.2 GG Rechnung tragen und die Maßnahmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. | ||
* * * | ||
Beschluss | Entscheidungsformel:
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§§§ |
94.021 | Soldaten sind Mörder | |
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1) Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG ist das Grundrecht auf freien Meinungsäußerung aus Art.5 Abs.1 GG schon bei der Auslegung einer Äußerung zu berücksichtigen. Niemand darf wegen einer Äußerung verurteilt werden, die nicht in dem vom Gericht angenommenen Sinn zu verstehen ist. | ||
2) Läßt eine Äußerung mehrere Deutungen zu, von denen nur eine strafbar ist, dann dürfen die Gerichte die zur Bestrafung führende Deutung nur zugrundelegen, wenn sie die anderen Deutungsmöglichkeiten zuvor mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen haben. | ||
§§§ |
94.022 | Dienstenthebung | |
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LF: Willkürliche Aufrechterhaltung des schon länger als zwei Jahre dauernden vorläufige Dienstenthebung eines Neurochirurgen durch ein Verwaltungsgericht. | ||
§§§ |
94.023 | Kohlepfennig | |
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1) Um die bundesstaatliche Finanzverfassung wie auch die Budgethoheit des Parlaments vor Störungen zu schützen und den Erfordernissen des Individualschutzes der Steuerpflichtigen im Blick auf die Belastungsgleichheit Rechnung zu tragen, ist eine Sonderabgabe nur in engen verfassungsrechtlichen Grenzen zulässig; sie muß deshalb eine seltene Ausnahme bleiben. | ||
2) Die Ausgleichsabgabe nach § 8 Drittes Verstromungsgesetz (sog Kohlepfennig) ist nicht als Sonderabgabe zu rechtfertigen, weil sie eine Allgemeinheit von Stromverbrauchern belastet, die als solche keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Aufgabe trifft, den Steinkohleneinsatz bei der Stromerzeugung zu sichern. | ||
* * * | ||
Beschluss | Entscheidungsformel:
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§§§ |
94.024 | Umlaufverfahren | |
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1) Überträgt das Parlament Normsetzungsbefugnisse gemäß Art.80 Abs.1 Satz 1 GG auf die Bundesregierung als Kollegium, so muß sichergestellt sein, daß die Verordnungen in einer Weise beschlossen werden, die es erlaubt, sie der Bundesregierung zuzurechnen. | ||
2) Ein Beschluß ist der Bundesregierung zuzurechnen, wenn alle Mitglieder Gelegenheit zur Mitwirkung an der Entscheidung erhalten haben, eine hinreichende Zahl von ihnen am Beschlußverfahren teilgenommen und eine Mehrheit von diesen der Vorlage zugestimmt hat. | ||
3) Die Erfüllung dieser Voraussetzungen ist vor Ausfertigung der Verordnung gemäß Art.82 Abs.1 GG festzustellen. Für die Beschlußfassung im Umlaufverfahren gemäß § 20 Abs.2 Geschäftsordnung der Bundesregierung folgt daraus, daß die Zustimmung nicht unterstellt oder fingiert werden darf. | ||
§§§ |
94.025 | Vergleichsmiete | |
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Es kann gegen Art.2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen, wenn ein Gutachten über die ortsübliche Vergleichsmiete zur Grundlage eines Urteils gemacht wird, obwohl weder das Gericht noch die Prozeßparteien die Möglichkeit hatten, die vom Sachverständigen zugrunde gelegten Befundtatsachen zu überprüfen. | ||
§§§ |
94.026 | Gleichstellungsbeauftragte | |
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1) Die Selbstverwaltungsgarantie des Art.28 Abs.2 Satz 1 GG umfaßt auch kommunale Organisationsbefugnisse; sie enthält aber nicht ein Prinzip der Eigenorganisation der Gemeinde, demgegenüber jede staatliche Vorgabe einer spezifischen Rechtfertigung bedürfte. | ||
2) Dem Gesetzgeber sind bei der Ausgestaltung der gemeindlichen Organisation in doppelter Hinsicht Grenzen gesetzt: | ||
3) Die den Schleswig-Holsteinischen Gemeinden durch § 2 Abs.3 der Gemeindeordnung auferlegte Verpflichtung, eine hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen, ist mit Art.28 Abs.2 Satz 1 GG vereinbar. | ||
* * * | ||
T-94-03 | Selbstverwaltungsgarantie | |
"Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet. § 2 Abs.3 GO und § 22 a Abs.1 und 4 AO verletzen Art.28 Abs.2 GG nicht. I. | ||
1. Die Gewährleistung des Art.28 Abs.2 Satz 1 GG sichert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte in diesem Bereich (BVerfGE_26,228 <237 f>; BVerfGE_56,298 <312>; BVerfGE_59,216 <226>; BVerfGE_79,127 <143>). Zu der Befugnis eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte gehört auch die Organisationshoheit (vgl BVerfGE_38,258 <278 ff>; BVerfGE_52,95 <117>; BVerfGE_78,331 <341>; BVerfGE_83,363 <382>). Durch sie legen die Gemeinden für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten im einzelnen fest und bestimmen damit auch über Gewichtung, Qualität und Inhalt ihrer Entscheidungen. | ||
a) Allerdings ist die Organisationshoheit historisch als eigenes Element der Selbstverwaltungsgarantie nur eingeschränkt belegt. Daß jedenfalls die Regelung der äußeren Kommunalverfassung ohne weitere Maßgaben Sache des Gesetzgebers sei, war insbesondere in der Weimarer Republik unbestritten. Insoweit zu berücksichtigende Eigenrechte der Gemeinden, welche dadurch präformiert oder sonst berührt sein könnten, standen nicht in Diskussion (vgl H Peters, Grenzen der kommunalen Selbstverwaltung in Preußen, 1926, S.111 ff; F Stier-Somlo, Handbuch des kommunalen Verfassungsrechts in Preußen, 2.Aufl 1928, S.48 ff, 54 ff). Die Entscheidung über die Gestaltung der Kommunalverfassung wurde weniger als Teil der kommunalen Selbstverwaltung, sondern mehr als deren Vorgabe aufgefaßt. Auch unterlagen die Ortsstatuten, zu deren Erlaß die Gemeinden durch die verschiedenen Städteordnungen ermächtigt waren, in der Regel der vorherigen Genehmigung durch die Behörden; zum Teil - so in Preußen - konnte deren Erteilung auch nach freiem Ermessen versagt werden (vgl H Peters, aaO, S.115). Die Literatur nahm dementsprechend die Regelung der gemeindlichen Organisation weitgehend vom kommunalen Selbstverwaltungsrecht aus (H Peters aaO; vgl auch G Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reiches, 14.Aufl 1933, Anm.1 zu Art.127 WRV, und E Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 10.Aufl 1973, S.530). | ||
Zu dem tatsächlichen Erscheinungsbild der kommunalen Selbstverwaltung gehörten hingegen gewisse Organisationsbefugnisse seit jeher. Diese gründeten zum einen in der erwähnten Befugnis, Ortsstatute zu erlassen. Anders als in Preußen konnte deren Genehmigung in anderen Ländern nur aus Rechtmäßigkeits-, nicht aber auch aus Zweckmäßigkeitserwägungen versagt werden (vgl Art.210 Abs.4 Württembergische Gemeindeordnung vom 19.März 1930; § 6 Abs.2 und 3 Badische Gemeindeordnung vom 5.Oktober 1921, dazu E Gündert, Badische Gemeindeordnung, 4.Aufl 1927, Anm.II, 8 zu § 6); jedenfalls hatten die Gemeinden insoweit den ersten Zugriff. Darüber hinaus bestand allgemein die Möglichkeit, die innere Verwaltungsorganisation durch Verwaltungsverfügungen zu regeln, die nicht als Rechtsvorschriften angesehen wurden und deshalb auch keiner Genehmigung unterlagen. Damit war ein weiterer organisatorischer Gestaltungsfreiraum eröffnet (vgl F Stier- Somlo, aaO, S.62). In einem gewissen Rahmen haben die Gemeinden ihre eigene Organisation letztlich immer auch selbst mitbestimmt und gehören Organisationsbefugnisse zum historisch gewachsenen tatsächlichen Erscheinungsbild der Gemeinden. | ||
b) Hieran anknüpfend umfaßt die Garantie des Art.28 Abs.2 Satz 1 GG auch kommunale Organisationsbefugnisse. Dies entspricht ihrer Zielrichtung, die Gemeinden als eigene Selbstverwaltungsträger anzuerkennen und ihnen eine eigenverantwortliche Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu garantieren. Damit ist die Gewährleistung eines gewissen organisatorischen Freiraums unmittelbar verbunden: Eine Regelung der gemeindlichen Angelegenheiten "in eigener Verantwortung", wie es Art.28 Abs.2 GG vorsieht, ist ohne eine gewisse Selbständigkeit auch bei der Organisation der Aufgabenwahrnehmung kaum vorstellbar. Es ist nicht anzunehmen, daß die Verfassung den Kommunen einerseits eigene Aufgabenbereiche zur selbständigen Erledigung vorbehält, andererseits aber deren Organisation bis in interne Verfahrensabläufe hinein der umfassenden Steuerung durch den Gesetzgeber oder die staatliche Verwaltung überließe (vgl. aus der Literatur nur K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd.1, 2.Aufl. 1984, S.414; H Pagenkopf, Kommunalrecht, Bd.1, 2.Aufl 1975, S.68 ff; E Schmidt-Jortzig, Kommunale Organisationshoheit, 1979, S.33 ff, 123 ff). | ||
2. Die Gewährleistung eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung besteht indes gemäß Art.28 Abs.2 GG "im Rahmen der Gesetze". Dementsprechend sind auch die den Gemeinden zur Hand stehenden Organisationsbefugnisse durch die Vorgaben des Gesetzgebers gebunden (vgl BVerfGE_83,363 <382>). Der Gesetzgeber muß dabei der verfassungsrechtlichen Verbürgung einer mit wirklicher Verantwortlichkeit ausgestatteten Selbstverwaltung, durch die den Bürgern eine wirksame Teilnahme an den Angelegenheiten des Gemeinwesens ermöglicht wird (BVerfGE_79,127 <150>; vgl auch BVerfGE_82,310 <314>), Rechnung tragen und die Gemeinden zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben befähigen. Von daher sind dem Gesetzgeber in doppelter Hinsicht Grenzen gesetzt. | ||
a) Zunächst setzt der Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie dem Gesetzgeber eine Grenze. Hiernach darf der Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung nicht ausgehöhlt werden (BVerfGE_1,167 (174 f); BVerfGE_79,127 (146); stRspr). Bei der Bestimmung dieses Kernbereichs ist in besonderer Weise der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung zu tragen (vgl BVerfGE_59,216 (226); BVerfGE_76,107 (118); BVerfGE_79,127 (146); stRspr). | ||
Hiernach gehört zum Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung zunächst allerdings nicht die grundsätzlich freie Bestimmung über die Organisation der Gemeinde überhaupt. Insbesondere die Entscheidung über die äußeren Grundstrukturen der Gemeinde wurde in allen Ländern stets als Sache des Gesetzgebers angesehen. Die Festlegung und Konturierung der Gemeindeverfassungstypen, wie etwa der Magistrats-, Bürgermeister-, süddeutschen oder norddeutschen , Ratsverfassung (vgl hierzu etwa E Schmidt-Jortzig Kommunalrecht, 1982, S.56 ff), sind ebenso wie di Entscheidung über plebiszitäre Beteiligungsmöglichkeiten der Gemeindebürger vom Kernbereich der kommunale Selbstverwaltungsgarantie nicht erfaßt | ||
Andererseits widerspräche eine umfassende Steuerung der kommunalen Organisation durch staatliche Instanzen dem vom Verfassungsgeber vorgefundenen und dem Art.28 Abs.2 GG zugrundeliegenden Begriff der kommunalen Selbstverwaltung, die eine dezentrale und eigenverantwortliche Wahrnehmung der kommunalen Aufgaben sichern will. Der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung verbietet Regelungen, die eine eigenständige organisatorische Gestaltungsfähigkeit der Kommunen im Ergebnis ersticken würden. Dies wäre der Fall, bei einer Regelungsdichte, die den Gemeinden die Möglichkeit nähme, eine Hauptsatzung zu erlassen oder ihnen hierbei keinerlei Entscheidungsspielraum mehr beließe, oder wenn die Organisation der Gemeinden durch staatliche Behörden beliebig steuerbar wäre. Ein Gesetz etwa, das Verwaltungsbehörden im Rahmen der Fachaufsicht umfassend hinsichtlich der Organisation ihr unterstehender Gemeinden ein jederzeit aktualisierbares Weisungsrecht einräumte, wäre im Hinblick auf Art.28 Abs.2 GG Bedenken ausgesetzt. Gleiches gälte für ein Verbot, überhaupt andere als gesetzlich vorgegebene Ämter zu errichten. Ebenso könnte eine die zentralen Vertretungs- und Ausführungsorgane lähmende Zergliederung der Verwaltung auf Bedenken stoßen. | ||
b) Auch im Vorfeld der Sicherung des Kernbereichs entfaltet die Gewährleistung des Art.28 Abs.2 Satz 1 GG aus ihrer normativen Intention, den Gemeinden die Möglichkeit eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung zu garantieren, Rechtswirkungen (vgl entsprechend BVerfGE_79,127 <147>). | ||
aa) Allerdings gilt für die Organisationshoheit - anders als für die Bestimmung der gemeindlichen Aufgaben (vgl. BVerfGE 79, 127 [146 ff. | ||
Die Organisationshoheit ist mithin von vornherein nur relativ gewährleistet. Sie kann nicht nur aus Gründen, die außerhalb ihrer selbst liegen, zurückgenommen werden, sie wird auch als Prinzip selbst durch staatliche Regelungen inhaltlich ausgeformt und mit Grenzen versehen. Organisationsvorgaben können etwa auch mit dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung oder dem Wunsch nach Übersichtlichkeit begründet werden. | ||
Organisationsrechtliche Entscheidungen sind freilich fast immer mit materiellen Auswirkungen verbunden. Durch sie wird - etwa mittels organisatorischer Verselbständigung eines bestimmten Aufgabenbereichs - über Gewichtung und Qualität der Aufgabenerledigung in nicht unerheblichem Umfang mitentschieden, und auch inhaltlich können dadurch Verwaltungsentscheidungen präformiert werden. Die Befugnis des Gesetzgebers, den Gemeinden Vorgaben zu ihrer Organisation zu machen, verschafft diesem daher mittelbar auch Einfluß auf die Aufgabenerledigung. Dies ist mit der Regelungskompetenz des Gesetzgebers zur Organisation der Gemeinden unausweichlich verbunden und auch gewollt. Durch die Möglichkeit organisatorischer Rahmensetzungen soll der Gesetzgeber auf eine effektive Aufgabenerledigung durch die Gemeinden hinwirken können. | ||
bb) Ungeachtet dessen steht dem Staat die Entscheidung über die Organisation der Gemeinden nicht alleine zu. Indem Art.28 Abs.2 GG den Gemeinden eine eigenverantwortliche Aufgabenerledigung und damit auch organisatorische Gestaltungsbefugnisse verbürgt, verpflichtet er den Gesetzgeber, bei der Ausgestaltung des Kommunalrechts den Gemeinden eine Mitverantwortung für die organisatorische Bewältigung ihrer Aufgaben einzuräumen. Seine Vorgaben dürfen die Gemeinden aus der ihnen von der Verfassung zugewiesenen Verantwortung nicht verdrängen. Die Organisation der Gemeinden regelt sich so erst aus dem Ineinandergreifen von staatlicher Vorgabe und kommunaler Ausfüllung. Daraus folgt nicht nur, wie durch den Kernbereich gesichert ist, daß den Gemeinden insgesamt nennenswerte organisatorische Befugnisse verbleiben müssen; es muß ihnen auch ein hinreichender organisatorischer Spielraum bei der Wahrnehmung der je einzelnen Aufgabenbereiche offengehalten werden. Dabei spielen allerdings Unterschiede zwischen Selbstverwaltungsaufgaben und Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis eine Rolle. Für keinen Aufgabenbereich darf jedoch ausgeschlossen werden, daß die Gemeinden zumindest im Bereich der inneren Organisation auch selbst noch auf die besonderen Anforderungen am Ort durch eigene organisatorische Maßnahmen reagieren können. | ||
Bei solchen organisatorischen Regelungen darf der Gesetzgeber freilich typisieren; er braucht nicht jeder einzelnen Gemeinde und grundsätzlich auch nicht jeder insgesamt gesehen unbedeutenden Gruppe von Gemeinden Rechnung zu tragen. Dies folgt schon aus dem notwendig generellen Charakter seiner Regelung (vgl BVerfGE_79,127 <154>). | ||
cc) Beläßt der Gesetzgeber den Gemeinden bei der Ausgestaltung ihrer Organisation in dieser Weise für ihre verschiedenen Aufgabenbereiche Raum zu selbstverantwortlichen Maßnahmen, findet eine Kontrolle dahin, ob die von ihm getroffenen Organisationsentscheidungen auf hinreichend gewichtigen Zielsetzungen beruhen, nicht statt. An sonstigen verfassungsrechtlichen Anforderungen wie insbesondere dem Demokratieprinzip ist die Ausgestaltung der organisatorischen Vorgaben im Rahmen des Art.28 Abs.2 GG nur insoweit zu prüfen, als diese ihrem Gehalt nach das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen geeignet sind (vgl BVerfGE_1,167 <181>; BVerfGE_56,298 <310>; BVerfGE_71,25 <37>). II. | ||
Nach diesen Maßstäben sind die angegriffenen Vorschriften nicht zu beanstanden. Sie verstoßen nicht gegen die durch Art.28 Abs.2 Satz 1 GG gewährleistete kommunale Organisationshoheit. | ||
1. Die in § 2 Abs.3 GO statuierte Pflicht der Gemeinden zur Bestellung einer Gleichstellungsbeauftragten verletzt nicht den Kernbereich der kommunalen Organisationshoheit. § 2 Abs.3 GO verpflichtet die Gemeinden allein in einem bestimmten Sachbereich in sich begrenzte Organisationsmaßnahmen zu ergreifen, läßt die Befugnis der Gemeinden zur organisatorischen Regelung ihrer Angelegenheiten im übrigen aber unberührt. Die Vorschrift beschränkt sich darauf, den allgemeinen organisatorischen Rahmen der Gemeinden punktuell näher auszuformen. Auch in Verbindung mit den anderen Vorschriften der Gemeindeordnung erstickt die Vorschrift die organisatorischen Handlungsmöglichkeiten der Kommunen nicht. Sie fügt diesen Vorschriften nur eine weitere hinzu, die sich von sonstigen im deutschen Kommunalrecht bekannten Vorgaben wie etwa der Verpflichtung zur Einrichtung eines Rechnungsprüfungsamts (§ 114 GO), eines Ausländerbeirates (§§ 84 ff GO Hessen) oder zur Bestellung des Hauptausschusses (§ 45 Abs.2 GO) nicht grundlegend unterscheidet (vgl H-U Erichsen, Kommunale Organisationshoheit und Gleichstellungsbeauftragte, in: Arbeitshefte des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetags Nr.2, 1991, S.58 ff). Auch für eine Zergliederung der kommunalen Ausführungsorgane ist weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen noch sonst etwas ersichtlich. | ||
2. § 2 Abs.3 GO genügt auch den Anforderungen, die über die Beachtung des Kernbereichs hinaus gelten. Die den Gemeinden verbleibenden organisatorischen Befugnisse für eine selbst gestaltete Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Gleichstellung von Frau und Mann tragen der Eigenverantwortlichkeit der Gemeinden in vertretbarer Weise Rechnung. | ||
Den Gemeinden bleibt für eine eigene Politik und ihre Aufgaben im Zusammenhang mit dem Gleichberechtigungsgebot (Art.6 Verf Schl-H.; Art.3 Abs.2 GG) ein hinreichender organisatorischer Spielraum. Ungeachtet der Frage, ob die Gleichstellungsbeauftragte als Organ oder als amtsähnliche Verwaltungsuntergliederung anzusehen ist, beschränkt sich § 2 Abs. 3 GO auf eine Rahmenregelung. Durch sie erhält freilich die Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann in der Organisation der Gemeinden einen starken Akzent. Dies hindert die Gemeinden jedoch nicht, für den Bereich der Gleichstellung effektiv eigene organisatorische Maßnahmen zu treffen und auf die Besonderheiten der örtlichen Verhältnisse zu reagieren. So läßt es § 2 Abs.3 GO offen, der Gleichstellungsbeauftragten ein eigenes Amt zuzuordnen und über dessen personelle wie sachliche Ausstattung näher zu entscheiden. Ebenso wenig steht die Gleichstellungsbeauftragte der Bildung weiterer Gremien im Wege, die in Zusammenarbeit mit ihr die Aufgabe der Gleichstellung in einzelnen Sachgebieten oder auf der Ebene der Gemeindevertretung vorsehen. Schon gar nicht verbietet die Einrichtung der Gleichstellungsbeauftragten der Gemeindevertretung, sich mit Gleichstellungsfragen zu befassen. Auch die Gleichstellungsbeauftragte in die Arbeit der verschiedenen zur Entscheidung berufenen Stellen der Gemeindeverwaltung näher einzubinden, bleibt Sache der Gemeinde. Schließlich und vor allem aber verbleibt den Gemeinden unverändert die Organisation der Stellen, die zu verbindlichen Sachentscheidungen in Gleichstellungsfragen berufen sind. Anders als die Beschwerdeführerinnen in ihren Schriftsätzen behaupten oder nahelegen, sind der Gleichstellungsbeauftragten von Gesetzes wegen keinerlei Entscheidungsbefugnisse beigelegt, die für andere Verwaltungsstellen oder für Bürger verbindlich wären. Zwar ist sie an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und zu hören und kann auch eigenverantwortlich Öffentlichkeitsarbeit und Beratungstätigkeit durchführen. Zu bindenden Entscheidungen ist sie durch § 2 Abs. 3 GO jedoch gerade nicht befugt. Diese werden von den bisher zuständigen Stellen getroffen, über deren Organisation die Gemeinden nach wie vor im Rahmen der diesbezüglich unverändert fortgeltenden und von ihnen auch nicht in Frage gestellten Vorschriften entscheiden können. | ||
3. Das Demokratieprinzip prägt das Bild der Selbstverwaltung, wie sie der Gewährleistung des Art.28 Abs.2 GG zugrundeliegt (vgl BVerfGE_47,253 <275 ff>); es wird durch § 2 Abs.3 GO nicht verletzt. Zwar kann die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten wegen deren Unabhängigkeit nicht im einzelnen von der Gemeindevertretung oder einem ihr unmittelbar verantwortlichen Exekutivorgan gesteuert werden. Insofern ist das Legitimationsniveau der Gleichstellungsbeauftragten niedriger als typischerweise sonst in der Verwaltung (vgl BVerfGE_83,60 <72>). Dadurch ist jedoch ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip vorliegend nicht begründet. Die Gleichstellungsbeauftragte wird von der Gemeindevertretung bestellt und abberufen und ist insofern demokratisch legitimiert. Zudem hat sie keine eigenen Sachentscheidungsbefugnisse (vgl BVerfG, aaO, S.73). Ihre in Unabhängigkeit wahrzunehmende Funktion beschränkt sich darauf, allein durch die Kraft des Arguments für die Gleichstellung von Frau und Mann in der Gemeindeverwaltung und der Öffentlichkeit einzutreten. | ||
4. § 2 Abs.3 GO verstößt auch nicht gegen das Willkürverbot. Durch die Unterscheidung von Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern und solchen mit weniger als 10.000 Einwohnern, mittels derer kleinere Gemeinden von der Pflicht zur Bestellung einer hauptamtlich tätigen Gleichstellungsbeauftragten ausgenommen werden, hat der Gesetzgeber den ihm bei typisierenden Grenzziehungen zu belassenden weiten Spielraum nicht überschritten. Er knüpft mit dem Kriterium der 10.000- Einwohner-Grenze an eine auch sonst im schleswig-holsteinischen Gemeinderecht bekannte Unterscheidung an (vgl § 59 GO). Die Unterscheidung ist umso weniger willkürlich, als § 2 Abs.3 GO Ausnahmen zuläßt, durch die den besonderen örtlichen Gegebenheiten und Verhältnissen auch einzelner größerer Gemeinden Rechnung getragen werden kann. III. | ||
Die Beschwerdeführerinnen sind auch nicht dadurch in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt, daß sie zur Gleichstellungsbeauftragten nur eine Frau, nicht aber einen Mann bestellen können. | ||
1. Maßstab ist in vorliegendem Verfahren allein Art.28 Abs.2 GG. Auf Art.33 Abs.2 GG hingegen können sich die Beschwerdeführerinnen im Rahmen einer Kommunalverfassungsbeschwerde nicht berufen (vgl BVerfGE_1,167 <184>). Entsprechendes gilt vorliegend auch für Art.3 Abs.2 und 3 GG. | ||
2. Art.28 Abs.2 GG schützt auch die Personalhoheit der Gemeinden (vgl BVerfGE_1,167 <175>; BVerfGE_8,332 <359>; BVerfGE_9,268 <289>; BVerfGE_17,172 <181>) und damit die Befugnis, die Gemeindebeamten auszuwählen, anzustellen, zu befördern und zu entlassen (BVerfGE_17,172 <181 f>). Auch die Personalhoheit ist aber nicht absolut geschützt, sondern unterliegt der Formung durch den Gesetzgeber, der dabei freilich seinerseits - entsprechend den Anforderungen für die Entziehung von Aufgaben (vgl BVerfGE_79,127 <143 ff>) oder für die Vorgabe organisationsrechtlicher Regelungen (s.o.I.) - durch die kommunale Selbstverwaltungsgarantie verfassungsrechtlich gebunden ist. Was hieraus für die Personalhoheit im einzelnen folgt, bedarf keiner näheren Darlegung. Denn jedenfalls hier hat der Gesetzgeber verfassungsrechtliche Grenzen insoweit nicht überschritten. Die Vorgabe, daß die Gleichstellungsbeauftragte eine Frau sein muß, begrenzt die Auswahlentscheidung der Kommunen nicht über Gebühr. Sie grenzt den Kreis der Bewerber nur auf einer sehr allgemeinen Stufe ein. Da für den Posten der Gleichstellungsbeauftragten erfahrungsgemäß Frauen eher in Betracht kommen als Männer, bleibt ein hinreichend großer Kreis von Personen, unter denen die Gemeinde auswählen kann." | ||
Auszug aus BVerfG B, 26.10.94, - 2_BvR_445/91 -, www.dfr/BVerfGE, Abs.24 ff | ||
§§§ |
94.027 | Parteienbegriff II | |
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Zum Begriff der Partei im Sinne von Art.21 GG und § 2 des Parteiengesetzes. | ||
§§§ |
94.028 | Parteienbegriff I | |
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Zum Begriff der Partei im Sinne von Art.21 GG und § 2 des Parteiengesetzes. | ||
§§§ |
94.029 | Mietpreisbindung | |
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1) Die befistete Fortgeltung der Mietpreisbindung in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin ist mit der Eigentumsgewährleistung vereinbar. | ||
2) § 1 der Ersten Grundmietenverordnung (BGBl_I_91,1269) und § 4 Abs.3 Betriebskosten-Umlageverordnung (BGBl_I_91,1270) verletzen Art.14 Abs.1 S.1 GG ebenfalls nicht. | ||
§§§ |
94.030 | Mietpreisbindung | |
---|---|---|
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1) Die befristete Fortgeltung der Mietpreisbindung in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin ist mit dem Eigentumsgewährleistungen vereinbar. | ||
2) § 1 der Ersten Grundmietenverordnung (BGBl_91,1269) und § 4 Abs.3 Betriebskosten-Umlageverordnung (BGBl_91,1270) verletzten Art.14 Abs.1 Satz 1 GG ebenfalls nicht. | ||
§§§ |
94.031 | Falsches Eingangsdatum | |
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LB: Zu den Pflichten eines Anwalts bei der Fristenüberwachung. | ||
* * * | ||
T-94-04 | Fristenüberwachung | |
"... Mit Eingang eines eine Rechtsbehelfsfrist auslösenden Bescheids oder Urteils muß der bevollmächtigte Anwalt in zuverlässiger Weise den Zustellungszeitpunkt ermitteln und festhalten und - insbeondere durch Eintragung in einen Fristenkalender - eine Wiedervorlage so rechtzeitig sicherstellen, daß eine fristgerechte Einreichung des Rechtsmittelschriftsatzes noch gewährleistet ist. Wird mit der Einlegung des Rechtmittels - wie hier - eine besondere Rechtsmittelbegründungsfrist in Lauf gesetzt, so muß der Anwalt im Zusammenhang mit der Abdendung dieser Rechtsmittelschrift wiederum durch entsprechende Wiedervorlageverfügungen zuverlässig sicherstellen, daß er die Sache rechtzeitig wieder vorgelegt bekommt, um die Rechtsmittelbegründung zu fertigen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt das genaue Datum des Eingangs des Rechtsmittels noch nicht feststeht. Denn der Anwalt muß bedenken, daß sich die Fertigung der Eingangsbestätigung auf der Geschäftstelle oder die Beförderung der Eingangsbestätigung durch die Post verzögern können und unter Umständen die Eingangsbestätigung erst kurz vor Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist bzw danach eingeht. Geht der Eingangsbestätigung bei dem Anwalt ein, so ist er in erster Linie gehalten, das dort mitgeteilte Eingangsdatum mit dem in den Akten vermerkten Zustellungdatum abzugleichen. Dieser Abgleich dient der Kontrolle, ob die Rechtsmittelfrist selbst gewahrt wurde und gegebenenfalls schon zu diesem Zeitpunkt Wiedereinsetzung hinsichtlich der Rechtsmittelfrist selbst beantragt werden muß. Zum zweiten muß der Anwalt nunmehr durch entsprechende Eintragungen und Wiedervorlageverfügungen sicherstellen, daß die Rechtsmittelbegründungsschrift rechtzeitig gefertigt und bei Gericht eingereicht wird; in diesem Zusammenhang kommt gegenenfalls eine Korrektur der "vorsorglich" hinsichtlich der Rechtsmittelbegründung notierten Wiedervorlagefrist in Betracht. Eine inhaltliche Überprüfung der Richtigkeit des ihm vom Gericht in der Eingangsbestätigung mitgeteilten Eingangsdatums ist dem Anwalt regelmäßig nicht möglich. ." | ||
Auszug aus BVerfG B, 25.11.94, - 2_BvR_852/93 -, NJW-CoR_95,189, S.189 | ||
§§§ |
94.032 | punitive or exemplary damages | |
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Die Gewährung von Rechtshilfe durch Zustellung einer Klage, mit der Ansprüche auf Strafschadensersatz nach US-amerikanischem Recht (punitive damages) geltend gemacht werden, verletzt nicht die allgemeine Handlungsfreiheit in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. | ||
§§§ |
[ 1993 ] | RS-BVerfG - 1994 | [ 1995 ] [ ] |
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