BVerwG | 2006 (2) | 31-60 |
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[ 2005 ][ « ][ » ][ 2007 ] | [ ] |
06.031 Haare in Hemdkragenlänge |
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BVerwG, U, 02.03.06, - 2_C_3/05 -
GG_Art.2 Abs.1, GG_Art.2 Abs.2 S.1; (RP) LBG_§_64 Abs.1 S.2, LBG_§_64 Abs.1 S.3, LBG_§_65 S.2, LBG_§_84
Legalitäts-, Neutralitäts-, Repräsentationsfunktion der Polizeiuniform / Uniformpflicht / äußeres Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter (Haarlänge) / allgemeines Persönlichkeitsrecht gemäß Art.2 Abs.1 GG / Grundsatz der Verhältnismäßigkeit / dienstliche Anordnung / Verwaltungsakt
Eine Regelung der obersten Dienstbehörde, die uniformierten Polizeibeamten vorschreibt, die Haare in Hemdkragenlänge zu tragen, verstößt gegen Art.2 Abs.1 GG.
§§§
06.032 Asylrechtlicher oder ausländerrechtlicher Schutz |
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BVerwG, B, 03.03.06, - 1_B_126/05 -
AsylVfG_§_13 Abs.1, AsylVfG_§_14, AsylVfG_§_19, AsylVfG_§_20, AsylVfG_§_49 Abs.2; AufenthG_§_60 Abs.2 bis 7, AufenthG_§_60a Abs.2; (aK) AuslG_§_53_Abs.2 bis 6, AuslG_§_55 Abs.2
Asylantrag / (materielles) Asylgesuch / Abschiebungsverbot / asylrechtlicher Abschiebungsschutz / ausländerrechtlicher Abschiebungsschutz / zielstaatsbezogener Abschiebungsschutz / Duldung wegen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots / Duldung wegen im Zielstaat drohender Gefahren / ausschließliche Zuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) / keine Doppelprüfung / kein "Wahlrecht" zwischen asylrechtlichem oder ausländerrechtlichem Schutz
Nach § 13 Abs.1 AsylVfG ist derjenige Schutzsuchende, der sich materiell auf Asylgründe beruft, zwingend auf das alle Schutzersuchen und Schutzformen erfassende Asylverfahren zu verweisen; hiermit ist ausschließlich das besonders sachkundige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu befassen. Ein "Wahlrecht" des Ausländers zwischen asylrechtlichem oder ausländerrechtlichem Schutz vor Verfolgung im Heimatland besteht nicht.
§§§
06.033 Höchstrichterlicher Klärungsbedarf |
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BVerwG, B, 06.03.06, - 10_B_80/05 -
VwGO_§_132 Abs.2 Nr.1, VwGO_§_132 Abs.2 Nr.3; FlurbG_§_29 Abs.2, FlurbG_§_44 Abs.1, FlurbG_§_139 Abs.2 S.2, FlurbG_§_139 Abs.3; BauGB_§_9 Abs.1 Nr.11, BauGB_§_85 Abs.1 Nr.1, BauGB_§_95 Abs.2 Nr.2, BauGB_§_194
Revisionszulassung / grundsätzliche Bedeutung / höchstrichterlicher Klärungsbedarf / Rechtsprechung eines anderen obersten Bundesgerichts / Flurbereinigung / Verkehrswert / landwirtschaftliche Nutzfläche / Straßenverkehrsfläche / Straßentrasse / Verkehrswert / Werterhöhung / Vorwirkung der Enteignung / Beweiserhebung / sachverständige Besetzung des Flurbereinigungsgerichts / eigene Sachkunde
1) Ein höchstrichterlicher Klärungsbedarf iSv § 132 Abs.2 Nr.1 VwGO kann auch dann zu verneinen sein, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage (hier: Bewertung einer Straßentrassenfläche im Rahmen der Flurbereinigung) durch die Rechtsprechung eines anderen obersten Bundesgerichts geklärt ist, das sich aufgrund seiner origi¬nären Zuständigkeit mit dieser oder mit einer gleich gelagerten Rechtsfrage bereits befasst hat (hier: Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bewertung von Grundstücken im Rahmen der Enteignungsentschädigung).
2) Auch im Rahmen der Wertermittlung im Flurbereinigungsrecht gilt, dass einem bislang landwirtschaftlich genutzten Grundstück, das nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans zukünftig als Straßenverkehrsfläche vorgesehen ist, kein höherer Verkehrswert beizumessen ist, als ihm nach den Grundsätzen der Vorwirkung der Enteignung bislang zukam.
§§§
06.034 Gesamtwürdigung |
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BVerwG, B, 08.03.06, - 1_WB_23/05 -
SLV_§_2 Abs.1, SLV_§_2 Abs.2
Beurteilung / Beurteilungsbeitrag
Der beurteilende Vorgesetzte ist nicht verpflichtet, in den wertenden Abschnitten einer planmäßigen Beurteilung im Einzelnen auszuführen, in welchem Umfang die darin getroffene Gesamtwürdigung auf seinen eigenen Erkenntnissen und auf den Beiträgen Dritter beruht.
§§§
06.035 Genehmigung des Flächennutzungsplans |
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BVerwG, B, 08.03.06, - 4_B_75/05 -
BauGB_§_1 Abs.4, BauGB_§_6 Abs.2, BauGB_§_6 Abs. Abs.4 S.2, BauGB_§_214 Abs.3, BauGB_§_233 Abs.1; ROG_§_7 Abs.7 S.3; ROG_§_23 Abs.1
Flächennutzungsplan / Fristverlängerung / wichtige Gründe / Gesetzesänderung / Überleitungsvorschrift / Änderungsgesetz / Ziel der Raumordnung / Anpassung / Planungshoheit / kommunale Selbstverwaltung / Hersteller-Direktverkaufszentrum / Designer-Outlet-Center / Einzelhandelsbetrieb / Zielabweichung / Landesplanung / Standortplanung / zentralörtliche Gliederung / Abwägungsgebot / Vertrauensschutz
1) Wenn über den Antrag auf Genehmigung des Flächennutzungsplans wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Komplexität der durch den Plan aufgeworfenen Fragen nicht innerhalb der Regelfrist von drei Monaten entschieden werden kann, liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 6 Abs.4 Satz 2 BauGB für eine Fristverlängerung vor.
2) Die höhere Verwaltungsbehörde darf einen Flächennutzungsplan, der einem während des Genehmigungs- oder des sich anschließenden gerichtlichen Verfahrens in Kraft getretenen Ziel der Raumordnung widerspricht, nicht genehmigen. Daher darf sie hierzu auch nicht verpflichtet werden.
3) Gehen die städtebaulichen Auswirkungen von Hersteller-Direktverkaufszentren insbesondere wegen der Größe dieser Betriebe, der Zentrenrelevanz ihres Kernsortiments und der Reichweite ihres Einzugsbereichs über die Auswirkungen der üblichen Formen des großflächigen Einzelhandels hinaus, kann es gerechtfertigt sein, sie landesplanerisch einer im Vergleich zum sonstigen großflächigen Einzelhandel strengeren Sonderregelung zu unterwerfen und nur in Oberzentren an städtebaulich integrierten Standorten zuzulassen.
§§§
06.036 Hofstelle |
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BVerwG, B, 14.03.06, - 4_B_10/06 -
BauGB_§_35 Abs.4 S.1 Nr.1
Hofstelle / Nutzungsänderung / Außenbereich
Gebäude, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, können nur dann eine Hofstelle im Sinne des § 35 Abs.4 Satz 1 Nr.1 Buchst.e BauGB bilden, wenn jedenfalls eines der Gebäude ein landwirtschaftliches Wohngebäude ist.
§§§
06.037 Zwangsgeldfestsetzung |
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BVerwG, U, 14.03.06, - 1_C_11/05 -
AufenthG_§_63 Abs.2, AufenthG_§_63 Abs.3, AufenthG_§_71 Abs.3 Nr.2; AuslG_§_63 Abs.4 Nr.2, AuslG_§_74 Abs.2; BGSG_§_1 Abs.2, BGSG_§_2 Abs.2, BGSG_§_57, BGSG_§_58 Abs.1; BPolG_§_58 Abs.1; VwVG_§_7 Abs.1, VwVG_§_14; Verordnung über die Zuständigkeit der Bundesgrenzschutzbehörden §§ 2, 3, 4; Verordnung über die Zuständigkeit der Bundespolizeibehörden § 4 Abs.4
Beförderungsverbot / Zwangsgeldandrohung / Zwangsgeldfestsetzung / Beugewirkung / maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt / Zuständigkeit der Grenzschutzdirektion / Zuständigkeitsübertragung durch Rechtsverordnung / Zuständigkeitsübertragung durch Erlass / Veröffentlichungspflicht / Bundespolizei / Vorrang des Gesetzes / Selbstvollstreckung
1) Die Rechtmäßigkeit einer Zwangsgeldfestsetzung nach § 74 Abs. 2 Satz 2 AuslG iVm § 14 VwVG bestimmt sich nach der Sach- und Rechtslage zu dem Zeitpunkt, in dem das Vollstreckungsverfahren für das festgesetzte Zwangsgeld abgeschlossen war, andernfalls nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts.
2) Die sachliche Zuständigkeit für Zwangsgeldfestsetzungen nach § 74 Abs.2 Satz 2 AuslG iVm § 14 VwVG konnte nach § 58 Abs.1 BGSG nur durch Rechtsverordnung auf die Grenzschutzdirektion übertragen werden.
§§§
06.038 Zwangsgeldfestsetzung |
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BVerwG, U, 14.03.06, - 1_C_3/05 -
AufenthG_§_63 Abs.2, AufenthG_§_63 Abs.3, AufenthG_§_71 Abs.3 Nr.2; AuslG_§_63 Abs.4 Nr.2, AuslG_§_74 Abs.2 S.1 Nr.2; BGSG_§_1 Abs.2, BGSG_§_2 Abs.2, BGSG_§_57, BGSG_§_58 Abs.1; BPolG_§_58 Abs.1 Verordnung über die Zuständigkeit der Bundesgrenzschutzbehörden §§ 2, 3, 4; Verordnung über die Zuständigkeit der Bundespolizeibehörden § 4 Abs.4
Beförderungsverbot / Zwangsgeldandrohung / Zwangsgeldfestsetzung / Beugewirkung / faktische Vollziehung / maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt / Zuständigkeit der Grenzschutzdirektion / Zuständigkeitsübertragung durch Rechtsverordnung / Zuständigkeitsübertragung durch Erlass / Veröffentlichungspflicht / Bundespolizei / Vorrang des Gesetzes / Mandat
1) Die Rechtmäßigkeit einer Zwangsgeldandrohung nach § 74 Abs.2 Satz 1 Nr.2 AuslG beurteilt sich grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz, es sei denn, das Vollstreckungsverfahren für das angedrohte Zwangsgeld war zuvor abgeschlossen oder die Zwangsgeldandrohung ist zuvor durch eine neue, niedrigere Zwangsgeldandrohung ersetzt worden. Dann ist dieser frühere Zeitpunkt maßgeblich.
2) Die Androhung eines Zwangsgelds nach § 74 Abs.2 Satz 1 Nr.2 AuslG gehörte zu den dem Bundesgrenzschutz obliegenden Aufgaben im Sinne von § 1 Abs.2 BGSG.
3) Die sachliche Zuständigkeit für Zwangsgeldandrohungen nach § 74 Abs.2 Satz 1 Nr.2 AuslG konnte nach § 58 Abs.1 BGSG nur durch Rechtsverordnung auf die Grenzschutzdirektion übertragen werden.
§§§
06.039 Abschiebungskosten |
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BVerwG, U, 14.03.06, - 1_C_3/05 -
AufenthG_§_63 Abs.2, AufenthG_§_63 Abs.3, AufenthG_§_71 Abs.3 Nr.2; AuslG_§_63 Abs.4 Nr.2, AuslG_§_74 Abs.2 S.1 Nr.2; BGSG_§_1 Abs.2, BGSG_§_2 Abs.2, BGSG_§_57, BGSG_§_58 Abs.1; BPolG_§_58 Abs.1 Verordnung über die Zuständigkeit der Bundesgrenzschutzbehörden §§ 2, 3, 4; Verordnung über die Zuständigkeit der Bundespolizeibehörden § 4 Abs.4
Beförderungsverbot / Zwangsgeldandrohung / Zwangsgeldfestsetzung / Beugewirkung / faktische Vollziehung / maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt / Zuständigkeit der Grenzschutzdirektion / Zuständigkeitsübertragung durch Rechtsverordnung / Zuständigkeitsübertragung durch Erlass / Veröffentlichungspflicht / Bundespolizei / Vorrang des Gesetzes / Mandat
1) Im Klageverfahren des Ausländers gegen den Leistungsbescheid der Ausländerbehörde auf Zahlung der Abschiebungskosten sind andere an der Durchführung der Abschiebung beteiligte Behörden auch dann nicht notwendig beizuladen, wenn um die ihnen entstandenen Kosten gestritten wird.
2) Personalkosten der Behörde gehören außer in den gesetzlich besonders geregelten Fällen nicht zu den vom Ausländer zu erstattenden Verwaltungskosten der Abschiebung im Sinne des § 83 Abs.1 Nr.2 AuslG (jetzt § 67 Abs.1 Nr.2 AufenthG).
3) Wird der Ausländer bei seiner Abschiebung auf dem Luftweg von ausländischen Sicherheitskräften begleitet, stellt dies auch dann keine „amtliche“ Begleitung im Sinne des § 83 Abs.1 Nr.3 AuslG (jetzt § 67 Abs.1 Nr.3 AufenthG) dar, wenn es im Einvernehmen mit den zuständigen deutschen Behörden geschieht.
4) Zur Zahlung der Kosten der Begleitung durch ausländische Sicherheitskräfte bei der Abschiebung kann der Ausländer nur nach Maßgabe des § 83 Abs.1 Nr.2 AuslG (jetzt § 67 Abs.1 Nr.2 AufenthG) in Verbindung mit den allgemeinen Regelungen des Verwaltungskostengesetzes über die Erstattung von Auslagen herangezogen werden.
§§§
06.040 Marinemusikkorps Ostsee |
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BVerwG, B, 16.03.06, - 6_P_12/05 -
SBG_§_2, SBG_§_49
Soldatenbeteiligung / Personalrat oder Vertrauensperson / militärische Dienststellen und Einrichtungen / Marinemusikkorps
Das Marinemusikkorps Ostsee ist eine militärische Dienststelle, in welcher die Soldaten Personalvertretungen wählen.
§§§
06.041 Zulassung eines Flughafenvorhabens |
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BVerwG, U, 16.03.06, - 4_A_1075/04 -
GG_Art.2 Abs.2, GG_Art.14 Abs.1, GG_Art.14 Abs.3, GG_Art.28 Abs.2;
LuftVG_§_6, LuftVG_§_8, LuftVG_§_9, LuftVG_§_10, LuftVG_§_28 Abs.2, LuftVG_§_29b Abs.1 S.2;
FluglärmG_§_3 Anlage;
(Bb) VwVfG_§_46, VwVfG_§_74, VwVfG_§_75, VwVfG_§_76, VwVfG_§_78;
ROG_§_1, ROG_§_3, ROG_§_4, ROG_§_7, ROG_§_15;
(Bb) LPlG_§_3; (03) LEPro_§_19 Abs.11;
BewG_§_82;
BImSchG_§_2, BImSchG_§_48a, BImSchG_§_50;
WHG_§_6 Abs.1, WHG_§_14 Abs.1, WHG_§_28, WHG_§_31 Abs.2;
BBodSchG_§_3 Abs.1 Nr.8, BBodSchG_§_13;
FFH-RL_Art.2 Abs.3, FFH-RL_Art.6, FFH-RL_Art.7, FFH-RL_Art.12, FFH-RL_Art.13, FFH-RL_Art.16
Vogelschutz-RL_Art.2, Vogelschutz-RL_Art.5, Vogelschutz-RL_Art.6, Vogelschutz-RL_Art.7, Vogelschutz-RL_Art.9, Vogelschutz-RL_Art.13;
BNatSchG_§_19, BNatSchG_§_42, BNatSchG_§_43, BNatSchG_§_62;
(Bg) NatSchG_§_10 ff, NatSchG_§_79;
22.BImSchV_§_3, 22.BImSchV_§_4, 22.BImSchV_§_5;
Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS);
Ziel der Raumordnung / gebietsscharfe Standortvorgaben für eine Flughafenerweiterung / raumordnerische Alternativenprüfung / Bindungswirkung der Standortfestlegung / luftrechtliche Planfeststellung / enteignungsrechtliche Vorwirkungen / Umfang der Rügebefugnis Enteignungsbetroffener / Flughafendimensionierung / Unfallrisiken / Lärmschutzkonzept / Betriebsbeschränkungen / passiver Lärmschutz / besonderer Schutz der Nachtruhe / Maximalpegel / NAT-Kriterium / Dauerschallpegel / Schutz des Innen- und des Außenwohnbereichs / Pegelunterschied gekippter Fenster / Anwendung der AzB / Entschädigung für die Verlärmung des Außenwohnbereichs / Grundstückswertminderungen / Luftverunreinigungen / Umfang der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses, wasserrechtliche Erlaubnis / Verhältnis des Bodenschutzrechts zum Planfeststellungs- und zum Wasserrecht / Altlastensanierung / Grundwasserverunreinigungen / naturschutzrechtliche Eingriffsregelung / Vermeidungsmaßnahmen / Ausgleichsbilanz / naturschutzrechtliche Abwägung / FFH-Gebietsschutz / Artenschutz / Verbotstatbestände der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie / Befreiungsvoraussetzungen
1) Die Wahl des Standorts für einen internationalen Verkehrsflughafen ist vorrangig eine raumordnerische Entscheidung.
2) Wird die Zulassung eines Flughafenvorhabens an dem von der Landesplanung zielförmig festgelegten Standort beantragt, darf die Planfeststellungsbehörde die vorangegangene raumordnerische Abwägung nicht durch eine eigene ergebnisoffene Abwägung der nach ihrer Auffassung maßgeblichen Standortanforderungen ersetzen, bestätigen oder korrigieren.
2) Die Planfeststellungsbehörde trifft hingegen keine ("positive") Rechtspflicht zur Zulassung eines Flughafenvorhabens an dem von der Landesplanung zielförmig festgelegten Standort.
4) Gelangt die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Abwägung zu dem Ergebnis, dass dem Vorhaben am landesplanerisch festgelegten Standort unüberwindbare Hindernisse oder überwiegende öffentliche und/oder private Belange entgegenstehen, muss sie das Vorhaben an diesem Standort ablehnen.
5) Lässt die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben an dem landesplanerisch festgelegten Standort zu, unterliegt die zielförmige Standortentscheidung der Landesplanung bei Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses aus Rechtsschutzgründen der gerichtlichen Inzidentkontrolle.
6) Bei der Prüfung von Standortalternativen müssen die Träger der Landesplanung sich Klarheit über die flächen- und zahlenmäßige Größenordnung der Lärmbetroffenheiten an den jeweiligen Standorten verschaffen.
7) Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung spezifischfachgesetzlicher Anforderungen an ein wirksames und finanziell tragbares Lärmschutzkonzept bleiben der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens in der Planfeststellung vorbehalten. Die Landesplanung muss jedoch bereits auf ihrer Planungsebene vorausschauend prüfen, ob die Lärmschutzprobleme, die ihre Standortentscheidung auslösen wird, auf der Fachplanungsebene durch technische und betriebliche Schutzvorkehrungen beherrschbar sein werden.
8) Die Lärmauswirkungen einer bestimmten Standortalternative bedürfen auf der Ebene der Landesplanung keiner numerischpräzisen Detailprüfung, wenn sich im Verlauf des Planungsprozesses herausstellt, dass die vorrangig verfolgten landesplanerischen Zielvorstellungen an diesem Standort nicht realisierbar sein würden.
9) In § 9 Abs.2 LuftVG schreibt der Gesetzgeber eine äußerste im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze fest. Diese Regelung entbindet nicht von der Pflicht, den Lärmschutzinteressen der Anwohner gegebenenfalls unterhalb dieser Zumutbarkeitsschwelle durch Flugverbote oder sonstige Betriebsbeschränkungen Rechnung zu tragen.
10) Die Zulassung eines nächtlichen Flugbetriebs ist wegen der Pflicht, auf die Nachtruhe der Bevölkerung besonders Rücksicht zu nehmen (§ 29b Abs.1 Satz 2 LuftVG), vor allem in der Kernzeit von 0:00 bis 5:00 Uhr in erhöhtem Maße rechtfertigungsbedürftig.
11) Je größer die Zahl der Lärmbetroffenen ist, desto dringlicher muss der Verkehrsbedarf sein, der als Rechtfertigung für einen (weithin) uneingeschränkten Nachtflugverkehr dient.
12) Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind einer luftverkehrsrechtlichen Planungs- oder Zulassungsentscheidung in der Regel erst dann zugrunde zu legen, wenn sie sich in der wissenschaftlichen Diskussion durchgesetzt und allgemeine Anerkennung nicht notwendig einhellige Zustimmung gefunden haben.
13) Ein Lärmschutzkonzept, das Flugverkehr auch während der Nachtstunden ermöglicht, hat sich vorrangig an dem Ziel auszurichten, durch Fluglärm ausgelöste Aufwachreaktionen zu vermeiden. Zur Erreichung dieses Zwecks stellt die Festsetzung eines um einen Dauerschallpegel ergänzten Maximalpegels ein grundsätzlich geeignetes Mittel dar.
14) Der Schutz der Wohnnutzung am Tage umfasst neben der Abwehr unzumutbarer Kommunikationsbeeinträchtigungen auch die Wahrung der Erholungsfunktion des Innen- und des Außenwohnbereichs.
15) Es lässt sich rechtlich nicht beanstanden, bei der Berechnung des Dauerschallpegels auf die Realverteilung der Flugbewegungen während der sechs verkehrsreichsten Monate abzustellen.
16) Damit der Schutzzweck auch bei gekipptem Fenster erreichbar bleibt, ist es unbedenklich, einen Innenpegel in Ansatz zu bringen, der um 15 dB(A) niedriger ist als der Außenpegel.
17) Die Anleitung zur Berechnung (AzB) vom 27.Februar 1975 mit späteren Änderungen bietet auch im Rahmen von luftrechtlichen Zulassungsverfahren eine taugliche Grundlage für die Fluglärmberechnung.
18) Die Geldentschädigung, die nach § 74 Abs.2 Satz 3 VwVfGBbg zu leisten ist, dient als Surrogat für an sich gebotene, aber untunliche oder mit dem Vorhaben nicht vereinbare Schutzvorkehrungen. Sie ist nicht dazu bestimmt, einen Ausgleich für Verkehrswertminderungen zu gewähren, die über den Schutzbereich dieser Entschädigungsregelung hinausgehen.
20) Aus dem Surrogatcharakter der Entschädigung nach § 74 Abs.2 Satz 3 VwVfGBbg folgt, dass für die Wertermittlung der Zeitpunkt maßgebend ist, zu dem der Vorhabenträger den auf die Durchführung von Schutzmaßnahmen gerichteten Primäranspruch hätte erfüllen müssen.
21) Beim Bau oder der (wesentlichen) Änderung eines Flugplatzes oder einer Straße ist ungeachtet des § 2 Abs.1 Nr.4 und Abs.2 Satz 1 BImSchG den Anforderungen der aufgrund des § 48a Abs.1 und 3 BImSchG zur Umsetzung von EG-Richtlinien erlassenen 22.BImSchV Rechnung zu tragen.
22) Die wasserrechtliche Erlaubnis für eine mit einem luftverkehrsrechtlichen Planvorhaben verbundene Gewässerbenutzung ist nach § 14 Abs.1 WHG ein eigenständiger Entscheidungsbestandteil, der von der Konzentrationswirkung des § 9 Abs.1 Satz 1 LuftVG nicht erfasst wird.
23) § 9 Abs.1 Satz 1 LuftVG bewirkt nicht, dass die Kompetenzen der zuständigen Bodenschutzbehörde auf die Planfeststellungsbehörde übergehen. Das Bodenschutzrecht ist eingriffsorientiertes Gefahrenabwehrrecht, das keine durch den Planfeststellungsbeschluss ersetzungsfähigen Zulassungstatbestände kennt.
24) Das FFH-Schutzregime, dem bestimmte Biotope unterliegen, erstreckt sich nicht auf Vögel, denen das betreffende Biotop als Habitat dient. Den Schutz, den Art.6 Abs.2 bis 4 FFH-RL gewährleistet, genießen Vögel nur über den Lebensraumschutz, der ihnen durch die Ausweisung als Vogelschutzgebiet und die Überleitungsnorm des Art.7 FFH-RL vermittelt wird.
25) Auch bei einem nach § 19 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft kann sich die Prüfung als notwendig erweisen, ob die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 62 Abs.1 Satz 1 BNatSchG von den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs.1 BNatSchG eine Befreiung gewährt werden kann.
§§§
06.042 Gemeindeklagen gegen luftrechtliche Planfeststellung |
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BVerwG, U, 16.03.06, - 4_A_1001/04 -
GG_Art.2 Abs.2, GG_Art.14 Abs.1, GG_Art.14 Abs.3, GG_Art.28 Abs.2;
LuftVG_§_6, LuftVG_§_8, LuftVG_§_9, LuftVG_§_10, LuftVG_§_28 Abs.2, LuftVG_§_29b Abs.1 S.2;
FluglärmG_§_3 Anlage;
(Bb) VwVfG_§_46, VwVfG_§_74, VwVfG_§_75, VwVfG_§_76, VwVfG_§_78;
ROG_§_1, ROG_§_3, ROG_§_4, ROG_§_7, ROG_§_15;
(Bb) LPlG_§_3; (03) LEPro_§_19 Abs.11;
BewG_§_82;
BImSchG_§_2, BImSchG_§_48a, BImSchG_§_50;
WHG_§_6 Abs.1, WHG_§_14 Abs.1, WHG_§_28, WHG_§_31 Abs.2;
BBodSchG_§_3 Abs.1 Nr.8, BBodSchG_§_13;
FFH-RL_Art.2 Abs.3, FFH-RL_Art.6, FFH-RL_Art.7, FFH-RL_Art.12, FFH-RL_Art.13, FFH-RL_Art.16
Vogelschutz-RL_Art.2, Vogelschutz-RL_Art.5, Vogelschutz-RL_Art.6, Vogelschutz-RL_Art.7, Vogelschutz-RL_Art.9, Vogelschutz-RL_Art.13;
BNatSchG_§_19, BNatSchG_§_42, BNatSchG_§_43, BNatSchG_§_62;
(Bg) NatSchG_§_10 ff, NatSchG_§_79;
22.BImSchV_§_3, 22.BImSchV_§_4, 22.BImSchV_§_5;
Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS);
Gemeindeklagen gegen luftrechtliche Planfeststellung / Ziel der Raumordnung / gebietsscharfe Standortvorgaben für eine Flughafenerweiterung / raumordnerische Alternativenprüfung / Bindungswirkung der Standortfestlegung / enteignungsrechtliche Vorwirkungen / Umfang der Rügebefugnis Enteignungsbetroffener / Flughafendimensionierung / Unfallrisiken / Lärmschutzkonzept / Betriebsbeschränkungen / passiver Lärmschutz / besonderer Schutz der Nachtruhe / Maximalpegel / NAT-Kriterium / Dauerschallpegel / Schutz des Innen- und des Außenwohnbereichs / Pegelunterschied gekippter Fenster / Anwendung der AzB / Entschädigung für die Verlärmung des Außenwohnbereichs / Grundstückswertminderungen / Luftverunreinigungen / Umfang der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses, wasserrechtliche Erlaubnis / Verhältnis des Bodenschutzrechts zum Planfeststellungs- und zum Wasserrecht / Altlastensanierung / Grundwasserverunreinigungen / naturschutzrechtliche Eingriffsregelung / Vermeidungsmaßnahmen / Ausgleichsbilanz / naturschutzrechtliche Abwägung / FFH-Gebietsschutz / Artenschutz / Verbotstatbestände der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie / Befreiungsvoraussetzungen
1) Lärmbetroffene Gemeinden im Umfeld eines geplanten internationalen Verkehrsflughafens können mit der Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses eine umfassende (objektiv-rechtliche) Überprüfung der landesplanerischen Standortentscheidung und der luftverkehrsrechtlichen Planrechtfertigung beanspruchen (Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld, vgl auch Urteil vom 16.März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04, zur Aufnahme in BVerwGE vorgesehen).
2) Gemeinden in der unmittelbaren Nachbarschaft eines geplanten internationalen Verkehrsflughafens haben einen Anspruch auf fehlerfreie Abwägung darauf, dass die bestehenden Nutzungsstrukturen und ihr Selbstgestaltungsrecht bei der Entscheidung über nächtliche Betriebsbeschränkungen und eine weitgehend flugfreie Kernzeit in der Nacht berücksichtigt werden, wenn ihr Gemeindegebiet oder Teile davon weiträumig und flächendeckend erheblichen nächtlichen Lärmbelastungen ("Lärmteppich") ausgesetzt sein würde.
3) Zu den rechtlichen Anforderungen an Maßnahmen des passiven Schallschutzes für besonders schutzwürdige kommunale Einrichtungen (Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime, Schulen und Kindertagesstätten).
§§§
06.043 Verkaufsverpackungen des Versandhandels |
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BVerwG, U, 16.03.06, - 7_C_9/05 -
KrW-/AbfG_§_13 Abs.1 S.1, KrW-/AbfG_§_13 Abs.3 S.1 Nr.1, KrW-/AbfG_§_13 Abs.3 S.1 Nr.3, KrW-/AbfG_§_21 Abs.1; VerpackV_§_3 Abs.1 Nr.2; VerpackV_§_6 Abs.1 S.1, VerpackV_§_6 Abs.1 S.6, VerpackV_§_6 Abs.3;
Verpackungsverordnung / Verkaufsverpackungen / Überlassungspflicht / Rücknahmepflicht, individuelle / Verwertungspflicht, individuelle / Selbstentsorger / System, pflichtbefreiendes / Versandhandel / Verwertungsquote / haushaltsnahe Abholung
1) Die Sonderregelung für die Rücknahme von Verkaufsverpackungen des Versandhandels (§ 6 Abs.1 Satz 6 VerpackV) erlaubt keine haushaltsnahe Erfassung von Verkaufsverpackungen jeder Herkunft.
2) Selbstentsorger des Versandhandels und ihre Beauftragten sind zur Vermeidung unzulässiger Wettbewerbsvorteile verpflichtet, den Rahmen der ihnen erlaubten Rückgabemodalität nicht zu überschreiten und durch aufkommensadäquate Kapazität der Sammelbehälter, benutzungsbeschränkende Beschriftung und andere geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Verkaufsverpackungen des Versandhandels unter weitgehendem Ausschluss von Fehlwürfen gesondert erfasst werden.
§§§
06.044 Abraumhalde Kalibergwerk |
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BVerwG, U, 16.03.06, - 7_C_3/05 -
GG_Art.14 Abs.1; BBodSchG_§_2 Abs.2 Nr.1 Buchst.c, BBodSchG_§_2 Abs.3, BBodSchG_§_2 Abs.5 Nr.1, BBodSchG_§_3 Abs.1 Nr.10, BBodSchG_§_4 Abs.3 S.1 Alt.1 und 2, S.4, BBodSchG_§_4 Abs.5, BBodSchG_§_4 Abs.6, BBodSchG_§_9 Abs.2, BBodSchG_§_13 Abs.1; WHG_§_34 Abs.2; AbfG_§_2 Abs.1; AbfG_§_4, AbfG_§_9, AbfG_§_11, AbfG_§_10 Abs.2; (69) UmwG_§_1 Abs.1; UmwG_§_63 Abs.1, (94) UmwG_§_20 Abs.1, UmwG_§_174; (65) AktG_§_339 Abs.1 Ziff.1; AktG_§_376; BGB_§_1922, BGB_§_1967
Altlast / Abraumhalde Kalibergwerk / (Abschluss-)Betriebsplan / Entlassung aus der Bergaufsicht / Grundwasserverunreinigung / Duldung / Legalisierungswirkung / Haftungsbeschränkung / Gesamtrechtsnachfolge / Verursachungsbeitrag / Rückwirkung, echte, unechte / Rechtswirkung, deklaratorische, konstitutive / Polizeipflicht, abstrakte und konkretisierte / Vertrauensschutz / verfassungskonforme Auslegung / Ermessensfehler / Störerhaftung, höchstpersönliche / Sanierungsplanung / Vorbehalt des Gesetzes / zivilrechtlicher Rechtsnachfolgetatbestand
1) Die Bestimmungen des Bundes-Bodenschutzgesetzes über die Sanierungspflicht des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers einer schädlichen Bodenveränderung beanspruchen auch für die Zeit vor dessen Inkrafttreten Geltung.
2) Die Sanierungspflicht des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers verstößt nicht gegen das grundsätzliche Verbot der Rückwirkung von Gesetzen. Sie ist normativer Ausdruck eines seit langem anerkannten allgemeinen Grundsatzes des Verwaltungsrechts, wonach öffentlich-rechtliche Pflichten auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen.
§§§
06.045 Weinbezeichnung |
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BVerwG, B, 16.03.06, - 3_C_16/05 -
VO (EG) Nr.1493/1999 Art.47 VO (EG) Nr.753/2002 Art.23 VO (EG) Nr.753/2002 Art.24
Wein / Weinbezeichnung / geregelte fakultative Angabe / ergänzender traditioneller Begriff / Irreführung / Nachahmung / Nachahmungsverbot / „Reserve“ / „Privat-Reserve“
1) Dem Europäischen Gerichtshof wird die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob eine Angabe, die sich auf ein Verfahren der Erzeugung, Bereitung und Reifung oder auf die Qualität des Weins bezieht, nur als geregelte Angabe zulässig ist.
2) Der Europäische Gerichtshof wird ferner gefragt, ob eine widerrechtliche Nachahmung einer geschützten Weinbezeichnung nur dann vorliegt, wenn sie in der Sprache des geschützten Begriffs erfolgt.
3) Der Europäische Gerichtshof wird schließlich gefragt, ob die vom Gemeinschaftsrecht geschützten traditionellen Begriffe nur in Ansehung von Weinen geschützt sind, die aus demselben Erzeugermitgliedstaat stammen wie der geschützte traditionelle Begriff.
§§§
06.046 Leitender Angestellter |
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BVerwG, B, 22.03.06, - 6_P_10/05 -
(SH) MBG_§_8, MBG_§_84
Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein / Vorstand als Dienststellenleiter / Beteiligung eines Beschäftigten im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren / leitender Angestellter
1) Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig Holstein ist Dienststellenleiter nach § 8 Abs.5 Satz 1 MBG SH.
2) Streiten Dienststelle und Personalrat im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren darüber, ob eine bestimmte Beschäftigte leitende Angestellte nach § 84 Abs.1 MBG SH ist, so ist diese Beschäftigte nicht am Verfahren zu beteiligen.
3) Ein Beschäftigter ist leitender Angestellter im Sinne von § 84 Abs.1 Satz 1 Nr.1 MBG SH, wenn er nach Dienststellung und Dienstvertrag durch die Wahrnehmung von Schlüsselaufgaben kraft seiner leitenden Funktion maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Unternehmens ausübt, er dabei eigenen Entscheidungsspielraum hat und die Wahrnehmung von Leitungsaufgaben seine Tätigkeit prägt.
§§§
06.047 Objektiver Erklärungsgehalt |
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BVerwG, U, 22.03.06, - 2_WD_7/05 -
WStG_§_2 Nr.2; WDO_§_16 Abs.1, WDO_§_98 Abs.1, WDO_§_99 Abs.1, WDO_§_107 Abs.1
Anschuldigungsschrift / Bestimmtheit / Befehl / Generalprävention / Reisekostenabrechnung / Trennungsgeldabrechnung / militärische Ordnung
1) Zu den rechtlichen Anforderungen an eine Anschuldigungsschrift.
2) Die für einen militärischen Befehl erforderliche Anweisung eines Vorgesetzten mit Gehorsamsanspruch liegt nur dann vor, wenn dieser Anspruch nach dem Kontext und dem objektiven Erklärungsgehalt der Äußerung des militärischen Vorgesetzten eindeutig erkennbar ist.
3) Zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme bei einem nicht mehr der Wehrüberwachung unterliegenden früheren Soldaten.
§§§
06.048 Grundsätze der Menschlichkeit |
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BVerwG, U, 27.03.06, - 5_C_30/05 -
BVFG_§_5 Nr.1 Buchst.b
Menschlichkeit, Grundsätze der -/ Rechtsstaatlichkeit, Grundsätze der -/ Straftat, schwere - der allgemeinen Kriminalität / Unwürdigkeit, vertriebenenrechtliche -/ Verbrechen gegen die Menschlichkeit / Verstoß gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit
Ein Verstoß gegen die „Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit“ im Sinne des § 5 Nr.1 Buchst.b BVFG liegt unabhängig von der Schwere der Straftat nicht schon bei einem der allgemeinen Kriminalität zuzurechnenden Verhalten eines Einzelnen vor, durch das ein Rechtsgut eines einzelnen Dritten verletzt wird.
§§§
06.049 Zustimmung zur Sprungrevision |
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BVerwG, U, 27.03.06, - 6_C_27/05 -
VwGO_§_134 Abs.1, VwGO_§_134 Abs.5
Sprungrevision / Zustimmung zur Sprungrevision / Widerruf der Zustimmung / Zulassung der Berufung und der Revision
1) Die Zustimmung nach § 134 Abs.1 Satz 1 VwGO ist bis zur Einlegung der Sprungrevision grundsätzlich widerruflich.
2) Weist das Verwaltungsgericht eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts ab, hebt diesen aber auf den entsprechenden Hilfsantrag hin auf und lässt die Berufung und die Sprungrevision zu, so widerruft die Behörde, die der Sprungrevision bereits vor Erlass des Urteils zugestimmt hatte, ihre Zustimmung konkludent durch Einlegung der Berufung, wenn diese vor Einlegung der Sprungrevision erfolgt.
§§§
06.050 Verschlechterung des restituierten Grundstücks |
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BVerwG, B, 27.03.06, - 3_B_109/05 -
VwRehaG_§_2 Abs.4; VermG_§_7a Abs.2
Verwaltungsrechtliche Rehabilitierung / Folgeansprüche / zu berücksichtigende andere Ausgleichsleistungen / Vorteilsausgleich / Wertminderung / Ausgleichsfunktion / unterschiedliche Entschädigungsgegenstände / Ersatzgrundstück / Verkehrswert
Im Rahmen des § 2 Abs.4 VwRehaG berechtigt eine wegen zwischenzeitlicher Verschlechterung des restituierten Grundstücks nach wie vor bestehende Ausgleichsfunktion der seinerzeit gewährten Entschädigung zur Einbehaltung des Betrages, der auf die nach den damaligen Verhältnissen berechnete Wertminderung entfällt; sie lässt die Pflicht nach § 2 Abs.4 Satz 5 VwRehaG unberührt, den aktuellen Verkehrswert für Ersatzgrundstücke zu entrichten, an deren Eigentum festgehalten wird.
§§§
06.051 Regulierungsstreitigkeiten nach dem Postgesetz |
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BVerwG, B, 28.03.06, - 6_C_13/05 -
VwGO_§_124, VwGO_§_132 Abs.3, VwGO_§_134 Abs.1 S.1, VwGO_§_135, VwGO_§_144 Abs.5 S.1; (04) TKG_§_132, TKG_§_137 Abs.3 S.1; PostG_§_44
Streitigkeit nach dem Postgesetz / Urteil des Verwaltungsgerichts / Ausschluss der Berufung / Zulassung der Revision / Bindungswirkung der Revisionszulassung / Statthaftigkeit der Revision
1) In Regulierungsstreitigkeiten nach dem Postgesetz ist die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht durch Gesetz ausgeschlossen.
2) Die Bindungswirkung der Revisionszulassung nach § 132 Abs.3 VwGO beschränkt sich auf die Zulassungsentscheidung und erstreckt sich nicht auf die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Revision.
§§§
06.052 Ziviler Berufsabschluss |
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BVerwG, B, 28.03.06, - 1_WB_37/05 -
SG_§_27 Abs.1, SG_§_27 Abs.3; SLV_§_15, SLV_§_20
Laufbahn / Feldwebel / Zulassung / Eignung / ziviler Berufsabschluss.
Die Feststellung der fachlichen Leistungsfähigkeit im Hinblick auf eine bestimmte Ausbildungs- und Verwendungsreihe in einer Laufbahn der Feldwebel kann auf einen aus Sicht der Bundeswehr verwertbaren zivilen Berufsabschluss gestützt werden.
§§§
06.053 Freistellung vom militärischen Dienst |
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BVerwG, B, 28.03.06, - 1_WB_33/05 -
DVO-SVG_§_10 Abs.2
Freistellung vom militärischen Dienst / personeller Überhang / vorgezogene Berufsausbildung / Personalsituation / Bedarfsermittlung
Bei der Frage, ob ein dienstliches Interesse am Abbau eines personellen Überhangs besteht, handelt es sich nicht um einen der (vollen) gerichtlichen Nachprüfung unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff.
§§§
06.054 Einbürgerung eines Kindes |
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BVerwG, U, 29.03.06, - 5_C_4/05 -
StAG_§_4 Abs.3 Nr.1, StAG_§_40b; (65) AuslG_§_9, (90) AuslG_§_89 Abs.3
Aufenthalt, Rechtmäßigkeit des - als Einbürgerungsvoraussetzung / Aufenthaltserlaubnis, Erlöschen infolge Ungültigkeit des Passes / Einbürgerung, erleichterte - von Kindern / Kinder, erleichterte Einbürgerung von - / Pass, Ablauf der Gültigkeit des - und Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis / Passlosigkeit, Auswirkungen auf Einbürgerungsanspruch / Rechtmäßigkeit des Aufenthalts ausländischer Eltern als Voraussetzung für erleichterte Einbürgerung ihrer Kinder / Rechtmäßigkeit, Unterbrechung der - des Aufenthalts wegen Passlosigkeit / Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts infolge Passlosigkeit
Für eine Einbürgerung eines Kindes nach § 40b iVm § 4 Abs.3 StAG bleibt eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eines Elternteils außer Betracht, wenn die Unterbrechung darauf beruht, dass der Elternteil zeitweise nicht im Besitz eines gültigen Passes war (§ 89 Abs.3 AuslG 1990 analog).
§§§
06.055 Stiftungen des öffentlichen Rechts |
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BVerwG, U, 29.03.06, - 8_C_19/05 -
VermG_§_1 Abs.1 Buchst.a, VermG_§_2 Abs.1 S.1; EV_Art.21, EV_Art.22; VZOG_§_11
Enteignung / entschädigungslose Vermögensverschiebung / staatlicher Bereich
1) Stiftungen des öffentlichen Rechts gehören nicht zu den restitutionsberechtigten Rechtssubjekten im Sinne von Art.22 Abs.1 Satz 7 iVm Art.21 Abs.3 des Einigungsvertrages (wie Beschluss vom 10.Juli 1997 BVerwG 3 B 165.96 Buchholz 111 Art.21 EV Nr.23 S.30 ff).
2) Eine die Anwendung des Vermögensgesetzes verdrängende Vermögensverschiebung innerhalb des staatlichen Sektors der DDR setzt voraus, dass der betroffene Vermögenswert bereits vor seiner Überführung in das Eigentum des Volkes dem staatlich gelenkten Bereich zuzurechnen war.
3) Die Entschädigungslosigkeit der Enteignung erfüllt den Schädigungstatbestand des § 1 Abs.1 Buchst.a VermG. Ein bewusst (politisch) diskriminierendes Element muss insofern nicht hinzutreten.
§§§
06.056 Rückübertragung von Bruchteilseigentum |
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BVerwG, U, 29.03.06, - 8_C_10/04 -
VermG_§_1 Abs.1 Buchst.c; VermG_§_1 Abs.3; VermG_§_4 Abs.1
Rückübertragung / Restitution / Bestandskraft der Berechtigtenfeststellung / Aktenwidrigkeit / Grundstücksverkauf nach dem 23.November 1989 / ernstliche objektive Zwangslage / Übertragung von hälftigem Bruchteilseigentum / Übertragung eines in ehelicher Vermögensgemeinschaft gesamthänderisch gebundenen hälftigen Eigentumsanteils
Liegt eine Schädigung eines in ehelicher Vermögensgemeinschaft gesamthänderisch gebundenen Vermögenswertes nur hinsichtlich des Anteils eines Ehegatten vor, kann dies zur Rückübertragung von Bruchteilseigentum führen.
§§§
06.057 Verfolgungsvermutung |
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BVerwG, U, 29.03.06, - 8_C_15/05 -
VermG_§_1 Abs.6; REAO_Art.3 Abs.1, REAO_Art.3 Abs.2
Erbengemeinschaft / "rassisch gemischte" Erbengemeinschaft / Miterbenanteil / Verfolgungsvermutung / Nichtverfolgte / Kollektivverfolgung / Zwangsverkauf / Vermögensverlust, verfolgungsbedingter / Gesamthandsgemeinschaft / Bruchteilsgemeinschaft
Verkaufte während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft ein selbst nicht verfolgtes Mitglied einer Erbengemeinschaft zusammen mit einem kollektiv verfolgten Miterben einen Nachlassgegenstand, so gilt für ihn die erschütterbare Vermutung eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes.
§§§
06.058 Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters |
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BVerwG, B, 29.03.06, - 6_PB_2/06 -
BPersVG_§_9
Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters / maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit
Die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses; nach diesem Zeitpunkt frei werdende Arbeitsplätze sind nicht zu berücksichtigen.
§§§
06.059 Klageerhebung durch Computerfax |
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BVerwG, B, 30.03.06, - 8_B_8/06 -
VwGO_§_55a, VwGO_§_81;
Klageschrift / Schriftform / Computerfax / Funkfax / elektronisches Dokument / qualifizierte Signatur
1) Die Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes und des Bundesverwaltungsgerichts zu den Anforderungen an die wirksame Klageerhebung durch Computerfax findet auch auf die Übermittlung per „Funkfax“ Anwendung.
2) An dieser Rechtsprechung ist auch nach Einfügung des § 55a VwGO festzuhalten.
§§§
06.060 Dienststundenregelungen |
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BVerwG, U, 30.03.06, - 2_C_41/04 -
GG_Art.92, GG_Art.97, GG_Art.114; RPflG_§_9; (NW) LBG_§_58; (NW) AZVO_§_1 Abs.1, AZVO_§_1 Abs.2, AZVO_§_7
Arbeitszeit / Dienststunden / Gehorsamspflicht / Gewaltentrennung / gleitende Arbeitszeit / Rechtspfleger / Rechtspflegergesetz / Richter / richterliche Unabhängigkeit / Richterstatus / sachliche Unabhängigkeit / Weisungsunabhängigkeit
Rechtspfleger sind bei ihrer Tätigkeit von der Einhaltung gesetzlicher Dienststundenregelungen nicht befreit.
§§§
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