BVerwG | 1997 | 1-30 |
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[ 1996 ][ ][ » ][ 1998 ] | [ ] |
97.001 Nebenbestimmung |
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BVerwG, B, 03.01.97, - 4_B_230/96 -
NVwZ-RR_97,521
VwVfG_§_36
LF: Der Grundsatz des Planfeststellungsrechts, daß der Kläger keinen Anspruch auf Planaufhebung oder Planergänzung hat, wenn die Planfeststellungsbehörde ihm gegenüber verbindlich erklärt, Schutzvorkehrungen zu seinen Gunsten treffen zu wollen (BVerG, NVwZ_96,906), gilt auch für den baurechtlichen Nachbarschutz. Der Nachbar, der sich gegen ein Vorhaben zur Wehr setzt, hat keinen Anspruch darauf, daß bereits im Zeitpunkt der Erteilung einer die Baumaßnahme noch nicht freigebenden Baugenehmigung abschließend geklärt ist, ob er in seinen Rechten beeinträchtigt wird.
§§§
97.002 Abwehrrechte |
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BVerwG, B, 08.01.97, - 4_B_228/96 -
NVwZ-RR_97,522 (L)
BGB_§_242
LF: Die Möglichkeit der Verwirkung nachbarlicher Abwehrrechte bedeutet nicht, daß es Aufgabe der Nachbarn ist, gleichsam als Gehilfe der Bauaufsichtsbehörde die Einhaltung der Bauvorschriften durch seinen Nachbarn zu überwachen. Die Verwirkung nachbarlicher Abwehrrechte beruht vielmehr allein darauf, daß grundsätzlich zwar niemand eine Verletzung seiner eigenen Rechte hinzunehmen braucht, wer sich aber gegen Rechtsverletzungen wehren will, muß dies auch in angemessener Zeit tun. Das gilt auch und insbesondere für Rechtsverletzungen, die so geringfügig sind, daß sie ohne Hilfe eines Fachmannes nicht erkennbar sind; denn durch sie ist eine spürbare Verletzung eigener Rechte kaum vorstellbar.
§§§
97.003 Nachbarklage |
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BVerwG, B, 16.01.97, - 4_B_244/96 -
NVwZ_98,58
VwGO_§_43 Abs.2 S.1; (RP) LBO_§_8, LBO_§_65 Abs.2
1) Zur Zulässigkeit einer verwaltungsrechtlichen Feststellungsklage.
2) Wird der Inhalt der im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilten Baugenehmigung durch Landesrecht bestimmt, können auf Bauordnungsrecht beruhende Nachbarrechte durch die Baugenehmigung nicht verletzt sein, wenn über sie nicht in der Genehmigung entschieden worden ist. Macht der Nachbar geltend, durch nahbarschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften in seinen Rechten verletzt zu sein, kommt nur eine Verletzung durch das Vorhaben selbst, nicht eine Verletzung durch die (bauordnungsrechtliche Fragen ausklammernde) Genehmigung in Betracht.
§§§
97.004 Maß der baulichen Nutzung |
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BVerwG, B, 23.01.97, - 4_NB_7/96 -
NVwZ_97,903 -904
(90) BauNVO_§_17 Abs.3 (77) BauNVO_§_17 Abs.9
Mit der Ersetzung des Wortes "rechtfertigen" in § 17 Abs.9 BauNVO 1977 durch das Wort "erfordern" in § 17 Abs.3 BauNVO 1990 sind die inhaltlichen Anforderungen für eine Überschreitung der Obergrenzen des Maßes der baulichen Nutzung erhöht worden.
§§§
97.005 Auslegungsbekanntmachung |
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BVerwG, B, 28.01.97, - 4_NB_39/96 -
NVwZ-RR_97,514 -15
BauGB_§_3 Abs.2 S.2
Die Bekanntmachung der Auslegung des Bebauungsplanentwurfs darf mit den Hinweisen versehen werden,daß Bedenken und Anregungen "schriftlich oder zur Niederschrift" vorgetragen werden können und daß sie die volle Anschrift des Einwenders und "gegenenfalls" die genaue Bezeichnung des Grundstücks bzw des Gebäudes enthalten "sollten".
§§§
97.006 Dachgeschoßausbau |
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BVerwG, B, 30.01.97, - 4_B_172/96 -
NVwZ-RR_97,519 -20
BauGB_§_29 S.1, BauGB_§_34 Abs.1; VwGO_§_36 Abs.1 S.1, VwGO_§_63 Nr.4
LF 1) Ein von der Beteiligung in der Vorinstanz unabhängiges Beteiligungsrecht des Vertreters des öffentlichen Interesses im Verfahren vor dem BVerwG besteht nicht. Dies gilt auch für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (im Anschluß an BVerwGE_90,337 = NVwZ_93,182; BVerwG, NJW_94,3024 (3025))
LF 2) Gegenstand der baurechtlichen Beurteilung und Genehmigung bei einem Dachgeschoßaufbau ist nicht erstens ein Baukörper und zweitens die ihm nunmehr zugedachte Nutzung zu Wohnzwecken, sondern das Dachgeschoß gerade in seiner geänderten Funktion. Dies hat zur Folge, daß die Zulässigkeit der Nutzungsänderung auch im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung erneut zu beurteilen ist. Dem steht nicht entgegen, daß das Gebäude in seinen äußeren Abmessungen bereits bauaufsichtlich gnehmigt ist.
§§§
97.007 Sichtverbindung |
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BVerwG, U, 31.01.97, - 1_C_20/95 -
DÖV_97,739 -41
GewO_§_139h, GewO_§_139i; ArbStättV_§_7
1) Eine gewerbliche Anordnung zur Herstellung einer Sichtverbindung aus einem Arbeitsraum nach außen kann ihre Rechtsgrundlage in § 139i GewO iVm § 7 Abs.1 ArbStättV haben.
2) Die Arbeitsstättenverordnung ist auch nach Außerkrafttreten ihrer Ermächtigungsgrundlage anzuwendendes Recht. Der Verordnungsgeber brauchte sich bei Normierung von Arbeitsschutzvorschriften nicht an einem engen Verständnis des Begriffs der Gesundheit zu orientieren, sondern durfte auch psychische Zustände einbeziehen.
3) Die Arbeitsstätten-Richtlinie ASR 7/1 ist keine Rechtsnorm. Sie dient der Dokumentation der allgemeinen anerkannten sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen und hygienischen Regeln sowie der gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnis über Arbeitsstätten. Von ihr ist auszugehen, wenn und soweit keine Anhaltspunkte für Fehlbeurteilungen vorliegen.
§§§
97.008 Ausgleichsmaßnahmen |
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BVerwG, B, 31.01.97, - 4_NB_27/96 -
DÖV_98,128-20 (L) = NVwZ_97,1213 -14
BauGB_§_1; BNatSchG_§_8a
Sind aufgrund der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten, so verpflichtet § 8a Abs.1 S.1 BNatSchG die Gemeinde, zu ermitteln und zu entscheiden, ob vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen sind und ob und wie unvermeidbare Beeinträchtigungen auszugleichen oder durch Ersatzmaßnahmen zu kompensieren sind. Ermittlung und Entscheidung müssen den Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots entsprechen.
§§§
97.009 Bebauungsplan |
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BVerwG, B, 07.02.97, - 4_B_6/97 -
NVwZ-RR_97,513 -14
BauGB_§_10
LF: Ursächlich für das Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit kann nur ein in der tatsächlichen Entwicklung eingetretener Zustand sein, der es auf unabsehbare Zeit ausschließt, die planerische Gesamtkonzeption oder das mit einer Festsetzung verfolgte Planungsziel zu verwirklichen (im Anschluß an BVerwG, NVwZ_94,281).
§§§
97.010 Bauvorhaben-ungenehmigt |
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BVerwG, B, 11.02.97, - 4_B_10/97 -
NVwZ_98,174 (L) = NJW_98,329
BGB_§_242
LF: Materielle Abwehrrechte des Nachbarn können auch gegenüber ungenehmigten Bauvorhaben verwirkt werden. Dies folgt aus dem besonderen nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis, das von den Nachbarn nach Treu und Glauben gesteigerte Rücksichtnahmen aufeinander fordert.
§§§
97.011 Emissionsdaten |
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BVerwG, U, 13.02.97, - 7_C_47/95 -
DÖV_97,736 -39
BImSchG_§_29, BImSchG_§_31, BImSchG_§_52
Der Betreiber einer Großfeuerungsanlage darf verpflichtet weren, der Überwachungsbehörde die kontinuierliche aufzuzeichnenden Emissionsdaten im Wege der Datenfernübrtragung zu übermitteln.
§§§
97.012 Bebauungsplan |
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BVerwG, B, 17.02.97, - 4_B_16/97 -
NVwZ-RR_97,512 -13
GG_Art.14 Abs.1; BauGB_§_1 Abs.3, BauGB_§_1 Abs.5 S.2 Nr.4; BauGB_§_31 Abs.2; VwGO_§_132 Abs.2 Nr.2
LF 1) Die Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans läßt sich nicht allein mit dem Hinweis darauf in Frage stellen, daß der Planinhalt mit den tatsächlichen Verhältnissen im Plangebiet nicht (voll) übereinstimmt.
LF 2) Zur anfänglichen und nachträglichen Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen.
LF 3) Zur Frage, wieviel Garagenstellplätze je Wohnung eine angemessene Grundstücksnutzung erfordert.
§§§
97.013 Gebäudeabbruch |
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BVerwG, B, 18.02.97, - 4_B_207/96 -
NVwZ-RR_97,521 (L)
BauGB_§_35 Abs.4 Nr.3
LF: Der über die erteilte Baugenehmigung hinausgehende Abbruch eines Gebäudes stellt kein "außergewöhnliches Ereignis" iS des § 35 Abs.4 Nr.3 BauGB dar. Dabei ist es ohne Belang, ob die Handlungsweise des Architekten vom Auftrag des Bauherrn gedeckt ist.
§§§
97.014 B-Plan-Teilnichtigkeit |
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BVerwG, B, 25.02.97, - 4_NB_30/96 -
NVwZ_896 -99
VwGO_§_47, VwGO_§_154 Abs.2; BauGB_§_2 Abs.4, BauGB_§_9 Abs.1 Nr.1, BauGB_§_10, BauGB_§_11 Abs.1, BauGB_§_11 Abs.3; BauNVO_§_1 Abs.5
1) Zum Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens kann der Antragsteller - ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis vorausgesetzt - nicht nur den im Zeitpunkt der Normenkontrollentscheidung geltenden Bebauungsplan machen, sondern auch einen einzelnen Änderungs- oder Ergänzungsplan oder eine vor einer Änderung geltende Fassung.
2) Wird die Geltendmachung eines eine Festsetzung betreffenden Rechtsfehlers eines Bebauungsplans durch die höhere Verwaltungsbehörde im Anzeigeverfahren gemäß § 11 BauGB mit einem Hinweis verbunden, daß die Beanstandung durch eine bestimmte Änderung des Plans gegenstandslos wird, bedarf es, um einen wirksamen Bebauungsplan zustande kommen zu lassen, eines entsprechenden Satzungs-(Beitritts-)Beschlusses der Gemeinde (im Anschluß an BVerwGE_75,262 = NJW_87,1346).
3) Ob die (fehlerhafte) Festsetzung eines obersten Geschosses (nur) als Dachgeschoß zur Gesamt- oder Teilnichtigkeit des Bebauungsplans führt, ist nach den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen (vgl Buchholz 310 §§ 47 VwGO Nrn75 und 77 = NVwZ_94,272) durch Auslegung zu ermitteln.
4) Führt ein Normenkontrollantrag zur Feststellung (nur) der Teilnichtigkeit eines Bebauungsplans, so hat der die Gesamtnichtigkeit begehrende Antragsteller die Kosten des Normenkontrollverfahrens anteilig zu tragen, wenn die vom Normenkontrollgericht festgestellte Teilnichtigkeit dem Antragsteller nicht oder nicht in dem angestrebten Maße nutzt (im Anschluß an BVerwGE_88,268 = NVwZ_92,374).
§§§
97.015 Form- + Verfahrensfehler |
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BVerwG, B, 25.02.97, - 4_NB_40/96 -
NVwZ_97,893 -96
BauGB_§_1 Abs.6, BauGB_§_214 Abs.1, BauGB_§_214 Abs.3 S.1, BauGB_§_215 Abs.1, BauGB_§_215 Abs.3 S.1, BauGB_§_244 Abs.2
1) Die Sieben-Jahres-Frist des § 244 Abs.2 S.1 BauGB für die Unbeachtlichkeit eines Abwägungsmangels hat auch dann am 01.07.87 zu laufen begonnen, wenn der vor diesem Datum bekanntgemachte Bebauungsplan an einem gemäß § 215 Abs.3 S.1 BauGB behebbaren Ausfertigungsmangel leidet.
2) Die Gemeinde hat die Wahl, ob sie einen Verfahrens- oder Fromfehler, der zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führt, nach § 215 Abs.3 S.1 BauGB behebt oder zum Anlaß dafür nimmt, ein neues Bauleitplanungsverfahren einzuleiten.
3) Ein auf der Grundlage des § 215 Abs.3 S.1 BauGB in Kraft gesetzter Bebauungsplan ist nicht allein deshalb nichtig, weill die Gemeinde trotz nachträglicher Änderung der Sach- oder Rechtslage keine erneute Abwägungsentscheidung getroffen hat.
4) Ein wegen eines Form- oder Verfahrensfehlers ungültiger Bebauungsplan kann nicht nachträglich (wirksam) durch Nachholung des Verfahrens gemäß § 215 Abs.3 S.1 BauGB in Kraft gesetzt werden, wenn sich die Verhältnisse so grundlegend verändert haben, daß er inzwischen einen funktionslosen Inhalt hat oder das ursprüngliche unbedenkliche Abwägungsergebnis jetzt unverhältnismäßig und deshalb nicht mehr haltbar ist.
§§§
97.016 Gerichtsentscheidungen |
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BVerwG, U, 26.02.97, - 6_C_3/96 -
DVBl_97,1228 -31
GG_Art.3, GG_Art.5, GG_Art.20, GG_Art.92; UrhG_§_5
1) Die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen ist eine öffentliche Aufgabe. Es handelt sich um eine verfassungsumittelbare Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt und damit eines jeden Gerichts. Zu veröffentlichen sind alle Entscheidungen, an deren Veröffentlichung die Öffentlichkeit ein Interesse hat oder haben kann. Veröffentlichungswürdige Entscheidungen sind durch Anonymisierung bzw Neutralisierung für die Herausgabe an die Öffentlichkeit vorzubereiten.
2) Die anschließende Veröffentlichung als solche muß nicht durch die Gerichte selbst geschehen, sondern kann durch Organisationsakt auch der privaten Initiative Interessierter einschließlich der beteiligten Richter überlassen werden.
3) Bei der Herausgabe von Gerichtsentscheidungen zu Zwecken der Veröffentlichung obliegt den Gerichten eine Neutralitätspflicht. Ihr entspricht ein Anspruch der Verleger von Fachzeitschriften wie auch von sonstigen Publikationsorganen auf Gleichbehandlung im publizistischen Wettbewerb.
4) Die Übersendung von Gerichtsentscheidungen an Dauerbezieher muß möglichst gleichzeitig erfolgen. Die Herausgabe an Private einschließlich der privat tätigen Richter darf nicht so organisiert werden, daß bestimmte Verlage einen Wettbewerbsvorsprung erlangen können.
5) Bei der Herausgabe darf nicht nach dem wissenschaftlichen Niveau der zu beliefernden Presseorgane unterschieden werden. (Änderung der Rspr, vgl Beschluß vom 01.12.92 - 7_B_170/92 -, Buchholz 11 Art.3 GG Nr.378)
§§§
97.017 Ergänzungs-+ Ausgleichsaufgaben |
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BVerwG, B, 28.02.97, - 8_N_1/96 -
DVBl_97,1071/12 (L)
GG_Art.28
1) Landkreise müssen sich von Verfassungs wegen nicht auf die Wahrnehmung von und die Beteiligung an solchen örtlichen (gemeindlichen) Aufgaben beschränken, die die Gemeinden ordnungsgemäß zu erledigen verpflichtet sind. Die verfassungsrechtliche Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung (Art.28 Abs.2 Satz 1 GG) hindert den Landesgesetzgeber nicht daran, den Kreisen mittels einer an die mangelende Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden anknüpfenden Generalklausel Aufgaben zuzuweisen, die herkömmlich mit dem Begriff "Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben" unschrieben werden (im Anschluß an den Beschluß des 7.Senats vom 24.04.96 - 7_NB_2/95 -, Buchholz 11 Art.28 GG Nr.105 = DVBl_96,1062).
2) Die Kreise dürfen im Rahmen ihrer Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben auch Zuschüsse an kreisangehörige Gemeinden oder an private Dritte gewähren. Zuschüsse an die Gemeinden dürfen für bestimmte Zwecke gewährt werden. Die Zuschussgewährung setzt nicht den Erlaß einer besonderen Förderungssatzung voraus (Bestätigung der Rspr im Beschluß des 7.Senats vom 24.04.96 aaO).
§§§
97.018 Stellplatz |
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BVerwG, B, 04.03.97, - 4_B_233/96 -
NVwZ_899 (L)
BauGB_§_29, BauGB_§_30; BauNVO_§_12 Abs.6
1) Auch bauliche Anlagen, die keiner bauaufsichtlichen Genehmigung, Zustimmung oder Anzeige bedürfen, sind im Geltungsbereich eines Bebauungsplans unzulässig, wenn sie die Verwirklichung des Plans verhindern oder wesentlich erschweren oder dem Gebietscharakter widersprechen.
2) Die Nutzung eines bauaufsichtlich genehmigungsfreien Stellplatzes ist rechtswidrig und kann untersagt werden, wenn im Bebauungsplan gemäß § 12 Abs.6 BauNVO festgesetzt ist, daß Stellplätze unzulässig sind.
§§§
97.019 Friedhofserrichtung |
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BVerwG, B, 07.03.97, - 3_B_173/96 -
DVBl_97,1292 (L)
GG_Art.4, GG_Art.140; WRV_Art.137; (By) BestG_§_8
Ein Anspruch auf eine bestattungsrechtliche Genehmigung für die Errichtung eines Friedhofs läßt sich nicht auf Art.4 Abs.1 GG stützen.
§§§
97.020 Emissionsgrenzwert |
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BVerwG, B, 07.03.97, - 4_NB_38/96 -
NVwZ-RR_97,522
BauNVO_§_1 Abs.4
Die Festsetzung von Emissionsgrenzwerten durch einen flächenbezogenen Schalleistungspegel zur Gliederung von Baugebieten nach § 1 Abs.4 BauNVO ist grundsätzlich auch für Betriebe und Anlagen mit unterschiedlichem Emissionsverhalten (hier: einem Baugeschäft) zulässig.
§§§
97.021 Landesmedienanstalt |
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BVerwG, U, 19.03.97, - 6_C_8/95 -
MMR_98,55 (L) = NJW_97,3040 = DVBl_97,1231 -34
GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.5 Abs.1, GG_Art.19 Abs.4, GG_Art.30; VwGO_§_42 VwGO_§_113 Abs.1 S.1; (91) RfStV_§_19 Abs.1, RfStV_§_20, RfStV_§_21, RfStV_§_30, RfStV_§_35; (By) Verf_Art.111a; MStVBB_§_9 Abs.1
Die Landesmedienanstalten der Bundesländer haben aufgrund ihrer Letztverantwortung für die Rechtsmäßigkeit der in ihrem Sendegebiet ausgestrahlten Rundfunkprogramme gegenüber allen anderen Landesmedienanstalten eine verteidigungsfähige Rechtsposition; sie sind daher klagebefugt für eine Anfechtungsklage, mit der sie geltend machen, die für die Genehmigung eines bundesweit empfangbaren Rundfunkprogramms örtlich zuständige Landesmedienanstalt habe bei der Genehmigung die Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages über die Sicherung der Meinungsvielfalt verletzt.
§§§
97.022 Gesicherte med-Erkenntnisse |
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BVerwG, U, 26.03.97, - 6_C_7/96 -
NJW_97,3104 -10
GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.19 Abs.4; (87) AppOÄ_§_14; VwGO_§_86 Abs.1, VwGO_§_108 Abs.1 S.1 +2
1) Im Anwort-Wahl-Verfahren der Ärtzlichen Prüfung darf eine Antwort nicht als falsch gewertet werden, wenn sie " gesicherten medizinischen Erkenntnissen" entspricht, die im Fachschriftum bereits veröffentlicht und Kandidaten des entsprechenden Prüfungsabschnitts im Regelfall ohne besonder Schwierigkeiten zugänglich waren (vgl BVerfGE_84,59 = NJW_91,2008 = NVwZ_91,870 (L)).
2) Zu diesem Fachschriftum zählt nicht allein die Lehrbuch- und Ausbildungsliteratur, sondern auch die sogenannte Primärliteratur einschließlich des fremdsprachigen Fachschrifttums unter der Voraussetzungen, daß die dort veröffentlichten Erkenntnisse wenigstens von Teilen der medizinischen Lehrbuchliteratur aufgenommen und als zumindest vertretbar anerkannt worden sind.
3) In jedem Fall muß der Prüfling substanntiiert darlegen, daß und warum sich aus dem in Bezug genommenen Fachschrifttum die Richtigkeit oder zumindest Vertretbarkeit der von ihm gewählten Antwort ergibt.
§§§
97.023 Innenbereich-Außenbereich |
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BVerwG, B, 01.04.97, - 4_B_11/97 -
NVwZ_97,899 -900
BauGB_§_34 Abs.1, BauGB_§_35 Abs.2, BauGB_§_35 Abs.3
1) Die Abgrenzung zwischen (§ 34 BauGB) und Außenbereich (§ 35 BauGB) läßt sich nicht unter Anwendung geographisch-mathematischer Maßstäbe allgemein bestimmen. Zu einer sachgerechten Entscheidung führt nur eine die gesamten örtlichen Verhältnisse würdigende Betrachtung.
2) Darstellungen eines Flächennutzungsplans fehlt nicht schon deshalb die Eignung als einem Außenbereichsvorhaben widersrechenden öffentliche Belange iSd § 35 Abs.3 BauGB, weil die Darstellungen nicht mit der gegenwärtigen tatsächlichen Situation übereinstimmen.
§§§
97.024 Bebauungsplandokument |
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BVerwG, B, 01.04.97, - 4_B_206/96 -
NVwZ_97,890 -893
GG_Art.14 Abs.1 S.2; BauGB_§_10, BauGB_§_12, BauGB_§_29; VwGO_§_86 Abs.1, VwGO_§_108 Abs.1 S.1, VwGO_§_132 Abs.2; ZPO_§_377 Abs.3
1) Der Verlust des Bebauungsplandokuments führt nicht schon für sich allein zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des Bebauungsplans (im Anschluß an BVerwG, Buchholz 406.11_§_10 BauGB_Nr.30 = NVwZ_94,281).
2) Wer sich für die Zulässigkeit eines Vorhabens auf ihn günstige Festsetzungen eines Bebauungsplans beruft, trägt - grundsätzlich - die Beweislast für deren Vorhandensein. Die Mißachtung organisatorischer Vorsorge gegen den Verlust von Planunterlagen auf behördlicher Seite kann zu einer Beweislastumkehr oder zu Beweiserleichterungen zugunsten des Bauwerbers führen.
3) Der Verlust des Plandokuments ist kein Grund, abstrakt die Möglichkeit von Mängeln im Rechtssetzungsverfahren zu unterstellen. Die Frage des rechtsgültigen Zustandekommens des Bebauungsplans hat das Gericht nur nachzugehen, wenn es aufgrund konkreter Umstände begründeten Anlaß für die Annahme gibt, der - im Wege der Beweiserhebung "rekonstruierte" - Bebauungsplan oder in ihm getroffene Festsetzungen seien fehlerhaft zustande gekommen (im Anschluß an BVerwG, Buchholz 406.11 § 10 BBauG Nr.10).
4) Die durch den Verlust der Planurkunde eingetretene Rechtsunsicherheit kann - konstitutiv - durch ein förmliches Verfahren der Aufhebung des Plans (§ 2 Abs.4 BauGB) oder der Aufstellung eines neuen Bebauungsplan beseitigt werden.
§§§
97.025 Form- + Verfahrensfehler |
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BVerwG, B, 07.04.97, - 4_B_64/97 -
NVwZ-RR_97,515
BauGB_§_10, BauGB_§_215 Abs.3
§ 215 Abs.3 BauGB fordert für die nachträgliche Inkraftsetzung eines wegen eines Ausfertigungsmangel ungültigen Bebauungsplans keinen erneuten Satzungsbeschluß gemäß § 10 BauGB und damit auch keine erneute Abwägung (im Anschluß an BVerwG, Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr.6 = NVwZ_96,890; BVerwG, NVwZ_97,893).
§§§
97.026 Zustellung-öffentliche |
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BVerwG,, U, 18.04.97, - 8_C_43/95 -
DVBl_98,243-15 (L)
AO_§_1 AO_§_94, AO_§_119, AO_§_122, AO_§_124, AO_§_191; VwZG_§_9, VwZG_§_15
Die Anforderungen an den notwendigen Inhalt und die gebotene Bestimmtheit eines auf § 191 AO iV mit den Vorschriften des AnfG gestützten Duldungsbescheides entsprechen den Voraussetzungen, die an die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Anfechtungsklage gestellt werden. Demgemäß muß ein solcher Duldungsbescheid wegen Gewerbesteuerschulden die zu befriedigende (Gewerbesteuer-) Forderung - ggf aufgeschlüsselt nach Erhebungszeiträumen -, den Anfechtungsgrund - dh den die Duldungsverpflichtung tragenden gesetzlichen Anfechtungstatbestand -, den zurückzugewährenden Gegenstand sowie die Art und Weise näher angeben, wie die Rückgewährung erfolgen soll.
§§§
97.027 Wahlempfehlungen |
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BVerwG, U, 18.04.97, - 8_C_5/96 -
DVBl_97,1276 -78
GG_Art.5, GG_Art.20, GG_Art.28, GG_Art.38; (By) GwG_§_3f, LKrWG_§_7 (SL) KSVG_§_29)
Wahlempfehlungen zugunsten einer Partei oder eines Wahlbewerbers, die ein Bürgermeister in amtlicher Eigenschaft abgibt, werden nicht durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art.5 Abs.1 Satz 1 GG) gedeckt. Sie verstoßen vielmehr gegen die den Gemeinden und ihren Organen durch das bundesverfassungsrechtliche Gebot der freien Wahl auch im Kommunalwahlkampf auferlegte Neutralitätspflicht.
§§§
97.028 Amtlicher Anzeiger |
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BVerwG, U, 23.04.97, - 11_A_7/96 -
DVBl_97,1119 -21
GG_Art.19; UVP-RL_Art.6; VwVfG_§_73 ff; AEG_§_20
1) Was als ortsübliche Bekanntmachung iSd § 73 Abs.5 Satz 1 VwVfG iV mit § 20 Abs.1 Nr.2 Satz 2 AEG anzusehen ist, ergibt sich primär aus den dafür maßgeblichen Normen des Landes-oder Ortsrechts.
2) Reicht danach die Veröffentlichung im Bekanntmachungsteil eines von der Gemeinde herausgegebenen Amtlichen Anzeigers aus, so verstößt die sich daraus ergebende Obliegenheit jedes ortsansässigen Grundstückseigentümers, zur Vermeidung der Präklusion sein Grundstück betreffende Bekanntmachung dieser Art zur Kenntnis zu nehmen und erforderlichenfalls fristgerecht Einwendungen zu erheben, nicht gegen Art.19 Abs.4 GG.
3) Ist die Bekanntmachung der Auslegung des Plans allein im Amtlichen Anzeiger ortsüblich, so verstößt es nicht gegen Art.6 der UVP-RL, wenn sich die Unterrichtung der Öffentlichkeit von dem Projekt auf diese Bekanntmachung und die anschließende Auslegung beschränkt.
4) Er Einwendungsausschluß nach § 20 Abs.2 Satz 1 AEG ist auch dann nicht verfassungswidrig, wenn er im konkreten Fall zum Ausschuß grundrechtsrelevanter Einwendungen führt.
5) Aus der UVP-RL ergibt sich nicht, daß im gerichtlichen Verfahren unabhängig von dem in § 20 Abs.2 Satz 1 AEG angeordneten Einwendungsausschluß in der Sache geprüft werden muß, ob ein planfestgestelltes Vorhaben die Gesundheit des Klägers gefährdet.
6) Maßgeblich für die Begründetheit einer auf § 74 Abs.2 VwVfG gestützten Verpflichtungsklage auf Planergänzung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses.
§§§
97.029 Einweggeschirr |
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BVerwG, U, 23.04.97, - 11_C_4/96 -
DVBl_97,1118 -19 = DÖV_97,915 -16
GG_Art.72; VwGO_§_113; AbfG_§_1a, AbfG_§_14; VerpackV_§_2
1) Mit dem AbfG vom 27.08.86 (BGBl I S.1410) und der VerpackV vom 12.06.91 (BGBl I S.1234) hat der Bund die Vermeidung von Verpackungsabfall abschließend geregelt.
2) Nach dieser Regelung, die keinen Raum für landes- oder ortsrechtliche Ergänzungen läßt, war die Verwendung von Einweggeschirr und -besteck nicht verboten.
3) Die Gemeinden waren deshalb nicht befugt, allein zum Zwecke der Abfallvermeidung im Rahmen einer Sondernutzungserlaubnis zu fordern, daß nur Mehrweggeschirr und -besteck verwendet wird.
§§§
97.030 Arbeitskreis Nicaragua |
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BVerwG, U, 29.04.97, - 1_C_2/95 -
NJW_97,2534 -36 = JA_98,286
VwGO_§_43, VwGO_§_113 Abs.1 S.4; (BW) PolG_§_45, PolG_§_46; (BW) LDSG_§_17 Abs.5
1) Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes verdeckter Ermittler kann auch demjenigen zustehen, in dessen Privatspähre die verdeckten Ermittler eingedrungen sind, um Daten zur Absicherung ihrer Legende zu erheben; auf eine diskriminierende Wirkung des Einsatzes kommt es nicht an.
2) Wer die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes verdeckter Ermittler begehrt, um Genugtuung für den mit der Verletzung seiner Privatspähre verbundenen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht zu erlangen, kann nicht unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage darauf verwiesen werden, die Rechtswidrigkeit des Einsatzes als Vorfrage in einem auf Datenauskunft und -löschung gerichteten Verwaltungsrechtsstreit klären zu lassen.
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[ 1995 ] | BVerwG - 1996 (1-30) | [ 1997 ][ ] |
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