BVerwG | 2006 (7) | 181-210 |
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06.181 Entsorgungsvertrag |
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BVerwG, B, 14.09.06, - 9_B_2/06 -
GG_Art.28 Abs.2, GG_Art.101 Abs.1 S.2; VwGO_§_11, VwGO_§_12 Abs.2, VwGO_§_12 Abs.3, VwGO_§_132 Abs.2 Nr.3, VwGO_§_138 Nr.1; (NW) KAG_§_6, KAG_§_8 Abs.2, KAG_§_8 Abs.4 S.5; (NW) GO_§_107 ff
Straßenbaubeitrag / Stadtwerke / nichtwirtschaftliche kommunale Einrichtung / beitragsfähiger Aufwand / Selbstkostenpreis / Entgeltanteil / Gewinnzuschlag / Regiekostenaufschlag / Unternehmerwagnis / Gewinnerzielung / öffentliches Preisrecht / Selbstverwaltungsgarantie / Kernbereich / Organisationshoheit / Verfahrensfehler / absoluter Revisionsgrund / gesetzlicher Richter / unterbliebene Vorlage / Großer Senat / Abweichung/ Divergenz
1) Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie in ihrer Ausprägung als Organisationshoheit der Gemeinde wird nicht verletzt, wenn es nach der maßgeblichen Auslegung des Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht (hier: der §§ 107 ff GO NRW und § 8 Abs.4 Satz 5 KAG NRW) einer Gemeinde nicht gestattet ist, in einem Entsorgungsvertrag mit einer von ihr mehrheitlich beherrschten nichtwirtschaftlichen kommunalen Einrichtung (Stadtwerke AG) über die Durchführung der Aufgabe der Straßenentwässerung als Entgeltanteil einen kalkulatorischen Gewinnzuschlag zu vereinbaren und diesen im Rahmen der Erhebung von Straßenbaubeiträgen als beitragsfähigen Aufwand auf die Abgabenschuldner abzuwälzen.
2) Die Nichtvorlage einer Sache an den Großen Senat eines Oberverwaltungsgerichts kann einen im Rahmen der Zulassung der Revision rügefähigen Verfahrensfehler iSv § 132 Abs.2 Nr.3 VwGO darstellen.
3) Ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter durch Nichtvorlage einer Sache an den Großen Senat des Oberverwaltungsgerichts wegen Abweichung von einer Entscheidung eines anderen Senats (§ 12 Abs.1 iVm § 11 Abs.2 und 3 VwGO) setzt voraus, dass es sich um eine Divergenz in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage bei Anwendung ein und derselben Norm des Landesrechts handelt.
§§§
06.182 Folgenbeseitigungsantrag |
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BVerwG, B, 20.09.06, - 1_WB_54/05 -
VwGO_§_113 Abs.1 S.2; SG_§_10 Abs.3; WBO_§_13 Abs.1 S.1
Folgenbeseitigungsanspruch / Fürsorgepflicht / Widerruf unwahrer Tatsachenbehauptungen
Die Zulässigkeit eines Folgenbeseitigungsantrages setzt im Wehrbeschwerdeverfahren voraus, dass er zusammen mit der angefochtenen Maßnahme geltend gemacht wird.
§§§
06.183 Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör |
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BVerwG, B, 20.09.06, - 1_WB_1/06 -
WBO_§_18 Abs.2 S.5; VwGO_§_152a; GG_Art.101 Abs.1, GG_Art.103 Abs.1
Außerordentliche Beschwerde / Gegenvorstellung / rechtliches Gehör / gesetzlicher Richter / Anhörungsrüge
Auch im Wehrbeschwerdeverfahren vor dem Truppendienstgericht kann ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör oder auf den gesetzlichen Richter nur im Wege der Rüge gegenüber dem Truppendienstgericht geltend gemacht werden; eine außerordentliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ist nicht statthaft.
§§§
06.184 Beförderung-freigestellte Mitglieder |
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BVerwG, U, 21.09.06, - 2_C_13/05 -
BRRG_§_12 Abs.2 Nr.4; BPersVG_§_107; (RP) LBG_§_12; (RP) PersVG_§_39 Abs.1
Beförderung freigestellter Personalratsmitglieder / Benachteiligungsverbot für / laufbahnrechtliche Erprobung / fiktive Laufbahnnachzeichnung
Vom Dienst freigestellte Mitglieder von Personalvertretungen sind vor einer Beförderung nicht ausnahmslos verpflichtet, die Aufgaben eines höherwertigen Dienstpostens zum Zwecke der Erprobung tatsächlich wahrzunehmen und damit auf die Freistellung zu verzichten.
§§§
06.185 Geltendmachung von Besoldungsansprüchen |
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BVerwG, U, 21.09.06, - 2_C_7/06 -
BBVAnpG_99_Art.9 § 1 Abs.1; (By) VwVfG_§_32
Zeitvorgabe für die Geltendmachung von Besoldungsansprüchen nach Art.9 § 1 Abs.1 Satz 2 BBVAnpG 99 / Wiedereinsetzung in den vorigen Stand / gesetzliche Frist / Anspruchsvoraussetzung in Gestalt einer einzuhaltenden Zeitspanne / irreführende Darstellung der Rechtslage in einem verwaltungsinternen Schreiben / Abdruck einer verwaltungsinternen Äußerung in einem Mitteilungsblatt eines Berufsverbandes ohne Zutun des Dienstherrn / kein Vertrauensschutz des Beamten
1) Der Zeitraum, innerhalb dessen Beamte mit drei und mehr Kindern nach Art.9 § 1 Abs.1 Satz 2 BBVAnpG 99 ihren Anspruch auf zusätzliche Besoldung geltend zu machen hatten, ist keine gesetzliche Frist, bei deren Versäumung Wiedereinsetzung gewährt werden kann (wie Urteile vom heutigen Tage BVerwG 2 C 5.06 und BVerwG 2 C 6.06).
2) Der Dienstherr verletzt seine Pflicht, Informationen und Belehrungen seiner Beamten über die Rechtslage unmissverständlich und eindeutig zu formulieren, nicht dadurch, dass er eine verwaltungsinterne, nur zur Unterrichtung der Behörden bestimmte Verlautbarung, die dem Beamten ohne Zutun des Dienstherrn zur Kenntnis gelangt ist (hier: durch Abdruck in dem Mitteilungsblatt eines Berufsverbandes), missverständlich und mehrdeutig abfasst.
§§§
06.186 Schutz vor unzumutbarem Lärm |
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BVerwG, U, 21.09.06, - 4_C_4/05 -
LuftVG_§_8, LuftVG_§_9, LuftVG_§_71 Abs.2; (NW) VwVfG_§_74, VwVfG_§_75
Fiktive Planfeststellung / nachträgliche Schutzvorkehrungen / Genehmigungsergänzungsanspruch / passiver Lärmschutz / fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle / kompensatorische technische Belüftungseinrichtungen / angemessene Befriedigung der Wohnbedürfnisse / Möglichkeit des Schlafens bei gekipptem Fenster / Berücksichtigung einer tatsächlichen Vorbelastung / maßgeblicher Zeitpunkt der Bebaubarkeit eines Grundstücks
1) Zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse, die ein Planfeststellungsbeschluss für die Anlegung eines neues oder die wesentliche Änderung eines bestehenden Flughafens gewährleisten muss, gehört grundsätzlich auch die Möglichkeit, bei ausreichender Luftzufuhr, d.h. bei gekipptem Fenster störungsfrei zu schlafen. Dies gilt regelmäßig auch für Schlafräume, die durch Fluglärm oder andere Geräusche vorbelastet sind.
2) Müssen zum Schutz vor unzumutbarem Lärm die Fenster der Schlafräume geschlossen werden, haben die Betroffenen einen kompensatorischen Anspruch auf den Einbau technischer Belüftungseinrichtungen.
§§§
06.187 Verwendungseinkommen |
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BVerwG, U, 21.09.06, - 2_C_22/05 -
LuftVG_§_8, LuftVG_§_9, LuftVG_§_71 Abs.2; (NW) VwVfG_§_74, VwVfG_§_75
Fiktive Planfeststellung / nachträgliche Schutzvorkehrungen / Genehmigungsergänzungsanspruch / passiver Lärmschutz / fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle / kompensatorische technische Belüftungseinrichtungen / angemessene Befriedigung der Wohnbedürfnisse / Möglichkeit des Schlafens bei gekipptem Fenster / Berücksichtigung einer tatsächlichen Vorbelastung / maßgeblicher Zeitpunkt der Bebaubarkeit eines Grundstücks
1) Das Einkommen aus der Tätigkeit als Pfarrer der Evangelisch-lutherischen Kirche … ist Verwendungseinkommen iSd § 53 Abs.8 Satz 2 BeamtVG.
2) Der vollständige Wegfall des versorgungsrechtlichen Mindestbelassungsbetrages, der nach § 53 Abs.5 Satz 2 BeamtVG an ein derartiges Verwendungseinkommen anknüpft, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
§§§
06.188 Fernstraßenrechtliches Anbauverbot |
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BVerwG, U, 21.09.06, - 4_C_9/05 -
FStrG_§_1 Abs.2, FStrG_§_1 Abs.3, FStrG_§_5 Abs.4, FStrG_§_9 Abs.1, FStrG_§_9 Abs.2, FStrG_§_9 Abs.6, FStrG_§_9 Abs.7, FStrG_§_9 Abs.8; BauGB_§_25 Abs.1
Anbauverbot / Anlage der Außenwerbung / Werbeanlage / Ortsdurchfahrt / Hochbauten / bauliche Anlage / Bebauungsplan
1) Die für Ortsdurchfahrten geltenden Einschränkungen des fernstraßenrechtlichen Anbauverbots (§ 9 Abs.1 Satz 1 Nr.1 FStrG) beziehen sich nicht auf Bundesautobahnen.
§§§
06.189 Zeitvorgabe für die Geltendmachung von Besoldungsansprüchen |
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BVerwG, U, 21.09.06, - 2_C_6/06 -
BBVAnpG_99_Art.9 § 1 Abs.1; (By) VwVfG_§_32; VwGO_§_108 Abs.1 S.1
Zeitvorgabe für die Geltendmachung von Besoldungsansprüchen nach Art.9 § 1 Abs.1 Satz 2 BBVAnpG 99 / Wiedereinsetzung in den vorigen Stand / gesetzliche Frist / Anspruchsvoraussetzung in Gestalt einer einzuhaltenden Zeitspanne / Verschulden des Dienstherrn bei Erteilung einer irreführend formulierten Information über die Rechtslage / Kollegialgerichtsregel / Anforderung an die Kollegialgerichtsentscheidung / Beweismaß der Glaubhaftmachung und der richterlichen Überzeugungsgewissheit
Der Zeitraum, innerhalb dessen Beamte mit drei und mehr Kindern nach Art.9 § 1 Abs.1 Satz 2 BBVAnpG 99 ihren Anspruch auf zusätzliche Besoldung geltend zu machen hatten, ist keine gesetzliche Frist, bei deren Versäumung Wiedereinsetzung gewährt werden kann (Wie Urteil vom heutigen Tage BVerwG 2 C 5.06).
§§§
06.190 Einkommensberechnung nach dem BAföG |
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BVerwG, U, 25.09.06, - 5_C_27/04 -
(98) BAföG_§_§ 21 Abs.1 S.3 Nr.2; GG_Art.3 Abs.1
Einkommensberechnung nach dem BAföG / Berücksichtigung von Sonderausgaben nach § 10e EStG für eine selbstgenutzte Wohnung in einem eigenen Haus / Sonderausgaben nach § 10e EStG / Berücksichtigung von bei einer selbstgenutzten Wohnung in einem eigenen Zweifamilienhaus bei der Einkommensberechnung nach dem BAföG / verfassungskonforme Auslegung
§ 21 Abs.1 Satz 3 Nr.2 BAföG ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass mit dem Begriff des selbstgenutzten Einfamilienhauses auch eine selbstgenutzte Wohnung im eigenen Zweifamilienhaus erfasst wird.
§§§
06.191 Historienspektakel |
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BVerwG, U, 26.09.06, - 2_WD_2/06 -
GG_Art.87a Abs.1, GG_Art.87a Abs.2, GG_Art.87a Abs.3, GG_Art.87a Abs.4, GG_Art.35 Abs.2, GG_Art.35 Abs.3, GG_Art.24 Abs.1, GG_Art.65a; SG_§_10 Abs.4, SG_§_11 Abs.1, SG_§_7; WDO_§_38 Abs.1; WStG_§_2 Nr.2
Zulässige Aufgaben der Bundeswehrstreitkräfte / Grenzen der Befehlsbefugnis / zulässige Einsätze der Bundeswehrstreitkräfte / sonstige Verwendungen der Bundeswehrstreitkräfte / Öffentlichkeitsarbeit / dienstliche Zwecke / Ungehorsam / Befehl / Befehlscharakter ministerieller Erlasse / Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt / bedingter Vorsatz; mangelnde Dienstaufsicht
1) Ein militärischer Befehl ist ausschließlich dann „nur zu dienstlichen Zwecken“ (§ 10 Abs.4 SG) erteilt, wenn ihn der militärische Dienst erfordert, um die im Grundgesetz abschließend für „Einsätze“ oder für sonstige zulässige Verwendungen normierten Aufgaben der Streitkräfte der Bundeswehr zu erfüllen.
2) Für den „Einsatz“ der Bundeswehrstreitkräfte im In- und Ausland hat das Grundgesetz abschließende Regelungen in Art.87a, Art.35 Abs.2 und 3 sowie Art.24 Abs.2 GG getroffen; dabei geht es nur um ihre Verwendung als Teil der vollziehenden Gewalt.
3) Zu den nach dem Grundgesetz zulässigen Befugnissen der Bundeswehrstreitkräfte gehört zwar auch die Öffentlichkeitsarbeit. Allerdings gilt dies nicht für jede Verwendung von Personal oder Material der Streitkräfte, die für diese eine positive Resonanz oder einen „Imagegewinn“ in der Öffentlichkeit auslöst. Eine zulässige Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr liegt nur dann vor, wenn sie nach außen erkennbar auf die im Grundgesetz festgelegten und zugelassenen Aufgaben der Bundeswehr ausgerichtet ist.
4) Die im Rahmen eines von einem privatrechtlichen Verein veranstalteten Historienspektakels mit Szenen aus der Geschichte der Standortgemeinde erfolgende Verwendung von Soldaten während der Dienstzeit, die Gewährung von entsprechendem Dienstausgleich für freiwillige Arbeitseinsätze sowie der Einsatz von dienstlichem Material gehören nicht zur zulässigen Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr und erfüllen auch keinen anderen zulässigen dienstlichen Zweck.
5) Die Verwendung von Personal und/oder Material der Bundeswehr zugunsten eines solchen von einem privaten Verein veranstalteten Historienspektakels kann auch nicht auf die Regelung in Art.35 Abs.1 GG über die Gewährung von Amts- und Rechtshilfe gestützt werden, die die Handlungs- und Eingriffsbefugnisse der Bundeswehrstreitkräfte nicht erweitert.
6) Der Bundesminister der Verteidigung kann die allein ihm und im Vertretungsfalle seinem Vertreter im Amt zustehende Befehls- und Kommandogewalt nicht auf sonstige Angehörige seines Ministeriums oder Dritte delegieren.
7) Im Bundesministerium der Verteidigung tätige Beamte oder Soldaten haben in ihrer dienstlichen Eigenschaft keine Befugnis zum Erteilen von militärischen Befehlen; sie sind allerdings berechtigt, im Rahmen ihres vom Minister abgeleiteten innerbehördlichen Mandats („im Auftrag“) verbindliche Anordnungen (auch im Außenverhältnis) zu treffen.
8) Vom Bundesverteidigungsministerium herausgegebene Richtlinien und Erlasse, die nicht vom Bundesminister der Verteidigung oder im Verhinderungsfall von seinem Vertreter im Amt unterzeichnet sind, stellen keine eine militärische Gehorsamspflicht auslösende Befehle dar.
10) Zur Maßnahmebemessung bei der fahrlässiger Überschreitung der militärischen Befehlsbefugnis sowie beim fahrlässigen Ungehorsam gegenüber dem in einer vom Bundesminister der Verteidigung erlassenen Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) enthaltenen Verbot des Einsatzes von Dienstfahrzeugen zu nicht-dienstlichen Zwecken.
§§§
06.192 Erschlossensein |
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BVerwG, U, 27.09.06, - 9_C_4/05 -
GG_Art.87a Abs.1, GG_Art.87a Abs.2, GG_Art.87a Abs.3, GG_Art.87a Abs.4, GG_Art.35 Abs.2, GG_Art.35 Abs.3, GG_Art.24 Abs.1, GG_Art.65a; SG_§_10 Abs.4, SG_§_11 Abs.1, SG_§_7; WDO_§_38 Abs.1; WStG_§_2 Nr.2
Zulässige Aufgaben der Bundeswehrstreitkräfte / Grenzen der Befehlsbefugnis / zulässige Einsätze der Bundeswehrstreitkräfte / sonstige Verwendungen der Bundeswehrstreitkräfte / Öffentlichkeitsarbeit / dienstliche Zwecke / Ungehorsam / Befehl / Befehlscharakter ministerieller Erlasse / Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt / bedingter Vorsatz; mangelnde Dienstaufsicht
1) Ein in einem Mischgebiet gelegenes Grundstück ist vorbehaltlich besonderer Festsetzungen im einschlägigen Bebauungsplan erschlossen iSv § 131 Abs.1 Satz 1 BauGB, wenn die für eine Wohnnutzung ausreichende Möglichkeit gegeben ist, mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen an das Grundstück heranzufahren und es von dort aus zu betreten.
2) Der ein Erschlossensein begründende Erschließungsvorteil verlangt nicht, dass die Erschließungsanlage dem Mischgebietsgrundstück eine Bebaubarkeit für alle nach § 6 Abs.2 BauNVO zulässigen Nutzungen ermöglicht. Ein Erschließungsvorteil liegt vielmehr darin, dass auf dem Grundstück überhaupt eine der nach § 6 Abs.2 BauNVO zulässigen Nutzungen genehmigt werden müsste. Unerheblich ist, welche Nutzung auf dem Grundstück tatsächlich bereits verwirklicht ist.
3) Der in der Rechtsprechung entwickelte, zur Annahme des Erschlossenseins führende Ausnahmefall, dass die übrigen Eigentümer schutzwürdig erwarten dürfen, dass ein bebauungsrechtlich nicht erschlossenes Grundstück gleichwohl in die Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands einbezogen wird, setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten Umstände vorliegen, die diese Erwartung stützen; bloße Mutmaßungen über künftige Entwicklungen reichen dafür nicht aus.
4) Auf die sog Gegenrüge des Revisionsbeklagten zu unzutreffenden, insbesondere aktenwidrigen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz hat das Revisionsgericht bei der Prüfung, ob sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs.4 VwGO), von dem im Revisionsverfahren von den Beteiligten unstreitig gestellten Sachverhalt auszugehen.
§§§
06.193 Beifügung eines Unrichtigkeitsvermerks |
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BVerwG, U, 27.09.06, - 3_C_34/05 -
BVerfSchG_§_13 Abs.1; VwGO_§_99
Verfassungsschutz / Personenakte / Datenschutz / Berichtigung / Berichtigungsanspruch / Unrichtigkeitsvermerk / Bestreitensvermerk / Sperrerklärung / in-camera-Verfahren / Beweislast / Darlegungspflicht / effektiver Rechtsschutz / informationelle Selbstbestimmung
Ist infolge einer Weigerung der zuständigen obersten Aufsichtsbehörde nach § 99 Abs.1 Satz 2 VwGO, Urkunden oder Akten vorzulegen, elektronische Dokumente zu übermitteln oder Auskünfte zu erteilen, im gerichtlichen Verfahren nicht feststellbar, ob in Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gespeicherte personenbezogene Daten richtig oder unrichtig sind, so kann der Betroffene nicht nach § 13 Abs.1 BVerfSchG die Beifügung eines Unrichtigkeitsvermerks verlangen.
§§§
06.194 Erlösauskehranspruch |
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BVerwG, U, 27.09.06, - 3_C_37/05 -
VZOG_§_2 Abs.1 S.5, VZOG_§_7 Abs.1 S.1, VZOG_§_8 Abs.4 S.2; VermG_§_3 Abs.4 S.3
Erlös / Veräußerungserlös / Verkaufserlös / Verfügungsbefugnis / Verfügungsbefugter / Verfügungsberechtigung / Verfügungsberechtigter / Erlösauskehr / Erlösauskehranspruch / Verfügung / Vorrang der vermögensrechtlichen Berechtigung
Der Vorrang der vermögensrechtlichen gegenüber der vermögenszuordnungsrechtlichen Berechtigung an einem Vermögenswert (§ 7 Abs.1 Satz 1 VZOG) setzt sich nach der Veräußerung des Vermögenswertes durch einen nach § 8 Abs.1 VZOG Verfügungsbefugten an den dadurch entstandenen konkurrierenden Erlösauskehransprüchen aus § 3 Abs.4 Satz 3 VermG und § 8 Abs.4 Satz 2 VZOG fort.
§§§
06.195 Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes |
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BVerwG, B, 04.10.06, - 4_BN_26/06 -
BauGB_§_1a Abs.3 S.5, BauGB_§_34 Abs.1; VwGO_§_47, VwGO_§_86 Abs.1
Eingriff in Natur und Landschaft / Ausgleich von Eingriffsmaßnahmen / Eingriffsflächen / Bebauungszusammenhang / gerichtliche Kontrolldichte / „ungefragte“ Fehlersuche
1) Ob die Voraussetzungen des § 1a Abs.3 Satz 5 BauGB gegeben sind, unterliegt uneingeschränkt der gerichtlichen Kontrolle.
2) Die Mahnung, die Tatsachengerichte sollten nicht „gleichsam ungefragt“ auf Fehlersuche gehen, stellt keinen Rechtssatz dar, sondern umschreibt eine Maxime richterlichen Handelns, die die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs.1 VwGO) nicht in Frage stellt (im Anschluss an Urteil vom 17.April 2002 BVerwG 9 CN 1.01 BVerwGE 116,188 <196 f.>).
§§§
06.196 Forstwirtschaftlichen Betätigung |
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BVerwG, B, 04.10.06, - 4_B_64/06 -
BauGB_§_35 Abs.1 Nr.1
Forstwirtschaft / Holz / Holzeinschlag / Verarbeitung
Zur forstwirtschaftlichen Betätigung können auch Arbeiten gehören, die sich an den Holzeinschlag anschließen.
§§§
06.197 UVP-Richtlinie |
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BVerwG, B, 10.10.06, - 9_B_27/05 -
GG_Art.103 Abs.1; VwGO_§_108 Abs.2; (85) UVP-RL_Art.3, 5, 6 Abs.2; UVPG_§_6 Abs.3, UVPG_§_6 Abs.4, UVPG_§_11 (SH) LUVPG_§_17; BNatSchG_§_20 Abs.4
Rechtliches Gehör / Planrechtfertigung / Abwägung / Umweltverträglichkeitsprüfung / unmittelbare Anwendung der UVP-Richtlinie / Öffentlichkeitsbeteiligung / Umweltverträglichkeitsstudie / landschaftspflegerischer Begleitplan / zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen / Beschreibung der Umweltauswirkungen / integrativer Ansatz / Wechselwirkungen / materiell-rechtlicher Gehalt der UVP-Richtlinie / Präklusion / ausgelaufenes Recht
1) Die UVP-Richtlinie verlangt vom Vorhabenträger bestimmte inhaltliche Angaben, stellt ihm aber frei, in welcher Form er sie vorlegt (im Anschluss an die Urteile vom 19.Mai 1998 BVerwG 4 C 11.96 Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr.138 und vom 24.November 2004 BVerwG 9 A 42.03 juris).
2) § 11 UVPG gibt der zuständigen Behörde auf, die Umweltauswirkungen eines Vorhabens in sich geschlossen wenn auch nicht notwendig in einem von der Zulassungsentscheidung gesonderten Dokument darzustellen.
§§§
06.198 Wohngrundstücke |
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BVerwG, U, 10.10.06, - 8_C_23/05 -
VermG_§_1 Abs.2
Eigentumsverzicht / unlautere Machenschaften / Nutzungsvertrag / Pachtvertrag / Wohngrundstück / landwirtschaftliches Grundstück
Wohngrundstücke, die an ein Volkseigenes Gut (VEG) der DDR verpachtet waren, das die Mieten vereinnahmte, haben auch dann keiner Schädigung im Sinne des § 1 Abs.2 VermG unterlegen, wenn das VEG sie in heruntergewirtschaftetem Zustand den Eigentümern zurückgeben wollte (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
§§§
06.199 Musical-Produktion |
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BVerwG, U, 11.10.06, - 10_C_4/06 -
UStG_§_4 Nr.20 Buchst.a
Umsatzsteuer / Steuerbefreiung für kulturelle Einrichtungen / Musical-Produktion / Bescheinigung einer Verwaltungsbehörde / Bindungswirkung für die Finanzbehörde / „Gleichartigkeitsprüfungen“ der Kultus- und der Finanzbehörde / „Entscheidungsvorbehalt“ zugunsten der Finanzbehörde / Rückwirkung der Bescheinigung / Grundsatz der Normenklarheit im Steuerrecht / Vertrauensschutz
1) Die Prüfung der Frage, ob es unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes geboten sein kann, getätigte Umsätze etwa erst ab dem Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung nach § 4 Nr.20 Buchst.a Satz 2 UStG als steuerfrei zu behandeln, obliegt dem Finanzamt und im Streitfall dem Finanzgericht (im Anschluss an BVerfG, Kammerbeschluss vom 29.August 2006 1 BvR 1673/06). Dies gilt auch dann, wenn die Bescheinigung eine Aussage dazu enthält, seit wann von dem Unternehmen „die gleichen kulturellen Aufgaben“ erfüllt worden sind.
2) Mit dem Einwand, er betreibe kein Unternehmen, das einer der in § 4 Nr.20 Buchst.a Satz 1 UStG genannten Einrichtungen gleichartig sei, kann der Steuerpflichtige nicht eine Entscheidung dieser Frage im Bescheinigungsverfahren oder im nachfolgenden Verwaltungsprozess erzwingen.
§§§
06.200 Steuerbefreiung für kulturelle Einrichtungen |
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BVerwG, U, 11.10.06, - 10_C_7/05 -
UStG_§_4 Nr.20 Buchst.a; VwGO_§_61 Nr.3, VwGO_§_78 Abs.1 Nr.2; (Ns) Verwaltungsgerichtsgesetz_§_8
Umsatzsteuer / Steuerbefreiung für kulturelle Einrichtungen / Museum / wissenschaftliche Sammlung / Bescheinigung einer Verwaltungsbehörde / Einwand fehlender Unternehmer-Eigenschaft / Bindungswirkung für die Finanzbehörde / „Gleichartigkeitsprüfungen“ der Kultus- und der Finanzbehörde / Aufhebung einer Beiladung im Revisionsverfahren / doppelte Prozessstandschaft für das Land / Genehmigung der Revision des Beigeladenen / Fortführung der Revision durch die beklagte Behörde
1) Eine doppelte Behördenbeteiligung in Prozessstandschaft für ein Land ist ein Verfahrensfehler, der durch die Aufhebung der unzulässigen Beiladung der weiteren Landesbehörde auszuräumen ist. Geschieht dies erst im Revisionsverfahren, bleibt der Verfahrensfehler für das Land dann folgenlos, wenn die beklagte Behörde die fristgerechte Rechtsmitteleinlegung und begründung durch die beigeladene Behörde vor Aufhebung der Beiladung genehmigt hat. Der Beklagte erlangt dadurch weder eine im Gesetz nicht vorgesehene Verlängerung der Rechtsmittelfrist noch verhält er sich prozessual widersprüchlich.
2) Ob ein Unternehmer dadurch, dass er eine Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich macht, die gleichen kulturellen Aufgaben wie ein Museum in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft erfüllt, kann im Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nr.20 Buchst.a Satz 2 UStG von der zuständigen Kultusbehörde nicht losgelöst vom Museumsbegriff in § 4 Nr.20 Buchst.a Satz 3 UStG beurteilt und entschieden werden.
§§§
06.201 Kumulative Bekanntmachung |
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BVerwG, U, 11.10.06, - 10_CN_2/05 -
GG_Art.20 Abs.3, GG_Art.28 Abs.1 S.1; (Th) KGG_§_12 Abs.1, KGG_§_18, KGG_§_19 Abs.1; (Th) BekVO_§_3 Abs.2
Zweckverband / Gründung / Verkündung / Bekanntmachung / kumulative Bekanntmachung / Ersatzbekanntmachung / rechtsstaatliche Bekanntmachungsanforderungen / rechtsstaatliches Publizitätsgebot / Wegfall eines Bekanntmachungsorgans / tatsächliche Unmöglichkeit der Rechtsnormbefolgung / Außerkrafttreten von Rechtsnormen / Kontrollpflicht des Satzungsgebers / Anpassungspflicht des Satzungsgebers
Schreibt eine Bekanntmachungsregelung die kumulative öffentliche Bekanntmachung kommunaler Satzungen in zwei Tageszeitungen vor und stellt eine dieser Zeitungen ihr Erscheinen ein, so reicht es nach dem rechtsstaatlichen Publizitätsgebot zumindest vorübergehend aus, die Bekanntmachung weiteren Satzungsrechts in der verbliebenen Zeitung vorzunehmen.
§§§
06.202 Medizinische Beurteilung eines Amtsarztes |
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BVerwG, U, 11.10.06, - 1_D_10/05 -
BBG_§_55 S.2, BBG_§_73 Abs.1 S.1; BDG_§_13 Abs.1 S.2, BDG_§_13 Abs.1 S.3, BDG_§_16 Abs.1, BDG_§_16 Abs.2, BDG_§_85 Abs.1, BDG_§_85 Abs.3, BDG_§_85 Abs.7, BDG_§_85 Abs.10; BDO_§_5 Abs.2, BDO_§_7, BDO_§_9, BDO_§_64 Abs.1 Nr.6, BDO_§_75 Abs.2 S.2, BDO_§_76 Abs.3 S.1, BDO_§_86
Unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst / Melde und Nachweispflichten bei Erkrankung / Nachweis der Dienstfähigkeit / Grundsatz des Vorrangs amtsärztlicher Beurteilungen / Bedeutung privatärztlicher Krankschreibungen / Grundsatz „in dubio pro reo“ / Gesunderhaltungspflicht / Kürzungsbruchteil bei Beamten des mittleren Dienstes / Disziplinarmaßnahmen nach Eintritt in den Ruhestand / Verwertungsverbot
Die medizinische Beurteilung eines Amtsarztes oder eines von ihm hinzugezogenen Facharztes genießt für die Entscheidung über die aktuelle Dienstfähigkeit (Arbeitsfähigkeit) eines Beamten Vorrang vor der medizinischen Beurteilung des Privatarztes, wenn beide hinsichtlich desselben Krankheitsbildes inhaltlich voneinander abweichen.
§§§
06.203 Sachbescheidungsbefugnis bei verspätetem Widerspruch |
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BVerwG, B, 12.10.06, - 8_B_21/06 -
VermG_§_36; VwGO_§_73
Widerspruchsbehörde / Sachbescheidungsbefugnis bei verspätetem Widerspruch / Gemeinde
Der Befugnis der Widerspruchsbehörde, auch im Restitutionsverfahren nach dem Vermögensgesetz über einen unheilbar verspäteten Widerspruch in der Sache zu entscheiden und damit den Klageweg zu eröffnen, steht eine Beteiligung der verfügungsberechtigten Gemeinde nicht entgegen.
§§§
06.204 Individuelle Erkrankung |
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BVerwG, U, 17.10.06, - 1_C_18/05 -
AufenthG_§_60 Abs.7
Abschiebungsverbot / individuelle Erkrankung / Behandlungsmöglichkeit / Gefahrenmaßstab / extreme Gefahr / zielstaatsbezogene Gefahr / Gefahrenursache
Bei der Prognose, ob dem Ausländer bei einer Rückkehr in den Zielstaat dort eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs.7 Satz 1 AufenthG wegen der Verschlimmerung einer individuellen Erkrankung droht, sind alle zielstaatsbezogenen Umstände zu berücksichtigen, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen (hier: Gefahr zusätzlicher Infektionen in Angola bei Sarkoidose).
§§§
06.205 Erschließungsbeitrag |
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BVerwG, B, 18.10.06, - 9_B_6/06 -
BauGB_§_127 ff, BauGB_§_242 Abs.9; GG_Art.20 Abs.3, GG_Art.103 Abs.1; VwGO_§_108 Abs.1 S.2, VwGO_§_108 Abs.2
Erschließungsbeitrag / Beitrittsgebiet / bereits hergestellte Erschließungsanlage / technisches Ausbauprogramm / örtliche Ausbaugepflogenheiten / Stichtag / Rechtsstaatsprinzip / Bekanntmachung / Satzung / Zeitung / Auflagenstärke / Verfahrensmangel / rechtliches Gehör / Begründungspflicht / Nachvollziehbarkeit / gerichtlicher Prüfungsmaßstab / Tatsachengrundlage
1) Dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Gebot, dass es dem Rechtsbetroffenen möglich sein muss, sich vom Erlass und Inhalt einer Rechtsnorm verlässlich und ohne unzumutbare Erschwernis Kenntnis zu verschaffen, steht es grundsätzlich nicht entgegen, wenn die Zeitung, in der eine kommunale Satzung bekannt gemacht wird, nur käuflich zu erwerben ist.
2) Das Rechtsstaatsprinzip verlangt nicht, dass das Bekanntmachungsorgan in einer Auflagenstärke erscheinen muss, die der Zahl der potentiellen Rechtsbetroffenen (auch nur annäherungsweise) entspricht. Ausreichend ist eine Auflage, die sich an dem mutmaßlichen Bedarf und Erwerbsinteresse der Rechtsbetroffenen orien¬tiert.
3) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art.103 Abs.1 GG, § 108 Abs.2 VwGO) und die Begründungspflicht (§ 108 Abs.1 Satz 2 VwGO) verpflichten das Gericht, in den Entscheidungsgründen für die Beteiligten und zur Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht nachvollziehbar darzulegen, aus welchen Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts nach Meinung des Gerichts dem Vortrag eines Beteiligten, jedenfalls soweit es sich um einen zentralen Punkt seiner Rechtsverfolgung handelt, nicht zu folgen ist.
4) Dazu gehört, dass das Gericht zum einen seinen rechtlichen Prüfungsmaßstab offen legt und zum anderen in tatsächlicher Hinsicht angibt, von welchem Sachverhalt es ausgeht und sofern er den Tatsachenbehauptungen eines Beteiligten widerspricht warum es dessen Vortrag nicht folgt und aufgrund welcher Erkenntnisse es eine ihm ungünstige Tatsachenlage als erwiesen ansieht (hier: zu den Voraussetzungen, unter denen eine Erschließungsstraße als bereits hergestellt iSv § 242 Abs.9 BauGB anzusehen ist).
§§§
06.206 Örtliche Zuständigkeit für Eingliederungshilfe |
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BVerwG, U, 19.10.06, - 5_C_29/05 -
BSHG_§_97 Abs.2, BSHG_§_97 Abs.4, BSHG_§_97 Abs.5, BSHG_§_103 Abs.3, BSHG_§_104; SGB-I_§_43 Abs.1; SGB-X_§_102
Eingliederungshilfe in Einrichtungen / Einrichtung / Eingliederungshilfe in -en / örtliche Zuständigkeit für Einrichtungshilfe außerhalb der Wohneinrichtung / Zusammenhangskosten / Zuständigkeit für Hilfe in einer Einrichtung
Die örtliche Zuständigkeit für Eingliederungshilfe, der der Hilfeempfänger sowohl in der Einrichtung, in der er wohnt, als auch in einer anderen Einrichtung (hier: einem Arbeitsprojekt) bedarf, richtet sich nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG.
§§§
06.207 Ehrenamtliche Tätigkeit als NSDAP-Kreisrichter |
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BVerwG, U, 19.10.06, - 3_C_39/05 -
AusglLeistG_§_1 Abs.4
Dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub leisten / erhebliches Vorschubleisten / Nationalsozialismus / NSDAP-Kreisgericht / Parteirichter / Untersuchungs- und Schlichtungsausschuss der NSDAP / USchlA / NSDAP-Kreisleitung / Kreisamtsleiter / Innehabung von Parteifunktionen / Unwürdigkeit / Entnazifizierung / Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage / Ausgleichsleistung / Ausschluss / Anspruchsausschluss / Ausschlusstatbestand
1) Die ehrenamtliche Tätigkeit als NSDAP-Kreisrichter sowie als Leiter nachgeordneter Ämter in einer NSDAP-Kreisleitung rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein erhebliches Vorschubleisten zugunsten des nationalsozialistischen Systems im Sinne von § 1 Abs.4 AusglLeistG.
2) Aus der Zuordnung von Inhabern dieser Funktionen in die Kategorie der Hauptschuldigen nach der Kontrollratsdirektive Nr.38 kann keine Vermutung dafür entnommen werden, dass der Betroffene auch gemäß § 1 Abs.4 AusglLeistG dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet hat.
§§§
06.208 Örtliche Zuständigkeit für Eingliederungshilfe |
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BVerwG, U, 19.10.06, - 5_C_26/06 -
BSHG_§_97 Abs.2, BSHG_§_97 Abs.4, BSHG_§_97 Abs.5, BSHG_§_103 Abs.3, BSHG_§_104; SGB-I_§_43 Abs.1; SGB-X_§_102
Eingliederungshilfe in Einrichtungen / Einrichtung, Eingliederungshilfe in -en / örtliche Zuständigkeit für Einrichtungshilfe außerhalb der Wohneinrichtung / Zusammenhangskosten / Zuständigkeit für Hilfe in einer Einrichtung
Die örtliche Zuständigkeit für Eingliederungshilfe, der der Hilfeempfänger sowohl in der Einrichtung, in der er wohnt, als auch in einer anderen Einrichtung (hier: einer Werkstatt für seelisch behinderte Menschen) bedarf, richtet sich nach § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG.
§§§
06.209 Aufgabe des „Halbteilungsgrundsatzes“ |
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BVerwG, U, 19.10.06, - 5_C_16/05 -
BAföG_§_25 Abs.1 Nr.2, BAföG_§_25 Abs.3 S.1 Nr.2, BAföG_§_25 Abs.6
Ausbildungsförderung, Einkommensfreibetrag bei / Anrechnungsfreiheit von Einkommen / Elternteil, geschiedener oder dauernd getrennt lebender / Erhöhungsfreibetrag für weitere Unterhaltsberechtigte / „Halbteilungsgrundsatz“ / Unterhaltsberechtigte, weitere und Zuordnung von Erhöhungsfreibeträgen / Zuordnung von Erhöhungsfreibeträgen
Führt die Anwendung von § 25 Abs.1 Nr.2 BAföG bereits zu dem Ergebnis, dass das erzielte Einkommen eines (geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden) Elternteils anrechnungsfrei bleibt, so ist der mit Blick auf einen weiteren Unterhaltsberechtigten zu gewährende Erhöhungsfreibetrag iSv § 25 Abs.3 Satz 1 Nr.2 BAföG zwar nur einmal in Ansatz zu bringen (insoweit Bestätigung des Urteils vom 23. Juni 1983 BVerwG 5 C 113.81 BVerwGE 67, 280), aber dem anderen Elternteil nicht hälftig, sondern ungeschmälert zuzuordnen (Aufgabe des im Urteil vom 23.Juni 1983 entwickelten „Halbteilungsgrundsatzes“).
§§§
06.210 Linienverkehrsgenehmigung |
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BVerwG, U, 19.10.06, - 3_C_33/05 -
PBefG_§_8 Abs.4, PBefG_§_13, PBefG_§_13a; VO (EWG) 1191/69 Art.1 Abs.2; VwGO_§_88
Linienverkehrsgenehmigung / eigenwirtschaftlicher Verkehr / gemeinwirtschaftlicher Verkehr / gemeinschaftsrechtliche Beihilfe / öffentliche Zuschüsse / Altunternehmerprivileg
1) Die unterschiedliche Regelung der Genehmigung eigenwirtschaftlicher und gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen in § 8 Abs.4, §§ 13, 13a PBefG stellt eine rechtssichere Teilbereichsausnahme von der VO (EWG) Nr.1191/69 dar.
2) Das Genehmigungsverfahren für einen eigenwirtschaftlichen Linienverkehr nach § 13 iVm § 8 Abs.4 PBefG umfasst nicht die Prüfung, ob die Finanzierung der Verkehrsleistung teilweise durch eine gemeinschaftsrechtlich unzulässige Beihilfe erfolgen soll.
3) Hat der Inhaber der Linienverkehrsgenehmigung über Jahre die Betriebsführung mit behördlicher Genehmigung einem anderen übertragen, so kann ihm jedenfalls bei einer Auswahlentscheidung zwischen ihm und dem Betriebsführer nicht das Altunternehmerprivileg des § 13 Abs.3 PBefG zugebilligt werden.
§§§
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