BVerwG | 2005 (2) | 31-60 |
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[ 2004 ][ « ][ » ][ 2006 ] | [ ] |
05.031 Fehlende gesundheitliche Eignung |
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BVerwG, B, 24.02.05, - 1_WB_58/04 -
SG_§_37 Abs.1 Nr.3; SLV_§_29; ZDv_20/7, ZDv_46/1
Eignung / Laufbahn / Offizier des Truppendienstes / Gesundheit / militärärztliche Ausnahme
Bei der Prüfung einer militärärztlichen Ausnahme nach Vergabe der Gradation IV (ärztlicherseits Bedenken) hat sich der zuständige Sanitätsoffizier auch prognostisch zur gesundheitlichen Eignung des Bewerbers für die angestrebte Laufbahn zu äußern.
§§§
05.032 Bier - Reinheitsgebot |
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BVerwG, U, 24.02.05, - 3_C_5/04 -
VorlBierG_§_9; BierVO_§_1
Bier / Herstellen von Bier / Bereitung von Bier / Inverkehrbringen von Bier / Bezeichnung / Kennzeichnung / Reinheitsgebot / Berufsfreiheit
Mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit wäre es nicht vereinbar, die Herstellung von Bier ausnahmslos dem deutschen Reinheitsgebot zu unterwerfen. § 9 VorlBierG genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil er die Möglichkeit von Ausnahmen vorsieht. Allerdings ist eine großzügige Handhabung geboten. Ein unter Einhaltung des Reinheitsgebots gebrautes untergäriges Bier, dem nach der Filtrierung aus geschmacklichen Gründen Invertzuckersirup zugesetzt wird, ist ein "besonderes Bier" im Sinne von § 9 Abs.7 VorlBierG, dessen Herstellung genehmigt werden kann. Ein "besonderes Bier", dessen Herstellung genehmigt ist, darf unter der Bezeichnung "Bier" in den Verkehr gebracht werden.
§§§
05.033 Unterhaltszahlung - Anrechnung |
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BVerwG, U, 24.02.05, - 3_C_5/04 -
UVG_§_1 Abs.1, UVG_§_2 Abs.3
Anrechnung Unterhaltszahlung / Unterhaltszahlung, Begriff der - / Unterhaltszahlung, kostenfreie Bereitstellung von Unterkunft, keine - / Unterkunft, kostenfreie Bereitstellung von -, als Unterhaltszahlung
Die Tilgung von Verbindlichkeiten für ein Familieneigenheim, in dem die unterhaltsvorschussberechtigten Kinder mietzinsfrei wohnen, durch den barunterhaltsverpflichteten Elternteil ist keine "Unterhaltszahlung" im Sinne des § 2 Abs.3 UVG, die anteilig auf die Unterhaltsleistung angerechnet werden darf.
§§§
05.034 Anspruchsausschluss |
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BVerwG, U, 24.02.05, - 3_C_16/04 -
AusglLeistG_§_1 Abs.1, AusglLeistG_§_1 Abs.4; VermG_§_1 Abs.8 Buchst.a
Entschädigungslose Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage / Ausschluss / Anspruchsausschluss / Ausschlusstatbestand / dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub leisten / Unwürdigkeit / unmittelbar Geschädigter / Berechtigter / Erbe / Erbeserbe / Rechtsnachfolge / Rechtsnachfolger / Rechtsvorgänger
In die Prüfung, ob ein Anspruchsausschluss nach § 1 Abs.4 AusglLeistG vorliegt, ist auch derjenige einzubeziehen, auf den die entschädigungslose Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage abgezielt hat, selbst wenn im Zeitpunkt der Enteignung er bereits verstorben war.
§§§
05.035 Gebühren für Arzneimittelzulassung - Verjährung |
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BVerwG, U, 24.02.05, - 3_C_6/04 -
AMG_§_33; VwKostG_§_11, VwKostG_§_14, VwKostG_§_17, VwKostG_§_20
Gebühren für Arzneimittelzulassung / Verjährung von Gebührenforderungen / Festsetzungsverjährung / Zahlungsverjährung / Entstehung der Gebührenschuld / Fälligkeit der Gebührenschuld
Der Gebührenanspruch für die Zulassung oder die Nachzulassung eines Arzneimittels verjährt nach § 20 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 VwKostG vier Jahre nach Stellung des Zulassungsantrags ohne Rücksicht auf die Fälligkeit.
§§§
05.036 Gebühren für Arzneimittelzulassung - Verjährung |
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BVerwG, B, 25.02.05, - 6_PB_9/04 -
(NW) PersVG_§_79; ArbGG_§_72, ArbGG_§_72a, ArbGG_§_92, ArbGG_§_92a
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde / Neuregelung der Grundsatzzulassung / intertemporales Prozessrecht
Ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts vor dem 1.Januar 2005 verkündet oder zugestellt worden und lief zu diesem Zeitpunkt die Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde noch, so sind die namentlich in Bezug auf die Statthaftigkeit der Grundsatzrüge günstigeren Bestimmungen in Art.7 des Anhörungsrügengesetzes vom 9.Dezember 2004, BGBl I S.3220, anzuwenden.
§§§
05.037 Gebühren für Arzneimittelzulassung - Verjährung |
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BVerwG, U, 24.02.05, - 3_C_38/04 -
AMG_§_33, AMG_§_105b; VwKostG_§_11, VwKostG_§_14, VwKostG_§_17, VwKostG_§_20
Gebühren für Arzneimittelzulassung / Verjährung von Gebührenforderungen / Festsetzungsverjährung / Zahlungsverjährung / Nachzulassung / Entstehung der Gebührenschuld / Fälligkeit der Gebührenschuld
1) Der Gebührenanspruch für die Zulassung oder die Nachzulassung eines Arzneimittels verjährt nach § 20 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 VwKostG vier Jahre nach Stellung des Zulassungsantrags ohne Rücksicht auf die Fälligkeit. Die Vollständigkeit des Antrages ist insofern ohne Belang.
2) § 105b AMG hat Gebührenansprüche, die bei seinem In-Kraft-Treten bereits verjährt und damit erloschen waren, nicht wieder aufleben lassen.
§§§
05.038 Familienzuschlag für das dritte und weitere Kind |
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BVerwG, U, 03.03.05, - 2_C_13/04 -
(99) BBVAnpG_Art.9 § 1 Abs.1 S.2; BGB_§_133
Familienzuschlag für das dritte und weitere Kind / Kindergeld / Auslegung eines Antrages / Auslegungsgrundsätze
Bei der Auslegung eines Antrags hat die Behörde neben dem Wortlaut auch zu berücksichtigen, ob der Antragsteller mit seiner Erklärung nicht einen anderen Sinn verbunden hat, als es dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht, wenn Zweck des Antrags sowie erkennbare Begleitumstände dies nahe legen; das kann der Fall sein, wenn sich der Antrag bei einer strikt am Wortlaut haftenden Auslegung eindeutig und ohne weiteres erkennbar als sinnlos erwiese.
§§§
05.039 Dynamische Verweisung |
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BVerwG, B, 03.03.05, - 7_B_151/04 -
VwVfG_§_75 Abs.1a S.1; (RP) VwVfG_§_1 Abs.1; (RP) LWG_§_114 Abs.1; GG_Art.20
Dynamische Verweisung / Verwaltungsverfahrensrecht der Länder / Mängel bei der Abwägung im Planfeststellungsverfahren.
1) Eine "dynamische Verweisung" im Verwaltungsverfahrensgesetz eines Landes (hier: Rheinland-Pfalz) auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
2) Auch wenn von einem planfestgestellten Vorhaben berührte private Belange Grundrechtsschutz genießen, sind Mängel bei der Abwägung nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.
Z-508 Zur Verfassungsmäßigkeit dynamischer Verweisungen
Auszug aus: Originalurteil, Abs.19 ff
§§§
05.040 Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien |
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BVerwG, U, 09.03.05, - 6_C_8/04 -
GG_Art.87f Abs.2; (aF) TKG_§_50 Abs.1 S.1, TKG_§_50 Abs.2 S.1, TKG_§_50 Abs.3 S.1, TKG_§_52 bis 56; StVO_§_45 Abs.6 S.1, StVG_§ 6a Abs.1 Nr.1a; VwGO_§_6 Abs.1 Nr.1, VwGO_§_124 Abs.2 Nr.3, VwGO_§_124a Abs.1 S.2, VwGO_§_124a Abs.3 S.4; Wettbewerbsrichtlinie (90/388/EWG)_Art.4d S.1
Einzelrichter / Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung / Bindung an Zulassungsentscheidung / Berufungsantrag / Benutzung des öffentlichen Straßenraums für Telekommunikationslinien / Unentgeltlichkeit der Benutzung / Gebühr für straßenverkehrsrechtliche Anordnung
Das Recht der Telekommunikationsunternehmen zur unentgeltlichen Benutzung der Verkehrswege gemäß § 50 Abs.1 Satz 1 TKG aF hindert nicht die Erhebung einer Gebühr für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Straßenkörpers für die Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien.
§§§
05.041 Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht |
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BVerwG, U, 09.03.05, - 6_C_3/04 -
GG_Art.1 Abs.1, GG_Art.2 Abs.1
Landesamt für Verfassungsschutz / Scientology / informationelles Selbstbestimmungsrecht / Weitergabe von Daten; unzuständige Behörde
Der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht aus Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG ist grundsätzlich auch dann nicht gerechtfertigt, wenn die Behörde zwar unter den materiell-rechtlichen Voraussetzungen, aber unter Verstoß gegen die gesetzliche Regel über die sachliche Zuständigkeit handelt.
§§§
05.042 Ermessensentscheidung über die Gewährung eines Betreuungsurlaub |
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BVerwG, U, 10.03.05, - 1_WB_42/04 -
GG_Art.2 Abs.1, GG_Art.1 Abs.1; SG_§_28 Abs.5, 7
Betreuungsurlaub / Elternzeit / Ermessen / Verwendungszeitraum
Der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht aus Art.2 Abs.1 iVm Art.1 Abs.1 GG ist grundsätzlich auch dann nicht gerechtfertigt, wenn die Behörde zwar unter den materiell-rechtlichen Voraussetzungen, aber unter Verstoß gegen die gesetzliche Regel über die sachliche Zuständigkeit handelt.
§§§
05.043 Teilnahme an Demonstrationen |
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BVerwG, U, 15.03.05, - 1_C_26/03 -
AufenthG_§_101 Abs.1, AufenthG_§_104 Abs.1; AuslG_§_8 Abs.1 Nr.5 erste und letzte Alternative, AuslG_§_24 Abs.1 Nr.6, AuslG_§_46 Nr.2, AuslG_§_47 Abs.2; VereinsG_§_14 Abs.1, VereinsG_§_20 Abs.1 Nr.4; BayVwVfG_§_3 Abs.3; StGB_§_129, StGB_§_129a
Aufenthaltserlaubnis / Niederlassungserlaubnis /Ausweisungsgründe / Verbrauch von Ausweisungsgründen / Vertrauensschutz / Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland / vereinsrechtliches Betätigungsverbot / Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus / PKK und Nachfolgeorganisationen / ERN / Unterstützung des Terrorismus / Unterstützungsbegriff / latente Gefährdung / Demonstrationsteilnahme / Veranstaltungsteilnahme / Meinungsfreiheit / Verhältnismäßigkeit / Zeugen vom Hörensagen / Distanzierung gegenüber terroristischen Zielen / Verwertung von V Mann Aussagen / Zeugenbeweis betr Wiedererkennen von Personen
1) Auch die bloße Teilnahme an Demonstrationen oder anderen Veranstaltungen kann einen Verstoß gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot (§ 20 Abs.1 Nr.4 VereinsG) und damit zugleich einen Ausweisungsgrund nach § 46 Nr.2 AuslG darstellen, wenn sie unter dem Gesichtspunkt der maßgeblichen Verbotsgründe erheblich ist, auf die verbotene inländische Tätigkeit des Vereins bezogen und konkret geeignet ist, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Außenwirkung zu erzielen.
2) Als Unterstützung einer Vereinigung, die ihrerseits den internationalen Terrorismus unterstützt (§ 8 Abs.1 Nr.5 letzte Alternative AuslG), ist jede Tätigkeit anzusehen, die sich für den Ausländer erkennbar in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten einer solchen Vereinigung auswirkt und damit ihr Gefährdungspotenzial stärkt.
3) An einem Unterstützen im Sinne des § 8 Abs.1 Nr.5 letzte Alternative AuslG fehlt es hingegen, wenn jemand lediglich einzelne politische, humanitäre oder sonstige Ziele der Organisation, nicht aber auch die Unterstützung des internationalen Terrorismus befürwortet und nur dies durch seine Teilnahme an erlaubten Veranstaltungen in Wahrnehmung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung nach außen vertritt.
4) Die Schwelle für das Eingreifen des durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz ab 1.Januar 2002 eingeführten neuen Versagungsgrundes nach § 8 Abs.1 Nr.5 letzte Alternative AuslG ist nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers angesichts der außerordentlichen Gefahren des internationalen Terrorismus deutlich niedriger anzusetzen als die Anforderungen an eine persönliche und konkrete Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nach der bereits früher geltenden ersten Alternative dieser Bestimmung.
5) Ob ein Ausländer die Voraussetzungen des § 8 Abs.1 Nr.5 letzte Alternative AuslG erfüllt, kann erst nach einer umfassenden und konkreten Prüfung der Aktivitäten der Vereinigung und des Verhaltens des Ausländers durch eine wertende Gesamtbetrachtung entschieden werden.
§§§
05.044 |
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BVerwG, U, 15.03.05, - 1_C_2/04 -
AufenthG_§_53, AufenthG_§_54, AufenthG_§_55; AuslG_§_45, AuslG_§_46, AuslG_§_47, AuslG_§_48; VwGO_§_114 S.2; Beschluss Nr.1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei
Ausweisung / assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht / türkische Arbeitnehmer / assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige / besonders schwere Straftat / Ist-Ausweisung / Regel-Ausweisung / Ermessensausweisung / maßgeblicher Zeitpunkt / Ergänzung der Ermessensentscheidung / gerichtliche Hinweispflicht / Verhältnismäßigkeit / Gefährdung der öffentlichen Ordnung
Zu den Anforderungen an die Ausweisung eines türkischen Staatsangehörigen nach Art.14 des Beschlusses Nr.1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (Bestätigung der Rechtsprechung, vgl Urteil vom 3.August 2004 BVerwG 1 C 29.02 zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen)
§§§
05.045 Milchreferenzmengen |
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BVerwG, U, 16.03.05, - 3_C_18/04 -
MGV_§_7, MGV_§_9 Abs.1 S.1 Nr.1; VwGO_§_121
Anlieferungsreferenzmenge / Milchreferenzmenge / Milchquote / Bescheinigung / Klagebefugnis / Sachbefugnis / Flächenbindung / flächenloser Übergang / Erwerb einer Milchquote vom Nichtberechtigten / Rechtskraft
Die Befugnis, die Erteilung der Bescheinigung nach § 9 Abs.1 Satz 1 Nr.1 MGV zu verlangen, steht nur dem Übernehmer der Referenzmenge zu, nicht aber dem bisherigen Inhaber. Wird aufgrund eines Pachtvertrages der Betrieb übergeben, so geht die dem Betrieb zustehende Referenzmenge mit über. Ob der Verpächter zivilrechtlich zur Besitzverschaffung befugt war, ist hierfür ebenso gleichgültig wie die weitere Frage, ob der Pachtvertrag wirksam oder nichtig ist oder später rückwirkend angefochten oder sonst beseitigt wird. Verpachtete Referenzmengen fallen nicht schon mit dem Auslaufen des Pachtvertrages an den Verpächter bzw. den Eigentümer zurück, sondern erst mit Rückgabe des verpachteten Betriebes. Das gilt auch bei anfänglicher Unwirksamkeit des Pachtvertrages.
§§§
05.046 Abgabeermäßigung |
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BVerwG, U, 16.03.05, - 9_C_7/04 -
AbwAG_§_4 Abs.1, AbwAG_§_4 Abs.5, AbwAG_§_6 Abs.1, AbwAG_§_9 Abs.5, AbwAG_§_9 Abs.6; WHG_§_7a Abs.1
Abwasserabgabe / Abgabeermäßigung / Veranlagungsjahr / Teilzeitraum / Jährlichkeitsprinzip / Heraberklärung / Anreizfunktion / Lenkungswirkung / Sonderabgabe / Bescheidanpassung
§ 9 Abs.6 AbwAG lässt eine Abgabeermäßigung auch für Teilzeiträume des Veranlagungsjahrs zu.
§§§
05.047 Nationalsozialismus - erhebliches Vorschubleisten |
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BVerwG, U, 17.03.05, - 3_C_20/04 -
AusglLeistG_§_1 Abs.4
Dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub leisten / Nationalsozialismus / erhebliches Vorschubleisten / Fördern / Unwürdigkeit / Entnazifizierung / entschädigungslose Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage / Ausgleichsleistung; Ausschluss / Ausschlusstatbestand
Ein erhebliches Vorschubleisten im Sinne von § 1 Abs.4 AusglLeistG ist bereits in der Phase der Errichtung und nicht erst nach der Etablierung des nationalsozialistischen Systems möglich. Voraussetzung für einen Anspruchsausschluss ist in objektiver Hinsicht, dass nicht nur gelegentlich oder beiläufig, sondern mit einer gewissen Stetigkeit Handlungen vorgenommen wurden, die dazu geeignet waren, die Bedingungen für die Errichtung, die Entwicklung oder die Ausbreitung des nationalsozialistischen Systems zu verbessern oder Widerstand zu unterdrücken, und die dies auch zum Ergebnis hatten. Der Nutzen, den das Regime aus dem Handeln gezogen hat, darf nicht nur ganz unbedeutend gewesen sein. Die subjektiven Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes sind erfüllt, wenn die betreffende Person dabei in dem Bewusstsein gehandelt hat, ihr Verhalten könne diesen Erfolg haben. Die Einstufung als "Entlasteter" im Rahmen der Entnazifizierung ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
§§§
05.048 Vorläufige Einbehaltung von Dienstbezügen |
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BVerwG, B, 17.03.05, - 2_WDB_1/05 -
WDO_§_91, WDO_§_126; StPO_§_34, StPO_§_35, StPO_§_244, StPO_§_273
Einbehaltung von Dienstbezügen / Prognose der Höchstmaßnahme / Höchstmaßnahme / Beweisantrag / Ablehnung des Beweisantrages
1) Die für die vorläufige Einbehaltung von Dienstbezügen erforderliche Prognose der Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme wird trotz im sachgleichen Strafverfahren zugelassener Anklage und ungeachtet einer durch das Truppendienstgericht erfolgten Verurteilung erschüttert, wenn das Vorbringen des Angeschuldigten im disziplinargerichtlichen Berufungsverfahren gewichtige Zweifel an den getroffenen tatsächlichen Feststellungen und den daraus gezogenen rechtlichen Konsequenzen begründet.
2) Solche gewichtigen Zweifel können sich daraus ergeben, dass die Gründe für die erfolgte Ablehnung eines Beweisantrages nicht erkennbar sind und dass das Vorliegen eines Tatmilderungsgrundes nicht geprüft worden ist.
§§§
05.049 Verkehrszunahme |
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BVerwG, B, 17.03.05, - 4_A_18/04 -
BayVwVfG_§_73 Abs.2, BayVwVfG_§_73 Abs.4, BayVwVfG_§_74 Abs.2 S.2; BImSchG_§_41 Abs.1, BImSchG_§_43; 16.BImSchV_§_1, 16.BImSchV_§_2 Abs.1; FStrG_§_17 Abs.1 S.2
Bau oder wesentliche Änderung einer öffentlichen Straße / Verkehrszunahme auf einer anderen, vorhandenen Straße / Verkehrslärm / Lärmschutz / Immissionsgrenzwerte / Orientierungswerte / Abwägung / gemeindlicher Belang / kommunale Planungshoheit als
1) § 41 BImSchG und die 16.BImSchV erfassen nur den Lärm, der von der zu bauenden oder zu ändernden Straße selbst ausgeht.
2) Nimmt als Folge des Straßenbauvorhabens der Verkehr auf einer anderen, vorhandenen Straße zu, ist der von ihr ausgehende Lärmzuwachs im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs.1 Satz 2 FStrG zu berücksichtigen, wenn er mehr als unerheblich ist und ein eindeutiger Ursachenzusammenhang zwischen dem planfestgestellten Straßenbauvorhaben und der zu erwartenden Verkehrszunahme auf der anderen Straße besteht.
3) Sind von dem Lärmzuwachs ausgewiesene Baugebiete betroffen, können Gemeinden ihr Interesse an der Bewahrung der in der Bauleitplanung zum Ausdruck gekommenen städtebaulichen Ordnung vor nachhaltigen Störungen als eigenen abwägungserheblichen Belang geltend machen. Für die Abwägung bieten die Immissionsgrenzwerte der 16.BImSchV eine Orientierung. Werden die in § 2 Abs.1 Nr.3 der 16.BImSchV für Dorf- und Mischgebiete festgelegten Werte eingehalten, sind in angrenzenden Wohngebieten regelmäßig gesunde Wohnverhältnisse (vgl § 1 Abs.5 Satz 2 Nr.1 BauGB aF/§ 1 Abs.6 Nr.1 BauGB nF) gewahrt und vermittelt das Abwägungsgebot keinen Rechtsanspruch auf die Anordnung von Lärmschutzmaßnahmen.
§§§
05.050 Projekt zur Eingruppierung von Angestellten |
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BVerwG, B, 17.03.05, - 2_WDB_1/05 -
MVPersVG_§_68 Abs.1 Nr.19, MVPersVG_§_68 Abs.1 Nr.22
Mitbestimmung bei Lohngestaltung und Auswahlrichtlinien / Projekt zur Eingruppierung von Angestellten
Ein Projekt für Dienststellenleiter zur richtigen Eingruppierung von Angestellten in den Serviceeinheiten von Gerichten und Staatsanwaltschaften betrifft weder Fragen der Lohngestaltung nach § 68 Abs.1 Nr.22 MVPersVG noch die personelle Auswahl bei Umgruppierungen im Sinne von § 68 Abs.1 Nr.19 MVPersVG.
§§§
05.051 Vollstreckungsabwehrklage |
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BVerwG, B, 21.03.05, - 7_C_13/04 -
VermG_§_37 Abs.2; VwGO_§_164, VwGO_§_167 Abs.1; ZPO_§_767; BGB_§_164 Abs.1, BGB_§_167 Abs.1, BGB_§_168
Vollstreckungsabwehrklage / Vollstreckungsgegenklage / Kostenfestsetzungsbeschluss / gerichtlicher Vergleich / abweichende Kostenvereinbarung / Einwendungsausschluss / Vertretungsmacht von Behördenbediensteten
Mit der Vollstreckungsabwehrklage gegen einen aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss kann eingewandt werden, vor Abschluss des Vergleichs sei außergerichtlich eine davon abweichende Vereinbarung über die Kosten getroffen worden. Mitarbeiter einer Behörde, die bevollmächtigt sind, diese zu vertreten, verlieren ihre Vollmacht nicht, wenn der Behördenleiter einem Rechtsanwalt Prozessvollmacht erteilt.
§§§
05.052 Rüge der überlangen Verfahrensdauer |
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BVerwG, B, 23.03.05, - 8_B_3/05 -
VwGO_§_133 Abs.6
Verfahrensdauer - lange
Die Rüge der überlangen Verfahrensdauer ist als solche generell nicht geeignet, die Zulassung der Revision oder eine Entscheidung nach § 133 Abs.6 VwGO zu rechtfertigen.
§§§
05.053 Rechtswidrige Beihilfe |
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BVerwG, B, 29.03.05, - 3_B_117/04 -
VO (EWG) Nr.3887/92_Art.14; MOG_§_10; VwVfG_§_48 Abs.2
Landwirtschaftsrecht / gemeinsame Marktorganisation / Beihilfeantrag Tiere / Beihilfeantrag Flächen / Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem / Rücknahme / Rückforderung / Vertrauensschutz
Art.14 Abs.4 und 5 VO (EWG) Nr.3887/92 der Kommission vom 23.Dezember 1992 (ABl EG Nr.L 391/36) in der Fassung von Art.1 Ziff.7 VO (EG) Nr.1678/98 der Kommission vom 29.Juli 1998 (ABl EG Nr.L 212/23) regelt den dem Begünstigten einer rechtswidrigen Beihilfe gegenüber deren Rückforderung zustehenden Vertrauensschutz abschließend und verdrängt daher § 10 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 MOG iVm § 48 Abs.2 VwVfG.
§§§
05.054 Neue Rechtsgrundlage |
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BVerwG, B, 30.03.05, - 1_B_11/05 -
VwGO_§_132 Abs.2 Nr.1; AuslG_§_30 Abs.5; AufenthG_§_25 Abs.5 S.2 bis 4
Rechtsgrundsätzliche Bedeutung / Gesetzesänderung nach Erlass des Berufungsurteils / Beruhen / Entscheidungserheblichkeit / Zeitpunkt
Eine Rechtsfrage, die sich nur auf eine nach der Berufungsentscheidung in Kraft getretene neue Rechtsgrundlage bezieht (hier: § 25 Abs.5 Satz 2 bis 4 AufenthG), verleiht der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs.2 Nr.1 VwGO und kann deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen.
§§§
05.055 Rückführung wegen mangelnder Eignung |
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BVerwG, B, 06.04.05, - 1_WB_53/04 -
SG_§_55 Abs.4 S.3; SLV_§_6 Abs.4 S.2
Feldwebel-Laufbahn / Feldwebel-Anwärter / Eignung / Rückführung / Bedarf
Bei der Entscheidung über die Rückführung eines als Anwärter für die Laufbahn der Feldwebel zugelassenen Soldaten in seine bisherige Laufbahngruppe der Unteroffiziere wegen mangelnder Eignung dürfen nur Gesichtspunkte der Eignung, nicht jedoch des konkreten Bedarfs für einen bestimmten Dienstposten oder eine bestimmte Truppengattung herangezogen werden.
§§§
05.056 Gesetzgeberische Differenzierung |
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BVerwG, B, 06.04.05, - 1_WB_61/04 -
GG_Art.3 Abs.1; SG_§_45 Abs.2 Nr.2, (nF) SG_§_75; SLV_§_2
Beurteilung - planmäßige / besondere Altersgrenze / Versorgungsreformgesetz (1998) / Gleichbehandlung
Die gesetzgeberische Differenzierung zwischen Oberstleutnanten in den Besoldungsgruppen A 14 und A 15 in § 45 Abs.2 Nr.2 und § 75 SG in der Fassung des "Versorgungsreformgesetzes 1998" ist im Hinblick auf Art.3 Abs.1 GG rechtlich nicht zu beanstanden.
§§§
05.057 Behördenprivileg |
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BVerwG, B, 06.04.05, - 7_B_1/05 -
GG_Art.3 Abs.1; SG_§_45 Abs.2 Nr.2, (nF) SG_§_75; SLV_§_2
Vertretungszwang prozessualer / Behördenprivileg / Befähigung Richteramt / Unterzeichner Nichtzulassungsbeschwerde / Vertretungsberechtigung / Billigung Vertretungsberechtigter - behördeninterne
Eine Behörde wird nicht iSd § 67 Abs.1 VwGO ordnungsgemäß vertreten, wenn ein dem Vertretungszwang unterliegender Schriftsatz von einem Bediensteten unterzeichnet ist, der weder die Befähigung zum Richteramt besitzt noch Diplomjurist im höheren Dienst ist. Die fehlende Vertretungsberechtigung des Unterzeichners ist nicht deshalb unbeachtlich, weil der Schriftsatz auf einer behördeninternen Weisung oder Billigung durch einen vertretungsberechtigten Bediensteten beruht.
§§§
05.058 Politische Einflussnahme |
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BVerwG, B, 06.04.05, - 1_WB_67/04 -
GG_Art.1 Abs.1; SG_§_6 S.1, SG_§_15 Abs.4; WBO_§_17 Abs.3; StGB_§_185
Maßnahme / Information zur Sicherheitspolitik / politische Einflussnahme / politische Meinung / Beleidigung
1) Eine zentrale interne Information der Streitkräfte der Bundeswehr, die Darstellungen und Bewertungen aus der Sicht des Bundesministers der Verteidigung zur Sicherheitspolitik und Militärstrategie sowie zu Planungen der Bundeswehr enthält, stellt grundsätzlich keine durch den einzelnen Soldaten anfechtbare Maßnahme im Sinne des § 17 Abs.3 Satz 1 WBO dar.
2) Zu Inhalt und Grenzen des Verbots der politischen Einflussnahme in § 15 Abs.4 SG.3. Der Schutz der persönlichen Ehre ist auch auf die Wahrung des Ansehens in der Öffentlichkeit sowie darauf gerichtet, nicht einer ehrverletzenden Kritik oder Äußerung ohne rechtfertigenden Grund ausgesetzt zu werden; namentlich dürfen Äußerungen nicht die Grenzen überschreiten, die das Strafrecht zum Schutz der persönlichen Ehre festlegt.
§§§
05.059 Anschluss- und Benutzungszwang |
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BVerwG, U, 06.04.05, - 8_CN_1/04 -
GG_Art.28 Abs.2; (SH) GO_§_17 Abs.2
Anschluss- und Benutzungszwang / öffentliche Einrichtung / kommunale Einrichtung / Benutzungsverhältnis / privatrechtliche Ausgestaltung / öffentlich-rechtliche Ausgestaltung / privater Betreiber / Betreibermodell / Betriebsführungsmodell / Verhältnismäßigkeitsgrundsatz / Kontrollrechte / Einwirkungsmaßstab / Versorgungssicherheit
Die Anordnung eines kommunalrechtlichen Anschluss- und Benutzungszwanges für die Fernwärmeversorgung schließt es nicht aus, dass das Benutzungsverhältnis privatrechtlich ausgestaltet ist. Der Anschluss- und Benutzungszwang für eine öffentliche Einrichtung, die durch eine juristische Person des Privatrechts, an der die Kommune nicht beteiligt ist, betrieben wird, ist nur dann verhältnismäßig, wenn die Kommune über hinreichende Einflussmöglichkeiten verfügt, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
§§§
05.060 Anschluss- und Benutzungszwang |
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BVerwG, U, 06.04.05, - 8_CN_1/03 -
GG_Art.28 Abs.2, GG_Art.14 Abs.1; (Ss) GO_§_2 Abs.1, GO_§_10 Abs.2, GO_§_14 Abs.1
Anschluss- und Benutzungszwang / öffentliche Einrichtung / privater Betreibervertrag / Verhältnismäßigkeit / kommunale Selbstverwaltung / Organisationshoheit / Grenzen der Beschränkung.
Es verstößt nicht gegen Art.28 Abs.2 GG, wenn nach der Gemeindeordnung ein Anschluss- und Benutzungszwang nur bei öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zulässig ist.
§§§
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