04.001 Besetzung des Gerichts |
BVerwG , B, 07_01_04, - 1_B_141/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_138 Nr.1, VwGO_§_87a Abs.2; GVG_§_21e Abs
Z-400 Gericht: Besetzung
"... Die Beschwerde beanstandet, das Berufungsgericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§ 138 Ziffer 1 VwGO). Dies soll sich zunächst daraus ergeben, dass es an der erforderlichen Feststellung fehle, es liege das Einverständnis der Parteien mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter vor. Die Beschwerde legt aber nicht dar, woraus es die Tatsache ableitet, dass es an einer entsprechenden Feststellung fehle. Sie setzt sich nicht damit auseinander, dass das Berufungsgericht in seinen Entscheidungsgründen das Einverständnis der Beteiligten ausdrücklich als Grund für die Entscheidung durch den Berichterstatter nach § 87a Abs.2, 3 VwGO nennt (UA S.8). Sie geht auch nicht darauf ein, dass der Klägervertreter und die Beklagte jeweils mit Schriftsatz vom 28.März 2002 ihr Einverständnis mit dem gewählten Verfahren erklärt haben (OVG-Akte Bl.166, 168). (Abs.2)
Eine vorschriftswidrige Besetzung des Berufungsgerichts will die Beschwerde des Weiteren aus dem Geschäftsverteilungsplan des 8.Senats des Oberverwaltungsgerichts vom 29.März 2003 ableiten. Hierzu legt sie dar, der dem Beschwerdevorbringen nicht im Wortlaut beigefügte Geschäftsverteilungsplan "unterscheide(t) bei den dem Berichterstatter Richter am OVG Werkmeister zugewiesenen Fällen nach dem Eingangsdatum in der Vergangenheit", und zwar "in Teil A am Ende". Dabei handele es sich nicht um ein abstraktes Kriterium,
sondern um eines, das sich auf konkrete, bekannte Einzelakten beziehe. Ein solches zeitliches Kriterium sei aber nur erlaubt, wenn es sich auf die Zukunft beziehe. Mit ihrer Darlegung zeigt die Beschwerde eine vorschriftswidrige Besetzung des Berufungsgerichts im Sinne von § 138 Ziffer 1 VwGO nicht auf. Das bei der Geschäftsverteilung des Gerichts nach § 21e Abs.1 GVG wie innerhalb des Spruchkörpers nach § 21g Abs.1 GVG zu beachtende "Abstraktionsprinzip" besagt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass durch den Geschäftsverteilungsplan die Aufgaben nach allgemeinen, abstrakten, sachlich-objektiven Merkmalen generell "blindlings" auf die Spruchkörper verteilt werden müssen. Die Zuweisung einzelner konkret bezeichneter ausgesuchter Sachen an einen Spruchkörper oder einen anderen als den bisher zuständigen Spruchkörper ist mit dem Abstraktionsprinzip grundsätzlich nicht vereinbar. Nach dem Abstraktionsprinzip zu verteilen sind alle Sachen, die anhängigen und die künftig neu eingehenden (Urteil vom 18.Oktober 1990 BVerwG 3 C 19.88 Buchholz 300 § 21e GVG Nr.19, S.3 mwN). Die Beschwerde legt nicht schlüssig dar, wieso es sich bei der Verteilung anhängiger Verfahren auf solche bezieht sie sich offenbar nach dem Eingangsdatum in der Vergangenheit nicht um ein abstraktes Kriterium handeln soll. Die gerügte Verteilung der senatsinternen Geschäfte erfolgt nach dem Beschwerdevorbringen auch für die bereits anhängigen Verfahren gerade nicht durch Einzelzuweisung, sondern mittels des abstrakten
Kriteriums des Eingangsdatums. Dass bei der Verteilung anhängiger Verfahren immer eine Individualisierung möglich ist, genügt für die Darlegung eines Verstoßes gegen das Abstraktionsprinzip nicht. Maßgeblich ist, ob die Verteilung anhand eines allgemeinen Maßstabes erfolgt. Die Beschwerde setzt sich nicht damit auseinander, dass das Eingangsdatum ein von der Rechtsprechung anerkanntes Merkmal für die Verteilung der Geschäfte darstellt (vgl. BVerfGE 95,322, 331; BVerfGE 97,1, 10). (Abs.3)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.2 f
Z-401 Besetzungsrüge: Voraussetzungen
"... Im Übrigen geht die Beschwerde nicht darauf ein, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Gericht nur dann nicht vorschriftsmäßig besetzt ist, wenn willkürliche oder manipulative Erwägungen für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmend gewesen sind (stRspr, vgl Urteil vom 10.November 1999 BVerwG 6 C 30.98 BVerwGE 110,40 ; Urteil vom 21.September 2000 BVerwG 2 C 5.99 NJW 2001,1878 mwN). Die Beschwerde legt nicht dar, dass im vorliegenden Fall derartige sachwidrige Erwägungen für die Zuweisung von Verfahren nach dem Eingangsdatum in der Vergangenheit maßgeblich waren (vgl auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 27.September 2002 2 BvR 1843/00 NJW 2003,345)." (Abs.4)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.4
§§§
04.002 Zulässigkeitserklärung |
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BVerwG, B, 08.01.04, - 4_B_113/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_83 S.1; GVG_§_17a Abs.1
Rechtsweg / Zulässigkeitserklärung / Revision.
LB: Nach § 83 Satz 1 VwGO, der als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auf die instanzielle Zuständigkeit entsprechend anwendbar ist, in Verbindung mit § 17a Abs.1 GVG sind, wenn ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.
Z-402 Revision + Zuständigkeitsüberprüfung
"... Die Zulassung der Revision scheidet nämlich jedenfalls deshalb aus, weil die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, seine Zuständigkeit als erstinstanzliches Gericht ergebe sich aus § 48 Abs.1 Satz 1 Nr.8 VwGO, in einem Revisionsverfahren nicht überprüft werden dürfte. Nach § 83 Satz 1 VwGO, der als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auf die instanzielle Zuständigkeit entsprechend anwendbar ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13.Aufl, § 83 Rn.4 mwN), in Verbindung mit § 17a Abs.1 GVG sind, wenn ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. Obwohl das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs insgesamt noch mit Rechtsmitteln anfechtbar ist, ist es insoweit für das Revisionsgericht bindend, als darin die erstinstanzliche Zuständigkeit bejaht worden ist. Dies folgt aus § 83 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 5 GVG, wonach das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (vgl Kissel, GVG, 3.Aufl, § 17 Rn.46).
Auszug aus: Originalurteil, Abs.2
§§§
04.003 Verrechnungsmöglichkeit |
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BVerwG, B, 15.01.04, - 9_B_71/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
AbwAG_§_10 Abs.3
Abwasserabgabe / Verrechnung / Schadstofffracht / Konzentrationswert / Überwachungswert
Die Verrechnungsmöglichkeit nach § 10 Abs.3 Satz 1 AbwAG ist nur bei einer Minderung der nach § 4 Abs.1 bzw § 6 Abs.1 AbwAG zu ermittelnden Schadstofffracht, nicht schon bei einer bloßen Minderung der im Überwachungswert zum Ausdruck kommenden Konzentration eines Schadstoffes oder einer Schadstoffgruppe eröffnet.
§§§
04.004 Schuldnerverhalten |
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BVerwG, U, 20.01.04, - 1_D_33/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BDG_§_85 Abs.3, BDG_§_85 Abs.4; BDO_§_10, BDO_§_11, BDO_§_35, BDO_§_37, BDO_§_39, BDO_§_64 Abs.3, BDO_§_65; BBG_§_12 Abs.1 Nr.1, BBG_§_13 Abs.2, BBG_§_54 S.3, BBG_§_55 S.2, BBG_§_77 Abs.1 S.1, BBG_§_77 Abs.1 S.2; BNDG_§_1 Abs.2, BNDG_§_2 Abs.1 Nr.2, BBG_§_2 Abs.2 S.3; SÜG_§_1 Abs.2 Nr.3; SÜG_§_1 Abs.2 Nr.3, SÜG_§_5 Abs.1 S.1 Nr.1, SÜG_§_13 Abs.1 Nr.13, SÜG_§_18 Abs.2 S.2 Nr.4;
Beamter beim BND / wiederholte Abgabe unrichtiger Schuldenerklärungen / Nichtbefolgung entsprechender Dienstvorschriften / beamtenunwürdiges Schuldnerverhalten / Entziehung des Sicherheitsbescheids / Herbeiführung der Verwendungsunfähigkeit beim BND / keine Rücknahme der Ernennung / Disziplinarmaß: Degradierung
1) In Altverfahren nach der Bundesdisziplinarordnung tritt mit Wegfall der Behörde des Bundesdisziplinaranwalts am 1.Januar 2004 grundsätzlich die Einleitungsbehörde in die Rechtsstellung des Bundesdisziplinaranwalts ein, soweit dieser zuständig wäre.
2) Das Nichtgebrauchmachen von der Befugnis zur Rücknahme der Ernennung gemäß § 12 Abs.1 Nr.1 BBG wegen arglistiger Täuschung begründet keine Sperrwirkung für den Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme, wenn der mögliche Rücknahmegrund zugleich ein Dienstvergehen darstellt; das Disziplinargericht kann bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme berücksichtigen, ob das Dienstvergehen zugleich die Voraussetzungen eines Rücknahmegrundes erfüllen würde, der dem Dienstvergehen ein besonderes Gewicht verleihen könnte.
3) Wird einem Beamten beim Bundesnachrichtendienst (BND) wegen eines Dienstvergehens (hier: wiederholte Abgabe unrichtiger Schuldenerklärungen, beamtenunwürdiges Schuldnerverhalten) als dienstrechtliche Maßnahme der Sicherheitsbescheid entzogen und damit seine weitere Verwendbarkeit beim BND ausgeschlossen, so rechtfertigt diese dienstrechtliche Nebenfolge des Dienstvergehens nicht ohne weiteres schon den Ausspruch der disziplinarischen Höchstmaßnahme.
§§§
BVerwG, U, 20.01.04, - 9_C_13/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
AbwAG_§_10 Abs.3, AbwAG_§_10 Abs.4
Lenkungswirkung / Verrechnung von Investitionskosten / Entwässerungskanal
Aufwendungen für Entwässerungskanäle, die das Abwasser vorhandener Einleitungen im Sinne von § 10 Abs.4 AbwAG einer Abwasserbehandlungsanlage zuführen, dürfen nicht nur mit der Abwasserabgabe für die wegfallenden Einleitungen, sondern auch mit der Abwasserabgabe für Einleitungen der bestehenden Abwasserbehandlungsanlage, an die zugeführt wird, verrechnet werden.
§§§
04.006 Ausländischer Verein |
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BVerwG, ZU, 21.01.04, - 6_A_1/04 -
Originalurteil = www.bverwg.de
VwGO_§_61 Nr.2, VwGO_§_67 Abs.1 S.1, VwGO_§_67 Abs.3 S.1 + 2; VereinsG_§_1 Abs.1
Beteiligungsfähigkeit / Vereinigung / Recht auf Betätigung / Prozessvollmacht / Nachreichung der Prozessvollmacht / Genehmigung der Prozessführung / ausländischer Verein / Vertretungsbefugnis
1) Eine nach keiner staatlichen Rechtsordnung verfasste ausländische Gruppierung ist nach § 61 Nr.2 VwGO im Rechtsstreit um ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot beteiligungsfähig, wenn sie ein Mindestmaß an Organisation aufweist und ihr ein Recht auf Betätigung als Vereinigung zustehen kann.
2) Eine bei Erhebung der Klage gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot noch nicht vorliegende Prozessvollmacht kann mit der Folge nachgereicht werden, dass die bisherige Prozessführung des vollmachtlosen Vertreters genehmigt wird (Fortführung des Beschlusses des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 17.April 1984 GmS-OGB 2/83 BVerwGE 69,380, entgegen Beschluss vom 25.März 1996 BVerwG 4 A 38.95 Buchholz 310 § 67 VwGO Nr.85).
3) Eine nach keiner staatlichen Rechtsordnung verfasste ausländische Gruppierung ohne bekannten Verwaltungssitz wird durch die natürliche(n) Person(en) vertreten, die nach dem Selbstverständnis der Organisation und den tatsächlichen Verhältnissen befugt sind, für die Vereinigung zu handeln.
§§§
BVerwG, U, 21.01.04, - 6_C_1/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.14 Abs.1, GG_Art.87f Abs.1+2; TKG_§_24, TKG_§_25 Abs.1, TKG_§_33 Abs.1 S.1, TKG_§_33 Abs.2 S.2+3, TKG_§_25 Abs.1, TKG_§_39; BGB_§_134, BGB_§_139, BGB_§_320 Abs.1 S.1; ONP-Rahmenrichtlinie 90/387/EWG Zusammenschaltungsrichtlinie 90/387/EWG; VO(EG) Nr.2887/2000
Telekommunikation / Anspruch auf Gewährung besonderen Netzzugang / Genehmigung von Entgelten für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs / Rückwirkung der Entgeltgenehmigung / "Vorleistungspflicht" des Marktbeherrschers / Berufsausübungsfreiheit / Eigentumsfreiheit.
1) Die Genehmigung des Entgelts für die vertraglich vereinbarte Gewährung eines besonderen Netzzugangs wirkt auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zurück, in dem das Entgelt vereinbart worden ist.
2) Der vertraglich vereinbarte besondere Netzzugang ist unverzüglich nach Vertragsschluss zu gewähren und nicht erst ab dem Zeitpunkt, zu dem das für die Gewährung des Netzzugangs vereinbarte Entgelt genehmigt worden ist.
§§§
BVerwG, U, 21.01.04, - 8_CN_1/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_47 Abs.2 S.1
Normenkontrollantrag / Antragsfrist / Hauptsatzung-Neufassung / Bekanntmachung / Unterlassen einer Normanpassung / effektiver Rechtsschutz / prinzipale Normenkontrolle.
Stellt sich die Bekanntmachung einer Kommunalsatzung als ein Akt dar, welcher der angegriffenen Vorschrift Geltung verschafft hat, dann ist es eine Frage der Begründetheit des Normenkontrollantrages, ob die Bekanntmachung wirksam ist.
Z-403 Bekanntmachung: Kommunalsatzung
"... Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art.20 Abs.3, Art.28 Abs.1 Satz 1 GG) den Rechtssatz abgeleitet, dass die Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Satzungsnorm nicht erfüllt sind, wenn die Norm nicht mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Wortlaut bekannt gemacht wird bzw die bekannt gemachte Norm so nicht beschlossen worden ist. Ein nach dem Rechtsstaatsprinzip ausgestaltetes Bekanntmachungsverfahren setzt voraus, dass die Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber gewollten Inhalt veröffentlicht wird (vgl Beschluss vom 16. Mai 1991 BVerwG 4 NB 26.90 BVerwGE 88, 204 = Buchholz 406.11 § 12 BBauG/BauGB Nr.18 mwN). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs haben die vom Gemeinderat gemäß der Vorlage des Hauptamtes vom 12. November 1998 beschlossenen Änderungen bestimmter Vorschriften der Hauptsatzung die Sitzverteilung in § 1 Abs. 3 Satz 3 der Hauptsatzung nicht bestätigt, sondern diese Bestimmung der Hauptsatzung in der Altfassung unverändert gelassen. Daraus folgt zwar, dass die Antragstellerin durch diese Neufassung nicht neu beschwert ist. Aber da § 47 VwGO eine dem § 113 Abs.1 Satz 1 und Abs.5 Satz 1 VwGO entsprechende, den gerichtlichen Entscheidungszugriff in materieller Hinsicht begrenzende Regelung nicht enthält (Urteil vom 16.Dezember 1999 BVerwG 4 CN 9.98 BVerwGE 110, 203 = Buchholz 140 Art.6 EMRK Nr.7 S.2 ), hängt der Erfolg ihres Normenkontrollantrages nicht von ihrer Rechtsverletzung ab. (Abs.34 + 35)
Einer Nichtigkeitserklärung der gesamten Hauptsatzung steht § 88 VwGO entgegen. Danach ist das Normenkontrollgericht an die Anträge gebunden. Ein Ausgreifen über die beanstandete Bestimmung hinaus auf weitere Bestimmungen derselben Rechtsnorm aus denselben Gründen ist hier anders als für das Bundesverfassungsgericht nach § 78 Satz 2 BVerfGG nicht zulässig. Deshalb konnte nur antragsgemäß entschieden werden. Ihr eigentliches Rechtsschutzziel die Aufhebung der umstrittenen Sitzverteilung vermag die Antragstellerin damit allerdings nicht zue rreichen. ..." (Abs.36)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.34 f
§§§
04.009 Straßenbauvorhaben |
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BVerwG, U, 22.01.04, - 4_A_4/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.19 Abs.4, GG_Art.95; VerkPBG_§_1 Abs.1, VerkPBG_§_5 Abs.1, VerkPBG_§_11; BNatSchG_§_61 Abs.3; FStrG_§_17 Abs.1 S.2; FHH-RL_Art.4 Abs.1
Straßenbauvorhaben / Planfeststellung / gerichtliche Überprüfung / erstinstanzliche Zuständigkeit des BVerwG / Vereinsklage / Präklusion / potenzielles FFH-Gebiet / faktisches Vogelschutzgebiet / Abwägungsgebot / Naturschutzbelange
1) Die Regelung des § 5 Abs.1 VerkPBG, wonach das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über die im § 1 VerkPBG genannten Vorhaben entscheidet, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (wie BVerwG, Urteil vom 22.Januar 2004 BVerwG 4 A 32.02).
3) Die Einwendungen müssen hinreichend deutlich machen, aus welchen Gründen nach Auffassung des beteiligten Vereins zu welchen im Einzelnen zu behandelnden Fragen weiterer Untersuchungsbedarf besteht oder einer Wertung nicht gefolgt werden kann. Sie müssen zumindest Angaben dazu enthalten, welches Schutzgut durch ein Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Im Regelfall ist auch die räumliche Zuordnung eines naturschutzrechtlich bedeutsamen Vorkommens oder einer Beeinträchtigung zu spezifizieren.
4) Eine Präklusion scheidet aus, soweit der Verein erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses an einem anderen Verfahren hier zur Nachmeldung eines FFH-Gebiets beteiligt worden ist.
§§§
04.010 Hauptpersonalratsmitglied |
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BVerwG, B, 27.01.04, - 6_P_9/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BPersVG_§_8, BPersVG_§_44
Freigestellte Mitglieder des Hauptpersonalrats / Unterkunft am Sitz der obersten Dienstbehörde / Trennungsübernachtungsgeld / Steuern und Sozialabgaben.
Müssen freigestellte Mitglieder des Hauptpersonalrats, die am Sitz der obersten Dienstbehörde eine zweite Unterkunft genommen haben, für das ihnen bewilligte Trennungsübernachtungsgeld Steuern und Sozialabgaben entrichten, so ist die Dienststelle zum Ausgleich der dadurch entstandenen Mehrbelastung verpflichtet.
LB 2) Zur Zulässigkeit der Feststellungsklage, wenn der Antragsteller eine Leistungsklage erheben könnte.
Z-404 Feststellungsinteresse: zulässige Leistungsklage
"... Das Feststellungsinteresse entfällt nicht deswegen, weil die Antragsteller einen Leistungs- bzw. Verpflichtungsantrag stellen könnten. Allerdings lässt der Senat Verpflichtungsanträge dort zu, wo das Personalvertretungsrecht dem jeweiligen Antragsteller verfahrens- oder materiellrechtliche Ansprüche zuerkennt; dies ist insbesondere bei Kostenerstattungsansprüchen von Personalratsmitgliedern zu bejahen (vgl Beschluss vom 22.März 1984 BVerwG 6 P 5.82 BVerwGE 69,100, 102; Beschluss vom 22.Dezember 1994 BVerwG 6 P 12.93 Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr.26 S.3). Auch in solchen Fällen behandelt jedoch der Senat in ständiger Praxis Anträge als zulässig, die sich darauf beschränken, die Verpflichtung der Dienststelle gerichtlich feststellen zu lassen. Ein solcher Feststellungsausspruch ist dem Leistungs- bzw. Verpflichtungsausspruch gleichwertig, weil erwartet werden kann, dass die öffentliche Verwaltung der gerichtlich festgestellten Verpflichtung nachkommt (vgl Beschluss vom 21.Juli 1982 BVerwG 6 P 30.79 Buchholz 238.3 A § 44 BPersVG Nr.6 S.3; Beschluss vom 22.Juli 1982 BVerwG 6 P 42.79 Buchholz 238.3 A § 46 BPersVG Nr.12 S.1 f; Beschluss vom 14.Juni 1990 BVerwG 6P 18.88 Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr.24 S.2 f; Beschluss vom 15.März 1995 BVerwG 6 P 31.93 BVerwGE 98,77, 83; ebenso BAG, Urteil vom 28.August 1991 7 AZR 137/90 BAGE 68,242, 245)." (Abs.14)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.14
§§§
04.011 Pflichtstundenverordnung |
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BVerwG, U, 28.01.04, - 2_C_19/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.3, GG_Art.33 Abs.5, GG_Art.80 Abs.1 S.2
Arbeitszeit der Lehrer / regelmäßige wöchentliche Unterrichtsverpflichtung / Pflichtstundenermäßigung für ältere Lehrkräfte
1) § 4 Abs.1 der Hamburgischen Pflichtstundenverordnung Fassung 2000 stimmt mit höherrangigem Recht überein.
2) Der Dienstherr bestimmt innerhalb der für Beamte geltenden Arbeitszeit den Umfang der regelmäßigen Unterrichtsverpflichtung der Lehrer in Wahrnehmung einer ihm zustehenden Einschätzungsprärogative.
LB 3) Es besteht kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass der Umfang der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung eines Lehrers im Beamtenstatus aus Altersgründen ermäßigt werden muss.
Z-405 Bestimmtheit: Landesverordnungen
"... § 76 Abs.1 HmbBG entspricht den Anforderungen des Art.80 Abs.1 Satz 2 GG. Danach müssen in dem zum Erlass von Verordnungen ermächtigenden Gesetz Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt werden. Diese Verfassungsbestimmung gilt unmittelbar zwar nur für die Bundesgesetze und darauf gestützte Verordnungen. Der in Art.80 Abs.1 Satz 2 GG enthaltene, letztlich aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem folgende Grundsatz ist aber auch für die Landesgesetzgebung verbindlich (BVerfGE 58,257 ; BVerwG, Urteil vom 28.November 2002 BVerwG 2 CN 1.01 BVerwGE 117, 219 mwN).
Auszug aus: Originalurteil, Abs.10
Z-406 Arbeitszeitregelung: Pflichtstundenverordnung
"... Die Pflichtstundenverordnung ist ausdrücklich auf die Ermächtigung zur Regelung der regelmäßigen Arbeitszeit der Beamten in § 76 Abs.1 HmbBG gestützt. Sie wird von dieser Ermächtigung gedeckt. Die Festsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung der Lehrer stellt eine Regelung der Arbeitszeit im Sinne dieser Vorschrift dar. Dies entspricht der neueren Rechtsprechung des Senats (vgl ua Urteil vom 28.November 2002 BVerwG 2 CN 1.01 aaO, Beschluss vom 14.Dezember 1989 BVerwG 2 NB 2.89 Buchholz 237.0 § 90 BaWüLBG Nr.2 mwN), wonach die Pflichtstundenregelung für Lehrer und einzelne Lehrergruppen in die allgemeine beamtenrechtliche Arbeitszeitregelung eingebettet ist. Die Erteilung von Unterricht im Umfang des Regelstundenmaßes ist bei Lehrern Teil ihrer "regelmäßigen Arbeitszeit" im Sinne des § 76 HmbBG. Die zeitliche Festlegung nur dieses Teils der Arbeitszeit der Lehrer erklärt sich daraus, dass deren Arbeitszeit nur hinsichtlich der eigentlichen Unterrichtsstunden exakt messbar ist, während sie im Übrigen entsprechend der pädagogischen Aufgabe wegen der erforderlichen Unterrichtsvorbereitung, der Korrekturen, Elternbesprechungen, Konferenzen und dergleichen nicht im Einzelnen in messbarer und überprüfbarer Form bestimmt, sondern nur grob pauschalierend geschätzt werden kann (stRspr, vgl ua Urteil vom 29.November 1979 BVerwG 2 C 40.77 BVerwGE 59, 142 mwN; Beschluss vom 14.Dezember 1989 BVerwG 2 NB 2.89 aaO). Dieser Aufgabenbereich neben d em Unterricht ist umso weniger zeitlich messbar,
als die insoweit aufzuwendende Zeit auch nach Schülerzahl, Schulfächern und schließlich individuell auch nach Fähigkeiten und Erfahrung des einzelnen Lehrers differiert (vgl Urteile vom 1.Juni 1978 BVerwG 2 C 20.76 Buchholz 232 § 72 BBG Nr.14 S.23 und vom 28.Oktober 1982 BVerwG 2 C 88.81 Buchholz 11 Art.3 GG Nr.279 S.9 f). (Abs.11)
Die Beklagte durfte die Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung für ältere Lehrer auf die Gruppe begrenzen, die das sechzigste Lebensjahr bereits am 1.Februar 1999 vollendet hatte (vgl § 4 Abs.1 Pflichtstundenverordnung), und damit die Altersgruppe des Klägers von dieser Privilegierung ausnehmen. Der Dienstherr bestimmt innerhalb der nach gesetzlicher Bestimmung für Beamte geltenden Arbeitszeit den Umfang der regelmäßigen Unterrichtsverpflichtung in Wahrnehmung einer ihm zustehenden Einschätzungsprärogative. Dazu gehört auch die Befugnis, älteren Lehrkräften ein geringeres Unterrichtsdeputat aufzuerlegen als jüngeren (stRspr, vgl ua Beschluss vom 14.Dezember 1989 BVerwG 2 NB 2.89 aaO; ebenso BAG, Urteil vom 22.August 2001 5 AZR 548/99 ZTR 2002, 175). (Abs.12)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.11 f
Z-407 Arbeitszeit: Altersermäßigung
"... § 4 Abs.1 der Pflichtstundenverordnung verletzt nicht Art.33 Abs.5 GG. Es besteht kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass der Umfang der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung eines Lehrers im Beamtenstatus aus Altersgründen ermäßigt werden muss. Die Stundenermäßigung zugunsten der Lehrer, die bereits am 1.Februar 1999 das sechzigste Lebensjahr vollendet haben, stellt eine freiwillige Leistung des Dienstherrn dar." (Abs.13)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.13
§§§
04.012 Befreiende Lebensversicherung |
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BVerwG, U, 28.01.04, - 2_C_4/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(aF) BeamtVG_§_10 Abs.2; BeamtVG_§_44 Abs.1, BeamtVG_§_55 Abs.4 S.1
Anrechnung von Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung auf Versorgungsbezüge
1) Die Anrechnung von Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung auf Versorgungsbezüge dem Grunde nach setzt nicht voraus, dass die Beiträge vom öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber zumindest paritätisch bezuschusst worden sind.
2) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Leistungen aus Lebensversicherungen auch dann auf Versorgungsbezüge angerechnet werden, wenn die Lebensversicherung bereits bei In-Kraft-Treten der Ruhensregelung bestand.
Z-408 Anrechnung: Lebensversicherungsleistungen
"... Mit § 55 Abs.4 Satz 1 BeamtVG verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, solche Rententeile von der Ruhensregelung auszunehmen, die ausschließlich oder doch überwiegend auf freiwilligen Eigenleistungen des Versorgungsempfängers beruhten, hinter denen also gewissermaßen "nur die Fiktion einer Arbeitsleistung steht" (vgl BTDrucks IV/2174 S.24). Der in dem betreffenden Rententeil verkörperte Gegenwert sollte wegen der der Eigenvorsorge dienenden freiwilligen Beitragsleistungen dem Versorgungsempfänger ungeschmälert erhalten bleiben. Hat jedoch der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet, so liegt ihnen und dem auf ihnen beruhenden Rententeil nicht in gleicher Weise und in gleichem Umfang wie bei den vom Versorgungsempfänger allein oder überwiegend aufgebrachten Beiträgen ein freiwilliges eigenes Vermögensopfer zugrunde (vgl Urteil vom 20.Oktober 1983, aaO; Urteil vom 18.März 1993 BVerwG 2 C 44.91 Buchholz 239.1 § 55 BeamtVG Nr.20; BVerfGE 76,256 ). Danach ist es gerechtfertigt, auch den Teil der Rente zu berücksichtigen, der auf einer vom Arbeitgeber zumindest zur Hälfte bezuschussten freiwilligen Weiterversicherung, Selbstversicherung oder Höherversicherung beruht (§ 55 Abs.4 Satz 2 BeamtVG). (Abs.14)
Den Renten nach § 55 Abs.1 Satz 2 Nr.1 bis 2 BeamtVG aF (Nr.1 bis 3 BeamtVG nF) sind gleichgestellt Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung, zu
denen der Arbeitgeber aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat. Danach ist die "befreiende Lebensversicherung" eine Sonderform der vom Arbeitgeber mitfinanzierten Alterssicherung, die ebenso wie die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Überversorgung führen kann. Der Versorgungsempfänger erhält Leistungen aus einer "befreienden" Lebensversicherung, wenn diese zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung geführt hat und damit an die Stelle der sozialen Rentenversicherung getreten ist. Danach sind die Leistungen aus der befreienden Lebensversicherung ein Surrogat der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Beiträgen auf die Lebensversicherung das Surrogat des Arbeitgeberanteils in der gesetzlichen Rentenversicherung. Schon wegen der Gleichstellung mit den Renten aus der gesetzlichenR entenversicherung verbietet es sich, die Anrechenbarkeit der Versicherungsleistungen von prinzipiell unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig zu machen." (Abs.15)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.14 f
§§§
BVerwG, U, 28.01.04, - 2_C_6/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BeamtVG_§_4 Abs.3, BeamtVG_§_10 S.1 Nr.1, BeamtVG_§_12 Abs.1 Nr.2
Ruhegehalt / ruhegehaltfähige Dienstzeit, / Vordienstzeit / Kann-Vorschrift / Ausbildungszeit / vorgeschriebene praktische hauptberufliche Tätigkeit
1) Vorschriften, die die Anerkennung von Vordienstzeiten als ruhegehaltfähig teils bindend vorschreiben, teils in das Ermessen des Dienstherrn stellen, sind nebeneinander anwendbar. Nur dann, wenn eine Vorschrift zur Anerkennung verpflichtet, ist eine nachmalige Berücksichtigung desselben Zeitraums nach einer Kann-Vorschrift ausgeschlossen.
2) Die Anerkennung einer praktischen hauptberuflichen Tätigkeit als Ausbildungszeit nach § 12 Abs.1 Nr.2 BeamtVG setzt nicht voraus, dass der Versorgungsempfänger zuvor eine Ausbildung im Sinne des § 12 Abs.1 Nr.1 BeamtVG durchlaufen hat.
§§§
BVerwG, B, 28.01.04, - 6_PB_10/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(Bl) PersVF_§_91; ArbGG_§_72 Abs.2 Nr.2, ArbGG_§_92, ArbGG_§_92a
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde / Divergenz / inhaltsgleiche Vorschriften verschiedener Personalvertretungsgesetze
Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz liegt auch vor, wenn die Entscheidungen mit den einander widersprechenden Rechtssätzen zu inhaltsgleichen Vorschriften verschiedener Personalvertretungsgesetze ergangen sind.
Z-409 Rechtsbeschwerde: Divergenz
"...a) Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz besteht, wenn das Beschwerdegericht seinem Beschluss einen abstrakten, entscheidungstragenden Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der im Widerspruch zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts steht, und wenn beide Entscheidungen auf der Grundlage derselben Rechtsvorschrift ergangen sind (vgl Beschluss vom 24.Januar 2001 BVerwG 6 PB 15.00 Buchholz 251.95 § 88 MBGSH Nr.1 S.1). Eine Divergenz kann aber auch dann anzunehmen sein, wenn beide Entscheidungen auf der Grundlage von verschiedenen, aber inhaltsgleichen Rechtsnormen ergangen sind (vgl Beschluss vom 25.Mai 1982 BVerwG 6 P 39.80 ; ähnlich zu § 2 RsprEinhG: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 6.Februar 1973 GmS-OGB 1/72 BVerwGE 41,363, 365; offen gelassen durch BAG, Beschluss vom 8.Dezember 1994 9 AZN 849/94 BAGE 79,3, 7 f; Beschluss vom 20.August 2002 9 AZN 130/02 AP Nr.45 zu § 72a ArbGG 1979 Divergenz Bl.15). Für den Bereich des Personalvertretungsrechts liegt dies besonders nahe, weil die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder letztlich dieselben Grundvorstellungen verfolgen und bundesverfassungs- und bundesrahmenrechtlich in einer tendenziell auf Vereinheitlichung zielenden Weise vorgeprägts ind (vgl dazu bereits Beschluss vom 18.Oktober 1963 BVerwG VII P 2.63 BVerwGE 17,43, 48; Beschluss vom 7.Mai 1976 BVerwG VII P 5.75 Buchholz 238.3 A § 83 BPersVG Nr.4). Entgegen einer in der bisherigen Senatsrechtsprechung geläufigen Formulierung kann es dabei nicht ausschlaggebend darauf ankommen, ob die jeweils zur Anwendung gelangten Rechtsnormen wörtlich übereinstimmen. Einerseits können gleich lautende Vorschriften eine verschiedene Bedeutung haben, wenn sie in einem für die systematische Auslegung bedeutsamen andersartigen Regelungszusammenhang stehen (vgl Beschluss vom 27.Juli 1990 BVerwG 6 PB 12.89 Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr.53 S.10). Andererseits können Vorschriften verschiedenen Wortlauts inhaltsgleich sein, wenn austauschbare Begriffe verwandt werden und der jeweilige systematische Regelungszusammenhang übereinstimmt. Letzteres kann etwa dann der Fall sein, wenn die einschlägigen Regelungskomplexe in den jeweils gegenüberzustellenden Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder einheitliche Grundstrukturen aufweisen (vgl zur Regelungssystematik der eingeschränkten Mitbestimmung: Beschluss vom 9.Juli 2003 BVerwG 6 PB 4.03). Für die Beantwortung der maßgeblichen Frage, ob Vorschriften verschiedener Personalvertretungsgesetze inhaltlich übereinstimmen, kann auch die Gesetzessystematik von Bedeutung sein (vgl Beschluss vom 24.Januar 2001, aaO, S.1 f). Gleiches mag ergänzend für die Entstehungsgeschichte gelten,s oweit die Gesetzesmaterialien verlässlich darüber Aufschluss geben, ob die Vorstellungen der jeweiligen Gesetzgeber im Wesentlichen übereinstimmen oder erheblich voneinander abweichen. ..."
Auszug aus: Orginalurteil, Abs.3 f
§§§
BVerwG, B, 28.01.04, - 6_PB_15/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(he) PersVG_§_111; ArbGG_§_72 Abs.2 Nr.2, ArbGG_§_92, ArbGG_§_92a
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde / Divergenz / vergleichbare Vorschriften verschiedener Personalvertretungsgesetze
Die bloße Vergleichbarkeit der Regelungsinhalte unterschiedlicher Normen reicht für die Annahme einer rechtserheblichen Divergenz nicht aus.
§§§
BVerwG, B, 28.01.04, - 6_PHK_15/03 -
Originalurteil = www.bverwg.de
VwGO_§_60 Abs.1, VwGO_67 Abs.1, VwGO_§_166; ZPO_§_121 Abs.1, ZPO_§_117 Abs.2
Nichtzulassungsbeschwerde / Wiedereinsetzung / Prozesskostenhilfe / Rechtsanwalt der Wahl / Beiordnung
Im sog Anwaltsprozess gehört die Benennung eines Rechtsanwalts ihrer Wahl (vgl § 121 Abs.1 ZPO) ebenso zu den Pflichten einer Prozesskostenhilfe beantragenden Partei wie die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs.2 ZPO. Die Benennung kann jedoch im Unterschied zu dem ordnungsgemäßen Prozesskostenhilfeantrag, der innerhalb der Klage- bzw Rechtsmittelfrist zu stellen ist, noch innerhalb der durch die Prozesskostenhilfebewilligung ausgelösten Wiedereinsetzungsfrist (§ 60 Abs.2 Satz 1 VwGO) nachgeholt werden.
§§§
04.017 Abstellen von Fahrrädern |
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BVerwG, U, 29.01.04, - 3_C_29/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_43; StVO_§_12, StVO_§_41 Abs.2 (Zeichen 286, 290, 292)
Haltverbot-eingeschränktes / Haltverbot für eine Zone / Zonenhaltverbot; Fahrrad / Abstellen von Fahrrädern / Fußweg / Gehweg / Verkehrsfläche-öffentliche / Verkehr-ruhender
Ein eingeschränktes Haltverbot für eine Zone (Zeichen 290/292) umfasst auch mit den Zusatzschildern 1053-30 (Parken in gekennzeichneten Flächen erlaubt) und 1060-11 (auch Fahrräder-Symbol) nicht das Abstellen von Fahrrädern auf Flächen, die der Nutzung durch Fußgänger vorbehalten sind.
§§§
BVerwG, U, 29.01.04, - 5_C_9/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(93) SGB_VIII_§_86; SGB_VIII_§_2 Abs.2, SGB_VIII_§_27 ff, SGB_VIII_§_35a, SGB_VIII_§_86, SGB_VIII_§_ 86a, SGB_VIII_§_86b; SGB_X_§_105
Aufenthalt-gewöhnlicher vor Beginn der Leistung / Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche / Jugendhilfeleistung / Hilfe zur Erziehung / Beginn der Leistung / Kostenerstattung in der Jugendhilfe / Beginn der Leistung / Zuständigkeitsbestimmung
1) "Leistung", an deren Beginn § 86 Abs.2 Satz 2 bis 4 und Abs.4 Satz 1 und 2 SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit anknüpfen, sind unabhängig von der Hilfeart und -form im Rahmen einer Gesamtbetrachtung alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen, sofern sie ohne Unterbrechung gewährt worden sind.
2) Eine zuständigkeitsrechtlich "neue" Leistung beginnt bei einer geänderten Hilfegewährung im Rahmen eines einheitlichen, ununterbrochenen Hilfeprozesses nicht allein deswegen, weil die geänderte oder neu hinzutretende Jugendhilfemaßnahme oder ein Teil davon einer anderen Nummer des § 2 Abs.2 SGB V III zugeordnet ist.
§§§
04.019 Landschaftsschutzverordnung |
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BVerwG, B, 09.02.04, - 4_BN_28/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_1 Abs.3, BauGB_§_6 Abs.2, BauGB_§_10 Abs.2 S.2; (By) VwVfG_§_38, VwVfG_§_47; (By) NatSchG_§_49 Abs.1 S.1; Chiemsee-SchutzVO_§_7
Bebauungsplan / Landschaftsschutzverordnung / Befreiung / Befreiungslage / Erforderlichkeit
1) Sind die Festsetzungen eines Bebauungsplans mit den Regelungen einer Landschaftsschutzverordnung nicht vereinbar, so ist der Bebauungsplan unwirksam, wenn sich der Widerspruch zwischen der Landschaftsschutzverordnung und dem Bebauungsplan nicht durch eine naturschutzrechtliche Ausnahme oder Befreiung beseitigen lässt.
2) Wenn eine bestandskräftige Befreiung erteilt worden ist, die den Widerspruch auflöst, kommt es auf das objektive Vorliegen einer Befreiungslage nicht an.
§§§
BVerwG, B, 11.02.04, - 6_B_46/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_86 Abs.1, VwGO_§_132 Abs.2 Nr.2, VwGO_§_132 Abs.2 Nr.3; WPflG_§_8a
Wehrdienst / Tauglichkeit / Amtsermittlung / Sachverständigengutachten / Fachkompetenz des Gerichts
Das Verwaltungsgericht verletzt den Grundsatz der Amtsermittlung nicht, wenn es ohne Sachverständigenbeweis den fachgutachtlich nicht belegten Vortrag eines Klägers verneint, er habe krankhafte Angst, wegen einer Hauterkrankung beim Grundwehrdienst mit Hänseleien rechnen zu müssen.
§§§
04.021 Bolz- und Skateplatz |
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BVerwG, B, 11.02.04, - 7_B_88/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
18.BImSchV_§_1 Abs.2; BImSchG_§_3 Abs.5 Nr.1
Z-410 Sportanlagen iSd § 1 Abs.2 18.BImSchV
"... Nach der Legaldefinition des § 1 Abs.2 der 18.BImSchV
s §.5 Nr.1 BImSchG, die zur Sportausübung bestimmt sind. Damit wird zwar die Notwendigkeit der Zweckbestimmung der Anlage für den Sport hervorgehoben, der immissionsschutzrechtliche Sportbegriff jedoch nicht definiert. Namentlich gibt § 1 Abs.2 der 18.BImSchV nichts dafür her, dass er sämtliche Erscheinungsformen körperlich-spielerischer Aktivität vom kindlichen Spielen bis zum berufsmäßig betriebenen Leistungssport erfasst. Welches der für die unmittelbare Anwendung der Sportanlagenlärmschutzverordnung maßgebliche Anlagentyp ist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls kleinräumige Anlagen der hier in Rede stehenden Art, die ausschließlich für die körperliche Freizeitbetätigung von Kindern bis zum Alter von 14 Jahren bestimmt sind, können nicht als Sportanlagen im Sinne der Verordnung eingeordne t werden. Das ergibt sich ohne weiteres aus deren wörtlicher, systematischer und historischer Auslegung. (Abs.4)
Die Beschreibung des Anwendungsbereichs der Verordnung so die in ihrem § 3 vorgesehenen Maßnahmen lassen erkennen, dass sich der Verordnungsgeber am Leitbild einer Sportanlage orientiert hat, die dem Vereinssport, Schulsport oder vergleichbar organisiertem Freizeitsport dient. Die Verpflichtungen des
Betreibers, bestimmte Anforderungen an Lautsprecheranlagen und ähnliche technische Einrichtungen zu beachten (Nr.1), Vorkehrungen zur Minderung des von Zuschauern verursachten Lärms zu treffen (Nr.3) sowie An- und Abfahrtswege und Parkplätze durch Maßnahmen betrieblicher und organisatorischer Art lärmmindernd zu gestalten (Nr.4), passen nicht auf kleinräumige Anlagen, die auf regelmäßig unorganisierte, ohne nennenswerte Beteiligung von Zuschauern und ohne Schiedsrichter oder Sportaufsicht stattfindende körperlich-spielerische Aktivitäten von Kindern zugeschnitten sind. Nichts anderes gilt für die in § 2 Abs.1 der 18.BImSchV geregelten Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von Sportanlagen, die das vom Normgeber für erforderlich gehaltene Lärmschutzniveau differenzierend nach dem Gebietscharakter, nach Tages-, Nacht- und Ruhezeiten und nach Werktagen sowie Sonn- und Feiertagen durch Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte konkretisieren. Sie werden der Eigenart speziell für Kinder bis zum Alter von 14 Jahren bestimmter besonderer Ballspielplätze und ähnlicher Spieleinrichtungen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie wegen ihrer sozialen Funktion regelmäßig wohngebietsnah sein müssen, nicht in jedem Fall gerecht. Dass die eblicher Sportanlagenlärmschutzverordnung solche Spieleinrichtungen zur Befriedigung kindlicher Freizeitbedürfnisse nicht erfasst, wird durch ihre Entstehungsgeschichte bestätigt, die auf eine Entscheidung des Senats zu Geräuschimmissionen einer dem Schul-, Vereins- und Freizeitsport dienenden Bezirkssportanlage Bezug nimmt, deren Gegenstand die von typischen Sportanlagen ausgehende nachbarliche Lärmbelästigung war (vgl BRDrucks 17/91 S.32 ff). Der Verordnungsgeber geht davon aus, dass "Kinderspielplätze und freizeitsportliche Aktivitäten auf Sportgelegenheiten wie Wegen, Plätzen, Spielstraßen und Freiflächen ... nicht erfasst" werden (aaO S.38).
Auszug aus: Originalurteil, Abs.4
Z-411 Ermittlungs-+ Messverfahren
"... Andererseits steht der Ausschluss einer unmittelbaren Anwendung der Sportanlagenlärmschutzverordnung auf kindgerechte Ballspielplätze und vergleichbare Anlagen ihrer entsprechenden Heranziehung im Einzelfall nicht von vornherein entgegen. Es bietet sich namentlich an, die von solchen Anlagen ausgehenden Geräuschimmissionen mangels geeigneterer Vorschriften nach dem in der Sportanlagenlärmschutzverordnung festgelegten Ermittlungs - und Messverfahren zu bestimmen, das der Besonderheit der bei Sport und Spiel auftretenden Geräusche Rechnung trägt (vgl Urteil vom 19.Januar 1989 - BVerwG 7 C 77.87 BVerwGE 81,197). Die Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschen, die von Anlagen der hier in Rede stehenden Art ausgehen, muss jedoch wegen deren Atypik und Vielgestaltigkeit weitgehend der tatrichterlichen Wertung im Einzelfall vorbehalten bleiben. Diese richtet sich insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit; dabei sind wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz mitbestimmend (vgl Urteil vom 30.April 1992 BVerwG 7 C 25.91 BVerwGE 90,163). Die normkonkretisierende Funktion der Immissionsrichtwerte der Sportanlagenlärmschutzverordnung, eine interessengerechte, gleichmäßige Bewertung der belästigenden Wirkung von Sportlärm zu ermöglichen und damit ein Höchstmaß an Rechtssicherheit zu erreichen (vgl BRDrucks 17/91, S.35 f), kann die individuelle Würdigung bei den aus der Sicht der Verordnung atypischen Spiel- und Freizeitanlagen für Kinder nicht ersetzen."
Auszug aus: Originalurteil, Abs.6
§§§
BVerwG, B, 12.02.04, - 4_BN_9/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_5 Abs.2 Nr.9b, BauGB_§_5 Abs.2 Nr.10, BauGB_§_9 Abs.1 Nr.18b, BauGB_§_9 Abs.1 Nr.20
Flächennutzungsplan / Darstellung als "Wald" / Bebauungsplan / Festsetzung als "Fläche zum Schutz und zur Pflege von Natur und Landschaft" / Entwicklungsgebot
Die Grenzen des Entwicklungsgebots des § 8 Abs.2 Satz 1 BauGB sind gewahrt, wenn in einem Bebauungsplan "Flächen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft" im Sinne des § 9 Abs.1 Nr.20 BauGB festgesetzt wurden, die im Flächennutzungsplan als "Wald" im Sinne des § 5 Abs.2 Nr.9 Buchst.b BauGB dargestellt sind.
§§§
BVerwG, U, 17.02.04, - 2_WD_15/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.1 Abs.1 S.1, GG_Art.2 Abs.1; SG_§_7, SG_§_10 Abs.1, SG_§_11 Abs.1, SG_§_17 Abs.2 S.1+2, SG_§_23 Abs.1; WDO_§_58 Abs.7 iVm WDO_§_38 Abs.1; StGB_§_184 Abs.5;
Beschaffen und Besitz kinderpornografischer Bilder / Eingriff in Menschenwürde / allgemeines Persönlichkeitsrecht / Teilnahme an Gruppenpsychotherapie nach Dienstvergehen / Dienstausübungsverbot / Dienstgradherabsetzung zum Feldwebel / Aneignung von Munition / Sicherheitsrisiken-erhebliche
1) Zur Maßnahmebemessung bei Besitzverschaffung vom Computerausdrucken kinderpornografischen Inhalts im dienstlichen Bereich durch einen Stabsoffizier.
§§§
BVerwG, U, 18.02.04, - 2_WD_11/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
WDO_§_57 Abs.7 iVm WDO_§_38 Abs.1
Zugriff auf Vermögen / Tatmilderungsgrund / Mitverschulden von Vorgesetzten / Dienstgradherabsetzung
2) Der Tatmilderungsgrund eines Mitverschuldens von Vorgesetzten erfordert das Vorliegen einer Überforderungssituation des Soldaten, die ein hilfreiches Eingreifen von Vorgesetzten verlangt hätte.
3) Bei einem schwerwiegenden Zugriff auf das Vermögen des Dienstherrn und fehlenden Tatmilderungsgründen ist eine Degradierung in einen Mannschaftsdienstgrad geboten.
§§§
04.025 Verlust-Prüfungsarbeit |
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BVerwG, B, 18.02.04, - 6_B_10/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
ZPO_§_444; VwGO_§_86 Abs.1, VwGO_§_108 Abs.1 S.1, VwGO_§_133 Abs.3 S.3
Staatsexamen / Aufklärungsrüge
Z-412 Prüfungsarbeit: Verlust
"...Der Grundsatz, dass es zu Lasten des Prüflings geht, wenn sich Prüfungsfehler nicht nachweisen lassen, gilt nicht ausnahmslos. Eine Ausnahme ist dem in § 444 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken folgend im Fall der Beweisvereitelung durch die Prüfungsbehörde geboten (vgl Urteil vom 18.Dezember 1987 BVerwG 7 C 49.87 BVerwGE 78,367, 370). § 444 ZPO besagt, dass dann, wenn eine Urkunde von einer Partei in der Absicht, ihre Benutzung dem Gegner zu entziehen, beseitigt oder zur Benutzung untauglich gemacht wird, die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit und den Inhalt der Urkunde als bewiesen angesehen werden können. Der in dieser Vorschrift enthaltene und auf die Vereitelung des Beweises mit Hilfe anderer Beweismittel übertragbare Rechtsgedanke geht dahin, zu verhindern, dass eine Lücke in der Beweisführung, die die nicht beweispflichtige Partei verschuldet hat, ohne weiteres und in jedem Fall nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen der beweispflichtigen Partei zur Last fällt. Der Tatrichter hat danach zu prüfen, ob sich diese Lücke in der Beweisführung unter Einbeziehung des schuldhaften Verhaltens einer Partei in die Beweiswürdigung durch den in § 444 ZPO vorgesehenen Schluss ausfüllen lässt, ohne dazu verpflichtet zu sein, einen solchen Schluss in jedem Fall zu ziehen. Ein solcher Schluss setzt stets voraus, dass der Tatrichter im Rahmen der freien Beweiswürdigung die diesem Schluss entsprechende Überzeugung gewonnen hat (vgl Urteil vom 26.April 1960 BVerwG 2 C 68.58 BVerwGE 10,270, 271 f; s auch Dawin,
in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 108 Rn.83 ff mwN). (Abs.6)
Hiernach kann der von der Prüfungsbehörde verschuldete Verlust einer Prüfungsarbeit nicht, wie die Beschwerde meint, ohne weiteres zu einer Bewertung dieser Prüfungsarbeit führen, die das Bestehen der (Gesamt-)Prüfung ermöglicht. Vielmehr hat der Tatrichter die behaupteten Bewertungsfehler anhand vorhandener Begutachtungen und sonstiger Erkenntnisquellen aufzuklären (§ 86 Abs.1 VwGO) und aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine Überzeugung über deren Vorliegen zu gewinnen (§ 108 Abs.1 Satz 1 VwGO). Lässt sich danach das Vorliegen eines erheblichen Prüfungsmangels nicht mit hinreichender Sicherheit verneinen, ist wegen der dem Prüfling aufgrund der Beweisvereitelung günstigen Beweislastverteilung von dem behaupteten Prüfungsmangel auszugehen. Das Vorliegen eines Bewertungsfehlers kann jedoch nicht mit dem Vorliegen ausreichender Prüfungsleistungen gleichgesetzt werden. Vielmehr sind Bewertungsfehler grundsätzlich in der Weise zu korrigieren, dass die Prüfungsleistung von dem zuständigen Prüfer neu bewertet wird; sofern allerdings eine verlässliche Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob die an eine erfolgreiche Prüfung zu stellenden Mindestanforderungen erfüllt sind, nicht oder nicht mehr vorhanden ist, entfällt der Anspruch des Prüflings auf Neubewertung mit der Folge, dass die Prüfung ohne Anrechnung auf die Zahl der allgemein
zulässigen Wiederholungsprüfungen erneut abgelegt werden kann und muss (vgl Beschluss vom 11.April 1996 - BVerwG 6 B 13.96 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr.363 = NVwZ 1997, 502; Beschluss vom 20.Mai 1998 - BVerwG 6 B 50.97 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 389 = NJW 1998,3657; Urteil vom 27.April 1999 - BVerwG 2 C 30.98 - Buchholz 237.5 § 22 HeLBG Nr.1 = NVwZ 2000,921). So verhält es sich auch bei einem von der Prüfungsbehörde zu verantwortenden Verlust der Prüfungsarbeit, weil unter dieser Voraussetzung die erbrachte Prüfungsleistung - zumindest in der Regel - ebenfalls nicht ordnungsgemäß neu bewertet werden kann. Die Rechtslage ist insoweit keine andere als in den Fällen, in denen die Bewertung einer Prüfungsleistung von den Prüfern nicht oder nicht ausreichend begründet worden ist und sich eine substantielle, die effektive gerichtliche Kontrolle der Prüfungsentscheidung ermöglichende Begründung wegen Zeitablaufs nicht nachholen lässt. Auch in derartigen Fällen ist nicht etwa - sozusagen auf der Grundlage fiktiv fehlerfreier Prüfungsleistungen - die Prüfung für bestanden zu erklären, sondern die negative Prüfungsentscheidung aufzuheben und dem Prüfling Gelegenheit zu geben, die Prüfung erneut abzulegen (vgl BVerwGE 99,185). (Abs.7)
Der Einwand des Klägers, die erneute Anfertigung eines Prüfungsstücks sei ihm angesichts der vergangenen Zeit und des technischen Fortschritts nicht
zuzumuten, greift nicht durch. Zum einen kann ein Prüfling Nachteile der vorgetragenen Art vermeiden, indem er alsbald nach Bekanntwerden des Verlustes der Prüfungsarbeit diese vorsorglich wiederholt und sich diese Möglichkeit, wenn nötig, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes erstreitet (vgl Beschluss vom 11.April 1996 BVerwG 6 B 13.96 - aaO). Zum andern erlauben der Grundsatz der prüfungsrechtlichen Chancengleichheit und der Schutz der Gemeinschaftsgüter, dem der Nachweis einer bestimmten beruflichen Qualifikation dient und der ihn im Hinblick auf Art.12 Abs.1 GG rechtfertigt (vgl Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 2.Aufl.2001, Rn.617 mwN), es nicht, einem Prüfling den Besitz der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten allein deshalb zu bestätigen, weil wegen eines Fehlers der Prüfungsbehörde nicht aufgeklärt werden kann, ob die (negative) Bewertung der Prüfungsarbeit auf rechtserheblichen Mängeln beruht." (Abs.8)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.6 ff
Z-413 Aufklärungsmangel + Parteivernehmnung
"...Wird ein Aufklärungsmangel geltend gemacht, muss gemäß § 133 Abs.3 Satz 3 VwGO substantiiert dargelegt werden, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Berufungsgericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel bzw Aufklärungsmöglichkeiten in Betracht gekommen wären, welches Ergebnis die Beweisaufnahme bzw. weitere Aufklärung voraussichtlich gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Tatsachengericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht verletzt, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht beantragt hat. (Abs.11)
Ob die Aufklärungsrüge des Klägers diesen Darlegungsanforderungen entspricht, ist zweifelhaft, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Denn die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Dem Verwaltungsgerichtshof musste sich eine Vernehmung des Klägers als Partei nicht aufdrängen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Anhörungsschreiben gemäß § 130a VwGO vom 25.Juli 2002 die Erwägungen, auf die der angefochtene Beschluss gestützt ist, bereits im Wesentlichen dargestellt und insbesondere das Gutachten des Sachverständigen B vorläufig gewürdigt. Der Kläger hat daraufhin um mündliche Verhandlung gebeten und auf die Notwendigkeit eines Sachverständigenbeweises hingewiesen, die Möglichkeit einer
Parteivernehmung aber nicht angesprochen (Schriftsatz vom 20.August 2002). Es liegen aber auch sonst keine Umstände vor, die dem Verwaltungsgerichtshof eine Vernehmung des Klägers als Partei hätten aufdrängen müssen. Der Kläger hat sich in diesem Verfahren umfänglich durch schriftlichen Vortrag sowie persönlich etwa in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 27.Mai 1998 geäußert. Ohne entsprechende Hinweise seitens des Klägers durfte der Verwaltungsgerichtshof davon ausgehen, dass er Weiteres nicht vorzutragen hatte. (Abs.12)
Die Beschwerde hat aber auch nicht dargelegt, und es sind auch sonst keine Umstände dafür ersichtlich, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht es geboten hätte, den Kläger nicht nur (informell) anzuhören, sondern darüber hinaus seine (förmliche) Vernehmung als Partei anzuordnen. Anders als in dem von der Beschwerde erwähnten Urteil vom 8.Dezember 1988 BVerwG 3 C 87.87 (Buchholz 310 § 96 VwGO Nr.36 = NVwZ 1989, 1057) war hier eine Parteivernehmung insbesondere nicht erforderlich, um Widersprüche im tatsächlichen Vortrag der Partei auszuräumen. (Abs.13)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.11 f
§§§
04.026 Versorgungsabschlag |
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BVerwG, U, 19.02.04, - 2_C_12/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.33 Abs.5; BeamtVG_§_14 Abs.3, BeamtVG_§_69d Abs.3
Dienstunfähigkeit / Versorgungsabschlag
Der Versorgungsabschlag bei vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand gemäß § 14 Abs.3 in Verbindung mit § 69d Abs.3 BeamtVG steht im Einklang mit Verfassungsrecht.
§§§
04.027 Versorgungsabschlag-Witwe |
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BVerwG, U, 19.02.04, - 2_C_20/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.33 Abs.5; BeamtVG_§_14 Abs.3, BeamtVG_§_19, BeamtVG_§_20, BeamtVG_§_53 Abs.1 BeamtVG_§_53 Abs.2, BeamtVG_§_53 Abs.5, BeamtVG_§_53 Abs.7, BeamtVG_§_69d Abs.3; BBG_§_42 Abs.1; BRRG_§_26 Abs.1
Dienstunfähigkeit / Erwerbseinkommen / Anrechnung von Brutto-/Netto-erwerbseinkommen / Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit / Werbungskosten / Tod des Beamten / Versorgungsabschlag / Witwengeld
1) Die Versorgung der Witwe eines im aktiven Dienst verstorbenen Beamten ist so zu regeln, als sei der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden.
2) Der Versorgungsabschlag bei vorzeitigem Eintritt in den Ruhestand gemäß § 14 Abs.3 iVm § 69d Abs.3 BeamtVG steht im Einklang mit Verfassungsrecht.
3) Die Anrechnung von Erwerbseinkommen auf das Witwengeld ist mit Verfassungsrecht vereinbar, soweit die Witwe nicht schlechter gestellt ist als der vorzeitig in den Ruhestand getretene Beamte.
4) Auf das Witwengeld sind grundsätzlich die Bruttoeinkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit anzurechnen. Allerdings sind die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung dieser Einnahmen erforderlichen Aufwendungen ("Werbungskosten") abzuziehen.
§§§
04.028 Besoldungsdienstalter |
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BVerwG, U, 19.02.04, - 2_C_5/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.3 Abs.1; BBesG_§_28 Abs.2, BBesG_§_30 Abs.1
Zeiten der Zugehörigkeit zu den Grenztruppen der DDR / Gleichstellung mit Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit / Wertungsspielraum des Gesetzgebers.
Dass Zeiten einer Tätigkeit als Angehöriger der Grenztruppen der DDR bei der Festsetzung des Besoldungsdienstalters nicht zu berücksichtigen sind, ist mit Art.3 Abs.1 GG vereinbar.
§§§
04.029 Veränderungssperre |
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BVerwG, U, 19.02.04, - 4_CN_16/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_1 Abs.3, BauGB_§_1 Abs.4, BauGB_§_1 Abs.6, BauGB_§_2 Abs.1, BauGB_§_14 Abs.1, BauGB_§_17 Abs.1, BauGB_§_35 Abs.3 S.3, BauGB_§_36 Abs.2, BauGB_§_245b; EEG_§_2 Abs.1 S.1; VwGO_§_47, VwGO_§_142
Normenkontrollverfahren / Verlängerung / Windenergieanlagen / Konzentrationszone / Feinsteuerung / Bebauungsplan / Einvernehmen / Sicherungsbedürfnis / Konkretisierung / Planungsziel
1) Durch die Erteilung ihres Einvernehmens zu einem Bauvorhaben wird die Gemeinde grundsätzlich nicht gehindert, eine dem Vorhaben widersprechende Bauleitplanung zu betreiben und sie durch eine Veränderungssperre zu sichern.
2) Eine Veränderungssperre, die der Gemeinde erst die Zeit für die Entwicklung eines bestimmten Planungskonzepts geben soll, ist mangels eines beachtlichen Sicherungsbedürfnisses unwirksam.
3) Ein Normenkontrollverfahren wegen einer Veränderungssperre erledigt sich nicht nach zwei Jahren durch Zeitablauf, wenn die Gemeinde zuvor die Geltungsdauer der Veränderungssperre verlängert hat.
§§§
BVerwG, U, 19.02.04, - 4_C_4/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_35 Abs.2, BauGB_§_35 Abs.3 S.1 Nr.7, BauGB_§_35 Abs.4 S.1 Nr.2, BauGB_§_35 Abs.4 S.1 Nr.5; GG_Art.14 Abs.1
Außenbereich / Entprivilegierung / sonstiges Vorhaben / Wohngebäude / Bauernhaus / Wohnhaus / Zwillingsbau / Haushälfte / Ersetzung / Gleichartigkeit / Erweiterung / Angemessenheit
Ein als Wohnhaus genutztes ehemaliges Bauernhaus mit einer Wohneinheit ist einem Ersatzgebäude mit zwei Wohnungen in zwei aneinander gesetzten, selbständig nutzbaren Haushälften nicht gleichartig im Sinne des § 35 Abs.4 Satz 1 Nr.2 BauGB. Es darf auch nicht nach § 35 Abs.4 Satz 1 Nr.5 BauGB in einen derartigen Zwillingsbau umgebaut werden.
§§§
[ 2003 ][ ] |
RS-BVerwG - 2004 (1-30) |
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