BVerwG, B, 07.01.03, - 6_B_70/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GewO_§_33i Abs.2 Nr.2
Spielhalle / Räume / polizeiliche Anforderungen / Lage in einem kriminalitätsgeneigten Umfeld
Der Versagungsgrund des § 33i Abs.2 Nr.2 GewO ist nicht allein deswegen gegeben, weil die Spielhalle in einem kriminalitätsgeneigten Umfeld betrieben werden soll; er setzt in einem solchen Fall voraus, dass wegen des polizeiwidrigen Zustands des Umfeldes auch die Betriebsräume selbst nicht den polizeilichen Anforderungen entsprechen.
§§§
03.002 Beschlussverfahren |
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BVerwG, B, 07.01.03, - 6_P_7/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
ArbGG_§_48; BPersVG_§_12; SBG_§_50
1) Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren wird in der Rechtsmittelinstanz die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts auch dann nicht überprüft, wenn dieses darüber verfahrensfehlerhaft nicht vorab entschieden hat.
2) In militärischen Dienststellen und Einrichtungen gemäß § 49 Abs.1 Satz 1 SBG, denen nicht in der Regel mindestens fünf wahlberechtigte Zivilbeschäftigte angehören, werden Personalvertretungen nicht gewählt.
§§§
BVerwG, B, 08.01.03, - 6_P_8/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(Hb) PersVG_§_87 Abs.1 Nr.2
Eingliederung / Einstellung / Fremdunternehmen / Krankentransport
Wird der Transport von Kranken in einem Klinikareal teilweise einem klinikfremden Unternehmen übertragen, das dafür Krankenwagen und Besatzungen stellt und bei dem die volle "Personalhoheit" über die eingesetzten Mitarbeiter verbleibt, liegt eine mitbestimmungspflichtige Einstellung nicht vor, auch wenn sich die Transporte, die von den Mitarbeitern der Klinik und von denjenigen des Fremdunternehmens durchgeführt werden, äußerlich nicht unterscheiden, insbesondere der gemeinsamen Disposition durch eine klinikeigene Transportzentrale unterliegen.
§§§
03.004 Kalifatstaat-Teilorganisation |
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BVerwG, B, 10.01.03, - 6_VR_13/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwVfG_§_28 Abs.2 Nr.1; VereinsG_§_3 Abs.3, VereinsG_§_14 Abs.1 S.1
Kalifatsstaat / Teilorganisation / Anhörung-Entbehrlichkeit
Z-300 Entbehrlichkeit der Anhörung
"... Einer Anhörung des Antragstellers vor Erlass der Verfügung bedurfte es nicht. Nach § 28 Abs.1 VwVfG ist vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Nach § 28 Abs.2 Nr.1 VwVfG kann von einer Anhörung abgesehen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Es genügt, dass die Behörde unter diesen Gesichtspunkten eine sofortige Entscheidung für notwendig halten durfte (vgl Urteil vom 18.Oktober 1988 BVerwG 1 A 89.83 BVerwGE 80,299, 304 mwN). (Abs.6)
Die Erwägungen der Antragsgegnerin zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung (vgl. auch Bl. 149 des Verwaltungsvorgangs) rechtfertigen das Absehen von einer Anhörung. Die Befürchtung, es könnten vor dem Zugriff der Vollzugsbehörden Vermögensgegenstände und Unterlagen, die Grundlage der verfassungswidrigen Tätigkeit seien, beiseite geschafft und später zu ihrer Fortsetzung verwendet werden, lässt sich nach den Umständen nicht beanstanden. Für die vorliegende Einbeziehungsverfügung gilt derselbe Grundsatz wie für die Verbotsverfügung selbst, nämlich dass das Bestreben, ihr größtmögliche Wirksamkeit zu geben, das Absehen von der Anhörung in der Regel rechtfertigt.
Daran ändert der Umstand nichts, dass wie hier die gegen den Gesamtverein zuvor erlassene Verbotsverfügung allgemein bekannt gewesen ist. Er hat insoweit der einem Vereinsverbot nicht selten vorausgehenden öffentlichen Erörterung vergleichbar nicht denselben "Ankündigungseffekt" wie die Anhörung im Rahmen eines (konkreten) Verwaltungsverfahrens. (Abs.7)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.6 f
Z-301 Teilorganisation eines Ausländervereins
"... Gemäß § 3 Abs.3 VereinsG, der auch für Ausländervereine gilt, erstreckt sich das Verbot eines Vereins grundsätzlich auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind. (Abs.8)
a) Voraussetzung für das Vorliegen einer Teilorganisation ist eine Identität zwischen dem Verein als Ganzem und seiner Gliederung. Die Gliederung muss tatsächlich in die Gesamtorganisation eingebunden sein und im Wesentlichen von ihr beherrscht werden, auch wenn eine totale organisatorische Eingliederung nicht notwendig ist. Indizien dafür können sich etwa aus der personellen Zusammensetzung, den Zielen, der Tätigkeit, der Finanzierung, aus Verflechtungen bei der Willensbildung und aus Weisungsgegebenheiten ergeben (vgl zusammenfassend Urteil vom 28.Januar 1997 BVerwG 1 A 13.93 Buchholz 402.45 VereinsG Nr.26 S.98 f = NVwZ 1998,174). (Abs.9)
Auch Religionsgemeinschaften, die seit In-Kraft-Treten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Vereinsgesetzes vom 4.Dezember 2001 (BGBl I S.3319) am 8.Dezember
2001 dem Vereinsgesetz unterfallen, können Teilorganisationen aufweisen. Der Zweck eines Vereins und seine geistigen Grundlagen die gemeinsamen Überzeugungen seiner Mitglieder sind für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs.3 Satz 1 VereinsG nicht unmittelbar von Bedeutung. Allerdings können sich Menschen gemeinsamen Glaubens oder religiösen Bekenntnisses eher als etwa Vereinigungen mit vergleichbar umfassender Zielsetzung wie etwa politische Parteien in Gemeinden zusammenfinden, die gegenüber einer gemeinsamen übergemeindlichen Organisation ein gewisses Maß an Autonomie aufweisen. Daher wird bei Religionsgemeinschaften der tatsächlichen Frage besonderes Augenmerk zu widmen sein, ob die Gesamtorganisation als bloßer Dachverband anzusehen ist, dem die Mitgliedsorganisationen mehr oder weniger locker angeschlossen sind (vgl näher dazu Beschluss vom 6.Juli 1994 BVerwG 1 VR 20.93 Buchholz 402.45 VereinsG Nr.18, S.17), oder ob ein Gesamtverband vorliegt, dem die Gemeinden als Teilorganisationen eingegliedert sind. Letzteres setzt voraus, dass über die geistige Führung durch eine übergemeindliche Institution hinaus eine hierarchische Verbandsstruktur mit einer Organisation vorliegt, die der Umsetzung der Entscheidungen des Zentralverbandes auf der Ebene der Gemeinden dient. (Abs.10)
b) Teilorganisationen werden aufgrund ihrer Identität mit dem Gesamtverein ohne
weiteres von dessen Verbot erfasst. Sie müssen nicht selbst einen Verbotsgrund erfüllen und können die Verbotsverfügung auch nur mit der Begründung anfechten, keine Teilorganisation zu sein (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 6.Juli 1994, aaO, S.14, 17 sowie Urteil vom 28.Januar 1997, aaO). Dies ist auch in dem Fall verfassungsrechtlich unbedenklich, in dem es s ich bei der Teilorganisation um eine Religionsgemeinschaft handelt, die die religiöse Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art.140 GG iVm Art.137 Abs.2 WRV für sich beanspruchen kann (vgl BVerfG, Beschluss vom 5.Februar 1991 2 BvR 263/86 BVerfGE 83,341, 354 f). Erweist sich das Verbot des Gesamtvereins, bei dem es sich um eine Religionsgemeinschaft handelt, wie hier auch mit Blick auf die religiöse Vereinigungsfreiheit als gerechtfertigt, gilt für die entsprechende Teilorganisation nichts anderes. Aus diesem Grunde kommt es nicht darauf an, ob bei dem Antragsteller, wie er vorträgt, ein Vereinsverbot rechtfertigende Tatbestände nicht vorliegen oder ob dies doch der Fall ist. (Abs.11)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.8
§§§
03.005 Müllverbrennungsanlage |
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BVerwG, B, 14.01.03, - 7_B_2/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_132 Abs.2 Nr.1
LB 1) Seit thermische Behandlungsanlagen dem immissionsrechtlichen Genehmigungsverfahren unterliegen muss kein Standortsuchverfahrens mehr durchgeführt werden.
Z-302 Standortsuchverfahren
"... Die Kläger halten für klärungsbedürftig, ob für thermische Behandlungsanlagen ein Standortsuchverfahren durchgeführt werden müsse. Die Frage verleiht der Rechtssache schon deswegen keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kläger selbst wenn im vorliegenden Fall das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot zu beachten wäre als nicht von enteignenden Vorwirkungen des Bescheides betroffene Nachbarn darauf beschränkt sind, die fehlerhafte Abwägung eigener Belange mit entgegenstehenden, das Vorhaben tragenden Belangen geltend machen zu dürfen, und daher die Frage alternativer Standorte nicht gerichtlich überprüfen lassen können. Abgesehen davon ist es aber auch offenkundig, dass aufgrund des inzwischen für derartige Anlagen geltenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens eine Pflicht zur Aufsuchung und Prüfung alternativer Standorte nicht mehr besteht (vgl Jarass, Bundesimmissionsschutzgesetz, 5.Aufl, Rn.27 zu § 6; Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Rn.9 zu § 31). Die gegenteilige Ansicht von Bender/Sparwasser/Engel (Umweltrecht, 4.Aufl, Kapitel 12, Rn.244, S.661), auf die die Kläger sich berufen, geht an dem Zweck der Änderung des Zulassungsregimes vorbei. Diese zielte erklärtermaßen auf eine Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, wobei im Gesetzgebungsverfahren Klarheit darüber
bestand, dass mit dem Wegfall der Planfeststellungspflicht auch die Untersuchung alternativer Standorte entfallen würde (vgl Paetow, aaO, mwN).
Auszug aus: Originalurteil, Abs.3
§§§
03.006 Entsteinerungsklausel |
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BVerwG, U, 16.01.03, - 4_CN_8/01 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.100; VwGO_§_47 Abs.1 Nr.2, VwGO_§_47 Abs.2 S.1, VwGO_§_47 Abs.5 S.1 (By) AGVwGO_§_5 S.1; EMRK_Art.6 Abs.1; ROG_§_4 Abs.1
Normenkontrolle-verwaltungsgerichtliche / Rechtsverordnung / Verordnungsänderung durch Gesetz / Entsteinerungsklausel / Ziel der Raumordnung / Landesentwicklungsprogramm / A 94 / Bundesautobahn über Dorfen / Antragsbefugnis / mündliche Verhandlung
1) Eine durch Gesetz geänderte Norm einer landesrechtlichen Rechtsverordnung, hinsichtlich der die Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang angeordnet worden ist ("Entsteinerungsklausel"), kann eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift iSv § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO sein.
2) Vorbehaltlich landesrechtlicher Besonderheiten kann eine solche Vorschrift Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein.
Z-303 Entsteinerungsklausel
"... Gleichwohl ist hier die revisionsgerichtliche Prüfungsbefugnis gemäß § 137 Abs.1 VwGO gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung wendet ein Instanzgericht nämlich revisibles Recht auch insoweit an, als es sich bei der Auslegung irrevisiblen Rechts durch revisibles Recht gebunden fühlt (BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 1975 BVerwG 4 C 8.bis 11.74 BVerwGE 49,301, mwN). So ist es hier. Das Normenkontrollgericht geht erkennbar davon aus, dass der bayerische Landesgesetzgeber mit dem Erlass des Art.5 Satz 1 BayAGVwGO von der Ermächtigung des § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO in vollem Umfang Gebrauch gemacht hat. Im Unterschied etwa zu der entsprechenden Regelung in Rheinland-Pfalz (§ 4 AGVwGO RP), die ausdrücklich bestimmt, dass Rechtsverordnungen, die Handlungen eines Verfassungsorgans im Sinne des Art. 130 der Landesverfassung sind, nicht dem Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO unterliegen (vgl dazu BVerwG, Beschluss vom 1.August 1990 BVerwG 7 NB 2.90 Buchholz 310 § 47 VwGO Nr.48), stimmen die bayerische Ausführungsregelung und § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO wörtlich überein. Dementsprechend prüft das Normenkontrollgericht die Zulässigkeit der Normenkontrolle am Maßstab des "§ 47 Abs.1 Nr.2 VwGO iVm Art.5 Satz 1 AGVwGO", ohne zwischen diesen Vorschriften zu differenzieren. Sein Verständnis des Art.5 Satz 1 BayAGVwGOb eruht auf der Auslegung der bundesrechtlichen Vorschrift des § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO, der zum revisiblen Recht gehört. (Abs.24)
b) In Übereinstimmung mit einer verbreiteten Auffassung nimmt das Normenkontrollgericht an, dass ein formelles Landesgesetz niemals eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne von § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO sein könne. Dieser Ansicht folgt der Senat nicht. Vielmehr ergibt eine an Sinn und Zweck des § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO ausgerichtete Auslegung dieser Vorschrift, dass ausnahmsweise auch eine Rechtsvorschrift, die als formelles Landesgesetz erlassen worden ist, der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle unterliegen kann. Unter dem Vorbehalt landesrechtlicher Besonderheiten gilt dies insbesondere für den Fall der Änderung oder Ergänzung einer Rechtsverordnung durch ein formelles Gesetz, wenn dieses zugleich bestimmt, dass auch die (gesetzlichen) Einfügungen künftig durch Rechtsverordnung geändert werden können (sog "Entsteinerungsklausel"). (Abs.25)
Zu einer Überprüfung der Auslegung des Begriffs der "im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften" im Sinne von § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO besteht Anlass, weil der Gesetzgeber im Bund und in den Ländern in den letzten Jahrzehnten immer häufiger dazu übergegangen ist, bei der Novellierung von Gesetzen zugleich "in einem Aufwaschen" die zu der betreffenden Gesetzesmaterie gehörenden Rechtsverordnungen zu überarbeiten und der geänderten Gesetzeslage anzupassen; durch sog Artikelgesetze werden oft nicht nur Gesetze, sondern
gleichzeitig auch Rechtsverordnungen geändert (vgl Schneider, Gesetzgebung, 3.Aufl 2002, Rn.663; Sendler, NJW 2001, 2859; Külpmann, NJW 2002,3436; kritisch hierzu Uhle, DÖV 2001,241). Ersichtlich soll mit dieser Praxis eine Regelung" aus einem Guss" geschaffen werden; dabei können die Rechtsverordnungen nicht ausgeblendet werden (Sendler, aaO). (Abs.26)
Im Schrifttum wird verschiedentlich angenommen, dass die geänderten Verordnungsteile, obwohl sie formell Bestandteiled es Änderungsgesetzes seien, der (vollen) Gesetzeskraft entbehrten, weil sie hernach durch Rechtsverordnung wieder abgeändert werden dürften (Schneider, aaO; Sendler, aaO; vgl auch Külpmann, aaO). Ob dem generell zu folgen ist, kann offenb leiben. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein Landesgesetz, dessen Interpretation nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist. Das Normenkontrollgericht legt dar, dass der geänderte Teil der Verordnung formelles Gesetz bleibe; daran ist der Senat gebunden (§ 137 Abs.1, § 173 VwGO, § 560 ZPO). Daraus ergibt sich jedoch nicht, wie ein solches formelles Gesetz materiell zu beurteilen ist. Auch auf der Grundlage der Auslegung des Normenkontrollgerichts unterscheidet sich eine durch Gesetz geänderte Verordnungsnorm mit "Entsteinerungsklausel" in ihrer Qualität von dem Regelfall eines förmlichen Gesetzes; ihr kommt ein minderer Rang zu. 27 ^ Vor diesem Hintergrund erscheint die Rechtsauffassung, dass ein
Normenkontrollverfahren hinsichtlich eines durch formelles Landesgesetz geänderten Verordnungsteils nach § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO ausnahmslos ausgeschlossen sei, als verfehlt. Sie macht den betroffenen Bürger zwar nicht rechtsschutzlos verfassungsrechtlich geboten ist die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle nicht , nimmt ihm jedoch ein sonst gegenüber einer Rechtsverordnung gegebenes Rechtsmittel. Die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle soll, soweit sie nicht lediglich auf eine objektive Rechtskontrolle abzielt, d en Rechtsschutz der Bürger verbessern; durch sie sollen mögliche Zweifel an der Gültigkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm einer frühzeitigen Klärung zugeführt werden; insoweit dient sie der Beschleunigung des Rechtsschutzes und der Rechtsklarheit (vgl BVerwG, Beschluss vom 14.Juli 1978 B VerwG 7 N 1.78 BVerwGE 56,172 ; Urteil vom 3.November 1988 BVerwG 7 C 115.86 BVerwGE 80,355 ). Die Rechtsauffassung des Normenkontrollgerichts führt in Ländern, die von der Ermächtigung des § 47 Abs.1 Nr.2 VwGOG ebrauch gemacht haben, innerhalb einer durch ein formelles Gesetz geänderten Rechtsverordnung zu unterschiedlichem Rechtsschutz. Welches d er richtige Rechtsschutzweg ist, kann zudem vom betroffenen Bürger nicht oder nur mit Mühe erkannt werden. Die Wahl des richtigen Rechtsschutzes wird unzumutbar erschwert (vgl. auch Lücke, in: Sachs, GG, 3.Aufl 2003, Art.80 Rn.7). Beeinträchtigt ist wie auch das Normenkontrollgericht zu Recht beklagt zumindest die Klarheit des Rechtsschutzes. Dabei berücksichtigt die Vorinstanz nicht, dass
die Aufnahme von neuem oder geändertem Verordnungsrecht in das (formelle) Gesetz jedenfalls dann nicht dessen Aufwertung zu materiellem Gesetzesrecht bezweckt, wenn die neuen Vorschriften sogleich der Änderungsbefugnis durch den Verordnungsgeber unterstellt werden. Vielmehr werden diese Rechtsvorschriften typischerweise allein aus Zweckmäßigkeitsgründen in der Gestalt eines formellen Gesetzes erlassen; materiell sollen sie nach dem Willen des Gesetzgebers nur den Rang einer Rechtsverordnung haben. Dem Gebot effektiven und gleichen Rechtsschutzes wird deshalb eine Auslegung des§ 47 Abs.1 Nr.2 VwGO nicht gerecht, die die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle von vornherein am formellen Gesetzescharakter einer Rechtsvorschrift scheitern lässt. Auch spricht jedenfalls für den Regelfall nichts dafür, dass der Gesetzgeber mit dieser Normierungstechnik eine vollständige Überprüfung der geänderten Verordnung im Verfahren nach § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO ausschließen will. (Abs.28 - 30)
Die Zulassung der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle gegen eine Rechtsvorschrift, die Bestandteil eines formellen Gesetzes ist, ist auch nicht stets und ausnahmslos mit dem Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art.100 GG unvereinbar. Nach dem Grundgedanken des Art.100 GG ist es Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts zu verhüten, dass jedes einzelne Gericht sich über den Willen des Bundes- oder Landesgesetzgebers hinwegsetzt, indem es
von ihnen beschlossene Gesetze nicht anwendet, weil sie nach Auffassung des Gerichts mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sind (BVerfGE 1, 184 ). Die Vorschrift soll die Autorität des konstitutionellen Gesetzgebers wahren (BVerfGE 97,117 ). Allein aus diesem Grund nämlich weil sie nicht vom Gesetzgeber erlassen werden unterliegen Rechtsverordnungen nicht dem Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts. Die Autorität des parlamentarischen Gesetzgebers ist aber auch dann nicht betroffen, wenn andere Gerichte als das Bundesverfassungsgericht Normen für unwirksam erklären, die der Gesetzgeber im Zusammenhang der Änderung von (formellen und materiellen) Gesetzen ergänzend als materielles Verordnungsrecht erlassen und dabei durch die sog "Entsteinerungsklausel" zugleich dessen Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang angeordnet hat. Denn hierdurch wird deutlich, dass die Gesetzesform nur das Mittel ist, um zügig eine einheitliche Änderung des gesamten materiellen Rechts vornehmen zu können. Dagegen sind keine Gründe erkennbar, die aus der Sicht des Gesetzgebers dagegen sprechen könnten, den durch Gesetz eingefügten Verordnungsteil selbst wenn er bis zu seiner erneuten Änderung formelles Gesetz bleibt im Hinblick auf den Rechtsschutz sogleich wie eine echte Rechtsverordnung zub ehandeln. (Abs.31)
In der von den Beteiligten kontrovers diskutierten Entscheidung zu den durch
Gesetz festgestellten Hamburger Bebauungsplänen (BVerfGE 70,35) hat auch das Bundesverfassungsgericht in der Gesetzesform kein Hindernis für die Zulässigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens gesehen. Im Übrigen lässt sich zwar seine zu einer Entscheidung zu § 47 Abs.1 Nr.1 VwGO ergangene Begründung n icht auf den vorliegenden Fall übertragen. Dem Sinn und Zweck des § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO, die rechtlichen Voraussetzungen für eine verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle für untergesetzliche Rechtsvorschriften der Länder zu schaffen, wird jedoch auch hier eine Auslegung besser gerecht, die nicht den Begriff des formellen Landesgesetzes als einziges Unterscheidungskriterium wählt, sondern im Rahmen des rechtlich Möglichen auch auf die weiteren Umstände des Erlasses und auf den Inhalt der Vorschrift abstellt. Darüber hinaus erscheint es weder systemgerecht noch mit der Stellung und der Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts vereinbar, dass einzelne Normen, die wegen ihrer geringeren Bedeutung typischerweise als Rechtsverordnung erlassen werden und deshalb generell der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle unterliegen, nur wegen ihres unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzes zufälligen Erlasses durch ein förmliches Gesetz allein vom
Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt werden können sollten." (Abs.32)
Wenn § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO demgemäß grundsätzlich gestattet, dass das Landesrecht
auch als formelles Gesetzesrecht erlassene Teile landesrechtlicher Rechtsverordnungen, wenn sie mit einer "Entsteinerungsklausel" versehen sind, der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle unterwirft, so bedeutet dies jedoch nicht, dass diese Verordnungsteile stets der Normenkontrolle unterliegen müssen, wenn ein Land von der Ermächtigung des § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO Gebrauch gemacht hat. Zum einen hat das jeweilige Bundesland nicht nur die Wahl, das Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 Nr.2 VwGO zuzulassen oder nicht; es kann vielmehr von der Ermächtigung dieser Vorschrift auch nur teilweise Gebrauch machen (vgl. den bereits erwähnten § 4 AGVwGO RP). Zum andern erscheint es dem Senat aber auch als rechtlich nicht ausgeschlossen, dass Normänderungen oder ergänzungen, die durch ein Landesgesetz in eine Rechtsverordnung eingefügt worden sind, wegen landesrechtlicher Besonderheiten nicht als untergesetzliches Recht im Sinne von § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO klassifiziert werden können. Der Antragsgegner macht dies hier unter Hinweis auf Art.14 Abs.3 des Bayerischen Landesplanungsgesetzes geltend, nach dem die im Landesentwicklungsprogramm enthaltenen Ziele der Landesplanung und Raumordnung (nur) mit Zustimmung des Landtags von der Staatsregierung als Rechtsverordnung beschlossen werden können (vgl hierzu aber auch BayVGH, Urteil vom 7.Juli 1983 Nr.22 N 82 A 772 DVBl.1983, 1157). Dem ist hier nicht weiter nachzugehen. Für die Auslegung von § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO ist allein wesentlich, dass er nach der Rechtsauffassung des Senats
gestattet, im Ausnahmefall auch formelles Gesetzesrecht der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle zu unterstellen, mag diese Möglichkeit auch durch landesrechtliche Besonderheiten wiederum einschränkbar sein. (Abs.33 + 34)
c) Das Normenkontrollgericht hat seiner Entscheidung ein abweichendes Verständnis des § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO zugrunde gelegt; damit hat es Bundesrecht verletzt. Eine abschließende Entscheidung über die Statthaftigkeit der vorliegenden Normenkontrollen ist dem Senat jedoch gegenwärtig nicht möglich, weil dies eine erneute Prüfung durch das für die Auslegung des Landesrechts in erster Linie berufene Normenkontrollgericht erfordert. Zwar ist dieses davon ausgegangen, dass § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO und Art.5 Satz 1 BayAGVwGO denselben Inhalt haben. Bei seiner Auslegung von Art.5 Satz1 BayAGVwGO war ihm jedoch die abweichende Auslegung des § 47 Abs.1 Nr.2 VwGO durch den Senat nicht bekannt. Ihm ist deshalb Gelegenheit zu geben, in Kenntnis der Rechtsauffassung des Senats seine Auslegung der landesrechtlichen Ausführungsvorschrift zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Zugleich kann das Normenkontrollgericht prüfen, ob landesrechtliche Besonderheiten im vorliegenden Fall die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle ausschließen. (Abs.35)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.23 f
Z-304 Mündliche Verhandlung
"... Dagegen ist die Normenkontrollentscheidung entgegen der Auffassung der Revision nicht aufzuheben, weil das Normenkontrollgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat. § 47 Abs.5 Satz 1 VwGO lässt eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung grundsätzlich zu. Die geltend gemachte Verletzung von Art.6 Abs.1 EMRK liegt nicht vor. (Abs.36)
Nach Art.6 Abs.1 Satz 1 EMRK hat jedermann einen Anspruch darauf, "dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen ... Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen ... zu entscheiden hat". Wie der Senat in seinem Urteil vom 16.Dezember 1999 BVerwG 4 CN 9.98 (BVerwGE 110,203) näher ausgeführt hat, folgt aus dem Zusammenwirken von § 47 Abs.5 Satz 1 VwGO und dieser Vorschrift der Grundsatz, dass auch über einen bei einem Verwaltungsgericht gestellten Normenkontrollantrag, mit dem sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung in einem Bebauungsplan wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft, aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden ist (vgl auch den Senatsbeschluss vom 30.Juli 2001 BVerwG 4 BN 41.01 Buchholz 140 Art.6 EMRK Nr.8). Ob sich diese Rechtsprechung generell auf einen Normenkontrollantrag gegene in Ziel der Raumordnung übertragen lässt, ist zweifelhaft. Zumindest im Regelfall wird das
Ziel nicht hinreichend konkret sein, um die Annahme zu begründen, dass sich die Entscheidung über seine Wirksamkeit unmittelbar auf das Grundeigentum des Antragstellers auswirken wird. Die Frage kann hier jedoch offen bleiben. Denn das Normenkontrollgericht hat die Anträge als unzulässig abgelehnt. Dabei hat es sinngemäß ausgeführt, dass den Antragstellern zwar im Rahmen des Normenkontrollverfahrens (noch) kein Rechtsschutz gewährt werden könne, dass ihnen jedoch später durch Anfechtung der Planfeststellungsentscheidung voller Rechtsschutz zur Verfügung stehe. Eine solche Entscheidung ist generell nicht geeignet, auf die Rechtsstellung eines Antragstellers im Hinblick auf sein Grundeigentum einzuwirken. In diesem Sinne hat der Senat auch bereits in seinem Urteil vom 16.Dezember 1999 BVerwG 4C N 9.98 (aaO) ausgeführt, dass (nur) ein zulässiger Normenkontrollantrag gegen Festsetzungen eines Bebauungsplans, die sein im Plangebiet gelegenes Grundstück unmittelbar betreffen, die Voraussetzungen des Art.6 Abs.1 Satz 1 EMRK erfüllt und dass von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden könne, wenn der Antrag offensichtlich unzulässig sei. Fehlt es an der Offensichtlichkeit, so wird ein Normenkontrollgericht zwar gut beraten sein, vorsorglich eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Lehnt es den Antrag dann jedoch ab, weil er unzulässig sei, so lässt diese Entscheidung das Grundeigentum des Antragstellers unberührt. (Abs.37)
Über die Normenkontrollanträge der Gemeinden (Antragstellerinnen zu 8 bis 10) durfte das Normenkontrollgericht schon deshalb ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil diese nicht eine Eigentumsverletzung, sondern eine Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen; diese gehört nicht zu den "civil rights" im Sinne von Art.6 Abs.1 Satz 1 EMRK. Ob sich Gemeinden überhaupt auf Art.6 EMRK berufen können, kann offen bleiben. (Abs.38)
3. Einer Zurückverweisung der Sache bedarf es allerdings nicht, soweit es um die Normenkontrollanträge der beteiligten Grundeigentümer (Antragsteller zu 1 bis 7) geht. Die Ablehnung der Normenkontrollanträge dieser Antragsteller ist nämlich aus anderen Gründen richtig (§ 144 Abs.4 VwGO). Ihnen fehlt die Antragsbefugnis für das vorliegende Verfahren, weil sie durch das streitige Ziel der Raumordnung und Landesplanung nicht in ihren Rechten verletzt sein können (§ 47 Abs.2 Satz 1 VwGO). Dem Ziel, die Bundesautobahn A 94 auf der Trasse über Dorfen zu führen, kommt nämlich weder eine enteignende Vorwirkung noch eine sonstige unmittelbare Rechtswirkung auf das Eigentum der Antragsteller zu. (Abs.39)
Bereits in tatsächlicher Hinsicht ist zweifelhaft, ob die Antragsteller durch die Trassenwahl betroffen sind. Zwar mag es sein, dass sich aus den Plänen (Planentwürfen) des Planfeststellungsverfahrens für den Neubau der Autobahn
ergibt, dass die Trasse über Grundflächen der Antragsteller geführt werden soll. Darauf kommt es im vorliegenden Verfahren jedoch nicht an. Denn nicht die Planfeststellung, sondern die Festlegung eines raumordnerischen Ziels ist Gegenstand dieses Verfahrens. Durch das raumordnerische Ziel der Trassenführung über Dorfen wird jedoch die genaue Lage der geplanten Autobahn nicht (parzellenscharf) festgelegt. Schon hierin unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.Dezember 1988 BVerwG 7 NB 2.88 (BVerwGE 81,128), dem ein Streit über einen Abfallbeseitigungsplan zugrunde lag, der den Standort einer Abfallbeseitigungsanlage konkret festlegte. (Abs.40)
Aber selbst wenn sich aus den örtlichen Gegebenheiten ergeben sollte, dass Grundflächen eines einzelnen Antragstellers zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssten, würde es an seiner rechtlichen Betroffenheit fehlen. Denn Ziele der Raumordnung haben gegenüber privaten Grundeigentümern keine unmittelbaren Rechtswirkungen. Ziele der Raumordnung sindv on öffentlichen Stellen bei ihren Planungen, insbesondere auch bei Planfeststellungen, zu beachten (§ 4 Abs.1 Satz 1 und 2 Nr.1 ROG); der private Eigentümer wird durch sie aber unmittelbar weder verpflichtet noch berechtigt. Wie der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15 Juli 2002 Vf.10 VII 00 ua (DÖV 2003,78) zutreffend
ausgeführt hat, kann die Zielfestsetzung innerhalb der Planfeststellung nicht bewirken, dass eine aus anderen Gründen sich aufdrängende Trassenalternative aus der Abwägung nach § 17 Abs.1 Satz 2 FStrG auszuscheiden wäre. Eine andere Rechtsauffassung könnte mit Art.14 GG allenfalls dann vereinbar sein, wenn die privaten Belange der Grundeigentümer im Bereich der Trasse bereits bei der Zielfestlegung ausreichend berücksichtigt worden wären (vgl BVerwG, Urteil vom 19.Juli 2001 BVerwG 4 C 4.00 BVerwGE 115,17 ); das nimmt hier aber auch der Antragsgegner nicht an. Bleiben also auch nach der Rechtsauffassung des Antragsgegners die privaten Rechte der Antragsteller von der raumordnerischen Trassenfestlegung unberührt, so können den Antragstellern zu 1 bis 7 insoweit keine rechtlichen Nachteile bei der Anfechtung des oder der Planfeststellungsbeschlüsse für den Autobahnbau drohen. Ihre Normenkontrollanträge sind daher im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden. (Abs.41)
Dagegen sind die Antragstellerinnen zu 8 bis 10 antragsbefugt. Sie können geltend machen, durch das raumordnerische Ziel der Trassenführung über Dorfen in ihrem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht nach Art.28 Abs.2 GG verletzt zu sein. Darüber hinaus sind sie auch als Behörden im Sinne von § 47 Abs.2 Satz 1 VwGO antragsberechtigt (BVerwG, Beschluss vom 15.März 1989 BVerwG 4 NB 10.88 BVerwGE 81,307; vgl auch BVerwG, Urteil vom 7.Juni 2001 BVerwG 4 CN 1.01 BVerwGE
114,301). (Abs.42)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.36
§§§
03.007 Einweg-Getränkeverpackung |
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BVerwG, U, 16.01.03, - 7_C_31/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_43 Abs.2 S.1; VerpackV_§_6 Abs.3 S.11, VerpackV_§_6 Abs.4, VerpackV_§_9 Abs.1 S.1, VerpackV_§_9 Abs.2 S.1+2, VerpackV_§_9 Abs.3, VerpackV_§_9 Abs.4, VerpackV_§_10
Einweg-Getränkeverpackungen / Dosenpfand / Rücknahmepflicht / Pfandpflicht / Pfanderstattung / Sammelsystem-kollektives / Mehrwegsystem / Mehrwegquote / Nacherhebung / Bekanntmachung / Widerrufsfiktion / Verwaltungsakt-fingierter / Feststellungsklage Subsidiariät / Vollzug Verpackungsverordnung / Gültigkeit Rücknahme- und Pfandpflicht
Die Bekanntgabe der wiederholten Unterschreitung der Mehrwegquote iS des § 9 Abs.2 Satz 2 VerpackV durch die Bundesregierung ist ein feststellender Verwaltungsakt, der für das Wirksamwerden der Rücknahme und Pfandpflichten konstitutiv ist.
§§§
03.008 Fernbleiben vom Dienst |
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BVerwG, B, 17.01.03, - 1_DB_18/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BBG_§_42a; BBesG_§_9, BBesG_§_72a; BDO_§_121, BDG_§_85 Abs.5
Polizeihauptmeister im BGS / dienstfähig für allgemeinen Verwaltungsdienst (Innendienst) im Umfang der Hälfte seiner regelmäßigen, täglichen Arbeitszeit / unerlaubtes, zumindest fahrlässiges Fernbleiben vom Dienst / Feststellung des Verlusts der Dienstbezüge im Umfang der eingeschränkten Dienstfähigkeit (mit Ausnahme dienstfreier Wochenenden vor und nach einem Zeitraum anerkannter Dienstunfähigkeit) bestätigt
LB 2) Zum fahrlässigen Fernbleiben vom Dienst und den dadurch bedingten Teilverlust der Dienstbezüge.
Z-305 Verlust der Dienstbezüge
"... Nach § 9 Satz 1 BBesG verliert ein Beamter, der ohne Genehmigung dem Dienst schuldhaft fernbleibt, für die Zeit des Fernbleibens seine Dienstbezüge. Der Verlust der Dienstbezüge ist gemäß § 9 Satz 3 BBesG vom Dienstvorgesetzten festzustellen; dies ist hier durch die Verfügung vom 4.Juli 1997 erfolgt. Der Antragsteller ist in der Zeit vom 11.März 1996 bis einschließlich 25.Oktober 1996 und in der Zeit ab dem 16.Dezember 1996 bis auf weiteres jeweils in Höhe der Hälfte seiner regelmäßigen, täglichen Arbeitszeit ohne rechtfertigenden Grund und schuldhaft dem Dienst ferngeblieben. (Abs.16)
a) Der Antragsteller war und ist in dem genannten, beschränkten Umfang (innen) dienstfähig. Dies folgt in Übereinstimmung mit der Vorinstanz aus dem Ergebnis des widerspruchsfrei und nachvollziehbar erstellten psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Prof Dr Dr E, Arzt für Neurologie und Psychiatrie/klinische Pharmakologie, Psychotherapeut, Psychoanalytiker, ... vom 14.Mai 2001. Nach dem Urteil des Sachverständigen leide der Antragsteller an einer somatoformen Schmerzstörung bei zugrunde liegendem oder zumindest symptomverstärkendem schwach ausgeprägtem depressivem (larviertem) Syndrom. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller für etwa 30 bis max. 50 % der zurückliegenden fünf Jahre nicht voll dienstfähig gewesen sei, da sich das depressive Syndrom in Zusammenwirken mit dem Schmerzsyndrom wohl pathogenetisch ausgewirkt habe. Zwar
hätte er dem Arbeitsplatz nicht einfach fernbleiben dürfen. Er hätte dann, dh bei regelmäßigem Erscheinen zum Dienst, allerdings zu den genannten Zeiten wegen Schmerzen und emotionaler Verstimmtheiten entweder nicht arbeiten können bzw wäre nach Hause geschickt worden. Diese Beurteilung einer teilschichtigen Dienstunfähigkeit gelte auch für die Zukunft. Eine antidepressive Schmerztherapie iVm Psychotherapie würde die veranschlagte 30 bis 50%ige Reduktion der Dienstfähigkeit innerhalb von etwa zwölf bis 18 Monaten in kontinuierliche vollschichtige Dienstfähigkeitr ehabilitativ umwandeln. (Abs.17)
Medizinaldirektor Dr P vom Arbeitsmedizinischen Dienst des Grenzschutzpräsidiums ... ist in seinem Gutachten vom 10.August 2001 den ihm bekannten Ausführungen des Sachverständigen nicht entgegengetreten. In seiner sozialmedizinischen Prognose zurV erwendungsfähigkeit des Antragstellers kommt Dr P weitgehend in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen zum Ergebnis, dass der Zustand des Antragstellers bei gezielter Therapie innerhalb von zwei Jahren eine deutliche Verbesserung, gegebenenfalls vollständige altersentsprechende gesundheitliche und berufliche Rehabilitation erwarten lasse. (Abs.18)
Diese auch vom Bundesdisziplinargericht auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens getroffene Feststellung, dass der Antragsteller
nachweislich zumindest zu 50 % für den allgemeinen Verwaltungsdienst dienstfähig war und ist, werden mit den Beschwerden nicht in Zweifel gezogen. Im Streit sind lediglich die rechtlichen Folgerungen aus dem Tatbestand dere ingeschränkten Dienstfähigkeit. (Abs.19)
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den Verlust der Dienstbezüge (nur) in Höhe von 50 % der Abwesenheitszeit, dh im hälftigen Umfang der regelmäßigen, täglichen Arbeitszeit aufrechterhalten hat. Wie im Fall der so genannten begrenzten Dienstfähigkeit (§ 42a BBG), in dem der betreffende Beamte lediglich im Umfang der herabgesetzten Arbeitszeit dienstleistungspflichtig ist im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit werden die Dienstbezüge gekürzt (§ 72a iVm § 6 BBesG) , war und ist auch der Antragsteller nur im Rahmen seiner Dienstfähigkeit, dh hier nur im hälftigen Umfang zur Dienstleistung verpflichtet; die rechtswidrige Dienstverweigerung erfolgt dann ebenfalls nur im entsprechenden Umfang. Der Umstand, dass der Antragsteller überhaupt nicht zum Dienst erschienen ist, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Er führt insbesondere nicht zum vollständigen Verlust der Dienstbezüge (vgl die ständige Senatsrechtsprechung in vergleichbaren Fällen eingeschränkter Dienstfähigkeit von täglich drei bis fünf Arbeitsstunden, zB Beschlüsse vom 22.Juli 1998 BVerwG 1 DB 11.98 , vom 27.November 1997 BVerwG 1 DB 25.96 DokBer B 1998,157 und vom
21.April 1993 BVerwG 1 DB 8.93 ). Der Bescheid im Sinne des § 9 Satz 3 BBesG stellt deklaratorisch als gesetzliche rein besoldungsrechtliche Folge eines Verstoßes gegen die beamtenrechtliche Dienstleistungspflicht den Verlust der Dienstbezüge in der entsprechenden Höhe fest. Es handelt sich nicht auch um eined isziplinare Maßnahme wegen pflichtwidrigen "Nichterscheinens zum Dienst". Eine s olche ist dem Disziplinarverfahren wegen unerlaubten Fernbleibens vom Dienst vorbehalten, das gegen den Antragsteller bereits mit Verfügung vom 24.März 1997 eingeleitet worden ist. (Abs.20)
Nicht zu beanstanden ist der erstinstanzliche Beschluss auch insoweit, als er für dienstfreie Tage des Antragstellers, insbesondere Wochenenden, die von Zeiten unerlaubten Fernbleibens vom Dienst umschlossen werden, den Verlust der Dienstbezüge feststellt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (zB Beschluss vom 20.Juli 1981 BVerwG 1 DB 5.81 BVerwGE 73,227), wonach der Bezügeverlust auch unmittelbar angrenzende (dienstfreie) Zeiten der Abwesenheit erfasst, in denen die persönlichen Verhältnisse des abwesenden Beamten gegenüber der vorausgegangenen oder nachfolgenden Zeit unerlaubten Fernbleibens vom Dienst gleich geblieben sind. Bezüglich der dienstfreien Tage 26./27. Oktober 1996 und 14./15. Dezember 1996, die nicht von Zeiten unerlaubten Fernbleibens vom Dienst umschlossen sind der Antragsteller war aufgrund seiner Knieoperation in der Zeit
vom 28.Oktober 1996 (Montag) bis einschließlich 13.Dezember 1996 (Freitag) anerkannt dienstunfähig bedürfen der Feststellungsbescheid vom 4.Juli 1997 und insoweit auch der Beschluss der Vorinstanz einer geringfügigen Korrektur; die genannten Tage sind von einer Verlustfeststellung vollständig auszunehmen. Aufgrund der damals akuten Knieprobleme des Antragstellers ist im Zweifel zu seinen Gunsten nicht davon auszugehen, dass dieser an den genannten dienstfreien Tagen sein Verhalten, das im Zeitraumd avor und danach zum unerlaubten Fernbleiben vom Dienst geführt hat, im Zustand der Dienstfähigkeit fortgesetzt hat. Die beiden dienstfreien Wochenenden bilden mit dem eingeschlossenen Zeitraum anerkannter Dienstunfähigkeit insoweit eine Einheit (vgl dazu auch die Senatsrechtsprechung zur Verlustfeststellung für dienstfreie (End-)Tage im Anschluss an einen Zeitraum unerlaubten Fernbleibens vom Dienst, zB Beschluss vom 19.Oktober 1995 BVerwG 1 DB 19.95 mwN). (Abs.21)
b) Der Antragsteller ist dem Dienst in dem genannten Umfang auch schuldhaft, und zwar mindestens fahrlässig, ungenehmigt ferngeblieben. Für ihn war als erfahrenem Polizeibeamten aus der polizeiärztlichen Überprüfung seines Gesundheitszustandes und dem Ergebnis des sozialmedizinischen Gutachtens vom 15.Mai 1995, bestätigt durch den Leiter des Sozialmedizinischen Dienstes am 2. Oktober 1995, deutlich geworden, dass seine Dienststelle die von ihm vorgelegten
Atteste in Frage gestellt hatte und ihn für den allgemeinen Verwaltungsdienst als dienstfähig einstufte. Mit einer entsprechenden Belehrung über den grundsätzlichen Vorrang eines sozialmedizinischen Gutachtens vor privatärztlichen Attesten war er durch Verfügung vom 26.Februar 1996 aufgefordert worden, am 11.März 1996 beim Bahnpolizeiamt F seinen Dienst anzutreten. Weitere vergebliche Aufforderungsschreiben ergingen am 1. August und 29.November 1996. Ein erneuter Hinweis auf den Vorrang amts-, betriebs- oder vertragsärztlicher Gutachten gegenüber privatärztlichen Bescheinigungen erfolgte im Verlustfeststellungsbescheid vom 4.Juli 1997. Gleichwohl ist der Antragsteller nicht zum Dienst erschienen und hat zu keinem Zeitpunkt einen zumutbaren Arbeitsversuch gemacht. Er hat daher unter Außerachtlassung der ihm nach den Umständen gebotenen und auch konkret zumutbaren Sorgfalt gehandelt, sodass ihm insoweit zumindest Fahrlässigkeit zur Last fällt. (Abs.22)
Der Schuldvorwurf wird nicht deshalb gegenstandslos, weil sich der Antragsteller bei aus seiner Sicht zweifelhafter Sach- und Rechtslage und nach erfolgter sorgfältiger Prüfung sowie sachgemäßer medizinischer und rechtskundiger Beratung eine eigene Auffassung gebildet und sich auf diese verlassen hat. Nach der sozialmedizinischen Feststellung seiner eingeschränkten Dienstfähigkeit war er von Gesetzes wegen, dh ohne besondere Aufforderung, verpflichtet, bei der
Dienststelle zur Dienstleistung zu erscheinen (vgl zuletzt Urteil vom 9.Oktober 2002 BVerwG 1D 3.02 mwN). Darüber hinaus wurde der Antragsteller verschiedentlich, nämlichd urch die Verfügung vom 26.Februar 1996, die Schreiben vom 1.August und 29.November 1996 sowie nochmals durch Bescheid vom 4.Juli 1997 zutreffend auf die Rechtslage hingewiesen. Wenn er sich darüber aufgrund anderweitiger im Ergebnis unzutreffender Rechtsberatung unter Berufung auf privatärztliche Stellungnahmen hinwegsetzte und seiner Verpflichtung zur Dienstleistung nicht nachkam, ist er damit bewusst oder doch zumindest fahrlässig das Risiko eingegangen, dem Dienst unerlaubt fernzubleiben. Das Risiko hat sich nunmehr im gerichtlichen Verfahren realisiert. Dieses Ergebnis war für ihn vorhersehbar und vermeidbar. Der unzutreffende Rechtsrat lässt daher den Schuldvorwurf nicht entfallen (vgl dazu Beschluss vom 19.Juni 2000 BVerwG 1 DB 13.00 zum vergleichbaren Tatbestand des Verlusts der Versorgungsbezüge)." (Abs.23)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.16 f
§§§
03.009 Erstattung-Fahrgeldausfälle |
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BVerwG, B, 17.01.03, - 5_B_261/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
SchwbG_§_62 Abs.1, SchwbG_§_62 Abs.5; PBefG_§_45a Abs.2
Schwerbehinderte / unentgeltliche Beförderung / Fahrgeldausfälle / Erstattung im Nahverkehr / Schwerbehindertengesetz / Erstattung von Fahrgeldausfällen
Die Regelungen des § 62 Abs.1, 5 SchwbG über die Erstattung von Fahrgeldausfällen wegen der unentgeltlichen Beförderung von Schwerbehinderten begegnen keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln.
§§§
BVerwG, U, 21.01.03, - 1_C_5/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.19 Abs.3; VwGO_§_11 Abs.2, VwGO_§_127, VwGO_§_141, VwGO_§_194 Abs.2 VwVfG_§_9 Abs.2, VwVfG_§_13 Abs.3, VwVfG_§_13 Abs.5, VwVfG_§_13 Abs.6 AuslG_§_74 Abs.2, AuslG_§_82, AuslG_§_83, AuslG_§_93 Abs.3 Nr.2
Anschlussrevision / unselbständige Anschließung / Beförderungsverbot / Zwangsgeldandrohung / Zwangsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung / Kumulationsverbot / Zwangsgeld als präventives Beugemittel / strafähnliche Wirkung von Zwangsgeld / Verhältnismäßigkeit als Grundsatz des Vollstreckungsrechts / Grundrechtsschutz ausländischer juristischer Personen
1) Das Zwangsgeld zur Durchsetzung von Beförderungsverboten nach § 74 Abs.2 AuslG hat eine ausschließlich präventive Funktion als Beugemittel.
2) Die Anwendbarkeit der am 1.Januar 2002 in Kraft getretenen Neuregelung der Anschlussrevision richtet sich nach der allgemeinen Übergangsvorschrift in § 194 Abs.2 VwGO. Nach dem bis zum 31.Dezember 2001 geltenden Recht war eine (unselbständige) Anschließung nur im Rahmen der zugelassenen Revision zulässig.
Z-306 Anschlussrevision
"... Aufgrund der Novellierung des § 127 VwGO durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20.12.2001 (BGBl I, S.3987) RmBereinVpG ist die Zulässigkeit sowohl der Anschlussberufung als auch über die unverändert gebliebene (dynamische) Verweisung in § 141 Satz 1 VwGO der Anschlussrevision neu geregelt worden. Sie betrifft nur noch die sog unselbständige Anschließung. Nach § 127 Abs.2 Satz 2, Abs.3 Satz 1 iVm § 141 Satz 1 VwGO muss die Anschlussrevision nunmehr innerhalb eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung eingelegt und in der Anschlussschrift begründet werden. Außerdem ist sie in entsprechender Anwendung des § 127 Abs.2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO auch dann noch zulässig, wenn die Frist für die Einlegung der Revision oder für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision "verstrichen ist". Diese neuen, am 1.Januar 2002 in Kraft getretenen Bestimmungen gelten nach der Übergangsregelung gemäß § 194 Abs.2 VwGO (in der Fassung von Art.1 Nr.28 RmBereinVpG) nicht, wenn die angefochtene gerichtliche Entscheidung wie hier vor dem 1.Januar 2002 bekannt gegeben, verkündet oder an Stelle einer Verkündung zugestellt worden ist. Diese "für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels" geschaffene Übergangsvorschrift gilt nach Ansicht des Senats unmittelbar oder zumindest entsprechend auch für die neu geregelten Anschlussrechtsmittel; die umstrittene Frage der dogmatischen Einordnung der Anschlussrevision (und Anschlussberufung) als Rechtsmittel im engeren Sinne (vgl
etwa bejahend Kopp/Schenke, VwGO, 13.Aufl 2003, § 194 Rn.3 und verneinend Eyermann/Happ, VwGO, 11.Aufl. 2000, § 127 Rn.2 und Nachtrag zur 11.Aufl. 2002, § 194 Rn.N 3) kann dabei offenb leiben. (Abs.35-38)
b) Ein von der Zulassung der Revision ausgenommener Teil eines Urteils konnte nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht (§ 141 Satz 1 i.V.m. § 127 VwGO a.F.) nicht durch eine Anschlussrevision angefochten werden (Urteil vom 16.Dezember 1980 BVerwG 5 C 105.79 Buchholz 412.4 § 5 KgfEG Nr.4; ebenso zur Anschlussberufung: Urteil vom 18.März 1996 BVerwG 9 C 64.95 Buchholz 310 § 127 V wGO Nr.7 und Beschluss vom 18.Mai 1999 BVerwG 9 B 282.99). Die Ausgestaltung der Revision als Zulassungsrechtsmittel und die damit verbundene Rechtsmittelbeschränkung zielte auf die Entlastung der Rechtsmittelinstanz und auf Verfahrensstraffung. Dem diente die Begrenzung des Streits und des Streitstoffs in der nächsten Instanz auf diejenigen Streitgegenstände (oder abtrennbaren Streitgegenstandsteile), hinsichtlich derer das Rechtsmitteln ach den strengen gesetzlichen Vorgaben zugelassen wurde. Die unbegrenzte, form- und fristlos mögliche unselbständige Anschließung an das Rechtsmittel der Gegenseite hätte diese Beschränkung zu einem wesentlichen Teil wieder aufgehoben und eine
Umgehung der an eine Frist und ein Darlegungserfordernis gebundenen Zulassung im Wege des Anschlussrechtsmittels eröffnet. Das mag aus Gründen der Waffengleichheit, Billigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit korrekturbedürftig erschienen sein (vgl. Urteil vom 11. April 2002 BVerwG 4 C 4.01 BVerwGE 116, 169 ), war aber lediglich eine Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für die verfassungsrechtlich unbedenkliche Beschränkung des Rechtsmittelzugs. Ein unbeschränktes Anschließungsrecht der in der Vorinstanz teilweise obsiegenden Partei konnte nur durch eine erneute ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers begründet werden, wie sie die Neufassung des § 127 VwGO enthält (vgl insbesondere § 127 Abs.2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO und die Begründung zu Art.1 Nr.11 RmBereinVpG-Entwurf, BTDrucks 14/6393:
"Berechtigte Bedeutung hat die Anschließung nur in den Fällen, in denen der Beteiligte ungeachtet der ihm von der erstinstanzlichen Entscheidung auferlegten Beschwer zunächst in der Hoffnung darauf, dass ein Rechtsmittel von einem anderen Beteiligten nicht eingelegt werde, von einer Berufung oder von einem Antrag auf Zulassung der Berufung abgesehen hat. Wird der Beteiligte in dieser Hoffnung enttäuscht, so soll ihm die (unselbständige) Anschlussberufung die Gelegenheit geben, die Entscheidung auch zu seinen Gunsten zur Überprüfung stellen zu können." (Abs.39-41)
Vgl ebenso: Bader in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Aufl. 2002, § 127 Rn. 38; a.A. Kopp/Schenke aaO § 127 Rn.8). Unter der Geltung des § 127 VwGO aF musste und muss es dagegen nach der Ansicht des Senats dabei bleiben, dass die unselbständige Anschließung zum Zwecke der Erweiterung des Prozessstoffs über den zugelassenen Streitgegenstand hinaus die gerichtliche Zulassung nicht ersetzen kann und deshalb unzulässig ist. Dass der 4.Senat in dem zitierten Urteil vom 11.April 2002 aaO zur Auslegung des § 127 VwGO aF jüngst eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, begründet keine Pflicht zur Vorlage an den Großen Senat des Bundesverwaltungsgerichts nach § 11 Abs.2 VwGO. Zum einen betrifft dieses Urteil die Anschlussberufung und damit die Auslegung des § 127 VwGO aF in unmittelbarer Anwendung (im Unterschied zu dessen entsprechender, für einea bweichende Handhabung im Revisionsverfahren nach § 141 Satz 1 VwGO grundsätzlich Raum lassenden Anwendung). Zum anderen handelt es sich um inzwischen ausgelaufenes Recht." (Abs.42)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.35 f
§§§
BVerwG, B, 22.01.03, - 1_WB_44/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
WBO_§_17 Abs.1, WBO_§_17 Abs.3
Versetzung / Hinderungsgrund / Versetzungshindernis / Krankheit / isolierte Anfechtung
Hinderungsgründe, die der Versetzung eines Soldaten entgegenstehen können, sind einer isolierten (gerichtlichen) Prüfung unabhängig von der Versetzungsverfügung nicht zugänglich.
§§§
03.012 Verwendungsentscheidung |
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BVerwG, B, 22.01.03, - 1_WB_53/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.20 Abs.3, GG_Art.28 Abs.1; WBO_§_17 Abs.3 S.1; BGB_§_133, BGB_§_157
voraussichtliche Verwendungsdauer / Verwendung / Verwendungszeit / Maßnahme / Auslegung / Versetzung / Endverwendung / Anhörung-nachträgliche / Personalgespräch / Organisations- und Stellenplan
1) Die gerichtliche Anfechtung der festgelegten Verwendungsdauer ist zulässig, wenn die personalbearbeitende Stelle in der angegriffenen Verfügung zugleich eine Verwendungsentscheidung trifft und sich der Soldat auch hiergegen wendet.
2) Zur Frage, inwieweit ein Organisations- und Stellenplan die zuständige personalbearbeitende Stelle bei Verwendungsentscheidungen rechtlich bindet.
§§§
BVerwG, U, 22.01.03, - 6_C_18/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
WPflG_§_4, WPflG_§_21, WPflG_§_23, WPflG_§_48; VwVfG_§_39, VwVfG_§_40, VwVfG_§_49; VwGO_§_42
Klagebefugnis / Alarmreserve / Ausplanung / Begründung / Einberufungsbescheid / Ermessen / Personalbedarfsplanung
1) Der Widerruf einer Einberufung zur Alarmreserve bedarf nicht der Mitteilung schriftlicher Gründe.
2) Die Ermessensbetätigung beim Widerruf eines Einberufungsbescheides unterliegt im Hinblick auf die Möglichkeit einer willkürlichen Benachteiligung des Wehrpflichtigen der gerichtlichen Überprüfung.
§§§
BVerwG, B, 23.01.03, - 4_B_79/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_1 Abs.3
Bebauungsplan / Arkaden / Erforderlichkeit / Funktionslosigkeit
1) Die Erforderlichkeit eines Bebauungsplans im Sinne des § 1 Abs.3 BauGB wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die zuständigen Baurechtsbehörden von der zwangsweisen Durchsetzung einer Festsetzung bei schon bebauten Grundstücken nur unter Berücksichtigung der jeweiligen entgegenstehenden Belange im Einzelfall Gebrauch machen.
2) Die ein Grundstück betreffenden Festsetzungen verstoßen nicht allein deshalb gegen § 1 Abs.3 BauGB, weil auf anderen Grundstücken gleichartige Festsetzungen nicht oder noch nicht verwirklicht sind.
Z-313 Erforderlichkeit iSd § 1 Abs.3 BauGB
"... In der Rechtsprechung des Senats ist entschieden, dass eine Planung mit § 1 Abs.3 BauGB nicht vereinbar ist, wenn sie sich als nicht vollzugsfähig erweist, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindliche rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Denn dann kann sie ihre Aufgabe, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde zu leiten, nicht erfüllen; sie verfehlt ihren gestaltenden Auftrag (vgl zB Urteile vom 12.August 1999 - BVerwG 4 CN 4.98 - BVerwGE 109,246 und vom 21.März 2002 - BVerwG 4 CN 14.00 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr.110 = DVBl 2002, 1469). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass einer Verwirklichung der Festsetzungen des umstrittenen Bebauungsplans auch insoweit keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen, als dort auf den beiden Seiten der als Fußgängerzone genutzten Straße Arkaden vorgesehen sind. Zwar führe ein (dreißig Jahre vor Erlass des Bebauungsplans) an das Regierungspräsidium gerichtetes Schreiben, wonach der Einbau der Arkaden nur bei wesentlichen Umbauten verlangt werde, zu einer zeitlichen Verzögerung der Verwirklichung. Daraus folge aber nicht, dass schon bei Erlass des Bebauungsplans davon auszugehen gewesen sei, dass eine durchgehende Arkade auf absehbare Zeit nicht zu verwirklichen sei. ....
Davon abgesehen liegt der Beschwerde offenbar die Vorstellung zu Grunde, eine
Planung könne sich auch dann als nicht vollzugsfähig im Sinne der Rechtsprechung des Senats erweisen, wenn "der städtebauliche Sinn" einer planerischen Festsetzung sich erst nach deren vollständiger Verwirklichung erweise. Dem ist in zweierlei Hinsicht nicht zu folgen: Zum einen lässt sich den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nichts dafür entnehmen, dass die Errichtung von Arkaden vorliegend überhaupt erst dann ihren Sinn erfüllt, wenn diese dem Fußgänger im gesamten Verlauf der Straße zur Verfügung stehen. Zum anderen ist aus rechtlicher Sicht jedenfalls im Regelfall nicht davon auszugehen, dass die ein Grundstück betreffenden Festsetzungen gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstoßen, weil auf anderen Grundstücken gleichartige Festsetzungen nicht oder noch nicht verwirklicht sind. Das Vorbringen des Klägers läuft letztlich darauf hinaus, dass er eine ihm mögliche Umsetzung des Bebauungsplans nicht vornehmen will, weil andere Grundstückseigentümer dies ebenfalls noch nicht getan haben. Mit diesem Einwand kann die Erforderlichkeit einer als belastend empfundenen Festsetzung in einem Bebauungsplan jedoch nicht in Frage gestellt werden." (Abs.6) ...
Auszug aus: Originalurteil, Abs.4
Z-314 Bebauungsplan: Funktionslosigkeit
"... Der Kläger stellt ferner die Frage, ob ein Bebauungsplan unter den vorliegenden Voraussetzungen funktionslos geworden sei. Diese Frage beruht wiederum auf der vom Berufungsgericht nicht getroffenen Feststellung, die planerische Festsetzung entfalte ihren städtebaulichen Sinn erst durch ihren Vollzug im Bereich aller betroffenen Grundstücke. Schon deswegen legt sie keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dar, die in einem Revisionsverfahren zu klären wäre. Davon abgesehen ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass eine bauplanerische Festsetzung erst dann außer Kraft tritt, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt, und wenn diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Entscheidend ist, ob die jeweilige Festsetzung noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zu Grunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (vgl zB BVerwG, Urteil vom 3.Dezember 1998 - BVerwG 4 CN 3.97 - BVerwGE 108,71). Bereits die Ausführungen unter 1. machen deutlich, dass der vorliegende Fall auch hinsichtlich der nachträglichen Funktionslosigkeit keine weiter gehenden Fragen von grundsätzlicher Bedeutung
aufwirft. Soweit der Kläger auf Besonderheiten seines Grundstücks hinweist, fehlt die rechtsgrundsätzliche Bedeutung. ..."
Auszug aus: Originalurteil, Abs.7
§§§
BVerwG, U, 27.01.03, - 1_B_92/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_133 Abs.3 S.1; VwGO_§_60 Abs.1
Nichtzulassungsbeschwerde / Schriftform / Begründungsschrift / Unterschrift-eigenhändige / Fehlen der Unterschrift / Nachholung der Unterschrift
Das Fehlen der Unterschrift unter der Begründungsschrift für eine Nichtzulassungsbeschwerde kann bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein. Diese Umstände müssen aus Gründen der Rechtssicherheit dem Gericht regelmäßig spätestens bei Ablauf der Begründungsfrist bekannt sein. Geht die nicht unterzeichnete Begründungsschrift (hier: wegen überlanger Postlaufzeit) erst nach Fristablauf ein, können nur die bei Eingang des Schriftsatzes erkennbaren Umstände berücksichtigt werden; eine Nachholung der versehentlich unterbliebenen Unterschrift nach Fristablauf ist nicht möglich.
Z-315 Schriftform
"... Zur Schriftform gehört grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift (vgl zB Urteil vom 6.Dezember 1988 BVerwG 9 C 40.87 BVerwGE 81,32,). Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers angeführte Rechtsprechung (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5.April 2000 GmS OBG 1/98 Buchholz 310 § 81 VwGO Nr.15 = NJW 2000, 2340), wonach bei Übermittlung bestimmender Schriftsätze auf elektronischem Wege dem gesetzlichen Schriftformerfordernis unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne eigenhändige Unterschrift Genüge getan ist, gilt nur in den Fällen, in denen aus technischen Gründen die Beifügung einer eigenhändigen Unterschrift unmöglich ist, nicht aber für die durch normale Briefpost übermittelten Schriftsätze, deren Unterzeichnung möglich und zumutbar ist (vgl auch Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.Juli 2002 VII B 6/02 BFH/NV 2002,1597 und und von Albedyll in: Bader u.a., VwGO, 2. Aufl, § 60 Rn.29). In diesem Fall ist vielmehr nach wie vor grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift erforderlich, die vor Fristablauf vorliegen muss. (Abs.4)
Allerdings kann auch im Fall der Übermittlung des Schriftsatzes durch normale Briefpost das Fehlen einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen (Urteil vom 6.Dezember 1988 BVerwG 9 C 40.87 BVerwGE 81, 32, und
Beschluss vom 19.Dezember 1994 BVerwG 5 B 79.94 NJW 1995,2121). Entscheidend ist, ob sich dies aus dem bestimmenden Schriftsatz allein oder in Verbindung mit den ihn begleitenden Umständen hinreichend sicher ergibt, ohne dass darüber Beweis erhoben werden müsste. Aus Gründen der Rechtssicherheit kann dabei nur auf die dem Gericht bei Eingang des Schriftsatzes erkennbaren oder bis zum Ablauf der Frist hier der Beschwerdebegründungsfrist bekannt gewordenen Umstände (vgl. Beschluss vom 2.Februar 2000 BVerwG 7 B 154.99 VwRR BY 2000,235) abgestellt werden. Derartige besondere Umstände liegen hier nicht vor. (Abs.5)
Entgegen der Ansicht der Beschwerde reicht die Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits rechtzeitig Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erhoben hat, hierfür ebenso wenig aus wie der gedruckte Briefkopf auf dem Begründungsschriftsatz. Beides bietet keine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür, dass das Schriftstück von einer beim Bundesverwaltungsgericht postulationsfähigen Person stammt und mit deren Willen in den Verkehr gebracht worden ist. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers sich in diesem Zusammenhang auf Verfahrensabläufe in seiner Kanzlei vor Absendung des Schriftsatzes und auf die dem Wiedereinsetzungsantrag vom 18.April 2002 beigefügten Unterlagen beruft, verkennt er, dass diese Umstände bei Eingang der Beschwerdebegründung am 19.März 2002 für das Gericht nicht erkennbar waren
und schon deshalb nicht die ausnahmsweise Entbehrlichkeit der eigenhändigen Unterschrift rechtfertigen können. Da die Beschwerdebegründungsfrist bei Eingang des Schriftsatzes bereits abgelaufen war, bestand im Übrigen keine Möglichkeit mehr, die versehentlich unterbliebene Unterschrift nachzuholen. Die Beschwerde kann sich deshalb auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Fehlen der Unterschrift vom Gericht selbst zunächst nicht beanstandet worden sei. Dem von ihr in diesem Zusammenhang angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.Februar 2000 (aaO) lag insoweit eine andere Fallgestaltung zugrunde.
(Abs.6) Hinsichtlich des Fehlens der Unterschrift kann dem Kläger auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO gewährt werden. Denn dieser Mangel beruht auf einem Versehen seines Prozessbevollmächtigten, das der Kläger sich gemäß § 173 VwGO iVm § 85 Abs.2 ZPO zurechnen lassen muss (vgl hierzu auch B VerfG, Kammerbeschluss vom 21.Juni 2000 2 BvR 1989.97 NVwZ 2000, 907). Bei der Anfertigung von Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsschriften handelt es sich grundsätzlich um eine eigenverantwortliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten (vgl Beschluss vom 7.Februar 1992 BVerwG 2 B 92.91 Buchholz 310 § 60 VwGO Nr.175). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers macht im Übrigen auch nicht geltend, dass das Fehlen der Unterschrift nicht auf sein eigenes Verschulden, zu dem auch ein sog. Organisationsverschulden zählt,
zurückgeht. Es ist daher weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Frist auf einem unabwendbaren Ereignis und nicht auf einem dem Kläger zuzurechnenden Verschulden beruht." (Abs.7)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.4 f
§§§
BVerwG, B, 28.01.03, - 7_B_73/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_86 Abs.2, VwGO_§_132 Abs.2, VwGO_§_153; ZPO_§_580 Nr.7 b, ZPO_§_582;
Z-316 Restitutionsgrund: Auffinden einer Urkunde
"... Die Restitutionsgründe des § 580 ZPO betreffen die Entscheidungsgrundlage des Ausgangsverfahrens. Mit ihnen wird geltend gemacht, dass die dort ergangene Entscheidung unrichtig ist, im Falle des § 580 Nr.7 Buchst.b ZPO deshalb, weil der Beteiligte eine Urkunde aufgefunden hat oder zu benutzen in den Stand gesetzt worden ist, die eine ihm günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Im Revisionsverfahren geht es ebenfalls um die richtige Entscheidung des Rechtsstreits. Eine Urkunde mit den in § 580 Nr.7 Buchst.b ZPO umschriebenen Eigenschaften ist deshalb für die im Revisionsverfahren zu treffende Entscheidung erheblich. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es hingegen nicht (unmittelbar) um die richtige Entscheidung des Rechtsstreits, sondern darum, ob die in § 132 Abs.2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegen. Zu ihnen gehört die (bloße) Unrichtigkeit der ergangenen Entscheidung nicht. Dass eine nachträglich aufgefundene Urkunde das angefochtene Urteil als unrichtig erscheinen lässt, weil sie eine dem Beschwerdeführer günstigere Entscheidung herbeiführen kann, nützt diesem im Beschwerdeverfahren nichts. Er kann allein damit nicht das Vorliegen eines Zulassungsgrundes darlegen. Dass die Vorinstanz von der nachträglich aufgefundenen Urkunde keinen Gebrauch gemacht hat, stellt regelmäßig auch keinen Verfahrensfehler dar, etwa eine mangelnde Aufklärung des Sachverhalts. Der Wiederaufnahmegrund des § 580 Nr.7 Buchst.b ZPO setzt gerade voraus, dass die Urkunde bisher unauffindbar oder sonst nicht benutzbar war. In Betracht kommen dürfte allenfalls der Fall, dass der Beschwerdeführer eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Rechtsfrage aber nicht schon auf der von der Vorinstanz festgestellten und deshalb nach § 137 Abs.2 VwGO verbindlichen Tatsachengrundlage stellt, sondern erst auf einer Tatsachengrundlage, die um die Umstände erweitert ist, die der Beschwerdeführer mit Hilfe des Wiederaufnahmegrundes in den Rechtsstreite inführt. (Abs.14)
2. a) Das Verwaltungsgericht ist nicht von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen, die der Kläger in seiner Beschwerde bezeichnet hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat in den bezeichneten Entscheidungen die Anforderungen, die an einen Beteiligten für die Beibringung von Urkunden zu stellen sind, nicht in einem abstrakten Rechtssatz umschrieben, dem das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen abweichenden abstrakten Rechtssatz entgegengestellt hätte. (Abs.15)
aa) Im Urteil vom 22.Oktober 1969 - BVerwG V C 27, 78, 79.68 - (BVerwGE 34, 113 ) hat das Bundesverwaltungsgericht zwar von dem Beteiligten verlangt, dass er den Prozessstoff liefern muss, der nur ihm bekannt war. Es hat aber nicht
schlechthin ausgeschlossen, dass der Beteiligte gleichzeitig den Sachverhalt aufklären und dabei nach weiteren Urkunden suchen muss. Die Verwaltungsbehörde (als damalige Restitutionsklägerin) sei jedoch zu einer solchen Aufklärung nur verpflichtet, soweit es auf diese Umstände nach ihrer eigenen Rechtsauffassung entscheidungserheblich ankommt. In dem konkreten Fall kam es auf die später aufgefundene Urkunde nicht nach der Rechtsauffassung der Verwaltungsbehörde, sondern erst nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts an. Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich also allenfalls der Rechtssatz entnehmen, dass der Restitutionskläger ohne sein Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund des § 580 Nr.7 Buchst.b ZPO in dem früheren Verfahren geltend zu machen, wenn er Ermittlungen zu Tatsachen unterlassen hat, auf die es nach seiner Rechtsauffassung in dem früheren Verfahren nicht ankam (es sei denn, der Beteiligte habe mit seiner Rechtsauffassung die "wahre" Rechtslage schuldhaft verkannt). Damit stimmt im Ausgangspunkt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts überein. (Abs.16)
bb) Im Beschluss vom 7.März 1975 BVerwG III B 96.73 (Buchholz 310 § 153 VwGO Nr.14) hat das Bundesverwaltungsgericht einem Beteiligten als Verschulden im Sinne des § 582 ZPO angerechnet, wenn er es unterlassen hat, die dem Gericht vorgelegten Akten der Behörde einzusehen und deshalb keine Kenntnis von Urkunden
hatte, die in diesen Akten enthalten waren. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht entgegen der Auffassung des Klägers nicht entschieden, dass ein Beteiligter sich darauf beschränken dürfe, nur in den vorgelegten Behördenakten nach entscheidungsrelevanten Urkunden zu suchen."
Auszug aus: Originalurteil, Abs.14 f
Z-317 Mangelnde Sachaufklärung
"... b) Den geltend gemachten Verfahrensfehler einer mangelnden Aufklärung des Sachverhalts hat der Kläger nicht ordnungsgemäß dargelegt. Er meint, das Verwaltungsgericht hätte seinen - des Klägers - Sohn als Zeugen zu der Frage vernehmen müssen, ob und seit wann er in Archiven nach Unterlagen zur Beteiligung seines Rechtsvorgängers an der S GmbH nachgeforscht habe. (Abs.18)
Die Aufklärungsrüge scheitert schon daran, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat. Von einem anwaltlich vertretenen Beteiligten kann im Allgemeinen erwartet werden, dass er eine von ihm für notwendig erachtete Beweisaufnahme bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der gemäß § 86 Abs.2 VwGO vorgesehenen Form beantragt. Wenn der Anwalt einen solchen Antrag versäumt hat, kann sein Mandant eine mangelnde Sachaufklärung nicht mehr erfolgreich rügen. In der Regel wird nämlich erst ein in der vorgeschriebenen Form zu Protokoll gestellter Antrag d em Tatsachengericht vor Augen führen, welche entscheidende Bedeutung der Anwalte iner weiteren Sachaufklärung beimisst (Beschluss vom 17.September 2001 - BVerwG 9 B 59.01 juris). Einen Beweisantrag hat der Kläger nicht gestellt, wie sich aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung ergibt. Einen Antrag auf deren Berichtigung hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. (Abs.19)
Dem Verwaltungsgericht musste sich eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht ohne Beweisantrag von Amts wegen aufdrängen. Das Verwaltungsgericht hält dem Kläger vor, er oder sein Sohn habe erst beginnend im Oktober 1999 in den Akten des Sächsischen Hauptstaatsarchivs recherchiert, in denen die beglaubigte Abschrift des Kaufvertrags schließlich gefunden wurde. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger nicht vorgehalten, er habe vor dem Oktober 1999 im Sächsischen Hauptstaatsarchiv überhaupt nicht recherchiert; es hat nur intensive Nachforschungen vermisst. Gelegentliche Recherchen sind damit vom Verwaltungsgericht berücksichtigt, aber rechtlich als unzureichend bewertet. Für intensive Nachforschungen im Sächsischen Hauptstaatsarchiv boten die Akten keinen Anhalt. Das Schreiben des Direktors K vom 10.Juni 1936 an Dr F, auf das der Kläger seine Annahme einer Beteiligung Dr F an der S GmbH maßgeblich gestützt hat, hat er nicht im Sächsischen Hauptstaatsarchiv gefunden, sondern im Archiv der Staatsbank Berlin. (Abs.20)
3. a) Bei zutreffender Anwendung des § 153 VwGO, § 582 ZPO hätte das
Verwaltungsgericht aber die Zulässigkeit der Klage nicht daran scheitern lassen dürfen, dass der Kläger die nachträglich aufgefundene Urkunde nicht bereits mit der Nichtzulassungsbeschwerde in das Ausgangsverfahren eingeführt hat. (Abs.21)
Das Verwaltungsgericht hat ohne jede Differenzierung von demK läger verlangt, er müsse mögliche Wiederaufnahmegründe im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geltend machen. In welcher Weise die hier aufgefundene Urkunde es dem Kläger ermöglicht hätte, einen Grund für die Zulassung der Revision darzutun, sagt das Verwaltungsgericht nicht. Eine solche Möglichkeit ist auch nicht erkennbar. (Abs.22)
Abgesehen davon berücksichtigt das Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen im Revisionsverfahren nur aus Gründen der Prozessökonomie, wenn also die Berücksichtigung der neuen Tatsachen dem Revisionsgericht eine abschließende Entscheidung in der Sache selbst ermöglicht. Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die Echtheit der nachträglich aufgefundenen Urkunde bestritten ist. Wenn im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde überhaupt eine Urkunde berücksichtigt werden kann, deren Auffinden sonst einen Restitutionsgrund im Sinne des § 580 Nr.7 Buchst.b ZPO ergäbe, dann kommen hierfür nur Urkunden in Betracht, die unstreitig echt sind. Hier war hingegen die Echtheit der Urkunde
in Zweifel gezogen worden. Das Verwaltungsgericht hat über die Echtheit der Urkunde Beweis erhoben. (Abs.23)
Weil der Kläger entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht verpflichtet war, die nachträglich aufgefundene Urkunde noch in das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde einzuführen, schadet es ihm nicht, dass er die Frist zur Einlegung der Beschwerde schuldhaft versäumt hat. Diese schuldhafte Säumnis ist nicht ursächlich dafür geworden, dass er außerstande war, den Restitutionsgrund bereits in dem früheren Verfahren geltend zu machen. (Abs.24)
b) Bei zutreffender Anwendung des § 153 VwGO, § 582 ZPO hätte das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit der Klage auch nicht daran scheitern lassen dürfen, dass der Kläger nicht rechtzeitig und nachhaltig genug in den Archiven nach dem später aufgefundenen Kaufvertrag vom 16. Dezember 1936 geforscht hat. Das Verwaltungsgericht hat zu hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Klägers gestellt. (Abs.25)
An die Sorgfaltspflichten einer Prozesspartei sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Eine auch nur leicht fahrlässige Verletzung dieser Pflichten schließt die Zulässigkeit einer späteren Restitutionsklage aus (BGH, Urteil vom 23.Januar 1974 - VIII ZR 131/72 - WM 1974,264). Dies trägt der grundlegenden Bedeutung Rechnung, welche die
Rechtskraft für die Rechtssicherheit und die rasche Wiederherstellung des Rechtsfriedens hat. Der Gesetzgeber will nur in eng begrenzten Fällen dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnen, im Wege der Restitutionsklage die Rechtskraft einer Entscheidung zu beseitigen, die auf fehlerhafter Grundlage beruht und ihn ohne sein Verschulden unbillig belastet. (Abs.26)
Vor diesem Hintergrund ist es dem Beteiligten zumutbar, sich durch geeignete Maßnahmen rechtzeitig in den Besitz einer beweiserheblichen Urkunde zu setzen und ihren Inhalt und Verbleib ausfindig zu machen. (Abs.27)
Das betrifft in erster Linie solche Urkunden, die sich im Gewahrsam des Beteiligten befinden. Ein Verschulden des Beteiligten liegt regelmäßig dann vor, wenn er eine solche in seinem Gewahrsam befindliche Urkunde erst nachträglich vorlegt, weil sie infolge ungenügender Ordnung in seinen Unterlagen oder infolge mangelhafter Nachforschungen unbemerkt geblieben ist. Darum geht es hier nicht. Der Kläger hat keine Unterlagen aus der Geschäftstätigkeit seines Rechtsvorgängers in seinem Besitz. Diese Unterlagen sind vielmehr sämtlich bereits von der Gestapo bei der Verhaftungs eines Rechtsvorgängers im Jahre 1942 beschlagnahmt und weggeschafft worden. (Abs.28 + 29)
Weiter ist der Beteiligte verpflichtet, in öffentlich zugängliche Register Einsicht zu nehmen. Auch das war hier nicht möglich. Das Handelsregister des Amtsgerichts Dresden ist bei dem Bombenangriff auf Dresden im Februar 1945 verbrannt. Bezogen auf die S GmbH ist für das Handelsregister nach dem Krieg nur der letzte Stand der Eintragungen vor der Vernichtung rekonstruiert worden. (Abs.30)
Die Geschäftsunterlagen der Sächsischen Hypothekenbank sind ebenfalls bei dem Bombenangriff auf Dresden vollständig verbrannt. Den Angriff überdauert hat nur eine Ausfertigung des ursprünglich (1907)a bgeschlossenen Gesellschaftsvertrages, der im Safe eines Bankhauses aufbewahrt wurde. Er gibt jedoch nichts für die Frage her, ob und in welchem Umfang der Rechtsvorgänger des Klägers zu der hier interessierenden Zeit an der Gesellschaft beteiligt war. (Abs.31)
Weil die unmittelbar einschlägigen Unterlagen (Geschäftsunterlagen des Rechtsvorgängers, Geschäftsunterlagen der Gesellschaft, Handelsregister) nicht zur Verfügung standen, kam von vornherein nur die Möglichkeit in Betracht, dass die Beteiligung Dr Fs an der S GmbH und der Verlust dieser Beteiligung in anderen Zusammenhängen einen beweiskräftigen Niederschlag gefunden hatte. Wonach
der Kläger dabei genau zu suchen hatte, war unklar. Er hatte keine eigene Kenntnis von den Geschäftsvorgängen in den dreißiger Jahren. So war bis zum Auffinden der beglaubigten Abschrift des Kaufvertrages vom 16.Dezember 1936 der Abschluss eines solchen Vertrages unbekannt, eine gezielte Suche nach dieser Urkunde also nicht möglich, ohne dass diese Unkenntnis dem Kläger zum Verschulden gereicht. Dies erforderte gleichsam ein Nachforschen auf Verdacht, insbesondere in Unterlagen, die den Verbleib des Vermögens des mutmaßlichen
Ariseurs A G R dokumentieren konnten. (Abs.32)
Aufgefunden hat der Sohn des Klägers die beglaubigte Abschrift des Kaufvertrages vom 16.September 1936 in archivierten Akten des (Sächsischen) Ministeriums des Innern, welche die Aufsicht über Stiftungen betrafen, im konkreten Fall über Stiftungen der Sächsischen S Werk AG. An dieser Aktiengesellschaft war nach der Behauptung des Klägers Dr F ebenfalls beteiligt gewesen; diese Beteiligung soll ihm ebenfalls durch Arisierung entzogen worden sein. Auch insoweit hat der Kläger vermögensrechtliche Ansprüche geltend gemacht, über die jedenfalls seinerzeit - bei Auffinden des Vertrages - noch nicht bestandskräftig entschieden war. Der Kaufvertrag vom 16.Dezember 1936 hatte keinen sachlichen Bezug zur Sächsischen S Werk AG und der Aufsicht des Sächsischen Innenministeriums über Stiftungen, die der Aktiengesellschaft zuzuordnen waren.
Der Kaufvertrag war mithin dem Archivstück, in dem er enthalten war, fehlerhaft zugeordnet. Das Archivstück war zwar für den Kläger wegen anderweit verfolgter vermögensrechtlicher Ansprüche von Interesse. Das Vorhandensein des Kaufvertrages in diesem Archivstück war aber auch bei sorgfältiger Überlegung nicht zu erwarten. Es gereicht dem Kläger nicht zum Verschulden im Sinne des § 582 ZPO, dass er seine Suche nicht von vornherein auf dieses Archivstück erstreckt hat. Anderenfalls würde von ihm verlangt, "auf gut Glück" zu suchen. Damit wären die Sorgfaltspflichten eines Beteiligten überspannt. Musste eine Nachschau in dieser Akte sich auch bei sorgfältiger Planung einer Suche nicht aufdrängen, liegt kein Verschulden darin, dass der Kläger dieses Archivstück erst so spät durchsucht hat, dass ein Fund nicht mehr in die Tatsacheninstanz eingeführt werden konnte. Die rein zeitliche Betrachtung, er wäre einige Monate früher fündig geworden, wenn er mit der konkreten Suche einige Monate früher begonnen hätte, ist unzulässig. Ein schuldhaftes Zögern könnte ihm nur bei Nachforschungen vorgeworfen werden, die von vornherein Erfolg versprochen und sich deshalb aufgedrängt hätten. (Abs.33)
Die fehlerhafte Anwendung des § 153 VwGO, § 582 ZPO durch das Verwaltungsgericht ist in den Ausführungen des Klägers zur Grundsatzrüge und zur Divergenzrüge der Sache nach dargelegt. Unter dieser Voraussetzung können diese Rügen in eine
Verfahrensrüge umgedeutet werden (vgl Beschluss vom 16.Dezember 1998 - BVerwG 7 B 252.98 juris). (Abs.34)
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, wegen des Verfahrensfehlers die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen( § 133 Abs.6 VwGO). " (Abs.35)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.18 f
§§§
BVerwG, B, 29.01.03, - 6_P_15/01 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(SH) MBG_§_51 Abs.1 S.1; NV-Bühne_§_61
Begriff der Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinn / Mitbestimmungspflichtigkeit der Nichtverlängerungsmitteilung bei Bühnenmitgliedern
Die Mitteilung des Arbeitgebers an ein Solomitglied über die Nichtverlängerung des mit diesem geschlossenen Arbeitsvertrages nach § 61 Abs.2 Satz 1 des Normalvertrags Bühne ist keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme im Sinne von § 51 Abs.1 Satz 1 MBG SH.
Z-318 Mitbestimmung: Unterlassen eine Vertragsabschlusses
"... Nach § 51 Abs.1 Satz 1 MBG SH bestimmt der Personalrat u.a. mit bei allen personellen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Nach der Rechtsprechung des Senats kann von einer Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinne nur gesprochen werden bei einer Handlung und Entscheidung, die den Rechtsstand der Bediensteten oder eines Bediensteten berührt (vgl Beschluss vom 18.Dezember 1996 BVerwG 6 P 6.94 BVerwGE 104,14 mwN). In Anlehnung an die Rechtsprechung des Senats bezeichnet die Entwurfsbegründung zu § 51 MBG SH als Maßnahme "eine Regelung, die sich auf die Beschäftigten auswirkt oder sie betrifft". Die Maßnahme muss auf die Veränderung eines bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen die Beschäftigungsverhältnisse oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (LTDrucks 12/996 S.107). Diese Begriffsbestimmung stimmt mit der in der Senatsrechtsprechung anerkannten Definition der personalvertretungsrechtlichen Maßnahme überein (vgl. Beschluss vom 18.Dezember 1996, aaO, S.16; Beschluss vom 16.November 1999 BVerwG 6 P 9.98 Buchholz 251.95 § 51 MBG SH Nr.2 S.2 f; Beschluss vom 26. Januar 2000 BVerwG 6 P 62.99 Buchholz 251.95 § 51 MBG SH Nr.3 S.14 f). Die hier in Rede stehende Nichtverlängerungsmitteilung ist keine auf die Veränderung des bestehenden Arbeitsverhältnisses gerichtete Maßnahme im Sinne von § 51 Abs.1 Satz 1 MBG SH. Sie steht vielmehr, da der Arbeitgeber mit
ihr lediglich seine mangelnde Bereitschaft zum Ausdruck bringt, das vereinbarungsgemäß zum Ende der laufenden Spielzeit ausscheidende Bühnenmitglied für die neue Spielzeit zu den gleichen Bedingungen wie bisher weiterzubeschäftigen, bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise (vgl. Beschluss vom 16.November 1999 aaO, S.3) dem Unterlassen eines erneuten Vertragsabschlusses gleich, das kein Mitbestimmungsrecht des Personalrats begründet."
Auszug aus: Originalurteil, Abs.15
§§§
BVerwG, B, 29.01.03, - 6_P_16/01 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(SH) MBG_§_49 Abs.4 S.1, MBG_§_51 Abs.1 S.1, MBG_§_54 Abs.4 S.3 Nr.15
Personalvertretungsrechtlicher Maßnahmebegriff / Auswahl zur Teilnahme an einer Aufstiegsfortbildung / Mitbestimmungspflichtigkeit der Einführung und Ausgestaltung eines Assessment-Centers / simulierter Arbeitssituationen
Die Einführung und Ausgestaltung eines Assessment Centers zur Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer Fortbildungsmaßnahme, deren Absolvierung Voraussetzung für einen beruflichen Aufstieg ist, unterliegt nach § 51 Abs.1 Satz 1 MBG SH der Mitbestimmung.
Z-319 Mitbestimmung: Assessment-Center
"... Das begehrte Mitbestimmungsrecht des Personalrats ergibt sich aus seiner so genannten Allzuständigkeit bei innerdienstlichen Maßnahmen. (Abs.20)
Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH bestimmt der Personalrat mit bei allen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Nach der Rechtsprechung des Senats kann von einer Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinn nur gesprochen werden bei einer Handlung und Entscheidung, die den Rechtsstand der Bediensteten oder eines Bediensteten berührt. Lediglich der Vorbereitung einer Maßnahme dienende Handlungen einer Dienststelle sind, wenn sie nicht bereits eine beabsichtigte Maßnahme vorwegnehmen oder unmittelbar festlegen, keine Maßnahme (vgl Beschluss vom 18.Dezember 1996 BVerwG 6 P 6.94 BVerwGE 104, 14 mwN). In Anlehnung an die Rechtsprechung des Senats bezeichnet die Entwurfsbegründung zu § 51 MBG SH als Maßnahme "eine Regelung, die sich auf die Beschäftigten auswirkt oder sie betrifft. Die Maßnahme muss auf die Veränderung eines bestehenden Zustandes abzielen. Nach der Durchführung der Maßnahme müssen die Beschäftigungsverhältnisse oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben" (LTDrucks 12/996 S.107). Diese Begriffsbestimmung stimmt mit der in der
Senatsrechtsprechung anerkannten Definition der personalvertretungsrechtlichen Maßnahme überein (vgl. Beschluss vom 18.Dezember 1996, aaO, S.16; Beschluss vom 16.November 1999 BVerwG 6 P 9.98 Buchholz 251.95 § 51 MBG SH Nr.2 S.2 f; Beschluss vom 26.Januar 2000 BVerwG 6P 2.99 BVerwGE 110,287 f = Buchholz 251.95 § 51 MBG SH Nr.3 S.14 f). (Abs.21-22)
Daran gemessen handelt es sich bei der Einführung und der Ausgestaltung des Assessment Centers um eine Maßnahme. Das Assessment Center dient der Auswahl derjenigen Bewerberinnen und Bewerber, die eine Teilnahme an dem Stationsleitungskurs im Rahmen der Aufstiegsfortbildung anstreben. Während vor Einführung des Assessment Center Verfahrens die Auswahl auf der Grundlage einer Beurteilung durch den Dienstvorgesetzten vorgenommen wurde, erfolgt diese nunmehr (auch) aufgrund der Ergebnisse der Teilnahme an dem Assessment Center. Darin liegt eine Veränderung eines Zustandes im Sinne des aufgezeigten Maßnahmebe-griffs. Bei der Veranstaltung des Assessment Centers handelt es sich nicht um eine mitbestimmungsfreie lediglich vorbereitende Handlung. Zwar verfolgt das Assessment Center den Zweck, Grundlagen für die eigentliche Auswahlentscheidung über die Teilnahme an dem Stationsleitungskurs zu schaffen. Doch werden mit der Entscheidung über die Einführung und Ausgestaltung des in Rede stehenden Verfahrens in abstrakt-genereller Weise die Bedingungen
festgelegt, nach denen sich die Auswahl der Teilnehmer im Einzelfall zu vollziehen hat. Daher kommt dieser Entscheidung eine über die konkrete Teilnehmerauswahl weit hinausreichende, selbstständige Bedeutung zu. (Abs.23 + 24)
Der Senat hat wenn auch im Zusammenhang mit anders formulierten Mitbestimmungstatbeständen mehrfach entschieden, dass die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer Fortbildungsmaßnahme der Mitbestimmung unterfällt (vgl. Beschluss vom 19.September 1988 BVerwG 6 P 28.85 Buchholz 251.6 § 75 NdsPersVG Nr.3 S.9 f; Beschluss vom 4.September 1985 BVerwG 6 P 1.85 Buchholz 238.38 § 77 RPPersVG Nr.2 S.5 f; Beschluss vom 10.Februar 1967 BVerwG 7 P 6.66 BVerwGE 26,185 ; Beschlussv om 20.Juli 1962 BVerwG 7 P 4.61 Buchholz 238.34 § 66 PersVG Hamburg Nr.1 S.2 f; Beschluss vom 7.März 1995 BVerwG 6 P 7.93 Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr.7 S.2 ff). Diese Rechtsprechung lässt sich auf die Auslegung des § 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH übertragen (vgl Fuhrmann/Neumann/Thorenz/Witt, aaO, § 51 Rn.38). Insbesondere Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes gebieten ein solches Verständnis. Dem Personalrat obliegt die Aufgabe, darüber zu wachen, dass eine Auswahl der Beschäftigten für berufliche Fortbildungsveranstaltungen nach möglichst gleichmäßigen Kriterien erfolgt und alle Beschäftigten unter Berücksichtigung ihrer Eignung und Leistung
die Chance zur Teilnahme daran erhalten. Diese Aufgabe stellt sich auch in Zusammenhang mit der Fortbildung von Dienstkräften unabhängig davon, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Fortbildung und einer späteren Beförderung besteht. Wegen der gewichtigen personalpolitischen Bedeutung der Fortbildung und ihrer nicht minder gewichtigen Relevanz für das berufliche Fortkommen bedürfen die Dienstkräfte des kollektiven Schutzes des Personalrats bei der Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eine Fortbildungsmaßnahme (vgl Beschluss vom 7.März 1995, aaO, S.3; Beschluss vom 19.September 1988, aaO, S.9). (Abs.25)
Dass die Auswahl für die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung nach § 51 Abs.1 Satz 1 MBG SH mitbestimmungspflichtig ist, wird bestätigt von § 54 Abs.4 Satz 3 Nr.15 MBG SH. Danach ist der Beschluss der Einigungsstelle in den Fällen einer solchen Auswahl bindend. Da die Einigungsstelle nur in Mitbestimmungsangelegenheiten zur Entscheidung berufen ist, setzt § 54 Abs.4 Satz 3 Nr.15 MBG SH das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts bei der Auswahl voraus. (Abs.26)
Gegenstand der Mitbestimmung ist nicht nur die Auswahl im eigentlichen Sinne. Erfasst werden auch Grundsätze bzw Richtlinien, die für eine Mehrzahl von Auswahlentscheidungenv orwegnehmend festlegen, welche Kriterien der Entscheidung über die Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsrecht, 9.Aufl, § 75 Rn.133; Altvater/
Bacher/Hörter/Peiseler/Sabottig/Schneider/Vohs, BPersVG, 4.Aufl, § 75 Rn.57; jeweils zu § 75 Abs.3 Nr.7 BPersVG). Solche antizipierten Festlegungen bezwecken, dass die auf ihnen beruhenden und durch Ermessens- und Beurteilungsspielräume gekennzeichneten Einzelentscheidungen ihrem Inhalt nach durch Festlegung bestimmter Vorgaben im Interesse einer "gerechten" Entscheidung vereinheitlicht werden. Sie entfalten in aller Regel eine Vorbehalten zugängliche Selbstbindung der Verwaltung (vgl zu Auswahlrichtlinien im Sinne von § 76 Abs.2 Satz 1 Nr.8 BPersVG Beschluss vom 5.September 1990 BVerwG 6 P 27.87 Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr.20 S.13 f). Die Aufstellung von Grundsätzen über die Kriterien der Auswahl für die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung ist für die Beschäftigten dann besonders folgenreich, wenn sich die Auswahl im eigentlichen Sinn auf eine Maßnahme bezieht, deren Absolvierung Voraussetzung für eine spätere Beförderung ist. Ist dies der Fall, hat die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme die Bedeutung einer Vorstufe zum beruflichen Aufstieg. Damit gerät die Auswahl der an der Fortbildung Teilnahmeberechtigten in die Nähe einer Beförderungsentscheidung, was dem Bedürfnis nach kollektivem Schutz der Dienstkräfte durch die Personalvertretung im Interesse der Wahrung von Chancengleichheit bei der Auswahl erhöhtes Gewicht verleiht. Da § 51 Abs.1 Satz 1 MBG SH grundsätzlich alle Maßnahmen der Mitbestimmung unterwirft, die sich auf die persönliche Rechtsstellung der Beschäftigten auswirken, ist in derartigen
Fällen die Anerkennung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats unausweichlich. (Abs.27)
Das Assessment Center dient der Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer für den Stationsleitungskurs, der im Rahmen der Aufstiegsfortbildung abgehalten wird und dessen Besuch Voraussetzung für die mögliche spätere Wahrnehmung von Führungsaufgaben im mittleren Management des Pflege- und Funktionsdienstes ist. Die mit Blick auf die Teilnahme an dem Stationsleitungskurs zu treffende Auswahl der Bewerberinnen und Bewerber stellt mithin eine Weichenstellung für den beruflichen Aufstieg dar. (Abs.28)
Das Mitbestimmungsrecht beschränkt sich nicht auf die Festlegung aller, mehrerer oder einzelner Entscheidungskriterien, sondern erstreckt sich auch auf das Verfahren, in dem das Vorliegen der Entscheidungsvoraussetzungen festgestellt wird (vgl Beschluss vom 5.September 1990, aaO, S.15). Das Verfahren kann dadurch die Entscheidung ausschlaggebend beeinflussen, dass einzelne Aspekte deutlicher hervorgehoben oder in den Hintergrund gerückt werden. Verfahrensregelungen unterfallen jedenfalls insoweit der Mitbestimmung, als sie sich auf die Auswahl im eigentlichen Sinn auswirken können und nicht nur dem Vorfeld der eigentlichen Auswahl zuzuordnen sind (vgl. Beschluss vom 5.September 1990, aaO, S.15).
(Abs.29)
Nach dem Dargelegten ist das Assessment Center sowohl unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensgestaltung als auch unter demjenigen der Festlegung allgemeiner Entscheidungskriterien mit Blick auf die Teilnahme an dem Stationsleitungskurs mitbestimmungspflichtig. Es ist ein Instrument zur Feststellung der Eignung zur Teilnahme an der Weiterbildung. Als ein die Auswahlentscheidung maßgeblich prägendes Verfahren unterliegt es der Mitbestimmung, weil es sich auf einen schon vorhandenen Bewerberkreis bezieht. An dem Assessment Center nehmen nur diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teil, die sich für die Teilnahme an der Aufstiegsfortbildung beworben haben. Die Ausgestaltung (Durchführung) des Assessment Centers geht einher mit der Festlegung allgemeiner Entscheidungskriterien für die Auswahlentscheidung. Das Assessment Center ist ein eignungsdiagnostisches Verfahren, bei dem die Kandidaten in Situationen beobachtet werden, die die von ihnen angestrebten künftigen Aufgabenm öglichst genau abbilden. So untergliedert sich das von dem Beteiligten praktizierte Assessment Center ua in eine persönliche Vorstellung, eine so genannte Postkorbübung, eine Gruppendiskussion und ein als Rollenspiel durchgeführtes Mitarbeitergespräch. Das Verhalten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird nach verschiedenen Merkmalen beobachtet. Bei dem hier in Rede stehenden Assessment
Center sind als Beobachtungsmerkmale vorgesehen Strukturierungsvermögen, vernetztes Denken, Selbstreflektion, soziale Wahrnehmungsfähigkeit, Einfühlungsvermögen, wertschätzendes Verhalten, Kontaktfreude, Selbstsicherheit, Entscheidungsfreude und Glaubwürdigkeit. Auf der Grundlage dieser Merkmale findet eine Bewertung des Verhaltens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer statt. Die festgelegten Übungssituationen und Beobachtungsmerkmale stellen allgemeine Entscheidungskriterien für die auf die Teilnahme an dem Stationsleitungskurs bezogene Auswahlentscheidung dar. Diese Festlegungen sind für die Auswahl (mit) entscheidungserheblich. Das folgt schon daraus, dass auf ihrer Grundlage eine Bewertung des Verhaltens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfolgt, dass diese sich in einer Punktzahl niederschlägt und dass nur bei Erreichen einer Mindest Gesamtpunktzahl die Zulassung zu dem Stationsleitungskurs erfolgt." (Abs.30)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.29 ff
§§§
BVerwG, B, 29.01.03, - 6_P_19/01 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(Bl) PersVG_§_86 Abs.3 S.1 Nr.1+3, PersVG_§_86 Abs.3 S.2, PersVG_§_87 Nr.1
Mitbestimmung der aufnehmenden Dienststelle bei Versetzung und Abordnung
Bei der Abordnung eines Angestellten im Sinne von § 87 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BlnPersVG besteht kein Mitbestimmungsrecht der den Beschäftigten aufnehmenden Dienststelle. Das gilt auch dann, wenn der Angestellte von einer Bundesbehörde an eine Dienststelle des Landes Berlin abgeordnet wird.
Z-320 Mitbestimmung: Abordnung
"... 1. Ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ergibt sich nicht daraus, dass es sich bei der streitigen Maßnahme um eine Abordnung im Sinne von § 86 Abs.3 Satz 1 Nr.3 BlnPersVG handelt. (Abs.12)
Nach § 86 Abs.3 Satz 1 Nr.3 BlnPersVG bestimmt der Personalrat in Angelegenheiten sämtlicher Dienstkräfte ua mit bei einer Abordnung für eine Dauer von mehr als drei Monaten. Das Bundesarbeitsgericht und das Schrifttum zu dem tarifrechtlichen Begriff der Abordnung in § 12 Abs.1 des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) verstehen unter der Abordnung eines Angestellten die Zuweisung einer vorübergehenden Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle desselben oder eines anderen Arbeitgebers unter Aufrechterhaltung des bestehenden Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG, Urteil vom 18. Februar 1976 5 AZR 616/74 AP Nr.1 zu Saarland-UniversitätsG; Baumgärtel/Fieberg, Recht der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst, in: Fürst (Hrsg.), GKÖD, Band IV, T § 12 Rn.20; Bredemeier/Neffke/Cerff, BAT/BAT O, 1999, § 12 Rn.2). Die tarifrechtliche Begriffsbestimmung entspricht dem personalvertretungsrechtlichen Verständnis einer Abordnung von Angestellten (vgl Lorenzen/Eckstein/Etzel/Schlatmann/Schmitt/ Gerhold/Rehak, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 13 Rn.39 iVm § 75 Rn.6 4; Grabendorff/Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 9.Aufl, § 75
Rn.23; Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, in: Fürst (Hrsg.), GKÖD, Band V, K § 7 5 Nr.47). Sie steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats zum Begriff d er "Abordnung" von Beamten (vgl. Beschluss vom 12.September 2002 BVerwG 6 P 11.01 DokBerB 2003, S.19). (Abs.13)
Nach dem aufgezeigten Inhalt des Begriffs der Abordnung sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der streitigen Maßnahme um eine Abordnung im Sinne von § 86 Abs.3 Satz 1 Nr.3 BlnPersVG handelt. Gleichwohl bewirkt die Maßnahme kein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers. Nach der hier einschlägigen Rechtslage steht dem Personalrat der den abzuordnenden Beschäftigten aufnehmenden Dienststelle nämlich kein Mitbestimmungsrecht zu (aA Germelmann/Blinkert, PersVG Berlin, 2.Aufl, § 86 Rn.94). Allerdings werden bei einer Abordnung nicht nur die kollektiven Interessen der Beschäftigten der abgebenden Dienststelle betroffen, sondern auch diejenigen der aufnehmenden Dienststelle. So kann durch die Maßnahme ein anderer Mitarbeiter der aufnehmenden Dienststelle ungerechtfertigt benachteiligt werden, oder es kann die begründete Besorgnis bestehen, der abzuordnende Beschäftigte werde durch sein Verhalten den Frieden in der aufnehmenden Dienststelle stören. Solche Gründe lassen sich grundsätzlich dem Mitbestimmungstatbestand "Abordnung" inhaltlich zuordnen und wären deshalb im Grundsatz geeignet, die
Zustimmungsverweigerung des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle zu rechtfertigen. Es liegt insoweit nicht anders als bei einer Versetzung. Für diesen Fall nimmt der Senat mit Blick auf die doppelte Dienststellenbetroffenheit der Maßnahme an, dass für die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung grundsätzlich auch die Zuständigkeit des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle begründet ist. Dies gilt aber nicht, wenn der Gesetzgeber eine andere Regelung getroffen hat (vgl Beschluss vom 16.September 1994 BVerwG 6 P 32.92 B VerwGE 96,355). So liegt es hier. (Abs.14)
Aus § 86 Abs.3 Satz 2 BlnPersVG ergibt sich hinreichend deutlich die Entscheidung des Gesetzgebers, dass im Fall einer Abordnung im Sinne von § 86 Abs.3 Satz 1 Nr.3 BlnPersVG ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle nicht besteht. § 86 Abs.3 Satz 2 BlnPersVG enthält mit Blick auf das Mitbestimmungsrecht der aufnehmenden Dienststelle eine Sonderregelung für den Fall der Versetzung im Sinne von § 86 Abs.3 Satz 1 Nr.1 BlnPersVG. Danach bestimmen bei Wechsel des Zuständigkeitsbereichs des Personalrats die Personalräted er bisherigen und der neuen Dienststelle mit. Die Vorschrift beschränkt sich auf den Fall der Versetzung. Sie erstreckt sich nicht etwa auf den in § 86 Abs.3 Satz 1 Nr.3 BlnPersVG darüber hinausg eregelten Fall
der Abordnung, obwohl bei dieser personellen Maßnahme die kollektiven Belange der Bediensteten der den Beschäftigten aufnehmenden Stelle ebenfalls betroffen sein können. Dem ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei einer doppelten Dienststellenbetroffenheit durch eine der in § 86 Abs.3 Satz 1 BlnPersVG aufgeführten personellen Maßnahmen bewusst nur im Fall der Versetzung die Zuständigkeit des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle begründen wollte, nicht aber auch in dem vergleichbaren Fall einer Abordnung. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, die Zuständigkeit des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle sei auch ohne ausdrückliche Regelung gegeben, und dass er dies beschränkt auf den Fall der Versetzung in § 86 Abs.3 Satz 2 BlnPersVG lediglich (deklaratorisch) klarstellen wollte, sind nicht erkennbar. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes enthält insoweit keinen Hinweis (vgl AbgDrucks 6/1354 S.20). Dies gilt auch für die vorangegangenen Berliner Personalvertretungsgesetze, die dem §8 6 Abs.3 Satz 2 BlnPersVG vergleichbare Regelungen enthielten (vgl § 65 Satz 2 des Personalvertretungsgesetzes vom 21.März 1957 BlnGVOBl S.296, dazu AbgDrucks 2/756 S.14; § 68 Abs.2 Satz 1 des Personalvertretungsgesetzes vom 22.Juli 1968 BlnGVOBl S.1004 , dazu AbgDrucks 5/388 S.14). Angesichts dieses Befundes scheidet auch eine analoge Anwendung des § 86 Abs.3 Satz 2 BlnPersVG auf die Fälle einer Abordnung aus. Da von einer bewussten Beschränkung der Bestimmung auf den Fall der Versetzung auszugehen
ist, verbietet sich die Annahme, die Vorschrift enthalte mit Blick auf die Nichtberücksichtigung der Abordnung eine der Absicht des Gesetzgebers zuwiderlaufende " planwidrige" Lücke. (Abs.15)
Der Senat teilt nicht die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, nach der die in § 86 Abs.3 Satz 2 BlnPersVG zum Ausdruck kommende Entscheidung des Gesetzgebers, dass die aufnehmende Dienststelle der Abordnung nicht zuzustimmen habe, voraussetze, dass ein Personalrat einer Dienststelle des Landes der Abgabe des Beschäftigten und seiner vorherigen Einstellung zugestimmt haben müsse. Eine Beschränkung der aus § 86 Abs.3 Satz 2 BlnPersVG folgenden Nichtbeteiligung des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle auf die vom Oberverwaltungsgericht genannten Fälle kommt nicht in Betracht, auch nicht im Wege einer teleologischen Reduktion.D er vom Gesetzgeber verfolgte Regelungszweck gebietet nämlich eine solche Einschränkung nicht (vgl zu dieser Voraussetzung der teleologischen Reduktion Urteil vom 27.Juni 1995 BVerwG 9 C 8.95 DVBl 1995, 1308). Dass der Gesetzgeber im Fall der Versetzung ein Mitbestimmungsrecht der aufnehmenden Dienststelle vorgesehen hat, nicht aber bei der Abordnung, beruht erkennbar auf der Erwägung, dass sich aus Sicht der aufnehmenden Dienststelle die Versetzung in ihren Wirkungen wie eine Einstellung ausnimmt, bei der die Personalvertretung der einstellenden Dienststelle die kollektiven Belange der Beschäftigten im
Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens zu schützen hat. Die Abordnung unterscheidet sich von einer Versetzung ua dadurch, dass sie von vorübergehender Natur ist, während das neue Beschäftigungsverhältnis bei einer Versetzung auf Dauer angelegt ist. Die Interessen der Beschäftigten der aufnehmenden Dienststelle werden bei einer Abordnung deshalb nicht mit gleicher Intensität wie bei einer Versetzung betroffen. Dieser Unterschied hat den Gesetzgeber erkennbar dazu bewogen, im Fall einer Abordnung anders als bei einer Versetzung kein Mitbestimmungsrecht des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle vorzusehen. Diese Annahme wird bekräftigt durch die Regelung in § 12 Abs.2 BlnPersVG, wonach abgeordnete Dienstkräfte nur bei ihrer Stammbehörde wahlberechtigt sind. Damit hat der Berliner Landesgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er die Integration des Bediensteten in der aufnehmenden Dienststelle im Falle der Abordnung als erheblich geringer wertet als im Falle der Versetzung; dies lässt Rückschlüsse auf die entsprechend unterschiedliche Bewertung der Interessenlage der Dienstkräfte zu. Daran gemessen sind die vom Oberverwaltungsgericht angenommenen Beschränkungen des Ausschlusses des Mitbestimmungsrechts nicht geboten. (Abs.16)
Sie sind unter Beachtung der beteiligungsrechtlichen Ausgestaltung von Abordnungen auch nicht mit Blick auf den Schutz der kollektiven Belange der
Beschäftigten der aufnehmenden Dienststelle erforderlich. Für diesen Schutz ist es ohne wesentliche Bedeutung, ob ein Personalrat einer Dienststelle des Landes der Abgabe des abzuordnenden Beschäftigten zugestimmt hat oder ob das Mitbestimmungsrecht insoweit von dem Personalrat einer Dienststelle ausgeübt wird, die nicht dem Land angehört. Ob bei der im Einzelfall möglicherweise lange zurückliegenden Einstellung des abzuordnenden Beschäftigten der Personalrat einer Dienststelle des Landes beteiligt worden ist oder ein anderer Personalrat, ist mit Blick auf die Schutzinteressen der Beschäftigten der aufnehmenden Dienststelle ebenfalls nicht von wesentlicher Bedeutung. (Abs.17)
2. Ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Einstellung in Betracht. (Abs.18)
Der Personalrat hat nach § 87 Nr.1 BlnPersVG mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Angestellten bei der Einstellung. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist "Einstellung" die Eingliederung eines Beschäftigten in die Dienststelle, die regelmäßig durch Abschluss eines Arbeitsvertrages und die tatsächliche Aufnahme der vorgesehenen Tätigkeit bewirkt wird (vgl zB Beschlüsse vom 23.März 1999 BVerwG 6 P 10.97 BVerwGE 108,347 mwN und vom 6.September 1995 BVerwG 6 P 9.93 BVerwGE 99, 214 mwN). Die
hier streitige Maßnahme unterfällt schon deshalb nicht diesem Mitbestimmungstatbestand, weil die Aufnahme der Beschäftigung bei der neuen Dienststelle aufgrund einer Abordnung erfolgt. Das schließt die Anwendung des Mitbestimmungstatbestands "Einstellung" aus (vgl. , Lorenzen/Eckstein/Schmitt/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak r aaO, § 75 Rn.21 c; Fischer/Goeres, aaO, K § 75 Rn.14). De Gesetzgeber hat das Mitbestimmungsrecht bei der Aufnahm § einer Beschäftigung aufd er Grundlage einer Abordnung in 86 Abs.3 Satz 1 Nr.3 BlnPersVG speziell unda bschließen geregelt. Beruht das Beschäftigungsverhältnis auf eine m Abordnung, ist die Frage des Mitbestimmungsrechts allein a Maßstab des speziellen und abschließende r Mitbestimmungstatbestandes "Abordnung" zu prüfen. De t Mitbestimmungstatbestand "Einstellung" ist auch dann nich einschlägig, wenn das abordnungsbedingte Beschäftigungsverhältnis Merkmale aufweist, die in der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Prüfung des Vorliegens einer Einstellung als Hinweise darauf angesehen werden, ob der Beschäftigte in die Dienststelle eingegliedert ist (vgl dazu Beschluss vom 6.September 1995, aaO, 221 f mwN). Dies ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des Senats zum grundsätzlich bestehenden Mitbestimmungsrecht der aufnehmenden Dienststelle bei einer Versetzung. Der Senat hat das Mitbestimmungsrecht des Personalrats der aufnehmenden Dienststelle aus Sinn und Zweck des speziell die Versetzung betreffenden
Mitbestimmungstatbestandes abgeleitet und nicht etwa aus dem Mitbestimmungstatbestand "Einstellung", obwohl die Versetzung die gleichen Merkmale einer Eingliederung aufweist wie die Einstellung. Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, dass auch in Fällen einer Eingliederung in eine neue Dienststelle der Mitbestimmungstatbestand "Einstellung" dann nicht einschlägig ist, wenn die in Rede stehende Fallgestaltung in einem anderen Mitbestimmungstatbestand speziell geregelt ist. Das ist hier der Fall. Ist die Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten durch enumerative Benennung von Mitbestimmungstatbeständen geregelt, so verbietet es sich im Übrigen, den Anwendungsbereich des Mitbestimmungstatbestandes "Einstellung" nach Art einer Generalklausel auszudehnen (vgl Beschluss vom 12.Juni 2001 BVerwG 6 P 11.00 BVerwGE 114,308, 311)." (Abs.19 + 20)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.12 ff
§§§
03.020 Zweitwohnungssteuer |
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BVerwG, U, 29.01.03, - 9_C_3/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.105 Abs.2a
Zweitwohnungssteuer / Aufwandsteuer / Jahresrohmiete / pauschalierter Steuermaßstab
Es widerspricht nicht dem Charakter der Aufwandsteuer, wenn eine Gemeinde aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Verhinderung von Umgehungsgeschäften die Zweitwohnungssteuer auch gegenüber Mietern von Zweitwohnungen anhand eines realitätsnah pauschalierten Maßstabs - hier der nach dem Bewertungsgesetz ermittelten Jahresrohmiete - bestimmt. Der Mieter einer Zweitwohnung kann demgegenüber nicht eine niedrigere, nach dem von ihm tatsächlich geschuldeten Mietzins berechnete Steuerbemessung verlangen.
§§§
BVerwG, U, 30.01.03, - 2_A_1/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
Art.33 Abs.2; SBG_§_9
Klage auf Einstellung beim BND / Eindruch des Vorstellungsgesprächs / Beweisfähigkeit
LB 1) Weder Art.33 Abs.2 GG noch die zu seiner Konkretisierung ergangenen einfachgesetzlichen Vorschriften gewähren einen Anspruch auf Übernahme in ein Beamtenverhältnis.
LB 2) Die Art, wie sich der Kläger im Vorstellungsgespräch gegeben hat, ist keine Tatsache, die wegen der unterschiedlichen Darstellung der Beteiligten einer gerichtlichen Beweisaufnahme zugänglich ist.
Z-321 Anspruch auf Übernahme ins Beamtenverhältnis
"... Weder Art.33 Abs.2 GG noch die zu seiner Konkretisierung ergangenen einfachgesetzlichen Vorschriften des Bundes gewähren einen Anspruch auf Übernahme in ein Beamtenverhältnis (stRspr, vgl. BVerfGE 39, 334 ; BVerwG, Urteil vom 7.Mai 1981 BVerwG 2 C 42.79 Buchholz 232 § 8 BBG Nr.19 S.3). Entschließt sich der Dienstherr, eine freie Stelle zu besetzen, ist die Auswahl unter den Bewerbern nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen (vgl Art.33 Abs.2 GG). Die Entscheidung darüber, ob der Bewerber den Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens und der Laufbahn genügt, trifft der Dienstherr in Wahrnehmung einer Beurteilungsermächtigung. Sie bewirkt im Ergebnis, dass die Eignungseinschätzung von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt überprüft werden kann (stRspr, vgl BVerwG, Urteile vom 7.Mai 1981 BVerwG 2 C 42.79 aaO und vom 15.Juni 1989 BVerwG 2 A 3.86 Buchholz 232.1 § 7 BLV Nr.4; Beschluss vom 17.März 1993 BVerwG 2 B 25.93 Buchholz 237.7 § 104 NWLBG Nr.6). Nur der Dienstherr soll durch die für ihn handelnden Organe nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Ernennungsbewerber den ebenfalls vom Dienstherrn zu bestimmenden fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes und der Laufbahn entspricht. Aufgrund der Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu
beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. (Abs.12)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.12
Z-322 Vorstellungsgespräch
"... Der Dienstherr kann sich im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung der Eignung eines Beamtenbewerbers auch durch ein Vorstellungsgespräch ein Bild von dessen Persönlichkeit verschaffen. Soweit er sich von der Eignung des Bewerbers sei es insgesamt, sei es hinsichtlich eines bestimmten Eignungsmerkmals in einem Vorstellungsgespräch vergewissern will und sein Eignungsurteil von dessen Ergebnis abhängig macht, kommt es gerade auf den persönlichen Eindruck an, den der Gesprächsführer aufgrund der Äußerungen des Bewerbers und dessen Verhaltensweise im Verlauf des Gesprächs gewonnen hat. Nuancen des Gesprächsverlaufs und des Auftretens des Bewerbers, aus denen der Gesprächsführer für ihn ungünstige Schlüsse gezogen hat, lassen sich nur unvollkommen erfassen. Sie entziehen sich ebenso wie der sich darauf stützende persönliche Eindruck des Gesprächsführers einer gerichtlichen Feststellung. (Abs.13)
Der Kläger beanstandet an dem Urteil, das die Beklagte über seine persönliche Eignung abgegeben hat, allein, es gründe sich auf unrichtige Tatsachen, weil er in dem Vorstellungsgespräch nicht kompromisslos, latent aggressiv und überheblich aufgetreten sei. Diese Behauptung ist nicht geeignet, Zweifel daran zu wecken, dass das Eignungsurteil der Beklagten eine zutreffende tatsächliche Grundlage hat. (Abs.14)
Die Art, wie sich der Kläger im Vorstellungsgespräch gegeben hat, ist keine Tatsache, die wegen der unterschiedlichen Darstellung der Beteiligten einer gerichtlichen Beweisaufnahme zugänglich ist. Verhalten und Auftreten des Klägers im Vorstellungsgespräch sind keine Vorkommnisse, die die Beklagte zur Stützung des negativen Eignungsurteils aufgegriffen und aus denen sie ihre wertenden Schlussfolgerungen gezogen hat, sondern Eindrücke, die die Gesprächsführerin im Vorstellungsgespräch aus einer Vielzahl von Beobachtungen gewonnen hat. Deren von der Beklagten als Grundlage ihres Eignungsurteils übernommener Eindruck, Auftreten und Selbstdarstellung des Klägers ließen Kompromisslosigkeit, Überheblichkeit und Egozentrik erkennen, ist persönlichkeitsbedingt. Es ist die dem Dienstherrn von der Rechtsordnung anvertraute Aufgabe, aus der Fülle der Vorkommnisse, Verhaltensweisen und Eindrücke, die im Verlaufe eines mehrstündigen Vorstellungsgesprächs zutage treten, diejenigen auszuwählen, die nach seiner Auffassung Gewicht und Aussagekraft für das zu findende Eignungsurteil besitzen (vgl Urteil vom 26.Juni 1980 BVerwG 2 C 8.78 BVerwGE 60,245 ; Beschluss vom 17.März 1993 BVerwG 2 B 25.93 aaO S.4). Die Eindrücke und Beobachtungen sind als Tatsachenbasis des Eignungsurteils zutreffend, wenn sie nachvollziehbar sind, insbesondere mittels weiterer, spätestens im Prozess abzugebender Erläuterungen und Detailwertungen konkretisiertw orden sind (BVerfGE 39,334). Bei dem Urteil der Beklagten über die persönliche Eignung des
Klägers ist das geschehen." (Abs.15)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.14
§§§
BVerwG, U, 30.01.03, - 2_C_12/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BBesG_Anl-I Vorm.Nr.4; SG_§_1 Abs.5; VorgV_§_1; VwVfG_§_48
Stellenzulage für Soldaten als Führer oder Ausbilder / Aufwandsentschädigung für Außendienst / Beweislast bei Rücknahme eines Bewilligungsbescheides / Soldat als Vorgesetzter kraft Dienststellung
1) Unmittelbarer Vorgesetzter (gemäß § 1 VorgV) kann auch ein Soldat sein, dem die entsprechende Dienststellung nicht förmlich übertragen worden ist.
2) Wird der Bewilligungsbescheid über die Gewährung einer Stellenzulage und einer Aufwandsentschädigung zurückgenommen, trägt der Dienstherr die materielle Beweislast für dessen Rechtswidrigkeit (Fortführung der bisherigen Rechtsprechung).
Z-323 Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts
"... Nach ständiger Rechtsprechung trägt im Falle der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts grundsätzlich die Behörde die sog Feststellungslast dafür, dass der Verwaltungsakt, der aufgehoben werden soll, rechtswidrig ist (vgl Urteile vom 25.März 1964 BVerwG 6 C 150.62 BVerwGE 18,168 , vom 13.Mai 1976 BVerwG 3 C 93.74 Buchholz 427.3 § 335 a LAG Nr.57 und vom 13.Dezember 1984 BVerwG 3 C 79.82 Buchholz 451.90 EWG Recht Nr.52). (Abs.22)
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt allerdings dann, wenn die Unerweislichkeit auf einem gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßenden unlauteren Verhalten des Begünstigten beruht (vgl Urteile vom 26.Februar 1965 BVerwG 7 C 71.63 BVerwGE 20, 295 , vom 7.Juli 1966 BVerwG 3 C 219.64 BVerwGE 24, 294 mwN und vom 13.Dezember 1984 aaO). Ein solches unlauteres Verhalten des Klägers hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch von der Revision nicht geltend gemacht worden. (Abs.23)
Dass der Kläger der Verpflichtung, den Umfang seiner Außendiensttätigkeit schriftlich aufzuzeichnen, nicht nachgekommen ist, rechtfertigt keine abweichende Verteilung der materiellen Beweislast. Die Pflicht zur Selbstdokumentation beruht auf Nr.11 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Zahlung derS tellenzulage für Soldaten, die als Führer oder Ausbilder im
Außen und Geländedienst verwendet werden, und ist weder materielle noch formelle Anspruchsvoraussetzung. Sie dient vielmehr der Sachverhaltsermittlung im Verwaltungsverfahren. Da die Beklagte bei Bewilligung der Stellenzulage auf die entsprechenden Angaben und Nachweise verzichtet hat, ist sie wegen dieses Mangels nicht berechtigt, den Bewilligungsakt aufzuheben." (Abs.24)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.22 f
§§§
BVerwG, U, 30.01.03, - 2_C_5/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BBesG_§_40 Abs.1 Nr.3; VAHRG_§_5
kein Familienzuschlag der Stufe 1 bei Unterhaltsverzicht der Ehefrau gegen Kapitalabfindung / Erlöschen der Unterhaltspflicht bei Kapitalabfindung
Ein geschiedener Beamter hat keinen Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1, wenn seine Pflicht zum Unterhalt aus seiner Ehe durch Kapitalabfindung erloschen ist.
§§§
BVerwG, U, 30.01.03, - 2_C_6/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BeamtVG_§_4 Abs.3, BeamtVG_§_5 Abs.1 S.1 Nr.3; BBesG_§_81; BesO-A+B Vorb.Nr.23
Aufzehrbare Ausgleichszulage / Ausgleichszulage / ruhegehaltsfähige Dienstbezüge / Technikerzulage / Übergangsvorschrift / Versorgungsreformgesetz 1998 / Zulage nach Nr.23 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B
Eine durch das Versorgungsreformgesetz 1998 gestrichene ruhegehaltfähige Zulage, an deren Stelle eine ruhegehaltfähige aufzehrbare Ausgleichszulage getreten ist, wird bei der Berechnung des Ruhegehalts nicht berücksichtigt.
§§§
03.025 Untätigkeitsbeschwerde |
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BVerwG, B, 30.01.03, - 3_B_8/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_152
Untätigkeitsbeschwerde
LB: Eine Untätigkeitsbeschwerde sieht die Verwaltungsgerichtsordnung, namentlich § 152 VwGO, nicht vor; eine solche ist auch nicht von Verfassungs wegen geboten oder in entsprechender Anwendung anderer gesetzlicher Vorschriften oder der Europäischen Menschenrechtskonvention zulässig.
§§§
03.026 Regionaler Grünzug |
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BVerwG, U, 30.01.03, - 4_CN_14/01 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_1 Abs.4, BauGB_§_1a Abs.2 Nr.2, BauGB_§_8 Abs.2 S.1
Straßenplanung durch Bebauungsplan / Ziele der Regionalplanung / Anpassungsgebot / Entwicklungsgebot / Flächennutzungsplan / Landschaftsschutzverordnung / naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
1) Ein Bebauungsplan, der einem Ziel der Regionalplanung widerspricht, verletzt das Anpassungsgebot des § 1 Abs.4 BauGB auch dann, wenn er aus den Darstellungen eines Flächennutzungsplans entwickelt worden ist.
2) Der Regionalplanung ist es verwehrt, im Gewande überörtlicher Gesamtplanung Regelungen einer Natur- oder Landschaftsschutzverordnung durch eigene Zielfestlegung zu ersetzen.
3) Eine Straßenplanung durch Bebauungsplan verletzt das Anpassungsgebot des § 1 Abs.4 BauGB, wenn die planerische Gesamtkonzeption einem Ziel der Regionalplanung (hier: Regionaler Grünzug) widerspricht. Naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen können ein geeignetes Mittel sein, um die Zielkonformität zu sichern.
§§§
BVerwG, B, 04.02.03, - 20_F_2/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_99
Z-324 Rechnungshof als Behörde
"...Im Verwaltungsrechtsstreit sind Behörden nach § 99 Abs.1 Satz 1 VwGO zur Vorlage von Akten und Urkunden verpflichtet. Das Staatliche Rechnungsprüfungsamt ist aus den im angefochtenen Beschluss wiedergegebenen Gründen eine Behörde im Sinne dieser Vorschrift. Dass die Mitglieder des Landesrechnungshofes, unter dessen Dienst und Fachaufsicht das Rechnungsprüfungsamt steht, richterliche Unabhängigkeit besitzen (vgl Art.98 Abs.1 VerfLSA, § 3 Abs.1 Satz 2 des Gesetzes über den Landesrechnungshof für das Land Sachsen Anhalt vom 7.März 1991 , geändert durch Gesetz vom 13.Dezember 1993), ist ohne Bedeutung für die Behördeneigenschaft sowohl der staatlichen Rechnungsprüfungsämter als auch des Landesrechnungshofs. (Abs.3)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.3
Z-325 Zur Geheimhaltungsbedürftigkeit von Akten
"... § 99 Abs.1 Satz 2 VwGO berechtigt den Landesrechnungshof nicht, die Vorlage der Akten des Rechnungsprüfungsamts über die Prüfung der Vergabe eines Zuschusses an die Antragstellerin zu verweigern. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten ua dann verweigern, wenn das Bekanntwerden ihres Inhalts dem Wohl eines deutschen Landes Nachteil bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Vorlage der Akten des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts würde nicht, wie der Beigeladene geltend macht, seine Zusammenarbeit mit den geprüften Stellen beeinträchtigen, so dass der Verweigerungsgrund des Nachteilbereitens zu Lasten des Landes Sachsen Anhalt nicht vorliegt. Die Vorgänge sind auch nicht nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim zu halten. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass der Landesrechnungshof bei seiner Prüfungstätigkeit auf Informationen der Bediensteten in den geprüften Verwaltungen angewiesen ist. Er hat deshalb in § 95 Abs.2 LHO diese Bediensteten verpflichtet, dem Landesrechnungshof und seinen Beauftragten die erbetenen Auskünfte zu erteilen. Dass diese Auskünfte Vertraulichkeit genießen, insbesondere in verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen Maßnahmen, die durch die Ergebnisse der Rechnungsprüfung ausgelöst worden sind, hat der Gesetzgeber dagegen nicht vorgesehen. (Abs.4)
Die Geheimhaltungsbedürftigkeit der Urkunden und Akten folgt nicht daraus, dass es sich bei der Rechnungsprüfung um eine in der Verfassung sowohl des Landes Sachsen Anhalt als auch der Bundesrepublik Deutschland vorgesehene Staatstätigkeit handelt. Die Erwähnung und Regelung einer bestimmten staatlichen Aufgabe in der Verfassung besagt nicht, dass die bei dieser Tätigkeit entstandenen Akten und Urkunden geheim zu halten sind. (Abs.5)
Ob die richterliche Unabhängigkeit, die den Mitgliedern des Landesrechnungshofszukommt, die Offenlegung der Voten, internen Vermerke und etwaiger Niederschriften über die Beratungen des Senats nicht zulässt (so Urteil des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 20.November 1997 VfGBbg 12/97 ), ist hier ohne Belang. Der Vorlage der Akte 92-... des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts steht sie nicht entgegen. Denn diese Akte enthält keine Voten, Vermerke oder Entwürfe, die den Meinungsbildungsprozess innerhalb des Prüfungsgremiums des Landesrechnungshofs erkennen lassen. Dies hat eine Durchsicht der Akte, die dem Fachsenat vorgelegt worden ist, ergeben. (Abs.6)
Lediglich auf Blatt 1 der Hauptakte finden sich schriftliche Äußerungen von
Mitgliedern des Landesrechnungshofs. Es handelt sich um zwei Verfügungen auf dem Schreiben, mit dem beim Landesrechnungshof die Prüfung der Zuschussvergabe an die Antragstellerin angeregt worden war. Die eine Verfügung ist eine Eingangsverfügung der üblichen Art, mit der die Sache in den Geschäftsgang gegeben worden ist. Soweit in der anderen Verfügung Einschätzungen des Senatsmitglieds zum Ausdruck gebracht werden, betreffen sie nicht die innerhalb des Senats zu bildende Meinung zur Gesetzeskonformität der Mittelvergabe, sondern Äußerlichkeiten der Gestaltung eines etwaigen Prüfungsverfahrens. Auf Blatt 50 der Nebenakte hat ein Mitglied des Landesrechnungshofs durch die Kürze "Kg" lediglich bestätigt, dass es von dem Vermerk des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts vom 28. Januar 1998 Kenntnis genommen hat, in dem der äußere Ablauf der durchgeführten Prüfung dargestellt ist. Nach ihrem Inhalt und nach ihrer Funktion im Prüfungsverfahren des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts ist die Akte 92-... vergleichbar der Gerichtsakte in einem Verwaltungsgerichtsprozess, in die die Beteiligten nach § 100 Abs.1 VwGO uneingeschränkt Einblick nehmen können. (Abs.7)
Die Vorlage der Akten des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts beeinträchtigt auch nicht deshalb die Unabhängigkeit der Rechnungshofmitglieder, weil das Rechnungsprüfungsamt die Mittelvergabe an die Antragstellerin unter der Dienst
und Fachaufsicht des Landesrechnungshofs geprüft hat (§ 100 Abs.2 Satz 1 LHO). Ob die Offenlegung von Weisungen, die in Wahrnehmung dieser Fachaufsicht den Prüfern eines Rechnungsprüfungsamts erteilt werden, mit der Unabhängigkeit der Mitglieder des Landesrechnungshofs vereinbar ist, kann unentschieden bleiben. Die Akte 92-... enthält, wie ausgeführt, keine Weisungen und Hinweise des Landesrechnungshofs an das Rechnungsprüfungsamt, die Rückschlüsse auf den Meinungsbildungsprozess innerhalb des Senats erlauben. (Abs.8)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.3 ff
§§§
BVerwG, B, 05.02.03, - 1_B_31/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_81 Abs.1, VwGO_§_133 Abs.2 S.1, VwGO_§_133 Abs.3 S.1
Z-326 Beschwerdeeinlegung durch Computerfax
"...Die Beschwerde ist bereits deshalb unzulässig, weil sowohl die Beschwerdeschrift vom 12.Dezember 2002 (Bl.91 f dA) als auch die Beschwerdebegründungsschrift vom 13.Januar 2003 (Bl.95 ff dA) jeweils zwar per Telefax am letzten Tag der Frist bei Gericht eingegangen sind. Sie waren jedoch vom Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht wie nach § 81 Abs.1 VwGO grundsätzlich erforderlich eigenhändig unterschrieben, sondern lediglich mit dessen Namens-Stempel "gez. P..." versehen. Beide per Telefax übermittelten Schriftsätze konnten deshalb die gesetzlichen Fristen zur Erhebung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 133 Abs.2 Satz 1, Abs.3 Satz 1 VwGO) nicht wahren. Ausnahmsweise kann zwar auch ein nicht eigenhändig unterschriebener bestimmender Schriftsatz beachtlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu geben, ergibt (vgl zuletzt etwa Beschluss vom 19.Dezember 2001 BVerwG 3 B 33.01 und Beschluss vom 27.Januar 2003 BVerwG 1 B 92.02 mwN). Solche Umstände sind hier aber nicht erkennbar; insbesondere ergeben sie sich nicht schon daraus, dass jeweils ein form- und inhaltsgleicher, vom Prozessbevollmächtigten eigenhändig unterzeichneter Schriftsatz nach Ablauf der Frist beim Oberverwaltungsgericht eingegangen ist. Aus der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (vom 5.April 2000 GmS OGB 1/98 BGHZ 144,160; vgl auch BVerfG Kammer Beschluss
vom 4.Juli 2002 2 BvR 2168/00 NJW 2002,3534) zur Zulässigkeit des elektronisch übermittelten Computerfax lässt sich nichts zugunsten der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers gewählten Verfahrensweise herleiten. Wird ein bestimmender Schriftsatz nicht auf elektronischem Wege, sondern herkömmlicherweise wie hier mittels Telefax und/oder mit Briefpost übermittelt, müssen die übermittelte Telekopie und/oder der per Post aufgegebene Originalschriftsatz die Unterschrift des Rechtsanwalts tragen (ebenso BFH, Beschluss vom 10.Juli 2002 VII B 6/02 BFH/NV 2002,1597). Anhaltspunkte dafür, dass ein dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und damit dem Kläger selbst zuzurechnendes Verschulden insoweit nicht vorliegt und deshalb eine Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen in Betracht kommt, bestehen nicht. Einer Anhörung des Klägers und einer abschließenden Entscheidung hierzu bedarf es nicht, da die Beschwerde aus weiteren Gründen unzulässig ist."
Auszug aus: Originalurteil, Abs.1
§§§
03.029 Mittelwertrechtsprechung |
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BVerwG, B, 06.02.03, - 4_BN_5/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_1 Abs.3
LB 1) Zur immissionsrechtlichen Mittelwertrechtsprechung und dem Grundsatz der Erforderlichkeit iSd § 1 Abs.3 BauGB.
Z-327 Mittelwertrechtsprechung und Erforderlichkeit
"...Dieser rechtliche Ansatz mag zweifelhaft erscheinen. Ein Bebauungsplan, dessen Verwirklichung auf unabsehbare Zeit an unüberwindlichen Hindernissen scheitert, ist mangels Erforderlichkeit nach § 1 Abs.3 BauGB unwirksam. Als rechtliches Hindernis können sich ua die Anforderungen des Immissionsschutzrechts erweisen, die zwar unmittelbar erst auf der Zulassungsebene zum Tragen kommen, auf der Planungsstufe aber nicht gänzlich ausgeblendet werden dürfen (vgl BVerwG, Urteil vom 12.August 1999 BVerwG 4 CN 4.98 BVerwGE 109,246). Die Gemeinde darf nicht so planen, dass im Plangebiet schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs.1 BImSchG vorprogrammiert sind. Wo die Grenze des immissionsschutzrechtlich noch Hinnehmbaren verläuft, hängt nach der Gebietseinteilung der Baunutzungsverordnung, an die das Immissionsschutzrecht anknüpft, nicht zuletzt von der jeweiligen Gebietsart ab. Der zulässige Störungsgrad variiert je nach der Schutzwürdigkeit des Gebietstyps. Hierfür Maßstäbe bereitzustellen, ist nach der Systematik des Bundes-Immissionsschutzgesetzes untergesetzlicher Konkretisierung vorbehalten. Die insoweit in den einschlägigen Regelwerken bezeichneten Erheblichkeitsschwellen haben durchweg Richtwertcharakter. Sie lassen innerhalb einer gewissen Bandbreite Raum für Abweichungen. Diese Offenheit schlägt sich in der "Mittelwert"-Rechtsprechung des Senats nieder, die auf der Annahme beruht, dass Gebiete von unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit zusammentreffen
dürfen, auch wenn dies zwangsläufig zur Folge hat, dass sich das regelhaft vorgegebene Zumutbarkeitsmaß in dem einen Gebiet erhöht und in dem anderen vermindert (vgl BVerwG, Urteile vom 12.Dezember 1975 BVerwG 4 C 71.73 BVerwGE 50,49, vom 18.Mai 1995 BVerwG 4 C 20.94 BVerwGE 98, 235 und vom 23.September 1999 BVerwG 4 C 6.98 BVerwGE 109,314; Beschlüsse vom 5.März 1984 BVerwG 4 B 171.83 Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr.98, vom 18.Dezember 1990 BVerwG 4 N 6.88 Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr.50 und vom 28.September 1993 BVerwG 4 B 151.93 Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr.119). Die Mittelwertbildung darf indes nicht mit einer bloßen rechnerischen Interpolation verwechselt werden. Sie bietet keine Handhabe dafür, die immissionsschutzrechtlich maßgebliche Gebietseigenart vollständig umzuformen. Wird in einem Bebauungsplan ein nach seiner allgemeinen Charakteristik gegen Störungen weitgehend abgeschirmtes Baugebiet festgesetzt, in dem sich faktisch allenfalls ein Schutzniveau wahren lässt, das einem weniger gegen Störungen geschützten Gebiet gerecht wird, so lässt sich ein Widerspruch zu den Wertungen, die dem gebietsbezogenen Richtwertsystem zugrunde liegen, nicht von der Hand weisen. Anders als bei einer durch ein bereits vorhandenes Nebeneinander konfliktträchtiger Nutzungen geprägten Gemengelage darf die Gemeinde nicht ohne zwingenden Grund selbst die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Vorbelastungen dadurch schaffen, dass sie in einen durch ein erhöhtes Immissionspotential gekennzeichneten Bereich ein störempfindliches
Wohngebiet hineinplant und damit wie hier vom Oberverwaltungsgericht offenbar für zulässig gehalten aus einem reinen Wohngebiet (oder wesentlichen Teilen desselben) in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht in Wahrheit ein Dorf- oder Mischgebiet macht."
Auszug aus: Originalurteil, Abs.8
§§§
BVerwG, B, 06.02.03, - 5_C_15/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BSHG_§_107
Sozialhilfe / Kostenerstattungsanspruch des nunmehr zuständigen örtlichen Trägers der - nach Umzug des Hilfeempfängers / Kostenerstattungspflicht des bisher zuständigen örtlichen Trägers der Sozialhilfe / Zuständigkeitswechsel als Grundlage des Kostenerstattungsanspruchs des nunmehr zuständigen örtlichen Trägers der Sozialhilfe nach Umzug des Hilfeempfängers
Die infolge Umzugs des Hilfeempfängers in den Zuständigkeitsbereich eines anderen örtlichen Trägers der Sozialhilfe entstandene Kostenerstattungspflicht des bisher zuständigen Sozialhilfeträgers wird durch einen erneuten Umzug des Hilfeempfängers innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des nunmehr zuständigen örtlichen Trägers nicht beendet.
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