2012   (7)  
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12.181 Berücksichtigung von Einkommensbelastungen
 
  • VG Saarl, U, 21.09.12, - 3_K_610/11 -

  • = EsG

  • BAföG_§_25 Abs.6

 

1) Nach § 25 Abs.6 BAföG kann abweichend von den übrigen Vorschriften des § 25 BAföG, die bereits verschiedene Freibeträge vorsehen, ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben.

 

2) Ein Antrag auf Feststellung eines Härtefreibetrages ist gemäß § 25 Abs.6 Satz 1 BAföG grundsätzlich vor Ende des Bewilligungszeitraumes zu stellen.

 

3) Abweichend von § 25 Abs.6 Satz 1 BAföG kann der Antrag ausnahmsweise auch nach Abschluss des Bewilligungszeitraumes unverzüglich nach Bekanntwerden der Umstände, die zu einer Neuberechnung des Förderanspruchs geführt haben, gestellt werden.

§§§


12.182 Leistungen unter Vorbehalt
 
  • VG Saarl, U, 21.09.12, - 3_K_49/12 -

  • = EsG

  • BAföG_§_24 Abs.2

 

1) Erhält die Klägerin Leistungen von Anfang an unter Vorbehalt und ist ihr die Verpflichtung zur Vorlage entsprechender Steuerbescheide bekannt, kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Behörde handele treuwidrig, wenn sie Jahre bzw Monate nach Vorlage der entsprechenden Unterlagen in der Vergangenheit gewährte Leistungen zurückfordert.

 

2) Das Recht zur Aufhebung eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheides unterliegt nicht der Verjährung, sondern kann von der Behörde allenfalls verwirkt werden.

§§§


12.183 Abstandsflächen auf dem Nachbargrundstück
 
  • OVG Saarl, B, 24.09.12, - 2_A_223/12 -

  • = EsG

  • GG_Art.14; SVerf_Art.18 Abs.1; (08) LBO_§_8 Abs.6 S.1; (04) LBO_§_7, LBO_§_68 Abs.1; (96) LBO_§_75 Abs.3; (88) LBO_§_64; (74/80) LBO_§_95

 

1) Für das Nachbargrundstück und seine Eigentümer hat die Anwendung des einen Abstandsflächennachweis auf privaten Nachbargrundstücken ermöglichenden § 8 Abs.6 Satz 1 LBO 2008 einen an die Bestandszeit des Bauwerks anknüpfenden und daher in aller Regel dauerhaften Eingriff in ihr Grundeigentum zur Folge, der im eigentumsrechtlichen Verständnis nicht durch einen Verweis auf Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden kann, vielmehr ausschließlich den Interessen privater Dritter, das heißt der Bauherrinnen und Bauherren beziehungsweise der Eigentümerinnen und Eigentümer des Baugrundstücks dient.

 

2) Eine solche abstandsflächenrechtliche Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks wegen öffentlich-rechtlich gesicherter beziehungsweise sich aus tatsächlichen Gründen ergebender fehlender Überbaubarkeit der fraglichen Flächen auf dem Nachbargrundstück kann gegen den Willen seiner Eigentümerinnen und Eigentümer vor dem Hintergrund der Eigentumsgarantie (Art.14 GG, Art.18 Abs.1 SVerf) allenfalls in Ausnahmefällen gerechtfertigt werden, wenn sicher feststeht, dass dem Nachbarn letztlich auch für die Zukunft "nichts genommen" wird.

 

3) Mit Blick auf das Überdeckungsgebot (§§ 7 Abs.3 LBO 2004, 8 Abs.6 Satz 2 LBO 2008) darf die Betrachtung nicht auf die für die Verlagerung der "Abstandsflächen" in Frage kommenden Teilflächen des Nachbargrundstücks beschränkt werden. Vielmehr ist zusätzlich in den Blick zu nehmen, ob die "nicht überbaubaren Grundstücksteile" nicht für einen mit Blick auf Art.14 GG vorrangigen Abstandsflächennachweis des Eigentümers des Nachbargrundstücks für ein eigenes Bauvorhaben auf anderen (angrenzenden) Teilen seines Grundstücks benötigt werden können.

 

4) Der zu den früheren Befreiungsvorschriften in §§ 75 LBO 1996, 64 LBO 1988, 95 LBO 1974/80 entwickelte Grundsatz, wonach wegen der in diesen Bestimmungen durchgängig vom Gesetzgeber geforderten Würdigung nachbarlicher Interessen eine Befreiung von nachbarschützenden Anforderungen des Bauordnungsrechts - dazu zählen die sich aus § 7 LBO 2004 ergebenden Grenzabstandserfordernisse - gegen den Willen der betroffenen Nachbarn in aller Regel nicht in Betracht kam, gilt auch für die nunmehr in § 68 Abs.1 LBO 2004 vorgesehene Abweichungsmöglichkeit.

§§§


12.184 Saarländische Beihilfeverordnung
 
  • OVG Saarl, B, 26.09.12, - 1_A_138/12 -

  • = EsG

  • BhVO_§_17 Abs.3, BhVO_§_18 Abs.1; SVerf_Art.104 Abs.1

 

1) Die Saarländische Beihilfeverordnung in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung ist durch die Verordnung zur Änderung beihilfe-, reisekosten- und umzugskostenrechtlicher Vorschriften vom 8.12.2008 (Amtsbl.S.2109) insgesamt ordnungsgemäß bekannt gemacht.

 

2) Es sprechen gute Gründe dafür, dass § 18 Abs.1 BhVO aF von Anfang an nichtig war.

 

3) Die Frist des § 17 Abs.3 BhVO wird durch den Tod des Beihilfeberechtigten weder unterbrochen noch gehemmt.

§§§


12.185 Umdeutung einer Abhilfeentscheidung
 
  • VG Saarl, U, 26.09.12, - 5_K_431/11 -

  • = EsG

  • SVwVfG_§_72, SVwVfG_§_80

 

1) Erklärt die Ausgangsbehörde im Widerspruchsverfahren, sie helfe dem Widerspruch ab und erlässt danach einen - korrigierten - neuen Bescheid, so trifft sie zunächst eine Abhilfeentscheidung iSd § 72 VwGO.

 

2) Bei der Auslegung einer behördlichen Willenserklärung ist allein der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger nach dem objektiven Erklärungsgehalt verstehen konnte, maßgeblich. Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde.

 

3) Die Umdeutung einer Abhilfeentscheidung ein Widerspruchsverfahren in eine Rücknahme des Ursprungsbescheides mit nachfolgender Möglichkeit zum Zeitbescheid ist angesichts der unterschiedlichen Folgen für die Kostenentscheidung nach § 72 VwGO iVm § 80 SVwVfG im Regelfall nicht möglich.

§§§


12.186 Jugendhilfeleistung
 
  • VG Saarl, E, 26.09.12, - 3_K_258/12 -

  • = EsG

 

Keine Verpflichtung des Jugendamtes zur Übernahme der Kosten für eine selbst beschaffte Jugendhilfeleistung

§§§


12.187 Änderung der Tatsachengrundlage
 
  • VG Saarl, B, 28.09.12, - 5_L_695/12 -

  • = EsG

  • VwGO_§_80 Abs.7

 

Verlangt die Bauaufsichtsbehörde nach der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Nachbarwiderspruchs gegen einen Zulassungsbescheid von Befreiungen von Festsetzungen eines Bebauungsplans im Freistellungsverfahren für ein geändertes Vorhaben die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens, stellt die bloße Vorlage von 35 Abstandsflächenplänen keine "Änderung der Tatsachengrundlage" im Verständnis von § 80 Abs.7 VwGO dar.

§§§


12.188 Verkürzung der Geltungsdauer
 
  • VG Saarl, U, 28.09.12, - 10_K_573/12 -

  • = EsG

  • AufenthG_§_7 Abs.2, AufenthG_§_31 Abs.2 > S.2

 

1) Im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 7 Abs.2 Satz 2 AufenthG über eine Verkürzung der Geltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis ist ein Anspruch des Ausländers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus sonstigen Gründen nicht zu prüfen.

 

2) Eine besondere Härte in Form einer erheblichen Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung nach § 31 Abs.2 Satz 2 AufenthG kann sich nur aus solchen Beeinträchtigungen ergeben, die mit der Ehe oder ihrer Auflösung in Zusammenhang stehen.

§§§


12.189 Entziehung der Fahrerlaubnis
 
  • VG Saarl, U, 28.09.12, - 10_K_336/12 -

  • = EsG

  • FeV_§_73 Abs.3; StVG_§_4 Abs.3 Nr.3

 

An der Rechtmäßigkeit der Vorschrift des § 73 Abs.3 FeV, wonach in Fällen, in denen der Fahrerlaubnisinhaber keinen Wohn- oder Aufenthaltsort im Inland hat, für Maßnahmen, die das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen betreffen, jede untere Verwaltungsbehörde zuständig ist, bestehen keine rechtlichen Bedenken.

§§§


12.190 Übernahme der Unterbrigungskosten
 
  • VG Saarl, U, 01.10.12, - 3_K_1261/10 -

  • = EsG

  • SGB-VIII_§_78b; SGB-X_§_56; BGB_§_812 Abs.1, BGB_§_818 Abs.2

 

1) Nach § 78b Abs.1 und 3 SGB VIII ist der Jugendhilfeträger im Falle der Erbringung einer Jugendhilfeleistung in einer Einrichtung gegenüber der Leistungsberechtigten zur Entgeltübernahme verpflichtet.

 

2) Die Kostenübernahmeverpflichtung gegenüber der Leistungsberechtigten wird durch den Jugendhilfeträger regelmäßig in der Weise erfüllt, dass eine Kostenübernahmeerklärung und anschließende tatsächliche Begleichung der Kosten gegenüber der Leistungserbringerin (Heimträgerin) erfolgt.

 

3) Übernimmt der Jugendhilfeträger durch eine öffentlich-rechtliche Entgeltvereinbarung die vertragliche Verpflichtung gegenüber der Leistungserbringerin, die Kosten der Unterbringung zu tragen, steht der Leistungserbringerin ein eigener Anspruch auf Entgeltübernahme zu.

 

4) Die vertragliche Verpflichtung des Jugendhilfeträgers gegenüber der Leistungserbringerin steht neben seiner Verpflichtung gegenüber der Leistungsberechtigten, dieser die ihr zustehenden Jugendhilfeleistung zu gewähren. Da die Heimträgerin aus der Bewilligung der Leistung an den Hilfeempfänger keine eigenen Ansprüche herleiten kann, sollen ihr diese durch Vertrag verschafft werden.

 

5) Kommt dieser gemäß § 56 SGB X formbedürftige Vertrag nicht zu Stande, ist die von der Heimträgerin gegenüber dem Jugendhilfeträger zu erbringende entgeltliche Leistung von dieser rechtsgrundlos erbracht worden. Der klagenden Heimträgerin steht in entsprechender Anwendung von §§ 812 Abs.1 Satz 1, 818 Abs.2 BGB ein Anspruch auf Übernahme der Unterbringungskosten auf den beklagten Jugendhilfeträger zu.

 

Rechtsmittel-AZ: 3_A_326/12

§§§


12.191 Verbrauchermarkt
 
  • OVG Saarl, U, 04.10.12, - 2_C_305/10 -

  • = EsG

  • BauGB_§_12, BauGB_§_13a Abs.1 S.1; (90) BauNVO_§_11 Abs.3; (06) LEP-Siedlung

 

1) Die Regelung des § 13a I 1 BauGB, mit der der Gesetzgeber allgemein die Verringerung der Flächeninanspruchnahme durch Bauvorhaben im Wege einer Stärkung der Innenentwicklung durch vereinfachte Planungsverfahren gewährleisten wollte, eröffnet die gegenüber dem "normalen" Bauleitplanverfahren erleichterte und beschleunigte Aufstellung von Bebauungsplänen ausdrücklich auch für die "Wiedernutzbarmachung" von insbesondere brach gefallenen Flächen in bebauter Ortslage. Dabei bietet sich für räumlich begrenzte Flächen, die künftig von einem Bauherrn für ein bestimmtes Bauvorhaben benutzt werden sollen, die zulässige Kombination mit einem über die allgemeine bloße Angebotsplanung hinaus eine Realisierungspflicht begründenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach § 12 BauGB an.

 

2) Zu den Anforderungen eines Vorhaben- und Erschließungsplans und eines Durchführungsvertrags im Sinne des § 12 BauGB.

 

3) Die den großflächigen Einzelhandel im Sinne des § 11 Abs.3 BauNVO 1990 betreffende Zielfestlegung Z 42 (Konzentrationsgebot) des Teilabschnitts Siedlung des Landesentwicklungsplans (LEP Siedlung 2006) eröffnet ausdrücklich eine Möglichkeit der ausnahmsweisen Zulassung, wenn die großflächige Einzelhandelseinrichtung nach den konkreten raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung einer wohnortnahen, örtlichen Grundversorgung dient und eine für ihre Auslastung erforderliche Bevölkerungszahl vorhanden ist.

 

4) Wenn die lärmintensive gewerbliche Vornutzung eines Plangrundstücks länger als ein Dreiviertel Jahrhundert andauerte und der kaum mehr als ein Jahr umfassende Zeitraum zwischen Ende dieser Vornutzung und Beginn der gemeindlichen Planung kein Vertrauen der Nachbarschaft auf eine künftige nicht gewerbliche Nutzung begründen konnte, ist es gerechtfertigt, die Vornutzung als das Plangebiet "fortprägend" zu berücksichtigen.

§§§


12.192 Erkennungsdienstlichen Behandlung
 
  • OVG Saarl, U, 05.10.12, - 3_A_72/12 -

  • = EsG

  • GG_Art.2 Abs.1, GG_Art-1 Abs.1; VwVfG_§_39 Abs.1 S.2; StPO_§_81b; StGB_§_179

 

1) Die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen zwecks Speicherung in entsprechenden Datensammlungen stellt einen gewichtigen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen dar. Von daher ist im Falle einer nachträglichen Löschung entsprechender Daten in der Regel ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Datenerhebung aus Rehabilitationsgesichtspunkten gegeben.

 

2) Maßgeblich dafür, welche Gründe iSv § 39 Abs.1 Satz 2 VwVfG wesentlich sind, und wie intensiv die Begründung eines Verwaltungsakts im konkreten Fall sein muss, sind vor allem die Art des in Frage stehenden Verwaltungsakts und der betroffenen Rechte, die Bedeutung der Sache für den Betroffenen und auch der Kenntnisstand des Betroffenen hinsichtlich der in Betracht kommenden Gründe.

 

3) Wurde das einer erkennungsdienstlichen Behandlung zugrunde liegende Anlassverfahren später eingestellt, setzt eine fortdauernde Datenspeicherung einen verbleibenden Straftatverdacht voraus. Im Falle der Verfahrenseinstellung ist daher zu prüfen, ob noch Verdachtsmomente gegen den Betroffenen bestehen, die eine Fortdauer der Speicherung zur präventiv-polizeilichen Verbrechensbekämpfung rechtfertigen.

§§§


12.193 Rückforderung überzahlter Dienstbezüge
 
  • VG Saarl, U, 09.10.12, - 2_K_258/11 -

  • = EsG

  • SBesG_§_12 Abs.2; BBesG_§_12 Abs.2 S.1, BBesG_§_12 Abs.2 S.2, BBesG_§_12 Abs.2 S.3; BGB_§_812 Abs.1 S.1, BGB_§_818 Abs.3 +4, BGB_§_819 Abs.1

 

LB 1) Die Zulässigkeit der Rückforderung von Dienstbezügen richtet sich gem. den §§ 1 Abs.2 SBesG, 12 Abs.2 Satz 1 SaarBBesG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 f BGB).

 

LB 2) Nach § 812 Abs.1 Satz 1 BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, zur Herausgabe verpflichtet.

 

LB 3) Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen (vgl § 12 Abs.2 Satz 1 SaarBBesG iVm § 818 Abs.3 BGB), weil er gemäß § 12 Abs.2 Satz 1 SaarBBesG iVm §§ 818 Abs.4, 819 Abs.1 BGB verschärft haftet. Nach § 12 Abs.2 Satz 2 SaarBBesG steht es der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen.

 

LB 4) Zu den Sorgfaltspflichten des Beamten gehört es aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht auch, die Besoldungsmitteilungen bei besoldungsrelevanten Änderungen im dienstlichen oder persönlichen Bereich auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und auf Überzahlungen zu achten.

 

LB 5) Er darf sich insbesondere dann, wenn er ohne erkennbaren Grund höhere Leistungen erhält, nicht ohne Weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung verlassen.

 

LB 6) Offensichtlichkeit im Sinne von § 12 Abs.2 Satz 2 SaarBBesG liegt vor, wenn dem Beamten aufgrund seiner Kenntnisse auffallen muss, dass die ausgewiesenen Beträge nicht stimmen können. Ihm muss sich aufdrängen, dass die Besoldungsmitteilungen fehlerhaft sind; nicht ausreichend ist, wenn Zweifel bestehen und es einer Nachfrage bedarf. Nicht erforderlich ist hingegen, dass außerdem die konkrete Höhe der Überzahlung offensichtlich ist.

 

LB 7) Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG (BVerwGE_95,94) bezweckt eine Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs.2 Satz 3 BBesG, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Bei der Billigkeitsentscheidung ist von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war.

 

LB 8) Die Rechtsfehlerhaftigkeit einer Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs.2 Satz 3 SaarBBesG hat die Rechtswidrigkeit der Rückforderungsentscheidung nach § 12 Abs.2 Satz 1 SaarBBesG zur Folge.

 

LB 9) Ein Rückforderungsbescheid darf nicht ergehen, ohne dass eine Billigkeitsentscheidung getroffen worden ist. Die Billigkeitsentscheidung betrifft nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheids, sondern den materiellen Bestand des Rückforderungsanspruchs und ist deshalb zwingend vor der Rückforderung zu treffen.

 

LB 10) Neben dem vollständigen oder teilweisen Absehen von der Rückzahlung kommen die Stundung der Rückzahlungsforderung oder die Einräumung von Ratenzahlungen in Betracht. Vor der Billigkeitsentscheidung nach § 12 Abs.2 Satz 3 SaarBBesG steht lediglich die Höhe der Überzahlung fest, nicht aber ob, in welcher Höhe und mit welchen Modalitäten diese Überzahlung auch einen Rückforderungsanspruch nach § 12 Abs.2 Satz 1 SaarBBesG begründet. Die Billigkeitsentscheidung ist damit notwendiger und untrennbarer Bestandteil der Rückforderungsentscheidung.

§§§


12.194 Versetzung in den Ruhestand
 
  • VG Saarl, U, 09.10.12, - 2_K_319/11 -

  • = EsG

 

1) Ein Beamter kann durch eine Versetzung in den Ruhestand, die er selbst wirksam beantragt hat, nicht in seinen Rechten verletzt werden.

 

2) Der Antrag kann nach Zustellung der Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand nicht mehr zurückgenommen werden.

§§§


12.195 Vorgezogene Mitbestimmung
 
  • VG Saarl, B, 10.10.12, - 9_K_465/12 -

  • = EsG

  • SPersVG_§_80 Abs.1 a), SPersVG_§_80 Abs.1 b) Nr.2, SPersVG_§_73 Abs.1

 

LB 1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat die vorgezogene Mitbestimmung in den Fällen des nahen Zusammenhangs mit den häufig den Ausschlag gebenden Vorauswahlentscheidungen den Sinn, für den Personalrat bereits im Vorfeld der späteren statusrechtlichen oder tarifrechtlichen Entscheidung Einfluss- und Kontrollrechte sicherzustellen, indem die Mitbestimmung bereits die maßgebliche Auswahlentscheidung erfasst und sich deshalb auch auf die Vorwirkungen von weichenstellenden Vorentscheidungen erstreckt. Bereits zu diesem Zeitpunkt soll es dem Personalrat ermöglicht werden, die Beachtung des Gleichbehandlungs- und es Leistungsgrundsatzes zu kontrollieren und auf die Wahrung berechtigter Interessen von Konkurrenten vor unzulässigen Benachteiligungen hinzuwirken.

 

LB 2) Davon zu unterscheiden ist die Befugnis des Antragstellers im Rahmen des durchzuführenden Mitbestimmungs-verfahrens auf der Grundlage von § 80 Abs.2 SPersVG, Gesichtspunkte des Konkurrentenschutzes in seine Argumentation aufzunehmen, und bleibt es diesem Verfahren überlassen, zu klären, ob hierin im konkreten Fall triftige Gründe im Sinne der Zustimmungsverweigerungsgründe gesehen werden können. Scheidet mithin eine Mitbestimmung des Antragstellers auf der Grundlage dieser Vorschrift von vorneherein aus, so kommt es nicht darauf an, ob fallbezogen Mitbestimmungstatbestände nach § 80 Abs.1 a) SPersVG zu prüfen sind.

§§§


12.196 Abgrenzung Innenbereich-Außenbereich
 
  • VG Saarl, U, 10.10.12, - 5_K_542/12 -

  • = EsG

  • LBO_§_12 Abs.3; BauGB_§_34, > BauGB_§_36

 

Die Abgrenzung des Innenbereichs der Ortslage vom Außenbereich kann im Einzelfall auch an Hand von Luftbildern und Karten, die die Örtlichkeit zutreffend wiedergeben, festgestellt werden.

§§§


12.197 Zulassung eines Sand- und Kiesabbaus
 
  • VG Saarl, U, 10.10.12, - 5_K_391/10 -

  • = EsG

  • GG_Art.28 Abs.2 S.1; BauGB_§_38 S.1; BauNVO_§_11 Abs.2; BBergG_§_52 Abs.2 Nr.1

 

1) Eine bergrechtliche Betriebsplanzulassung für einen übertägigen Abbau von Sand und Kies ist auf Klage der Gemeinde, auf dessen Gebiet sich der Abbau befindet, wegen Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit aufzuheben, wenn er im Widerspruch zu einem von der Gemeinde erlassenen Bebauungsplan steht, der das Abbaugebiet erfasst. § 38 Satz 1 BauGB steht dabei einer Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit nicht entgegen, da die auf der Grundlage des Bundesberggesetzes zugelassenen Rahmenbetriebspläne auch in der Form von Planfeststellungsbeschlüssen mit UVP nicht von § 38 Satz 1 BauGB erfasst werden.

 

2) Eine überörtliche Bedeutung iS des § 38 Satz 1 BauGB ist nur dann zu bejahen, wenn der übertägige Abbau einen gemeindeübergreifenden Planungsbedarf auslöst. Hierfür reicht es nicht aus, dass das Unternehmen, das den genehmigten Abbau betreibt, über eine herausgehobene Marktstellung verfügt oder das Rohstoffvorkommen auf Grund seiner Wertigkeit eine besondere Bedeutung für die Versorgung des Marktes hat.

 

3) Die Rechtsverletzung einer Gemeinde durch eine bergrechtliche Betriebsplanzulassung ist zu bejahen, wenn die genehmigende Bergbehörde zu Unrecht auf den geplanten Abbau das Bergrecht angewendet hat. Dies ist bei einem Quarz- bzw. Quarzitvorkommen dann der Fall, wenn sich der zu gewinnende Rohstoff erst nach einer Aufbereitung zur Herstellung von feuerfesten Erzeugnissen oder Ferrosilizium eignet und bereits nach der Betriebsplanzulassung feststeht, dass eine entsprechende Verwendung nicht erfolgen wird.

§§§


12.198 Auflassungsvermerk
 
  • VG Saarl, U, 10.10.12, - 5_K_381/12 -

  • = EsG

  • BGB_§_883

 

Dem Inhaber einer Auflassungsvormerkung nach § 883 BGB steht gegen die an den Grundstückseigentümer gerichtete baurechtliche Beseitigungsverfügung ein eigenes Anfechtungsrecht nur zu, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses der Beseitigungsverfügung bereits Besitz, Nutzungen und Lasten auf ihn übergegangen sind.

§§§


12.199 Außervollzugsetzung von Bebauungsplänen
 
  • OVG Saarl, B, 11.10.12, - 2_B_272/12 -

  • = EsG

  • GG_Art.28 Abs.2; SVerf_Art.117 Abs.3; VwGO_§_47 Abs.6; BauGB_§_2 Abs.1 S.1, BauGB_§_13, BauGB_§_13a, BauGB_§_34, BauGB_§_35, BauGB_§_1 Abs.3; BNatSchG_§_44 Abs.1 Nr.1 -3

 

1) Bei der Entscheidung, ob eine der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegende städtebauliche Satzung (§§ 47 Abs.1 Nr.1 VwGO, 10 BauGB) nach Maßgabe des § 47 Abs.6 VwGO vorläufig außer Vollzug gesetzt werden soll, ist mit Blick auf die demokratische Legitimation des Normgebers und die regelmäßig weit reichenden Folgen einer solchen Entscheidung ein besonders strenger Maßstab anzulegen.

 

2) Da sich der Wortlaut des § 47 Abs.6 VwGO an die Bestimmung über den Erlass einstweiliger Anordnungen durch das Bundesverfassungsgericht (§ 32 BVerfGG) anlehnt, lassen sich die in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze auch in dem Zusammenhang nutzbar machen. Auch insoweit ist dem Interesse der Gemeinden an der Ausübung der ihnen vom Bundesgesetzgeber über § 2 Abs.1 Satz 1 BauGB eröffneten Planungshoheit als Ausfluss der verfassungsrechtlich verankerten kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art.28 Abs.2 GG, Art.117 Abs.3 SVerf) ein hoher Stellenwert beizumessen. Daher können regelmäßig nur evidente Bedenken gegen die Gültigkeit des Bebauungsplans eine solche Anordnung rechtfertigen.

 

3) Die Geltendmachung einer dringenden Notwendigkeit der einstweiligen Anordnung zur "Abwehr schwerer Nachteile" (§ 47 Abs.6 VwGO) dient nach der Rechtsprechung des Senats ungeachtet des objektiven Charakters des Normenkontrollverfahrens dem Individualrechtsschutz. Ein "schwerer Nachteil" im Sinne der Vorschrift kann von daher nur aus einer negativen Betroffenheit eigener Interessen, nicht aber aus der Beeinträchtigung sonstiger öffentlicher Belange oder gar von Interessen Dritter hergeleitet werden.

 

4) Durch die Einführung der beschleunigten Verfahren für die Aufstellung von Bebauungsplänen hat der Bundesgesetzgeber von der durch Art.3 Abs.3 der so genannten Plan-UP-Richtlinie aus dem Jahr 2001 eröffneten Möglichkeit, die Bodennutzung kleiner Gebiete auf lokaler Ebene von Erfordernis der Umweltprüfung auszunehmen, Gebrauch gemacht. § 13a BauGB ergänzt insoweit den § 13 BauGB (2004) durch die Einführung einer differenzierten Umsetzung der Anforderungen an Umweltprüfungen für Bebauungspläne der Innenentwicklung.

 

5) Diese Pläne werden nach § 13a Abs.1 BauGB von der durch das so genannte Europarechtsanpassungsgesetz in § 2 Abs.4 BauGB über den § 3c UVPG hinausgehend eingeführten generellen Umweltprüfpflicht für Bebauungspläne ausgenommen und insoweit auch mit Blick auf die naturschutzrechtliche Ausgleichspflicht privilegiert (§§ 13a Abs.1 Satz 2 Nr.2, Abs.2 Nr.4, 1a Abs.3 Satz 5 BauGB 2007) beziehungsweise in bestimmten Fällen zunächst nur noch einer Vorprüfung im Einzelfall unterworfen.

 

6) Die Aufstellung eines Bebauungsplans der Innenentwicklung nach dem § 13a Abs.1 Satz 1 BauGB ist für nicht qualifiziert beplante Gebiete nicht zwingend auf eine Überplanung von Flächen beschränkt, die nach der bodenrechtlichen Vorgabe des § 34 Abs.1 Satz 1 BauGB der im Zusammenhang bebauten Ortslage zuzurechnen sind. In Ortsrandbereichen oder bei Vorliegen so genannter weiträumig von Bebauung umschlossener "Außenbereichsinseln" können grundsätzlich auch solche Flächen überplant werden, die von einem Bebauungszusammenhang nicht mehr erfasst und daher nach der Systematik der §§ 34, 35 BauGB im Umkehrschluss dem Außenbereich im Sinne der letztgenannten Bestimmung zuzurechnen sind. Gerade in Übergangszonen von Innen- und Außenbereich, in denen die Beurteilung der Zugehörigkeit bisher baulich genutzter Grundstücke einer gewissen faktischen "Deutungsbreite" zugänglich ist, ist es zur Ausräumung von Zweifeln durchaus sinnvoll, diese Bereiche durch eine Festlegung im Wege der Bauleitplanung eindeutig und im Falle des Vorliegens der sonstigen Verfahrensvoraussetzungen gegebenenfalls im Wege der "Innenentwicklung" eindeutig der - dann beplanten - Ortslage zuzuordnen.

 

7) Zur Frage eines mit Blick auf § 1 Abs.3 BauGB aus den Vorschriften über den besonderen Artenschutz nach § 44 Abs.1 Nr.1 bis 3 BNatSchG herzuleitenden Hindernisses für die Umsetzung eines Bebauungsplans.

§§§


12.200 Studienzulassung Humanmedizin
 
  • OVG Saarl, U, 17.10.12, - 2_B_279/12.NC -

  • = EsG

  • VwGO_§_123; KapVO_§_8

 

Der Senat hält an seiner im Beschluss vom 16.7.2012 - 2_B_56/12.NC - ausführlich begründeten Auffassung fest, dass die (zur medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes gehörende) Fachrichtung "Biophysik" kapazitätsrechtlich der klinisch-theoretischen Lehreinheit zuzuordnen ist.

§§§


12.201 öffentlich-rechtlichen Abwasserkanal
 
  • VG Saarl, U, 19.10.12, - 3_K_194/12 -

  • = EsG

  • SVwVfG_§_49; GG_Art.14 Abs.1 S.2; > KSVG_§_22

 

1) Die Entwässerung eines Gebäudes ist ggfs den geänderten gesetzlichen Anforderungen anzupassen. Eventuell frühere Genehmigungen werden durch den satzungsmäßigen Anschluss- und Benutzungszwang und die ihn realisierenden Bescheide außer Kraft gesetzt, ohne dass es einer formellen Aufhebung (Widerruf/Rücknahme) bedarf.

 

2) Die Entscheidung, wo und wie ein öffentlicher Abwasserkanal verlegt wird, steht im planerischen Ermessen der Gemeinde, ohne dass der einzelne Grundstückseigentümer hierauf Einfluss nehmen kann.

§§§


12.202 Richtlinien zur Vergabe gemeindlicher Subventionen
 
  • VG Saarl, U, 23.10.12, - 3_K_184/12 -

  • = EsG

  • GG_Art.3 Abs.1

 

Bei einschlägigen Richtlinien zur Vergabe gemeindlicher Subventionen handelt es sich nicht um Rechtsnormen, sondern um Verwaltungsvorschriften, die dazu bestimmt sind, für die Verteilung der Fördermittel Maßstäbe zu setzen und insoweit das Ermessen für ihre Verteilung zu regeln. Der Zuwendungsempfänger hat so Anspruch darauf, nach diesen Maßstäben behandelt zu werden, muss sich aber andererseits auch an Regelungen der Richtlinien festhalten lassen.

§§§


12.203 Außervollzugsetzung einer Veränderungssperre
 
  • OVG Saarl, B, 25.10.12, - 2_B_217/12 -

  • = EsG

  • GG_Art.28 Abs.2; VwGO_§_47 Abs.2 S.1, VwGO_§_47 Abs.6, VwGO_§_123; BauGB_§_2 Abs.1, BauGB_§_14 Abs.1 BauGB_§_38

 

1) Eine juristische Person, die einen Eingriff in ihr sich aus einem Mietvertrag ergebendes Recht auf Nutzung eines im Bereich einer Veränderungssperre liegenden Hallengrundstücks aus eigenem wirtschaftlichem Interesse geltend macht, ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs.2 S.1 VwGO.

 

2) Wie die Formulierungen in § 47 Abs.6 VwGO verdeutlichen, ist nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Entscheidung, ob eine der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegende städtebauliche Satzung (§ 47 Abs.1 Nr.1 VwGO) vorläufig außer Vollzug gesetzt werden soll, mit Blick auf die demokratische Legitimation des Normgebers und die regelmäßig weit reichenden Folgen einer solchen Entscheidung ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Die Anforderungen an eine vorläufige Regelung auf der Grundlage des § 47 Abs.6 VwGO gehen daher deutlich über das hinaus, was der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs.1 VwGO voraussetzt.

 

3) Da sich der Wortlaut des § 47 Abs.6 VwGO an die Bestimmung über den Erlass einstweiliger Anordnungen durch das Bundesverfassungsgericht (§ 32 BVerfGG) anlehnt, lassen sich die in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze auch in dem Zusammenhang nutzbar machen. Daher ist für die gebotene Abwägung der beteiligten Interessen grundsätzlich auf die Vor- und Nachteile abzustellen, die eintreten, wenn die Anordnung antragsgemäß ergeht, der Bebauungsplan bzw. die Veränderungssperre sich später aber als gültig erweist. Ihnen sind die Folgen gegenüberzustellen, die sich ergeben, wenn die Norm vollzogen wird, sich später jedoch deren Ungültigkeit herausstellt. Auch in dem Zusammenhang ist dem Interesse der Gemeinden an der Ausübung der ihnen vom Bundesgesetzgeber über § 2 Abs.1 S.1 BauGB eröffneten Planungshoheit als Ausfluss der verfassungsrechtlich verankerten kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art.28 Abs.2 GG, Art.117 Abs.3 SVerf) ein hoher Stellenwert beizumessen, so dass letztlich in aller Regel nur evidente Gültigkeitsbedenken eine solche Anordnung zu rechtfertigen vermögen.

 

4) Die Annahme eines Sicherungsbedürfnisses im Sinne des § 14 Abs.1 BauGB für eine eingeleitete städtebauliche Planung setzt anerkanntermaßen auch nicht voraus, dass bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Veränderungssperre die Rechtmäßigkeit des künftigen Bebauungsplans feststeht. Vielmehr ist eine solche Satzung nur dann als ungültig zu bewerten, wenn bereits bei ihrem Erlass offenkundig ist, das die Planungsziele der Gemeinde, die gesichert werden sollen, mittels einer rechtmäßigen Bauleitplanung von vorneherein nicht erreichbar sind.

 

5) Die Tatsache, dass für ein Plangebiet landesplanerisch kein Standortbereich ausgewiesen ist, bedeutet für die Gemeinde nur, dass sie insoweit keine landesplanerischen verbindlichen Vorgaben bei ihrer Planung zu beachten hat.

 

6) Eine Veränderungssperre ist im Sinne des § 14 Abs.1 BauGB "zur Sicherung der Planung" beschlossen und damit keine reine Verhinderungsplanung, wenn im Zeitpunkt ihres Erlasses hinreichend konkrete Vorstellungen der Gemeinde über den künftigen Inhalt des Bebauungsplans vorhanden sind. Das erfordert ein Mindestmaß an Klarheit darüber, welche Ziele und Zwecke mit der Planung verfolgt werden sollen.

 

7) In dem Zusammenhang ist es unbedenklich, wenn die Gemeinde ein ganz bestimmtes, ihr bekannt gewordenes Bauvorhaben zum Anlass nimmt, eine (abweichende) planerische Konzeption für den betroffenen Bereich ihres Gemeindegebiets zu entwickeln. Die Veränderungssperre darf auch gezielt eingesetzt werden, um die rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit eines Vorhabens - aus Sicht des Bauherrn negativ - zu verändern.

 

8) Der in § 38 BauGB zum Ausdruck kommende so genannte Vorrang der Fachplanung geht nicht so weit, dass eine Bauleitplanung, deren Ziele einem "Fachplanungsvorhaben" entgegenstehen, schon deswegen unterbleiben bzw. eingestellt werden muss, weil ein Planfeststellungsverfahren für ein unter die genannte Vorschrift fallendes Vorhaben anhängig ist oder wird.

 

9) Die Geltendmachung einer dringenden Notwendigkeit der einstweiligen Anordnung zur "Abwehr schwerer Nachteile" (§ 47 Abs.6 VwGO) dient nach der Rechtsprechung des Senats ungeachtet des objektiven Charakters des Normenkontrollverfahrens dem Individualrechtsschutz. Ein solcher "schwerer Nachteil" kann nur aus einer negativen Betroffenheit eigener Interessen, nicht aber aus der Beeinträchtigung sonstiger Belange oder gar von Interessen Dritter hergeleitet werden.

§§§


12.204 Divergenz-Revision
 
  • OVG Saarl, B, 25.10.12, - 2_A_45/12 -

  • = EsG

  • GG_Art.6; AufenthG_§_55 Abs.2 Nr.2; BZRG_§_46 Abs.1, BZRG_§_51 Abs.1; VwGO_§_132 Abs.2 Nr.1, VwGO_§_124 Abs.2 Nr.4

 

1) Die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den entsprechenden Zulassungstatbeständen im Revisionsverfahren (§ 132 Abs.2 Nr.1 und 2 VwGO) als Unterfall der Grundsatzrüge zu begreifende Divergenz nach dem § 124 Abs.2 Nr.4 VwGO ist gegeben, wenn sich das Verwaltungsgericht bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der Rechtsprechung des Divergenzgerichts, in diesem Fall des Bundesverfassungsgerichts, aufgestellten Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat.

 

2) In Fällen, in denen eine Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen einem Ausländer oder einer Ausländerin und seinem/ihrem Kind nur in Deutschland verwirklicht werden kann, drängt die aus Art.6 Abs.1 GG abzuleitende Pflicht des Staates zum Schutz der Familie einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Der Betroffenheit eines noch sehr kleinen Kindes kommt dabei ein "hohes, gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechendes Gewicht" zu (im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 9.1.2009 - 2_BvR_1064/08 -, NVwZ 2009,387).

 

3) Auch der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist jedoch für diese Konstellation kein Automatismus in dem Sinne zu entnehmen, dass einem Ausländer oder einer Ausländerin beziehungsweise den betroffenen Familienangehörigen "immer" oder unter allen Umständen ein auch nur kurzfristiges Verlassen der Bundesrepublik Deutschland generell nicht zugemutet werden könnte. In sehr vielen Familien kommt es aus meist beruflichen, gesundheitlichen oder privaten Gründen auch bei Vorhandensein kleinerer Kinder zu einer vorübergehenden Abwesenheit eines von beiden Elternteilen, ohne dass bereits deswegen davon ausgegangen werden müsste, dass die betroffenen Kinder dauerhaft Schaden erleiden würden.

 

4) Bei der Verwertung strafgerichtlicher Verurteilungen im Rahmen der Feststellung des Vorliegens von Ausweisungsgründen wegen Straffälligkeit des Ausländers oder der Ausländerin im Sinne des § 55 Abs.2 Nr.2 AufenthG ist ungeachtet der Tatzeitpunkte auf die Tilgungsreife der Verurteilungen nach den registerrechtlichen Vorgaben abzustellen. Die Frage der Verwertbarkeit einer strafrechtlichen Verurteilung richtet sich nach den einschlägigen Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist in dem Zusammenhang durch die Regelungen über Tilgungsfristen und Verwertungsverbote (§§ 46 Abs.1, 51 Abs.1 BZRG) Rechnung getragen.

 

5) Von der für die Nachholung des Visumsverfahrens zuständigen deutschen Auslandsvertretung - hier die Botschaft in Algier/Algerien - kann keine "Garantie" für die voraussichtliche Dauer des Verfahrens vor Ort verlangt werden. Insoweit genügt eine auf belastbaren Erfahrungswerten beruhende prognostische Einschätzung, dass das Visumsverfahren nach den konkreten Fallumständen in einem zeitlich überschaubar kurzen Rahmen - hier voraussichtlich drei bis vier Wochen - abgewickelt werden kann.

§§§


12.205 Regelbeurteilungen
 
  • OVG Saarl, B, 26.10.12, - 1_B_219/12 -

  • = EsG

 

1) Regelbeurteilungen sind in der Regel drei Jahre lang hinreichend aktuell, um Grundlage für am Bestengrundsatz auszurichtende Personalentscheidungen zu sein.

 

2) Anderes gilt nur, wenn sich nach dem Beurteilungsstichtag in der Verwendung des Beurteilten einschneidende Veränderungen ergeben haben, beispielsweise er andere Dienstaufgaben übernommen hat.

 

3) Dem steht der Fall nicht gleich, wenn der Beurteilte verhältnismäßig kurz vor dem Beurteilungsstichtag andere Dienstaufgaben übernommen hat und knapp zwei Jahre später geltend macht, diese neuen Dienstaufgaben inzwischen wesentlich besser zu bewältigen als am Beurteilungsstichtag.

§§§


12.206 Ständiger Wohnsitz
 
  • OVG Saarl, B, 29.10.12, - 3_A_238/12 -

  • = EsG

  • BAföG_§_5 Abs.1; BGB_§_7, BGB_§_11 > S.1

 

1) Die Legaldefinition des ständigen Wohnsitzes in § 5 Abs.1 BAföG lehnt sich an den zivilrechtlichen Wohnsitzbegriff der §§ 7 ff BGB an, so dass in Anwendung von § 11 Satz 1 BGB ein minderjähriger Auszubildender regelmäßig den Wohnsitz der personensorgeberechtigten Eltern teilt, ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Aufenthalt und einen entsprechenden Wohnsitzwillen.

 

2) Wer sich lediglich zum Zwecke der Ausbildung an einem Ort aufhält, hat dort nicht seinen ständigen Wohnsitz.

§§§


12.207 Jugendhilfemaßnahmen
 
  • VG Saarl, E, 30.10.12, - 3_K_936/10 -

  • = EsG

  • SGB-VIII_§_91 Abs.1 Nr.5a, SGB-VIII_§_92 Abs.1 Nr.5; BGB_§_1612b

 

1) Die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag im Sinne von § 91 Abs.1 Nr.5a iVm § 92 Abs.1 Nr.5 SGB VIII setzt voraus, dass die Gewährung (und Erbringung) der Leistung den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

 

2) Dass die Beklagte den kinderbezogenen Familienzuschlag betreffend das Geschwisterkind im Rahmen der Ermittlungen des zu berücksichtigenden Einkommens des Klägers nicht vom Einkommen abgesetzt hat, ist nicht zu beanstanden. Eine der strengen Zweckbindung betreffend das Kindergeld (vgl § 1612b BGB) vergleichbare Bindung des Beamten besteht bezüglich des kinderbezogenen Familienzuschlags nicht.

 

3) Verbindlichkeiten aufgrund von Forderungen Dritter sind nur dann vom Einkommen abzusetzen, wenn hierauf tatsächlich entsprechende Zahlungen erbracht werden.

§§§


12.208 Jugendhilfemaßnahme
 
  • OVG Saarl, U, 30.10.12, - 3_B_229/12 -

  • = EsG

  • SGB-VIII_§_91 Abs.1 Nr.5a, SGB-VIII_§_92 Abs.1 Nr.5; BGB_§_1612b

 

1) Die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag im Sinne von § 91 Abs.1 Nr.5a iVm § 92 Abs.1 Nr.5 SGB VIII setzt voraus, dass die Gewährung (und Erbringung) der Leistung den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

 

2) Dass die Beklagte den kinderbezogenen Familienzuschlag betreffend das Geschwisterkind im Rahmen der Ermittlungen des zu berücksichtigenden Einkommens des Klägers nicht vom Einkommen abgesetzt hat, ist nicht zu beanstanden. Eine der strengen Zweckbindung betreffend das Kindergeld (vgl § 1612b BGB) vergleichbare Bindung des Beamten besteht bezüglich des kinderbezogenen Familienzuschlags nicht.

 

3) Verbindlichkeiten aufgrund von Forderungen Dritter sind nur dann vom Einkommen abzusetzen, wenn hierauf tatsächlich entsprechende Zahlungen erbracht werden.

§§§


12.209 Selbständige Erschließungsanlage
 
  • OVG Saarl, B, 02.11.12, - 1_B_245/12 -

  • = EsG

  • BauGB_§_124 Abs.1, BauGB_§_127 Abs.2 Nr.1; SStrG_§_63

 

1) Werden von einer zum Anbau bestimmten Straße deren Hauptzug sowie vier kurze Stichstraßen von der Gemeinde und weitere vier max. 80 m lange Stichstraßen auf der Grundlage eines Erschließungsvertrages nach § 124 I BauGB von einem privaten Erschließungsträger hergestellt, so bilden aus Rechtsgründen der Hauptzug mit den vier Anhängseln einerseits und die vier weiteren Stichstraßen andererseits je selbständige Erschließungsanlagen; für die Herstellung der erstgenannten Anlage sind Erschließungsbeiträge zu erheben, während sich die Finanzierung der anderen nach den privat-rechtlichen Vereinbarungen zwischen Erschließungsträger und Grundstückseigentümer richtet.

 

2) Die Widmungsfiktion des § 63 Satz 1 SStrG erfasst nur das, was am 13.2.1965 an Straße vorhanden und dem öffentlichen Verkehr zu dienen bestimmt war und erstreckt sich eventuell auch auf spätere Verbreiterungen, Begradigungen oder sonstige unerhebliche Erweiterungen, nicht aber auch auf flächenmäßig erhebliche Ausdehnungen (hier: Anfügen von vier Stichstraßen).

 

3) Eine sachliche Erschließungsbeitragspflicht setzt ua voraus, dass die Anbaustraße in ihrer vollständigen flächenmäßigen Ausdehnung dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist oder als gewidmet gilt.

§§§


12.210 Beamtenverhältnis auf Zeit
 
  • VG Saarl, U, 06.11.12, - 2_K_303/11 -

  • = EsG

  • VwGO_§_43; GG_Art.33 Abs.5; SGB-III_§_389, SGB-III_§_390; BVerfGG_§_82 Abs.1, BVerfGG_§_79 Abs.2 > BVerfGG_§_78

 

1) Ein bestandskräftig übertragenes Amt auf Zeit wandelt sich im Fall der Nichtigkeit der der Ernennung zugrundeliegenden Vorschrift nicht automatisch in ein Amt auf Lebenszeit um.

 

2) Ein Rechtsanspruch des Beamten darauf, dass ihm das im Beamtenverhältnis auf Zeit übertragene statusrechtliche Amt im Fall der Nichtigkeit der der Ernennung zugrundeliegenden Vorschrift auf Lebenszeit übertragen wird, setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter anderem voraus, dass sich der Beamte in dem im Beamtenverhältnis auf Zeit übertragenen Amt bewährt hat.

 

LB 3) § 43 Abs.2 Satz 1 VwGO erfasst nur Fälle, in denen sich das mit der Feststellungsklage verfolgte Ziel gleichermaßen oder gar besser mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage erreichen lässt. Den Rückgriff auf die Feststellungsklage will der Gesetzgeber dann verhindern, wenn für die Rechtsverfolgung ein unmittelbareres, sachnäheres und wirksameres Verfahren zur Verfügung steht. Davon kann keine Rede sein, wenn die Feststellungsklage einen Rechtsschutz gewährleistet, der weiter reicht, als er mit der Gestaltungs- oder Leistungsklage erlangt werden kann.

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