2011   (6)  
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11.151 Abänderung eines rechtskräftigen Beschlusses
 
  • OVG Saarl, B, 22.08.11, - 2_B_319/11 -

  • = EsG

  • VwGO_§_123 Abs.1; EMRK_Art.8

 

1) Einer unanfechtbaren Entscheidung in einem Anordnungsverfahren gemäß § 123 Abs.1 VwGO kommt materielle Rechtskraft mit der Folge zu, dass zwischen denselben Beteiligten über denselben Streitgegenstand nicht mehr anders entschieden werden darf, solange die entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse gleich geblieben sind.

 

2) Ein vom Antragsteller eingeleitetes Verfahren vor dem EGMR als vorgetragene neue Tatsache steht mangels Entscheidungserheblichkeit seiner Abschiebung nicht entgegen, wenn der Ausländer das Verfahren auch nach einer Rückkehr in sein Heimatland durch einen Prozessbevollmächtigten weiter betreiben und sich angemessen äußern kann.

§§§


11.152 Überschreitens der Höchstaltersgrenze
 
  • VG Saarl, U, 22.08.11, - 3_K_609/10 -

  • = EsG

  • BAföG_§_10 Abs.3 Nr.1

 

1) Die Aufzählung in § 10 Abs.3 Satz 2 Nr.1 BAföG ist nicht abschließend.

 

2) Die vom Gesetzgeber mit der Regelung in § 10 Abs.3 Nr.1 BAföG erfasste Konstellation ist mit der im konkreten Fall vergleichbar. Hier wie dort erwarb der Auszubildende die Zugangsvoraussetzungen für die nunmehr angestrebte Ausbildung zu einem späteren Zeitpunkt als dies bei Erwerb der allgemeinen Hochschulreife mit 18 oder 19 Jahren der Fall gewesen wäre.

 

3) Eine Schlechterstellung durch den nunmehr zweistufigen Studiengang (Bachelor - Master) war vom Gesetzgeber, wie die nunmehrige ausdrückliche Anhebung der Altersgrenze mit der Regelung im 23.BAföG-Änderungsgesetz zeigt, ersichtlich nicht beabsichtigt.

§§§


11.153 Abschiebung nach Italien
 
  • VG Saarl, B, 22.08.11, - 5_L_744/11 -

  • = EsG

  • AsylVfG_§_27a, AsylVfG_§_34a Abs.1

 

Haben sich mehrere Staaten vor der Einreise eines Asylsuchenden nach Deutschland über die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages geeinigt, ist es nicht Sache der deutschen Behörden oder Gerichte, die Wirksamkeit der Asylantragstellung oder die Rechtmäßigkeit der Entscheidung in Frage zu stellen.

§§§


11.154 Grobe Fahrlässigkeit
 
  • VG Saarl, U, 23.08.11, - 3_K_236/11 -

  • = EsG

  • SGB_X_§_45 Abs.3 S.2, SGB_X_§_45 Abs.3 Nr.1, SGB_X_§_50 Abs.1 S.1,

 

Für das Merkmal der groben Fahrlässigkeit wird eine Sorgfaltspflichtverletzung in einem außergewöhnlich hohen Ausmaß verlangt, welche dann vorliegt, wenn bei Beachtung des persönlichen Einsichtsvermögens des Betroffenen schon einfachste Überlegungen nicht angestellt werden.

§§§


11.155 Fiktive sanierungsrechtliche Genehmigung
 
  • VG Saarl, B, 23.08.11, - 5_L_676/11 -

  • = EsG

  • LBO_§_61 Abs.2; BauGB_§_144; VwGO_§_80 Abs.5, VwGO_§_80b

 

Teilt die zuständige Behörde aufgrund einer Anzeige eines verfahrensfreien Vorhabens dem Bauherrn mit, dass eine sanierungsrechtliche Genehmigung erforderlich sei, die Unterlagen an die Sanierungsbehörde weitergeleitet wurden und verlangt sie mit einem Zwischenbescheid die Frist des § 145 BauGB, kann sie sich nach Fristablauf nicht darauf berufen, der Bauherr habe keine Genehmigung beantragt.

§§§


11.156 Divergenz- und Grundsatzrüge
 
  • OVG Saarl, B, 25.08.11, - 2_A_266/11 -

  • = EsG

  • VwGO_§_124 Abs.2 Nr.3 + 4, VwGO_§_132 Abs.2 Nr.1 + 2; AufenthG_§_31 Abs.2

 

1) Die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den entsprechenden Zulassungstatbeständen im Revisionsverfahren (§ 132 Abs.2 Nr.1 und 2 VwGO) als Unterfall der Grundsatzrüge zu begreifende Divergenz nach dem § 124 Abs.2 Nr.4 VwGO liegt vor, wenn sich das Verwaltungsgericht bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in der Rechtsprechung des Divergenzgerichts, in diesem Fall des ihm im Instanzenzug übergeordneten Oberverwaltungsgerichts, aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat.

 

2) Der Umstand, dass die Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft ausschließlich auf die Initiative der Ehepartners des Ausländers oder der Ausländerin zurückgeht, spricht vehement gegen eine Unzumutbarkeit des Festhaltens an der ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des Regelbeispiels in dem § 31 Abs.2 Satz 2 Halbsatz 1 Alt.2 AufenthG. Dem Umstand, dass der betroffene ausländische Ehepartner später die Scheidung beantragt hat, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu.

 

3) Die Frage eines Vorliegens "besonderer Umstände", die ausnahmsweise die Annahme einer qualifizierten Härte im Sinne des § 31 Abs.2 AufenthG und damit einen Anspruch auf Verlängerung beziehungsweise Erteilung einer eigenständigen eheunabhängigen Aufenthaltserlaubnis für im Zuge der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht initiativ gewordene Ausländerinnen und Ausländer rechtfertigen können, ist ausschließlich einer Beurteilung anhand der jeweiligen Fallumstände zugänglich, kann daher nicht "abstrakt" für eine Vielzahl von Fällen gleichsam vorab "generell" vorgenommen werden und vermag einem Rechtsstreit von daher keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs.2 Nr.3 VwGO zu verleihen. Ob der jeweilige Einzelfall, insoweit vom Verwaltungsgericht im Ergebnis "richtig" gewürdigt worden ist, hat Bedeutung allein für diesen.

§§§


11.157 Widerruf einer Asylanerkennung
 
  • OVG Saarl, U, 25.08.11, - 3_A_34/10 -

  • = EsG

  • AsylVfG_§_73 Abs.1 S.1; AufenthG_§_60 > Abs.1

 

Entscheidend für den Widerruf einer Asylanerkennung ist die Feststellung, dass sich die für die Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse erheblich und nicht nur vorübergehend verbessert haben und deshalb jedenfalls im Falle des konkret betroffenen Flüchtlings keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer erneuten Verfolgung mehr besteht. Hingegen ist für den Widerruf nicht erforderlich, dass im Herkunftsland des betroffenen Ausländers nunmehr umfassender Schutz vor jeglicher Art von Verfolgung gewährt wird oder es zumindest bei allen Angehörigen der Gruppe, der auch der betroffene Ausländer angehört, zu keinen asyl- bzw. flüchtlingsrelevanten Übergriffen mehr kommt.

§§§


11.158 Widerruf der Flüchtlingsanerkennung
 
  • OVG Saarl, U, 25.08.11, - 3_A_35/10 -

  • = EsG

  • AsylVfG_§_77 Abs.1, AsylVfG_§_73 Abs.1; AufenthG_§_60 Abs.1, AufenthG_§_60 Abs.2-7

 

Für den Widerruf einer Flüchtlingsanerkennung ist nicht die Feststellung erforderlich, dass es im Heimatland des betroffenen Ausländers ausnahmslos oder zumindest bei allen Angehörigen der Gruppe, der der betroffene Ausländer angehört, zu keinen asyl- bzw flüchtlingsrelevanten Übergriffen mehr kommt. Vielmehr ist in Abhängigkeit von den konkreten Umständen, die zur Zuerkennung des jeweiligen Schutzstatus geführt haben, festzustellen, dass sich diese Verhältnisse erheblich und nicht nur vorübergehend verbessert haben und deshalb jedenfalls der konkret betroffene vorverfolgte Asylberechtigte nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erneute Verfolgung zu befürchten hat.

§§§


11.159 Nutzungsuntersagung eines Kachelofens
 
  • VG Saarl, B, 25.08.11, - 5_L_705/11 -

  • = EsG

  • VwGO_§_80 Abs.2 Nr.4; LBO_§_15, LBO_§_3, LBO_§_82 Abs.2, LBO_§_57

 

Der Brand- und Lebensgefahr beim Betrieb eines Kachelofens wegen Glanzrußes im Kamin kann nicht entgegengehalten werden, dass das Haus allein vom Antragsteller bewohnt werde und er diese Gefahr in Kauf nehme.

§§§


11.160 Widerruf eines Aufenthaltstitels
 
  • VG Saarl, B, 29.08.11, - 10_L_539/11 -

  • = EsG

  • AufenthG_§_52 Abs.1 Nr.4, AsylVfG_§_75 > S.2

 

Widerspruch und Klage gegen den Widerruf des Aufenthaltstitels nach § 52 Abs.1 S.1 Nr.4 AufenthG entfaltet - außer in den Fällen des § 75 S.2 AsylVfG - aufschiebende Wirkung

§§§


11.161 Nichtanerkennung einer EU-Fahrerlaubnis
 
  • VG Saarl, B, 29.08.11, - 10_L_589/11 -

  • = EsG

  • RL-91/439/EWG_Art.1 Abs.2; RL_2006/126/EG_Art.2 Abs.1; FeV_§_28 Abs.4 S.2 +3

 

Der gemeinschaftsrechtliche Anerkenntnisgrundsatz für EU-Fahrerlaubnisse aus Art.1 Abs.2 Richtlinie 91/439/EWG bzw Art.2 Abs.1 Richtlinie 2006/126/EG steht der Feststellung der Nichtberechtigung nach § 28 Abs.4 Satz 2 FeV nicht entgegen, wenn der Erwerb der EU-Fahrerlaubnis auf dem bloßen Umstand des Führerscheins eines Drittlandes beruht, solange es an der Tilgung einer Verfehlung im Inland nach § 28 Abs.4 Satz 3 FeV fehlt.

§§§


11.162 Heranziehung zu Abschiebungskosten
 
  • VG Saarl, U, 31.08.11, - 10_K_2370/10 -

  • = EsG

  • AufenthG_§_67 Abs.1

 

1) Ein Ausländer, der selbst für die Abschiebungskosten in Anspruch genommen wird, kann, sofern der Verwaltungsakt, auf dessen rechtlicher Grundlage die Abschiebung erfolgt ist, nicht unanfechtbar geworden ist, grundsätzlich jeden rechtlichen Mangel der Abschiebung geltend machen, unabhängig davon, ob das Vorliegen des Mangels offensichtlich ist oder nicht. Eine Kostentragungspflicht entsteht daher insbesondere nicht für eine Abschiebung, die in rechtswidriger Weise oder etwa ohne Rechtsgrund durchgeführt worden ist.

 

2) Zum Umfang der Kostenerstattungspflicht nach § 67 Abs.1 AufenthG.

§§§


11.163 Asylrechtlichen Abschiebungsandrohung
 
  • VG Saarl, U, 31.08.11, - 10_K_654/11 -

  • = EsG

  • RL-2008/115/EG_Art.7 Abs.1 S.1, RL-2008/115/EG_Art.4 Abs.3; AsylVfG_§_38 Abs.1

 

Die auf der Grundlage des Art.7 Abs.1 S.1 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatenangehöriger erfolgte Bestimmung einer Ausreise von 30 Tagen ist in den Fällen, in denen die Bekanntgabe der Entscheidung bzw. der unanfechtbare Abschluss des Asylverfahrens in einem Monat mit 31 Tagen erfolgt, nachteiliger als nach der gesetzlichen Regelung in § 38 Abs.1 AsylVfG, da dann die Ausreisefrist nach § 38 Abs.1 AsylVfG 31 Tage bedingt, und verstößt daher gegen die Regelung in § 38 Abs.1 AsylVfG, die nach derzeitiger Rechtslage ab - im Sinne der Art.4 Abs.3 der vorgenannten Richtlinie - günstigere Vorschrift beibehalten wurde.

§§§


11.164 Versäumung der Berufungsbegründungsfrist
 
  • OVG Saarl, B, 31.08.11, - 2_A_272/11 -

  • = EsG

  • VwGO_§_56, VwGO_§_124a Abs.6 S.1; > ZPO_§_174

 

1) Ein Rechtsanwalt muss bei der Unterzeichnung des eine gerichtliche Entscheidung betreffenden Empfangsbekenntnisses (§§ 56 VwGO, 174 ZPO) überprüfen, ob die darin genannte Entscheidung beigefügt ist und sich diese gegebenenfalls im Hinblick auf etwaige durch die förmliche Zustellung ausgelöste Fristen vorlegen lassen. Er darf es danach grundsätzlich in solchen Fällen nicht seinem Büropersonal überlassen, die Bedeutung des Eingangs selbständig zu beurteilen und sogar bei förmlich gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsentscheidungen darüber zu befinden, ob die Entscheidung ihm vorgelegt oder ob nur ein Empfangsbekenntnis zur Unterschrift unterbreitet wird.

 

2) Zur Vermeidung der Zurechenbarkeit der Fristversäumnis ist der Prozessbevollmächtigte daher in diesen Fällen gehalten, das Empfangsbekenntnis über die Zustellung eines Zulassungsbeschlusses erst dann zu unterschreiben und in den Geschäftsgang des Büros zurückzugeben, wenn in den Handakten die Begründungsfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert wurde.

 

3) Bei der Berufungsbegründungsfrist nach § 124a Abs.6 Satz 1 VwGO handelt es sich grundsätzlich nicht um eine Frist, deren Erfassung und Kontrolle ein prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt seinem Büropersonal überlassen darf.

§§§


11.165 Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis
 
  • VG Saarl, U, 01.09.11, - 10_K_325/11 -

  • = EsG

  • FeV_§_12 Abs.3, FeV_§_19 Abs.3

 

Einzelfall einer erfolglosen Klage auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis, weil es an der erforderlichen Vorlage einer Sehtestbescheinigung nach § 12 Abs.3 FeV sowie eines Nachweises über die Teilnahme an einer Unterweisung in lebensrettenden Sofortmaßnahmen nach § 19 Abs. 3 FeV fehlt.

§§§


11.166 Beiordnung eines Rechtsanwaltes
 
  • OVG Saarl, U, 01.09.11, - 10_K_325/11 -

  • = EsG

 

Erhebt eine Klägerin nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe (auf der Grundlage eines Klageentwurfs) vertreten durch einen Rechtsanwalt Klage, so kann in dieser Klageerhebung zugleich ein stillschweigender Antrag auf Beiordnung dieses Rechtsanwaltes gemäß den §§ 166 VwGO, 121 Abs. 2 ZPO gesehen werden.

§§§


11.167 Aufbauseminar
 
  • VG Saarl, B, 02.09.11, - 10_L_605/11 -

  • = EsG

  • StVG_§_4 Abs.3 Nr.2 S.3; StVG_§_4 Abs.7 > S.1

 

Die Versäumung des nach § 4 Abs.3 S.1 Nr.2 S.3 StVG erforderlichen Hinweises auf die Möglichkeit einer verkehrspsychologischen Beratung nach Absatz 9 berührt nicht die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Aufbauseminars und damit auch der auf die Nichterfolgung dieser Anordnung gestützten Entscheidung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs.7 S.1 StVG.

§§§


11.168 Ersatzschule
 
  • VG Saarl, U, 06.09.11, - 1_K_15/11 -

  • = EsG

  • GG_Art.7 Abs.4 S.2 + 3; PrivSchG_§_7 Abs.1, PrivSchG_§_10

 

1) Das für das Einschreiten den Anlass bildende Fehlverhalten betrifft nur vordergründig ausschließlich die Unterbringung von Teilen der Schüler. Diese ist als Basis mit dem Schulbetrieb verknüpft, so dass es nicht von der Hand zu weisen ist, dass eine Unzuverlässigkeit im Internatsbetrieb, insbesondere was den korrekten Umgang mit der Aufsichtsbehörde anbelangt, grundsätzlich geeignet ist, auch die fehlende Zuverlässigkeit zum Betrieb einer Ersatzschule zu begründen.

 

2) Im Einzelfall entkräftet der langjährige ordnungsgemäße Betrieb der Schulen den durch den missbräuchlichen Betrieb des Internats geschaffenen "begründeten Verdacht" der Unzuverlässigkeit im schulischen Dingen.

§§§


11.169 Pizza-Heim-Service
 
  • VG Saarl, U, 07.09.11, - 5_K_17/11 -

  • = EsG

  • LBO_§_57 Abs.2, LBO_§_33; BauNVO_§_6 Abs.2 Nr.4, BauNVO_§_15 Abs.1 S.2

 

1) Die Nutzung eines "Notausgangs" zur ständigen Be- und Entladung der Fahrzeuge eines Pizza-Heim-Services am Rande eines Mischgebiets kann wegen der besonderen Situation im unmittelbar angrenzenden Wohngebiet im Einzelfall das Gebot der Rücksichtnahme verletzen.

 

2) Die Festsetzung eines Allgemeinen Wohngebiets in einem Bebauungsplan wird nicht dadurch funktionslos, dass dort faktisch nur gewohnt wird.

§§§


11.170 Spielhalle
 
  • VG Saarl, U, 07.09.11, - 5_K_348/10 -

  • = EsG

  • BauGB_§_34 Abs.1, BauGB_§_34 Abs.2; > BauNVO

 

1) Eine Spielhalle mit mehr als 100 m² Nutzfläche fügt sich in ein durch großflächigen Einzelhandel geprägtes Baugebiet nicht nach § 34 Abs.1 BauGB ein.

 

2) Die planungsrechtliche Zielvorgabe eines Flächennutzungsplans (hier: Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel) ist im Rahmen der Beurteilung nach § 34 BauGB unbeachtlich.

 

3) Im Rahmen der Bewertung eines Baugebietes nach § 34 Abs.2 iVm der BauNVO ist allein auf die vorhandene Bebauung und nicht auf den Flächennutzungsplan abzustellen.

 

4) Faktische Sondergebiete sind einer Beurteilung nach § 34 Abs.2 BauGB nicht zugänglich.

§§§


11.171 Haustürüberdachung
 
  • VG Saarl, U, 07.09.11, - 5_K_83/11 -

  • = EsG

 

1) Eine Haustürüberdachung, die bis auf 0,70 m an die Grundstücksgrenze reicht, ist mit dem Abstandsflächenrecht nicht zu vereinbaren.

 

2) Bestandsschutz erfordert eine formelle Genehmigung oder zumindest die Übereinstimmung zu einem namhaften Zeitpunkt mit dem materiellen Recht. 3) Die Erteilung einer Abweichung von der Einhaltung der Abstandsfläche gegen den Willen des Nachbarn kommt im Regelfall nicht in Betracht.

§§§


11.172 Sunniten und Kurden
 
  • OVG Saarl, U, 16.09.11, - 3_A_352/09 -

  • = EsG

  • AufenthG_§_60 Abs.1; AsylVfG_§_3 Abs.3; GG_Art.16a Abs.1

 

1) Sunniten und Kurden droht im Irak mangels ausreichender Verfolgungsdichte keine Gruppenverfolgung in Anknüpfung an ihre Religions- und Volkszugehörigkeit.

 

2) Zur Behandelbarkeit einer psychischen Störung im Irak.

§§§


11.173 Yeziden
 
  • OVG Saarl, U, 16.09.11, - 3_A_446/09 -

  • = EsG

  • AufenthG_§_60 Abs.1

 

Für Yeziden ist mangels erforderlicher Verfolgungsdichte im Irak weder eine landesweite noch eine auf die Stammsiedlungsgebiete im Norden des Irak begrenzte regionale Gruppenverfolgung seitens staatlicher oder nicht-staatlicher Akteure iSd § 60 Abs.1 AufenthG iVm den Art.10, 9 QRL anzunehmen (Fortsetzung der Senatsrechtsprechung, etwa Beschluss vom 26.03.07 - 3_A_30/07 -)

§§§


11.174 Rückforderung von Kindergartenbeiträgen
 
  • VG Saarl, U, 16.09.11, - 3_K_1980/10 -

  • = EsG

  • SGB_VIII_§_90 Abs.4 S.1; SGB_XII_§_85 > Abs.2

 

1) Einer Rückforderung steht nicht entgegen, dass die Beklagte die Zahlungen nicht aufgrund erster Informationen über eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse eingestellt hat, wenn diese Erkenntnisse noch nicht gesichert sind und keine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen ermöglichen.

 

2) Die Berechnung des anzurechnenden Einkommens ohne Einbeziehung des in der für die Berechnung eines Grundsicherungsanspruchs maßgeblichen Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehemannes der Klägerin, der nicht der Vater des Kindes ist, begegnet mit Blick auf §§ 90 Abs.4 Satz 1 SGB VIII iVm § 85 Abs.2 SGB XII keinen Bedenken.

§§§


11.175 Unterhälftige Beschäftigungszeiten
 
  • OVG Saarl, U, 19.09.11, - 1_A_207/11 -

  • = EsG

  • SBeamtVG_§_10 S.2; RL-97/81/EG

 

1) Die saarländische Regelung des § 10 Satz 2 SBeamtVG, nach welcher sich vor dem 17.5.2002 - dem Tag, seit dem eine unterhälftige Beschäftigung von Beamten im Saarland zulässig ist - im Angestelltenverhältnis geleistete unterhälftige Vordiensttätigkeiten nicht ruhegehaltssteigernd auswirken, während zeitgleich erfolgte zumindest hälftige Beschäftigungszeiten damals ebenfalls noch angestellter beziehungsweise (bereits) verbeamteter teilzeitbeschäftigter Kollegen ruhegehaltsfähig sind, ist unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden.

 

2) Die Vorschrift bedingt auch keine das Willkürverbot verletzende Ungleichbehandlung von Beamten, deren unterhälftige Vordienstzeiten vor dem 17.5.2002 liegen, mit Beamten, die nach dem 17.5.2002 unterhälftig im Angestelltenverhältnis beschäftigt waren.

 

3) § 10 Satz 2 SBeamtVG steht nicht im Widerspruch zu den Vorgaben der zwischen den europäischen Sozialpartnern geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit, die durch die Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15.12.1997, der sie als Anhang beigefügt ist, in Gemeinschaftsrecht überführt wurde.

§§§


11.176 Vorläufige Außervollzugsetzung von VergabeVO Art.2
 
  • OVG Saarl, B, 21.09.11, - 2_B_307/11 -

  • = EsG

 

1) Der Senat hält es für fraglich, ob Art.2 der 2. Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung Stiftung SL vom 20.4.2011, nach dem die neu eingeführte, den Zugang zu etwaigen Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität einschränkende Regelung des § 23 VergabeVO Stiftung SL vom 20.4.2011 am Tag nach der Verkündung im Amtsblatt (vom 5.5.2011), d.h. am 6.5.2011 und damit während des seit 19.4.2011 laufenden Bewerbungsverfahrens für Alt-Abiturienten um Medizinstudienplätze in Kraft treten soll, mit dem dem Rechtsstaatsprinzip zu ent-nehmenden Anspruch auf Vertrauensschutz in Einklang steht.

 

2) Zur Folgenabwägung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 47 Abs.6 VwGO bei offener Rechtslage, wenn den Antragstellern der Verlust von Chancen auf Zulassung zum Medizinstudium droht (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 20.5.2010 - 6 VR 1.10 - Beck RS 2010/52479).

§§§


11.177 Außervollzugssetzung des § 23 S.2 + 3 VergabeVO
 
  • OVG Saarl, B, 21.09.11, - 2_B_308/11 -

  • = EsG

  • GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.12 Abs.1; (10) VergabeVO_§_23 S.2 + 3; VwGO_§_47 Abs.6

 

1) Wird § 23 Sätze 2 und 2 VergabeVO Stiftung SL anknüpfend an die vom Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 23.3.2011 - 6 CN 3.10 -) gebilligte Auslegung der nahezu wortgleichen Regelung des § 24 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung BW durch den VGH Mannheim (Urteile vom 29.10.2009 - 9 S 1858/09 und 1611/09 -) dahin ausgelegt, dass der Studienort (hier: Saarbrücken/Homburg) bei der Bewerbung in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschulen benannt werden muss und festgestellte Studienplätze außerhalb der Kapazität nach den Kriterien des Auswahlverfahrens der Hochschulen vergeben werden, so hält es der Senat für fraglich, ob der in die-sem Falle wegen der Regelungen der §§ 6 Abs.2 Satz 1 Nr.3, 10 Abs.2 Satz 1 Nr.1, 17 Abs.1 VergabeVO Stiftung SL anzunehmende generelle Ausschluss der Zweitstudienbewerber von der Vergabe außerkapazitärer Studienplätze mit den Gewährleistungen der Art.3 Abs.1, 12 Abs.1 GG in Einklang steht.

 

2) Ist § 23 Sätze 2 und 3 VergabeVO Stiftung SL, der nach seinem Wortlaut die Zulassung außer-halb der Kapazität davon abhängig macht, dass der Studienbewerber fristgerecht einen Antrag auf Zulassung nach § 3 VergabeVO Stiftung SL im "zentralen Vergabeverfahren" für den Studienort Saarbrücken oder Homburg gestellt hat, und außerdem bestimmt, dass Studienplätze außerhalb der Kapazität in Orientierung an den Vergabekriterien im "zentralen Vergabeverfahren" zu vergeben sind, anknüpfend an die zitierte Rechtsprechung dahin auszulegen, dass der Antrag auf Zulassung für den Studienort Saarbrücken/Homburg im Auswahlverfahren der Hochschulen gestellt werden muss und die Vergabekriterien dieses Verfahrens für die Verteilung außerkapazitärer Studienplätze maßgeblich sind, so erscheint fraglich, ob die Regelungen den Geboten der Normenbestimmtheit und Normenklarheit genügen, die verlangen, dass eine Norm einen Betroffenen befähigt, die Rechtslage zu erkennen und sein Verhalten danach auszurichten.

 

3) Zur Folgenabwägung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 47 Abs.6 VwGO bei offener Rechtslage, wenn den Antragstellern der Verlust von Chancen auf Zulassung zum Medizinstudium droht (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 20.5.2010 - 6 VR 1.10 - BeckRS 2010/52479).

§§§


11.178 Aufenthaltserlaubnis wegen Ausreisehindernisses
 
  • OVG Saarl, B, 21.09.11, - 2_A_3/11 -

  • = EsG

  • GG_Art.6, EMRK_Art.8, GG_Art.2; AufenthG_§_25 Abs.5, AufenthG_§_3 Abs.1, AufenthG_§_5 Abs.1 Nr.4, AufenthG_§_5 Abs.3 S.2, AufenthG_§_60a Abs.2; AsylVfG_§_42 S.1 ,

 

1) Der Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs.5 AufenthG setzt voraus, dass einem ausreisepflichtigen Ausländer auch eine freiwillige Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die er nicht zu vertreten hat, objektiv unmöglich ist oder dass sie ihm, beispielsweise mit Blick auf grundrechtliche Gewährleistungen in Art.6 GG oder den Art.8 EMRK, subjektiv unzumutbar ist. Das Ausreisehindernis darf nicht nur für einen überschaubaren Zeitraum bestehen, sondern muss absehbar dauerhaft sein. Der Umstand, dass das Hindernis entweder vom Ausländer selbst geschaffen wurde oder dass er die Möglichkeit hat, dieses zumutbar selbst zu beseitigen, steht dem Anspruch zwingend entgegen.

 

2) Von einem Ausländer können mit Blick auf seine Passpflicht nach dem § 3 Abs.1 AufenthG, deren Erfüllung nach dem Willen des Gesetzgebers eine grundsätzliche Voraussetzung für die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels darstellt (§ 5 Abs.1 Nr.4 und Abs.3 Satz 2 AufenthG), gesteigerte Anstrengungen bei der Beschaffung von Identitätspapieren verlangt werden. Dazu gehört auch - soweit erforderlich - die Abgabe einer Erklärung, dass er zur freiwilligen Ausreise bereit ist, wenn von einer solchen Erklärung die Ausstellung eines Reiseausweises abhängig gemacht wird oder wenn dies zu einer schnelleren Ausstellung des Papiers führt. Auf einen eventuell entgegenstehenden inneren Willen des Ausländers, der Deutschland nicht verlassen will, kommt es dabei nicht an.

 

3) Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, etwa eine dauerhaft nicht zu erzielende medizinische Versorgung im Heimatland, können von der Ausländerbehörde im Falle eines ehemaligen Asylbewerbers ohne positive Feststellung des Bundesamtes wegen der Bindungswirkungen an dessen negative Entscheidungen in den Asylverfahren (§ 42 Satz 1 AsylVfG) nicht berücksichtigt werden.

 

4) Ein rechtliches inlandsbezogenes Abschiebungshindernis (§ 60a Abs.2 AufenthG) ist vor dem Hintergrund des grundrechtlichen Schutzes von Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art.2 Abs.2 Satz 1 GG) dann anzunehmen, wenn die Gesundheit eines abzuschiebenden Ausländers so angegriffen ist, dass das ernsthafte Risiko besteht, dass sein Gesundheitszustand unmittelbar durch den Abschiebungsvorgang wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert wird, sofern nicht einzelfallbezogen effektive Schutzmaßnahmen durch die Ausländerbehörde ergriffen werden. Auch eine im Einzelfall bestehende Suizidgefahr steht einer Abschiebung dann nicht entgegen, wenn durch die Ausländerbehörde insoweit die konkret erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen werden.

§§§


11.178 Schematische Errechnung der Note
 
  • VG Saarl, B, 23.09.11, - 1_L_763/11 -

  • = EsG

  • (SL) ZVO-Gym_§_6 Abs.3

 

Eine Entwicklung der Noten in den Klassenarbeiten im Verlaufe eines Schuljahres von "gut" zu "mangelhaft" trägt eine andere fachlich-pädagogische Wertung als die von "mangelhaft" zu "gut" und entspricht § 6 Abs.3 SL-ZVO-Gym., der der Entwicklung der Leistungen während der zweiten Hälfte des Schuljahres besonderes Gewicht beimisst.

§§§


11.179 Abschiebungsschutz wegen Heiratsabsicht.
 
  • OVG Saarl, B, 23.09.11, - 2_B_370/11 -

  • = EsG

  • GG_Art.6 Abs.1; AufenthG_§_60a Abs.2 > S.1

 

Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung eines heiratswilligen Ausländers unter dem Aspekt einer rechtlichen Unmöglichkeit nach § 60a Abs.2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art.6 Abs.1 GG setzt über das Bestehen ernsthafter Heiratsabsichten der Verlobten hinaus voraus, dass durch die drohende Abschiebung des Ausländers die in Art.6 Abs.1 GG gewährleistete Eheschließungsfreiheit der Verlobten in unverhältnismäßiger Weise beschränkt würde, weil nämlich die beabsichtigte Eheschließung unmittelbar bevorsteht. Davon kann grundsätzlich nur ausgegangen werden, wenn die Verlobten alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um eine Eheschließung zu erreichen (im konkreten Fall bejaht).

§§§


11.180 Widerruf einer Flüchtlingsanerkennung
 
  • OVG Saarl, B, 26.09.11, - 3_A_339/11 -

  • = EsG

  • AsylVfG_§_73

 

1) Die Beendigung der Flüchtlingsanerkennung verhält sich grundsätzlich spiegelbildlich zur Anerkennung. Für die Verfolgungsprognose gilt der einheitliche Wahrscheinlichkeitsmaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, auch wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung erlitten hat.

 

2) Im Widerrufsverfahren gemäß § 73 AsylVfG ist regelmäßig ein individueller Prüfungsmaßstab anzuwenden. Das bedeutet: In Abhängigkeit von den Umständen, die zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geführt haben, sind auch die Anforderungen an die Verbesserung der Verhältnisse im Heimatstaat und die Frage der Gefährdung im Falle einer Rückkehr im Grundsatz individuell unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

 

3) In der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes ist geklärt, dass im Falle eines türkischen Staatsangehörigen kurdischer Volkszugehörigkeit nur eine exponierte exilpolitische Betätigung im Falle einer Rückkehr eine beachtlich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr begründet.

§§§


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