2008   (6)  
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08.181 Saisonbiergarten
 
  • VG Saarl, B, 02.09.08, - 5_L_760/08 -

  • = EsG

  • GewO_§_69 Abs.1, GewO_§_69 Abs.2; SStrG_§_18 Abs.1

  • Marktfläche / Martbeschicker / Makrtsatzung Verletzung öffl-rechtlicher Vorschriften

 

1) Marktbeschicker können eine Verletzung sonstiger öffentich-rechtlicher Vorschriften außerhalb des Baurechts gegen eine Baugenehmigung geltend machen, wenn damit ein Saisonbiergarten auf einer Fläche zugelassen wurde, die nach der Marktsatzung ausschließlich als Marktfläche zu nutzen ist.

 

2) Läßt die Marktsatzung indes die Erteilung einer Baugenehmigung für einen Saisonbiergarten zu, steht Marktbeschickern kein Abwehranspruch auf der Grundlage von § 69 Abs.2 GewO zu.

§§§


08.182 Jagdgenossenschaftsversammlung
 
  • VG Saarl, U, 10.09.08, - 5_K_12/08 -

  • = EsG

  • VwGO_§_43 Abs.1, VwGO_§_42 Abs.2; SJG_§_7 Abs.1 S.1

  • Arbeitsverhältnis / Kündigung / Elternzeit / Öffentlichkeit / organschafltiche Rechte

 

1) Die Klage eines Jagdgenossen auf Feststellung der Nichtigkeit von Beschlüssen einer Jagdgenossenschaft ist hinsichtlich solcher Beschlüsse unzulässig, denen er selbst zugestimmt hat.

 

2) Es existieren weder im Saarländischen noch im Bundes-Jagdgesetz Vorschriften die eine Nichtöffentlichkeit von Jagdgenossenschaftsversammlungen vorschreiben. Geht man trotzdem davon aus, dass Jagdgenossenschaftsversammlungen grundsätzlich nicht öffentlich sind (so VG Freiburg, Urteil vom 18.10.2006 - 2 K 1544/05 -), so ist es der Versammlung möglich mit Mehrheit die Öffentlichkeit zuzulassen.

 

3) Bei Durchführung einer Jagdgenossenschaftsversammlung ist es grundsätzlich erforderlich, dass ein aktuelles Jagdkataster vorliegt. Werden Beschlüsse getroffen, ohne dass ein solches Kataster vorliegt, so sind diese regelmäßig formell fehlerhaft. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit dieser Beschlüsse hat aber nur dann Erfolg, wenn davon auszugehen ist, dass sich der formelle Fehler auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat. Dies ist bei deutlichen Mehrheiten für die angegriffenen Beschlüsse regelmäßig zu verneinen.

§§§


08.183 Kündigung in der Elternzeit
 
  • VG Saarl, U, 12.09.08, - 11_K_845/07 -

  • = EsG

  • BEEG_§_18 Abs.1 S.2

  • Arbeitsverhältnis / Kündigung / Elternzeit / Öffentlichkeit / organschafltiche Rechte

 

1) Zur Zulässigkeitserklärung der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses während der Elternzeit gemäß § 18 I 2 BEEG.

 

LB 2) Bei dem "besonderen Fall" iSd § 18 Abs.1 Satz 2 BEEG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt und der Verwaltungsbehörde keinen Beurteilungszeitraum einräumt.

 

LB 3) Er liegt insbesondere bei besonders schweren Verstößen des Arbeitnehmers gegen arbeitsvertragliche Pflichten (oder vorsätzlichen strafbaren Handlungen des Arbeitnehmers) vor, die dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen.

§§§


08.184 Nachzug Familienmitglied
 
  • VG Saarl, B, 15.09.08, - 2_L_799/08 -

  • = EsG

  • AufenthG_§_36 Abs.2 S.1

  • Kinderbetreuung / Erwerbstätigkeit / außergewöhnliche Härte /

 

Dass Eltern die Betreuung ihrer minderjährigen Kinder nicht selbst übernehmen können, weil sie erwerbstätig sind, begründet in der Regel keine außergewöhnliche Härte iSv § 36 Abs.2 S.1 AufenthG, die einen Zuzug sonstiger Familienmitglieder zur Kinderbetreuung rechtfertigt. Dies gilt auch, wenn ein wirtschaftliches Interesse, etwa die Finanzierung eines Grundstückskauf, eine Berufstätigkeit beider Eltern erfordert.

§§§


08.185 Anerkannte Wassermesseinrichtung
 
  • VG Saarl, U, 19.09.08, - 11_K_1055/07 -

  • = EsG

  • KAG_§_12 Abs.1 Nr.3 Ziff.b, KAG_§_12 Abs.4; AO_§_131 Abs.2 Nr.3, AWGS_§_6 Abs.2

  • Nacheichungspflicht /

 

1) Zum Begriff der "anerkannten Wassermesseinrichtung" in einer Abwassergebührensatzung.

 

2) Zum Widerruf einer gewährten Abwassergebührenbefreiung.

§§§


08.186 Fachrichtungswechsel
 
  • VG Saarl, U, 19.09.08, - 11_K_1196/07 -

  • = EsG

  • BAföG_§_54, BAföG_§_7 Abs.3 Nr.1

  • Unverzüglichkeit /

 

Zur Unverzüglichkeit eines Fachrichtungswechsels.

§§§


08.187 Methode Kanngieser/Bodenstein
 
  • VG Saarl, U, 19.09.08, - 11_K_89/06 -

  • = EsG

  • BauGB_§_154 Abs.1 S.1, BauGB_§_154 Abs.2; WertV_§_28

  • Ausgleichsbetrag / Berechnung /

 

1) Die Methode Kanngieser/Bodenstein stellt ein anerkanntes Bewertungsmodell zur Berechnung des Ausgleichsbetrags dar.

 

LB 2) § 154 Abs.1 Satz 1 2.HS BauGB, wonach Miteigentümer im Verhältnis ihrer Anteile an dem gemeinschaftlichen Eigentum heranzuziehen sind, ist bei Gesamthandseigentum nicht anwendbar.

 

LB 3) Im Falle einer Miteigentümerschaft zur gesamten Hand, insbesondere einer Erbengemeinschaft vor der Auseinandersetzung, ist nach § 44 Abs.1 AO jeder Gesamthänder Eigentümer des Grundstücks und damit Gesamtschuldner.

§§§


08.188 Gleich gelagertes Verfahren
 
  • VG Saarl, B, 22.09.08, - 2_K_176/08 -

  • = EsG

  • VwGO_§_75, VwGO_§_161 Abs.3

 

1) Die Anhängigkeit eines gleich gelagerten (Parallel-)Verfahrens, dessen Abschluss die Behörde abwarten will, stellt nur dann einen zureichenden Grund für ihre Untätigkeit dar, wenn der Kläger damit einverstanden ist.

 

2) Ein Fall des § 75 VwGO iS vom § 161 Abs.3 VwGO liegt nicht vor, wenn zwischen dem Ausgang des fortgesetzten Prozesses und der ursprünglichen Verzögerung der Bescheidung kein Zusammenhang mehr besteht.

§§§


08.189 Mobbing
 
  • VG Saarl, U, 23.09.08, - 2_K_1864/07 -

  • = EsG

  • BBG_§_79; BDG_§_17

  • Schadensersatz wegen Mobbings

 

Zum Begriff des "Mobbings".

* * *

T-08-03Begriff

Abs.1 ff    

"Unter Mobbing wird ein systematisches Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren von Beschäftigten untereinander oder durch Vorgesetzte verstanden, das über gewöhnliche, von jedermann zu bewältigende berufliche Schwierig keiten hinausgeht und eine mehr oder weniger schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts, der Ehre und/oder der Gesundheit des Betroffenen darstellen kann zu diesem Mobbingbegriff vgl BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 A 4/04 -, NVwZ-RR 206 mwN.; ferner BGH, Urteil vom 01.08.2002 - III ZR 27 7/01 -, ZBR 2003,57 sowie OLG Stuttgart, Urteil vom 28.07.2003 - 4 U 51/03 -, NVwZ-RR 2003, 715 mwN. Ob ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskrimini eren vorliegt, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei ist eine Abgrenzung zu dem allgemein üblichen oder rechtlich erlaubten und deshalb hinzu nehmenden Verhalten erforderlich. Nicht jede Auseinandersetzung oder Meinungsver schiedenheit zwischen Vorgesetzten und Untergebenen oder Mitarbeitern untereinan der erfüllt den Begriff des Mobbing. Kurzfristigen Konfliktsituationen mit Vorge setzten oder Mitarbeitern fehlt in der Regel schon die notwendige systematische Vorgehensweise. Auch wenn durch die einzelnen Handlungen für sich gesehen eine H aftung wegen der mit "Mobbing" verbundenen Beeinträchtigung nicht eintritt, kann die Gesamtheit der Handlungen zu einer Haftung aufgrund der sie verbindenden Sy stematik und ihres Fortsetzungszusammenhangs führen. Zwischen den einzelnen Hand lungen muss im juristischen Sinn aber ein Fortsetzungszusammenhang bestehen. Das gegen eine Person gerichtete Verhalten erfolgt nur dann systematisch, wenn sich aus einer Kette von Vorfällen ein System erkennen lässt vgl dazu auch VG Göttingen, Urteil vom 02.04.2008 - 3 A 263/06 - sowie VG Würzburg, Urteil vom 27.06.2006 - W 1 K 04.1027 -, jeweils unter H inweis auf OLG Stuttgart, Urteil vom 28.07.2003 aaO.

Auszug aus VG Saarl U, 23.09.08, - 2_K_1864/07 -,

§§§


08.190 Ausländische Fahrerlaubnis
 
  • OVG Saarl, B, 24.09.08, - 1_A_222/08 -

  • = EsG

 

Die Art.1 Abs.2 und 8 Abs.2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG verwehren es einem Mitgliedstaat nicht, einer in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis die Anerkennung zu versagen, wenn diese vor Ablauf einer in der Bundesrepublik Deutschland festgesetzten Sperrfrist erworben wurde.

§§§


08.191 Gebührenbescheid
 
  • OVG Saarl, U, 24.09.08, - 5_K_1100/07 -

  • = EsG

  • SGebG_§_6 Abs.3 S.3; GebVerzBauaufsicht Ziff.27.1.1

 

1) § 6 Abs.3 Satz 3 SaarlGebG ist eine ausreichenden Rechtsgrundlage für die im Besonderen Gebührenverzeichnis für die Bauaufsichtsbehörden des Saarlandes (GebVerzBauaufsicht) idF vom 10.04.2003 (ABl.S.1194) geregelte Vorteilsabschöpfung im Rahmen der Erhebung von Gebühren für die Erteilung von Befreiungen von den Vorschriften des Baugesetzbuches sowie von Vorschriften auf Grund des Baugesetzbuches.

 

2) Die in Ziff.27.1.1. GebVerzBauaufsicht vorgesehene Formel für die Berechnung der Höhe der Befreiungsgebühr verstößt grundsätzlich nicht gegen das Äquivalenzprinzip, auch wenn im Einzelfall die erhobenen Gebühren deutlich über den der Verwaltung entstandenen Kosten liegen.

 

3) Wenn für ein Bauvorhaben mehrere selbständige Befreiungen erteilt werden, so ändert dies nichts an den für die Befreiungen zu zahlenden Gebühren, da das GebVerzBauaufsicht keine Gebührenermäßigung für den Fall mehrerer Befreiungen für nur ein Vorhaben vorsieht.

§§§


08.192 Wohnungskosten
 
  • OVG Saarl, U, 26.09.08, - 3_A_30/08 -

  • = EsG

  • GSiG_§_6 S.1; SGB_XII_§_44 Abs.1

 

Zur Anerkennung von Wohnkosten im Rahmen der Grundsicherung im Falle einer Unterkunftsgewährung an einen Betreuten durch seinen Vater und Betreuer (Einzelfall).

§§§


08.193 Bioabfälle
 
  • OVG Saarl, U, 30.09.08, - 1_A_2/08 -

  • = EsG

  • EVSG_§_2 Abs.1 S.2, EVSG_§_2 Abs.2 S.1 Nr.4, EVSG_§_3 Abs.1

 

1) Die Verwertung von Bioabfällen ist nach der im Saarland maßgeblichen Gesetzeslage eine Aufgabe der örtlichen Abfallentsorgung. Die saarländischen Gemeinden sind nach §§ 2 Abs.1 Satz 2, 3 Abs.1 Satz 1 EVSG berechtigt, die Bioabfallverwertung als eigene Aufgabe wahrzunehmen, wenn sie für das Einsammeln, Befördern und Verwerten von Bioabfällen aus dem Entsorgungsverband Saar ausscheiden.

 

2) Die Errichtung und der Betrieb von Bioabfallbehandlungsanlagen gehören nach § 2 Abs.2 Satz 1 Nr.4 EVSG zu den überörtlichen Aufgaben, deren Wahrnehmung alleine dem Entsorgungsverband Saar obliegt. Die Gemeinden dürfen keine eigenen Bioabfallbehandlungsanlagen errichten und betreiben, sondern sind im Falle ihres Ausscheidens bezüglich der Bioabfallverwertung verpflichtet, die von ihnen eingesammelten Bioabfälle im Wege der Auftragsvergabe der Verwertung durch einen Bioabfallbehandler zuzuführen.

§§§


08.194 Leergutlager
 
  • VG Saarl, B, 01.10.08, - 5_L_2008/08 -

  • = EsG

  • BauGB_§_34; BauNVO_§_15 Abs.1 S.2

  • Nachbarrechtswidrigkeit der Genehmigung einer Nutzungsänderung eines Mitarbeiterparkplatzes zu einem Leergutlager einer Brauerei

 

Die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines Mitarbeiterparkplatzes zu einem Leergutlager einer Brauerei verstößt gegenüber einer nur durch eine Straße getrennten Wohnbebauung grundsätzlich gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

§§§


08.195 Öffentlicher Weg
 
  • VG Saarl, B, 08.10.08, - 11_L_507/08 -

  • = EsG

  • SStrG_§_14, SStrG_§_17, SStrG_§_2, SStrG_§_3 Abs.1 Nr.4

  • Fiktion der Widmung als öffentlicher Weg und Widmungsvermutung der unvordenklichen Verjährung

 

Zum Vorliegen eines öffentlichen Weges

§§§


08.196 Zytologische Untersuchung
 
  • VG Saarl, U, 14.10.08, - 3_K_681/08 -

  • = EsG

  • BhVO_§_4 Abs.1 Nr.2, BhVO_§_10 Abs.1

 

Es stellt keine Verletzung des Kerns der Fürsorgepflicht dar, wenn die Beihilferegelung eine Erstattung von Aufwendungen für die Früherkennung von Krebserkrankungen nur in den in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses festgestellten Fällen vorsieht.

§§§


08.197 Studienplatztausch
 
  • OVG Saarl, B, 16.10.08, - 3_B_370/08 -

  • = EsG

  • GG_Art.12 Abs.1

 

1) Der Senat hält es für fraglich, ob allein der Verweis auf die Möglichkeit, nach den Bestimmungen der Vergabeverordnung einen Studienplatz in einem höheren Fachsemester zu erhalten, es rechtfertigt, einen Studienplatztausch als Möglichkeit, der Gewährleistung des Art.12 Abs.1 GG, soweit es um die Wahl des Studienortes geht, Rechnung zu tragen, von vornherein auszuschließen.

 

2) Einzelfall einer Interessenabwägung im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 Abs.1 VwGO, die dadurch bestimmt ist, dass der Studierende/die Studierende, der/die den bisherigen Studienort verlassen will und um die Genehmigung eines Studienplatztauschs nachsucht, mit einem Partner tauschen will, der bei gleicher Semesterzahl über einen höheren Ausbildungsstand verfügt als er/sie selbst.

§§§


08.198 Aussetzungsverfahren
 
  • OVG Saarl, B, 19.10.08, - 2_B_347/08 -

  • = EsG

  • VwGO_§_80 Abs.2 S.1 Nr.3; BauGB_§_212a Abs.1

 

1) Lassen sich die Erfolgsaussichten im Aussetzungsverfahren aufgrund der verfahrensformbedingt eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten nicht abschließend positiv beurteilen, so ist für eine Anordnung der kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§§ 80 Abs.2 Satz 1 Nr.3 VwGO, 212a Abs.1 BauGB) ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung nur Raum, wenn die überschlägige Rechtskontrolle zumindest gewichtige Zweifel an der nachbarrechtlichen Unbedenklichkeit der angefochtenen Genehmigung ergibt.

 

2) Da der § 34 BauGB mit seinen Kriterien für die städtebauliche Zulässigkeit baulicher Nutzungen in der unbeplanten Ortslage allein an die faktischen Gegebenheiten der maßgeblichen, das Baugrundstück prägenden Umgebungsbebauung anknüpft, sind in dem Zusammenhang ungenehmigte Nutzungen nur dann auszuscheiden, wenn die Bauaufsichtsbehörde sich mit ihnen erkennbar nicht abgefunden hat und dagegen auch vorgeht.

 

3) Jedenfalls in einem im Einzelfall nach der Verkehrsanschauung zu bestimmenden Zeitraum, in dem mit der Wiederaufnahme gerechnet werden kann, ist von einer fortdauernden Prägung auch aufgegebener Nutzungen für den Gebietscharakter auszugehen.

 

4) Bei der im Baunachbarstreit um eine Baugenehmigung im Rahmen des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots anzustellenden Zumutbarkeitsbetrachtung lassen sich Abwehrrechte des Nachbarn nicht aus vom Genehmigungsinhalt nicht gedeckten Verhaltensweisen oder gar "Benutzerexzessen" Dritter herleiten (hier: angeblich rücksichtsloses Fahrverhalten der Kunden einer Autowerkstatt).

 

5) Für baunachbarliche Eilrechtsschutzverfahren, und zwar sowohl für Anträge auf die Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörden zum sofortigen Einschreiten gerichtete Eilrechtsschutzbegehren (§§ 80a Abs.1 Nr.2, Abs.3, 123 Abs.1 VwGO) als auch für die im Falle des Vorliegens einer die Nutzung legitimierenden bauaufsichtsbehördlichen Genehmigungsentscheidung im Einzelfall notwendig "vorgeschalteten" Aussetzungsanträge von Nachbarn ist ein überwiegendes Nachbarinteresse an der in beiden Fällen im Ergebnis angestrebten sofortigen Unterbindung von Beeinträchtigungen, die durch die Nutzung einer bereits vorhandenen baulichen Anlage verursacht werden, nur dann anzuerkennen, wenn die Einwirkungen auf den Nachbarn ganz wesentlich über das im Sinne von § 5 Abs.1 Nr.1 BImSchG Erhebliche hinausgehen, so dass ihm die Hinnahme nicht einmal vorübergehend bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache in zumutbarer Weise angesonnen werden kann.

 

6) Auch das verfassungsrechtliche Effektivitätsgebot des Art.19 Abs.4 GG gebietet im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine verfahrensmäßige "Vorwegnahme" des Hauptsacheverfahrens, insbesondere hinsichtlich der Tatsachenermittlung. Die sich aus § 212a Abs.1 BauGB ergebenden Nachteile für den Nachbarn, aber auch die damit einhergehenden wirtschaftlichen Risiken für den Bauherrn angesichts der Möglichkeit eines späteren Erfolgs des Nachbarrechtsbehelfs in der Hauptsache hat der Gesetzgeber in Kauf genommen.

 

7) Der Senat bewertet das Interesse eines privaten Wohnnachbarn, der sich gegen eine Baugenehmigung für eine bei typisierender Betrachtung der Umgebung durch nicht unwesentliche Immissionsbelastungen in Erscheinung tretende gewerbliche Nutzung - hier eine Kfz-Werkstatt - wendet, hauptsachebezogen mit regelmäßig 15.000,- EUR (Änderung der Rechtsprechung).

§§§


08.199 Altpapier-Sammler
 
  • OVG Saarl, B, 22.10.08, - 3_B_279/08 -

  • = EsG

  • VwGO_§_123 Abs.1 S.2; KSVG_§_108; KrW-/AbfG_§_13

 

1) Ein gewerblicher Sammler von Altpapier, der - in quantitativer und qualitativer Hinsicht - nicht näher substantiierte wirtschaftliche Einbußen geltend macht, weil auch ein öffentlich-rechtlicher Entsorger Blaue Tonnen zur Erfassung der PPK-Fraktion in seinem Stadtgebiet aufstellt und bedient, hat dies gegebenenfalls vorläufig hinzunehmen. Ihm fehlt bereits das für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs.1 S.2 VwGO erforderliche Dringlichkeitsinteresse.

 

2) Auch ist ein Anordnungsanspruch auf Unterbindung einer konkurrierenden Betätigung öffentlich-rechtlicher Entsorger unter dem Blickwinkel der §§ 108 KSVG, 13 KrW-/AbfG und sonstiger eventueller drittschützender Vorschriften nicht überwiegend wahrscheinlich.

§§§


08.200 Bewegungsgeld
 
  • VG Saarl, U, 28.10.08, - 3_K_127/08 -

  • = EsG

  • SGB_IX_§_96 Abs.2; VwGO_§_88

 

1) Die Gewährung der Aufwandsentschädigung "Bewegungsgeld" an saarländische Polizeibeamte setzt voraus, dass der Beamte prägend mit Aufgaben betraut ist, die mit einem Mehraufwand durch außendienstliche Ermittlungstätigkeit verbunden sind.

 

2) Entfallen derartige Mehraufwendungen infolge einer ehrenamtlichen Tätigkeit in der Schwerbehindertenvertretung, so entfällt auch die Aufwandsentschädigung, ohne dass darin mit Blick auf das Ehrenamt eine rechtswidrige Benachteiligung zu sehen ist.

§§§


08.201 Alizonne-Therapie
 
  • VG Saarl, U, 28.10.08, - 3_K_301/08 -

  • = EsG

  • BhVO_§_4 Abs.1, BhVO_§_5 Abs.2 Buchst.b

 

1) Die Aufwendungen für die im Rahmen einer so genannten Alizonne-Therapie durchgeführte kombinierte Ultraschall- und Endermologiebehandlung (zur Vermeidung von durch hohen Gewichtsverlust bedingten Hautschürzen) sind nicht beihilfefähig. 2) Die Alizonne-Therapie ist keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zur Behandlung von Adipositas mit Krankheitswert.

§§§


08.202 Windenergieanlagen
 
  • VG Saarl, U, 29.10.08, - 5_K_98/08 -

  • = EsG

  • LBO_§_2 Abs.2, LBO_§_5 Abs.2, LBO_§_7 Abs.5, LBO_§_68, LBO_§_83

 

1) Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren auf Zulassung von 3 Windenergieanlagen hat die Immissionsschutzbehörde die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Vorschriften sicherzustellen.

 

2) Windenergieanlagen, in deren Stahlrohrturm sich die Aufstiegsleiter und Arbeitsplattformen befinden und deren Gondeln für Wartungsarbeiten betreten werden können, sind Gebäude im Sinne von § 2 Abs.2 LBO Saarland.

 

3) Die Errichtung eines Gebäudes auf mehreren Grundstücken ist nach § 5 Abs.2 LBO Saarland nur zulässig, wenn öffentlich-rechtlich gesichert ist, dass keine Verhältnisse eintreten können, die der LBO zuwiderlaufen.

 

4) Die öffentlich-rechtliche Sicherung (§ 5 Abs.2 LBO) kann durch die Eintragung einer (Vereinigungs-)Baulast gemäß § 83 LBO Saarland erfolgen.

 

5) Die Tiefe der nach § 7 Abs.5 LBO Saarland erforderlichen Abstandsfläche beträgt grundsätzlich 0,4 H.

 

6) Soweit § 7 Abs.5 Satz 3 LBO Saarland im Ermessenswege eine Reduzierung der Tiefe der Abstandsfläche auf "bis zu 0,25 H" zulässt, ist das von Rechts wegen nur in dem Maße zulässig, dass sich das Gesamtbauwerk noch auf dem Baugrundstück befindet und der Mindestgrenzabstand von 3,00 m eingehalten wird.

 

7) Der Nachweis der ausreichenden Größe des Baugrundstücks und der Einhaltung der Abstandsflächen kann nicht in der Weise überwunden werden, dass die Behörde verpflichtet wird, die Genehmigung unter der Bedingung zu erteilen, dass Baulasten eingetragen und die erforderlichen Abstandsflächen nachträglich nachgewiesen werden.

 

8) Das Erfordernis der "öffentlich-rechtlichen Sicherung" (§ 5 Abs.2 LBO Saarland) kann nicht im Wege der Abweichung (§ 68 LBO) überwunden werden.

 

9) Haben die Nachbarn den Abweichungsantrag und die Baupläne nicht unterschrieben, kommt die Erteilung einer Abweichung von der Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen im Regelfall nicht in Betracht.

§§§


08.203 Anhörungsfehler
 
  • VG Saarl, B, 30.10.08, - 5_L_633/08 -

  • = EsG

  • VwVfG_§_28, VwVfG_§_46; AufenthG_§_53; EMRK_Art.8

 

1) Das Fehlen einer nach § 28 VwVfG vorgeschriebenen Anhörung ist bei einer zwingenden Ausweisung nach § 53 AufenthG gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen für eine Verhältnismäßigkeitsentscheidung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK nicht vorliegen.

 

2) Die Fiktionswirkung des § 81 Abs.4 AufenthG bei rechtzeitiger Stellung eines Verlängerungsantrags erfüllt nicht die Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes iS des § 56 Abs.1 Nr.2 AufenthG.

§§§


08.204 Kreuzungsvereinbarung
 
  • VG Saarl, B, 31.10.08, - 11_K_292/07 -

  • = EsG

  • EKrG_§_5, EKrG_§_11 Abs.1, EKrG_§_15 Abs.1

 

1) Eine eisenbahnrechtliche Kreuzungsvereinbarung kann einen eigenständigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen von Erstattungszahlungen einer Gemeinde an ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen darstellen.

 

2) Enttäuschte Förderungserwartungen einer Gemeinde stehen der Wirksamkeit einer als öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossenen Kreuzungsvereinbarung im Einzelfall nicht entgegen.

§§§


08.205 Jugendhilferechtliche Leistung
 
  • VG Saarl, U, 31.10.08, - 11_K_436/07 -

  • = EsG

 

1) Ein Kostenbeitrag für Jugendhilfeleistungen kann regelmäßig erst ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem der Pflichtige förmlich über seine Leistungspflicht unterrichtet worden ist.

 

2) Nach der Reform des Jugendhilferechts gilt insoweit ein im Verhältnis zum Sozialhilferecht eigenständiger Einkommensbegriff.

 

3) Der Abzug der Belastungen vom (bereinigten) Einkommen erfolgt grundsätzlich durch dessen pauschale Kürzung um 25 % (§ 93 Abs.3 Satz 3 SGB VIII).

 

4) Zu den nach ihrer konkreten Höhe abzugsfähigen Belastungen zählen insbesondere auch Schuldverpflichtungen (§ 93 Abs.3 Satz 2 Nr.3 SGB VIII).

 

5) Zum Erwerb eines Eigenheims eingegangene Schulden können nur insoweit als (konkret) ab-zugsfähige Belastungen angesehen werden, als der Wohnvorteil beim Wohnen in einem Eigenheim berücksichtigt wird; vor der Anrechnung einer entsprechenden Belastung ist demzufolge ein angemessener Wohnwert abzuziehen.

 

6) Für die Annahme einer besonderen Härte bedarf es entsprechender Anhaltspunkte (§ 92 Abs.5 SGB VIII).

§§§


08.206 Probezeitbeurteilung
 
  • VG Saarl, U, 04.11.08, - 2_K_1039/07 -

  • = EsG

  • SLVO_§_40, SLVO_§_41

  • Probezeitbeurteilung mit der Feststellung der Nichtbewährung im feuerwehrtechnischen Dienst

 

Eine rechtlich erhebliche Voreingenommenheit des Beurteilers liegt nicht schon bei einer aus der subjektiven Sicht des beurteilten Beamten begründeten Besorgnis der Befangenheit des Beurteilers, sondern nur im Falle der tatsächlichen Befangenheit des Beurteilers vor.

§§§


08.207 Entlassung einer Beamtin auf Probe
 
  • VG Saarl, B, 04.11.08, - 2_K_406/08 -

  • = EsG

  • KSVG_§_35, KSVG_§_48 Abs.1; SBG_§_47 Abs.1 Nr.2

 

LB 1) Selbst wenn der Gemeinderat eine ihm nicht vorbehaltene Angelegenheit dem Personalausschuss übertragen hat, besteht keine zwingende Verpflichtung des Personalausschusses über die Angelegenheit zu beschließen.

 

LB 2) Es steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Personalausschusses über die ihm insoweit zugewiesenen Angelegenheit nicht selbst zu entscheiden, sondern diese der eigenständigen Entscheidung des Stadtrates zu überlassen.

 

LB 3) Das dem Stadtrat in ihm nicht vorbehaltenen Angelegenheiten zustehende Übertragungsrecht schließt das Rückholrecht generell oder im Einzelfall mit ein.

 

LB 4) Eine Geschäftsordnungsregelung, die gegen § 48 Abs.1 KSVG verstößt ist nicht wirksam.

 

LB 5) Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob der Beamte sich in der Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis. Diese Einschätzung ist ausschließlich dem Dienstherrn vorbehalten und kann durch die Verwaltungsgerichte nicht ersetzt werden. Bei dem Begriff der Bewährung im Verständnis des § 47 Abs.1 Nr.2 SBG handelt es sich um einen komplexen Rechtsbegriff, der dem Dienstherrn hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Einschätzungsprärogative überlässt, die von den Verwaltungsgerichten zu respektieren ist

§§§


08.208 Drohende Hangrutschungen
 
  • OVG Saarl, B, 10.11.08, - 1_A_248/08 -

  • = EsG

  • SWG_§_83; SWG_§_6 Abs.1, SWG_§_56; GG_Art.14

  • Voraussetzungen der Zulässigkeit der Teilaufhebung eines Ermessensaktes und Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des Zustandsstörers im Falle drohender Hangrutschungen, sowie Begriff des "Ufers"

 

1) Die Anordnung, auf eigene Kosten Sicherungsmaßnahmen zwecks Verhinderung drohender Hangrutschungen vorzunehmen, kann dem Zustandsstörer im Einzelfall mit Blick auf Art.14 GG mit der Folge der Rechtswidrigkeit der Anordnung unzumutbar sein.

 

2) Dies setzt voraus, dass der Grundstückseigentümer sich in einer Art "Opferposition" befindet bzw. dass die voraussichtlichen Kosten der Gefahrenbeseitigung den Grundstückswert um ein Vielfaches überschreiten.

 

3) Eine "Opferposition" in diesem Sinne kommt nicht nur in Betracht, wenn die Gefahr durch ein Naturereignis ausgelöst wurde bzw. das Grundstück sich bei Erwerb bereits in einem gefahrenträchtigen Zustand befand; auch eine risikobehaftete Einwirkung Dritter auf den Zustand des Grundstücks kann eine "Opferposition" des Eigentümers begründen, wenn dieser hiervon weder Kenntnis hatte noch hätte haben müssen bzw. wenn seine Bemühungen, die nachteiligen Einwirkungen durch Dritte zu unterbinden, erfolglos geblieben sind.

 

4) Bei der Prüfung, ob zwischen den voraussichtlichen Kosten der Gefahrenbeseitigung oder -minderung und dem Grundstückswert ein grobes Missverhältnis besteht, ist im Falle eines zusammenhängenden einheitlich genutzten Grundbesitzes nicht allein auf den Wert des zu sanierenden (Buch-)Grundstücks, sondern auf den Wert des gesamten dem Zustandsverantwortlichen gehörenden Areals abzustellen.

§§§


08.209 Rücknahme eines Bescheides
 
  • VG Saarl, U, 12.11.08, - 10_K_598/07 -

  • = EsG

  • FahrlG_§_33, FahrlG_§_34a; SVwVfG_§_48 Abs.1, SVwVfG_§_51 Abs.1

 

1) Die Entscheidung über die Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheides - hier eines in Bestandskraft erwachsenen Gebührenbescheides - steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde.

 

2) Bei der Abwägung im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung stehen sich die Prinzipien der materiellen Gerechtigkeit (Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) und das Prinzip der Rechtssicherheit grundsätzlich gleichwertig gegenüber, sofern nicht dem anzuwendenden Recht eine andere gesetzliche Wertung zu entnehmen ist.

 

3) Eine Wertung in diesem Sinne ist dem geltenden Fahrlehrerrecht nicht zu entnehmen. Aus dem Fahrlehrergesetz ergibt sich nicht, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit ein größeres Gewicht als dem Grundsatz der Rechtssicherheit zukommt. Ebenso wenig vermag die Art der nach diesem Gesetz zu erhebenden Gebühren einen Vorrang der materiellen Gerechtigkeit über die Rechtssicherheit zu begründen.

 

4) Ein Anspruch auf Aufhebung eines derartigen Gebührenbescheides ist daher nur dann zu bejahen, wenn die Aufrechterhaltung des Bescheides schlechthin unerträglich ist, oder wenn Umstände ersichtlich sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit des Bescheides als Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben erscheinen lassen, oder wenn die Behörde in vergleichbaren Fällen das Verfahren wieder aufgegriffen hat und daher Art.3 Abs.1 GG eine Gleichbehandlung verlangt (hier verneint).

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08.210 Disziplinarverfügung
 
  • OVG Saarl, U, 12.11.08, - 6_A_157/08 -

  • = EsG

  • StBerG_§_1, StBerG_§_2; SDO_§_4, SDO_§_5 Abs.2; SDG_§_14

  • Disziplinarverfahren / Steuergeheimnis / Steuerhinterziehung / Verwertungsverbot / Finanzbeamter

 

1) Wird ein nach der Saarländischen Disziplinarordnung eingeleitetes förmliches Disziplinarverfahren nach Inkrafttreten des Saarländischen Disziplinargesetzes eingestellt und die Einstellungsverfügung mit einer Disziplinarverfügung verbunden, richten sich Rechtsbehelfe gegen die Disziplinarverfügung und Rechtsmittel gegen im anschließenden gerichtlichen Verfahren ergehende Entscheidungen nach neuem Recht.

 

2) Aus dem Begründungsgebot des § 33 VI SDG folgt, dass in einer Disziplinarverfügung der der Ahndung zugrunde liegende Sachverhalt geschildert, der daraus abgeleitete Vorwurf eines Dienstvergehens beschrieben, die Schuldform benannt und Art und Maß der disziplinaren Ahndung be-gründet werden müssen. Ob diese Anforderungen erfüllt sind, ist aus der Sicht des Adressaten der Disziplinarverfügung zu beurteilen.

 

3) Ein Fall unbefugter Hilfe in Steuerangelegenheiten (§§ 5, 160 StBerG) liegt nur vor, wenn die Hilfe selbständig in der Absicht der Wiederholung geleistet wird; daran fehlt es, wenn jemand in einer Steuerberaterpraxis Steuererklärungen lediglich vorbereitet, die der Steuerberater überprüft und fertig stellt und allein verantwortet.

 

4) Wer Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in seiner Einkommensteuererklärung verschweigt, macht sich auch dann der Steuerhinterziehung schuldig, wenn er dafür sorgt, dass ein anderer diese Einkünfte versteuert; das gilt selbst dann, wenn "per Saldo" kein Steuerausfall eintritt.

 

5) Steuerhinterziehung durch einen in der Steuerveranlagung tätigen Beamten stellt, obwohl ein außerdienstliches Fehlverhalten vorliegt, in aller Regel wegen der Nähe des Fehlverhaltens zu den beruflichten Kernpflichten ein ahndungswürdiges Dienstvergehen dar.

 

6) Ein unter dem Verdacht fortgesetzter Steuerhinterziehung und fortgesetzter unerlaubter Hilfeleis-tung in Steuerangelegenheiten stehender Finanzbeamter kann in aller Regel bis zur endgültigen Klärung der Vorwürfe nicht länger in der Steuerveranlagung Dienst leisten. Um eine entsprechende Entscheidung zu ermöglichen, ist die Steuerfahndung auch unter Berücksichtigung des hohen Ranges des Steuergeheimnisses berechtigt, den Dienstherrn über den bestehenden Verdacht und die zugrunde liegenden Tatsachen zu informieren.

 

7) Im Rahmen eines Disziplinarverfahrens ist die Unterrichtung des Dienstherrn durch die Steuer-fahndung über unter das Steuergeheimnis fallende Tatsachen zulässig, sofern diese Tatsachen geeignet sind, eine Rangherabsetzung zu rechtfertigen; dabei kommt es für die Bewertung auf die Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Informationsweitergabe an; dass diese Bewertung später nicht mehr aufrechterhalten werden kann, berührt die Rechtmäßigkeit der Informationsweitergabe nicht.

 

8) Die Rechtmäßigkeit der Informationsweitergabe ist vom Gericht anhand der gesetzlichen Vorgaben zu beurteilen; welche Erwägungen die Steuerfahndung angestellt hat, ist unerheblich.

 

9) Der Hemmungstatbestand des § 5 II SDO ist auch dann erfüllt, wenn der dem Strafverfahren zugrunde liegende Sachverhalt nur einen Teil des Dienstvergehens erfasst.

 

10) "Derselbe Sachverhalt" im Sinne der §§ 4 SDO, 14 SDG liegt nur vor, wenn der Sachverhalt, der der gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung zugrunde liegt, und der Sachverhalt, um dessen disziplinare Ahndung es geht, deckungsgleich sind.

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