2009   (1)  
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09.001 Faktischer Inländer
 
  • OVG Saarl, B, 04.01.09, - 2_B_476/09 -

  • EsG

  • EMRK_Art.8; AufenthG_§_104a Abs.1, AufenthG_§_104b; GG_Art.6

  • Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen

 

1) Eine schützenswerte Rechtsposition selbst eines in Deutschland geborenen und hier aufgewachsenen Ausländers auf der Grundlage des Art.8 EMRK als so genannter "faktischer Inländer" kommt nur dann in Betracht, wenn von seiner abgeschlossenen gelungenen Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Grundvoraussetzung für die Annahme eines rechtlichen Abschiebungshindernisses auf der Grundlage des Art.8 Abs.1 EMRK ist, ausgegangen werden kann. Nicht ausreichend ist es hingegen, dass sich der Betreffende über einen langen Zeitraum im Inland aufgehalten hat.

 

2) Der Umstand, dass der Gesetzgeber in der Altfallregelung der §§ 104a, 104b AufenthG neben einem mehrjährigen Aufenthalt in Deutschland in § 104a Abs.1 Satz 1 Nr.1 bis Nr.6 AufenthG detaillierte Integrationsanforderungen für ein Bleiberecht normiert hat, belegt ebenfalls, dass aus einem reinen Zeitablauf nicht auf eine Integration des Ausländers geschlossen werden kann.

 

3) Eine bei mehreren Straftaten zwischenzeitlich erfolgende Erteilung eines Aufenthaltstitels durch die Ausländerbehörde hat wegen der insoweit gebotenen Gesamtbetrachtung keinen (teilweisen) "Verbrauch" für die Beurteilung des Vorliegens eines Ausweisungsgrundes zur Folge hat.

 

4) Ein mehrfaches strafrechtliches Auffälligwerden des Ausländers steht der Feststellung einer gelungenen sozialen Integration entgegen.

 

5) Im Lichte Grundrechtsgewährleistung in Art.6 GG für Ehe und Familie ist im Grundsatz nur eine tatsächlich gelebte familiäre Gemeinschaft - hier zwischen dem Vater und seinem unehelichen Sohn - schützwürdig.

§§§


09.002 Sportwettenmonopol
 
  • VG Saarl, B, 08.01.09, - 6_L_894/08 -

  • EsG

  • GlüStV_§_9 Abs.1 Nr.3, GlüStV_§_10 Abs.5

  • Untersagung der Vermittlung privater Sportwetten

 

1) Das im Glücksspielstaatsvertrag verankerte staatliche Sportwettenmonopol und dessen Ausgestaltung im Saarland verstoßen bei summarischer Prüfung nicht gegen europäische Gemeinschaftsrecht oder nationales Verfassungsrecht.

 

2) Bei der Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an einer wirksamen Suchtprävention und Kriminalitätsbekämpfung das private Interesse an der Fortführung der unerlaubten Vermittlungstätigkeit, die keinen Vertrauensschutz genießt.

§§§


09.003 Kassenleiter
 
  • VG Saarl, B, 09.01.09, - 7_K_2080/07 -

  • EsG

  • SGB_IX_§_84 Abs.1; SDG_§_13; SDG_§_85 Abs.3; SDO_§_18; SBG_§_68 S.2+3;

  • Maßnahmebemessung bezüglich der Ahndung eines Beamten wegen eines Zugriffsdelikts

 

1) Ein Kassenleiter einer Gemeinde, der über Jahre hinweg unter Begehung von Begleittaten unter missbräuchlicher Ausnutzung seiner dienstlichen Möglichkeiten Zugriffsdelikte begeht und dabei über 8.000,-- EUR entwendet, ist grundsätzlich aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

 

2) Der Durchführung eines Präventionsverfahrens nach § 84 I SGB IX im Rahmen eines Disziplinarverfahrens bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn das begangene Dienstvergehen zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen muss. Ob § 84 I SGB IX im Rahmen eines Disziplinarverfahrens überhaupt anwendbar ist, bleibt offen.

§§§


09.004 Leergutlager
 
  • OVG Saarl, B, 15.01.09, - 2_B_376/08 -

  • EsG

  • BImSchG_§_15, BImSchG_§_22; BauGB_§_34, BauGB_§_212a Abs.1; GG_Art.19 Abs.4

  • Nachbarschutz gegen Leergutlager / Streitwert

 

1) Die Annahme einer Nachbarrechtsverletzung erfordert die Feststellung eines Verstoßes gegen nachbarschützende Vorschriften des materiellen Rechts, die inhaltliche Anforderungen an das Vorhaben und seine Ausführung beschreiben, nicht hingegen gegen Verfahrensvorschriften. Letzteres umfasst eine im Einzelfall unzutreffende verfahrensrechtliche Zuordnung eines Vorhabens im Bauordnungsrecht oder die Abgrenzung zum immissionschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren im Zusammenhang mit einer nach § 15 BImSchG (zunächst) anzeigepflichtigen Anlagenänderung (hier: Einrichtung eines Leergutlagers für einen Brauereibetrieb).

 

2) Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit einer nach § 15 Abs.1 BImSchG anzeigepflichtigen Änderung, die im Ergebnis die Zuständigkeit der Bauaufsichtsbehörden ausschließt, ist, sofern der Betreiber selbst keinen Genehmigungsantrag nach § 16 BImSchG stellt, zunächst von der Immissionsschutzbehörde zu prüfen, wobei die Gerichte diese Prüfung nicht durch eigene Tatsachenfeststellung ersetzen können (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 21.10.2004 - 4 C 3.04 -, BRS 67 Nr.82).

 

3) Maßgebend für die Beurteilung einer Nachbarrechtsverletzung durch eine Baugenehmigung ist allein das Bauvorhaben in seiner durch die behördliche Genehmigungsentscheidung zugelassenen Form. Abweichende Ausführungen durch den Genehmigungsempfänger spielen insoweit selbst dann keine Rolle, wenn die Genehmigungsbehörde und der Bauherr einverständlich eine von den wahren Bau- und Nutzungsabsichten abweichende Bezeichnung und Darstellung des Vorhabens oder seiner Benutzung in Bauvorlagen und Bauschein vornehmen.

 

4) Die Einhaltung der das Rücksichtnahmegebot im Rahmen des § 34 Abs.1 BauGB konkretisierenden immissionsschutzrechtlichen Anforderungen ist in einem Baugenehmigungsverfahren sicherzustellen (§ 22 BImSchG).

 

5) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für baunachbarliche Eilrechtsschutzverfahren ein überwiegendes Nachbarinteresse an der sofortigen Unterbindung von Beeinträchtigungen, die durch die Nutzung einer vorhandenen baulichen Anlage verursacht werden, nur dann anzuerkennen, wenn die Einwirkungen auf den Nachbarn ganz wesentlich über das im Sinne von § 5 Abs.1 Nr.1 BImSchG Erhebliche hinausgehen, so dass ihm die Hinnahme nicht einmal vorübergehend bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache in zumutbarer Weise angesonnen werden kann.

 

6) Das verfassungsrechtliche Effektivitätsgebot des Art.19 Abs.4 GG gebietet keine verfahrensmäßige "Vorwegnahme" des Hauptsacheverfahrens, insbesondere hinsichtlich der Tatsachenermittlung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Sich aus § 212a Abs.1 BauGB ergebende Nachteile für den Nachbarn, aber auch die damit einhergehenden wirtschaftlichen Risiken für den Bauherrn angesichts der Möglichkeit eines späteren Erfolgs des Nachbarrechtsbehelfs in der Hauptsache hat der Gesetzgeber in Kauf genommen.

 

7) Der Senat bewertet das Interesse eines privaten Wohnnachbarn, der sich gegen eine Baugenehmigung für eine bei typisierender Betrachtung in der Umgebung durch nicht unwesentliche Immissionsbelastungen in Erscheinung tretende gewerbliche Nutzung - hier das Leergutlager des Brauereibetriebs der Beigeladenen - wendet, nach seiner neueren Rechtsprechung hauptsachebezogen mit 15.000,- EUR. Für Aussetzungsverfahren ist dabei regelmäßig eine Halbierung vorzunehmen.

§§§


09.005 Laboruntersuchungen
 
  • VG Saarl, U, 20.01.09, - 3_K_268/08 -

  • EsG

  • BPflV_§_2 Abs.1 S.1, BPflV_§_22 Abs.1 S.1; BhVO_§_5 Abs.1 Nr.2

  • Beamtenrecht: Anspruch auf Beihilfe / Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Wahlleistungen / Begriff der Wahlleistungen / ausreichende Bestimmtheit des Saarländischen Beamtengesetzes in Bezug auf den Beihilfeausschluss von Wahlleistungen

 

LB 1) Die Kammer ist ebenso wie das Oberverwaltungsgericht stets davon ausgegangen, dass sich aus der Verweisung auf die Vorschriften der Bundespflegesatzverordnung und des Krankenhausentgeltgesetzes der Inhalt des Begriffs "Wahlleistungen" eindeutig und nachvollziehbar ergibt. Das gilt aus Sicht des erkennenden Gerichts auch weiterhin.

 

LB 2) Wahlleistungen dürfen nach § 22 Abs.1 Satz 1 BPflV nur gesondert berechnet werden, wenn die allgemeinen Krankenhausleistungen durch die Wahlleistungen nicht beeinträchtigt werden und die gesonderte Berechnung mit dem Krankenhaus vereinbart ist . Ohne eine solche Vereinbarung darf somit keine gesonderte Berechnung durch das Krankenhaus erfolgen. Bereits die allgemeinen Krankenhausleistungen, die in der Regel durch Pflegesätze, die auch weiterhin beihilfefähig sind, vergütet werden, enthalten alle für die Versorgung eines Patienten erforderlichen Krankenhausleistungen, also alle Leistungen, die nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Dazu gehören auch die erforderlichen ärztlichen Laboruntersuchungen.

§§§


09.006 EU-Fahrerlaubnisse
 
  • OVG Saarl, B, 23.01.09, - 1_B_438/08 -

  • EsG

  • StVG_§_3, StVG_§_46 Abs.1 S.1, StVG_§_46 Abs.3; FEV_§_13 Nr.2c; VwGO_§_80 RL-91/439/EWG

  • Anerkennung

 

LB 1) Zur Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen im Bundesgebiet.

 

LB 2) Es spricht eine ganz überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Verfügung des Antragsgegners im Hauptsacheverfahren wegen Nichtvereinbarkeit der ihr als Rechtsgrundlage dienenden innerstaatlichen Vorschrift des § 28 Abs.4 Nr.3 FeV mit dem vom Europäischen Gerichtshof in Auslegung der Art.1 Abs.2, 7 Abs.1, 8 Abs.2 und Abs.4 RL 91/439/EWG entwickelten Anerkennungsgrundsatz als rechtswidrig erweisen wird.

 

LB 3) Mit Blick auf die von den innerstaatlichen Behörden zu beachtenden Vorgaben des Gemeinschaftsrechts ist dem Interesse des Antragstellers, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis vorläufig auch im Bundesgebiet Gebrauch machen zu dürfen, Vorrang vor dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners einzuräumen.

§§§


09.007 Altreifen
 
  • OVG Saarl, B, 26.01.09, - 3_D_359/08 -

  • EsG

  • SVwVG_§_10 Abs.2

  • Ersatzvornahme: Kosten einer Beseitigung illegal gelagerter Abfälle / Pflicht zur Einräumung einer Gelegenheit zur Suche nach einer kostengünstigeren Lösung / Aufschub der Durchführung bei Ankündigung der Befolgung der Anordnung durch den Pflichtigen

 

1) Die Behörde ist nicht verpflichtet, dem in Anspruch Genommenen vor Durchführung der Ersatzvornahme die dem (nach vorheriger Ausschreibung der Arbeiten) beauftragten Unternehmer (voraussichtlich) zu entrichtende Vergütung mitzuteilen und ihm sodann durch (weiteres) Zuwarten mit dem Beginn der Arbeiten Gelegenheit zu geben, sich um eine kostengünstigere Lösung zu bemühen.

 

2) Zur Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Behörde gehalten ist, die für einen bestimmten Zeitpunkt angekündigte Durchführung der Ersatzvornahme aufzuschieben, wenn der Pflichtige kurze Zeit vorher geltend macht, er habe nunmehr die Möglichkeit, Teile der zu beseitigenden Abfälle (hier: Altreifen) ins Ausland auszuführen (im entschiedenen Fall verneint).

§§§


09.008 Baufälliges Denkmal
 
  • VG Saarl, U, 28.01.09, - 5_K_149/08 -

  • EsG

  • SDSchG_§_2 Abs.2 Nr.1, SDSchG_§_7 Abs.1, SDSchG_§_8 Abs.5,

  • Denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung für ein weitgehend im Originalzustand verbliebenes Bauernhaus aus dem Jahre 1844

 

1) Der schlechte Erhaltungszustand eines Kulturdenkmals hat grundsätzlich keinen Einfluss auf dessen Schutzwürdigkeit.

 

2) Die Abrissgenehmigung für ein Baudenkmal ist zu erteilen, wenn dessen Erhaltung dem Eigentümer wirtschaftlich nicht zumutbar ist.

 

3) Wer ein baufälliges Denkmal erwirbt, ist nicht bereits deshalb verpflichtet, dieses ungeachtet der wirtschaftlichen Zumutbarkeit zu erhalten.

 

4) Das Denkmalschutzrecht gebietet keine Erhaltung von leerstehenden und nicht nutzbaren Objekten (Ruinen).

§§§


09.009 Gentechnisch veränderter Raps
 
  • VG Saarl, U, 28.01.09, - 5_K_8/08 -

  • EsG

  • SVerf_Art.112 S.1; LOG_§_5 Abs.3 S.1; GenTG_§_31

  • Fortsetzungsfeststellungsklage gegen eine Vernichtungsanordnung durch eine unzuständige Behörde

 

1) Kommt der Kläger der sofort vollziehbaren Vernichtungsanordnung zum Zwecke der ihm von der Behörde nahegelegten Schadensminderung nach, besteht regelmäßig ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt eines zu erwartenden Regressanspruchs.

 

2) Fehlt es an der nach Art.112 Satz 1 SVerf, § 5 Abs.3 Satz 1 LOG und § 31 GenTG erforderlichen Rechtsverordnung der Landesregierung zur Bestimmung der zuständigen Landesbehörde, ist eine auf § 26 Abs.1 GenTG gestützte Vernichtungsanordnung rechtswidrig (wie OVG des Saarlandes, Urteil vom 29.01.2008 - 1 A 165/07 -).

§§§


09.010 Schwerlastverkehr
 
  • OVG Saarl, B, 30.01.09, - 1_B_315/08 -

  • EsG

  • SStrG_§_6 Abs.7, SStrG_§_6 Abs.3; Gebührensatzung

  • kein Gemeingebrauch, sondern Sondernutzung bei Inanspruchnahme einer Straße durch Schwerlastverkehr, die dafür nicht ausgelegt ist

 

Die in Gestalt eines Ziel- und Quellverkehrs erfolgende Inanspruchnahme einer dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße durch Schwerlastverkehr hält sich nicht mehr in den Grenzen des Gemeingebrauchs, sondern ist als Sondernutzung zu qualifizieren, wenn Fahrbahnbreite und Tragkonstruktion der Straße nach ihrer äußerlichen Beschaffenheit erkennbar nicht auf eine in größerem Umfang erfolgende Aufnahme von Schwerlastverkehr ausgelegt sind. Dabei kann von Bedeutung sein, zu welchen verkehrlichen Zwecken die Straße angelegt worden ist und ob sie den dadurch vorgegebenen Anforderungen an Fahrbahnbreite und Tragfähigkeit von ihrer äußeren Beschaffenheit her entspricht.

§§§


09.011 Nutzungsuntersagung
 
  • OVG Saarl, B, 02.02.09, - 2_B_439/08 -

  • EsG

  • (04) LBO_§_82 Abs.2; BaugB_§_34 Abs.2; (90) BauNVO_§_3,BauNVO_§_4

  • Nutzungsuntersagung: Sofortvollziehbare Untersagung privater Pferdehaltung im unbeplanten Innenbereich bei formeller Illegalität; Prüfung der materiellen Illegalität im gerichtlichen Anfechtungsstreit

 

1) Die sich aus dem Nichtvorliegen einer im Einzelfall notwendigen Baugenehmigung für die Benutzung einer baulichen Anlage ergebende formelle Illegalität (Genehmigungsbedürftigkeit) einer Nutzung rechtfertigt regelmäßig bereits deren Untersagung auf der Grundlage des § 82 Abs.2 LBO 2004.

 

2) Stellt die Bauaufsichtsbehörde in der Begründung für die gemäß § 82 Abs.2 LBO 2004 in ihr Ermessen gestellte Nutzungsuntersagung ausschließlich materiell rechtliche Gesichtspunkte einer fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Nutzung als tragend für ihr Einschreiten heraus, so wirft die Rechtmäßigkeitsprüfung im gerichtlichen Anfechtungsstreit die Frage der materiellen Illegalität der Nutzung auf.

 

3) Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens in derartigen Fällen nicht abschließend prognostizierbar, so ist regelmäßig nach Maßgabe der Wertungsvorgabe in § 80 Abs.1 VwGO dem Aussetzungsbegehren des Adressaten einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung zu entsprechen und die aufschiebende Wirkung wieder herzustellen.

 

4) Auf die bloße Möglichkeit einer Änderung der Begründung der Ermessenentscheidung durch die Widerspruchsbehörde in einem noch anhängigen Widerspruchsverfahren kommt es auch für die prognostische Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Aussetzungsverfahren nicht an.

 

5) Das Halten von Großtieren in einer von der Umgebungsbebauung her einem allgemeinen Wohngebiet im Verständnis der §§ 3 oder 4 BauNVO 1990 entsprechenden Umgebungsbebauung der nicht qualifiziert beplanten Ortslage (§ 34 Abs.2 BauGB) ist mit dem Gebietscharakter nicht vereinbar und daher unzulässig.

 

6) Für eine im Einzelfall erforderliche weitere Sachverhaltsermittlung speziell durch eine Ortseinsicht ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich kein Raum.

§§§


09.012 Integrationskurs
 
  • VG Saarl, B, 02.02.09, - 2_L_1905/08 -

  • EsG

  • AufenthG_§_27 Abs.1, AufenthG_§_28 Abs.1 Nr.1, AufenthG_§_27 Abs.1 S.5, AufenthG_§_30 Abs.1 Nr.3, AufenthG_§_44 Abs.1 Nr.1,

  • Versagung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Familienzusammenführung wegen fehlender Sprachkenntnisse

 

1) Dem Anspruch eines ausländischen Ehegatten eines deutschen Staatsangehörigen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Herstellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach §§ 27 Abs.1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 AufenthG kann das fehlende Erfordernis, sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können (§§ 28 Abs.1 Satz 5, 30 Abs.1 Satz 3 Nr.3 AufenthG) nur dann entgegengehalten werden, wenn bei dem ausländischen Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf iSv § 4 Abs.2 Nr.2 IntV besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 AufenthG auf Teilnahme am Integrationskurs hätte.

 

2) Ein Anspruch nach § 44 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AufenthG auf Teilnahme am Integrationskurs besteht nur für Neuzuwanderer, namentlich nur in den Fällen, in denen überhaupt der erstmalige Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis in Rede steht.

§§§


09.013 Außerbetriebsetzen eines KFZ
 
  • OVG Saarl, B, 03.02.09, - 1_B_10/09 -

  • EsG

  • FZV_§_25 Abs.4; VwGO_§_80 Abs.5

  • Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr: Außerbetriebsetzung eines Fahrzeugs bei einer Anzeige eines Versicherers über den Wegfall des Versicherungsschutzes

 

Die Einschreitensverpflichtung der Zulassungsbehörde besteht, sobald ihr eine Anzeige des Versicherers vorliegt, für ein bestimmtes Fahrzeug bestehe nicht mehr die gesetzlich vorgeschriebene Versicherung; eine Prüfung der Richtigkeit der Anzeige findet - von Fällen offensichtlicher Unrichtigkeit abgesehen - nicht statt.

§§§


09.014 Musterverfahren
 
  • OVG Saarl, B, 04.02.09, - 1_A_387/08 -

  • EsG

  • VwGO_§_65 Abs.1

  • Kein Anspruch auf Beiladung im Parallelverfahren

 

Wird von mehreren abgabenrechtlichen Parallelverfahren eines in der Berufungsinstanz als Musterverfahren fortgeführt, so können die Kläger der in I.Instanz anhängigen Parallelverfahren aus § 65 Abs.1 VwGO keinen Anspruch auf Beiladung zu dem Berufungsverfahren herleiten.

§§§


09.015 Auflösung einer ehelichen Lebensgemeinschaft
 
  • OVG Saarl, B, 04.02.09, - 2_B_449/08 -

  • EsG

  • AufenthG_§_31 Abs.1, AufenthG_§_31 Abs.2,

  • Aufenthaltserlaubnis: Eigenständiges nacheheliches Aufenthaltsrecht / typische Rückkehreffekte als besondere Härte

 

1) Bei der Auflösung einer ehelichen Lebensgemeinschaft eines Ausländers in Deutschland ohne Erreichen der von § 31 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AufenthG für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht geforderten Ehebestandszeit typische Begleitumstände können keine "besondere" Härte" im Sinne des § 31 Abs.2 AufenthG begründen.

 

2) Dem Ausländer oder der Ausländerin kann das Vorliegen einer "besonderen" Härte im Rahmen der Geltendmachung eines eigenständigen nachehelichen Aufenthaltsrechts nach § 31 Abs.2 AufenthG unter dem Aspekt der notwendigen Rückkehr in das Heimatland nur zugebilligt werden, wenn die von ihm/ihr zu gewärtigenden Schwierigkeiten der Wiedereingliederung in die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Herkunftslandes deutlich über die damit regelmäßig verbundenen Probleme hinausgehen.

 

3) Alle Rückkehrer beziehungsweise Rückkehrerinnen gleichermaßen treffende geringere wirtschaftliche Lebensstandards wie auch ein damit verbundener etwaiger Verlust eines in Deutschland gelungenen sozialen Aufstiegs oder eines Arbeitsplatzes stellen bei einem ungeplanten Abbruch eines Auslandsaufenthalts typischerweise zu verzeichnende Rückkehreffekte dar und können von daher die Ausreisepflicht von vornherein nicht über das Merkmal der "besonderen Härte" in § 31 Abs.2 AufenthG suspendieren.

§§§


09.016Hinterbliebenenversorgung

  1. BVerfG,     B, 07.07.09,     – 1_BvR_1164/07 –

  2. www.BVerfG.de

  3. GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.6 Abs.1

  4. Ungleichbehandlung / Ehe - eingetragene Lebenspartnerschaft / betriebliche Hinterbliebenenversorgung / Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes / Privilegierung der Ehe / Schutzgebot / Differenzierung

 

1) Die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Bereich der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder zusatzversichert sind, ist mit Art.3 Abs.1 GG unvereinbar.

 

2) Geht die Privilegierung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen einher, obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen der Ehe vergleichbar sind, rechtfertigt der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe gemäß Art.6 Abs.1 GG eine solche Differenzierung nicht.

* * *

Beschluss

Entscheidungsformel:

1) Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.Februar 2007 - IV ZR 267/04 -, das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. Oktober 2004 - 12 U 195/04 - sowie das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 26. März 2004 - 6 O 968/03 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit sie die Klage auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Rente, die der Hinterbliebenenrente nach § 38 der Satzung der Versicherungsanstalt des Bundes und der Länder entspricht, für unbegründet erachtet haben.

2) Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.Februar 2007 - IV ZR 267/04 - wird in diesem Umfang aufgehoben. Die Sache wird insoweit an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

3) Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Baden-Württemberg haben dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu erstatten.

§§§

09.017 Sexualstraftat
 
  • VG Saarl, B, 09.02.09, - 6_L_46/09 -

  • EsG

  • VwGO_§_80 Abs.5; SPolG_§_10 Abs.1 Nr.2

  • Erkennungsdienstliche Behandlung bei Sexualstraftat

 

Bereits die einmalige Begehung einer Sexualstraftat reicht zur Annahme einer hinreichenden Wiederholungsgefahr aus, weil Sexualdelikte regelmäßig von einer besonderen Veranlagung oder Neigung des Täters geprägt sind.

§§§


09.018 Cannabis 0,14 ng/mg
 
  • VG Saarl, B, 11.02.09, - 10_L_1915/08 -

  • EsG

  • VwGO_§_80 Abs.5, VwGO_§_80 Abs.7 S.2, VwGO_§_88; FeV_§_3 Abs.1 S.1, FeV_§_46 Abs.1

  • Aussagekraft von Haaranalysewerten beim Konsum von Cannabis

 

Werden bei einer Haaranalyse Werte an Tetrahydrocannabinol (THC) gemessen, die innerhalb der Spanne von 0,1 bis 1,0 ng/mg Haar liegen (im konkreten Fall: 0,14 ng/mg), so lässt dies mangels einer zuverlässigen bzw wissenschaftlich gesicherten Korrelation zwischen Aufnahmemenge und Konzentration des Wirkstoffes im Haar keinen Rückschluss darauf zu, ob der Proband nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben zur Beurteilung der Kraftfahreignung nur gelegentlicher oder regelmäßiger Konsument von Cannabis ist.

§§§


09.019 Grenzstützmauer
 
  • OVG Saarl, U, 12.02.09, - 2_A_17/08 -

  • EsG

  • (04) LBO_§_7 Abs.1, LBO_§_7 Abs.2 S.1, LBO_§_7 Abs.7, LBO_§_8 Abs.2 Nr.10b LBO_§_61, LBO_§_68; (04) GebVerzBauaufsicht Nr.27.1.1, Nr.27.2.1, Nr.27.2.3, Nr.15

  • Abweichung von Abstandsflächen (Grenzstützmauern)

 

1) Nach § 8 Abs.2 Satz 1 Nr.10b LBO 2004 sind Stützmauern auf der Grenze zum Nachbargrundstück "ohne eigene Abstandsfläche" nur zulässig, wenn sie zur "Sicherung des natürlichen Geländes" errichtet werden. Mit dieser Anforderung hat der Landesgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er Stützmauern auf der Grenze nicht in Verbindung mit und zur Stützung von dahinter auszuführenden Geländeanschüttungen ohne Abstufungen bis zur Grenze zulassen wollte. Das bestätigt auch eine systematische Auslegung unter Einbeziehung der Nr. 11 des § 8 Abs.2 Satz 1 LBO 2004, der Aufschüttungen zum Nachbarn hin nur vom Erfordernis einer "eigenen Abstandsfläche" freistellt, wenn sie eine bestimmte Neigung zur Grenze aufweisen.

 

2) Die Anforderungen des § 8 LBO 2004 an solche Anlagen im Grenzbereich, die wegen fehlender Gebäudeeigenschaft nicht dem Grenzabstandserfordernis (bereits) des § 7 Abs.1 LBO 2004 unterfallen, sind nicht davon abhängig, ob im Einzelfall von der Anlage ausgehende gebäudegleiche Wirkungen im Sinne des § 7 Abs.7 LBO 2004 festgestellt werden können.

 

3) Soweit der Gesetzgeber in § 8 Abs.2 Satz 1 LBO 2004 anders als in der Vorläuferfassung durch den Zusatz "oder mit einer geringeren Tiefe der Abstandsfläche" im Obersatz auch eine "grenznahe Bebauung privilegieren" wollte, sollte die Regelung bei privilegierten Grenzanlagen, insbesondere Nebengebäuden (heute: § 8 Abs.2 Satz 1 Nr.7 LBO 2004), bei denen früher nur eine Errichtung entweder direkt auf der Grenze oder unter Beachtung der (vollen) Abstandsfläche - also regelmäßig mit einem Grenzabstand von 3 m - als zulässig angesehen wurde, auch in diesem Sinne "grenznah" zulassen.

 

4) Bei der Berechnung der Gebühr für die Erteilung einer Abweichung (§ 68 Abs.1 LBO 2004) nach Nr. 27.2.1. GebVerzBauaufsicht 2004 ist anders als bei den gründstücksflächenbezogenen planungsrechtlichen Ausnahmen und Befreiungen, auf welche die Ziffer 27.1.1. GebVerzBauaufsicht 2004 zugeschnitten ist, als "Vorteilsfläche" nicht die auf dem Baugrundstück durch die Ausnutzung der Zulassung - regelmäßig bei Gebäuden - zusätzlich zu überbauende Grundfläche zu verstehen, sondern abstrakt die Fläche der durch den Dispens auf dem Grundstück "ersparten" Abstandsflächen (§ 7 Abs.2 Satz 1 LBO 2004).

 

5) Der Nr.15 GebVerzBauaufsicht 2004 kann keine allgemeine Befugnis der Bauaufsichtsbehörde zur Gebührenerhebung ganz allgemein für die "Nachforderung von Unterlagen" entnommen werden.

 

6) Die eine Verdopplung der Gebühr für die Abweichung vorsehende Nr.27.2.3. GebVerzBauaufsicht 2004 ist jedenfalls auf isolierte Abweichungsanträge bezüglich eines verfahrensfreien Vorhabens nach § 61 LBO 2004 nicht anwendbar.

 

7) Das das Leistungsverhältnis zwischen der öffentlichen Hand und dem Gebührenpflichtigen betreffende Äquivalenzgebot verlangt, dass eine für staatliches Handeln erhobene Gebühr nicht in einem groben Missverhältnis zur von der Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf. Die Annahme seiner Verletzung setzt allerdings eine "gröbliche Störung des Austauschverhältnisses".

 

8) Für den Bereich des Bauordnungsrechts ist anerkannt, dass eine Gebührenregelung nicht bereits im Sinne eines groben Missverhältnisses als "überhöht" angesehen werden kann, wenn der Gesetzgeber mit höheren Gebührensätzen gleichzeitig auch eine Verhaltenssteuerung bezweckt.

§§§


09.020 Prüfvergütung
 
  • OVG Saarl, U, 12.02.09, - 2_A_459/07 -

  • EsG

  • SaarlGebG_§_2 Abs.1 S.5, SaarlGebG_§_16 Abs.1

 

1) Bei der von der Bauaufsichtbehörde an einen Prüfingenieur für die bautechnische Prüfung und Überwachung eines Bauvorhabens zu zahlenden Prüfvergütung handelt es sich um eine - neben der Gebühr für die Erteilung der Baugenehmigung - zu erstattende besondere Auslage der Behörde im Sinne des § 2 Abs.2e SaarlGebG.

 

2) Für die Prüfvergütung kann eine Vorausleistung nach Maßgabe der §§ 2 Abs.1 S.5, 16 Abs.1 SaarlGebG verlangt werden.

 

3) Einzelfall, in dem der Bauherr laut Bauschein mit dem Bau erst nach Zustellung der geprüften statischen Berechnungen und Konstruktionszeichnungen beginnen durfte, aber ohne diese Prüfung, die er ablehnt, das Bauvorhaben weitgehend fertig stellte und daher die Prüfung unumgänglich machte.

§§§


09.021 Vorkaufsrecht
 
  • VG Saarl, B, 12.02.09, - 5_L_69/09 -

  • EsG

  • BGB_§_463, BGB_§_264 Abs.2; BauGB_§_28 Abs.2 S.2

  • Ausübung eines sanierungsrechtlichen Vorkaufsrechts

 

1) Ein notarieller Kaufvertrag zwischen einer GmbH und einer Gbr, an der die GmbH mit 10 % beteiligt ist und deren Zweck u.a. der Handel mit Immobilien ist, stellt keine Einbringung des Kaufobjekts in die Gesellschaft dar, wenn die Beteiligten zu dem über das Bestehen eines Vorkaufsrechts belehrt wurden.

 

2) Der Verkauf eines Grundstücks von einer GmbH an eine aus dieser und einer weiteren GmbH als Gesellschafter bestehenden GbR ist als Verkauf an einen "Dritten" im Sinne von § 463 BGB zu qualifizieren.

 

3) Tritt die Gemeinde nach § 28 Abs.2 Satz 2 BauGB iVm § 464 Abs.2 BGB in den Kaufvertrag ein, besteht von Gesetzwegen keine Möglichkeit der Heraufsetzung des Kaufpreises.

§§§


09.022 Verjährungseinrede
 
  • VG Saarl, U, 17.02.09, - 3_K_309/08 -

  • EsG

  • BGB_§_197, BGB_§_198, BGB_§_201; EGBGB_Art.229_§_6 Abs.1 + 4 S.2; BeamtStG_§_45

  • Erhebung der Verjährungseinrede durch den Dienstherrn trotz Fehler bei der Sachbearbeitung

 

LB 1) Der Dienstherrr ist nicht nur berechtigt, sondern nach dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung grundsätzlich auch verpflichtet, die Einrede der Verjährung zu erheben.

 

LB 2) Damit wird dem Rechtsfrieden wie auch möglichen Beweisschwierigkeiten Rechnung getragen, ohne dass der Grundsatz der Alimentations- bzw Fürsorgepflicht prinzipiell in Frage gestellt wird.

 

LB 3) Die Geltendmachung der Einrede kann jedoch unter besonderen Umständen des einzelnen Falls als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten und damit unzulässig sein. Zwar ist im Rahmen der Prüfung des Einwandes der unzulässigen Rechtsausübung die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht zu berücksichtigen. Stellt die Verjährungseinrede aber keine unzulässige Rechtsausübung dar, kann sie nicht wegen Verletzung der Fürsorgepflicht ermessensfehlerhaft sein.

 

LB 4) Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erfordert ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn, das nicht notwendig schuldhaft zu sein braucht, das aber angesichts der Umstände des Einzelfalls die Einrede der Verjährung deshalb als treuwidrig erscheinen lässt, weil der Beamte veranlasst worden ist, verjährungsunterbrechende oder verjährungshemmende Schritte zu unterlassen.

 

LB 5) Unerheblich ist, ob der Beamte keine Kenntnis von den ihm zustehenden Ansprüchen hatte oder ob er von der rechtzeitigen Geltendmachung bewusst abgesehen hat, weil er nach Treu und Glauben davon ausgehen konnte, der Dienstherr werde sich nicht auf die Verjährung berufen.

 

LB 6) Der Dienstherr ist aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis nicht verpflichtet, den Beamten über dessen Rechte und Pflichten jederzeit umfassend und aktuell zu informieren (BVerwG, Urteile vom 30.01.1997 - 2 C 10.96, BVerwGE_104,55 und vom 07.04.2005 - 2 C 5.04, BVerwGE_123,175). Vielmehr ist der Beamte gehalten, sich - gegebenenfalls durch Nachfrage bei seinem Dienstherrn - die notwendigen Informationen selbst zu verschaffen.

 

LB 7) Die Fürsorgepflicht gebietet lediglich ausnahmsweise eine Belehrung, wenn entweder die für den Dienstherrn handelnden Dienstkräfte erkennen, dass sich der Beamte in Unkenntnis oder im Irrtum über seine Rechte im Hinblick auf sein Dienstverhältnis befindet (BVerfG vom 23.11.1988 NVwZ-RR 1989, 487 ff.), oder wenn der Beamte ausdrücklich um eine Belehrung bittet (BVerwG vom 21.4.1982 BVerwGE_65,197 ff).

§§§


09.023 OVG-Vizepräsident
 
  • VG Saarl, B, 18.02.09, - 2_L_1881/08 -

  • EsG

  • Art.33 Abs.2; SRiG_§_4 Abs.1; SBG_§_9 Abs.1

  • Zum Anforderungsprofil an das Amt eines Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts

 

1) Über die Festlegung des für ein richterliches Beförderungsamt maßgeblichen Anforderungsprofils (hier: Vizepräsident des OVG) entscheidet der Dienstherr nach freiem organisatorischem Ermessen.

 

2) Es überschreitet die Grenzen des dem Dienstherrn zustehenden Organisationsermessens nicht, an die Bewerber um das Amt des Vizepräsidenten des OVG als ständigem Vertreter des Präsidenten die gleichen Qualifikationsanforderungen zu stellen wie bei der Besetzung der Präsidentenstelle selbst.

 

3) Die Eignung für das Amt des Vizepräsidenten des OVG setzt nicht zwingend eine langjährige obergerichtliche Tätigkeit in der betreffenden Gerichtsbarkeit voraus; die erforderliche Eignung kann sich auch aus der erfolgreichen Wahrnehmung herausgehobener Aufgaben in der Justizverwaltung ergeben.

 

4) Es erweist sich nicht als sachwidrig, bei der Besetzung der Stelle des Vizepräsidenten des OVG neben den geforderten herausragenden Rechtskenntnissen besonderes Gewicht auch auf die "Verwaltungserfahrung" der Bewerber als wesentliches Merkmal des Anforderungsprofils zu legen.

§§§


09.024 NPD-Ortsverband
 
  • OVG Saarl, B, 18.02.09, - 3_B_33/09 -

  • EsG

  • GG_Art.3, GG_Art.21 Abs.1; PartG_§_5 Abs.1 S.1; KSVG_§_19 Abs.1, KSVG_§_19 Abs.3

  • Einstweilige Anordnung auf Überlassung einer gemeindlichen Festhalle an einen NPD-Ortsverband zur Veranstaltung eines politischen Aschermittwochs

 

1) Da die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit und Auflösung einer Partei allein dem Bundesverfassungsgericht obliegt, ist der Rat einer Gemeinde oder deren Bürgermeister gehindert, eine Partei aus eigener Zuständigkeit als verfassungswidrig einzustufen und aus diesem Grund von der Benutzung gemeindlicher Einrichtungen auszuschließen.

 

2) Wenn der faktischen Nutzung einer gemeindlichen Festhalle in der Vergangenheit eine Begrenzung des Widmungszwecks auf Veranstaltungen mit rein örtlichem Charakter entnommen werden soll, bedarf es verlässlicher und nachvollziehbarer Kriterien in der Verwaltungspraxis, anhand derer die Abgrenzung zwischen Veranstaltungen örtlichen Charakters und solchen mit überörtlichem Charakter erfolgt.

§§§


09.025 Sozialpauschale
 
  • VG Saarl, U, 19.02.09, - 11_K_263/08 -

  • EsG

  • BAföG_§_21 Abs.2

  • Bemessung der Sozialpauschale im Rahmen der Schülerförderung

 

Zur Sozialpauschale nach § 21 Abs.2 BAföG.

§§§


09.026 Großflächiger Einzelhandelsbetrieb
 
  • OVG Saarl, B, 19.02.09, - 2_A_254/08 -

  • EsG

  • (77) BauNVO_§_11 Abs.3 S.2 +3, BauNVO_§_11 Abs.3 Nr.2, BauNVO_§_11 Abs.3 Nr.3

  • Großflächiger Einzelhandelsbetrieb im Gewerbegebiet

 

1) Bei dem gegebenenfalls lediglich eine widerlegbare Vermutung negativer Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO 1977 begründenden Schwellenwert des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO 1977 hinsichtlich der Geschossfläche (damals: 1.500 qm) handelt es sich nicht um einen festen "Grenzwert", dessen Unter- beziehungsweise Überschreitung gleichsam "automatisch" eine Aussage zur (Un-)Zulässigkeit eines Vorhabens entnommen werden könnte.

 

2) Bei Unterschreitung und dementsprechend Fehlen einer solchen Vermutungsvorgabe ist eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung einerseits des Merkmals der "Großflächigkeit" in § 11 Abs.3 Satz 1 Nr.2 BauNVO 1977 und andererseits der (möglichen) negativen städtebaulichen Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs.3 Satz 2 BauNVO 1977 vorzunehmen.

 

3) Bei der Ausfüllung des selbständigen und von der Vermutungsgrenze zu unterscheidenden Tatbestandsmerkmals der "Großflächigkeit" in § 11 Abs.3 Satz 1 Nr.2 BauNVO 1977 ist auf die Verkaufsfläche des Marktes (hier konkret 967,74 qm) abzustellen, wobei Großflächigkeit bei Einzelhandelsbetrieben anzunehmen ist, wenn deren Verkaufsfläche 800 qm überschreitet.

 

4) Bei kleinen Gemeinden ist eine potentielle "Ortskerngefährdung" hinsichtlich der verbrauchernahen Versorgung durch dezentral in Ortsrandlagen errichtete großflächige Einzelhandelsbetriebe im Sinne des § 11 Abs.3 Satz 1 Nr.3 BauNVO 1977 am stärksten.

§§§


09.027 Abschiebungsandrohung
 
  • OVG Saarl, B, 20.02.09, - 5_L_1845/08 -

  • EsG

  • GG_Art.6; AufenthG_§_54 Nr.3, AufenthG_§_55 Abs.2 Nr.2, AufenthG_§_81 Abs. EMRK_Art.8; 4

  • Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung gegen einen mehrfach gewordenen Ausstraffällig länder mit deutschen Kindern

 

1) Ein mehr als zwei Monate nach Ablauf der Aufenthaltserlaubnis gestellter Antrag auf Verlängerung löst nicht die Fiktionswirkung des § 81 Abs.4 AufenthG aus.

 

2) Die Abschiebungsandrohung gegen einen Ausländer, der auf Grund mehrerer strafrechtlicher Verurteilungen die Ausweisungsgründe der §§ 54 Nr.3 und 55 Abs.2 Nr.2 AufenthG erfüllt, ist nicht wegen Verstoßes gegen Art.6 GG und Art.8 EMRK zu beanstanden, weil er Vater zweier deutscher Kinder ist und für diese das alleinige Sorgerecht besitzt, wenn sich die Kinder seit mehr als fünf Jahren bei Pflegefamilien aufhalten und es in der Vergangenheit allenfalls zu tage- oder stundenweisen Begegnungen gekommen ist und auch für die Zukunft nicht zu erkennen ist, dass es zu einem engeren Kontakt zwischen Vater und Kindern kommen wird.

§§§


09.028 Bolzplatz
 
  • VG Saarl, B, 20.02.09, - 5_L_51/09 -

  • EsG

  • (04) LBO_§_57 Abs.2, LBO_§_61 Abs.1 Nr.7; BauGB_§_34 Abs.1; BauNVO_§_15

  • (Kein) einstweAbs.1 iliger Rechtsschutz gegen weder vom Betreiber noch von Bauaufsicht toder lerierten nächtlichen Lärm im Bereich eines Mini-Spielfeldes

 

1) Drängt sich der Umstand "permanenten, unerträglichen" Lärms nicht auf, kann dieser im Verfahren nach § 123 VwGO regelmäßig nur durch die Vorlage eines lärmtechnischen Gutachtens glaubhaft gemacht werden.

 

2) Die Zumutbarkeitsschwelle für Beeinträchtigungen der Nachbarschaft durch Lärm ist am Empfinden eines Durchschnittsmenschen auszurichten; individuelle Lärmempfindlichkeiten, gesundheitliche Indispositionen und andere persönliche Eigenarten werden dabei nicht berücksichtigt.

 

3) Eine Verletzung des baurechtlichen Gebotes der Rücksichtnahme durch den Betrieb eines Mini-Spielfeldes auf dem Geländes eines im Bebauungsplan ausgewiesenen Schulzentrums kann regelmäßig nicht mit dem vom Betreiber und der Bauaufsicht nicht tolerierten nächtlichen Lärm jugendlicher Gruppen begründetet werden.

§§§


09.029 Verstoss gegen Richtervorbehalt
 
  • VG Saarl, B, 24.02.09, - 10_K_724/09 -

  • EsG

  • StPO_§_81a; StVG_§_3 Abs.1 S.1; FeV_§_46 Abs.1 S.1

  • Entziehung der Fahrerlaubnis bei Cannabiskonsum

 

Wird bei der durch die Polizei angeordneten Blutentnahme gegen den Richtervorbehalt des § 81a StPO verstoßen, hat dies für das verwaltungsrechtliche Entziehungsverfahren kein Verwertungsverbot zur Folge.

§§§


09.030 Fahrenbuchauflage
 
  • VG Saarl, U, 26.02.09, - 10_K_495/08 -

  • EsG

  • StVZO_§_31a Abs.1

  • Fahrtenbuchauflage; Unmöglichkeit der Ermittlung des Fahrzeugführers; Ablehnung der Mitwirkung durch den Halter; verspätete Benachrichtigung des Halters; Ursächlichkeit

 

1) Lehnt der Fahrzeughalter jegliche Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers ab, kommen weitere Ermittlungen der Behörde ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn Verdachtsmomente vorliegen, die in eine bestimmte Richtung deuten und eine Aufklärung auch ohne Mitwirkung des Halters aussichtsreich erscheinen lassen.

 

2) Ein Verstoß der Behörde gegen die Pflicht, den Fahrzeughalter unverzüglich, dh in der Regel innerhalb von 2 Wochen, von der mit seinem KFZ begangenen Zuwiderhandlung zu benachrichtigen, steht der Verhängung eines Fahrverbotes nur entgegen, wenn die verspätete Benachrichtigung für die Nichtfeststellung des Fahrers ursächlich war.

§§§


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§§§