zu Art.33 Abs.5 GG   (3)  
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Regelungsvorgabe für den öffentlichen Dienst   (Absatz 5)

Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums

Grundsätzliches

  1. In Art.33 Abs.5 GG handelt es sich nur um einen Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind. (vgl BVerfG, B, 02.12.58, - 1_BvL_27/55 - Berufsbeamtentum - BVerfGE_8,332 -364 = RS-BVerfG-Nr.58.020)

  2. Es ist ein hergebrachter und zu beachtender Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art.33 Abs.5 GG), daß den Beamten eine besondere politische Treuepflicht gegenüber dem Staat und seiner Verfassung obliegt. (vgl BVerfG, B, 22.05.75, - 2_BvR_13/73 - Extremisten-Beschluss - BVerfGE_39,334 -391 = E-StA_91,466 -468 = DÖV_75,670 -673)

  3. Das Berufsbeamtentum ist ein Element des Rechtsstaates. (vgl BVerfG, B, 28.05.08, - 2_BvL_11/07 - Ämter mit leitender Funktion - = RS-BVerfG-Nr.08.021

  4. Die sich aus Art.33 Abs.5 GG ergebende Rechtslage gilt für jedes Beamtenverhältnis, für das Beamtenverhältnis auf Zeit, für das Beamtenverhältnis auf Probe und für das Beamtenverhältnis auf Widerruf ebenso wie für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. (vgl BVerfG, B, 22.05.75, - 2_BvR_13/73 - Extremisten-Beschluss - BVerfGE_39,334 -391 = E-StA_91,466 -468 = DÖV_75,670 -673)

  5. Zur Frage, ob das Alimentationsprinzip den Besoldungsgesetzgeber verpflichtet, regional unterschiedliche Lebenshaltungskosten auszugleichen. Ein Ortszulagensystem der Beamtenbesoldung ist nicht gemäß Art.33 Abs.5 GG in der hier maßgeblichen Ursprungsfassung als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums geschützt. Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Besoldungsgesetzgeber in der gegenwärtigen Lage nicht, den erhöhten Lebenshaltungskosten in München durch einen spezifischen Ausgleich Rechnung zu tragen. Eine derartige Handlungspflicht folgt auch nicht aus dem Leistungsgrundsatz. (vgl BVerfG, U, 06.03.07, - 2_BvR_556/04 - Lebenshaltungskosten - BVerfGE_117,330 = RS-BVerfG-Nr. 07.016 = www.BVerfGE.de)

  6. Zu den neuesten Entscheidungen des BVerfG zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums siehe RS-BVerfG Nr 08.019,     08.021,     07.001,     07.016,     07.019,     07.030,     07.033,     07.034,     07.039,     08.006,     02.047 .

  7. Es steht nicht im Widerspruch zu Art.12 GG, wenn der hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums im Beamtenrecht verwirklicht wird, vom Bewerber für ein Amt zu verlangen, daß er die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. (vgl BVerfG, B, 22.05.75, - 2_BvR_13/73 - Extremisten-Beschluss - BVerfGE_39,334 -391 = E-StA_91,466 -468 = DÖV_75,670 -673)

  8. Es ist eine von der Verfassung (Art.33 Abs.5) geforderte und durch das einfache Gesetz konkretisierte rechtliche Voraussetzung für den Eintritt in das Beamtenverhältnis, daß der Bewerber die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. (vgl BVerfG, B, 22.05.75, - 2_BvR_13/73 - Extremisten-Beschluss - BVerfGE_39,334 -391 = E-StA_91,466 -468 = DÖV_75,670 -673)

  9. Der Überzeugung, daß der Bewerber die geforderte Gewähr nicht bietet, liegt eine Urteil über die Persönlichkeit des Bewerbers zugrunde, das zugeleich eine Prognose enthält und sich jeweils auf eine von Fall zu Fall wechselnde Vielzahl von Elementen und deren Bewertung gründet. (vgl BVerfG, B, 22.05.75, - 2_BvR_13/73 - Extremisten-Beschluss - BVerfGE_39,334 -391 = E-StA_91,466 -468 = DÖV_75,670 -673)

  10. Art.33 Abs.5 GG gibt dem Beamten insoweit ein grundrechtsähnliches Individualrecht, dessen Verletzung nach § 90 Abs.1 BVerfGG mit der Verfasuungsbeschwerde gerügt werden kann. (vgl BVerfG, B, 11.06.58, - 1_BvR_1/52 - Hergebrachte Grundsätze - BVerfGE_8,1 = E-StA_91,458 -461 )

  11. Nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hat der Beamte keinen Anspruch auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amts (Dienstpostens). Er muss vielmehr eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe seines Amts im statusrechtlichen Sinne hinnehmen (vgl BVerwGE_60,144 <150>; BVerfGE_89,199 <201>). (vgl BVerfG, B, 30.01.08, - 2_BvR_754/07 - Umsetzung - = RS-BVerfG-Nr.08.006 = www.BVerfG.de)

  12. Danach kann der Dienstherr aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich des Beamten verändern, solange diesem ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt. (vgl BVerfG, B, 30.01.08, - 2_BvR_754/07 - Umsetzung - = RS-BVerfG-Nr.08.006 = www.BVerfG.de)

  13. Besonderheiten des bisherigen Aufgabenbereichs des dem Beamten übertragenen Amts, wie beispielsweise der Vorgesetztenfunktion, Beförderungsmöglichkeiten oder einem etwaigen gesellschaftlichen Ansehen, kommt keine das Ermessen des Dienstherrn bei der Änderung des Aufgabenbereichs einschränkende Wirkung zu ( BVerwGE_89,199 <201>). (vgl BVerfG, B, 30.01.08, - 2_BvR_754/07 - Umsetzung - = RS-BVerfG-Nr.08.006 = www.BVerfG.de)

  14. Die Ermessenserwägungen des Dienstherrn werden im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Allgemeinen nur daraufhin überprüft, ob sie durch Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt sind (vgl BVerwGE_60,144 <151>; BVerwG, Beschluss vom 8.Februar 2007 - 2 VR 1/07 -, Rn.3 f (Juris)). Sonach bleibt die Prüfung grundsätzlich darauf beschränkt, ob die Gründe des Dienstherrn seiner tatsächlichen Einschätzung entsprachen und nicht nur vorgeschoben sind, um eine in Wahrheit allein oder maßgebend mit auf anderen Beweggründen beruhende Entscheidung zu rechtfertigen, oder ob sie aus anderen Gründen willkürlich sind (BVerwGE_89,199 <202> mwN). (vgl BVerfG, B, 30.01.08, - 2_BvR_754/07 - Umsetzung - = RS-BVerfG-Nr.08.006 = www.BVerfG.de)

  15. Allerdings geht die Rechtsprechung davon aus, dass das Ermessen des Dienstherrn bei einer Umsetzung in besonders gelagerten Einzelfällen - in unterschiedlichem Maße - eingeschränkt sein kann. Solche Einschränkungen können sich beispielsweise aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergeben (vgl BVerwGE_60,144 <152>), etwa dann, wenn besondere Umstände des Einzelfalls, insbesondere gewichtige Grundrechte des Beamten, einer besonderen Berücksichtigung bedürfen und daher auch private Belange des Beamten in den Ermessenserwägungen bei der Umsetzungsentscheidung zu berücksichtigen sind. Hierzu können auch besondere Schutzbedürfnisse des Beamten aus dem von Art.6 GG geschützten Bereich von Ehe und Familie oder auch die mit einem Wechsel des Dienstorts verbundenen Belastungen zählen. (vgl BVerfG, B, 30.01.08, - 2_BvR_754/07 - Umsetzung - = RS-BVerfG-Nr.08.006 = www.BVerfG.de)

  16. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit ist allerdings eröffnet; denn Art.12 Abs.1 GG schützt auch die berufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst (vgl BVerfGE_84,133 <147> ). Dienstliche Anordnungen über die Umsetzung beziehungsweise die Übertragung eines anderen Dienstpostens stellen Einzelfallregelungen dar, die sich auf die Berufstätigkeit der Beamten beziehen, und daher in den Schutzbereich der Berufsfreiheit eingreifen (vgl BVerfGE_111,191 <213>). Es ist jedoch gerechtfertigt, dass die Rechtsprechung die Zulässigkeit solcher Eingriffe grundsätzlich anerkennt. (vgl BVerfG, B, 30.01.08, - 2_BvR_754/07 - Umsetzung - RS-BVerfG-Nr.08.006 = www.BVerfG.de)

  17. Die Festsetzung der unterschiedlichen Altersgrenzen in § 208 LBG verstößt nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Art.33 Abs.5 GG. (vgl BVerfG, B, 23.05.08, - 2_BvR_1081/07 - Altersgrenzenanhebung-RP - = RS-BVerfG-Nr.08.019 = www.BVerfG.de)

  18. Art.33 Abs.5 GG fordert weder eine auf ein bestimmtes Lebensalter gerichtete noch eine für alle Beamten einheitliche Festsetzung der Altersgrenze (vgl BVerfGE_71,255 <270>). (vgl BVerfG, B, 23.05.08, - 2_BvR_1081/07 - Altersgrenzenanhebung-RP - = RS-BVerfG-Nr.08.019 = www.BVerfG.de)

  19. Die niedrigere Altersgrenze für Beamte, die mindestens 25 Jahre lang besondere, in § 208 Abs.1 Satz 1 LBG aufgeführte Funktionen wahrgenommen haben, stellt eine zulässige Differenzierung dar. Die Regelung trägt der besonderen Belastung von Polizeibeamten in Sonderfunktionen wie dem Wechselschichtdienst Rechnung. (vgl BVerfG, B, 23.05.08, - 2_BvR_1081/07 - Altersgrenzenanhebung-RP - = RS-BVerfG-Nr.08.019 = www.BVerfG.de)

  20. Dagegen ist die Rufbereitschaft, nach der zulässigen Einschätzung des Gesetzgebers nicht mit denselben Belastungen wie etwa der Wechselschichtdienst verbunden. Im Wechselschichtdienst werden die Beamten nach einem Dienstplan eingesetzt, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Arbeitsschichten vorsieht, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird (§ 20 Abs.1 Satz 1 EZulV). Die besondere Belastung der Beamten entsteht durch die ständige Umstellung ihres Arbeits- und Lebensrhythmus. (vgl BVerfG, B, 23.05.08, - 2_BvR_1081/07 - Altersgrenzenanhebung-RP - = RS-BVerfG-Nr.08.019 = www.BVerfG.de)

  21. Rufbereitschaft dagegen bedeutet, dass sich der Beamte zu Hause oder an einem anderen frei wählbaren Ort bereithalten muss, um bei Bedarf zu Dienstleistungen sofort abgerufen werden zu können; sie bedeutet daher in erster Linie nur eine gewisse Einschränkung der Bewegungsfreiheit während der Freizeit (vgl BVerwGE_59,45 <47>). Die Rufbereitschaft gilt daher auch nicht als zulagenfähiger "Dienst zu ungünstigen Zeiten" gemäß § 3 Abs.4 EZulV. Zudem erhalten Beamte für eine Mehrbelastung durch die Rufbereitschaft bereits einen Freizeitausgleich nach § 7 Abs.2 Arbeitszeitverordnung Rheinland-Pfalz. (vgl BVerfG, B, 23.05.08, - 2_BvR_1081/07 - Altersgrenzenanhebung-RP - = RS-BVerfG-Nr.08.019 = www.BVerfG.de)

  22. §§§



    Vorliegen bejaht

  23. Die Ablieferungspflicht bei Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst verstößt nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums iSd Art.33 Abs.3 GG. (vgl BVerfG, B, 16.01.07, - 2_BvR_1188/05 - Nebentätigkeit - = RS-BVerfG-Nr.07.001 = www.BVerfGE.de)

  24. Das Lebenszeitprinzip in Form der lebenszeitigen Übertragung aller einer Laufbahn zugeordneten Ämter gehört zu den hergebrachten Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums, die angesichts ihrer wesensprägenden Bedeutung vom Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern zu beachten sind. (vgl BVerfG, B, 28.05.08, - 2_BvL_11/07 - Ämter mit leitender Funktion - = www.BVerfG.de)

  25. Zum Alimentationsprinzip. (vgl BVerfG, U, 27.09.05, - 2_BvR_1387/02 - Altersversorgung-Beamte - Originalurteil = RS-BVerfG-Nr.05.042 = www.bverfg.de)

  26. Es entspricht hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art.33 Abs.5 GG), daß über Personalangelegenheiten eines Beamten in der Regel allein die ihm vorgesetzten Dienstbehörden entscheiden. Diese Entscheidung hat Gesetzeskraft. (vgl BVerfG, U, 27.04.59, - 2_BvF_2/58 - Bremer Personalvertretung - BVerfGE_9,268 = RS-BVerfG-Nr.59.013 = www.DFR/BVerfGE)

  27. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art.33 Abs.5 GG) gebietet nicht, einem Beamten Wahlleistungen in der Krankenhausversorgung zu gewährleisten. (vgl BVerfG, B, 07.11.02, - 2_BvR_1053/98 - Wahlleistungen - = RS-BVerfG-Nr.02.047 = www.bverfg.de)

  28. §§§



    Vorliegen verneint

  29. Es existiert kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der den Gesetzgeber verpflichtete, bei Anpassungen der Bezüge eine strikte Parallelität der Besoldungs- und Versorgungsentwicklung zu gewährleisten. (vgl BVerfG, U, 27.09.05, - 2_BvR_1387/02 - Altersversorgung-Beamte - Originalurteil = RS-BVerfG-Nr.05.042 = www.bverfg.de)

  30. Auch gibt es keinen hergebrachten Grundsatz, wonach der Höchstversorgungssatz mindestens 75 vH der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge betragen müsste. (vgl BVerfG, U, 27.09.05, - 2_BvR_1387/02 - Altersversorgung-Beamte - Originalurteil = RS-BVerfG-Nr.05.042 = www.bverfg.de)

  31. Ein Recht am Amt, verstanden als Recht auf Ausübung der Amtsgeschäfte, gehört nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art.33 Abs.5 GG. (vgl BVerfG, B, 02.12.58, - 1_BvL_27/55 - Berufsbeamtentum - BVerfGE_8,332 -364 = RS-BVerfG-Nr.58.020))

  32. Es besteht kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass der Umfang der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung eines Lehrers im Beamtenstatus aus Altersgründen ermäßigt werden muss. (vgl BVerwG, U, 28.01.04, - 2_C_19/03 - Pflichtstundenverordnung - Origninalurteil = RS-BVerwG-Nr.04.011 = www.BVerwG.de)

  33. §§§



    Fortentwicklungsklausel

  34. Zur Fortentwicklungsklausel des Art.33 Abs.5 GG. (vgl BVerfG, B, 28.05.08, - 2_BvL_11/07 - Ämter mit leitender Funktion - = RS-BVerfG-Nr.08.021

§§§



C. Einzelfälle

  1. Die in § 25b Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen angeordnete Übertragung von Ämtern mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit verstößt gegen Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes. (vgl BVerfG, B, 28.05.08, - 2_BvL_11/07 - Ämter mit leitender Funktion - = RS-BVerfG-Nr.08.021 = www.BVerfG.de)

  2. Das Lebenszeitprinzip in Form der lebenszeitigen Übertragung aller einer Laufbahn zugeordneten Ämter gehört zu den hergebrachten Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums, die angesichts ihrer wesensprägenden Bedeutung vom Gesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern zu beachten sind. (vgl BVerfG, B, 28.05.08, - 2_BvL_11/07 - Ämter mit leitender Funktion - = RS-BVerfG-Nr.08.021 = www.BVerfG.de)

  3. Zur Fortentwicklungsklausel des Art.33 Abs.5 GG. (vgl BVerfG, B, 28.05.08, - 2_BvL_11/07 - Ämter mit leitender Funktion - = RS-BVerfG-Nr.08.021 = www.BVerfG.de)

  4. Das Berufsbeamtentum ist ein Element des Rechtsstaates. (vgl BVerfG, B, 28.05.08, - 2_BvL_11/07 - Ämter mit leitender Funktion - = RS-BVerfG-Nr.08.021 = www.BVerfG.de)

  5. Treuepflicht

  6. Bei Beamten auf Probe und bei Beamten auf Widerruf rechtfertigt die Verletzung der Treuepflicht regelmäßig die Entlassung aus dem Amt. Bei Beamten auf Lebenszeit kann wegen dieser Dienstpflichtverletzung im förmlichen Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Dienst erkannt werden. (vgl BVerfG, B, 22.05.75, - 2_BvR_13/73 - Extremisten-Beschluss - BVerfGE_39,334 -391 = E-StA_91,466 -468 = DÖV_75,670 -673)

  7. Die Treuepflicht gebietet, den Staat und seine Verfassungsordnung, auch soweit sie im Wege einer Verfassungsänderung veränderbar ist, zu bejahen und dies nicht bloß verbal, sondern insbesondere in der beruflichen Tätigkeit dadurch, daß der Beamte die bestehende verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachtet und erfüllt und sein Amt aus dem Geist dieser Vorschriften heraus führt. Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere , daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Vom Beamten wird erwartet, daß er diesen Staat und seine Verfassung als einen hohen positiven Wert erkennt und anerkennt, für den einzutreten sich lohnt. Politische Treuepflicht bewährt sich in Krisenzeiten und in ernsthaften Konfliktsituationen, in denen der Staat darauf angewiesen ist, daß der Beamte Partei für ihn ergreift. (vgl BVerfG, B, 22.05.75, - 2_BvR_13/73 - Extremisten-Beschluss - BVerfGE_39,334 -391 = E-StA_91,466 -468 = DÖV_75,670 -673)

  8. Zu den Regierungsaufgaben, die wegen ihrer politischen Tragweite nicht generell der Regierungsverantwortung entzogen und auf von Regierung und Parlament unabhängige Stellen übertragen werden dürfen, gehört die Entscheidung über die personellen Angelegenheiten der Beamten. (vgl BVerfG, U, 27.04.59, - 2_BvF_2/58 - Bremer Personalvertretung - BVerfGE_9,268 = www.DFR/BVerfGE)

  9. §§§



    Besoldung

  10. Es gibt keinen "hergebrachten Grundsatz" im Sinne von Art.33 Abs.5, der dem Beamten den einmal erworbenen Anspruch auf eine summenmäßig bestimmte Besoldung gewährleistet. (vgl BVerfG, B, 11.06.58, - 1_BvR_1/52 - Hergebrachte Grundsätze - BVerfGE_8,1 = E-StA_91,458 -461 )

  11. Es ist ein "hergebrachter Grundsatz" im Sinne des Art.33 Abs.5 GG, daß den Beamten nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards ein angemessener Lebensunterhalt zu gewähren ist. Diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber zu beachten. (vgl BVerfG, B, 11.06.58, - 1_BvR_1/52 - Hergebrachte Grundsätze - BVerfGE_8,1 = E-StA_91,458 -461 )

  12. Im Verfahren der Verfassungsbeschwerde darf das BVerfG ein Besoldungsgesetz, das wegen einer Veränderung der Lebensverhältnisse den Erfordernissen eines angemessenen Unterhalts nicht mehr entspricht und deshalb mit Art.33 Abs.5 GG nicht mehr vereinbar ist, nicht für nichtig erklären. Es ist vielmehr auf die Feststellung beschränkt, daß der Gesetzgeber durch Unterlassen einer Besoldungsänderung das in Art.33 Abs.5 GG enthaltene Recht des Beamten verletzt habe. (vgl BVerfG, B, 11.06.58, - 1_BvR_1/52 - Hergebrachte Grundsätze - BVerfGE_8,1 = E-StA_91,458 -461 )

  13. Ob die Dienstbezüge der Beamten einschließlich der Alters- und Hinterbliebenenversorgung ausreichend im Sinne von Art.33 Abs.5 GG sind, läßt sich nur anhand des Nettoeinkommens beurteilen, als des Einkommens, das dem Beamten zufließt und über das er - nach Abzug der Steuern - verfügen kann. (vgl BVerfG, B, 30.03.77, - 2_BvR_1039/75 - Dienstbezüge - BVerfGE_44,249 = E-StA_91,462 -466 )

  14. Art.33 Abs.5 GG, der heute auch im Zusammenhang mit den in Art.6 GG und im Sozialstaatsprinzip enthaltenen Wertentscheidung der Verfassung zu sehen ist, verlangt, daß in der Lebenswirklichkeit die Beamten ohne Rücksicht auf die Größe ihrer Familie sich annähernd das gleiche leisten können. (vgl BVerfG, B, 30.03.77, - 2_BvR_1039/75 - Dienstbezüge - BVerfGE_44,249 = E-StA_91,462 -466 = RS-BVerfG-Nr.77.006 )

  15. Die im Rubrum näher bezeichneten Vorschriften der Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetze in Verbindung mit der jeweiligen Anlage 2, die Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetze 1987 und 1988 auch in Verbindung mit Art.14 § 3 des Reformgesetzes vom 24.Februar 1997, waren mit Art.33 Abs.5 GG nicht vereinbar, soweit der Gesetzgeber es unterlassen hat, die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile bei verheirateten Beamten und Richtern der im Entscheidungsausspruch im einzelnen bezeichneten Besoldungsgruppen mit mehr als zwei Kindern in einer dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entsprechenden Höhe festzusetzen. (vgl BVerfG, E, 24.11.98, - 2_BvL_26/91 - Beamtenkinder - BVerfGE_99,300 = RS-BVerfG-Nr.98.044 = www.bverfg.de)

  16. Zum beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip. (vgl BVerfG, E, 24.11.98, - 2_BvL_26/91 - Beamtenkinder - BVerfGE_99,300 = RS-BVerfG-Nr.98.044 = www.bverfg.de)

  17. Zum sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf. (vgl BVerfG, E, 24.11.98, - 2_BvL_26/91 - Beamtenkinder - BVerfGE_99,300 = RS-BVerfG-Nr.98.044 = www.bverfg.de)

  18. §§§



    Beihilfe

  19. Kraft seiner Fürsorgepflicht muß der Dienstherr Vorkehrungen treffen, daß der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- und Todesfälle nicht gefährdet wird. Ob er dieser Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonstiger geeigneter Weise Genüge tut, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. (vgl BVerfG, B, 13.11.90, - 2_BvF_3/88 - Beihilfe - BVerfGE_83,89 = DVBl_91,201 = NJW_91,743 = DB-90.004 )

  20. Entscheidet sich der Dienstherr, seiner Fürsorgepflicht durch die Eigenvorsorge des Beamten ergänzende Beihilfen nachzukommen, wie es geltendem Recht entspricht, so muß er sicherstellen, daß der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt. (vgl BVerfG, B, 13.11.90, - 2_BvF_3/88 - Beihilfe - BVerfGE_83,89 = DVBl_91,201 = NJW_91,743 = DB-90.004)

  21. Eine in Ergänzung der zumutbaren Eigenvorsorge lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht nicht. (vgl BVerfG, B, 13.11.90, - 2_BvF_3/88 - Beihilfe - BVerfGE_83,89 = DVBl_91,201 = NJW_91,743 = DB-90.004)

  22. Das Beihilferecht ist nach seiner Konzeption, die dem verfassungsverbürgten Fürsorgeprinzip genügt, nur eine Ergänzung der mit eigenen Mitteln zu betreibenden Eigenvorsorge. Die Einführung der 100-%-Erstattungsgrenze im Beihilferecht mit der sich daraus ergebenden Konsequenz des Ausschlusses von Übererstattungen bringt das Subsidiaritätsprinzip im Beihilferecht folgerichtig zur Geltung. (vgl BVerfG, B, 13.11.90, - 2_BvF_3/88 - Beihilfe - BVerfGE_83,89 = DVBl_91,201 = NJW_91,743 = DB-90.004)

  23. Die Beihilfe in ihrer gegenwärtigen Gestalt gehört nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Das System der Beihilfen kann jederzeit geändert werden, ohne dass dadurch Art.33 Abs.5 GG berührt wird. (vgl BVerfG, B, 07.11.02, - 2_BvR_1053/98 - Wahlleistungen - = RS-BVerfG-Nr.02.047 = www.bverfg.de)

  24. Das gegenwärtige System der Beihilfe ist nicht Bestandteil der verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentation des Beamten; von Verfassungs wegen muss die amtsangemessene Alimentation lediglich die Kosten einer Krankenversicherung decken, die zur Abwendung krankheitsbedingter, durch Leistungen aufgrund der Fürsorgepflicht nicht ausgeglichener Belastungen erforderlich ist (vgl BVerfGE 83,89 <98> m.w.N.). (vgl BVerfG, B, 07.11.02, - 2_BvR_1053/98 - Wahlleistungen - = RS-BVerfG-Nr.02.047 = www.bverfg.de)

  25. Es gibt keinen bundeseinheitlichen Beihilfestandard. (vgl BVerfG, B, 07.11.02, - 2_BvR_1053/98 - Wahlleistungen - = RS-BVerfG-Nr.02.047 = www.bverfg.de)

  26. Der Begriff der "Besoldung" im Sinne des Art.74a Abs.1 GG ist weit zu verstehen. Er umfasst sämtliche in Erfüllung der Alimentationspflicht gewährten Leistungen, also nicht nur Geld-, sondern auch Sachbezüge. Auch Beihilfe und freie Heilfürsorge gehören zum Begriff der Besoldung in diesem Sinne (vgl BVerfGE 62, 354 <368>). (vgl BVerfG, B, 07.11.02, - 2_BvR_1053/98 - Wahlleistungen - = RS-BVerfG-Z-202 = www.bverfg.de)

  27. Nach Art.74a Abs.1 GG erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes auf die Besoldung und Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, soweit nicht der Bund nach Art.73 Nr.8 GG ausschließlich zuständig ist. Mit dem Bundesbesoldungsgesetz und dem Beamtenversorgungsgesetz hat der Bundesgesetzgeber seine ihm durch Art.74a GG verliehene Gesetzgebungskompetenz nur für den Bereich der Besoldung im engeren Sinne ausgeschöpft. Soweit er von seinem vorrangigen Gesetzgebungsrecht ( Art.72 Abs.1 GG) keinen Gebrauch gemacht hat, ist den Ländern Raum zu eigener Gestaltung belassen; sie sind deshalb befugt, die durch die Fürsorgepflicht gebotene Ergänzung der Regelalimentation mittels Beihilfen für Krankheitsfälle durch eigene Vorschriften festzulegen (vgl BVerfGE 62,354 <368 f>). (vgl BVerfG, B, 07.11.02, - 2_BvR_1053/98 - Wahlleistungen - RS-BVerfG-Z-202 = www.bverfg.de)

  28. Die Beschränkung der Gewährung von Beihilfe für eine künstliche Befruchtung in Form der In-vitro-Fertilisation unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit auf grundsätzlich vier Versuche ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. (vgl OVG Saarl, U, 11.03.02, - 1_R_12/00 - Künstliche Befruchtung - SKZ_02,290/21 (L) )

  29. §§§



    Versorgung

  30. Zum Vertrauensschutz bei der Änderung von Regelungen über den Eintritt in den Ruhestand. (vgl BVerfG, B, 10.12.85, - 2_BvL_18/83 - Eintritt in den Ruhestand - BVerfGE_71,255 -75)

  31. § 141 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 1. Juni 1962 (Gesetz- und Verordnungsblatt S.272) verletzt Artikel 3 Abs.2 und 3 des Grundgesetzes und war deshalb nichtig, soweit er den Anspruch des beim Tod der Beamtin in ehehlicher Gemeinschaft lebenden Witwers auf Witwergeld dem Grunde und der Höhe nach vom Bestehen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs des Witwers gegen seine verstorbene Ehefrau abhängig machte. (vgl BVerfG, B, 12.03.75, - 2_BvL_10/74 - Witwergeld - BVerfGE_39,196 -205 )

  32. Im Beamtenrecht ist das Bemühen, Ausgaben zu sparen, in aller Regel für sich genommen keine ausreichende Legitimation für eine Kürzung der Altersversorgung. (vgl BVerfG, U, 27.09.05, - 2_BvR_1387/02 - Altersversorgung-Beamte - Originalurteil = www.bverfg.de)

  33. Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung können zur Bestimmung der Amtsangemessenheit der Versorgungsbezüge und zur Rechtfertigung von deren Absenkung nur herangezogen werden, soweit dies mit den strukturellen Unterschieden der Versorgungssysteme vereinbar ist. (vgl BVerfG, U, 27.09.05, - 2_BvR_1387/02 - Altersversorgung-Beamte - Originalurteil = www.bverfg.de)

  34. Zur Änderung der Versorgung und dem Gleichheitssatz. (vgl BVerfG, U, 27.09.05, - 2_BvR_1387/02 - Altersversorgung-Beamte - RS-BVerfG-Nr.05.042 = www.bverfg.de)

  35. Zur Änderung der Versorgung und dem Rückwirkungsverbot. (vgl BVerfG, U, 27.09.05, - 2_BvR_1387/02 - Altersversorgung-Beamte - Originalurteil = RS-BVerfG-Nr.05.042 = www.bverfg.de)

  36. §§§



    Sonderkündigungstatbestand

  37. Der in Anl I Kap XIX Sachgeb A Abschn III Nr.1 V Nr.2 EinigungsV vorgesehene Sonderkündigungstatbestand wegen Tätigkeiten für das Ministerium für Staatssicherheit / Amt für nationale Sicherheit ist mit dem Grundgesetz vereinbar. (vgl BVerfG, U, 08.07.97, - 1_BvR_1934/93 - Stasitätigkeit - BVerfGE_96,189 = NJW_97,2305 -07 = www.DFR/BVerwGE.de)

  38. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers trotz einer solchen Tätigkeit zuzumuten ist, sind die Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Dabei kann neben dem konkreten Verhalten des Betroffenen auch die Herausgehobenheit der von ihm im Zeitpunkt der Kündigung innegehabte Stellung berücksichtigt werden. (vgl BVerfG, U, 08.07.97, - 1_BvR_1934/93 - Stasitätigkeit - BVerfGE_96,189 = NJW_97,2305 -07 = www.DFR/BVerwGE.de)

  39. Bei der Auslegung des Sonderkündigungstatbestands nach Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr.1 Absatz 4 Ziffer 1 Einigungsvertrag darf die erkennbare Absicht des Einigungsvertrags nicht außer acht gelassen werden, die Mitarbeiter nicht abgewickelter Einrichtungen des öffentlichen Dienstes der Deutschen Demokratischen Republik weitgehend in den öffentlichen Dienst der Bundesrepublik einzugliedern und ihre Arbeitsverhältnisse aufrechtzuerhalten, soweit nicht im Einzelfall Eignungsmängel iS von Art.33 Abs.2 GG festgestellt werden. (vgl BVerfG, B, 23.10.97, - 1_BvR_1986/94 - Parteisekretär - NJW_98,369 (L) = NZA_98,93)

  40. Die verfassungsrechtlich gebotene Gesamtwürdigung darf nicht dadurch verkürzt werden, daß einer vom Mitarbeiter früher innegehabten Position, etwa als ehrenamtlicher Parteisekretär, das Gewicht einer gesetzlichen Vermutung beigemessen wird, die einen Eignungsmangel begründet, wenn sie nicht widerlegt wird. (vgl BVerfG, B, 23.10.97, - 1_BvR_1986/94 - Parteisekretär - NJW_98,369 (L) = NZA_98,93 )

  41. §§§



    Abgeordnetenalimentation

  42. Aus der in Art.48 Abs.3 GG geforderten Entschädigung, die einmal eine Entschädigung für besonderen, mit dem Mandat verbunden Aufwand war, ist eine Alimentation des Abgeordneten und seiner Familie aus der Staatskasse geworden als Entgelt für die Inanspruchnahme des Abgordneten durch sein zur Hauptbeschäftigung gewordenes Mandat. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = www.DFR/BVerfGE)

  43. Der Abgeordnete, der dadurch nicht "Beamter" geworden, sondern vom Vertrauen der Wähler berufen - Inhaber eines öffentlichen Amtes, Träger des "freien Mandats" und "Vertreter des ganzen Volkes" geblieben ist, erhält nicht mehr bloß eine echte Aufwandsentschädigung, er bezieht aus der Staatskasse ein Einkommen. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = www.DFR/BVerfGE)

  44. Aus dem formalisierten Gleichheitssatz folgt, daß jedem Abgeordneten eine gleich hoch bemessene Entschädigung zusteht, unabhängig davon, ob die Inanspruchnahme durch die parlamtenarische Tätigkeit größer oder geringer ist, ob der individuelle finanzielle Aufwand oder das Berufseinkommen verschieden hoch ist. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = www.DFR/BVerfGE)

  45. Die Alimentation ist so zu bemessen, daß sie auch für den, der, aus welchen Gründen immer, kein Einkommen aus einem Beruf hat, aber auch für den, der infolge des Mandats Berufseinkommen ganz oder teilweise verliert, eine Lebensführung gestattet, die der Bedeutung des Amtes gemessen ist. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = www.DFR/BVerfGE)

  46. Die Alimentation der Abgeordneten mit dem Charakter von Einkommen muß nach Grundsätzen, die für alle gleich sind, der Besteurung unterworfen werden. Nur die Entschädigung für wirklich entstandenen, sachlich angemessenen, mit dem Mandat verbundenen besonderen Aufwand ist daneben noch echte Aufwandsentschädigung, die auch künftig steuerfrei bleiben kann. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = www.DFR/BVerfGE)

  47. Die die Beamten unter den Abgeordneten betreffenden Regelung gehören materiell zum Recht des Status des Abgeordneten, gleichgültig, ob sie in Rechtsstellungs-, Diäten- oder Beamtengesetzen enthalten sind. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = www.DFR/BVerfGE)

  48. Daß der ins Parlament gewählte Beamte sein Gehalt behält oder in den Ruhestand tritt und Ruhegehalt bezieht, war von Anfang an und ist bis zu den noch in Geltung stehenden Regelungen ein mit dem Mandat verbundenes Privileg geblieben. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = www.DFR/BVerfGE)

  49. Dieses Privileg hat seine Berechtigung innerhalb des Abgeordnetenrechts in dem Augenblick verloren, in dem der Abgeordnete angemessen alimentiert wird. Außerdem widerspricht das Privileg dem formalisierten Gleichheitssatz (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = www.DFR/BVerfGE)

  50. Art.48 Abs.3 in Verbindung mit Art.38 Abs.1 GG verlangt gesetzliche Vorkehrungen dagegen, daß Abgeordnete Bezüge aus einem Angestelltenverhältnis, aus einem sogenannten Beratervertrag oder ähnlichem, ohne die danach geschuldeten Dienste zu leisten, nur deshalb erhalten, weil von ihnen im Hinblick auf ihr Mandat erwartet wird, sie würden im Parlament die Interessen des zahlenden Arbeitgebers, Unternehmers oder der zahlenden Großorganisation vertreten und nach Möglichkeit durchzusetzen versuchen. Einkünfte dieser Art sind mit dem unabhängigen Status der Abgeordneten und ihrem Anspruch auf gleichmäßgige finazielle Ausstattung in ihrem Mandat unvereinbar. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = www.DFR/BVerfGE)

  51. Das demokratische und rechtsstaatliche Prinzip (Art.20 GG) verlangt, daß der Willensbildungsprozeß im Parlament, der zur Festsetzung der Höhe der Entschädigung und zur näheren Ausgestaltung der mit dem Abgeordnetenstatus verbundenen finanziellen Regelungen führt, für den Bürger durchschaubar ist und das Ergebnis vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen wird. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = www.DFR/BVerfGE)

  52. Zur privilegienfeindlichen Demokratie. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = RS-BVerfG-Nr.75.024 = www.DFR/BVerfGE)

  53. Zur Privilegierung beamteter Abgeordneter. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = RS-BVerfG-Nr.75.024 = www.DFR/BVerfGE)

  54. Zur Entschädigungsfestlegung durch den Landtag. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = RS-BVerfG-Nr.75.024 = www.DFR/BVerfGE)

  55. Zur Steuerfreiheit von Diäten. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = RS-BVerfG-Nr.75.024 = www.DFR/BVerfGE)

  56. Zur Vereinbarkeit verschiedener Regelungen des saarländischen Lantagsgesetzes mit dem GG. (vgl BVerfG, SU, 05.11.75, - 2_BvR_193/74 - Abgeordneter-Alimentation - BVerfGE_40,296 -330 = RS-BVerfG-Nr.75.024 = www.DFR/BVerfGE)

  57. Alte Beamtenverhältnisse

  58. Alle Beamtenverhältnisse sind am 8.Mai 1945 erloschen. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  59. Art.129 WRV hat im nationalsozialistischen Staat seine Verfassungskraft verloren und sie auch später nicht wiedererlangt. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  60. Die Geltung des Satzes, daß der Wechsel der Staatsform die Beamtenverhältnisse unberührt lasse, setzt voraus, daß es sich um echte Beamtenverhältnisse in traditionell-rechtsstaatlichem Sinne handelt, wie sie sich im Laufe des 19.und 20.Jahrhunderts in Deutschland entwickelt haben. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  61. Die durch das nationalsozialistische Beamtenrecht geschaffenen rechtserheblichen Tatsachen und Rechtszerstörungen lassen sich nicht als nur tatsächliche Behinderungen der Geltung des "wirklichen Rechts" beiseite schieben und nachträglich ungeschehen machen. Aus Gründen der Rechtssicherheit können sie nur durch neue gesetzgeberische Maßnahmen beseitigt werden. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  62. Die nach dem 8.Mai 1945 neu begründeten Dienstverhältnisse standen unter dem besonderen Vorbehalt des Eingriffes der Militärregierung zum Zwecke der politischen Überprüfung. Amtsentfernungen zu diesem Zwecke hatten in der amerikanischen Besatzungszone nicht eine Suspension, sondern eine endgültige Entlassung zur Folge. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  63. Art.33 Abs.5 GG stellt nicht - wie Art.129 WRV - wohlerworbene Rechte der Beamten unter Verfassungsschutz; er gewährleistet das Berufsbeamtentum als Einrichtung insoweit, als es sich in seiner hergebrachten Gestalt in den Rahmen unseres heutigen Staatslebens einfügen läßt. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  64. Art.131 GG ist nicht lediglich eine Zuständigkeitsnorm; er bezweckt auch inhaltlich eine besondere rechtliche Gestaltung bei der Regelung jenes Komplexes beamtenrechtlicher Verhältnisse, auf die wegen ihrer Eigenart die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art.33 Abs.5 GG) nicht im gleichen Maße angewandt werden können wie beim aktiven Dienst. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  65. Die Einführung der zehnjährigen Wartefrist und des Rechtsstandes des Beamten zur Wiederverwendung, die Nichterneuerung der erloschenen Beamtenverhältnisse auf Widerruf und die Nichtberücksichtigung von Ernennungen und Beförderungen im Rahmen des § 7 G 131 verstoßen nicht gegen Art.33 Abs.5 GG. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  66. Das G 131 verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, soweit es a) die Rechtsverhältnisse der betroffenen Beamten abweichend vom allgemeinen Beamtenrecht regelt;
    b) die Rechtsstellung und Tätigkeit der früheren Beamten nicht bis ins einzelne berücksichtigt;
    c) günstigere Landesregelungen zuläßt;
    d) gewisse Ernennungen und Beförderungen nicht berücksichtigt;
    e) die "Nichtbetroffenen" günstiger behandelt;
    f) in § 4 alter und neuer Fassung Stichtage festsetzt. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  67. Die Einbeziehung der Hochschullehrer in das G 131 verstößt nicht gegen Art.33 Abs.5 GG. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  68. Die die Beamten betreffenden Regelungen des G 131 verletzen nicht die Art.5 Abs.3 Satz 1, Art.101 Abs.1 Satz 2, Art.103 Abs.2 und 3 und Art.139 GG. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  69. Die vermögensrechtlichen Ansprüche der Versorgungsempfänger haben ihre Grundlage in einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis, das in Art.33 Abs.5 GG eine verfassungsmäßige Sonderregelung gefunden hat; eine Kürzung ihrer öffentlich-rechtlichen Ansprüche für die Zukunft kann daher nicht gegen Art.14 GG verstoßen. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  70. Versorgungsempfänger, die ihre Bezüge aus Kassen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes erhalten hatten, können ihre Ansprüche für die Übergangszeit, in der der Gesamtstaat handlungsunfähig war, nach den Grundsätzen über die Tragung des Betriebsrisikos nicht geltend machen; wenn das G 131 sie allein auf die von den Ländern in der Übergangszeit gewährten Zahlungen verweist, verstößt es nicht gegen Art.14 GG. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  71. Wenn das G 131 die verdrängten Versorgungsempfänger abweichend von den einheimischen behandelt, so berücksichtigt diese Unterscheidung den föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik; sie ist daher legitim, wenn sie nicht so dauerhaft und schwerwiegend ist, daß sie zu einer endgültigen Diskriminierung der verdrängten Versorgungsempfänger führt. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  72. Die Kürzung des Witwengeldes bei besonders großem Altersunterschied verstößt nicht gegen Art.3 und Art.33 Abs.5 GG. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  73. Art.33 Abs.5 GG garantiert nicht den einmal erworbenen öffentlich-rechtlichen Versorgungsanspruch in seiner vollen Höhe als wohlerworbenes Recht; er läßt Kürzungen zu, sofern der standesgemäße Unterhalt nicht beeinträchtigt wird, wie er für die einzelnen Beamtengruppen - unter Berücksichtigung des allgemeinen Lebensstandards - jeweils besonders zu bemessen ist. (vgl BVerfG, U, 17.12.53, - 1_BvR_147/52 - Beamtenverhältnisse - BVerfGE_3,58 = www.DFR/BVerfGE)

  74. §§§



    Angestellte

  75. Wenn auch an die Angestellten im öffentlichen Dienst weniger hohe Anforderungen als an die Beamten zu stellen sind, schulden sie geichwohl dem Dienstherrn Loyalität und die gewissenhafte Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten; auch sie dürfen nicht den Staat, in dessen Dienst sie stehen, und seine Verfassungsordnung angreifen; auch sie können wegen grober Verletzung dieser Dienstpflichten fristlos entlassen werden; und auch ihre Einstellung kann abgelehnt werden, wenn damit zu rechnen ist, daß sie ihre mit der Einstellung verbundenen Pflichten nicht werden erfüllen können oder wollen. (vgl BVerfG, B, 22.05.75, - 2_BvR_13/73 - Extremisten-Beschluss - BVerfGE_39,334 -391 = E-StA_91,466 -468 = DÖV_75,670 -673)

  76. Ein Teil des Verhaltens, das für die Beurteilung der Persönlichkeit eines Beamtenanwärters erheblich sein kann, kann auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei sein, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt - unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des BVerG festgestellt ist oder nicht. (vgl BVerfG, B, 22.05.75, - 2_BvR_13/73 - Extremisten-Beschluss - BVerfGE_39,334 -391 = E-StA_91,466 -468 = DÖV_75,670 -673)

  77. Dem Staat steht frei, einen Vorbereitungsdienst, dessen erfolgreiche Absolvierung Voraussetzung sowohl für den Staatsdienst im Beamtenverhältnis als auch für einen freien Beruf ist, allgemein so zu organisieren, daß er ein einem zivilrechtlichen Anstellungsverhältnis oder in einem besonderen öffentlichrechtlichen Verhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses abzuleisten ist. Entscheidet er sich für einen Vorbereitungsdienst, der im Beamtenverhältnis zurückzulegen ist, so muß er für denjenigen, für die ein Beruf außerhalb des Staatsdienstes in Betracht kommt, entweder einen gleichwertigen, nicht diskriminierenden Vorbereitungsdienst anbieten, der ohne Berufung ins Beamtenverhältnisses geleistet werden kann, oder innerhalb seiner beamtenrechtlichen Regelung eine Ausnahmevorschrift vorsehen, die es gestattet, den Vorbereitungsdienst auf Wunsch außerhalb eines Beamtenverhältnisses abzuleisten. Im Hinblick darauf, daß in zunehmendem Maße neben die zweistufige juristische Ausbildung eine einstufige Ausbildung tritt, mag es zur rechtlichen Vereinheitlichung des juristischen Vorbereitungsdienstes naheliegen, künftig für alle Juristen die praktische Ausbildung vor der zweiten juristischen Staatsprüfung innerhalb eines öffentlichrechtlichen Rechtspraktikanten-Verhältnisses vorzusehen, das kein Beamtenverhältnis ist. (vgl BVerfG, B, 22.05.75, - 2_BvR_13/73 - Extremisten-Beschluss - BVerfGE_39,334 -391 = E-StA_91,466 -468 = DÖV_75,670 -673 )

§§§



  Rspr zu Art.33 GG [  ›  ]

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