04.061 Private Schwimmhalle |
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BVerwG, U, 28.04.04, - 4_C_10/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_1 Abs.3, BauGB_§_34 Abs.1, BauGB_§_34 Abs.2; BauNVO_§_2, BauNVO_§_3 Abs.2 Nr.2, BauNVO_§_14 Abs.1
Übergeleiteter Bebauungsplan / Kleinsiedlungsgebiet / Funktionslosigkeit / Anlage für sportliche Zwecke / Schwimmhalle / Nebenanlage / Unterordnung / Nachbarschutz
1) Die Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebiets ist funktionslos geworden, wenn im betroffenen Gebiet auf absehbare Zeit nicht mehr mit einer Rückkehr zur Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln, die auf dem Grundstück gewonnen werden, zu rechnen ist und sich die Bewohner erkennbar auf diesen Zustand eingestellt haben.
2) Eine bauliche Anlage, die zwar der sportlichen Betätigung dienen soll, aber nur zur Benutzung durch die Bewohner des auf demselben Grundstück befindlichen Wohnhauses und deren persönliche Gäste bestimmt und beschränkt ist, fällt nicht in den Anwendungsbereich von § 3 Abs.3 Nr.2 BauNVO.
3) Eine private Schwimmhalle in einem Wohngebiet ist als Nebenanlage anzusehen. Sie ist nicht zulässig, wenn sie das Merkmal der funktionellen und räumlich-gegenständlichen Unterordnung nicht erfüllt. Dem Nachbarn steht insoweit ein subjektives Abwehrrecht zu.
§§§
04.062 Anschluss-+ Benutzungszwang |
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BVerwG, U, 28.04.04, - 8_C_13/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.20 Abs.3, GG_Art.20a, GG_Art.28 Abs.2; VwGO_§_43 Abs.1; (SH) GemO_§_17
Anschluss- und Benutzungszwang / Fernwärmeversorgung / Befeiung / Klimaschutz / Verhältnismäßigkeit von Anschluss- und Benutzungszwang / Staatsziel Umweltschutz / Kraft-Wärme-Kopplung / Geeignetheit einer Maßnahme
Eine Maßnahme ist nur verhältnismäßig, wenn sie geeignet ist, den angestrebten Zweck zu fördern. Dass sie irgendein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel fördert, genügt nicht.
Z-419 Anschluss-+ Benutzungszwang: Verhältnismäßigkeit
"... Unter Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht die Feststellungsklage für unbegründet gehalten. Es verkennt die Bedeutung des aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art.20 GG hergeleiteten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit: (Abs.37)
Das Berufungsgericht kommt in Auslegung und Anwendung des grundsätzlich irrevisiblen Landesrechts zu dem Ergebnis, der Landesgesetzgeber habe durch § 17 Abs.2 Gemeindeordnung Schleswig-Holstein die Gemeinden ermächtigt, bei der Schaffung öffentlicher Einrichtungen auch Ziele des Klimaschutzes zu verfolgen und deshalb dürfe ein Anschluss- und Benutzungszwang auch angeordnet werden, wenn die Fernwärmeversorgung nur bei globaler Betrachtung unter Einbeziehung ersparter Kraftwerksleistung an anderer Stelle zu einer beachtlichen Verringerung des Schadstoffausstoßes führe. (Abs.38)
Dies kann aber nur dann zur Verhältnismäßigkeit des Anschluss- und Benutzungszwangs hinsichtlich einer Fernwärmeversorgung führen, wenn der Klimaschutz Zweck des Zwangs ist. Denn eine wie hier in Freiheitsrechte von Bürgern eingreifende Maßnahme ist nur dann verhältnismäßig, wenn sie geeignet ist, den angestrebten Zweck zu fördern. Die Eignung der Maßnahme, irgendeinen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck zu fördern, genügt nicht. Auch wenn
dieser Zweck als Teil des in Art.20a GG genannten Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen Verfassungsrang hat, gilt nichts anderes. (Abs.39)
Zweck der Fernwärmesatzung der Beklagten und des in ihr normierten Anschluss- und Benutzungszwangs ist aber nicht der Klimaschutz. Insoweit gilt für die Fernwärmesatzung vom 4.Februar 2002 und die Fernwärmesatzung vom 1.September 2002 das Gleiche. Nach beiden Satzungen betreibt die Beklagte "aufgrund ihrer Rolle als Industriestandort sowie als Schnittpunkt stark frequentierter Verkehrswege zur Einschränkung der Immissionen aus Feuerungsanlagen auf Grundstücken in der Stadt Fernwärmeversorgung". Zweck ist demnach die Einschränkung von Immissionen auf Grundstücken im Stadtgebiet der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Beklagten bezieht sich die Formulierung "auf Grundstücken in der Stadt" auf die Immissionen und nicht auf die Feuerungsanlagen. Der Wortlaut ist insoweit eindeutig, denn bezöge sich die Formulierung auf Feuerungsanlagen, hätte sie keinen vernünftigen Sinn. Eine gemeindliche Satzung kann von vornherein nur Regelungen für Anlagen, die auf Grundstücken in der Stadt liegen, treffen. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es auch nicht darauf an, welcher Zweck in einer Vorlage der Verwaltung für den Stadtrat angegeben worden ist. Benennt der Satzungsgeber den Zweck der Satzung ausdrücklich in deren Text, ist nicht im Wege der Auslegung auf dem
Satzungsgeber vorliegende von ihm aber nicht beschlossene Materialien zurückzugreifen. (Abs.40)
Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden. Im Berufungsurteil wird ausdrücklich offen gelassen, ob durch die Fernwärmeversorgung die Immissionen im Gebiet der Beklagten vermindert werden und damit, ob die Satzung dem angestrebten Zweck dient. Auch ist die Klage nicht bereits aus anderen Gründen begründet. Deshalb ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs.3 Ziff.2 VwGO)." (Abs.41)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.37 f
§§§
04.063 Gehaltsrückforderung |
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BVerwG, U, 29.04.04, - 2_A_5/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BBesG_§_12 Abs.2
Rückforderung überzahlter Dienstbezüge / Wegfall der Bereicherung / Mangel des rechtlichen Grundes
LB 3) Merkblätter und Erläuterungen zu seiner Besoldung muss der Beamte sorgfältig lesen (vgl Urteil vom 25.Juni 1969 BVerwG 6 C 103.67 BVerwGE 32,228).
LB 4) Bei Unklarheiten oder Zweifeln ist der Beamte aufgrund seiner Treuepflicht gehalten, sich durch Rückfragen bei der auszahlenden oder anweisenden Stelle Gewissheit zu verschaffen, ob die Zahlung rechtmäßig ist.
Z-420 Rückforderung: zuviel gezahlte Bezüge
"... Die Klage, über die der Senat gemäß § 50 Abs.1 Nr.4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, ist begründet. Der Bescheid vom 22.Februar 2002 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Rückzahlung zuviel gezahlter Dienstbezüge. (Abs.12)
Nach § 12 Abs.2 BBesG regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Dienstbezüge sind zuviel gezahlt, wenn sie ohne rechtlichen Grund gezahlt sind. Der Kläger hat von Dezember 1998 bis März 2001 den Teilbetrag der Überleitungszulage nach Art.14 § 1 des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reformgesetz) vom 24.Februar 1997 (BGBl I S.322), der dem Betrag entspricht, um den sich sein Grundgehalt infolge des Aufsteigens in die Gehaltsstufe 11 am 1.Dezember 1998 erhöht hatte, ohne rechtlichen Grund erhalten. Denn um diesen Teilbetrag hatte sich die Überleitungszulage ab dem 1.Dezember 1998 gemäß Art.14 § 1 Satz 3 Halbsatz 1 Reformgesetz verringert. Die Überzahlung beläuft sich unter Berücksichtigung der dem Kläger zustehenden, aber über längere Zeit nicht ausgezahlten Sicherheitszulage und der von der Beklagten einbehaltenen Gehaltsbestandteile auf 811,97."
Auszug aus: Originalurteil, Abs.12 f
Z-421 Rückforderung: Wegfall der Bereicherung
"...Der Kläger kann sich gegenüber dem Rückzahlungsverlangen auf den Wegfall der Bereicherung berufen, da er das Geld für seinen Lebensunterhalt verbraucht hat (§ 12 Abs. 2 BBesG i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB). Er haftet nicht verschärft (§ 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG i.V.m. § 819 BGB, § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG). Weder kannte er den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung, noch war dieser Mangel so offensichtlich, dass er ihn hätte erkennen müssen. (Abs.14)
Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Kläger gewusst hat, ihm hätten ab Dezember 1998 um (umgerechnet) 811,97 verminderte Dienstbezüge nach den gesetzlichen Regelungen zugestanden. Von einer positiven Kenntnis der Überzahlung ist auch die Beklagte nicht ausgegangen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Mangel des rechtlichen Grundes offensichtlich war. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Mangel offensichtlich, wenn der Empfänger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (vgl. Urteile vom 27.Januar 1987 BVerwG 2 C 4.85 Buchholz 240 § 12 BBesG Nr.12 und BVerwG 2 C 9.85 Buchholz 240 § 12 BBesG Nr.13; vom 28.Juni 1990 BVerwG 6 C 41.88 Buchholz 240 § 12 BBesG Nr.17). Für das Erkennenmüssen kommt es auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Beamten/Soldaten an (Urteile vom 25.November 1982 BVerwG 2 C 14.81 Buchholz 235§ 12 BBesG Nr.3 und vom 28.Juni 1990 BVerwG 6 C 41.88 aaO).
Von jedem Beamten/Soldaten ist zu erwarten, dass er die Grundprinzipien des Beamtenrechts, sein eigenes statusrechtliches Amt nebst besoldungsrechtlicher Einstufung sowie die ihm zustehenden Besoldungsbestandteile wie Grundgehalt, Familienzuschlag und wohl auch die ihm zustehenden Zulagen kennt. Von juristisch vorgebildeten oder mit Besoldungsfragen befassten Beamten sind weitergehende Kenntnisse zu erwarten. Bei Unklarheiten oder Zweifeln ist der Beamte aufgrund seiner Treuepflicht gehalten, sich durch Rückfragen bei der auszahlenden oder anweisenden Stelle Gewissheit zu verschaffen, ob die Zahlung rechtmäßig ist. Merkblätter und Erläuterungen zu seiner Besoldung muss er sorgfältig lesen (vgl Urteil vom 25.Juni 1969 BVerwG 6 C 103.67 BVerwGE 32,228). (Abs.15)
Von dem Kläger als Soldaten, der mit Besoldungsangelegenheiten nicht dienstlich befasst war, kann mehr als ein besoldungsrechtliches Grundwissen nicht erwartet werden. Spezielle Kenntnisse auch aktueller Neuregelungen gehören nicht dazu. Deshalb brauchte der Kläger auch nicht zu wissen, dass besoldungsrechtliche Überleitungszulagen als Ausgleich für eine Verringerung der Dienstbezüge infolge einer Gesetzesänderung in der Regel als Zulagen ausgestaltet sind, die durch spätere Besoldungserhöhungen aufgezehrt werden, oder dass dies jedenfalls bei der Überleitungszulage nach Art.14 § 1 Reformgesetz so war. (Abs.16)
Die Gehaltsmitteilungen, die der Kläger erhalten hat, waren nicht geeignet, ihn die Rechtsgrundlosigkeit der Zahlung erkennen zu lassen oder auch nur Zweifel auszulösen, ob die Gehaltszahlungen der Höhe nach rechtmäßig waren. In ihnen waren drei vom Kläger bezogene Zulagen ausgewiesen, darunter die Überleitungszulage nach den Gehaltsmitteilungen für die Zeit bis Juni 1999 in Höhe von 226,80 DM monatlich. In der Gehaltsmitteilung mit Geltung ab 1.Dezember 1998 war zwar ein höheres Grundgehalt als in der zuvor erhaltenen Mitteilung für November 1998 ausgewiesen, es war die neue höhere Gehaltsstufe 11 angegeben. Dass sich deshalb die Überleitungszulage reduzierte, war für den Kläger nicht offensichtlich. Die anderen aufgeführten Zulagen veränderten sich auch nicht. Die Reduzierung der Überleitungszulage laut Gehaltsmitteilung ab 1.Juli 1999 erklärte sich für den Kläger zwanglos dadurch, dass er in den Genuss einer allgemeinen Besoldungserhöhung gelangt war. Auf diese war in der Besoldungsmitteilung ausdrücklich in Fettdruck hingewiesen. Wie unübersichtlich die einzelnen Komponenten in der Besoldung des Klägers damals waren, zeigt sich ua daran, dass auch die Beklagte über Monate die Höhe der dem Kläger zustehenden Besoldung unzutreffend ermittelt hat. (Abs.17 )
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger aufgrund von Gesprächen im Kollegenkreis oder bei sonstigen Gelegenheiten darüber informiert war, dass die
Überleitungszulage durch Besoldungserhöhungen abgeschmolzen wurde. Zwar behauptet die Beklagte, der Kläger habe an Gesprächen anderer Soldaten teilgenommen, in denen hiervon die Rede gewesen sei. Die mündliche Verhandlung hat indessen gezeigt, dass die Beklagte damit nur eine Vermutung ausgesprochen hat. Die Beklagte hat kein Gespräch zwischen Soldaten oder Beamten des Bundesnachrichtendienstes nennen können, an dem der Kläger teilgenommen hat und in dem über die Überleitungszulage gesprochen worden ist. Gespräche dieses Inhalts können auch nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht durchgängig für jeden Beamten unterstellt werden. (Abs.18)
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Kläger auch nicht von der Beklagten durch Informationsschreiben über die besoldungsrechtlich relevanten Änderungen des Reformgesetzes unterrichtet worden. Im Merkblatt "Informationen zur Dienstrechtsreform für den Geschäftsbereich des BMVg" sind zwar in verständlicher Form die Änderungen durch das Reformgesetz und auch die Regelungen zur Überleitungszulage einschließlich ihrer Aufzehrung durch nachfolgende Besoldungserhöhungen erläutert. Der Senat hat aber nicht festzustellen vermocht, dass der Kläger in den Besitz dieses Merkblatts gelangt ist. Dabei kann offen bleiben, ob das Verfahren, das die Beklagte zur Übermittlung des Merkblatts an die einzelnen Besoldungsempfänger gewählt hat,
geeignet ist, den Anscheinsbeweis zu erbringen, dass jeder Besoldungsempfänger das Merkblatt erhalten hat. Die Beklagte gibt an, mittels Computer in jeden Briefumschlag, der die für jeden elektronisch erfassten Besoldungsempfänger ausgedruckten Gehaltsmitteilungen für den Monat Juli 1997 enthielt, ein Exemplar des Merkblatts eingelegt zu haben und dann die verschlossenen Umschläge, die für die Besoldungsempfänger bei den einzelnen Dienststellen bestimmt waren, en bloc der jeweiligen Dienststelle zur internen Verteilung zugeleitet zu haben. Denn die Übermittlung der Briefe an die Dienststelle des Klägers sowie die dortige interne Verteilung weisen Besonderheiten auf, die untypisch für ein computergesteuertes und -gestütztes Verfahren sind und deshalb nicht den Schluss erlauben, dass bei diesem Verfahrensablauf das Merkblatt an den Kläger gelangen musste. Jedenfalls könnte darauf nicht die Überzeugung gestützt werden, dass eine lückenlose Verteilung des Merkblatts gewährleistet war. Die Behauptung des Klägers, er habe das Merkblatt nicht erhalten, ist nicht zu widerlegen. Sie kann auch nicht als bloße Schutzbehauptung abgetan werden, weil davon auszugehen ist, dass den Gehaltsmitteilungen für die Besoldungsempfänger in der Unterabteilung des Bundesnachrichtendienstes, in der auch der Kläger damals verwendet wurde, zumindest in einem Fall das Merkblatt nicht beigefügt war. Das hat die Beweisaufnahme durch den Senat ergeben. (Abs.19)
Der Zeuge ... H, Hauptmann a.D., der im Sommer 1997 als einziger weiterer Soldat neben dem Kläger in der Unterabteilung des Bundesnachrichtendienstes beschäftigt war, in der auch der Kläger Dienst leistete, hat bekundet, dass sich in dem Aktenordner, in dem er die während seiner Dienstzeit erhaltenen Informationsblätter abgeheftet hat, das Merkblatt "Informationen zur Dienstrechtsreform für den Geschäftsbereich des BMVg" nicht befindet, während die Gehaltsmitteilung für Juli 1997 vorhanden ist. Der Zeuge, der ausgesagt hat, er habe alle Gehaltsmitteilungen und alle Merkblätter, die er erhalten habe, gesammelt und abgeheftet, kann sich das Fehlen des fraglichen Merkblatts nur dadurch erklären, dass er dieses Informationsblatt nicht erhalten hat. (Abs.20)
Der Senat glaubt dem Zeugen, dass das Merkblatt "Informationen zur Dienstrechtsreform für den Geschäftsbereich des BMVg" in der Sammlung des Zeugen fehlt. Das Vorhanden- oder Nicht-Vorhandensein des Merkblatts in dem der Aufbewahrung der besoldungsrechtlichen Merkblätter dienenden Aktenordner ist eine ohne weiteres feststellbare Tatsache. Der Zeuge hat den Ordner durchgesehen und das Fehlen des Merkblatts festgestellt, dies hat er vor dem Senat eindeutig und bestimmt bekundet. Nichts spricht dafür, dass der Zeuge sich geirrt oder bewusst die Unwahrheit gesagt hat. (Abs.21)
Die sorgfältige Aufbewahrung der empfangenen Gehaltsmitteilungen und Merkblätter entspricht, wie der Zeuge erläutert hat, seinen Gepflogenheiten. Wenn in der sonst vollständigen Sammlung besoldungsrechtlicher Merkblätter das Informationsblatt vom Juni 1997 fehlt, und wenn nichts dafür ersichtlich ist, dass das Merkblatt spätera us dem Ordner entfernt worden ist, lässt sich das Fehlen nur dadurch erklären, dass der Zeuge das Merkblatt nicht erhalten hat. Davon ist der Senat überzeugt. (Abs.22)
Da weitere Aufklärungsmöglichkeiten, dass der Kläger das Informationsblatt erhalten hat, nicht bestehen und die Beklagte die materielle Beweislast für die Voraussetzungen trägt, aus denen sich die verschärfte Haftung des Bezügeempfängers ergibt, waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben." (Abs.23)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.14 f
§§§
BVerwG, U, 29.04.04, - 2_C_21/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BRRG_§_44a; (SH) LBG_§_88a
Altersteilzeit / Blockmodell / dringende dienstliche Belange / Ermessen / ermessensleitende Richtlinien / Teilzeitbeschäftigung
Die Gewährung von Altersteilzeit an Beamte steht in Schleswig-Holstein nur dann im Ermessen des Dienstherrn, wenn dringende dienstliche Interessen nicht entgegenstehen. An dieser Voraussetzung kann es fehlen, wenn die Haushaltslage es gegenwärtig und in absehbarer Zukunft unmöglich macht, durch Teilzeitarbeit freiwerdende Stellen erneut zu besetzen, obwohl deren Wiederbesetzung erforderlich ist. Die oberste Dienstbehörde ist befugt, dies generell für ihren Bereich festzustellen und ermessensleitende Richtlinien zu erlassen.
§§§
04.065 Drittschadensliquidation |
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BVerwG, U, 29.04.04, - 2_C_2/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
ZDG_§_2 Abs.1, ZDG_§_4 Abs.1, ZDG_§_6, ZDG_§_27 Abs.1 S.1, ZDG_§_30, ZDG_§_34 Abs.1 S.1, ZDG_§_34 Abs.2 S.1; BGB_§_249, BGB_§_278, BGB_§_831 iVm BGB_§_823 Abs.1, BGB_§_839 Abs.1; GVG_§_17 Abs.2 S.2 iVm GG_Art.34 S.3
Zivildienstrecht / Schadensersatzanspruch des Trägers der Beschäftigungsstelle gegen den Bund wegen Schädigung durch den Zivildienstleistenden.
1) Mit der Anerkennung als Beschäftigungsstelle nach dem Zivildienstgesetz entsteht zwischen dem Träger der Beschäftigungsstelle und dem Bund ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis (wie bisherige Rspr).
2) Der Bund ist verpflichtet, den Zivildienstleistenden, der dem Träger der Beschäftigungsstelle einen Schaden zugefügt hat, im Wege der Drittschadensliquidation auf Ersatz dieses Schadens in Anspruch zu nehmen (wie bisherige Rspr).
3) Die auf der Fürsorge des Dienstherrn beruhende Beschränkung von Ersatzansprüchen des Bundes auf einen dem Zivildienstleistenden noch zumutbaren Betrag gilt auch für Ersatzansprüche wegen eines dem Träger der Beschäftigungsstelle zugefügten Schadens.
§§§
BVerwG, U, 29.04.04, - 2_C_9/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.33 Abs.5; BBesG_§_48; MVergV_§_2, MVergV_§_3, MVergV_§_4, MVergV_§_5; EG_Art.137; (aF) EGV_Art.118a; RL 89/391/EWG, 93/104/EG, 2000/34/EG
Alimentation / Arbeitszeit / Bereitschaftsdienst / Gemeinschaftsrecht / Gesetzesbindung der Besoldung / Mehrarbeitsvergütung
Die von einem Beamten in Bereitschaftsdienst geleistete Mehrarbeit ist weder nach nationalem Recht noch nach Gemeinschaftsrecht wie Mehrarbeit in "Volldienst" zu vergüten.
§§§
BVerwG, U, 29.04.04, - 3_C_27/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwVfG_§_32; VO(EWG) Nr 1765/92 Art.10; Nr 3887/92 Art.8
Antragsfrist / materielle Frist / Verfahrensfrist / Wiedereinsetzung / höhere Gewalt / Deutsche Post AG
1) Höhere Gewalt im Sinne des europäischen Gemeinschaftsrechts setzt voraus, dass der Nichteintritt einer Tatsache auf Umständen beruht, die vom Willen desjenigen, der sich hierauf beruft, unabhängig sowie ungewöhnlich und unvorhersehbar sind und deren Folgen trotz aller Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können.
2) Der Verlust einer Briefsendung auf dem Postwege kommt als ein Fall höherer Gewalt im Sinne des Gemeinschaftsrechts in Betracht.
§§§
BVerwG, U, 30.04.04, - 4_CN_1/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_47 Abs.2 S.1; BauGB_§_1 Abs.3, BauGB_§_1 Abs.6, BauGB_§_2 Abs.1 S.1
Normenkontrolle / Antragsbefugnis / abwägungserheblicher Belang / Einbeziehung eines Grundstücks in Bebauungsplan
Das Interesse, mit einem bisher nicht bebaubaren Grundstück in den Geltungsbereich eines Bebauungsplans einbezogen zu werden, ist für sich genommen kein abwägungserheblicher Belang, der dem Eigentümer die Antragsbefugnis für eine Normenkontrolle (§ 47 Abs.2 Satz 1 VwGO) vermitteln kann.
§§§
04.069 Nachrichtendienste |
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BVerwG, B, 12.05.04, - 1_WB_29/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
SÜG_§_5 Abs.1 S.1 Nr.1, SÜG_§_13 Abs.1 Nr.14
Sicherheitserklärung / Sicherheitsrisiko / unvollständige Angaben / Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR (MfS).
Zur Auslegung des Begriffs "Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten oder zu Nachrichtendiensten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die auf einen Anbahnungs- und Werbungsversuch hindeuten können", in § 13 Abs.1 Nr.14 SÜG.
§§§
BVerwG, U, 13.05.04, - 3_C_26/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.2 Abs.1, GG_Art.4 Abs.1, GG_Art.4 Abs.2
Friedhofsbenutzung / Grabmal / Gestaltungsvorschriften für Grabmale / Politurverbot
1) Dem Friedhofsträger ist nicht verboten, Vorschriften über die Grabgestaltung zu erlassen, die durch die allgemeinen Friedhofszwecke nicht gefordert, aber mit ihnen vereinbar sind, sofern sie durch einen legitimen Zweck gedeckt sind und die Rechte der Friedhofsbenutzer nicht in einem Maße beschränken, das außer Verhältnis zu Gewicht und Bedeutung des verfolgten Zweckes steht.
2) Lehnt ein Friedhofsbenutzer unter Berufung auf seine Glaubensüberzeugung die Bestattung seiner Angehörigen auf einem nahe gelegenen kommunalen Friedhof ab und verlangt er die Bestattung auf einem konfessionellen Friedhof, so ist ihm zuzumuten, sich in diejenigen Regelungen zu fügen, die dort als Ausfluss der gemeinsamen Glaubensüberzeugung getroffen sind.
§§§
04.071 Ambulanter Pflegedienst |
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BVerwG, U, 13.05.04, - 3_C_2/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.74 Abs.1 Nr.12, GG_Art.74 Abs.1 Nr.19a; SGB_XI_§_9, SGB_XI_§_72 Abs.3, SGB_XI_§_82 Abs.2, SGB_XI_§_82 Abs.4
ambulanter Pflegedienst / Investitionsförderung für ambulanten Pflegedienst / Betreuungsbereich / Berufsfreiheit / Wettbewerbsverzerrung / Sozialstation / Ambulantes-Hilfe-Zentrum / Trägervielfalt / verfassungskonforme Auslegung
Regelt ein Land die Investitionsförderung für ambulante Pflegedienste in der Weise, dass die Landkreise und kreisfreien Städte in überschneidungsfreie Betreuungsbereiche aufzuteilen sind und in jedem Betreuungsbereich nur ein Pflegedienstträger gefördert wird, so verletzt dies das Grundrecht der konkurrierenden Anbieter auf freie Berufsausübung.
§§§
BVerwG, B, 13.05.04, - 6_B_25/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(SA) JAPro_§_18 Abs.2, JAPrO_§_22 Abs.2
Juristische Staatsprüfung / Mittelwertverfahren
Wird eine schriftliche Prüfungsleistung durch zwei Prüfer bewertet und weichen die Bewertungen um nicht mehr als drei Punkte voneinander ab, so bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der Punktwert dadurch gebildet wird, dass die von den Prüfern gegebenen Punktzahlen zusammengezählt werden und die Summe durch zwei geteilt wird. Das gilt auch dann, wenn die Mittelwertbildung dazu führt, dass die schriftliche Prüfung nicht bestanden ist, weil mehr als die Hälfte der Aufsichtsarbeiten geringer als mit 4,00 Punkten bewertet worden sind.
§§§
04.073 Kindergartengebühr |
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BVerwG, B, 14.05.04, - 5_B_24/05 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
SGB_VIII_§_90 Abs.1 S.2, SGB_VIII_§_90 Abs.3
Staffelung von Kindergartenbeiträgen
LB 2) Zur Pflicht des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe den Teilnahmebeitrag oder die Gebühr auf Antrag ganz oder teilweise zu erlassen oder zu übernehmen, wenn die Belastung dem Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist.
Z-422 Kindergartenentgelt: Staffelung
"... In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Gesetz- bzw Satzungsgeber sowohl bei der Staffelung der Kindergartenentgelte wie auch bei der Bestimmung des hierfür maßgeblichen Einkommensbegriffs einen weiten Gestaltungsspielraum hat (siehe mwN BVerwG, Beschluss vom 10.September 1999 BVerwG 11 BN 2.99 Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr.93; Urteil vom 15.September 1998 BVerwG 8 C 25.97 BVerwGE 107,188). Eine einkommensabhängige Staffelung von Kindergartenbeiträgen oder -gebühren begegnet als solche auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe BVerfG, Beschluss vom 10.März 1998 1 BvR 178/97 BVerfGE 97,332); der Anforderung, dass Kindergartenplätze auch Kindern einkommensschwacher Eltern nicht vorenthalten werden dürfen, kann durch sozial gestaffelte Tarife genügt werden (BVerfGE 97,332 ). Aus dieser Rechtsprechung folgt, ohne dass es weiterer Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf, dass der Landesgesetzgeber, soweit er nach § 90 Abs.1 Satz 2 SGB VIII eine Staffelung der Teilnahmebeiträge und Gebühren ua nach Einkommensgruppen vorschreibt oder selbst entsprechend gestaffelte Beträge festsetzt, eine Staffelung auch in der Weise vornehmen kann, dass in bestimmten Einkommensklassen keine oder nur einkommensabhängig sehr geringe Beiträge oder Teilnahmebeiträge zu entrichten sind. Es ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, dass § 90 Abs.1 Satz 2 SGB VIII kraft Bundesrechts bei einer einkommensabhängigen Staffelung keinen Mindestbeitrag vorschreibt und
auch nicht Staffelstufen entgegensteht, die unterhalb der Schwelle der zumutbaren Belastung liegen, die sich nach § 90 Abs.4 SGB VIII ergibt. Welche Grenzen Landesrecht einer einkommensabhängigen Staffelung ziehen kann und ob etwaige landesrechtliche Grenzen hier beachtet worden sind, berührt hier keine grundsätzlicher Klärung bedürftige oder zugängliche Frage des Bundesrechts."
Auszug aus: Originalurteil, Abs.6
Z-423 Kindergartenentgelt: unzumutbare Belastung
"... Mit dem Umstand, dass nach § 90 Abs.3 SGB VIII bei der Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen nach §§ 22, 24 SGB VIII der Teilnahmebeitrag oder die Gebühr auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden soll, wenn die Belastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist, setzt das Gesetz ersichtlich das Bestehen einer nach § 90 Abs.1 SGB VIII begründeten Teilnahmebeitrags- oder Gebührenpflicht voraus. § 90 Abs.3 SGB VIII verpflichtet den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (nur) im Verhältnis zum Beitrags- bzw. Gebührenpflichtigen, einen nach Absatz 1 begründeten Teilnahmebeitrag oder die Gebühr ganz oder teilweise zu erlassen oder zu übernehmen, wirkt aber nicht auf die Begründung der Teilnahmebeitrags- oder Gebührenpflicht zurück. Die Festsetzung der nach § 90 Abs.1 SGB VIII zu erhebenden Teilnahmebeiträge bzw. Gebühren und ihre etwaige einkommensabhängige Staffelung ist der an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe gerichteten Pflicht, nach § 90 Abs.1 SGB VIII geschuldete Beiträge oder Gebühren bei unzumutbarer Belastung ganz oder teilweise zu erlassen oder zu übernehmen, vorgelagert und von ihr unabhängig. Insbesondere fehlt angesichts der ausdrücklichen Ermächtigung an den Landesgesetzgeber zu einer einkommensabhängigen Staffelung der Teilnahmebeiträge oder Gebühren in § 90 Abs.1 Satz 2 SGB VIII jeder Anhalt, dass kraft Bundesrechts den Belangen
einkommensschwächerer Eltern ausschließlich durch die Übernahme oder den Erlass von Teilnahmebeiträgen oder Gebühren Rechnung getragen werden sollte, die sich bei einem wie auch immer bestimmten Mindesteinkommen oder einer bestimmten Mindestbeteiligung an den tatsächlich für die Einrichtung entstehenden Kosten orientieren. § 90 Abs.3 SGB VIII trägt vielmehr dem Umstand Rechnung, dass § 90 Abs.1 Satz 2 SGB VIII den Landesgesetzgeber zwar zur ua einkommensabhängig gestaffelten Gebührenfestsetzung ermächtigt, den Landesgesetz- bzw. Satzungsgeber hierzu indes kraft Bundesrechts nicht verpflichtet. § 90 Abs.3 SGB VIII, der bereits nach seinem Wortlaut an den nach § 90 Abs.1 SGB VIII bestimmten und nicht an einen fiktiv errechneten Teilnahmebeitrag oder eine Gebühr anknüpft, setzt nach seiner systematischen Stellung und seinem erkennbaren Sinn und Zweck bundesrechtlich mithin voraus, dass der vom Träger der Jugendhilfe nach § 90 Abs.3 SGB VIII zu tragende Finanzierungsbeitrag zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen davon abhängig ist, ob bzw in welcher Weise der Teilnahmebeitrag oder die Gebühren nach § 90 Abs.1 Satz 2 SGB VIII sozial gestaffelt sind.
Auszug aus: Originalurteil, Abs.7
§§§
BVerwG, U, 18.05.04, - 1_WDS-VR_1/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
SBG_§_48, SBG_§_51 Abs.3 S.1; BPersVG_§_47 Abs.2; GVG_§_17 Abs.2 S.1
Personalrat / Soldatenvertreter / Versetzungsschutz / Mandatsschutz / Wiederwahl / Amtszeit / Rechtsweg
Die vor Ablauf der Amtszeit des Personalrats verfügte und erst nach deren Ende wirksam werdende Versetzung oder Abordnung eines Personalratsmitglieds unterliegt bei dessen fehlender Zustimmung auch weiterhin der Schutzvorschrift des § 47 Abs.2 BPersVG, insbesondere dem Zustimmungserfordernis nach § 47 Abs.2 Satz 3 BPersVG, wenn das Personalratsmitglied noch vor Eintritt der Wirksamkeit der Personalmaßnahme erneut in den Personalrat gewählt wird.
Z-424 Personalratsmitglieder: Versetzungsschutz
"... Der Versetzungsschutz für Personalratsmitglieder nach § 47 Abs. 2 BPersVG gilt für die Dauer ihrer Amtszeit (§ 26 BPersVG). Schutzzweck der Norm ist es, den Verlust des Personalratsamtes als Folge dienstrechtlicher Maßnahmen (s § 29 Abs.1 Nr.4 BPersVG) zu verhindern, die ungestörte Ausübung des Mandats sicherzustellen und den Mitgliedern des Personalrats die für ihre Arbeit notwendige Unabhängigkeit gegenüber dienstlichen Maßnahmen, die sie dauernd oder vorübergehend an der Ausübung ihres Amtes hindern könnten, zu gewährleisten (grundlegend für Soldatenvertreter: Beschluss vom 19.Februar 1987 BVerwG 6 P 11.85 - ; weiterhin Beschluss vom 31.Januar 1994 BVerwG 2 B 1.94 mwNw). Dieser Schutzzweck gebietet es zugleich, Personalratsmitglieder, die vor Ablauf der Amtszeit einer Personalvertretung für eine weitere Amtsperiode als Personalrat wieder gewählt werden, ohne Unterbrechung dem Mandatsschutz zu unterstellen. Anderenfalls entstünden Lücken im Mandatsschutz der Personalratsmitglieder, die mit dem Sinn und Zweck des Bundespersonalvertretungsgesetzes, wie § 26 Satz 2 BPersVG belegt, nicht vereinbar wären. Hieraus folgt insbesondere, dass eine vor Ablauf der Amtszeit des Personalrats verfügte und erst nach deren Ende wirksam werdende Versetzung oder Abordnung des Personalratsmitglieds auch und weiterhin der Schutzvorschrift des § 47 Abs.2 BPersVG unterliegt, wenn das Personalratsmitglied noch vor Eintritt der Wirksamkeit der Personalmaßnahme erneut in den Personalrat gewählt wird; der Versetzungsschutz des § 47 Abs.2
BPersVG erstreckt sich damit nicht nur auf die erste, sondern auch auf jede weitere Amtszeit des Personalratsmitglieds (ebenso zu § 15 Abs.1 SBG: Beschluss vom 15.Juli 1999 BVerwG 1 WB 39.99 ). (Abs.11)
Unter Beachtung dieser gesetzlichen Vorgaben unterlag der Antragsteller als Soldatenvertreter im - alten - Personalrat im Zeitpunkt der Aushändigung der angefochtenen Versetzungsverfügung am 19.Januar 2004 dem Versetzungsschutz nach § 47 Abs.2 BPersVG. Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Verfügung nach Maßgabe der Nr.14 Abs.1 Z Dv 14/5 Teil B 121 am 1.Juni 2004 unterliegt er dem aus seiner Wiederwahl am 11.Mai 2004 resultierenden fortgesetzten Versetzungsschutz als Mandatsträger. (Abs.12)
Seiner Versetzung zum 1.Juni 2004 hat der Antragsteller nicht zugestimmt. Bei dieser Sachlage bedarf es nach § 47 Abs.2 Satz 3 BPersVG der Zustimmung des gesamten Personalrats, dem der Soldatenvertreter angehört; dabei handelt es sich nicht um eine Gruppenentscheidung, weil der gesamte Personalrat darüber befinden muss, ob seine Arbeitsfähigkeit durch die streitbefangene Personalmaßnahme gestört wird (Altvater/Hamer/Ohnesorg/-Peiseler, BPersVG, 5.Aufl, § 47 R Nr.21). (Abs.13)
In dem für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der Vorlage des Antrags auf gerichtliche Entscheidung und des Eilrechtsschutzantrages durch den BMVg am 13.Mai 2004 liegt die für den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Versetzungsverfügung erforderliche Zustimmung des - neuen - Personalrats nicht vor. Da die Zustimmung des Personalrats nach Maßgabe des § 47 Abs.2 Satz 3 BPersVG eine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für eine Personalmaßnahme nach § 47 Abs.2 Satz 1 BPersVG - unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Grundes und der Unvermeidbarkeit der Personalmaßnahme - darstellt (Beschluss vom 19.Februar 1987 BVerwG 6 P 11.85), ist die angefochtene Versetzungsverfügung allein deshalb rechtswidrig." (Abs.14)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.11 f
§§§
04.075 Hebung der Arbeitsleistung |
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BVerwG, B, 18.05.04, - 6_P_13/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(BW) PersVG_§_69 Abs.4, PersVG_§_79 Abs.1 S.1 Nr.9
Mitbestimmung bei Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung / Dokumentation und Verschlüsselung von Diagnosen und Prozeduren durch Krankenhausärzte / Gesetzes- und Tarifvorrang / demokratisches Prinzip / entsprechende Anwendung des Modells der eingeschränkten Mitbestimmung
1) Die Anfang 2001 getroffene Anordnung des Leiters eines Klinikums, durch welche den ärztlichen Mitarbeitern die Dokumentation und Verschlüsselung von Diagnosen und Prozeduren nach den neuen Verschlüsselungskatalogen und -richtlinien auferlegt wurde, ist eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung im Sinne von § 79 Abs.1 Satz 1 Nr.9 Alternative 1 BaWüPersVG.
2) Das Mitbestimmungsrecht ist nicht mit Blick auf § 301 SGB V und Nr.3 SR 2 c BAT aufgrund des Gesetzes- und Tarifvorrangs ausgeschlossen.
3) Die Mitbestimmung des Personalrats bei Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung ist nur eingeschränkt in der Weise verfassungsrechtlich zulässig, dass auf der letzten Stufe die Entscheidung der Einigungsstelle nur den Charakter einer Empfehlung an die zuständige Dienstbehörde hat.
4) Das Modell der eingeschränkten Mitbestimmung nach § 69 Abs.4 Sätze 3 und 4 BaWüPersVG ist auf die Mitbestimmung bei Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung nach § 79 Abs.1 1 Satz 1 Nr.9 Alternative 1 BaWüPersVG entsprechend anzuwenden.
§§§
04.076 Befähigungsvoraussetzungen |
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BVerwG, U, 25.05.04, - 2_C_70/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(93/97) 2.BesÜV_§_1, 2.BesÜV_§_2, BesÜV_§_4; BRRG_§_13
Besoldung - abgesenkte im Beitrittsgebiet / ruhegehaltsfähiger Zuschuss / Befähigungsvoraussetzungen / örtlicher Bezug / Schulabschluss - allgemeinbildender als Befähigungsvoraussetzung / allgemeinbildender Schulabschluss als Vorbildung
1) Der in § 4 Abs.1 Satz 1 2.BesÜV verwandte Begriff "Befähigungsvoraussetzungen" umfasst lediglich alle spezifisch fachbezogenen Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen der jeweiligen Laufbahn. Dazu gehört nicht der für die Tätigkeit als Beamter im gehobenen Justizdienst geforderte Schulabschluss.
2) Die Befähigungsvoraussetzungen sind "im" bisherigen Bundesgebiet erworben worden, wenn der Ausbildungsort bzw. der Dienstort während der Ausbildung im bisherigen Bundesgebiet gelegen hat (wie Urteil vom 11.März 1999 BVerwG 2 C 24.98 Buchholz 240 § 73 BBesG Nr.3).
3) Die Zuschussregelung des § 4 Abs.1 Satz 1 2.BesÜV aF ist mit höherrangigem Recht vereinbar (wie BVerwGE 101, 116).
§§§
04.077 Grenzwerteinhaltung |
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BVerwG, U, 26.05.04, - 9_A_6/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_42 Abs.2; BImSchG_§_38, BImSchG_§_40, BImSchG_§_45 Abs.2, BImSchG_§_47 Abs.1, BImSchG_§_47 Abs.2, BImSchG_§_47 Abs.4, BImSchG_§_47 Abs.6, BImSchG_§_50 S.2; 22.BImSchV_§_10 Abs.2, 22.BImSchV_§_11 Anl-2, Anl-3; SächsHG_§_74 Abs.3; VwVfG_§_74 Abs.2, VwVfG_§_75 Abs.1; RL 96/62/EG
Studentenschaft / Klagebefugnis / soziale Belange / Studierende / Ausbildungsstätte / Luftschadstoff / Grenzwertüberschreitung / Luftreinhalteplan / Luftreinhalteplanung / Luftreinhaltegebiet / Planfeststellung / Problembewältigung / Schutzvorkehrung
1) Die Einhaltung der Grenzwerte der 22.BImSchV ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens.
2) Dem Grundsatz der Problembewältigung wird im Hinblick auf die Einhaltung der Grenzwerte der 22.BImSchV in einem Planfeststellungsverfahren für ein Straßenbauvorhaben in der Regel hinreichend Rechnung getragen, wenn nicht absehbar ist, dass das Vorhaben die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung dieser Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung zu sichern.
3) Eine Überschreitung von Grenzwerten der 22.BImSchV liegt nicht erst dann vor, wenn die Grenzwerte in einem Gebiet oder Ballungsraum flächendeckend oder im Durchschnitt überschritten werden.
§§§
BVerwG, U, 27.05.04, - 2_C_29/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BeamtVG_§_31 Abs.1, BeamtVG_§_31 Abs.2; SGB_VII_§_8;
Wegeunfall / unmittelbarer Weg zwischen Wohnung und Dienststelle / Umweg / Zwischenaufenthalt
Die Dienstunfallfürsorge schützt den Beamten ausschließlich auf dem unmittelbaren Weg zwischen Wohnung und Dienststelle, soweit gesetzlich nicht ausdrücklich auch andere Wege einbezogen sind.
Z-425 Begriff: Dienstunfall-Wegeunfall
"... Gemäß § 31 Abs.1 BeamtVG ist Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist; nach Abs.2 gilt als Dienst auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle. Einen solchen Wegeunfall, der Ansprüche auf Leistungen der Unfallfürsorge auslöst, hat der Kläger nicht erlitten. (Abs.9)
Obgleich der Weg nach und von der Dienststelle nicht zum Dienst gehört, wird der Schutz der Unfallfürsorge auf die Teilnahme am allgemeinen Verkehr ausgedehnt, weil sie dienstlich veranlasst ist. Erfasst werden die typischen wie auch die atypischen Gefahren des allgemeinen Verkehrs. Danach steht der Dienstherr mit den Leistungen der Unfallfürsorge für einen Gefahrenbereich ein, den er regelmäßig nicht beherrscht und auch nicht beeinflussen kann. (Abs.10)
Nach ständiger Rechtsprechung wird bei einem Unfall, den ein Beamter auf dem Weg nach oder von der Dienststelle erleidet, beamtenrechtlicher Unfallschutz nur dann gewährt, wenn der nach oder von der Dienststelle führende Weg im Dienst seine wesentliche Ursache hat, wenn also andere mit dem Dienst nicht zusammenhängende Ursachen für das Zurücklegen des Weges in den Hintergrund
treten (zB Urteil vom 16.Mai 1963 BVerwG 2 C 27.60 BVerwGE 16,103 ; Urteil vom 4.Juni 1970 BVerwG 2 C 39.68 BVerwGE 35,234 ; Urteil vom 21.Juni 1982 BVerwG 6 C 90.78 Buchholz 232 § 135 BBG Nr.61). Einen mit dem Dienst zusammenhängenden Weg legt der Beamte zurück, wenn er den Dienst aufnimmt oder verlässt. Der Wegeunfallschutz ergänzt v or- und nachgehend den Unfallschutz nach § 31 Abs.1 BeamtVG, der mit der Aufnahme der dienstlichen Tätigkeit, also regelmäßig dem Erreichen des Arbeitsplatzes beginnt und mit der Aufgabe der dienstlichen Tätigkeit, also dem Verlassen des Arbeitsplatzes endet. Ob der gesetzlich geforderte Zusammenhang besteht, bestimmt sich nach der Handlungsintention des Beamten, wie sie sich im äußeren Erscheinungsbild manifestiert. (Abs.11)
Die Unfallfürsorge erstreckt sich nicht auf jeglichen Weg, den der Beamte wählt, um zum Dienst zu gelangen oder um nach Beendigung des Dienstes einen anderen Ort zu erreichen. Als Ziel- oder Ausgangspunkt des geschützten Weges bestimmt § 31 Abs.2 Satz 1 BeamtVG ausdrücklich die "Dienststelle". Anfangs- oder Endpunkt ist die Wohnung des Beamten. Ein "dritter Ort", der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung an die Stelle der Wohnung treten kann (vgl BSG, Urteil vom 2.Mai 2001 B 2 U 33/00 R SozR 3 2700 § 8 Nr.6), kommt im Rahmen der Dienstunfallfürsorge alsZ iel oder Ausgangspunkt nur in Betracht, soweit dies ausdrücklich gesetzlich bestimmt ist.
Insoweit unterscheiden sich § 31 BeamtVG und §8 SGB VII. Eine Ausweitung der Dienstunfallfürsorge auf abweichende Streckenführungen bleibt dem Gesetzgeber vorbehalten.
§ 31 Abs.2 Satz 1 Halbsatz 1 BeamtVG stellt zwar dem Wortlaut nach lediglich da-rauf ab, dass die Dienststelle Ziel und Ausgangspunkt des Weges sein muss. Aus der Gesetzessystematik, dem Gesetzeszweck und der Entstehungsgeschichte ergibt sich indessen zwingend, dass der Beamte nur auf der Strecke zwischen der Wohnung bzw. Unterkunft und der Dienststelle geschützt ist. Obgleich auch frühere Legaldefinitionen des Dienstunfalls den entgegengesetzten Ausgangs- oder Endpunkt nicht benannt hatten, ist der erkennende Senat bereits frühzeitig davon ausgegangen, dass nicht jeder Weg, der zur Dienststelle hin- oder von ihr fortführt, dem Dienst zuzurechnen ist (vgl Urteile vom 16.Mai 1963 aaO S.105 und vom 25. Juni 1964 BVerwG 2 C 225.62 BVerwGE 19,44). Zur Begründung ist auf die Vorläuferregelung des § 31 Abs.2 Satz 1 Halbsatz 2 BeamtVG hingewiesen worden, der entnommen werden konnte, dass der Gesetzgeber bei der dem § 31 Abs.2 Satz 1 Halbsatz 1 BeamtVG entsprechenden früheren Vorschrift "an den Regelfall gedacht hat, in welchem die Dienststelle von der ständigen Familienwohnung ohne
Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Wahrnehmung des Dienstes erreichbar und mit der regelmäßigen Unterkunft identisch ist, und dass er deshalb erst später eine Ausnahmeregelung zugunsten der Familienheimfahrt für den Sonderfall getroffen hat, dass der Beamte wegen der räumlichen Entfernung der ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine mit der ständigen Familienwohnung nicht identische regelmäßige Unterkunft hat" (Urteil vom 25.Juni 1964 aaO S.46). Diese Rechtsprechung war dem Gesetzgeber bekannt, als er durch Art.IV § 1 Nr.13 des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 23.Mai 1975 (BGBl.I S.1173) die dem § 31 Abs.2 Satz 2 BeamtVG entsprechende Vorläuferregelung in § 135 BBG aufnahm. Nach dieser Bestimmung waren "Kindergarten-" und "Fahrgemeinschaftsumwegunfälle" geschützt, wenn der Beamte von dem "unmittelbaren Wege zwischen der Wohnung und der Dienststelle" abwich, weil sein dem Grunde nach kindergeldberechtigendes Kind wegen seiner oder seines Ehegatten beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anvertraut wurde oder weil er mit anderen Berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg nach und von der Dienststelle benutzte. Diese Formulierung, die von dem Wortlaut des § 8 SGB VII deutlich abweicht, bezeichnet ausdrücklich den Anfangs- und den Endpunkt der Route, die in den Schutz der Unfallfürsorge einbezogen sein soll. Gilt nach der gesetzlichen Regelung der
Zusammenhang mit dem Dienst als nicht unterbrochen, wenn der Beamte aus bestimmten Gründen in vertretbarem Umfang von dem unmittelbaren Weg zwischen Wohnung und Dienststelle abweicht, so ist im Umkehrschluss davon auszugehen, dass in anderen als den gesetzlich benannten Fällen der Zusammenhang mit dem Dienst unterbrochen ist. Damit hat der Gesetzgeber unter Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass auch nach § 31 Abs.2 Satz 1 Halbsatz 1 BeamtVG ausschließlich der Weg zwischen Wohnung und Dienststelle geschützt ist. Zudem wäre es widersprüchlich, wenn die den Tatbestand des § 31 Abs.2 Satz 1 BeamtVG erweiternde Sonderregelung nur unmittelbare Wege zwischen Dienststelle und Wohnung erfasst, dieses Merkmal jedoch im Rahmen des "Grundtatbestandes" nicht gelten soll. Durch § 31 Abs.2 Satz 2 BeamtVG werden die Voraussetzungen des Abs.2 Satz 1 Halbsatz 1 nicht nur um das Erfordernis des "unmittelbaren Weges", sondern auch um den zweiten Punkt ergänzt, der den Anfang oder das Ende der unter Dienstunfallschutz stehenden Strecke markiert. (Abs.12)
Mit der Begrenzung der Dienstunfallfürsorge auf die unmittelbaren Wege zwischen Wohnung und Dienststelle wird die Risikosphäre des Dienstherrn eingegrenzt. Leistungen der Unfallfürsorge kommen nur für solche Schäden in Betracht, die auf dem zum Erreichen der Dienststelle notwendigen Weg zwischen Wohnung und
Dienststelle eintreten. Beginnt oder endet der Weg an einem anderen Ort als der Wohnung oder der Dienststelle, so geht der Gesetzgeber davon aus, dass dies durch private Interessen des Beamten veranlasst ist und deshalb das Zurücklegen der Wegstrecke, die er um dieser Interessen willen gewählt hat, seiner privaten Risikosphäre zugeordnet ist." (Abs.13)
Auszug aus BVerwG, U, 27.05.04, - 2_C_29/03 Abs.9 ff
§§§
04.079 Klärschlammdeponie |
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BVerwG, B, 03.06.04, - 7_B_14/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
KrW-/AbfG_§_11 Abs.1; KrW-/AbfG_§_12, KrW-/AbfG_§_36c Abs.2; DepV_§_3 Abs.1, DeoV_§_3 Abs.8, DepV_§_14 Abs.1, DepV_§_14 Abs.2, DepV_§_14 Abs.3 Anh-1 Nr.1
1) Die durch die erhöhten Vorsorgeanforderungen der Abfallablagerungsverordnung und der Deponieverordnung begründeten Pflichten wirken auf die Rechtsstellung der Betreiber von Deponien auch dann rechtsgestaltend ein, wenn der Deponiebetrieb unbefristet durch bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss zugelassen wurde.
2) Zum Begriff und zu den Anforderungen einer geologischen Barriere iS des § 3 Abs.1 Satz 1 iVm Anhang 1 Nr.1 Tabelle 1 DepV.
Z-426 Deponiebetreiber: Pflichten
"... Aus Wortlaut, Normmaterialien und Regelungszweck der AbfAblV und der DepV geht klar hervor, dass die Verordnungen die Pflichten der Deponiebetreiber und die Anforderungen an die Deponien unmittelbar gestalten. Sie richten sich unmittelbar an die Deponiebetreiber (§ 1 Abs.2 Nr. 1 AbfAblV, § 1 Abs.2 Nr.2 DepV). Sie bestimmen konkrete Ablagerungsvoraussetzungen und deponietechnische Anforderungen (§§ 3 und 4 AbfAblV, §§ 3 und 6 DepV). Sie enthalten Übergangsvorschriften, die aus der unmittelbaren Geltung der Verordnungen entstehende Härten für zugelassene Deponien (vgl § 2 Nr.7 Buchst.a AbfAblV, § 14 Abs.2 DepV) nach Maßgabe gestufter Regelungen abmildern sollen (§ 6 AbfAblV, § 25 DepV). Sie begründen Ordnungswidrigkeitstatbestände, die voraussetzen, dass die im Einzelnen aufgeführten Gebote und Verbote der Verordnungen unmittelbare Wirkung entfalten (§ 7 AbfAblV, § 24 DepV). Sie wirken auch unmittelbar auf die Rechtsposition der Betreiber bereits zugelassener Anlagen ein, die den Anforderungen der Verordnungen nicht genügen; diese bedürfen einer neuen behördlichen Zulassung, ein Widerruf oder eine nachträgliche Anordnung sind zur Durchsetzung der Anforderungen der Verordnungen nicht erforderlich (§ 6 Abs.2 AbfAblV, § 14 Abs.2 DepV). Das Verhältnis der Verordnungen zu bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlüssen ist damit im Sinne eines unmittelbar wirkenden, die Zulassungsentscheidungen modifizierenden Vorrangs der Verordnungen geregelt, wie dies bereits in der gesetzlichen
Ermächtigung vorgesehen ist (§ 36c Abs.2 KrW-/AbfG).
Auszug aus: Originalurteil, Abs.4
Z-427 Begriff: geologische Barriere
"... Der Begriff der geologischen Barriere (Frage 3a) ist in § 3 Abs.1 Satz 1 iVm Anhang 1 Nr.1 Tabelle 1 DepV eindeutig bestimmt: Die geologische Barriere hat grundsätzlich den dort genannten Anforderungen zu genügen; erfüllt sie aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit die Anforderungen nicht, kann sie durch zusätzliche technische Maßnahmen vervollständigt und verbessert werden; die Anforderungen sind auch dann erfüllt, wenn bei Einhaltung der geforderten Mindestmächtigkeit durch kombinatorische Wirkung von Durchlässigkeitsbeiwert, Schichtmächtigkeit und Schadstoffrückhaltevermögen der Schichten zwischen Deponiebasis und oberstem anstehenden Grundwasserleiter eine gleiche Schutzwirkung erzielt wird; ebenso klar ist die Begriffsbestimmung in Nr.9.3.2 TA Abfall. Danach genügt den Anforderungen an eine geologische Barriere nicht, dass überhaupt eine natürliche geologische Schicht vorhanden ist, die aufgrund ihrer Eigenschaften, insbesondere ihres Schadstoffrückhaltevermögens, Schutzwirkung für das Grundwasser hat. Der Begriff der geologischen Barriere stellt vielmehr nähere Anforderungen an die Mindestmächtigkeit und an die Durchlässigkeit. Darüber hinaus verlangt das von diesen Vorschriften im Einklang mit Anhang 1 Nr.3.1 Satz 2 DepRL vorausgesetzte Multibarrierenkonzept ein Basisabdichtungssystem, dessen Anforderungen in der genannten Tabelle ebenfalls bestimmt sind. Defizite bei einzelnen Anforderungen können hiernach nur innerhalb der jeweiligen Systemkomponente ausgeglichen werden. (Abs.19)
Damit beantworten sich zugleich die Fragen 3 b) und c), die für klärungsbedürftig halten, ob eine geologische Barriere ganz verzichtbar ist,wenn die Kombination anderer Systemkomponenten einen gegenüber den Regelanforderungen nach Anhang 1 Nr.1 Tabelle 1 DepV gleichwertigen Schutz des Bodens und des Grundwassers erreicht, und ob sie durch eine verbesserte Ausführung anderer Systemkomponenten vervollständigt werden kann. Nach § 3 Abs.1 iVm Anhang 1 Nr.1 Tabelle 1 DepV ist eine geologische Barriere nicht verzichtbar, weil die Systemkomponenten jeweils für sich genommen den Grundwasserschutz sicherstellen müssen. Eine besondere Qualität der Basisabdichtung macht die geologische Barriere daher nicht entbehrlich. Defizite der geologischen Barriere können auch nicht durch ein Übersoll bei anderen Systemkomponenten vervollständigt werden. Die in Fußnote 1 Satz 2 dieser Vorschrift vorausgesetzte gleiche Schutzwirkung bei der geologischen Barriere lässt sich nur durch eine künstlich vervollständigte geologische Barriere und nicht durch eine verbesserte mineralische Dichtungsschicht erzielen. Nichts anderes ergibt sich aus Nr.9.3.2 Abs.3 TA Abfall, die ebenfalls die künstliche Vervollständigung einer geologischen Barriere betrifft." (Abs.20)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.20 f
§§§
BVerwG, U, 09.06.04, - 9_A_11/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(02) BNatSchG_§_61 Abs.1, BNatSchG_§_61 Abs.2 Nr.1; (aF) BNatSchG_§_8 Abs.2, 3, BNatSchG_§_29 Abs.1; FStrG_§_17 Abs.1 S.2, FStrG_§_17 Abs.6c S.1 +2; FStrAbG_§_1 Abs.2; (Bg) (aF) NatSchG_§_10 ff; VwVfG_§_45 Abs.1 Nr.3, VwVfG_§_45 Abs.1 Nr.5, VwVfG_§_45 Abs.2
Straßenplanung / Planfeststellung / anerkannter Naturschutzverein / Klagebefugnis / Anhörungsrecht bei Planänderung / Verfahrensfehler / Fehlerfolge / Heilung / Umweltverträglichkeitsprüfung / Planrechtfertigung / Trassenvarianten / Variantenprüfung / Ermittlungsumfang und Ermittlungstiefe der Naturschutzbelange / potentielles FFH-Gebiet / Einschätzungsprärogative bei naturschutzfachlicher Bewertung / Abwägungsspielraum bei Kompensationsmodell / Abgrenzung ergänzendes Verfahren und Planergänzung / Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen / naturschutzrechtliche Abwägung.
1) Wird einem anerkannten Naturschutzverein verfahrensfehlerhaft die Beteiligung hinsichtlich einzelner naturschutzfachlicher Unterlagen im Planänderungsverfahren verwehrt, kann dieser Mangel grundsätzlich durch nachträgliche Anhörung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 45 Abs.2 VwVfG (hier des Landes Brandenburg) geheilt werden.
2) § 16 Abs.1 Satz 3 FStrG schließt es nicht aus, dass die Ortsumgehung einer Bundesstraße durch die bebaute Ortslage geführt wird, sofern sie nach ihrer Ausbaukonzeption nicht der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient (vgl § 5 Abs.4 Satz 1 FStrG).
3) Beim Variantenvergleich liegt es grundsätzlich in der planerischen Gestaltungsfreiheit des Vorhabenträgers - und nachvollziehend der Planfeststellungsbehörde -, die erforderlichen Trassierungsparameter als Grundlage der Kostenberechnung einer Alternativtrasse zu bestimmen.
4) Können Rechtsmängel bei der Festsetzung von naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durch Planergänzung behoben werden, so schließt die Fehlerfolgenregelung in § 17 Abs.6c Satz 2 FStrG die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit durch das Gericht auch auf die Klage eines anerkannten Naturschutzvereins hin aus. In diesem Fall ist der Naturschutzverein jedoch zur Erhebung einer Verpflichtungsklage auf Planergänzung befugt.
5) Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung verlangt eine auch für das Gericht nachvollziehbare quantifizierende Bewertung von Eingriff und Kompensation, die auch verbal-argumentativ erfolgen kann.
6) Der Planfeststellungsbehörde steht, sofern Landesrecht keine näheren Vorgaben enthält, im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung bei der Bewertung der Eingriffswirkungen eines Vorhabens und ebenso bei der Bewertung der Kompensationswirkung von Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, insbesondere was deren Quantifizierung betrifft, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu.
7) Das für eine Straßenplanung zu erarbeitende naturschutzrechtliche Kompensationsmodell enthält, soweit die Planfeststellungsbehörde darin unter Beachtung der gesetzlichen Rangfolge von Vermeidungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine Auswahl zwischen grundsätzlich gleich geeigneten Kompensationsmaßnahmen trifft, aber auch mit Rücksicht auf die naturschutzfachliche Abstimmung der Kompensationsmaßnahmen untereinander sowie im Hinblick auf die Berücksichtigung etwaiger multifunktionaler Kompensationswirkungen in erheblichem Umfang Elemente einer planerisch abwägenden Entscheidung.
8) Ein anerkannter Naturschutzverein kann nach § 61 Abs.2 Nr.1 BNatSchG nicht rügen, dass Kompensationsmaßnahmen statt, wie vorgesehen, auf privatem Grund auch auf öffentlichen Flächen verwirklicht werden könnten.
§§§
04.081 Kinderreiche Beamte |
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BVerwG, U, 17.06.04, - 2_C_34/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.33 Abs.5, GG_Art.100; BVerfGG_§_31, BVerfGG_§_35; BBesG_§_40;
Besoldung kinderreicher Beamter / Gesetzesbindung der Besoldung / Vollstreckungsanordnung des BVerfG
Die Verwaltungsgerichte sind mit Wirkung ab dem 1.Januar 2000 befugt, auf der Grundlage der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts den Dienstherrn eines Beamten mit mehr als zwei Kindern zu höheren Gehaltszahlungen zu verurteilen, soweit die gesetzlich bestimmte Besoldung nicht den konkreten Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24.November 1998 (BVerfGE 99,300 <321 ff zu C.III.3.> entspricht. Dies gilt allerdings nur so lange, wie der Gesetzgeber es unterlässt, Maßstäbe zu bilden und Parameter festzulegen, nach denen die Besoldung der kinderreichen Beamten bemessen und der Bedarf eines dritten und jeden weiteren Kindes ermittelt wird.
§§§
04.082 Beihilfevorschriften-Bund |
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BVerwG, U, 17.06.04, - 2_C_50/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.33 Abs.5; BBG_§_79; BhV_§_4 Abs.3, BhV_§_4 Abs.5, BhV_§_5 Abs.4 Nr.3, BhV_§_9, BhV_§_15
Beihilfevorschriften des Bundes und Gesetzesvorbehalt / beihilfeberechtigter Angehöriger / beihilfekonforme Pflegeversicherung des Ehegatten / Gleichwertigkeit von Beihilfeansprüchen / Pflegebedürftigkeit / private Pflegevoll- und -teilversicherung / Subsidiarität der Beihilfe / Verwaltungsvorschriften
1) Die Beihilfevorschriften des Bundes genügen nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts. Die wesentlichen Entscheidungen über die Leistungen an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit hat der Gesetzgeber zu treffen. Für eine Übergangszeit sind die Beihilfevorschriften noch anzuwenden.
2) Leistungen aus einer privaten Pflegevollversicherung eines von der gesetzlichen Krankenversicherung befreiten Arbeitnehmers, zu der der Arbeitgeber einen Zuschuss leistet, sind keine Beihilfen und schließen die Berechtigung nach den Beihilfevorschriften nicht aus.
3) Ob Ansprüche auf Beihilfe nach den Beihilfevorschriften und nach einem konkurrierenden Beihilfesystem auf einer "im Wesentlichen vergleichbaren Regelung" beruhen, ist nicht auf der Grundlage der gesamten Kodifikation, sondern im Rahmen des jeweiligen Sachbereichs zu entscheiden.
4) Der Ehegatte eines Beamten, der selbst zu einer privaten Pflegeversicherung verpflichtet ist, darf sich beihilfekonform versichern, soweit die vorgeschriebenen Einkommensgrenzen für im Rahmen der Beihilfe berücksichtigungsfähige Angehörige nicht überschritten werden.
Z-428 Beihilfevorschriften: Gesetzesvorbehalt
"... Die Revision ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat einen Anspruch auf eine Bescheinigung des von ihm begehrten Inhalts. (Abs.8)
1. Die Beihilfevorschriften des Bundes genügen nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts. Die wesentlichen Entscheidungen über die Leistungen an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit hat der Gesetzgeber zu treffen. (Abs.9)
Ob der Kläger einen Anspruch auf Beihilfe im Falle der Pflegebedürftigkeit seiner Ehefrau hat, bestimmt sich auf der Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (BhV). Die Ehefrau ist "berücksichtigungsfähige Angehörige" gemäß § 3 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BhV, für deren Bedarf nach Maßgabe derw eiteren Bestimmungen grundsätzlich Beihilfen vorgesehen sind. Die Einbeziehung des Ehegatten in das Beihilfesystem entspricht dem Fürsorgegebot, das als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums nach Art.33 Abs.5 GG gewährleistet (vgl BVerfGE 43,154; 46,97; 83,89; 106,225 ) und für die Bundesbeamten in § 79 BBG gesetzlich verankert ist; danach hat der Dienstherr nicht nur für das Wohl des Beamten, sondern auch für das Wohl der Familie des Beamten zu sorgen. (Abs.10)
Ob und welche Leistungen der Dienstherr im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit erbringt, ist für den Beamten und seine Familie von herausragender Bedeutung. Zwar gehört die gegenwärtige Ausgestaltung der Fürsorge mittels Beihilfeleistungen nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Das System der Beihilfe kann jederzeit geändert werden, ohne dass dadurch Art.33 Abs.5 GG berührt wird. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, den Beamten und Versorgungsempfängern für Krankheitsfälle oder vergleichbare Belastungen Unterstützung gerade in Form von Beihilfen im Sinne der Beihilfebestimmungen zu gewähren, besteht nicht (stRspr; vgl BVerfGE 58,68; 79,223; 83,89; 106,225 ). Die Gewichtung dieses Regelungsbereiches als wesentlich im Sinned es Parlamentsvorbehalts hängt indessen nicht davon ab, ob der Gegenstand von den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums umfasst wird. Der Umfang der Beihilfen bestimmt die Qualität der Versorgung bei
Krankheit und Pflegebedürftigkeit sowie den Umfang der Eigenvorsorge. Die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit, die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz auch bei dauernder Pflegebedürftigkeit sowie die Wahrung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts trotz laufender Aufwendungen für die Risikovorsorge oder besonderer Belastungen wegen Krankheit und Hilflosigkeit sind Schutzgüter mit Verfassungsrang. (Abs.11)
Die außergewöhnliche Bedeutung der Beihilfevorschriften wird durch die Rechtsentwicklung in neuester Zeit unterstrichen. Sowohl die Bestimmungen über die Besoldung und die Versorgungsbezüge als auch die Vorschriften über den Schutz bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit haben Rücksicht zu nehmen auf die finanzielle Belastbarkeit d es Beamten. Insoweit sind von Verfassungs wegen jedoch keine starren Grenzen vorgegeben. Zwar hat der Dienstherr nach Art.33 Abs.5 GG Vorkehrungen zu treffen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten auch bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen, insbesondere in Krankheits- und Pflegefällen, nicht gefährdet wird. Ob er diese Pflicht übere ine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen. Kommt der Dienstherr seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nach, die die aus der Alimentation zu bestreitende Eigenvorsorge ergänzen, so muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht absichern kann (vgl BVerfGE 83,89; 106,225; BVerwG, Urteil vom 3.Juli 2003 BVerwG 2C 36.02 BVerwGE 118,277). Einen exakt bestimmbaren Satz oder proportionalen Anteil, mit dem die Eigenvorsorge betrieben werden kann und soll, enthalten die gesetzlichen Regelungen über die Bezüge der Beamten, Richteru nd Versorgungsempfänger nicht (vgl Urteil vom 3.Juli 2003 BVerwG 2 C 36.02 aaO). Der verbleibende Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung des Umfangs von Beihilfe und verbleibender Notwendigkeit der Eigenvorsorge bei stetig steigenden Kostene inerseits und die unmittelbare Wechselbezüglichkeit von Alimentation sowie ergänzender, von Bund und Ländern je selbst zu regelnder Beihilfe andererseits gebieten es, dass der parlamentarische Gesetzgeber selbst die Verantwortung für die teilweise erheblichen Eingriffe in den erreichten Beihilfe- und Vorsorgestandard übernimmt, wie sie in den Ländern mit unterschiedlichen "Kostendämpfungsmaßnahmen" (vgl zB Urteil vom 3.Juli 2003 BVerwG 2 C 36.02 aaO) und im Bund durch die 27.Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 17.Dezember 2003 (GMBl 2004, 227) und die 28. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 30.Januar 2004 (GMBl 2004, 379) erfolgt sind. Anderenfalls hätte es die Exekutive in der Hand, das Maß der von dem Beamten erwarteten Beteiligung an den Kosten der medizinischen und pflegerischen Versorgung festzulegen und dadurch das mit der gesetzlich festgelegten Besoldung und Versorgung erreichte Niveau unter Ausschluss des parlamentarischen Gesetzgebers in beachtlichem Umfang abzusenken. (Abs.12)
Zudem greifen die Beihilfevorschriften seit dem In-Kraft-Treten des Pflegeversicherungsgesetzes vom 26.Mai 1994 (BGBl I S.1014)
SGB XI über das zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten/Richter bestehende Rechtsverhältnis hinaus und bestimmen den wesentlichen (Mindest-)Inhalt der Versicherungsverträge, den die im Geltungsbereich des Pflegeversicherungsgesetzes zum Betrieb der Pflegeversicherung befugten privaten Krankenversicherungsunternehmen aufgrund des nach § 110 SGB XI bestehenden Kontrahierungszwanges anzubieten haben. Nach dieser Vorschrift sind die Versicherer verpflichtet, mit allen in § 23 Abs.3 S GB XI genannten versicherungspflichtigen Personen auf Antrag einen Versicherungsvertrag abzuschließen, der einen Versicherungsschutz in dem durch § 23 Abs.1 und 3 SGB XI festgelegten Umfang vorsieht. Gemäß § 23 Abs.3 Satz 2 SGB XI ist die beihilfekonforme Versicherung so auszugestalten, dass ihre Vertragsleistungen zusammen mit den Beihilfeleistungen, die sich bei Anwendung der in § 14 Abs.1 und 5 BhV festgelegten Bemessungssätze ergeben, den in Absatz 1 Satz 2 vorgeschriebenen Versicherungsschutz gewährleisten. Somit haben die privaten Versicherungsunternehmen zwingend einen Beihilfestandard zu beachten, der durch bloße Verwaltungsvorschriften, die überdies einem anderen Funktions- und Rechtsbereich zugeordnet sind, markiert und parlamentarisch nicht legitimiert ist. (Abs.13)
Der außergewöhnlichen Bedeutung der Beihilfevorschriften, die hinsichtlich ihrer
Regelungsform bislang unbeanstandet geblieben sind (vgl BVerfG , Beschluss vom 12.August 1977 2 BvR 1063/76 ZBR 1978,37 VGA Anlage 7; BVerwG, Urteile vom 25.Juni 1964 BVerwG 8 C 23.63 BVerwGE 19,48, vom 24. November 1988 BVerwG 2 C 18.88 BVerwGE 81,27), hat die Rechtsprechung bisher dadurch Rechnung getragen, dass sie die Beihilfevorschriften wie revisible Rechtsnormen ausgelegt hat (vgl Beschluss vom 28.Mai 1973 BVerwG 2 B 15.73 Buchholz 238.91 Nr.5 BhV Nr.3; Urteil vom 18.September 1985 BVerwG 2 C 48.84 BVerwGE 72,119; Urteil vom 10.April 1997 BVerwG 2 C 11.96 Buchholz 270 § 18 BhV Nr.3; Urteil vom 10.Juni 1999 BVerwG 2 C 29.98 Buchholz 270 § 6 BhV Nr.12). (Abs.14)
Diese Betrachtung wird den veränderten Bedingungen, denen der Schutz des Beamten und seiner Familie in Krankheits- und Pflegefällen unterworfen ist, nicht mehr gerecht. Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratiegebot verpflichten den parlamentarischen Gesetzgeber, in grundlegenden Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, soweit dieser staatlicher Regelung zugänglich ist, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (vgl BVerfGE4 9,89; 83,130; Beschluss vom 24.September 2003 2 BvR 1436/02 EuGRZ 2003,621 = NJW 2003,3111). Die Regelungsform des Gesetzes ist für das Beamtenverhältnis typisch und sachangemessen (vgl zB BVerfGE 52,303; BVerwG, Urteil vom 26.November 1992 B VerwG 2 C 11.92 BVerwGE 91,200 ). Dies gilt nicht nur, soweit kollidierende
Grundrechte auszugleichen sind. Vielmehr bedarf auch die Verantwortung des Dienstherrn bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit des Beamten und seiner Angehörigen der normativen Ordnung, um die Transparenz im demokratischen Willensbildungsprozess, die Abwägung mit anderen Gesetzgebungsentscheidungen "in einer Hand" und die Kontinuität des einmal gewählten Systems zu gewährleisten. Anderenfalls würde der für Besoldung und Versorgung bestehende Gesetzesvorbehalt aus Art.33 Abs.5 GG zunehmenda usgehöhlt werden können. (Abs.15)
Als Verwaltungsvorschriften genügen die Beihilfevorschriften nicht den Anforderungen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts. Bei den Beihilfevorschriften handelt es sich um administrative Bestimmungen, die nicht die Eigenschaft von Rechtsnormen haben (vgl bereits Urteil vom 25.Juni 1964 BVerwG 8 C 23.63 BVerwGE 19,48). Ihr Inhalt beschränkt sich nicht darauf, Auslegungshilfe zu sein, Ermessen zu lenken oder Beurteilungsspielräume auszufüllen (vgl Urteil vom 27.November 2003 BVerwG 2 C 38.02). Sie sind von der Willensbildung des parlamentarischen Gesetzgebers weitgehend unbeeinflusst. Maßstäbe, ob und in welchem Umfang Beihilfen vorgesehen werden, liefert das Gesetz nicht. Es bestimmt nicht einmal im Grundsatz, in welcher Form der Dienstherr seiner Beistandspflicht in Lebenssituationen von existenzieller Bedeutung für den Beamten und seine Familie nachzukommen hat. Die auf einer Verwaltungskompetenz
beruhenden Bestimmungen unterliegen auch nicht den verfahrensmäßigen Anforderungen, insbesondere nicht dem Publizitätserfordernis, die Art.82 GG für Normen mit verbindlicher Außenwirkung zwingend vorsieht. (Abs.16)
Die Beihilfevorschriften sind keine bloße Ableitung und keine alternativlose Konkretisierung des positivrechtlich verankerten Fürsorgegrundsatzes. Vielmehr gestalten sie dieses Prinzip, indem sie originär ein System von Geldzuschüssen zu finanziellen Aufwendungen konstituieren, die berechtigten Personen benennen, die leistungsbegründenden Anlässe bestimmen, den Leistungsumfang begrenzen und die Konkurrenzsituation mit anderen Leistungen lösen. Alle diese Regelungen sind jedenfalls soweit sie über einen Kernbestand hinausgehen nicht durch den Fürsorgegrundsatz präjudiziert oder durch eine maßgebende Rechtsprechung vorgezeichnet, sondern beruhen auf einer politischen Gestaltungskompetenz. An der nach allem gebotenen gesetzlichen Regelung fehlt es. (Abs.17)
§ 200 BBG, der dem Bundesministerium des Innern die Befugnise inräumt, zur Durchführung des Bundesbeamtengesetzes die erforderlichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu erlassen, ist keine Ermächtigungsgrundlage, Normen im formellen Sinne zu setzen.Im Übrigen genügte die Vorschrift wegen ihrer inhaltlichen Unbestimmtheit nicht den Anforderungen, die Art.80 Abs.1 GG für den
Erlass einer Rechtsverordnung vorsieht. § 200 BBG ist auch nicht Ausdruck einer der Exekutiven bereits durch die Verfassung ohnehin eingeräumten Regelungsbefugnis. Die persönlichen Rechtsverhältnisse der Beamten, die insoweit nicht Teil der Staatsorganisation sind und auch nicht in einem den Gesetzesvorbehalt derogierenden "besonderen Gewaltverhältnis" stehen, hat der parlamentarische Gesetzgeber normativ zu gestalten. Das Bedürfnis, schnell und flexibel auf mannigfache Entwicklungen reagieren zu können, ist im Beamtenrecht nicht stärker ausgeprägt als im Recht der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, das jedenfalls in den wesentlichen Fragen auf eine Regelung durch Verwaltungsvorschriften verzichtet. Im Übrigen würde auch eine Rechtsverordnung, die jedenfalls für Detailfragen der Leistungen in den besonderen Lebenslagen ausreichend wäre, die erforderliche Elastizität aufweisen.
Bei der näheren Ausgestaltung der Fürsorge im Falle von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit des Beamten und seiner Angehörigen sind aufgrund des Gesetzesvorbehaltes zumindest die tragenden Strukturprinzipien gesetzlich zu regeln. Der Gesetzgeber selbst hat in der Bandbreite seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten (vgl BVerfGE 58,68; 79,223; 83,89; 106,225) das Leistungssystem zu bestimmen, das dem Beamten und seiner Familie Schutz im
Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit bietet, festzulegen, welche "Risiken" erfasst werden, für welche Personen Leistungen beansprucht werden können, nach welchen Grundsätzen Leistungen erbracht und bemessen oder ausgeschlossen werden und welche zweckidentischen Leistungen und Berechtigungen Vorrang haben. Dabei hat der Gesetzgeber dem verfassungsrechtlichen Zusammenhang zwischen Fürsorge und Alimentation besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Das gegenwärtige Alimentationsniveau schließt einen Systemwechsel mit schwerwiegenden wesentlichen Einschränkungen des Leistungsstandards aus. Allerdings ist es trotz des Aufeinanderbezogenseins von Besoldung und Versorgung, die weitestgehend bundesrechtlich geregelt sind, einerseits und Fürsorgeleistungen in Sonderfällen andererseits nicht erforderlich, den Schutz insbesondere in Krankheits- und Pflegefällen bundeseinheitlich zu regeln. (Abs.18)
2. Trotz des Defizits normativer Regelungen ist für eine Übergangszeit von der Weitergeltung der Beihilfevorschriften auszugehen. Damit ist gewährleistet, dass die Leistungen im Falle der Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Geburt nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht werden, das hinsichtlich des Inhalts jedenfalls bislang in aller Regel keinen Anlass zu Beanstandungen aus der Sicht höherrangigen Rechts geboten hat. Eine andere Beurteilung dürfte erst dann
angezeigt sein, wenn der Gesetzgeber in einem überschaubaren Zeitraum seiner Normierungspflicht nicht nachkommt." (Abs.19)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.8 ff
Z-429 Beihilfeanspruch: Ehefrau
"... 3. Unzutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger im Falle pflegebedingter Aufwendungen für seine Ehefrau gemäß § 4 BhV schon dem Grunde nach keine Beihilfe beanspruchen kann. (Abs.20)
Gemäß § 4 Abs.3 Satz 1 BhV schließt die Beihilfeberechtigung aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften die Berücksichtigungsfähigkeit als Angehörige aus. Der Beihilfeberechtigung sind die in § 4 Abs.4 BhV bezeichneten Ansprüche auf Fürsorgeleistungen gleichgestellt. Zu dem danach ausgeschlossenen Personenkreis gehört die Ehefrau des Klägers als Angestellte im öffentlichen Dienst nicht. (Abs.21)
Gemäß § 4 Abs.3 Satz 2 BhV geht die Beihilfeberechtigung nach anderen als beamtenrechtlichen Vorschriften der Berücksichtigungsfähigkeit als Angehöriger vor. Eine derartige Beihilfeberechtigung ist nach § 4 Abs.5 Satz 1 BhV gegeben, wenn ein Anspruch auf Beihilfen aufgrund privatrechtlicher Rechtsbeziehungen nach einer den Beihilfevorschriften des Bundes im Wesentlichen vergleichbaren Regelung besteht. (Abs.22)
Nach ständiger Rechtsprechung soll aufgrund der Regelung des § 4 Abs.3 BhV erreicht werden, dass der Dienstherr mit der Pflicht zur Gewährung einer
Beihilfe nicht belastet ist, soweit es sich bei dem Angehörigen um eine Person handelt, für die beihilferechtlich ohnehin gesorgt ist. Dadurch, dass der Dienstherr den Beamten wegen der Aufwendungen dieses Familienmitglieds auf dessen Anspruch gegen einen Dritten verweist, nimmt er diesen Angehörigen von der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht aus, die sich grundsätzlich auch auf die Familie des Beamten erstreckt. Das ist nur gerechtfertigt, wenn die anderweitige Beihilfeberechtigung des Angehörigen dem beihilferechtlichen Anspruch des Beamten bei zu unterstellender Berücksichtigungsfähigkeit dieses Angehörigen insgesamt entspricht. Die beiden konkurrierenden Beihilfesysteme weisen im Wesentlichen vergleichbare Regelungen auf, wenn sie ungeachtet von Unterschieden in Einzelheiten, insbesondere bei der Konkretisierung der beihilfefähigen Aufwendungen, insgesamt gleichwertig sind. Dies wiederum beurteilt sich anhand eines wertenden Vergleichs der aus der Beihilfeberechtigung des Angehörigen fließenden Ansprüche einerseits und der beihilferechtlichen Rechtsposition des Beamten hinsichtlich der Erstattung von Aufwendungen für seinen Angehörigen andererseits. Zu vergleichen sind die Voraussetzungen, der Umfang sowie die Art der jeweiligen Beihilfeberechtigung; unerheblich ist, obd ie im konkreten Einzelfall zu beanspruchenden Beträge gleich groß sind (vgl. Urteil vom 3.Dezember 1998 BVerwG 2 C 21.98 Buchholz 270 § 4 Nr.1 S.1 mwN). (Abs.23)
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat die Ehefrau des Klägers nicht deshalb Ansprüche aufgrund einer dem § 9 BhV im Wesentlichen vergleichbaren Regelung, weil sie eine private Pflegeversicherung unterhält, die Vertragsleistungen vorsieht, welche nach Art und Umfang den Leistungen nach §§ 28 ff SGB XI gleichwertig sind (vgl § 23 Abs.1 Satz 2 SGB XI), und der Arbeitgeber hierzu nach Maßgabe des § 61 Abs.2 SGB XI einen Zuschuss leistet. Leistungen einer privaten Versicherung sind keine "Beihilfen" nach einer den Beihilfevorschriften des Bundes im Wesentlichen vergleichbaren Regelung. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Versicherungsleistungen den Beihilfen nach § 9 BhV im Hinblick auf Voraussetzungen und Umfang entsprechen und dass sie nicht als Sachleistungen, sondern als Kostenerstattung erbracht werden. Versicherungsleistungen sind prinzipiell keine "Beihilfen" im Sinne des § 4 BhV. Sie werden aufgrund des mit dem Begünstigten bestehenden Versicherungsverhältnisses erbracht und stehen in einem synallagmatischen Verhältnis zu den gezahlten Beiträgen. Dagegen sind "Beihilfen" solche Zuwendungen, die einseitig und ohne unmittelbare Gegenleistung des Begünstigten erbracht werden. Unerheblich ist, ob Dritte die Versicherungsbeiträge bezuschussen oder einen Anteil selbst tragen. Davon gehen auch die Beihilfevorschriften aus, die eine Subsidiarität gegenüber Versicherungsleistungen, jedoch keinen Berechtigungsausschluss vorsehen (vgl §
15 BhV). Ob eine andere rechtliche Beurteilung angezeigt ist, wenn ein Dritter eine sog Direktversicherung abschließt und finanziert, sich die Versicherungsleistungen somit wirtschaftlich ausschließlich als Leistungen des Dritten darstellen, bedarf keiner Entscheidung. Die Zuschüsse des Arbeitgebers der Klägerin erreichen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nur etwa 14 vH der Gesamtprämie. (Abs.24)
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Berechtigung der Ehefrau des Klägers gemäß § 40 BAT nicht dem Anspruch auf Beihilfe nach den Beihilfevorschriften insgesamt gleichwertig. Der nach § 4 Abs.5 Satz 1 BhV anzustellende Vergleich bezieht sich nicht auf sämtliche Sachbereiche, für die nach den konkurrierenden Beihilfesystemen Leistungen vorgesehen sind. Vielmehr beschränkt er sich von vornherein auf die einzelnen Leistungsanlässe wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Geburt und löst sich von der Zufälligkeit kodifikatorischer Zusammenfassungen. Dies entspricht auch der Systematik des Sozialversicherungsrechts, das die Krankenversicherung und die Pflegeversicherung jeweils eigenständig regelt. Nur wennn ach den maßgeblichen Kriterien sektoral eine Übereinstimmung im Wesentlichen besteht, kann von einer Gleichwertigkeit die Rede sein. Sachbereichsübergreifende Strukturunterschiede sind für den Vergleich ohne Belang, weil Defizite in einem Leistungsbereich
nicht durch Kongruenzen oder Besserstellungen in einem anderen Leistungsbereich ausgeglichen werden können. Nach § 40 Abs.1 Satz 2 BAT, der für die Ehefrau des Klägers maßgeblich ist, sind Aufwendungen im Sinne des § 9 BhV also im Falle der Pflegebedürftigkeit nicht beihilfefähig. Der explizite tarifrechtliche Leistungsausschluss begründet einen erheblichen Unterschied. Von einer Gleichwertigkeit der Ansprüche des Klägers und der Ansprüche seiner Ehefrau nach den verschiedenen Beihilfesystemen kann schon deshalb nicht die Rede sein, weil das Tarifrecht für das Risiko der Pflegebedürftigkeit keinerlei Zuwendungen ("Beihilfen") des Arbeitgebers vorsieht, sondern den Arbeitnehmer auf solche Leistungen verweist, auf die nach den allgemein geltenden Bestimmungen, also nach dem Recht der gesetzlicheno der der privaten Pflegeversicherung, ein Anspruch besteht und die nicht den Charakter von "Beihilfen" haben. (Abs.25)
4. Das angegriffene Urteil kann nicht deshalb aufrechterhalten werden, weil es sich aus anderen Gründen als zutreffend erweist (vgl § 144 Abs.4 VwGO). Zwar hat der Kläger nach den gegenwärtigen Verhältnissen keinen Anspruch auf Beihilfe im Falle der Pflegebedürftigkeit seiner Ehefrau, weil diese aufgrund der derzeit bestehenden privaten "Vollversicherung" bedarfsdeckende Leistungen erhält, die den Leistungen nach § 9 BhV entsprechen und deshalb nach § 15 BhV in vollem Umfang angerechnet werden. Die Ehefrau ist jedoch nicht zur Aufrechterhaltung
ihrer privaten Pflegevollversicherung verpflichtet, solange ihre Bezüge die Einkommensgrenze des § 5 Abs.4 Nr.3 BhV nicht überschreiten, und hat im Hinblick auf potenzielle Beihilfeansprüche ihres Ehemannes die Möglichkeit, die private Pflegeversicherung beihilfekonform zu gestalten. (Abs.26) Dem stehen sozialversicherungsrechtliche Vorschriften nicht entgegen. Eine Pflicht zur Eigenversicherung nach dem SGB XI und eine über den Ehegatten vermittelte Beihilfeberechtigung schließen sich nicht gegenseitig aus (vgl BSG, Urteile vom 6.November 1997 12 RP 1/97 und 12 RP 4/97 BSGE 81,177 = SozR 3 3300 § 55 SGB XI S.3). Ein solches Alternativverhältnis besteht nach dem Wortlaut der §§ 23, 25 SGB XI nicht. Auch Sinn und Zweck der Vorschriften über die Versicherungspflicht (vgl §§ 20 ff SGB XI) verlangen dies nicht. Danach geht es vielmehr grundsätzlich darum, dass diejenigen, die sich gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit zu versichern haben, diesen Schutz lückenlos erhalten, auch wenn insoweit komplementäre Leistungen erbracht werden, und dass das Beitragsniveau der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht überschritten wird (vgl § 110 SGB XI). In diesem Rahmen ist es aus der Sicht der gesetzlichen Pflegeversicherung unerheblich, ob Versicherungsleistungen durch Beihilfeleistungen ergänzt werden. Dieser Konkurrenzlage haben ausschließlich die Vorschriften des Beihilferechts Rechnung zu tragen. (Abs.27)
Aus § 23 Abs.1, § 25 SGB XI ergibt sich nicht, in welchem Arbeitgebers oder Dienstherrn entfällt. Die Vorschrift setzt ihrem Wortlaut nach nicht die Identität von Zuschuss- und Beihilfeberechtigtem voraus. Allerdings führt diese Bestimmung dazu, dass der Arbeitgeber der Klägerin von dem Beitragszuschuss entlastet wird. (Abs.29)
Die Beihilfevorschriften sehen keine vorrangige Vorsorgeverpflichtung des berücksichtigungsfähigen Angehörigen vor. Nach der ausdrücklichen Regelung des § 5 Abs.4 Nr.3 BhV sind die in § 9 BhV genannten Aufwendungen bei Pflegebedürftigkeit, die für den Ehegatten des Beihilfeberechtigten entstanden sind, grundsätzlich nicht beihilfefähig, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte des Ehegatten im Vorvorkalenderjahr vor der Stellung des Beihilfeantrags 18 000 übersteigt. Die Regelung geht davon aus, dass dem Ehegatten eine Eigenvorsorge zuzumuten ist, wenn er selbst über ausreichende Einkünfte verfügt. Wird diese Einkommensgrenze nicht erreicht, besteht von einer hier nicht interessierenden Ausnahme abgesehen Anspruch auf Beihilfeleistungen." (Abs.30)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.20 f
§§§
04.083 Sicherheitsüberprüfung |
---|
BVerwG, B, 23.06.04, - 1_WB_12/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_51 Abs.1; SÜG_§_1 Abs.1, SÜG_§_2 Abs.1, SÜG_§_17
Sicherheitsüberprüfung / Wiederaufgreifen / neues Beweismittel
Zur Frage, ob allein der Ablauf eines im gerichtlichen Disziplinarverfahren verhängten Beförderungsverbots das Wiederaufgreifen eines abgeschlossenen Sicherheitsüberprüfungsverfahrens rechtfertigen kann.
Z-430 Sicherheitsüberprüfung: Änderung der Rechtslage
"... Durchgreifende Gesichtspunkte zu einer nachträglichen Änderung der Sach oder Rechtslage oder zu neuen Beweismitteln, die eine ihm günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden, sind dem Vortrag des Antragstellers ebenso wenig zu entnehmen wie Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 580 ZPO. (Abs.4)
Das Ende des Beförderungsverbots im September 2003 stellt in diesem Sinne keine entscheidungsmaßgebliche neue Tatsache dar. Der Antragsteller hat seinen Wunsch nach Verkürzung der Fünfjahresfrist für die erneute Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung (vgl § 17 Abs.1 SÜG) lediglich auf Gesichtspunkte gestützt, die er bereits im Sicherheitsüberprüfungsverfahren gegenüber dem GB/SKA vor Erlass der beanstandeten Entscheidung vom 13.März 2003 geltend gemacht hat. Der Antragsteller verkennt insoweit, dass das Bundesministerium des Innern aufgrund der Ermächtigung in § 35 Abs.1 SÜG rechtsfehlerfrei festgelegt hat, dass die Entscheidung über das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos in der Regel für fünf Jahre gelte (Anlage 2 zum Runderlass des BMI vom 30.Mai 2002 IS 2 606411 1/1, zu § 14 Abs.3 SÜG). Hiermit übereinstimmend hat auch das Bundesministerium der Verteidigung Fü S II 2 im Sicherheitshinweis Nr.10/99 vom 13.Juli 1999 angeordnet, dass die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in der Regel für fünf J ahre ausgehend vom Tag der Feststellung gelte. Der GB/SKA hat
in seiner Entscheidung vom 13.März 2003 in Kenntnis der Dauer des verhängten Beförderungsverbots von einer Verkürzung der vorgesehenen Fünfjahresfrist abgesehen, weil er vornehmlich unter Berücksichtigung des Vorfalls am 15.Januar 2003 und des fortdauernden Bestreitens der rechtskräftig festgestellten Tat durch den Antragsteller zu der Einschätzung gekommen war, dass der Antragsteller in jüngster Zeit erneut gezeigt habe, dass auf ihn nicht jederzeit Verlass sei. Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, dass eine neue Sach oder Rechtslage eingetreten ist, die ein Abweichen von der Prognose einer erforderlichen Nachbewährung im Zeitraum von fünf Jahren gebietet. (Abs.5)
Der Antragsteller hat auch kein neues Beweismittel vorgelegt, das eine günsti-gere Entscheidung als die angegriffene Feststellung des GB/SKA vom 13.März 2003 über das Bestehen eines Sicherheitsrisikos bewirkt haben würde." (Abs.6)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.4 f
§§§
04.084 fiktive Versetzung |
---|
BVerwG, B, 23.06.04, - 1_WB_25/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
SG_§_3; SVG_§_18 Abs.1 S.1, SVG_§_96 Abs.2
fiktive Versetzung / Personalratsmitglied / Verwendung / höherwertiger Dienstposten / Ruhegehalt
Zur Zulässigkeit einer fiktiven Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten, wenn diese Verwendungsentscheidung so spät vor der Zurruhesetzung wirksam würde, dass sich eine daraus folgende Beförderung oder Einweisung in die entsprechende Planstelle absehbar nicht mehr auf das Ruhegehalt auswirkt.
Z-431 fiktive Versetzung
"... Das Verpflichtungsbegehren des Antragstellers bleibt erfolglos. Das dem Bundesminister der Verteidigung (BMVg) im Rahmen des § 3 SG zustehende Ermessen (vgl. Scherer/Alff, SG, 7.Aufl, § 3 RNrn.54, 55) hinsichtlich des Wechsels in höherwertige Verwendungen ist durch den Erlass vom 25.April 2002 PSZ I 1 Az 16-32-00/4 dahin gebunden, dass Verwendungsentscheidungen, die so spät vor der Zurruhesetzung rechtswirksam würden, dass sich eine daraus folgende Beförderung/Einweisung absehbar nicht mehr auf das Ruhegehalt auswirkt, auf Ausnahmen zu beschränken sind. Diese sind nach dem zitierten Erlass dem Bundesministerium der Verteidigung PSZ I 1 zur Genehmigung vorzulegen. Von dieser Regelung, Verwendungsentscheidungen der vorbezeichneten Art abgesehen von geltend gemachten Ausnahmen grundsätzlich abzulehnen, könnte der BMVg im Hinblick auf die aus Art.3 Abs.1 GG folgende rechtliche Bindung nur generell für die Zukunft abweichen, nicht aber für den Einzelfall des Antragstellers. (Abs.1)
Die vom Antragsteller gewünschte fiktive Versetzung auf einen nach BesGr A 12 bewerteten Dienstposten stellt eine Verwendungsentscheidung dar, die auch schon im Zeitpunkt der Antragstellung so spät vor dem Dienstzeitende des Antragstellers rechtswirksam würde, dass sich eine daraus folgende Beförderung/Einweisung absehbar nicht mehr auf das Ruhegehalt auswirkt. (Abs.2)
Auf den Antragsteller ist § 18 Abs.1 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz SVG) idF der Bekanntmachung vom 9.April 2002 (BGBl I S.1258), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.Dezember 2003 (BGBl I S.3076) anzuwenden. Danach sind die Dienstbezüge des letzten (höheren) Dienstgrades vor dem Eintritt in den Ruhestand nur ruhegehaltfähig, wenn der Soldat sie vor dem Eintritt in den Ruhestand mindestens drei Jahre erhalten hat. Bei der Einweisung in eine höhere Besoldungsgruppe ohne Änderung des Dienstgrades stehen die Dienstbezüge der letzten Besoldungsgruppe den Dienstbezügen des letzten Dienstgrades bei der Anwendung des § 18 Abs.1 Satz 1 SVG gleich (Urteil vom 27.Juni 1986 BVerwG 6 C 131.80). Schon bei Antragstellung am 25.März 2002 hatte der Antragsteller die nach § 18 Abs.1 Satz 1 SVG einzuhaltende Wartefrist von drei Jahren unterschritten, denn er tritt zum 30.Juni 2004 in den Ruhestand. (Abs.3)
Auf § 96 Abs.2 SVG, nach dem für bestimmte Übergangsfälle § 18 SVG in der bis 31.Dezember 1998 geltenden Fassung mit der früheren Wartefrist von nur zwei Jahren gilt, kann sich der Antragsteller nicht berufen, weil § 96 Abs.2 SVG nur auf Soldaten Anwendung findet, die vor dem 1.Januar 2001 befördert oder in eine höhere Besoldungsgruppe eingewiesen worden sind. Diese Voraussetzung erfüllt der
Antragsteller nicht." (Abs.4>
Auszug aus: Originalurteil, Abs.1 f
§§§
04.085 Personen der Zeitgeschichte |
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BVerwG, U, 23.06.04, - 3_C_41/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.2 Abs.1, GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.47 S.2; StUG_§_5 Abs.1, StUG_§_32 Abs.1, StUG_§_32a, StUG_§_34 Abs.1
Stasi-Unterlagen-Gesetz / Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen / Ausspähung / personenbezogene Informationen / allgemeines Persönlichkeitsrecht / Privatsphäre / Recht am gesprochenen Wort / informationelle Selbstbestimmung / Grundrechte von Amtsträgern / Aufarbeitung der Stasi-Tätigkeit / Forschung / Presse / politische Bildung / Zweckbindung erhobener Dateien / verfassungskonforme Auslegung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes / Vollstreckungsgegenklage
1) Soweit Stasi-Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger der Forschung zum Zwecke der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes der DDR sowie der nationalsozialistischen Vergangenheit zur Verfügung gestellt werden sollen, durfte der Gesetzgeber die Entscheidung hierüber von einer Abwägung im Einzelfall abhängig machen. Allerdings muss zur Wahrung der Grundrechte des davon Betroffenen sichergestellt sein, dass die Unterlagen ausschließlich für diesen Forschungszweck genutzt und namentlich nicht an Dritte weitergegeben oder veröffentlicht werden. Tonbänder und Wortlautprotokolle über abgehörte Gespräche des Betroffenen oder Dritter bleiben ausgenommen.
2) Die Zurverfügungstellung von Stasi-Unterlagen mit personenbezogenen Informationen an die Presse ist dem davon Betroffenen demgegenüber grundsätzlich unzumutbar. Das umfasst Informationen, die durch Verletzung der räumlichen Privatsphäre und/oder des Rechts am gesprochenen Wort gewonnen worden sind, ebenso wie Informationen, die im weitesten Sinne auf Spionage beruhen, sowie Berichte und Stellungnahmen des Staatssicherheitsdienstes, die derartige Informationen zur möglichen Grundlage haben. Andere Unterlagen, etwa mit Informationen aus allgemeinzugänglichen Quellen, aus öffentlichen Reden oder aus Äußerungen gegenüber Dritten, die darüber ihrerseits berichtet haben, dürfen auch an die Presse nach Maßgabe einer Abwägung herausgegeben werden.
§§§
04.086 islamisches Kopftuch |
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BVerwG, U, 24.06.04, - 2_C_45/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.3, GG_Art.4; (BW) LBG_§_9, LBG_§_11; SchG_§_38
christliche Bildungs- und Kulturwerte / Eignung / Einstellung als Lehrerin an Grund- und Hauptschulen / islamisches Kopftuch / politische, religiöse oder weltanschauliche Bekundung / Religionsfreiheit / Schulfrieden / staatliche Neutralität
Auf der Grundlage des 2004 geänderten baden-württembergischen Schulgesetzes darf die Einstellung als Lehrerin an Grund- und Hauptschulen im Beamtenverhältnis abgelehnt werden, wenn die Bewerberin nicht bereit ist, im Unterricht auf das Tragen eines "islamischen Kopftuchs" zu verzichten.
§§§
BVerwG, B, 29.06.04, - 6_PB_3/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(MV) PersVG_§_35 Abs.2
Verpflichtungsantrag im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren / Raumbedarf des Personalrats
Gegen die Zulässigkeit eines Verpflichtungsantrages, mit welchem der Personalrat seinen Anspruch auf Raumbedarf geltend macht, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken.
§§§
BVerwG, B, 30.06.04, - 3_B_89/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
SGG_§_51 Abs.1 Nr.2; (aF) SGG_§_51 Abs.1 S.2; SGB-XI_§_82 Abs.3, SGB-XI_§_82 Abs.4
Gesonderte Berechnung von Investitionsaufwendungen / Verwaltungsrechtsweg / Sozialgerichtsbarkeit / Pflegevergütung
Für die Klage auf Zustimmung zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen eines Pflegeheims gegenüber den Heimbewohnern wie für die Klage auf Feststellung, dass die gesonderte Berechnung ohne Zustimmung der Landesbehörde zulässig ist, sind auch nach der Neufassung des § 51 Abs.1 SGG durch das 6.SGGÄndG die Sozialgerichte zuständig (Fortschreibung des Urteils vom 26.April 2002 BVerwG 3 C 41.01 NVwZ-RR 2002 S.607).
§§§
04.089 Veräußerungsgenehmigung |
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BVerwG, U, 30.06.04, - 4_C_1/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_172 Abs.1, BauGB_§_172 Abs.4; VwGO_§_113
Fortsetzungsfeststellungsklage / Amtshaftung / enteignungsgleicher Eingriff / Erhaltungssatzung / Milieuschutzsatzung / Umwandlungsgenehmigung / Veräußerungsgenehmigung
1) Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse für die Klage gegen die Versagung einer Veräußerungsgenehmigung im Sinne des § 172 Abs.4 Satz 4 BauGB kann auf die Absicht gestützt werden, eine Klage wegen enteignungsgleichen Eingriffs zu erheben.
2) Die in § 172 Abs.4 Satz 3 Nr.6 BauGB vorgesehene Verpflichtung, die Wohnungen innerhalb von sieben Jahren nur an die Mieter zu veräußern, erstreckt sich auch auf diejenigen Wohnungen, die zum Zeitpunkt der Erteilung der Umwandlungsgenehmigung leer stehen.
3) Zum Kreis der Mieter im Sinne des § 172 Abs.4 Satz 3 Nr.6 BauGB gehören nicht diejenigen Personen, die die betreffende Wohnung zwar tatsächlich bewohnen, diese Nutzung aber von vornherein nur mit der Absicht aufgenommen haben, die Wohnung käuflich zu erwerben.
4) Auch in den Fällen, in denen kein Anspruch auf Erteilung einer Veräußerungsgenehmigung besteht, kommen atypische Fallgestaltungen in Betracht, die eine Erteilung der Genehmigung im Ermessenswege rechtfertigen.
§§§
BVerwG, U, 30.06.04, - 4_C_3/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BBauG_§_9 Abs.1 Nr.5; BauGB_§_9 Abs.1 Nr.5, BauGB_§_1 Abs.6; GG_Art.87 f; PostG_§_11 ff
Nutzungsänderung in Postgebäude / Flächen für den Gemeinbedarf / Festsetzung als "Postdienstgebäude" / Funktionslosigkeit der Festsetzung / Privatisierung der Post / Infrastrukturverantwortung des Staates / Post-Universaldienst / gewerbliche Nebennutzung / Verkauf von Papier- und Schreibwaren
1) Eine nach § 9 Abs.1 Nr.5 BBauG getroffene Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche für ein "Postdienstgebäude" der (ehemaligen) Deutschen Bundespost ist durch die Privatisierung der Post im Zuge der Postreform II nicht funktionslos geworden, soweit sie nunmehr der Erbringung von Post-Universaldienstleistungen im Sinne von §§ 11 ff PostG dient.
2) Auf einer Gemeinbedarfsfläche, die nach § 9 Abs.1 Nr.5 BBauG/BauGB für ein Postamt der (ehemaligen) Deutschen Bundespost oder nach Abschluss der Postreform für eine Postfiliale der Deutschen Post AG festgesetzt wurde, ist eine gewerbliche "Nebennutzung" (hier: postspezifisches Angebot von Papier- und Schreibwaren) zulässig, wenn sie in einem inneren Zusammenhang mit den Post-Universaldienstleistungen steht und im Verhältnis zu diesen von untergeordneter Bedeutung bleibt.
§§§
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RS-BVerwG - 2004 (61-90) |
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