BVerwG |
2003 (5) |
121-150 |
| [ 2003 ][ « ][ » ][ 2004 ] | [ ] |
BVerwG, U, 02.07.03, - 3_C_46/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG Art.12 Abs.1; VwVfG_§ 25 S.2, VwVfG_§_29 Abs.1
Auskunftsanspruch, verfassungsunmittelbarer / Informationsanspruch Berufsfreiheit, grundrechtsfreundliche Verfahrensgestaltung / Berufsgrundrecht, Vorwirkungen auf die Verfahrensgestaltung / Linienverkehr, Verbot der Doppelbedienung /
Das Grundrecht aus Art.12 Abs.1 GG kann es einer Behörde gebieten, bereits im Vorfeld eines Verwaltungsverfahrens (hier: Linienverkehrs-Genehmigungsverfahren) und damit unabhängig von einer verwaltungsverfahrensrechtlichen Beteiligten-Stellung einem potentiellen Verfahrensbeteiligten Informationen zur Verfügung zu stellen, welche dieser bedarf, um sachgerecht die Frage prüfen und entscheiden zu können, ob und in welchem Umfang er sich um eine behördliche Genehmigung (Konzession) bewirbt.
§§§
03.122 persönliche Gewissheit |
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BVerwG, U, 03.07.03, - 1_WD_3/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG Art.20 Abs.1, GG_Art.20 Abs.3; WDO_§_91 Abs.1; StPO_§_261; EMRK_Art.6 Abs.2
in dubio pro reo / persönliche Gewissheit / Tatrichter / Beweiswürdigung.
Zu den Anforderungen an die für die Überführung eines Angeschuldigten erforderliche persönliche Gewissheit des Tatrichters.
§§§
BVerwG, B, 03.07.03, - 2_C_17/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
Beamter / Hochschullehrer / Nebentätigkeit / Pflicht zur Abführung / erzielter Vergütungen
GG_Art.33 Abs.5; (RP) LBG_§_71a, LBG_§_72; NebVO_§_9
1) Für die Zuordnung einer Nebentätigkeit zum öffentlichen Dienst reicht es aus, dass der Empfänger der von dem Beamten erbrachten Leistung eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist (wie bisherige stRspr).
Z-386 Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst
"...Die Revision des Klägers ist unbegründet. (Abs.10)
Das Berufungsgericht hat die berufliche Tätigkeit des Klägers für die Wirtschaftsprüferkammer zutreffend als Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst gewertet. Nebentätigkeit eines Beamten ist nach § 71 a Abs.1 Satz 1 Landesbeamtengesetz Rheinland-Pfalz (LBG) in der hier maßgeblichen Fassung vom 20.Juli 1998 (GVBl S.205) die Ausübung eines Nebenamts oder einer Nebenbeschäftigung. Nebenbeschäftigung ist jede nicht zu einem Haupt- oder Nebenamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes (§ 71a Abs.3 LBG). Gemäß § 72 Abs.1 Satz 1 LBG ist Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst jede für den Bund, ein Land oder andere Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts in der Bundesrepublik Deutschland oder für Verbände von solchen ausgeübte Nebentätigkeit. Diese Bestimmungen sind auch auf den Kläger als Beamten des Landes anzuwenden. Das Hochschulrecht enthält keine abweichenden Regelungen. (Abs.11)
Um die Leistungen, die der Kläger auf der Grundlage des Anstellungsvertrages bei der Wirtschaftsprüferkammer erbracht hat, als "Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst" zu qualifizieren, kommt es nach § 72 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 1 LBG ausschließlich auf die Rechtsform desjenigen an, für den die Tätigkeit ausgeübt
wird - der im Rechtssinne Empfänger der Leistung ist. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die Einschränkungen etwa im Hinblick auf die rechtliche Grundlage der ausgeübten Nebentätigkeit, auf ein Abhängigkeitsverhältnis, auf die Art der Tätigkeit, auf den Zweck oder auf die Finanzierung der öffentlichen Einrichtung nicht vorsieht. Die weite Fassung des Begriffs des öffentlichen Dienstes in § 72 LBG entspricht dem Sinn und der Zielsetzung der Bestimmung. Danach sollen das Überhandnehmen von Nebenbeschäftigungen zum Nachteil des Hauptamtes und Doppelzahlungen aus öffentlichen Haushalten vermieden werden (vgl BVerfGE 55,207 ). (Abs.12)
Die Wirtschaftsprüferkammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 4 Abs.1 Satz 1 Wirtschaftsprüferordnung WPO). Für die Zuordnung der Wirtschaftsprüferkammer zum öffentlichen Dienst ist es unerheblich, dass es sich um eine berufsständische Einrichtung handelt, die sich aus den Beiträgen der Mitglieder und nicht aus allgemeinen Steuermitteln finanziert. Maßgebend sind nicht die Finanzierungsquellen, sondern die Ausgestaltung als öffentlich-rechtliche Organisationsform mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen für den Haushalt, das Personalwesen und die Aufgabenstruktur. (Abs.13)
Die Wirtschaftsprüferkammer war auch Empfängerin der vom Kläger im Rahmen der Nebentätigkeit erbrachten Leistungen. Zu ihr bestand das Vertragsverhältnis, aus dem sich die Leistungspflicht und das Entgelt ergaben. Dass die Tätigkeit des Klägers auch einzelnen Mitgliedern der Kammer zugute kam, berührt das vertragliche Leistungsverhältnis nicht. (Abs.14)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.10 ff
Z-387 Ablieferungspflicht ist verfassungsgemäß
"... Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die grundsätzliche Pflicht zur Ablieferung von Nebentätigkeitsvergütungen bestehen nicht (vgl BVerfGE 55,207 ). Die Einschränkung der Nebenverdienstmöglichkeiten des Beamten im öffentlichen Dienst entspricht dem Alimentationsprinzip und der einheitlichen und umfassenden Dienstleistungspflicht des Beamten (vgl BVerfGE 55,207). Für die ihm im öffentlichen Dienst insgesamt obliegende Pflichterfüllung hat der Beamte nur einmal den Anspruch auf angemessenen Unterhalt in Gestalt der Dienstbezüge. Er soll öffentliche Kassen nicht doppelt in Anspruch nehmen. Insoweit haben die Ablieferungsvorschriften die gleiche Zielrichtung und Funktion wie die Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst auf die Versorgungsbezüge. Darauf hat auch bereits das Bundesverfassungsgericht hingewiesen (vgl BVerfGE 55,207 ; vgl auch Urteil vom 21.Dezember 1982 BVerwG 6 C 68.78 BVerwGE 66,324 f). Es hat in ständiger Rechtsprechung die Unterscheidung, ob der Beamte Nebeneinkünfte aus öffentlichen Kassen oder aus einer anderweitigen Beschäftigung erzielt, für verfassungsgemäß gehalten (vgl BVerfGE 27,364; 33,44 ). Die öffentlichen Mittel als Ganzes betrachtet sollen nicht dadurch doppelt belastet werden, dass dem Beamten sowohl Besoldung als auch zusätzlich eine Vergütung für seine Tätigkeit im öffentlichen Dienst gezahlt wird. Alle öffentlichen Rechtsträger wirtschaften letztlich mit öffentlichen Mitteln, dh mit solchen Mitteln, die ihnen wegen ihrer öffentlichen Aufgabe aus dem Staatshaushalt oder auf Grund eigener öffentlich-rechtlich geregelter Einnahmebefugnis zugeflossen sind (vgl Urteil vom 3.Oktober 1985 BVerwG 6 C 56.84 BVerwGE 72,135 ). Es kommt auch nicht darauf an, ob es sich bei der Vergütung einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst um eine Alimentierung handelt, die nur bei einer Besoldung (oder Versorgung) des Beamten vorliegt oder wie hier um das Entgelt für eine vertraglich geschuldete Leistung (vgl Urteil vom 16.Juli 1984 BVerwG 6 C 45.82 Buchholz 238.41 § 53 SVG Nr.4 S.6 f). Der Dienstherr genügt seiner Alimentationspflicht gegenüber dem Beamten, wenn er diesem die ihm zustehende Besoldung zahlt und andere Bezüge, die die öffentliche Hand aufgrund eines zweiten Beschäftigungsverhältnisses an den Beamten leistet, bis zu den Höchstgrenzen der Nebentätigkeitsverordnung, zur Entlastung seines öffentlichen Haushalts einfordert (vgl auch Urteil vom 16.Juli 1984, aaO S.6). (Abs.15)
Das Landesrecht begegnet auch insoweit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, als § 9 Satz 1 Nr.2 Nebentätigkeitsverordnung NebVO in der hier einschlägigen Fassung vom 15.Juli 1997 (GVBl S.252) zwar eine wissenschaftliche Forschungstätigkeit, nicht aber eine wissenschaftliche Lehrtätigkeit von der Ablieferungspflicht ausnimmt. Denn der Dienstherr hat einen weiten Gestaltungsspielraum darin, in welchen Tätigkeitsbereichen er Nebentätigkeiten
seiner Beamten überhaupt zulässt, sie anzeigepflichtig gestaltet oder erhaltene Vergütungen der teilweisen Ablieferungspflicht unterwirft (vgl Beschluss vom 14.August 2002 BVerwG 2 B 9.02 Buchholz 237.8 § 71a RhPLBG Nr.1 S.2 mwN). (Abs.16)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.15 f
Z-388 Umfang der Ablieferungspflicht
"... Verfassungsrecht hindert den Dienstherrn auch nicht daran, die Ablieferung des Bruttobetrags der dem Kläger zugeflossenen Nebentätigkeitsvergütung zu fordern. Insbesondere steht dem die Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht entgegen. Was für die Rückforderung überzahlter Dienst- und Versorgungsbezüge gilt (vgl dazu BVerfGE 46,97), muss erst recht für die Ablieferung der Vergütung für eine nicht genehmigte Nebentätigkeit gelten. Die Ablieferungspflicht bezieht sich auf die Einnahmen, die dem Beamten unter Berücksichtigung der Abzüge gemäß § 8 Abs.3 NebVO als Bruttobeträge zustehen. § 8 Abs.1 NebVO bezeichnet die Höchstgrenzen nach den Bruttobeträgen. Zudem hätte es der Regelung, welche mit der Erzielung der Einnahmen im Zusammenhang stehende Aufwendungen abzusetzen sind (§ 8 Abs.3 NebVO), nicht bedurft, wenn auch weitere Werbungskosten und die persönliche Steuerlast abzugsfähig sind. Dass der Kläger seiner Verpflichtung nach § 8 Abs.4 Satz 2 NebVO, die abzuführenden Beträge innerhalb eines Monats nach Erhalt zu entrichten, nicht nachgekommen ist, führt nicht dazu, dass er ausschließlich die ihm letztlich verbliebenen Nettoeinnahmen abzuführen hat. Einem Beamten obliegt es, selbst einen steuerlichen Ausgleich beim Finanzamt herbeizuführen. Welche der verschiedenen steuerrechtlichen Möglichkeiten er geltend machen kann oder muss, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich (vgl dazu auch Beschluss vom 22.März 1985 BVerwG 2 B 67.84 Buchholz 232 § 69 BBG Nr.8 S.2 mwN). (Abs.17)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.17 f
Z-389 Ablieferungspflicht und Billigkeitsgründe
"... Über die Ablieferung war nicht gemäß § 96 Abs.2 Satz 3 LBG unter Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden. Diese Vorschrift bezieht sich auf die Rückforderung von Zahlungen, die der Dienstherr erbracht hat. Sie erfasst nicht Zahlungen, die auf der nebentätigkeitsrechtlichen Ablieferungspflicht beruhen. Härten, die sich insoweit ergeben können, sind in Anwendung der allgemeinen Vorschriften zu berücksichtigen. (Abs.18)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.2 VwGO. (Abs.19)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.18
§§§
BVerwG, B, 03.07.03, - 2_C_26/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.20 Abs.3, GG_Art.28 Abs.1, GG_Art.33 Abs.5, GG_Art.74a Abs.1; (Ns) (aF) LBG_§ 87c;
Alimentation / Beihilfe / Beihilfestandard / Eigenbeteiligung / Eigenvorsorge / Fürsorge / Gleichbehandlung / Kostendämpfungspauschale / Rückwirkungsverbot / Sockelbetrag / Typisierung / Vertrauensschutz.
1) Die Pflicht des Dienstherrn, die amtsangemessene Alimentation der Beamten, Richter und Versorgungsempfänger sicher zu stellen, ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht verletzt, wenn der Bedienstete einen Sockelbetrag seiner Aufwendungen in Krankheitsfällen, der weniger als ein Prozent seiner Jahresbezüge ausmacht, selbst tragen muss.
2) Die Fürsorgepflicht verlangt nicht, dass das durch die Beihilfe nicht gedeckte Risiko von Aufwendungen in Krankheitsfällen versicherbar und dass ein vollständiger Ausgleich der Kosten durch Beihilfe und Versicherungsleistungen möglich ist.
3) Eine nach Besoldungsgruppen abgestufte Kostendämpfungspauschale im Beihilfesystem verletzt nicht deshalb den Gleichheitssatz, weil Beamte und Richter mit je nach Dienstalter geringeren Bezügen möglicherweise einen höheren Eigenbeitrag leisten müssen.
4) Das Rückwirkungsgebot ist nicht verletzt, wenn die ursprünglich geltende, rückwirkend geänderte Norm nicht geeignet ist, den Besoldungs- und Versorgungsempfänger in seinem Verhalten bei der Inanspruchnahme notwendiger ärztlicher Leistungen, Heil- und Hilfsmittel zu beeinflussen.
Z-390 Besoldung iSd Art.74a Abs.1 GG
"...Die Kürzung der Beihilfe beruht auf § 87c NBG in der Fassung des Art.14 Haushaltsbegleitgesetz 1999 vom 21. Januar 1999 (Nds GVBl S.10, 13) § 87c NBG aF neu gefasst durch Art.4 Haushaltsbegleitgesetz 2002 vom 18. Dezember 2001 (Nds.GVBl S.806). Die Vorschrift gilt gemäß § 4 Abs.1 des Niedersächsischen Richtergesetzes entsprechend für Richter im Landesdienst. Gemäß § 87c Abs.4 Satz 1 aF wurde die Beihilfe je Kalenderjahr, in dem ein Beihilfeantrag gestellt wurde, bei einem Angehörigen der Besoldungsgruppe R 1 um die "Kostendämpfungspauschale" von 400 DM gekürzt. Dieser Betrag verminderte sich gemäß Satz 3 um 50 DM für jedes berücksichtigungsfähige Kind. (Abs.8)
Zu dieser Regelung war das Land Niedersachsen befugt. Art.74a Abs.1 GG erstreckt die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes auf die Besoldung und Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, soweit nicht der Bund nach Art.73 Nr.8 GG ausschließlich zuständig ist. Der Begriff "Besoldung" wird in Art.74 a Abs.1 GG in einem weiten Sinne verwendet. Er umfasst sämtliche in Erfüllung der Alimentationspflicht gewährten Leistungen, also nicht nur Geld-, sondern auch Sachbezüge. Beihilfe und freie Heilfürsorge gehören zum Begriff der Besoldung im Sinne dieser Verfassungsbestimmung (vgl BVerfGE 62,354 ; BVerfG, Beschluss vom 7.November 2002 2 BvR 1053/98 ZBR 2003,203). (Abs.9)
Von der ihm verliehenen Gesetzgebungskompetenz hat der Bund nur insoweit Gebrauch gemacht, als er prinzipiell abschließend die Besoldung und Versorgung im engeren Sinne normiert hat. Die Bundesgesetzgebung regelt indessen nicht Leistungen für besondere Lebenssituationen im Länderbereich. In diesem Umfang sind die Bundesregelungen nicht abschließend und entfalten auch keine Sperrwirkung. Die Länder sind berechtigt, die nach der gegenwärtigen Konzeption der Regelalimentierung gebotene Ergänzung durch Beihilfen im Krankheitsfall ua selbst zu regeln." (Abs.10)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.8 ff
Z-391 Zur Zulässigkeit einer Kostendämpfungspauschale
"... Das Land Niedersachsen hat nicht die Gesetzgebungskompetenz des Bundes und damit seine Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten verletzt. Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange und die Kodifikationen des Bundes führt zu Beschränkungen, wenn sich die kompetenzgemäße Regelung eines Landes auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung lediglich mittelbar auswirken kann und die Gesetzgebung durch das Land offenbar missbräuchlich ist (vgl BVerfG, Beschluss vom 7.November 2002, aaO mwN). Dass das Land Niedersachsen durch die Einführung der Kostendämpfungspauschale besoldungs- oder versorgungsrechtliche Ziele verfolgt oder die abschließende Gesetzgebung des Bundes konterkariert hat, ist nicht erkennbar. (Abs.11)
Die Einführung der Kostendämpfungspauschale verstößt nicht gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art.33 Abs.5 GG). (Abs.12)
Von Verfassungs wegen hat der Beamte oder Richter Anspruch darauf, auch Krankheit, Pflegebedürftigkeit und andere besondere Situationen finanziell bewältigen zu können, ohne dass sein amtsangemessener Lebensunterhalt beeinträchtigt wird (vgl BVerfGE 3,58 ; 46,97; 70,69; 97,35; BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002 BVerwG 2 C 34.01 DÖV 2003, 456 = DVBl 2003, 726 = ZBR 2003, 212). Die Pflicht zur Sicherstellung des amtsangemessenen
Lebensunterhalts ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums und beruht unmittelbar auf Verfassungsrecht (Art.33 Abs.5 GG). Sie ist nicht beschränkt auf gewöhnliche Lebenssituationen, sondern erstreckt sich auch auf Lebenslagen, die einen erhöhten Bedarf begründen. Die Alimentationspflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben oder dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird. (Abs.13)
Das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfen in Krankheitsfällen gehört jedoch nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und wird deshalb nicht durch Art. 33 Abs.5 GG gewährleistet (stRspr; vgl BVerfGE 83,89 ; BVerfG, Beschluss vom 7.November 2002, aaO; BVerwG, Beschluss vom 28.November 1991 BVerwG 2 N 1.89 BVerwGE 89,207 mwN). Unterstützungsleistungen in besonderen Lebenssituationen werden nicht von der nach Art.33 Abs.5 GG geschuldeten Alimentation umfasst. Vielmehr genügt der Dienstherr der von Verfassungs wegen geschuldeten Alimentation auch, wenn der Beamte oder Richter in die Lage versetzt wird, einen Teil seiner Bezüge zur Eigenvorsorge einzusetzen. Besoldung und Versorgung sind so zu gestalten, dass unter Berücksichtigung der
Eigenvorsorge der angemessene Lebensunterhalt des Beamten oder Richters und seiner Familienangehörigen sichergestellt bleibt. In welcher Form der Dienstherr die erforderlichen Vorkehrungen trifft, bleibt seiner Gestaltungsfreiheit überlassen. Es besteht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, den Beamten, Richtern und Versorgungsempfängern in Krankheitsfällen und in vergleichbaren Notsituationen Unterstützungen in Form von Beihilfen oder gar von Beihilfen in bestimmter Höhe zu gewähren. Das System der Beihilfen kann deshalb ohne Verletzung des Art.33 Abs.5 GG geändert werden (vgl. BVerfGE 58, 68; 79,223 ; 83,89; BVerfG, Beschluss vom 7.November 2002, aaO)." (Abs.14)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.11 ff
Z-392 Zur Zulässigkeit der Eigenversorgung
"... Mutet der Dienstherr dem Beamten (Richter) oder Versorgungsempfänger eine Eigenvorsorge in vollem Umfange, insbesondere in Krankheits- und Pflegefällen zu, die nach den heutigen Verhältnissen im Gesundheits- und Pflegewesen vernünftigerweise nur durch den Abschluss von Kranken- und Pflegeversicherungen erreicht werden kann, müssen die Bezüge so bemessen sein, dass die zu zahlenden Versicherungsprämien den amtsangemessenen Lebensunterhalt nicht beeinträchtigen. Sind die Bezüge des Beamten, Richters oder Versorgungsempfängers so zugeschnitten, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen ermöglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, dass die Belastungen, die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls getragen werden können. Beihilfen zu derartigen Aufwendungen finden ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die ihrerseits als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums durch Art.33 Abs.5 GG gewährleistet ist (vgl BVerfGE 46,97; 83,89). Die Zuschüsse ergänzen die aus der gewährten Alimentation zu bestreitende Eigenvorsorge. Entscheidet sich der Dienstherr für ein "Mischsystem" aus Eigenleistungen des Beamten (Richters) und Beihilfen, so muss gewährleistet sein, dass dieser nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern
vermag (vgl BVerfGE 83,89; BVerfG, Beschluss vom 7.November 2002, aaO). (Abs.15 + 16)
Sowohl die Bestimmungen über die Besoldung und Versorgungsbezüge als auch die Bestimmungen über den Schutz bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit haben Rücksicht zu nehmen auf die finanzielle Belastbarkeit des Beamten oder Richters, um den amtsangemessenen Lebensunterhalt sicher zu stellen. Insoweit sind allerdings keine starren Grenzen vorgegeben. Die Bezüge der Beamten, Richter und Versorgungsempfänger enthalten keinen exakt bestimmbaren Satz oder proportionalen Anteil, mit dem die Eigenvorsorge betrieben werden kann und soll. Verfassungsrechtlich ist die Grenze der dem Beamten oder Richter zumutbaren Belastung im Hinblick auf die Eigenvorsorge erst erreicht, wenn der amtsangemessene Lebensunterhalt nicht mehr gewährleistet ist. Ungereimtheiten, die sich daraus ergeben, dass einerseits Besoldung und Versorgung zur Anpassung an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse (vgl § 14 BBesG) angehoben, andererseits Zuschüsse für regelmäßig entstehende Aufwendungen gekürzt werden, begründen für sich betrachtet noch keinen Verfassungsverstoß. (Abs.17)
Dass der Kläger, ein Richter der Besoldungsgruppe R 1, im Jahre 1999 mit
zusätzlich 250 DM bei seinen Aufwendungen in Krankheitsfällen belastet worden ist, hat nicht dazu geführt, dass sein amtsangemessener Lebensunterhalt beeinträchtigt war. Zwar bedeutet Alimentation in der Wohlstandsgesellschaft mehr als Unterhaltsgewährung in Zeiten, die für weite Kreise der Bevölkerung durch Entbehrung und Knappheit gekennzeichnet waren. Im Rahmen seiner Verpflichtung zur amtsangemessenen Alimentation hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Dienstverhältnisses für qualifizierte Kräfte und das Ansehen des Amtes in der Gesellschaft zu festigen, Ausbildungsstand, Beanspruchung und Verantwortung des Amtsinhabers zu berücksichtigen und dafür Sorge zu tragen, dass jeder Bedienstete außer den Grundbedürfnissen ein "Minimum an Lebenskomfort" befriedigen und seine Unterhaltspflichten gegenüber seiner Familie erfüllen kann (vgl BVerfGE 44,249; 76,256; 81,363; 99,300; BVerwG, Urteil vom 19.Dezember 2002 BVerwG 2 C 34.01 aaO). Allerdings bezeichnen die Dienst- und sonstigen Bezüge in der jeweils durch Gesetz festgesetzten Höhe nicht zugleich das, was der Dienstherr aufgrund seiner Alimentationspflicht schuldet. Hat der Beamte oder Richter zu seinen Aufwendungen in Krankheitsfällen einen Eigenbeitrag zu leisten, der weniger als ein Prozent seiner Jahresbezüge ausmacht, bleibt in aller Regel der amtsangemessene Lebensunterhalt gewahrt. Es ist auch nicht erkennbar, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen verletzt sein könnten, wenn dem Beamten oder Richter zugemutet wird, aufgrund einer
Kürzung der Beihilfeleistungen im Vergleich zu den Vorjahren zusätzlich ca 20 DM pro Monat als Eigenvorsorge aufzubringen. (Abs.18 + 19)
Die Fürsorgepflicht verlangt nicht, dass durch Beihilfe und Versicherungsleistung die Aufwendungen in Krankheitsfällen vollständig gedeckt werden, dass der Dienstherr in jedem Fall einen Teil der Aufwendungen übernimmt oder dass das von der Beihilfe nicht gedeckte Risiko in vollem Umfang versicherbar ist. Allerdings darf die Beihilfe als eine die Eigenvorsorge ergänzende Leistung nicht ohne Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmöglichkeiten ausgestaltet werden (vgl BVerfGE 83,89; BVerfG, Beschluss vom 7.November 2002, aaO). Daraus folgt aber nicht, dass das Beihilfesystem und die private Versicherung lückenlos aufeinander abgestimmt sein müssen. Das Alimentationsprinzip verbietet es, dem Beamten oder Richter Risiken aufzubürden, deren wirtschaftliche Auswirkungen unüberschaubar sind. Das ist nicht zu besorgen, wenn das nicht versicherbare finanzielle Risiko auf einen Betrag begrenzt ist, der die amtsangemessene Lebensführung nicht beeinträchtigt. (Abs.20)
Das Besoldungs- und Versorgungsrecht in der gegenwärtigen Ausgestaltung geht davon aus, dass der Schutz in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen nicht in vollem Umfang der Eigenvorsorge des Beamten oder Richters überlassen ist. Aus dem wechselseitigen Aufeinanderbezogensein von Alimentation einerseits und ergänzender, von Bund und Ländern je selbst zu regelnder Beihilfe andererseits ergibt sich allerdings kein tradiertes Anspruchsniveau der öffentlich Bediensteten, das verfassungsrechtlich geschützt sein könnte (vgl BVerfG, Beschluss vom 7.November 2002, aaO). Einer Kürzung der Beihilfeleistungen durch Eigenbeteiligung der Beamten oder Richter steht der bis zur Einführung der Kostendämpfungspauschale in verschiedenen Bundesländern erreichte Beihilfestandard nicht entgegen. In den durch das Grundgesetz gesetzten Grenzen ist es den Ländern möglich, den bisherigen Beihilfestandard auch zu Lasten der Beamten und Richter zu ändern (vgl BVerfG, Beschluss vom 7.November 2002, aaO) und im Rahmen ihrer Regelungskompetenz von denen des Bundes und der anderen Länder abweichende Vorschriften zu erlassen. Ein Zwang zur Vereinheitlichung des Beihilferechts besteht nach den Vorgaben des Bundesbesoldungs- und Versorgungsrechts nicht. Bund und Länder haben jedoch zu beachten, dass sie angesichts der gegenwärtigen Struktur und des gegenwärtigen Niveaus der Besoldung und Versorgung prinzipiell in die Verantwortung bei Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen der Beamten, der
Versorgungsempfänger und deren Familienangehörigen mit einbezogen sind und die hieraus resultierenden Belastungen nicht beliebig auf die Bezügeempfänger abwälzen dürfen. (Abs.21)
Der Fürsorgegrundsatz ist nicht deshalb verletzt, weil durch die Eigenbeteiligung ein Anreiz geschaffen werden könnte, von einer notwendigen ärztlichen Behandlung oder von der Beschaffung notwendiger Heil- und Hilfsmittel abzusehen. Zwar gebietet das Fürsorgeprinzip, für das Wohl und Wehe des Beamten oder Richters und seiner Familienangehörigen zu sorgen und Schaden von ihnen abzuwenden. Damit wären Lenkungsmaßnahmen unvereinbar, die den Beamten oder Richter dazu verleiten, in Zukunft von notwendigen Vorsorgeuntersuchungen und von medizinischen Behandlungen aus finanziellen Erwägungen abzusehen. Zu derartigen Befürchtungen besteht indessen angesichts des Umfangs der vom Niedersächsischen Gesetzgeber vorgesehenen Eigenbeteiligung kein Anlass. Die Beihilfe war seit jeher eine ergänzende Hilfeleistung, die neben die zumutbare Eigenvorsorge des Beamten oder Richters trat. Dieses System basiert nach wie vor auf der Selbstverantwortung des Beamten oder Richters für gesundheitserhaltende und wiederherstellende Maßnahmen. (Abs.22)
§ 87c NBG aF ist mit Art.3 Abs.1 GG vereinbar. Der verfassungsrechtliche
Gleichheitssatz verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Gesetzgeber die Grenzen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit mit der Folge einer Verletzung des Art.3 Abs.1 GG überschritten, wenn die Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist mit anderen Worten, wenn ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt (vgl Urteil vom 25.April 1996 BVerwG 2 C 27.95 BVerwGE 101,116 mwN). Um den Anforderungen des Art.3 Abs.1 GG zu genügen, kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl ua Urteil vom 22.März 1990 BVerwG 2 C 11.89 Buchholz 240 § 19a BBesG Nr.10 S.17 mwN).
Soweit Beamten und Richtern im Bund und in anderen Ländern Beihilfen ohne eine Eigenbeteiligung in Form eines Sockelbetrages gewährt werden, kommt ein Verstoß gegen Art.3 Abs.1 GG aus diesem Grunde nicht in Betracht. Diese Differenzierung beruht auf der verfassungsrechtlich angeordneten Kompetenzverteilung und ist nicht zu beanstanden (stRspr; vgl zB BVerfGE 10,354; 76,1). Ebenso wenig fordert der aus dem Zusammenspiel von Alimentation einerseits und
fürsorgebedingten Beihilfeleistungen andererseits abgeleitete "Beihilfestandard" eine Einheitlichkeit der Beihilferegelungen oder zumindest des Beihilfeniveaus im Bund und in den Ländern. (Abs.23)
Dass gemäß § 87c Abs.4 NBG aF die Pauschalsätze nach Besoldungsgruppen abgestuft sind, verletzt nicht Art.3 Abs.1 GG. Bei der Beihilfe handelt es sich nicht um eine Alimentationsleistung, sondern um eine fürsorgebedingte Hilfeleistung, die die Unterschiede in der Besoldung nicht einebnet, sondern an diese Unterschiede anknüpft. Mit der Festsetzung von nach Besoldungsgruppen und nach der Anzahl der Kinder gestaffelten Sockelbeträgen geht der Gesetzgeber typisierend von einer unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aus. Unterschiedliche Einkommensverhältnisse können eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Das ist in vielen Bereichen z.B. im Steuerrecht oder bei der Gewährung von Sozialleistungen anerkannt (vgl BVerfGE 97,332). Auch der beamtenrechtliche Fürsorgegrundsatz kannte seit jeher Differenzierungen nach sozialen und wirtschaftlichen Kriterien. So variiert zB der Bemessungssatz gemäß § 14 BhV danach, ob der Beihilfeberechtigte Besoldung oder Versorgungsbezüge erhält, ob zwei oder mehr Kinder berücksichtigungsfähig sind oder ob es sich um Aufwendungen für einen berücksichtigungsfähigen Angehörigen handelt. Alle diese Differenzierungsmerkmale berücksichtigen typisierend ein geringeres Einkommen
oder eine erhöhte Belastung insbesondere durch familiäre Verpflichtungen und wirken sich auf das Maß der vom Beihilferecht erwarteten zumutbaren Eigenvorsorge aus. (Abs.24)
Ebenso wie diese Regelungen ist § 87c Abs.4 NBG aF mit Art.3 Abs.1 GG vereinbar. Soweit Besoldungsgruppen zusammengefasst werden, denen nach der Wertigkeit des Statusamtes ein jeweils höherer Kürzungssatz auferlegt wird, handelt es sich um einen den Anforderungen des Art.3 Abs.1 GG noch genügenden Indikator abgestufter finanzieller Leistungsfähigkeit. Die Zusammenfassung von Ämtern zumal unterschiedlicher Laufbahngruppen, der Verzicht auf Berücksichtigung von Dienst- bzw. Lebensalterstufen sowie der Verzicht auf realitätsgerechtere Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit haben zwar zur Folge, dass bei den Ämtern mit aufsteigenden Gehältern an den Schnittstellen der einzelnen Gruppen gemäß § 87c Abs.4 NBG aF in einer Reihe von Fällen Empfänger höherer Bezüge mit einem geringeren Sockelbetrag belastet sind als Empfänger geringerer Bezüge. Dies gilt umso mehr für die Empfänger von Versorgungsbezügen, deren Einkommen nicht nur durch die Besoldungsgruppe, nach der die Versorgungsbezüge berechnet werden, sondern ebenso nachhaltig durch die Kriterien der individuell zuletzt empfangenen Bezüge (vgl §§ 5, 14 Abs.1 BeamtVG) sowie der ruhegehaltfähigen Dienstzeit (vgl §§ 6 ff, 14 Abs.1 BeamtVG) beeinflusst wird. (Abs.25)
Die grobe Typisierung ist indessen angesichts der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Bereich der dienstrechtlichen Fürsorge, die über das verfassungsrechtlich gewährleistete Minimum hinausgeht, sowie des Zwangs zur Ordnung von Massenerscheinungen und der wirtschaftlichen Folgen, die sich aus der Differenzierung ergeben, unter den Anforderungen des Art.3 Abs.1 GG noch hinnehmbar. Die sich bei einem Vergleich ergebende Mehrbelastung war gemäß den Abstufungen in § 87c Abs.4 Satz 1 NBG aF auf höchstens 200 DM pro Jahr beschränkt. Danach belief sich die maximale Mehrbelastung auf ca 17 DM pro Monat. Dem Mangel an Differenzierung steht ein Zugewinn an Verwaltungsvereinfachung gegenüber. Zudem hat der Gesetzgeber in einen grundrechtlich geschützten Bereich, der eine intensivere Bindung durch das Gleichbehandlungsgebot hätte fordern können (vgl BVerfGE 62,256; 92,53 ), nicht eingegriffen. (Abs.26)
Die Minderung der Kostendämpfungspauschale für jedes berücksichtigungsfähige Kind um einen Festbetrag von 50 DM gemäß § 87 c Abs.4 Satz 3 NBG aF, ihre Minderung für Teilzeitbeschäftigte mit einer Arbeitszeit von weniger als 90 vH der regelmäßigen Arbeitszeit sowie für Versorgungsempfänger um 30 vH bei Witwen und Witwern um 60 vH (vgl § 87c Abs.5 NBG aF) sowie das Absehen von der Kostendämpfungspauschale während eines Erziehungsurlaubs ohne eine
Teilzeitbeschäftigung ab 10 Wochenstunden, während eines Vorbereitungsdienstes oder eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses, während einer Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie bei Waisen (vgl § 87 c Abs.6 NBG aF), sind unter den Anforderungen des Art.3 Abs.1 GG ebenfalls noch vertretbar. Auch insoweit hat der Gesetzgeber typisierend und generalisierend an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der jeweiligen Bezüge- und Versorgungsempfänger angeknüpft, ohne indessen Ungereimtheiten zu vermeiden wie zB bei den Teilzeitbeschäftigten, je nachdem ob sie während oder außerhalb eines Erziehungsurlaubs beschäftigt sind (vgl § 87 c Abs.5 Satz 2, Abs.6 Nr.1 NBG aF), oder bei den Versorgungsempfängern, deren geringere Leistungsfähigkeit sowohl durch eine Erhöhung des Bemessungssatzes gemäß § 87 c Abs.1 Satz 1 NBG aF iVm § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.2 BhV als auch durch eine Kürzung der Kostendämpfungspauschale berücksichtigt wird. Diese Unschärfen müssen im Hinblick auf den Regelungsgegenstand, die wirtschaftlichen Auswirkungen sowie die Anforderungen einer Massenverwaltung toleriert werden. Ein Defizit an Zweckmäßigkeit und gerechtem Ausgleich führt nicht zur Verfassungswidrigkeit des § 87 c NBG a.F. wegen Verstoßes gegen Art.3 Abs.1 GG." (Abs.27)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.15 ff
Z-393 Kostendämpfungspauschale und Rückwirkungsverbot
"...Die Einführung der Kostendämpfungspauschale verletzt nicht das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art.20 Abs.3, Art.28 Abs.1 Satz 1 GG) abzuleitende Rückwirkungsverbot, das als rechtsstaatliches Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes im Beamtenverhältnis eine eigene, von Art. 33 Abs.5 GG umfasste Ausprägung erfahren hat (vgl BVerfGE 71,255 mwN). Danach kann der Beamte oder Richter zwar, wie jeder andere Staatsbürger auch, grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass eine für ihn günstige gesetzliche Regelung in aller Zukunft bestehen bleibt. Der verfassungsrechtlich verbürgte Vertrauensschutz gebietet nicht, den von einer bestimmten Rechtslage Begünstigten vor jeder Enttäuschung seiner Erwartung in deren Fortbestand zu bewahren. Er zieht aber solchen Hoheitsakten enge Grenzen, die belastend in verfassungsmäßig verbürgte Rechtsstellungen eingreifen. Diese Grenzen muss der Normgeber insbesondere bei Rechtsnormen mit Rückwirkung beachten, wenn also der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereiches normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist (vgl BVerfGE 67,1). (Abs.28)
Nach Art.20 des Haushaltsbegleitgesetzes 1999 ist das bisherige Recht für Beihilfeanträge maßgebend, die vor In-Kraft-Treten des Gesetzes (nach Art.22 Abs.2 war das insoweit der 1.Februar 1999) bei der Beihilfestelle eingegangen
sind. Da der Kläger seinen Beihilfeantrag erst nach diesem Stichtag eingereicht hat, obwohl die Aufwendungen bereits vorher entstanden waren, unterliegt er mit seinem Antrag dem geänderten Recht. (Abs.29)
Das Berufungsgericht hat angenommen, es handele sich um einen Fall unechter Rückwirkung, weil der Anspruch auf Beihilfe noch nicht im Zeitpunkt der Aufwendungen, sondern erst mit Antragstellung, möglicherweise sogar erst mit Erlass des Beihilfebescheides entstehe. Dem ist nicht zu folgen. Echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl BVerfGE 95,64 mwN; stRspr). Bei Normen, die Rechtsansprüche gewähren, bedeutet "abgewickelter Tatbestand", dass ein Sachverhalt abgeschlossen ist, der die materiellen Voraussetzungen des bisher geltenden Anspruchstatbestandes erfüllt (vgl BVerfGE 30,367 ). Eine Beihilfe wird zwar nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendung oder der Ausstellung der Rechnung beantragt wird (§ 17 Abs.9 Satz 1 BhV). Der Ablauf der Jahresfrist führt auch dazu, dass der Anspruch auf eine Beihilfe zu der betreffenden Aufwendung erlischt (vgl. Urteil vom 28.Juni 1965 BVerwG 8 C 334.63 BVerwGE 21,258 ). Der Rechtsanspruch auf Gewährung einer Beihilfe entsteht jedoch nicht erst durch die Antragstellung und mit dieser, sondern mit dem Zeitpunkt, in dem dem Beihilfeberechtigten die beihilfefähige Aufwendung entsteht. Die erforderliche Antragstellung (§ 17 Abs.1 Satz 1 BhV) stellt lediglich die Geltendmachung des bereits mit der beihilfefähigen Aufwendung entstandenen Beihilfeanspruchs dar (vgl auch Urteil vom 23.März 1979 BVerwG 6 C 49.77 Buchholz 238.911 Nr.14 BhV (F 1972) Nr.1 S.2). Liegen die anspruchsbegründenden tatbestandlichen Umstände in der Vergangenheit, so dass sie dem Einfluss des Beamten oder Richters entzogen sind, so entfaltet eine Norm auch dann eine echte Rückwirkung, wenn einzelne zur Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Anspruchs erforderliche Elemente noch fehlen. Das Beihilferecht knüpft maßgeblich an die beihilfefähigen Aufwendungen an (§ 1 Abs.4, § 17 Abs.3 und 4 BhV). Die Aufwendungen gelten in dem Zeitpunkt als entstanden, in dem die sie begründende Leistung erbracht wird (§ 5 Abs.2 Satz 2 BhV). Sobald sie entstanden sind und sich in ihrer Höhe nicht mehr ändern, greift grundsätzlich die gesetzliche Regel ein, dass der Beamte oder Richter für diese Kosten in jeweils bestimmter Höhe Beihilfe erhalten kann. Mit der Einführung des Sockelbetrages wird diese Lage retroaktiv verändert. (Abs.30)
Das Verbot echter Rückwirkung findet jedoch im Gebot des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl BVerfGE 88,384). Das Vertrauen des Betroffenen auf die geltende Rechtslage bedarf dann keines Schutzes gegenüber einer sachlich begründeten rückwirkenden Gesetzesänderung,
wenn dadurch kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht worden ist (vgl BVerfGE 95,64 mwN). Schutzwürdig ist von Verfassungs wegen nur das betätigte Vertrauen, die "Vertrauensinvestition", die zur Erlangung einer Rechtsposition geführt hat (vgl. BVerfGE 75, 246). Um Vertrauensschutz zu begründen, muss die rückwirkend geänderte gesetzliche Regelung generell geeignet sein, aus dem Vertrauen auf ihr Fortbestehen heraus Entscheidungen und Dispositionen herbeizuführen oder zu beeinflussen, die sich bei der Änderung der Rechtslage als nachteilig erweisen (vgl BVerfGE 30,367). Der Betroffene soll in seinem Vertrauen darauf geschützt sein, dass der Gesetzgeber nicht nachträglich eine Regelung trifft, auf die er nicht mehr durch eine Verhaltensänderung reagieren kann. Er bedarf eines solchen Schutzes nicht, wenn ihn auch die rechtzeitige Kenntnis der geänderten Rechtslage nicht zu einem alternativen Verhalten veranlasst hätte. So verhält es sich bei der nachträglichen Einführung der Kostendämpfungspauschale. Der Beamte oder Richter kann nicht geltend machen, er hätte in Kenntnis der nachträglichen Belastung mit dieser Pauschale von notwendigen und der Höhe nach angemessenen (§ 5 Abs.1 Satz 1 BhV) Aufwendungen abgesehen. Die Aufwendungen für eine notwendige ärztliche Behandlung oder medizinisch erforderliche Medikamente, Hilfsmittel und dergleichen wären ihm vielmehr in jedem Falle entstanden. Der Gesetzgeber braucht nicht den Fall ins Auge zu fassen, dass ein Beamter oder Richter sich durch ein derartige Aufwendungen vermeidendes Verhalten selbst schädigt und damit zugleich seine Dienstpflicht verletzt, sich gesund zu erhalten." (Abs.31)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.28 ff
§§§
BVerwG, U, 03.07.03, - 5_C_7/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BSGH_§_69a Abs.1, BSGH_§_69a Abs.5, BSHG_§_69b Abs.1 S.2, BSHG_§_69c Abs.1 S.2, Abs.2 und 4 S.2; SGB-XI_§_37 Abs.1
Arbeitgeber-Modell, Anrechnung von SGB XI-Pflegegeld auf BSGH-Pflegegeld im - / Pflegegeld, Anrechnung von nach SGB XI auf nach BSHG / Pflegekräfte / selbst beschaffte im "Arbeitgeber-Modell" / Pflegeversorgung, vollständige ("rund um die Uhr") / Sozialhilfe, Anrechnung von Pflegegeld nach SGB XI auf Pflegegeld nach BSHG.
1) Ein Pflegegeld der Pflegekasse darf nur insoweit mit einem zusätzlich zu einer Kostenübernahme nach § 69c Abs.2 Satz 1 BSHG zu beanspruchenden Pflegegeld nach § 69a BSGH verrechnet werden, als es noch nicht durch eine Anrechnung nach § 69c Abs.4 Satz 2 Halbsatz 2 BSHG "verbraucht" ist.
2) § 69a Abs.5 Satz 1 BSHG steht, ist im Ergebnis die erforderliche Pflege in geeigneter Weise durch den Pflegebedürftigen selbst sichergestellt, einem Anspruch auf Pflegegeld neben Leistungen nach § 69b BSHG auch im Falle einer umfassenden Pflegeversorgung nicht entgegen; § 69c Abs.2 Satz 2 BSHG beschränkt die Kürzung auch dann auf bis zu zwei Drittel, wenn nach § 69b Abs. 1 Satz 2 BSHG die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft "anstelle" der Pflege nach § 69 Satz 1 BSHG erfolgt.
§§§
BVerwG, B, 04.07.03, - 2_BN_3/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(By) AusglZV_§_3 Abs.2; GG_Art.3 Abs.1
Arbeitszeitkonto / Gleichbehandlungsgrundsatz / Ausgleichszahlungen / Rückwirkung
§§§
03.127 Dienstzeiterhöhung |
---|
BVerwG, B, 08.07.03, - 6_P_5/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(Hb) PersVG_§_86 Abs.1; TVK_§_15;
Dienstdauer / dienstliche Inanspruchnahme / Mitbestimmung des Personalrats / Orchestermusiker.
Eine Anordnung, mit der die Anzahl der von Orchestermusikern wöchentlich im Durchschnitt zu leistenden Dienste erhöht wird, unterliegt der Mitbestimmung des Personalrats gemäß § 86 Abs.1 Nr.1 HmbPersVG.
§§§
BVerwG, U, 09.07.03, - 9_A_54/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.14 Abs.1; FStrG_§_8, FStrG_§_8a Abs.1, FStrG_§_8a Abs.4, FStrG_§_17 Abs.1, FStrG_§_19a; StVO_§_18 Abs.2
Planfeststellung / Bundesstraße / Unterbrechung einer Zufahrt / Ersatzzufahrt / angemessener Ersatz / Änderung einer Zufahrt / Lagevorteil / Ausbaustandard.
1) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Zufahrt im Sinne von § 8a Abs.1 Satz 2 FStrG "einem erheblich größeren oder einem andersartigen Verkehr" als bisher dienen soll, ist nicht auf die Nutzung des Grundstücks und seiner Baulichkeiten, sondern auf Menge, Art und Zusammensetzung des konkreten Zufahrtsverkehrs abzustellen.
2) Ein "angemessener Ersatz" für eine geschlossene Zufahrt eines Grundstücks im Sinne von § 8a Abs.4 Satz 1 FStrG liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Zufahrtsverkehr im bisherigen Umfang und in der bisherigen Art ohne wesentliche Erschwernis technisch über eine Ersatzzufahrt abgewickelt werden kann.
§§§
BVerwG, U, 10.07.03, - 4_CN_2/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_136 Abs.1, BauGB_§_142 Abs.1 S.2, BauGB_§_144, BauGB_§_145, BauGB_§_149 Abs.1 S.2, BauGB_§_162 Abs.1, BauGB_§_215a Abs.2;
Sanierungssatzung / Unwirksamkeit / Fehlerbehebung / Rückwirkungsanordnung / räumlicher Geltungsbereich / Einbeziehung früher festgelegter Sanierungsgebiete / Sanierungsziele / Zeitrahmen / Aufhebung der Sanierungssatzung.
1) Eine Sanierungssatzung, die wegen eines Mangels im Abwägungsvorgang im Wege der Normenkontrolle für unwirksam erklärt worden ist, kann nach Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nicht rückwirkend in Kraft gesetzt werden.
2) Die förmliche Festlegung als Sanierungsgebiet setzt voraus, dass die zügige Durchführung der Sanierungsmaßnahmen innerhalb eines absehbaren Zeitraums gewährleistet ist.
3) Als undurchführbar iS des § 162 Abs.1 Satz 1 Nr.2 BauGB kann sich eine Sanierung im Nachhinein auch dann erweisen, wenn keine Aussicht mehr besteht, die Sanierungsmaßnahmen zügig durchzuführen und innerhalb eines absehbaren Zeitraums seit der förmlichen Festlegung als Sanierungsgebiet abzuschließen.
4) Ein Sanierungsgebiet, für das die Sanierungssatzung nach § 162 Abs.1 Satz 1 Nr.2 BauGB aufzuheben ist, darf grundsätzlich nicht in den Geltungsbereich einer neuen Sanierungssatzung einbezogen werden.
5) Dagegen ist es unbedenklich, ein zu einem früheren Zeitpunkt festgelegtes Sanierungsgebiet, in dem der ursprüngliche Sanierungszweck erreicht ist, in den Geltungsbereich einer neuen Sanierungssatzung einzubeziehen, mit der als Reaktion auf veränderte Verhältnisse andere Ziele verfolgt werden.
§§§
BVerwG, U, 10.07.03, - 5_C_17/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BSHG_§_88, BSHG_§_92c;
Kostenersatz durch Erben / Haftung der Erben für Sozialhilfeaufwendungen / Sozialhilfeaufwendungen, Kostenersatz durch Erben.
1) Kostenersatzansprüche nach § 92c BSHG gegen die Erben des vor dem Hilfeempfänger verstorbenen Ehegatten und gegen die Erben des Hilfeempfängers selbst entstehen unabhängig voneinander kraft Gesetzes mit dem Tode des Erblassers.
2) Dem Kostenersatzanspruch gegen die Erben des vorverstorbenen Ehegatten des Hilfeempfängers kann nicht entgegengehalten werden, vorrangig hafteten die Erben des nachverstorbenen Hilfeempfängers, vielmehr haften beide Erben bzw Erbengruppen nebeneinander in dem jeweils durch § 92c Abs.1 Satz 2 BSHG bezeichneten Umfang.
§§§
03.131 Gewerbeuntersagung |
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BVerwG, U, 14.07.03, - 6_C_10/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GewO_§_14 Abs.1, GewO_§_35 Abs.1;
Gewerbeanzeige / Gewerbeuntersagung / Strohmannverhältnis / Strohfrauverhältnis.
1) Eine Gewerbeuntersagung setzt grundsätzlich voraus, dass das untersagte Gewerbe tatsächlich ausgeübt worden ist; die Anzeige nach § 14 Abs.1 GewO steht der tatsächlichen Ausübung des Gewerbes nicht gleich.
2) Die Anzeige nach § 14 Abs.1 GewO allein rechtfertigt nicht die Annahme eines Strohmann-/ Strohfrauverhältnisses, wenn der "Hintermann" nicht unter dem Namen des Anmeldenden, sondern allein unter seinem Namen nach außen am Wirtschaftsleben teilgenommen hat.
§§§
BVerwG, B, 15.07.03, - 4_B_83/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_60 Abs.1, VwGO_§_124a Abs.6 S.1;
Berufungsbegründung / Wiedereinsetzung / ordentlicher Geschäftsgang / Kurierdienst.
Die Weiterleitung eines fristgebundenen Schriftsatzes vom erstinstanzlichen Verwaltungsgericht zum Berufungsgericht durch einen gerichtseigenen Kurierdienst entspricht nicht dem "ordentlichen Geschäftsgang", wenn die Übermittlung auf diesem Wege erfahrungsgemäß länger dauert als die Versendung mittels Brief oder Paket durch die Post.
§§§
03.133 besonderer Netzzugang |
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BVerwG, U, 16.07.03, - 6_C_19/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.87f Abs.2; TKG_§_25 Abs.1, TKG_§_35 Abs.1, TKG_§_35 Abs.5 S.1 + S.2, TKG_§_39 1.Alt; VwGO_§ 113 Abs.1 S.4; NZV_§_6 Abs.5; Zusammenschaltungsrichtlinie RL-97/33/EG;
Telekommunikation / Umstellen eines Verpflichtungsantrag auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag in der Revisionsinstanz keine Klageänderung / Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags / Entgeltregulierung nach § 39 1.Alternative TKG / "besonderer" Netzzugang / Beschränkung der Genehmigungsfähigkeit auf einzelvertraglich vereinbarte Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs / Berufsausübungsfreiheit.
Entgelte für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs sind nach § 39 1.Alternative TKG nur dann genehmigungsfähig, wenn sie einzelvertraglich vereinbart worden sind.
§§§
BVerwG, U, 16.07.03, - 6_C_27/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.129 Abs.3; RBerG_Art.1 §_1 Abs.1, RBerG_Art.5, 5.AVORBerG_§_1
Ermächtigungsgrundlage / Forderungskauf / gesetzesvertretende Verordnung / Normenkontrolle / Rechtsberatung / Verordnung / vorkonstitutionelle Verordnung.
1) § 1 Abs.1 der Fünften Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes vom 29.März 1938 (RGBl I S.359) ist nicht mehr anzuwenden.
LB 2) Unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (BVerwGE 22,1) geht das BVerwG davon aus, daß § 1 Abs.1 5.AVORBerG auf Grund des Wegfalles der Ermächtigungsgrundlage dem Grundgesetz nicht mehr entspricht.
LB 3) Der entgeltliche Erwerb einer großen Anzahl von Forderungen durch einen Dritten zwecks Einziehung (Outsourcing) bedarf keiner Erlaubnis nach dem RBerG.
§§§
03.135 oberirdische Gewässer |
---|
BVerwG, B, 16.07.03, - 7_B_61/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
WHG_§_1 Abs.1 S.1 Nr.1
oberirdisches Gewässer / künstliches Gewässer / illegale Herstellung.
Für die Eigenschaft als oberirdisches Gewässer im Sinne des § 1 Abs.1 Satz 1 Nr.1 WHG ist es ohne Belang, ob das Gewässer formell und materiell illegal hergestellt worden ist.
§§§
BVerwG, B, 16.07.03, - 9_VR_13/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
AEG_§_20 Abs.5;
Planfeststellung für die Änderung eines Schienenweges / Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage / Begründungsfrist; notwendiger Inhalt der Begründung.
Für die gemäß § 20 Abs.5 Satz 2 AEG erforderliche fristgebundene Begründung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss reicht es nicht aus, wenn der Antragsteller lediglich pauschal auf seine im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwände verweist, ohne auf deren Würdigung im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss einzugehen.
§§§
BVerwG, B, 17.07.03, - 7_B_62/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO § 84 Abs.2 Nr.4, VwGO_§_135;
Gerichtsbescheid / Antrag auf mündliche Verhandlung / Nichtzulassungsbeschwerde / Verfahrensrüge / Verletzung rechtlichen Gehörs / Aufklärungsrüge.
1) Hat das Verwaltungsgericht durch Gerichtsbescheid entschieden, kann der Beteiligte in den Fällen des § 135 VwGO mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht eine Verletzung rechtlichen Gehörs als Verfahrensmangel erfolgreich geltend machen, wenn er die Möglichkeit nicht wahrgenommen hat, gemäß § 84 Abs.2 Nr.4 VwGO mündliche Verhandlung zu beantragen.
2) Hat das Verwaltungsgericht durch Gerichtsbescheid entschieden, können die Beteiligten in den Fällen des § 135 VwGO mit der Nichtzulassungsbeschwerde keine Verfahrensrügen erheben, die sich gegen die Richtigkeit der festgestellten Tatsachen richten.
§§§
03.138 Ausgleichsmaßnahme |
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BVerwG, B, 18.07.03, - 4_BN_37/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_1a Abs.3, BauGB_§_10;
Ausgleichsmaßnahme / Sicherung / Nutzungskonzept / Dauerkleingarten / Ausfertigung / Dienstsiegel.
1) § 1a Abs.3 Satz 3 BauGB setzt bei der Festlegung von Ausgleichsmaßnahmen ein Mindestmaß an rechtlicher Bindung der Gemeinde voraus.
2) Die Gemeinde darf unter Beachtung des Abwägungsgebots Ausgleichsmaßnahmen räumlich vom Eingriffsort trennen.
3) Zur Verwirklichung von Ausgleichsmaßnahmen darf die Gemeinde auf ein bereits beschlossenes, aber noch nicht verwirklichtes Nutzungskonzept zurückgreifen.
Z-394 Zur Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen
"1. Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die Anordnung der kommunalen Verwaltung, ein vom Gemeinderat in einem nicht förmlichen Verfahren beschlossenes Nutzungskonzept durchzuführen und zu gewährleisten, dass die Maßnahme ausschließlich als Ersatz (Ausgleich) für die Festsetzungen eines bestimmten Bebauungsplans gelte und nicht als Kompensationsfläche für Eingriffe an anderer Stelle zur Verfügung stehe, den Anforderungen des § 1 a Abs.3 BauGB an die rechtliche Sicherung der Kompensationsmaßnahmen genüge. Die aufgeworfene Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. § 1a Abs.3 Satz 3 BauGB bestimmt, dass die Gemeinde in der Frage der Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht auf die Mittel der Bauleitplanung und der vertraglichen Vereinbarung beschränkt ist. Die Gemeinde darf andere Möglichkeiten nutzen, um das Ziel eines Ausgleichs für den vorgesehenen Eingriff zu erreichen, sofern sie hierfür Flächen bereitstellt. § 1a Abs.3 Satz 3 BauGB umschreibt dies mit der Wendung der "sonstigen geeigneten Maßnahmen". In welcher Weise auch einseitige Erklärungen oder Anordnungen der planenden Gemeinde als "sonstige Maßnahme" auf von ihr bereitgestellten Flächen im Sinne des § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB anzuerkennen sind, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Die Antwort auf die von der Beschwerde formulierte Frage hängt von den konkreten
Gegebenheiten ab, die keinen Raum für verallgemeinerungsfähige Feststellungen lassen (vgl BVerwG, Urteil vom 19.September 2002 BVerwG 4 CN 1.02 BVerwGE 117,58). (Abs.4)
Der Gesetzgeber hat die Gemeinde nicht auf eine bestimmte Vorgehensweise bei der Festlegung von Ausgleichsmaßnahmen festlegen wollen. Das gibt ihr Raum, die Zielsetzungen des § 1a Abs.3 BauGB in unterschiedlicher Weise umzusetzen. § 1a Abs.3 Satz 3 BauGB stellt die "geeignete sonstige Maßnahme" allerdings gleichwertig neben Festlegungen im Rahmen der Bauleitplanung und die vertragliche Vereinbarung. Wie der beschließende Senat in seinem vorbezeichneten Urteil vom 19.September 2002 ausgeführt hat, deutet dies darauf hin, dass das Gesetz ein Mindestmaß an rechtlicher Bindung der planenden Gemeinde voraussetzt. Das Erfordernis einer hinreichenden rechtlichen Sicherung der Ausgleichsmaßnahmen soll verhindern, dass die Gemeinde sich von einseitigen Erklärungen, die eine bestimmte Kompensation in Aussicht stellen, im Nachhinein wieder lossagt oder von ihr zunächst zum Ausgleich bereitgestellte Flächen später zurückzieht. Dieser Gefahr muss die Gemeinde in angemessener Weise Rechnung tragen, ohne dass das Gesetz sie hierzu auf ein bestimmtes Vorgehen festlegt (vgl Senatsurteil vom 19.September 2002 aaO, S.68). Es ist Aufgabe des Normenkontrollgerichts, die Umstände des Einzelfalles daraufhin zu überprüfen,
ob die Voraussetzungen einer objektiv verlässlichen Rechtsgrundlage für die geplanten Kompensationsmaßnahmen erfüllt sind. Je nach den konkreten Gegebenheiten kann auch eine im Zusammenhang mit dem Satzungsbeschluss ("Eingriffsbebauungsplan") getroffene Anordnung des Oberbürgermeisters an die Untere Naturschutzbehörde, bestimmte Ausgleichsmaßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen zu treffen, den Anforderungen des § 1a Abs.3 Satz 3 BauGB an eine "sonstige geeignete Maßnahme" genügen. In diesem Zusammenhang kann auch bedeutsam sein, dass wie hier die Oberste Naturschutzbehörde beabsichtigt, die von der Gemeinde festgelegten Kompensationsflächen förmlich als Naturschutzgebiet auszuweisen. Das Normenkontrollgericht hat ausgeführt, dass die Unterschutzstellung der "S. Wiesen" dem von der Antragsgegnerin beschlossenen Nutzungskonzept für die Kompensationsflächen nicht widerspricht. Im Rahmen des § 1a Abs.3 Satz 3 BauGB kann die Bedeutung einer naturschutzrechtlichen Unterschutzstellung überdies darin bestehen, dass sie den gemeindlichen Zugriff auf geeignete Flächen zusätzlich absichert, indem sie diese Flächen einer naturschutzfachlichen Aufwertung vorbehält und der Siedlungsentwicklung entzieht." (Abs.5)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.4 f
Z-395 Ausgleichsflächen an anderer Stelle
"2. Die Beschwerde wirft ferner als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, "ob und inwieweit die rechtliche Zurechnung von Ausgleichsbedürftigem und Ausgleich Anforderungen an einen Zusammenhang im Naturhaushalt oder im Landschaftsbild stellt". Sie möchte geklärt wissen, ob die Vorschriften des § 19 Abs.2 und des § 21 BNatSchG iVm § 1a Abs.3 BauGB "einen naturhaushalterischen oder einen Zusammenhang des Landschaftsbildes zwischen dem Ausgleichsbedürftigen und der für den Ausgleich ins Auge gefassten Fläche verlangen". Diese Frage ist, soweit sie sich überhaupt allgemein gültig beantworten lässt, durch das Gesetz geklärt und wirft daher keinen revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf auf. (Abs.6)
Nach § 1a Abs.3 Satz 2 BauGB können die Darstellungen und Festsetzungen von Ausgleichsflächen oder Ausgleichsmaßnahmen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. Das gilt nach § 1a Abs.3 Satz 3 BauGB auch für vertragliche Vereinbarungen gemäß § 11 BauGB oder "sonstige geeignete Maßnahmen" auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen. Die Ausgleichsmaßnahmen müssen nicht innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans liegen, dessen Auswirkungen auf Natur und Landschaft auszugleichen sind (vgl auch § 9 Abs.1a BauGB). Das Baugesetzbuch unterscheidet auch nicht zwischen Ausgleichsmaßnahmen, die in einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit dem jeweiligen Eingriff
stehen, und Ersatzmaßnahmen, die ohne unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Eingriff erfolgen. § 200a Satz 2 BauGB bestimmt vielmehr, dass ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zwischen Eingriff und Ausgleich nicht erforderlich ist, soweit dies mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist. Diese räumliche Entkoppelung eröffnet den Gemeinden die Möglichkeit, die Ausgleichsmaßnahmen räumlich vom Eingriffsort zu trennen. Ob eine räumliche Trennung zwischen Eingriff und Ausgleich vorzugswürdig ist, unterliegt der planerischen Abwägung, die durch die Umstände des Einzelfalls wie etwa die Verfügbarkeit quantitativ und qualitativ aufwertungsbedürftiger und aufwertungsfähiger Flächen in unmittelbarer Nähe des Eingriffs bestimmt werden. Entgegen der Beschwerde ermöglicht dies der Gemeinde nicht, planbedingte Eingriffe "an beliebig anderer Stelle" auszugleichen. Grenzen ergeben sich aus § 1a Abs.3 Satz 3 BauGB ("auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen"), dem Erfordernis einer rechtlichen Absicherung der Ausgleichsmaßnahmen (vgl. oben 1.) und aus den Einschränkungen des § 200a Satz 2 BauGB. Ob diese Grenzen gewahrt sind, beurteilt sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls." (Abs.7)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.6 f
Z-396 Rückgriff auf vorhandenes Nutzungskonzept
"3. Die Beschwerde macht geltend, dass die von der Antragsgegnerin festgelegten Ausgleichsflächen im S.-Tal nach dem 1995 beschlossenen Nutzungskonzept "sowieso aufgeforstet und zu einem Naturwald entwickelt werden" sollen. Außerdem beabsichtigte die Landesregierung die "Auenlandschaft" unter Naturschutz zu stellen. Die Beschwerde wirft hierzu die Rechtsfrage auf, ob eine Fläche, auf der Ausgleichsmaßnahmen "sowieso" ausgeführt werden sollen, als naturschutzrechtlicher Ausgleich für die Bauleitplanung zur Verfügung steht. Eine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung wird damit nicht aufgeworfen. Abs.8)
Es liegt auf der Hand und bedarf nicht erst der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass eine Gemeinde zur Verwirklichung von Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von § 1a Abs.2 Nr.2 und Abs.3 BauGB auf ein bereits vor Jahren beschlossenes, aber noch nicht realisiertes Nutzungskonzept zurückgreifen darf. Das Ausgleichskonzept muss nicht aus Anlass des konkreten, durch Bebauungsplan erst später zugelassenen Eingriffs in Natur und Landschaft entworfen werden. Es muss allerdings aus naturschutzfachlicher Sicht die sich aus dem Eingriff ergebenden Kompensationsforderungen nach näherer Maßgabe des Landesrechts (vgl § 200a BauGB) erfüllen. Das Ausgleichskonzept einer Gemeinde ist ferner nicht schon deshalb abwägungsfehlerhaft, weil es auf Flächen
verwirklicht werden soll, deren Erklärung zum Naturschutzgebiet beabsichtigt ist. Die Ausgleichsmaßnahmen der Gemeinde müssen allerdings mit den für sie erkennbaren Schutzzielen der bevorstehenden naturschutzrechtlichen Regelungen vereinbar sein. Im Übrigen lässt das Baugesetzbuch eine zeitliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich ausdrücklich zu. § 135a Abs.2 Satz 2 BauGB sieht vor, dass Maßnahmen zum Ausgleich bereits vor den Baumaßnahmen und der Zuordnung einer Ausgleichsmaßnahme zu einem bestimmten Eingriff durchgeführt werden können. Das Gesetz eröffnet der Gemeinde damit sogar die Möglichkeit, bereits im Vorgriff auf spätere Baugebietsfestsetzungen Maßnahmen zum Ausgleich durchzuführen und diese dann später den neuen Baugebieten zuzuordnen." (Abs.9)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.8 f
Z-397 Ausfertigung Bebauungsplan + Dienstsiegel
"5. Die Beschwerde möchte schließlich rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, ob Bundesrecht an die Ausfertigung des Bebauungsplans nach § 10 BauGB die Anforderung stellt, dass der Ausfertigende der Ausfertigung sein Dienstsiegel beifügt, wenn er ein solches führt. Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Die Regeln über Art, Inhalt und Umfang der Ausfertigung von Bebauungsplänen gehören zum irrevisiblen Landesrecht (BVerwG, Beschluss vom 16.Mai 1991 BVerwG 4 NB 26.90 Buchholz 406.11 § 12 BBauG/BauGB Nr.18 = BRS 52 Nr.32; Beschluss vom 9.Mai 1996 BVerwG 4 B 60.96 Buchholz 406.11 § 12 BauGB Nr.21 = BRS 58 Nr.41)." (Abs.11)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.11
§§§
03.139 Gleichstellungsbeauftragte |
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BVerwG, B, 22.07.03, - 6_P_3/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(NW) PersVG_§_72; LGG_§_15 ff;
Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten / Mitbestimmung des Personalrats bei Umsetzungen.
Die Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten aus den Reihen der weiblichen Beschäftigten der Dienststelle ist als Umsetzung mitbestimmungspflichtig nach § 72 Abs.1 Satz 1 Nr.5 NWPersVG.
§§§
03.140 Prozesskostenhilfe |
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BVerwG, B, 23.07.03, - 1_B_386/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_60, VwGO_§_125, VwGO_§_124 Abs.6, VwGO_§_166;
Prozesskostenhilfe für Berufungsbegründung / vorrangige Pflicht zur Bescheidung des Antrags auf Prozesskostenhilfe / Versäumung der Begründungsfrist / Wiedereinsetzung / Verwerfung der Berufung.
Hat das Oberverwaltungsgericht über den vor Ablauf der Frist zur Begründung der zugelassenen Berufung gestellten (ordnungsgemäßen) Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vorab entschieden, darf es die Berufung nicht wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verwerfen.
§§§
BVerwG, B, 23.07.03, - 4_BN_36/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_1 Abs.6, BauGB_§_3 Abs.2;
Bebauungsplan / Auslegung des Planentwurfs / Bekanntmachungsfrist / Kompensation / Abwägung / Privateigentum / Festsetzungen, widersprüchliche.
Eine Verkürzung der Bekanntmachungsfrist für die Auslegung des Entwurfs eines Bebauungsplans ist für seine Wirksamkeit unerheblich, wenn die (bekannt gemachte) Dauer der Auslegung so bemessen ist, dass die Mindestfristen des § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB für Bekanntmachung und Auslegung des Entwurfs insgesamt eingehalten werden.
§§§
BVerwG, B, 23.07.03, - 4_BN_40/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(98) BNatSchG_§_13 Abs.2 S.1, BNatSchG_§_14 Abs.2; (02) BNatSchG_§_23 Abs.2 S.1, BNatSchG_§_24 Abs.3; GG_Art.72 Abs.2, GG_Art.74 Abs.1 Nr.11, GG_Art.75 Abs. 1 S.1 Nr.3;
Nationalpark / Besiedlung in - / Gaststätte in - / Beschränkung der Öffnungszeiten / Gesetzgebungskompetenz / konkurrierende Gesetzgebung / Rahmengesetzgebung.
1) Eine landesrechtliche Festlegung der Öffnungszeiten gastronomischer Betriebe in einem Nationalpark aus naturschutzrechtlichen Gründen widerspricht nicht der Kompetenzordnung des Grundgesetzes.
2) Das Bundesnaturschutzgesetz verlangt nicht, dass der Geltungsbereich eines Bebauungsplans aus einem Nationalpark ausgegrenzt werden muss.
§§§
03.143 Erledigungserklärung |
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BVerwG, B, 29.07.03, - 1_B_291/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
AsylVfG_§_74 Abs.1, AsylVfG_§_74 Abs.2; GG_Art.103 Abs.1; VwGO_§_113 Abs.1 S.4; VwGO_§_161 Abs.2;
Einseitige Erledigungserklärung des Klägers / besonderes Sachentscheidungsinteresse der Beklagten trotz objektiver Erledigung / Zeitpunkt der Abgabe der Erledigungserklärung / Änderung der politischen Verhältnisse im Herkunftsland; Grundsatz der Beschleunigung von Asylverfahren.
Auch in Asylverfahren ist der Kläger berechtigt, in jedem Stadium des Verfahrens eine Erledigungserklärung abzugeben.
§§§
BVerwG, U, 30.07.03, - 8_C_16/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.28 Abs.1; VwGO_§_137 Abs.1 Nr.1; (Th) KWG_§_24, KWO_§_33;
Kommunalwahl / Bürgermeisterwahl / Mehrheitswahl / Verhältniswahl / Wahlsystem / Systemtreue / Wahlrechtsgrundsätze / Wahlumschläge / Revisibilität von Landesrecht, Landeswahlrecht.
1) Landesrecht, das in enger Verknüpfung mit durch Bundesverfassungsrecht gestalteten Rechtsbegriffen des Wahlrechts steht, kann revisibel sein.
2) Eine alle Merkmale einer Mehrheitswahl aufweisende Wahl eines Bürgermeisters kann der Landesgesetzgeber jedenfalls nicht ohne plausiblen Grund als Verhältniswahl bezeichnen.
§§§
03.145 Wohnberechtigungsschein |
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BVerwG, U, 13.08.03, - 5_C_49/01 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(01) WoBindG_§_5
Asylbewerber als Wohnungssuchender iS von § 5 WoBindG aF / Wohnungssuchender, Asylbewerber als -; Antragsberechtigter für einen Wohnberechtigungsschein / Wohnberechtigungsschein, antragsberechtigt für -.
Asylbewerber, die nicht (mehr) verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung oder einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, sind nach der bis zum 31.Dezember 2001 geltenden Rechtslage antragsberechtigt für einen Wohnberechtigungsschein für eine Wohnung im räumlichen Geltungsbereich ihrer Aufenthaltsgestattung.
§§§
03.146 in camera Verfahren |
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BVerwG, B, 14.08.03, - 20_F_1/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_99 Abs.2
"in-camera"-Verfahren / Reichweite des § 99 Abs.2 VwGO / Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Verwaltungsprozess.
Der Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs.2 VwGO entscheidet nicht nur über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung einer Vorlage von Akten und Urkunden, sondern auch über die Anordnung, diese offen zulegen.
§§§
03.147 in-camera-Vefahren |
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BVerwG, B, 15.08.03, - 20_F_8/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.12 Abs.1, GG_Art.14 Abs.1, GG_Art.19 Abs.4, GG_Art.87 f, GG_Art.103 Abs.1; VwGO_§_99, VwGO_§_108 Abs.2; TKG_§_2 Abs.3, TKG_§_35 Abs.1
"in-camera"-Verfahren / Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Verwaltungsprozess / Interessenabwägung / Gewährung effektiven Rechtsschutzes / Herstellung eines chancengleichen Wettbewerbes im Telekommunikationsmarkt.
1) Der Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs.2 VwGO entscheidet nicht nur über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung einer Vorlage von Akten und Urkunden, sondern auch über die Anordnung, diese offen zu legen.
2) Ob und in welchem Umfang Urkunden oder Akten der Vorlage und Auskunftspflicht der Behörden nach § 99 Abs.1 Satz 1 VwGO unterliegen, beurteilt das Hauptsachegericht nach seiner materiellen Rechtsauffassung.
3) Die verfahrensrechtliche Frage, ob der entscheidungserhebliche Sachverhalt durch Erhebung anderer zugänglicher und geeigneter Beweismittel gerichtlich aufgeklärt werden kann, hat der Fachsenat im Verfahren nach § 99 Abs.2 VwGO nachzuprüfen.
5) In die Abwägung des Interesses an der Offenlegung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gegen das Geheimhaltungsinteresse ist einzubeziehen, wie sich die Geheimhaltung entscheidungserheblicher Tatsachen auf den Ausgang des Rechtsschutzes auswirkt.
6) Die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit durch gerichtliche Verpflichtung zur Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist im Telekommunikationsbereich zulässig, wenn und soweit die Preisgabe der Geheimnisse keine nachhaltigen oder gar existenziellen Nachteile besorgen lässt.
§§§
03.148 Zivildienstverlängerung |
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BVerwG, U, 18.08.03, - 6_C_11/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
ZDG_§_44 Abs.3; WPflG_§_29a;
Zivildienst / Dienstantritt / fiktiver Entlassungszeitpunkt / stationäre Krankenbehandlung.
Die fiktive dreimonatige Verlängerung der Zivildienstzeit gemäß § 44 Abs.3 Nr.1 ZDG setzt voraus, dass der Dienstpflichtige den Dienst tatsächlich angetreten hat und während der tatsächlichen Ausübung des Dienstes durch einen Arzt zur stationären Krankenbehandlung eingewiesen worden ist.
§§§
BVerwG, B, 18.08.03, - 6_P_6/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
RBerG_Art.1 §_1 Abs.1 S.1, §_3 Nr.1, §_7; (Hm) PersVG_§_45, PersVG_§_76
Personalrat / Rechtsberatung / Sprechstunde.
Der Personalrat ist nach hamburgischem Personalvertretungsrecht zu einer rechtlichen Beratung Bediensteter nur befugt, soweit dies zur sachgerechten Ausübung seiner gesetzlich geregelten Handlungsbefugnisse, namentlich in konkreten mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten, erforderlich ist; in diesem Rahmen kann der Personalrat die Erörterung von Rechtsfragen mit Betroffenen eigenverantwortlich gestalten.
§§§
03.150 Bundeseisenbahnvermögen |
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BVerwG, U, 19.08.03, - 3_C_30/02 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
ENeuOG_Art.1; BENeuglG_§_1, BENeuglG_§_2, BENeuglG_§_20 Abs.1 bis 3, BENeuglG_§_21, BENeuglG_§_23 Abs.1 S.4; EV_Art.26 Abs.1 S.1+2; VwGO_§_42 Abs.2, VwGO_§_113 Abs.1 S.1; VZOG_§_2 Abs.1 S.6
Sondervermögen Reichsbahn / Reichsbahn, Sondervermögen / Bundeseisenbahnvermögen / Eigentumsübergang kraft Gesetzes / gesetzlicher Eigentumsübergang / bahnnotwendige Nutzung / ausschließlich bahnnotwendige Nutzung / unmittelbar bahnnotwendige Nutzung / Übertragungsverpflichtung des Bundeseisenbahnvermögens / Nicht-Nutzung (Leerstand) / partielle anderweitige Nutzung / Nutzung, partielle anderweitige bzw Nicht-Nutzung / Einigung im Sinne des § 2 Abs.1 Satz 6 VZOG / Rechtsverletzung (im Sinne des § 113 Abs.1 Satz 1 VwGO) / Klagebefugnis wegen Vereitelung eines gesetzlichen Übertragungsanspruchs.
1) Durch die Zuordnung einer Liegenschaft an einen anderen Zuordnungsprätendenten wird die Deutsche Bahn AG in ihren Rechten nicht nur dann verletzt, wenn das Eigentum an der Liegenschaft gemäß Art.26 Abs.1 Satz 1 EV in Verbindung mit § 21 BENeuglG kraft Gesetzes auf sie übergegangen ist, sondern auch dann, wenn sie im Falle des Art.26 Abs.1 Satz 2 EV im Vermögenszuordnungsverfahren die Zuordnung der Liegenschaft nach den §§ 20 ff BENeuglG beanspruchen kann oder sie einen Eigentumsverschaffungsanspruch gegen das Bundeseisenbahnvermögen hat (Fall des Art.26 Abs.1 Satz 1 EV in Verbindung mit § 20 Abs.2 BENeuglG).
2) Der "ausschließlichen Bahnnotwendigkeit" im Sinne des § 21 BENeuglG steht auch eine geringfügige Fremdnutzung der Liegenschaft durch Dritte entgegen.
§§§
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