2011 (3) | ||
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11.061 | Abschiebungsschutz |
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1) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung unter dem Aspekt einer rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60a II 1 AufenthG iVm Art.6 I GG setzt über das Bestehen ernsthafter Heiratsabsichten der Verlobten hinaus voraus, dass durch die drohende Abschiebung des Ausländers die durch Art.6 I GG gewährleistete Eheschließungsfreiheit der Verlobten in unverhältnismäßiger Weise beschränkt würde, weil nämlich die beabsichtigte Eheschließung unmittelbar bevorsteht. Von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung kann nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nur dann ausgegangen werden, wenn die Verlobten alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um eine Eheschließung zu erreichen. Dies ist nicht der Fall, wenn sich in einem bereits beim Oberlandesgericht eingeleiteten Verfahren zur Erlangung der Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses (§§ 1309 BGB, 12 III PStG) weiterer Prüfungsbedarf hinsichtlich der Rechtswirksamkeit der in Marokko erfolgten Scheidung des ausländischen Verlobten ergibt. | |
2) Der Ausländerbehörde bleibt eine selbstständige Entscheidung über die Gewährung von Abschiebungsschutz verwehrt, wenn die geltend gemachte zielstaatsbezogene Gefährdung thematisch dem Bereich der politischen Verfolgung zuzuordnen ist und daher gegebenenfalls, wenn sich eine entsprechende Rückkehrgefährdung im konkreten Fall tatsächlich feststellen ließe, ein Abschiebungsverbot nach § 60 I AufenthG begründen würde; ein "Wahlrecht" des Ausländers zwischen asylrechtlichem oder ausländerrechtlichem Schutz vor Verfolgung im Heimatland besteht nicht. | |
§§§ | |
11.062 | Dorfbuch |
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Ist der Schuldner eines Zahlungsbegehrens im Wege der Stufenklage zur Rechenschaftslegung verurteilt worden, ist der Gläubiger nicht verpflichtet, den ihm zugesprochenen Rechenschaftslegungsanspruch nach § 888 ZPO zu vollstrecken; soweit ihm neue Erkenntnisse vorliegen, kann er den Nachweis hinsichtlich der Höhe des Zahlungsanspruchs auch auf andere Weise führen. | |
§§§ | |
11.063 | Freiwillige Grippeschutzimpfung |
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1) Die rechtswirksame Meldung eines Dienstunfalls ist weder von einer besonderen Form noch davon abhängig, dass die Anzeige beim zuständigen Referat der dienstvorgesetzten Behörde erfolgt. | |
2) Unterzieht sich ein Polizeibeamter einer zur Gesundheitsvorsorge empfohlenen freiwilligen Grippeschutzimpfung durch den Polizeiarzt, so stellt ein potenziell hierdurch erlittener Impfschaden bereits deshalb keinen die Dienstunfallfürsorge begründenden Dienstunfall dar, weil es an der erforderlichen Dienstbezogenheit des Vorgangs fehlt. | |
§§§ | |
11.064 | Familiäre Lebensgemeinschaft |
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1) Die Annahme einer nach §§ 27 Abs.1, 28 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AufenthG vorausgesetzten familiären Lebensgemeinschaft bei einer berufsbedingten räumlichen Trennung der Eheleute setzt zwingend voraus, dass diese regelmäßigen Kontakt zueinander pflegen, der über bloße Besuche hinausgeht und in dem die besondere persönliche und emotionale Verbundenheit im Sinne einer Beistandsgemeinschaft zum Ausdruck kommt. | |
2) Der für die Begründung eines eigenständigen eheunabhängigen Aufenthaltsrechts nach § 31 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AufenthG erforderliche rechtmäßige Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet setzt grundsätzlich voraus, dass der Aufenthalt des ausländischen Ehegatten eines Deutschen während der Mindestehebestandszeit von zwei Jahren durch eine Aufenthaltserlaubnis gesichert war; dass für zurückliegende Zeiträume möglicherweise ein Anspruch auf Erteilung einer ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis bestanden hat, genügt nicht. | |
3) Die nach § 31 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AufenthG vorausgesetzte Mindestehebestandszeit von zwei Jahren muss grundsätzlich ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland bestanden haben; eine Anrechnung von Aufenthaltszeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist nicht zulässig. | |
§§§ | |
11.065 | Großflächiger Einzelhandel |
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1) Seit der Einführung des § 212a Abs.1 BauGB rechtfertigt der Umstand, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens aufgrund der eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten im vorläufigen Rechtsschutz als "offen" bewertet werden muss, es nicht mehr, unter Hinweis lediglich auf eine drohende Schaffung "vollendeter Tatsachen" den Suspensiveffekt des Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung anzuordnen. Der Bundesgesetzgeber hat dem "Bauen auf eigenes Risiko" in dem Bereich den Vorrang eingeräumt und den Nachbarn für eine Realisierung etwaiger Abwehransprüche auf den Zeitpunkt nach einem Obsiegen in der Hauptsache mit gegebenenfalls gravierenden wirtschaftlichen Konsequenzen für die Bauherrinnen und Bauherren verwiesen. | |
2) Das verfassungsrechtliche Effektivitätsgebot des Art.19 Abs.4 GG gebietet keine verfahrensmäßige "Vorwegnahme" des Hauptsacheverfahrens, insbesondere hinsichtlich der Tatsachenermittlung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. | |
3) Nach § 12 Abs.1 Satz 1 BauGB muss im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses des Gemeinderats über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan ein wirksamer Durchführungsvertrags (DV) vorliegen. | |
4) Die den großflächigen Einzelhandel im Sinne des § 11 Abs.3 BauNVO 1990 betreffende Zielfestlegung in Z 42 (Konzentrationsgebot) des Teilabschnitts Siedlung des Landesentwicklungsplans (LEP Siedlung 2006) eröffnet ausdrücklich eine Möglichkeit der ausnahmsweisen Zulassung, wenn die großflächige Einzelhandelseinrichtung nach den konkreten raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung einer wohnortnahen, örtlichen Grundversorgung dient und eine für ihre Auslastung erforderliche Bevölkerungszahl vorhanden ist. | |
5) Tauglicher städtebaulicher Anknüpfungspunkt für die Aufstellung eines Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13a BauGB, der eine gegenüber dem "normalen" Bauleitplanverfahren erleichterte und beschleunigte Aufstellung von Bebauungsplänen ermöglicht, ist auch das Bestreben der Gemeinde nach einer "Wiedernutzbarmachung" von brach gefallenen Flächen in bebauter Ortslage, hier konkret eines aufgegebenen Betriebsstandorts eines Bau- und eines Speditionsunternehmens. Dabei bietet sich für räumlich begrenzte Flächen, die künftig von einem Bauherrn für ein bestimmtes Bauvorhaben benutzt werden sollen, die zulässige Kombination mit einem über die allgemein bloße Angebotsplanung hinaus eine Realisierungspflicht begründenden vorhabenbezogenen Bebauungsplan (§ 12 BauGB) an. | |
6) Die auch in diesen Fällen nach § 1 Abs.3 BauGB zu fordernde städtebauliche Erforderlichkeit der Planung ist, da der § 2 Abs.1 Satz 1 BauGB den Gemeinden die Aufstellung der ihr Gebiet betreffenden Bauleitpläne in eigener Verantwortung zuweist und ihnen damit einen planerischen Gestaltungsspielraum eröffnet, am Maßstab der jeweiligen Vorstellungen der konkret planenden Gemeinde zu bestimmen. Dabei ist ausreichend, wenn die Planung zur Verwirklichung einer hinreichend konkreten planerischen Konzeption der Gemeinde sinnvoll und vernünftigerweise geboten ist. | |
7) Nach allgemeinen Grundsätzen kann auch von den Festsetzungen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans (§ 12 BauGB) grundsätzlich eine Befreiung (§ 31 Abs.2 BauGB) erteilt werden, zumal der § 12 Abs.3a Satz 2 BauGB inzwischen eine Änderung des Durchführungsvertrages zulässt. | |
8) Voraussetzung für eine grundsätzlich zulässige Bewältigung von durch eine Bauleitplanung aufgeworfenen Konflikten in der Abwägung durch nachfolgendes Verwaltungshandeln, insbesondere bei der Regelung von durch die Ansiedlung eines geplanten Verbrauchermarktes ausgelösten Verkehrsproblemen, ist , dass realistischerweise davon ausgegangen werden kann, dass der betreffende Konflikt auch wirklich auf die vorgesehene Weise gelöst wird und damit nicht in Wahrheit "unbewältigt" bleibt. | |
9) Die Anforderungen des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme werden mit Blick auf einen Schutz vor Lärm auch bei immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Vorhaben im Sinne des § 22 BImSchG im Grundsatz durch die einschlägigen technischen Regelwerke konkretisiert. | |
§§§ | |
11.066 | Verwendungszulage |
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1) Die Verwendungszulage nach § 46 Abs.1 S.1 BBesG darf nicht gezahlt werden, wenn dem Beamten der im Vergleich zu seinem Statusamt höher bewertete Dienstposten auf Dauer bzw. endgültig übertragen worden ist. | |
2) Ebensowenig darf die genannte Zulage gezahlt werden, wenn dem höher bewerteten Dienstposten nicht fest eine Planstelle dieser Wertigkeit zugeordnet ist, sondern die sog. Topfwirtschaft praktiziert wird. | |
3) Die so umrissene Rechtslage ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. | |
§§§ | |
11.067 | Nutzung einer gemeindlichen Halle |
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Zum Anspruch einer politischen Partei auf Nutzung einer gemeindlichen Halle zum Zwecke der Durchführung eines Parteitages | |
§§§ | |
11.068 | Aufenthaltserlaubnis-Verlängerung |
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Die Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß §§ 27 Abs.1, 28 Abs.1 Satz 1 Nr.3, Abs.2 Satz 2 AufenthG setzt voraus, dass der Sorgeberechtigte nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seines minderjährigen Kindes übernimmt; vom formellen Bestehen des Sorgerechts allein gehen noch keine aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen aus. | |
§§§ | |
11.069 | Versickerung von Niederschlagswasser |
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1) Gerade im Hinblick auf den wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatz ist behördlicherseits eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts erforderlich, weil es insoweit regelmäßig auf die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles ankommt. | |
2) Ein diesbezüglich vorliegendes Ermessensdefizit führt zur Aufhebung entsprechender wasserbehördlicher Bescheide, ohne dass eine Heilung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in Frage kommt. | |
§§§ | |
11.070 | Nachrückverfahren |
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1) Waren im Vorjahr in einem Studiengang (Psychologie) selbst nach zwei Nachrückverfahren (Überbuchung um das 4,6-fache) noch freie Plätze vorhanden, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Hochschule im Folgejahr von vornherein schon im Hauptverfahren eine größere Zahl von Zulassungen ausspricht; hieraus resultierende Überbuchungen wirken kapazitätsverbrauchend. | |
2) Zur Berücksichtigung des Schwundes in einem geschlossenen Diplomstudiengang (Psychologie), in dem in höheren Fachsemestern keine Zugänge mehr stattfinden. | |
§§§ | |
11.071 | Verweigerung einer MPU |
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1) Voraussetzung für die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr.2 EFeV ist der Nachweis eines früheren Alkoholmißbrauchs sowie die begründete Annahme eines fortbestehenden Alkoholmißbrauchs bzw. eines Rückfalles nach überwundenem Alkoholmißbrauch. | |
2) Eine rechtmäßige Gutachtenanforderung gem. § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV setzt als wesentlicher Bestandteil eine hinreichend bestimmte bzw. bestimmbare Frist voraus, innerhalb derer der Betroffene das angeforderte Gutachten vorzulegen hat. | |
3) Die Nichteinhaltung einer dem Betroffenen gesetzten Frist zur Vorlage einer Einverständniserklärung mit der Durchführung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung rechtfertigt nicht den Schluss auf die fehlende Kraftfahreignung des Betroffenen nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV. | |
§§§ | |
11.072 | Posttraumatische Belastungsstörung |
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1) Anforderungen an die Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung an posttraumatischer Belastungsstörung | |
2) Eine posttraumatische Belastungsstörung ist in Serbien behandelbar. Die Behandlung scheitert nicht aus finanziellen Gründen. | |
§§§ | |
11.073 | Dienstzeitverlängerung |
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1) Das für ein Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand erforderliche dienstliche Interesse bezeichnet das Interesse des Dienstherrn an einer sachgemäßen und reibungslosen Aufgabenerfüllung und ist maßgebend durch verwaltungspolitische Entscheidungen des Dienstherrn vorgeprägt, die dieser in Ausübung der ihm zugewiesenen Personal- und Organisationshoheit trifft. Angesichts der ihm insoweit zukommenden Einschätzungsprärogative und Gestaltungsfreiheit ist die gerichtliche Kontrolle dieser Entscheidungen auf die Prüfung beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Organisationsermessens überschritten sind oder von diesem in unsachlicher Weise Gebrauch gemacht worden ist. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr aus nachvollziehbaren personalwirtschaftlichen Gründen ein Interesse am Hinausschieben des Ruhestandeseintritts verneint. | |
2) Die in § 43 Abs.1 des Saarländischen Beamtengesetzes normierte Regelaltersgrenze (65 Jahre) verstößt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. | |
§§§ | |
11.074 | Inobhutnahme |
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1) Wenn zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) bereits vorgelegen haben, stellt auch die vorübergehende Unterbringung eines Kindes bei einem Verwandten bis zur endgültigen Unterbringung in einer stationären Einrichtung eine Inobhutnahme dar. | |
2) Die Entscheidung, die Nachricht vom plötzlichen Tod der alleinerziehenden Mutter durch eine nahe Verwandte dem Kind zu überbringen und dieses anschließend zunächst ein paar Tage in der ihm vertrauten Umgebung bei dieser zu belassen, ist gleichermaßen sachgerecht, weil dem Kindeswohl am ehesten entsprechend, wie auch verhältnismäßig. | |
3) Dass von Anfang an aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles klar war, dass dies keine Dauerlösung sein kann, steht diesem Vorgehen nicht entgegen, da der Aufenthalt nur für einen überschaubaren Zeitpunkt dauern sollte und der Großmutter die Unterstützung des Jugendamtes für diesen Zeitraum zugesagt war. | |
4) Zur örtlichen Zuständigkeit bei der Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII. | |
§§§ | |
11.075 | Unfallausgleich |
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1) Die Gewährung von Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG setzt auch nach der zum 21.12.2007 in Kraft getretenen Neufassung des § 31 BVG voraus, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 25 vH beträgt. | |
2) Das Gericht ist nicht schon deshalb verpflichtet, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, weil ein Beteiligter ein vorliegendes Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält. | |
§§§ | |
11.076 | Abschiebungsschutz-familiäre Gründe |
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1) Der § 25 Abs.5 AufenthG stellt auch in Verbindung mit Art.8 EMRK keinen allgemeinen "Auffangtatbestand" für Fälle dar, in denen die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für einen Familiennachzug nicht vorliegen. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise setzt daher deutlich mehr voraus als üblicherweise mit der Aufenthaltsbeendigung und der Rückkehr in das Heimatland verbundene Schwierigkeiten. | |
2) Ein den Schutzbereich des Art.8 Abs.1 EMRK überhaupt erst eröffnendes "Privatleben", das eine "Verwurzelung" im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) begründet, kommt grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht. | |
3) Eine schützenswerte Rechtsposition selbst eines in Deutschland geborenen und hier aufgewachsenen Ausländers auf der Grundlage des Art.8 Abs.1 EMRK kommt darüber hinaus allenfalls dann in Betracht, wenn von seiner abgeschlossenen "gelungenen" Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Grundvoraussetzung für die Annahme eines rechtlichen Ausreisehindernisses auf der Grundlage des Art.8 Abs.1 EMRK ist, ausgegangen werden kann. Nicht ausreichend ist hingegen, dass sich der Betreffende über einen langen Zeitraum im Inland aufgehalten hat. | |
4) In diesen Fällen ist keine gesonderte Betrachtung für minderjährige, bei ihren Eltern lebende Kinder hinsichtlich ihres Integrationsgrades angezeigt. Sie teilen auch in dem Zusammenhang aufenthaltsrechtlich das "Schicksal" ihrer Eltern. | |
5) Dass der deutsche Gesetzgeber vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern, die der Verpflichtung zum ihnen möglichen Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht Folge leisten, keinen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt eröffnet, ist rechtlich nicht zu beanstanden. | |
6) Eine Abschiebung führt nicht zwangsläufig zu einer dauerhaften Trennung eines Ausländers von seiner Familie und verstößt nicht gegen Art.6 Abs.1 GG und Art.8 Abs.1 EMRK, wenn es den Familienangehörigen möglich und zumutbar ist, zur Vermeidung einer Trennung mit ihm in ihr gemeinsames Heimatland zurückzukehren beziehungsweise ihm nachzufolgen. Der Umstand, dass die Familienangehörigen über aufenthaltsrechtliche Titel verfügen, steht rechtlichen Rückkehrhindernissen wie einer Asylanerkennung oder einem Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG nicht gleich. | |
7) Im Ergebnis keine andere Beurteilung lässt der Umstand zu, dass der Lebensgefährtin des Ausländers von der zuständigen Behörde ihre Einbürgerung zugesichert worden ist. Die deutsche Staatsangehörigkeit zeitigt insoweit keine "Vorwirkungen". Selbst wann man dies ähnlich wie bei einer vom Ausländer beabsichtigten Eheschließung in engen Grenzen bejahen wollte, könnte das allenfalls dann in Betracht gezogen werden, wenn der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne der zu den Fällen der Eheschließungsabsicht entwickelten Rechtsprechung "unmittelbar bevorsteht". | |
§§§ | |
11.077 | Zwingende Ausweisung |
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Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine zwingende Ausweisung nach § 53 AufenthG entbindet nicht davon, doch die Umstände des Einzelfalls zu prüfen, da nur diese Prüfung sicherstellen kann, dass die Verhältnismäßigkeit bezogen auf die Lebenssituation des Betroffenen Ausländers gewahrt bleibt. | |
§§§ | |
11.078 | Fahrtenbuchauflage |
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Die Auferlegung der Führung eines Fahrtenbuches gemäß § 31a StVZO ist gerechtfertigt, wenn der Halter objektiv unrichtige Angaben macht, die geeignet sind, den Sachverhalt zu verschleiern und die Ermittlung des Fahrzeugführers zu verhindern. | |
§§§ | |
11.079 | Vorläufige Dienstenthebung |
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1) Ein Finanzbeamter, der nach den tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils 14 Tage nach seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit damit beginnt, seinen Dienstherrn zu betrügen und hierbei einen Schaden von rund 8.000 EUR verursacht, ist voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. | |
§§§ | |
11.080 | Rechtswidrige Vermögensübertragung II |
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1) Zu den Voraussetzungen für eine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung. | |
2) Für die Frage, ob ein behauptetes Darlehen oder eine Treuhandvereinbarung als bestehende Schuld im Sinne von § 28 Abs.3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann (im konkreten Fall verneint). | |
3) Geht ein Auszubildender davon aus, dass sich sein rechtsmissbräuchliches Handeln (rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung) auf die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides nicht auswirkt, ist dies mindestens als grob fahrlässig zu bewerten. | |
§§§ | |
11.081 | Fahrtkostenerstattung |
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1) Maßgebend für die Wahrung sowohl einer behördlichen wie einer gesetzlichen Frist ist die Vornahme der in Frage stehenden Handlung, hier die Antragstellung. | |
2) Das Risiko der rechtzeitigen Antragstellung trägt grundsätzlich der Bürger. | |
§§§ | |
11.082 | Rechtsmißbräuchliche Vermögensübertragung |
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1) Zu den Voraussetzungen für eine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung. | |
2) Für die Frage, ob ein behauptetes Darlehen als bestehende Schuld im Sinne von § 28 Abs.3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann (im konkreten Fall verneint). | |
3) Geht ein Auszubildender davon aus, dass sich sein rechtsmissbräuchliches Handeln (rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung) auf die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides nicht auswirkt, ist dies mindestens als grob fahrlässig zu bewerten. | |
§§§ | |
11.083 | Übertragung von Urlaubsansprüchen |
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Ist ein Beamter aufgrund seiner Krankschreibung und der sich anschließenden vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand gehindert, den Urlaub zu nehmen, verfallen die Urlaubsansprüche wegen der Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 2003/88/EG nicht. | |
§§§ | |
11.084 | Kinderpornographische Bilddateien |
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1) Die Schwere des Dienstvergehens, die sich nach dem Eigengewicht der Verfehlung richtet, ist ausschließlich auf Grundlage der Handlungen zu ermitteln, die dem Beamten in der Disziplinarklage (oder Nachtragsdisziplinarklage) als Dienstvergehen zur Last gelegt worden sind. | |
2) Wird dem Beamten in der Disziplinarklage ausschließlich der Besitz oder die Besitzverschaffung von 10 bestimmten, als kinderpornographisch bewerteten Bilddateien als Dienstvergehen zur Last gelegt, so ist die Schwere des Dienstvergehens allein auf Grundlage dieser 10 Bilder zu ermitteln; dass der Beamte daneben wegen Besitzes von "mindestens 201" weiteren kinderpornographischen Bilddateien rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden ist, muss insoweit außer Betracht bleiben. | |
3) Die Besitzverschaffung von 10 Bilddateien, von denen vier als eindeutig kinderpornographisch und sechs als grenzwertig zu bewerten sind, auf einen privaten Rechner erreicht unter Zugrundelegung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht die Schwere, die für die Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme erforderlich wäre. | |
LB 4) Was allerdings die rechtliche Einordnung der Bilder als kinderpornographisch anbelangt, besteht keine Bindungswirkung, da die rechtliche - auch die strafrechtliche - Bewertung nicht mehr zu den tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils gehört. | |
LB 5) Dies bedeutet, dass das Disziplinargericht insoweit gehalten ist, eine eigene Bewertung vorzunehmen; gleiches gilt für die Frage, was von den in tatsächlicher Hinsicht bindenden tatsächlichen Feststellungen zum Gegenstand eines disziplinaren Vorwurfs gemacht werden kann. | |
§§§ | |
11.085 | Rückzahlung überzahlter Bezüge |
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Die Rückzahlung zuviel gezahlter Bezüge regelt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. | |
§§§ | |
11.086 | Dienstliche Beurteilung |
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Dienstliche Beurteilungen, die nach ihrem Zweck nicht einem Leistungsvergleich - etwa mit Blick auf eine mögliche Beförderung - dienen, sondern dem Erlass eines Verwaltungsaktes vorgeschaltet sind, mit dem über die Gewährung einer Zulage entschieden wird, unterliegen - wie sonstige beamtenrechtlichen Beurteilungen der Leistung, Eignung und Befähigung - nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. | |
§§§ | |
11.087 | Bodenverunreinigungen |
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Kommen für eine vor etwa 50 bis mehr als 60 Jahren erfolgte Bodenverunreinigung mit vermutlichen Kokereirückständen auf einem ehemaligen Bahngelände mehrere Verursacher in Betracht, ist die Inanspruchnahme einer dieser theoretischen Verursacher zu flächendeckenden orientierenden Untersuchungen nicht sachgerecht. | |
§§§ | |
11.088 | Rückseitige Wohnhauserweiterung |
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1) Die Bestimmung des § 22 Abs.2 BauNVO findet auf die Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit einer rückseitigen Wohnhauserweiterung im unbeplanten Innenbereich keine Anwendung. | |
2) Die Zulassung eines rückseitigen Wohnhausanbaus verstößt nicht deshalb gegen das in § 34 Abs.1 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot, weil von einer auf ihm vorgesehenen Dachterrasse aus, die einen Grenzabstand von drei Metern einhält, die Einsichtnahme in das benachbarte Grundstück und in Räumlichkeiten des benachbarten Wohnhauses möglich ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Nachbargebäude selbst keinen Grenzabstand einhält. | |
§§§ | |
11.089 | Einschreiten gegen Tierhaltung |
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1) Die Klage auf ein bauaufsichtsbehördliches Einschreiten gegen eine Tierhaltung auf dem Nachbargrundstück ist wegen Fehlens des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn die Tiere bereits seit mehr als einem Jahr nicht mehr vorhanden sind und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Tierhaltung wieder aufgenommen werden soll. | |
2) Ein im Innenbereich wohnender Grundstückseigentümer hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass auf einem angrenzenden sich bereits im Außenbereich befindlichen Grundstück keine Pferde gehalten werden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Gebot der Rücksichtnahme verletzt wird (hier verneint) | |
§§§ | |
11.090 | Führungsfunktionär-Kurdische Gemeinde |
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1) Der allgemeine Versagungsgrund des § 5 Abs.4 AufenthG findet sowohl im Rahmen der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs.3 AufenthG als auch im Rahmen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs.2 AufenthG an einem anerkannten Flüchtling Anwendung. | |
2) Die Tätigkeit als Führungsfunktionär für die Kurdische Gemeinde Saarland e.V. bzw. dem vormaligen Kurdischen Kulturverein eV stellt eine Unterstützung für die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL als den Terrorismus unterstützende Vereinigungen iSd § 5 Abs.4 AufenthG dar. | |
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