2010   (4)  
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10.091 Gebührenbescheid
 
  • VG Saarl, U, 28.04.10, - 5_K_1579/09 -

  • EsG

  • SaarlGebG_§_9 Abs.1, SaarlGebG_§_13 Abs.1; (96) LBO_§_79, (04) LBO_§_2, LBO_§_51

  • Gebührenanspruch für die bauaufsichtliche Prüfung im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens im Saarland

 

1) Das Allgemeine Gebührenverzeichnis berechtigt im Saarland die Immissionsschutzbehörde, neben den Gebühren für das Verfahren nach dem BImSchG Gebühren für die bauaufsichtliche Prüfung und Überwachung nach dem GebVerzBauaufsicht zu erheben.

 

2) Die Gebührenerhebung für die bauaufsichtliche Prüfung erfordert eine Entscheidung der Behörde über das bzw die zur Genehmigung gestellten Vorhaben.

 

3) Windkraftanlagen können Gebäude darstellen, wenn sie die Voraussetzungen des § 2 Abs.2 LBO SL erfüllen.

 

4) Ein Vorbescheid zum Nichtvorliegen der Sperrwirkung des § 35 Abs.3 Satz 3 BauGB führt nicht zur Reduzierung des Gebührenanspruchs für die bauaufsichtliche Prüfung des Vorhabens.

 

5) Typenprüfungen begründen keinen Anspruch auf Reduzierung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten Gebühren.

 

6) Gebühren in Höhe von weniger als 1 vH der Rohbau- und Herstellungskosten verstoßen nicht gegen das Äquivalenzprinzip.

 

LB 7) Eine Typenprüfung läßt sich keine behördliche Typengenehmigung entnehmen. Nur im Falle des Vorliegens einer Typengenehmigung sieht Nr.1.4 GebVerzBauaufsicht eine Reduzierung der Gebühren vor.

 

LB 8) Die aktuelle Fassung der LBO 2004 enthält keine Regelungen zur Typengenehmigung mehr.

 

LB 9) Der Wegfall der Typengenehmigung beim Inkrafttreten der LBO 2004 am 01.06.2004 hat dazu geführt, dass seitdem auch im Falle der Nochgeltung von älteren Typengenehmigungen oder solchen anderer Länder gleichwohl der Regelungsgehalt der Typengenehmigung anlassbezogen bauaufsichtlich zu prüfen ist.

 

LB 10) Da die Überprüfung von typengeprüften Anlagen weniger aufwändig ist, sieht das GebVerzBauaufsicht in Ziffer 1.4 eine Gebührenreduzierung ausdrücklich vor.

§§§


10.092 Carport
 
  • VG Saarl, U, 28.04.10, - 5_K_201/09 -

  • EsG

  • (04) LBO_§_63, LBO_§_68 Abs.1, LBO_§_81, LBO_§_82; BauGB_§_31 Abs.2 VwGO_§_75;

  • Nachbarklage gegen einen Abweichungs- und einen Befreiungsbescheid

 

1) Die Nachbarklage gegen einen objektiv rechtswidrigen Befreiungsbescheid, mit dem eine Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplanes erteilt worden ist, hat nur dann Erfolg, wenn die Befreiung nach den Maßstäben zum Gebot der Rücksichtnahme die Rechte des Nachbarn verletzt.

 

2) Die Klage eines Nachbarn gegen einen Abweichungsbescheid, mit dem eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften erteilt worden ist, kann keinen Erfolg haben, wenn die Abweichung gegenüber einem Grundstück erteilt worden ist, das nicht im Eigentum des Klägers steht.

§§§


10.093 Jagdschein
 
  • VG Saarl, U, 28.04.10, - 5_K_4/10 -

  • EsG

  • BJG_§_17 Abs.4 Nr.1 Buchst.c, BJG_§_18

  • Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Ungültigkeitserklärung des Jagdscheines, des Widerrufs der Waffenbesitzkarte und von Folgeentscheidungen

 

Die Regelvermutung des § 17 Abs.4 Nr.1 Buchst.c) BJG wird nicht dadurch widerlegt, dass die Behörde auf Drängen der Betroffenen und nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" bis zur Rechtskraft der Verurteilung, anschließend bis zum Ablauf des Jahresjagdscheines wartet und erst dann den Jagdschein für ungültig erklärt.

§§§


10.094 Ersatzteillager
 
  • VG Saarl, U, 28.04.10, - 5_K_598/09 -

  • EsG

  • (04) LBO_§_82 Abs.1. LBO_§_7 Abs.1; BauGB_§_30;, BauGB_§_31; BauNVO_§_23; SVwVG_§_18 Abs.1

  • Beseitigungsanordnung für ein gewerblich genutztes Bauwerk außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche, für das eine vor mehr als 30 Jahren erlassene Beseitigungsanordnung behauptet wird

 

1) Für das Bestehen von Gegenrechten gegen ein Beseitigungsverlangen ist derjenige, der sich darauf beruft, mit der Folge beweispflichtig, dass die Unaufklärbarkeit der behaupteten Tatsache zu seinen Lasten geht.

 

2) Vor dem Erlass einer erneuten Beseitigungsanordnung muss die Behörde die erste aufheben oder zumindest eindeutig zum Ausdruck bringen, dass von ihr (vollstreckungsrechtlich) kein Gebrauch gemacht wird.

 

3) Ist unklar, inwieweit ein angeblich vor Jahrzehnten bereits aufgegriffenes Bauwerk mit dem aktuellen Bestand identisch ist, darf die Behörde eine (erneute) Beseitigungsanordnung erlassen.

§§§


10.095 Schafstall
 
  • VG Saarl, U, 28.04.10, - 5_K_922/09 -

  • EsG

  • LBO_§_82; BauNVO_§_14

  • Nutzungsuntersagung gegen einen Schafstall

 

1) Die Nutzung eines Gebäudes als Schafstall im Rahmen einer Hobbytierhaltung kann unter besonderen Voraussetzungen in einem vorwiegend dem Wohnen dienenden Gebieten nach § 14 zulässig sein.

 

2) Der Austausch der Begründung einer Nutzungsuntersagung durch die Widerspruchsbehörde - statt auf die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit wird die Nutzungsuntersagung auf die fehlende Baugenehmigung gestützt - ist zulässig.

§§§


10.096 Verbot von Internetglücksspiel
 
  • VG Saarl, B, 28.04.10, - 6_L_2142/09 -

  • EsG

  • VwGO_§_80 Abs.5; GlüStV_§_4 Abs.4, GlüStV_§_5 Abs.3

  • Verbot von Internetglücksspiel / Allgemeinverfügung

 

1) Angesichts des saarländischen Glückspielmonopols und des in § 4 Abs.4 GlSpielStVtr enthaltenen Verbots des Internetspiels besteht kein schützenswertes Interesse an einer Suspendierung der Verbote des Veranstaltens, Vermittelns und Bewerbens von Glücksspielen im Internet.

 

2) Der Erlass einer gesetzeswiederholenden Allgemeinverfügung, mit der das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele und die Werbung hierfür in Telemedien-Angeboten privater Anbieter verboten wurden, ist nicht offensichtlich rechtswidrig.

 

3) Als Anknüpfungspunkt für eine solche Allgemeinverfügung reicht der Aufenthalt des Spielers zum Zeitpunkt des Spiels im Hoheitsbereich der für das gesamte Gebiet des Saarlandes zuständigen Landesmedienanstalt des Saarlandes aus.

 

4) Eine unverhältnismäßige Belastung liegt selbst im Fall der Notwendigkeit einer bundesweiten Abschaltung der entsprechenden Internetseiten nicht vor. Es kann von dem Anbieter eines Internetdienstes erwartet werden, dass er seinen Dienst in dem Sinn beherrscht, dass er gerechtfertigten Gesetzen, die sein Netzangebot betreffen, durch geeignete technische Maßnahmen entspricht.

§§§


10.097 Vermögensmindernde Verbindlichkeiten
 
  • VG Saarl, E, 29.04.10, - 11_K_692/08 -

  • EsG

  • SGB_X_§_45 Abs.2 Nr.2; BAföG_§_28 Abs.3 S.1; VwGO_§_42

  • Vermögensmindernde Verbindlichkeiten gegenüber Verwandten

 

1) Zu den Voraussetzungen für die vermögensmindernde Berücksichtigung von Darlehensverbindlichkeiten gegenüber Verwandten.

 

LB 2) Für die Frage, ob ein behauptetes Darlehen als bestehende Schuld im Sinne von § 28 Abs.3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 04.09.2008 -5 C 30/07-, E 132,10) allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann.

 

LB 3) Weil und soweit der für den Auszubildenden förderungsrechtlich günstige Umstand, ob und in welchem Umfang er vermögensmindernde Schulden hat, seine Sphäre betrifft, obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten.

 

LB 4) Um der Gefahr des Missbrauchs entgegenzuwirken, ist es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit der Verträge strenge Anforderungen zu stellen.

 

LB 5) Dies setzt etwa voraus, dass sich die Darlehensgewähr auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt.

§§§


10.098 Ödland
 
  • OVG Saarl, U, 29.04.10, - 2_A_403/09 -

  • EsG

  • (93) SNG_§_36 Abs.1 Nr.1 +3, SNG_§_36 Abs.2; (aF) BGB_§_505 Abs.1 = (nF) BGB_§_464 Abs.1, (aF) BGB_§_506 = (nF) BGB_§_465; VwGO_§_124 Abs.2 Nr.2

  • Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts / oberirdisches Gewässer / Ödland

 

1) Bei Flächen, durch die in einem flachen Graben eine teilweise sichtbare Rohrleitung verläuft, die Quellwasser von der Quelle bis zu einem - mehrere 100 m entfernten - Bad leitet, handelt es sich nicht um ein Grundstück, auf dem ein oberirdisches Gewässer im Sinne des § 36 Abs.1 Nr.1 SNG aF liegt.

 

2) Der Begriff des Ödlands setzt voraus, dass es sich um nicht lohnend landwirtschaftlich nutzbares und deshalb nicht genutztes Land handelt. Eine gelegentlich erfolgte Mahd steht dem nicht entgegen, wenn das Mähen keinen landwirtschaftlichen Zwecken diente.

 

3) § 36 Abs.2 SNG aF bietet keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bei Ödland an die ökologische Wertigkeit des Grundstücks höhere Anforderungen als bei anderen im Katalog des § 36 Abs.1 SNG aF genannten Grundstücken an die Rechtfertigung der Rechtsausübung gestellt werden dürften.

 

4) Das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht kann auch zum Erwerb von Ausgleichsflächen ausgeübt werden, wenn der Naturzustand auf den Flächen verbessert werden kann.

 

5) Zur Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung im Sinne des § 36 Abs.2 SNG aF.

§§§


10.099 Kiesgrube
 
  • OVG Saarl, U, 29.04.10, - 2_C_244/08 -

  • EsG

  • BauGB_§_9 Abs.1 Nr.20, BauGB_§_1 Abs.3, BauGB_§_1 Abs.7, BauGB_§_35 Abs.1 Nr.3; GG_Art.14 Abs.1; VwGO_§_47 Abs.1 Nr.1

  • Unwirksamkeit eines Bebauungsplans wegen abwägungsfehlerhafter Festsetzung von Flächen und Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft / Kiesgrube / Verhinderungsplanung

 

1) Eine unzulässige Negativ- oder Verhinderungsplanung liegt nicht schon dann vor, wenn eine Gemeinde eine bestimmte, von ihr städtebaulich als nicht wünschenswert erachtete Entwicklung durch eine Planung zugunsten des Naturschutzes korrigiert.

 

2) Ein Bebauungsplan, der Flächen und Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft (§ 9 Abs.1 Nr.20 BauGB) festsetzt, ist nur dann erforderlich im Sinne des § 1 Abs.3 BauGB, wenn sein Inhalt zulässig und seine Vollzugsfähigkeit dauerhaft gesichert ist.

 

3) Für einen ortsgebundenen und nach § 35 Abs.1 Nr.3 BauGB privilegierten Betrieb wie eine Sand- und Kiesgrube kann dem Eigentümer gegen eine Gemeinde als Wegeeigentümerin ein Anspruch darauf zustehen, dass ihm die Benutzung etwa eines Forst- oder Feldweges zum Zwecke der Erschließung gestattet wird.

 

4) Für die Beurteilung der Frage, ob eine unter den Schutz von Art.14 Abs.1 GG fallende und damit abwägungsbeachtliche Eigentumsposition sich aus der Absicht ergibt, die Sand- und Kiesgewinnung im Bereich einer vorhandenen Grube fortzusetzen oder wiederaufzunehmen, ist entscheidend, ob eine Sand- und Kiesgewinnung in dem in Rede stehenden Bereich an unüberwindlichen Genehmigungshindernissen scheitert.

 

5) Rechtswidrig ist ein Abwägungsergebnis dann, wenn der Ausgleich zwischen den betroffenen Belangen in einer Weise erfolgt ist, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Das Kriterium der "objektiven Gewichtigkeit" verlangt Evidenz, die Ebene unausweichlicher Erkenntnis. Insoweit gehört es zu den Aufgaben der Gerichte, die vorgenommene Abwägung nachzuvollziehen und zu prüfen, ob die Bilanz der für und wider die letztlich beschlossene Planung sprechenden öffentlichen und privaten Belange bei objektiver Würdigung eine unverhältnismäßige Fehlgewichtung erkennen lässt.

§§§


10.100 Implanatversorgung
 
  • VG Saarl, U, 30.04.10, - 3_K_467/09 -

  • EsG

  • (07) BhVO_§_9 Abs.5; VwGO_§_42 Abs.1; GG_Art.33 Abs.5

  • Beihilfe, zahnärztliche Implantatversorgung, Vereinbarkeit beihilferechtlich geregelter Indikationen mit höherrangigem Recht

 

Zur Frage, ob § 9 Abs.5 BhVO (F Juli 2007), der eine Beihilfegewährung für eine zahnärztliche Implantatversorgung vom Vorliegen bestimmter Indikationen abhängig macht, mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

§§§


10.101 Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken
 
  • VG Saarl, B, 03.05.10, - 10_L_192/10 -

  • EsG

  • AufenthG_§_5 Abs.2 Nr.1, AufenthG_§_16 Abs.1; VwGO_§_80 Abs.5

 

Ein Ausländer ist nur dann im Verständnis des § 5 Abs.2 Satz 1 Nr.1 AufenthG erforderlichen Visum eingereist, wenn er das für den aktuell begehrten Aufenthaltszweck notwendige Visum erhalten hat.

§§§


10.102 Aufenthaltserlaubnis-Verlängerung
 
  • VG Saarl, B, 04.05.10, - 10_L_400/10 -

  • EsG

  • AufenthG_§_5 Abs.1 Nr.2, AufenthG_§_32 Abs.2, AufenthG_§_55 Abs.1; VwGO_§_80 Abs.5;

 

1) Für ein Abweichen von der gesetzlichen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs.1 Nr.2 AufenthG rechtfertigender Ausnahmefall liegt dann vor, wenn ein atypischer Geschehensablauf gegeben ist, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigt.

 

2) Gleiches gilt, wenn der Versagung der Aufenthaltserlaubnis höherrangiges Recht entgegensteht, insbesondere die Versagung mit verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen nicht vereinbar ist, oder etwa Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten.

§§§


10.103 Neubewerber zur Kirmes
 
  • VG Saarl, B, 04.05.10, - 1_L_416/10 -

  • EsG

  • GewO_§_60b Abs.1, GewO_§_70; KSVG_§_19 Abs.1, KSVG_§_34, KSVG_§_73 Abs.3 Nr.1

  • Zulassung eines Neubewerbers zur Kirmes

 

LB 1) Gemäß § 70 Abs.1 der Gewerbeordnung - GewO - ist jedermann, der dem Teilnehmerkreis der festgesetzten Veranstaltung - hier eines Volksfestes iSd § 60b Abs.1 der GewO - angehört, nach Maßgabe der für alle Veranstaltungsteilnehmer geltenden Bestimmungen zur Teilnahme an der Veranstaltung berechtigt.

 

LB 2) Der Veranstalter kann, wenn es für die Erreichung des Veranstaltungszwecks erforderlich ist, die Veranstaltung auf bestimmte Ausstellergruppen, Anbietergruppen und Besuchergruppen beschränken, soweit dadurch gleichartige Unternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandelt werden (§ 70 Abs.2 GewO).

 

LB 3) Aus dem Zusammenwirken dieser Absätze des § 70 der GewO ist der als Ausprägung des Grundsatzes der Marktfreiheit bestehende grundsätzliche Anspruch auf Zulassung zu dem jeweiligen Markt nach Abs.3 der zitierten Bestimmung in der Weise eingeschränkt, dass die Behörde einen Bewerber wegen Platzmangels von der Teilnahme ausschließen darf.

 

LB 4) Das der Behörde in § 70 Abs.3 GewO eingeräumte Ausschließungsermessen ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung insoweit begrenzt, als ein Ausschluss nur bei Vorliegen eines sachlich gerechtfertigten Grundes erlaubt ist (BVerwG, Urteil vom 27.04.1984 -1 C 24.82-, GewArch 1984, 265).

 

LB 5) Bei Platzmangel muss die Behörde ihre Auswahlentscheidung deshalb an einem schlüssigen Marktkonzept ausrichten. Sie darf dabei dem Kriterium der Vielseitigkeit und Attraktivität des Marktgeschehens maßgebliche Bedeutung beimessen (vgl OVG Bremen, Urteil vom 25.03.1980 -1 BA 5/79- GewArch 1980, S.229).

 

LB 6) Zugleich verbietet der Grundsatz der Marktfreiheit der Behörde, den Konflikt zwischen Stammbeschickern und Neubewerbern einseitig zu Gunsten der Stammbeschicker zu lösen.

 

LB 7) Das Kriterium "bekannt und bewährt", das in einem gewissen Rahmen durchaus sachgerecht sein kann, darf nicht dazu führen, dass Neubewerbern die Zulassungschance genommen wird (vgl OVG Bremen, Beschluss vom 07.10.1985 -1 B 46/85- GewArch 1985, S.386).

 

LB 8) Die Bevorzugung bekannter und bewährter Unternehmer ist aus Sachgründen mit dem Prinzip der Marktfreiheit nur vereinbar, soweit eine konkrete Zulassungschance auch für Neubewerber besteht (OVG Niedersachsen, Urteil vom 18.07.2002 - 7 LB 383501 - GewArch 2002,428).

 

LB 9) Für Neubewerber muss jedoch nicht bei jeder einzelnen festgesetzten Veranstaltung, sondern lediglich in einem erkennbaren zeitlichen Turnus eine Zulassungschance bestehen.

 

LB 10) In diesen Fällen hat er dann einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des behördlichen Ermessens, so dass bei fehlerhafter Ermessensausübung das Gericht die Behörde verpflichtet den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

 

LB 11) Zu den Aufgaben des Ortsrates gehören gemäß § 73 Abs.3 Nr.5 KSVG u.a. die Förderung und Durchführung von Veranstaltungen der Heimatpflege und des Brauchtums im Gemeindebezirk, denen Volksfeste, wie die der "Kirchweih" oder "Kirmes", sicherlich zuzurechnen sind.

 

LB 12 Keine Aufgabe des Ortsrates ist indes die Entscheidung über die Nutzung öffentlicher Einrichtungen der Gemeinde im Sinne des § 19 Abs.1 und 2 KSVG, zu denen wiederum Marktplätze oder sonstige, für öffentliche Veranstaltungen, Märkte etc gewidmete Gemeindeflächen gehören, und zwar selbst dann nicht, wenn deren Nutzung der Pflege des Brauchtums - wie hier, zur Veranstaltung einer Kirmes - dienen soll.

 

LB 13 Für die Zulassungsentscheidung zu einer gemeindlichen Einrichtung iSd § 19 KSVG, bleibt die Gemeinde gemäß § 34 Abs.1 KSVG selbst zuständig, wobei den Beteiligungsrechten des Ortsrates mit Blick auf die jenem zugewiesenen Aufgaben der Brauchtumspflege nach der Satzung dadurch Rechnung getragen werden kann, dass die Entscheidung über die Platzvergabe im Einvernehmen mit dem zuständigen Ortsvorsteher - im Sinne eines internen Beteiligungs- und Abstimmungsverfahren - erfolgt. Mehr als ein solches internes Mitwirkungsrecht können weder der Ortsrat noch der Ortsvorsteher für sich beanspruchen.

§§§


10.104 Drei Windkraftanlagen
 
  • OVG Saarl, B, 04.05.10, - 3_B_77/09 -

  • EsG

  • TA-Lärm; DIN-ISO-9613-2; BImSchG_§_26; BImSchG_§_10; 9.BImSchV_§_4 Abs.1, 9.BImSchV_§_4a Abs.2 Nr.1;

  • Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Genehmigung von drei Windkraftanlagen wegen Lärmimmissionen / Einwirkungen durch Infraschall sowie optisch bedrängender Wirkung unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch vier bereits bestehende Anlagen

 

1) Die TA Lärm einschließlich der von dieser in Bezug genommenen DIN ISO 9613-2 ist auch für die Beurteilung der von hoch ragenden Windkraftanlagen (hier mit einer Gesamthöhe von je 150 m) ausgehenden Lärmimmissionen maßgebend.

 

2) Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ist die durch einen Privatgutachter erstellte Lärmprognose grundsätzlich verwertbar, wenn diese unter Beachtung der geltenden Regelwerke fachgerecht und nachvollziehbar erstellt worden bzw für den Fachkundigen überzeugend ist.

 

3) Dem Schutzinteresse eines betroffenen Nachbarn vor unzumutbarem Lärm wird durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung hinreichend Rechnung getragen, wenn nach der Lärmprognose eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange der Nachbarn nicht zu erwarten ist und die Nebenbestimmungen zur Genehmigung den (weiteren) Betrieb der Anlagen vom Nachweis der Einhaltung der Immissionsrichtwerte durch eine (hier spätestens zwölf Monate nach Inbetriebnahme durchzuführende) Kontrollmessung abhängig machen.

 

4) Sollen Windenergieanlagen in einer Entfernung von 1200 m oder mehr vom Anwesen des betroffenen Hauseigentümers errichtet werden und fehlt es nach der Aktenlage an Anhaltspunkten für eine erhebliche "optische Belastung" des Grundstücks, kann nur ausnahmsweise ein Verstoß gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot im Sinne einer bedrängenden Wirkung der Anlagen angenommen werden. Zur Darlegung einer diesbezüglichen Ausnahme genügt es nicht, darauf hinzuweisen, dass die Anlagen in der Hauptblickrichtung des betreffenden Anwesens errichtet werden sollen.

§§§


10.105 Windkraftanlage-Sofortvollzug
 
  • VG Saarl, B, 05.05.10, - 5_L_217/10 -

  • EsG

  • VwGO_§_80 Abs.5, VwGO_§_80a Abs.3, VwGO_§_80b; BImSchG_§_3 Abs.1, BImSchG_§_5 Abs.1 Nr.1; TA-Lärm_Nr.3.2.1

  • Einstweiliger Rechtsschutz eines Nachbarn gegen den vom VG angeordneten Sofortvollzug einer BImSchG-Genehmigung für eine Windkraftanlage

 

1) Gewährt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung Nachbarn einen höheren Schutz als ihn die TA Lärm gewährt, macht die Anfechtung der Genehmigung mit der Begründung keinen Sinn, das gewährte Schutzniveau sei nicht einzuhalten.

 

2) Grundsätzliche Bedenken des Nachbarn gegen die Anwendung der TA Lärm auf Windkraftanla-gen und gegen die Grundsatzentscheidung des BVerwG im Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2.07 - stellen die Rechtmäßigkeit eines Genehmigungsbescheides nicht ernsthaft in Frage.

 

3) In Wohngebieten ist ein Lärmpegel von 45 dB(A) nachts vorübergehend hinnehmbar.

 

4) Moderne Windenergieanlagen erzeugen keinen im Rechtssinne belästigenden Infraschall.

§§§


10.106 Ausgleichsabgabe
 
  • VG Saarl, B, 12.05.10, - 11_L_278/10 -

  • EsG

  • VwGO_§_80 Abs.5; SGB_IX_§_73;

  • Ausgleichsabgabe bei Leiharbeitsverhältnis

 

1) Die Verpflichtung zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe trifft den Verleiher als Vertragsarbeitgeber der Leiharbeitnehmer.

 

2) Maßgeblich für die Frage, ob eine Pflicht zur Zahlung der Ausgleichsabgabe besteht, ist der Sitz des Verleihers, nicht, ob und wie lange der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung im In- oder Ausland erbracht hat.

§§§


10.107 4 Carports
 
  • VG Saarl, U, 12.05.10, - 5_K_1876/09 -

  • EsG

  • (04) LBO_§_64, LBO_§_7, LBO_§_8; BauGB_§_34 Abs.1

  • Nachbaranfechtung einer im vereinfachen Verfahren erteilten Baugenehmigung für 4 Carports an einen Bauherrn, der sich in seiner Freizeit dem Motorsport widmet.

 

1) Gegenstand der Nachbaranfechtung einer Baugenehmigung ist allein der in den Bauvorlagen dargestellte Regelungsgehalt der Genehmigung.

 

2) Eine Stellplatzanlage für 4 Pkw auf einem unbebauten Grundstück in einem Wohngebiet für einen Hobbymotorsportler ist mit § 12 BauNVO vereinbar.

 

3) Vier Carports im rückwärtigen Bereich verletzen im Regelfall nicht das Gebot der Rücksichtnahme.

 

LB 4) Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren wird nach § 64 Abs.2 LBO 2004 außer Abweichungen (Nr.2 iVm § 68 LBO 2004) nur die Zulässigkeit des Vorhabens nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs und den sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften außerhalb des Bauordnungsrechts geprüft, ausgenommen die Anforderungen nach der Arbeitsstättenverordnung und die Anforderungen nach der Energiesparverordnung.

 

LB 5) Damit fällt die Prüfung der Abstandsflächen gemäß den §§ 7 und 8 LBO als Bestandteil des Bauordnungsrechts von Gesetz wegen nicht in den Prüfungsrahmen des Beklagten bei der Erteilung der angegriffenen Baugenehmigung. Hat von Gesetz wegen keine Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde stattzufinden, kann eine auf dieser Grundlage erteilte Genehmigung insoweit keine Nachbarrechte verletzen. (BVerwG, Beschluss vom 16.01.1997 - 4 B 244.96 -, NVwZ 1998,58)

§§§


10.108 Euronom-Werbetafel
 
  • VG Saarl, U, 12.05.10, - 5_K_28/10 -

  • EsG

  • (04) LBO_§_61 Abs.2 Nr.6, LBO_§_73 Abs.1, LBO_§_76; BauGB_§_15 Abs.1 S.2

  • Kein Anspruch auf Baugenehmigung für Euronorm-Werbetafel bei vom Bauherrn gewählter Verfahrensfreiheit

 

1) Die Verpflichtungsklage auf eine Baugenehmigung ist unzulässig, wenn der Bauherr bei der Bauaufsichtsbehörde keine Baugenehmigung beantragt hat.

 

2) Die Anzeige eines verfahrensfreien Vorhabens bei der Gemeinde ist nicht in einen Bauantrag umzudeuten.

 

3) Bei verfahrensfreien Vorhaben ist die Erteilung einer Baugenehmigung ausgeschlossen.

 

LB 4) Die Genehmigungsfreiheit sowie die Beschränkung der bauaufsichtlichen Prüfung (§§ 64, 65 und 67 Abs.4 LBO) entbindet nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden und lassen die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt.

 

LB 5) Im Falle der Verfahrensfreiheit ist die Erteilung einer Baugenehmigung und damit auch eines Bauvorbescheides nach § 76 LBO ausgeschlossen und der Bauherr muss in Eigenverantwortung entscheiden muss, ob er das Vorhaben mit dem Risiko realisiert, anschließend mit einer Beseitigungsanordnung (§ 82 Abs. 1 LBO) rechnen zu müssen.

 

LB 6) Die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften ist im Falle der Verfahrensfreiheit erst im Anfechtungsverfahren gegen die Beseitigungsanordnung rechtsverbindlich zu klären.

§§§


10.109 Grundwasserentnahmerecht
 
  • VG Saarl, U, 12.05.10, - 5_K_611/09 -

  • EsG

  • WHG_§_15 Abs.4 Nr.2; SVwVfG_§_28 Abs.1, SVwVfG_§_39 Abs.2 Nr.2

 

1) § 28 Abs.1 VwVfG wird genügt, wenn die zuständige Fachbehörde den Betroffenen zu der Absicht anhört, der Obersten Wasserbehörde den Widerruf des Wasserrechts vorzuschlagen.

 

2) Ein "altes Recht" (§ 15 Abs.4 WHG) bleibt auch dann ein "altes Recht", wenn es später mengenmäßig reduziert wird.

 

3) Wird ein Wasserrecht über mehr als 3 Jahre nicht genutzt und äußert sich der Inhaber nicht zur Widerrufsabsicht, genügt der Hinweis auf die Nichtnutzung dem Erfordernis der Begründung der Ermessensentscheidung.

§§§


10.110 Jahresfrist im Beihilferecht
 
  • VG Saarl, U, 18.05.10, - 3_K_883/09 -

  • EsG

  • (SL) BhVO_§_17 Abs.3 S.1; ZPO_§_415; BGB_§_276; VwGO_§_42 Abs.1; SVwVfG_§_32

  • Zur Einhaltung der Jahresfrist im Beihilferecht und zum Charakter des Eingangsstempels auf dem Beihilfeantrag als öffentliche Urkunde

 

1) Die Jahresfrist des § 17 Abs.3 Satz 1 BhVO SL ist eine materielle Ausschlussfrist, gegen deren Versäumung gleichwohl nach der vorgegebenen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

 

2) Der Eingangsstempel der Beihilfefestsetzungsstelle auf dem Beihilfeantrag ist eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 415 ZPO mit voller Beweiskraft. 3) Es ist eine die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließende Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs.2 BGB), wenn der Beamte nach der (von ihm behaupteten) Absendung seines Beihilfeantrags ein ganzes Jahr verstreichen lässt, ohne sich bei der Beihilfestelle nach dem Verbleib seines Antrags zu erkundigen.

§§§


10.111 Delegation ärtzlicher Tätigkeit
 
  • VG Saarl, B, 19.05.10, - 9_K_338/10 -

  • EsG

  • SPersVG_§_84 Nr.5; SPersVG_§_78 Abs.1 Nr.9, SPersVG_§_78 Abs.1 Nr.11, SPersVG_§_78 Abs.1 Nr.10,

  • Delegation ärztlicher Tätigkeiten auf speziell qualifizierte Pflegekräfte eines Universitätsklinikums

 

Die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf Pflegekräfte (hier Pilotprojekt) unterfällt der eingeschränkten Mitbestimmung nach dem SPersVG

§§§


10.112 Aqua-Therapie-Hose
 
  • VG Saarl, U, 20.05.10, - 3_K_2105/09 -

  • EsG

  • SBG_§_67; (09) BhVO_§_5 Abs.1 Nr.9, BhVO_§_5 Abs.2 S.1 Buchst.b S.2; BeamtStG_§_45

 

1) Die Aufwendungen für die Beschaffung einer ärztlich verordneten Aqua-Therapie-Hose bei Inkontinenz sind in der Regel nicht beihilfefähig.

 

2) Zum möglichen Vorliegen eines Ausnahmefalles.

 

LB 3) Die Aufwendungen zur Anschaffung einer Aqua-Therapie-Hose dürfen - entgegen den zitierten beihilferechtlichen Vorschriften - aus Gründen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ausnahmsweise dann als beihilfefähig zu berücksichtigen sein, wenn die Teilnahme an einer Heilbehandlung im Wasser ärztlich verordnet ist und für den Patienten diese Heilbehandlung ohne die gleichfalls verordnete Aqua-Therapie-Hose aus Krankheitsgründen nicht möglich ist.

§§§


10.113 Internatsschließung
 
  • VG Saarl, B, 21.05.10, - 11_L_456/10 -

  • EsG

  • SGB_VIII_§_45 Abs.2 S.7; VwGO_§_80 Abs.5

  • Vollzug der Schließung eines Internats vorübergehend ausgesetzt

 

1) Der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 45 Abs.2 Satz 7 SGB VIII gilt sowohl für die Widerrufsverfügung als auch - mit Blick darauf, dass diese keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat - für die erlassene Schließungsverfügung.

 

2) Läßt sich der Weiterbetrieb einer Einrichtung nicht mehr rechtfertigen, ist der Antragsgegner als Landesjugendamt im Interesse des Kindeswohls jedoch gehalten, durch eine entsprechende Ausgestaltung seiner Maßnahme sicherzustellen, dass die mit dem ggf. anstehenden Wechsel des Lebensorts verbundenen Beeinträchtigungen für die betroffenen Schüler nicht über das unvermeidbare Maß hinausgehen und nicht ihrerseits dem Kindeswohl abträglich sein können.

§§§


10.114 Dachterrasse
 
  • OVG Saarl, B, 25.05.10, - 2_A_31/10 -

  • EsG

  • VwGO_§_124 Abs.2; BauGB_§_34; (04) LBO_§_7 Abs.1

  • Rücksichtnahmepflicht einer bis an die seitliche Grenze reichenden Dachterrasse gegenüber einer ebenfalls bis an die Grenze reichenden baulichen Nutzung; Wohnhausanbau nebst Balkon

 

1) Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass der Eigentümer eines nicht im Einklang mit den Grenzabstandserfordernissen bebauten Grundstückes auch einen darüber hinausgehenden Eingriff in die Abstandsflächenfunktionen grundsätzlich - vorbehaltlich der Grenze des in planungsrechtlichen Vorschriften enthaltenen Rücksichtnahmegebotes - nicht mehr abwehren kann (Urteil vom 18.9.2008 - 2 A 4/08 -). Das gilt auch in Fällen, in denen nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden darf und zur vorhandenen Grenzbebauung des (Abwehrrechte geltend machenden) Nachbarn an der gemeinsamen seitlichen Grenze ein Vorhaben hinzutritt (hier: Dachterrasse auf einem vorhandenen rückseitigen Anbau).

 

2) Zur Frage, ob eine bis zur seitlichen Grenze reichende Dachterrasse auf einem rückseitigen Wohnhausanbau (ehemalige Waschküche) wegen der mit ihrer Nutzung verbundenen Beeinträchtigungen (Aufenthalt von Menschen, Stühlerücken, Grillgerüche, Eröffnung an Einsichtsmöglichkeiten) sich als im planungsrechtlichen Verständnis rücksichtslos gegenüber einem ebenfalls auf dem Niveau des ersten Obergeschosses bis an die gemeinsame seitliche Grenze ausgeführten, im Fußbodenniveau etwas niedriger liegenden Wohnraum mit rückseitig anschließendem Balkon erweist (hier verneint).

§§§


10.115 Onyster
 
  • VG Saarl, U, 25.05.10, - 3_K_158/10 -

  • EsG

  • VwGO_§_42 Abs.1; SBG_§_67; (09) BhVO_§_5 Abs.1 Nr.6 S.1; MPG_§_3 Nr.1; AMG_§_2 Abs.3 Nr.7

 

1) Zum Arzneimittelbegriff des § 5 Abs.1 Nr.6 Satz 1 BhVO SL.

 

2) Keine Beihilfe zu den Aufwendungen für Medizinprodukte ("Onyster Nagelset").

 

LB 3) Nach der ständigen Rechtssprechung der erkennenden Kammer ist unter Berücksichtigung der entsprechenden Kommentarliteratur von einem engen, die Einschränkung des § 2 Abs.3 Nr.7 AMG berücksichtigenden beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff auszugehen, weshalb ein Beihilfeanspruch für Medizinprodukte ausscheidet.

§§§


10.116 Gewerbesteuern
 
  • OVG Saarl, B, 26.05.10, - 1_B_93/10 -

  • EsG

  • AO_§_162, AO_§_69, AO_§_34, AO_§_35, AO_§_37 Abs.1, AO_§_191

  • Haftung der Geschäftsführer einer GmbH für auf der Grundlage der §§ 160, 162 AO 1977 nacherhobene Gewerbesteuern

 

1) Kommt der Steuerschuldner einem Benennungsverlangen nach § 160 AO nicht nach und nimmt der Fiskus dies zum Anlass, einen im Wege der Schätzung nach § 162 AO bestimmten Teil der geltend gemachten Betriebsausgaben nicht zum Abzug zuzulassen und dementsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheide zu erlassen, so führt dies ex nunc zur Entstehung einer Gewerbesteuernachforderung.

 

2) Die in der die Haftung des Vertreters des Steuerschuldners anordnenden Vorschrift des § 69 AO geregelte Tatbestandsvariante der Nichtfestsetzung bzw der nicht rechtzeitigen Festsetzung der Steuerschuld scheidet bezüglich einer so begründeten Steuernachforderung regelmäßig aus. Der Vertreter haftet daher nur, wenn die nachentstandene Steuerschuld nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt wird und dies ursächlich auf eine schuldhafte Verletzung der ihm durch §§ 34 und 35 AO auferlegten Pflichten zurückzuführen ist.

§§§


10.117 Zwingende Ausweisung
 
  • VG Saarl, U, 27.05.10, - 10_K_264/09 -

  • EsG

  • AufenthG_§_53; EMRK_Art.8 Abs.1

  • Verhältnismäßigkeitsprüfung im Falle einer zwingenden Ausweisung nach § 53 AufenthG 2004

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine zwingende Ausweisung nach § 53 AufenthG entbindet nicht davon, auch die Umstände des Einzelfalls zu prüfen, da nur diese Prüfung sicherstellen kann, dass die Verhältnismäßigkeit bezogen auf die Lebenssituation des betroffenen Ausländers gewahrt bleibt.

§§§


10.118 Betretenserlaubnis
 
  • VG Saarl, U, 27.05.10, - 10_K_266/09 -

  • EsG

  • AufenthG_§_11 Abs.1 S.3; GG_Art.6; EMRK_§_8 Abs.1; StPO_§_456a Abs.2

  • Nachträgliche Befristung der Wirkungen von Ausweisung und Abschiebung; ausländerrechtliche Betretenserlaubnis

 

1) Eine Ausnahme von der Regelbefristung nach § 11 Abs.1 S.3 AufenthG kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die von der Ausländerbehörde zu stellende Prognose ergibt, dass der Ausweisungszweck auch am Ende einer dem Ausländer zu setzenden längeren Frist voraussichtlich nicht erreicht sein wird; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bei einer erneuten Einreise des Ausländers in das Bundesgebiet die offensichtliche Gefahr erneuter schwerwiegender Straffälligkeit besteht.

 

2) Sofern sicherheitsrechtliche Belange des Staates berührt sind, gebieten auch bei Existenz eines ehelichen Kindes deutscher Staatsangehörigkeit weder Art.6 Abs.1 und Abs.2 GG noch Art.8 Abs.1 EMRK generell eine Befristung der Ausweisung des ausländischen Elternteils, sondern lediglich - wie bei der Ausweisungsentscheidung selbst - eine Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

 

3) Eine Betretenserlaubnis nach § 11 Abs.2 S.1 AufenthG kommt nur für einen vorübergehenden, nicht jedoch für einen längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet in Betracht.

 

4) Die dem ausgewiesenen Ausländer drohende Nachholung der Vollstreckung einer Restfreiheitsstrafe gem § 456a Abs.2 StPO steht der Erteilung einer Betretenserlaubnis nach § 11 Abs.2 S.1 AufenthG entgegen.

§§§


10.119 Tschechische Fahrerlaubnis
 
  • VG Saarl, B, 27.05.10, - 10_L_231/10 -

  • EsG

  • VwGO_§_80 Abs.2 Nr.4, VwGO_§_80 Abs.3 S.1, VwGO_§_80 Abs.5; StVG_§_3 Abs.2; FeV_§_28 Abs.4; FeV_§_47 Abs.1 S.2; StVG_§_29; RL-2006/126EG_Art.11 Abs.4, RL-2006/126EG_Art.18 S.2, RL-91/439EWG_Art.11 Abs.4 S.2

  • Berechtigung, von einer nach dem 19.01.2009 erteilten tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen

 

1) Art.11 Abs.4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG (3. EU-Führerscheinrichtlinie) ist bereits zum 19.01.2009 in Kraft getreten und damit auch auf die seit diesem Zeitpunkt erteilten EU-Fahrerlaubnisse anwendbar.

 

2) Es bestehen gewichtige Zweifel daran, ob die in Art.11 Abs.4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG verbindlich festgeschriebene Nichtanerkennung von Führerscheinen, die trotz vorangegangener Entziehung der Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellt werden, als eng auszulegende Ausnahme vom allgemeinen Anerkennungsgrundsatz des Art.2 Abs.1 der Richtlinie 2006/126/EG angesehen werden kann; bis zu einer ausdrücklichen Entscheidung des EUGH über Anwendung und Auslegung von Art.11 Abs.4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG kann daher nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die restriktive Rechtsprechung des EUGH zu der Vorgängerbestimmung des Art.8 Abs.4 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG auf Art.11 Abs.4 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG übertragbar ist.

 

3) Rechtsbehelfe gegen die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins gemäß § 3 Abs.2 Satz 2 StVG iVm § 47 Abs.2 Satz 1 FeV haben ungeachtet der Regelung in § 47 Abs.1 Satz 2 FeV, die eine Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins auch dann vorsieht, wenn die Entscheidung angefochten wurde, die Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat, aufschiebende Wirkung.

§§§


10.120 Baugenehmigung
 
  • OVG Saarl, B, 27.05.10, - 2_B_95/10 -

  • EsG

  • VwGO_§_80 Abs.5, VwGO_§_80a Abs.1 Nr.2, VwGO_§_80a Abs.3, VwGO_§_146; (04) LBO_§_8, LBO_§_7, LBO_§_2 Abs.3, LBO_§_60, LBO_§_64 Abs.1, LBO_§_65 LBO_§_74 Abs.4 Abs.1, LBO_§_71, ; BauGB_§_212a; BauGB_§_34 Abs.1 S.1; BauNVO_§_15

  • Aussetzungsantrag des Nachbarn gegen Baugenehmigung

 

1) In baurechtlichen Antragsverfahren nach den §§ 80a Abs.1 Nr.2 und Abs.3, 80 Abs.5 Satz 1 VwGO ist Entscheidungskriterium für die Verwaltungsgerichte die mit den Erkenntnismöglichkeiten des Eilverfahrens zu prognostizierende Erfolgsaussicht des in der Hauptsache eingelegten Nachbarrechtsbehelfs gegen die nach § 212a BauGB sofort vollziehbare Baugenehmigung. Maßgebend ist daher nicht die objektive (umfassende) Zulässigkeit des bekämpften Bauvorhabens, sondern allein die Frage des Vorliegens einer für den Erfolg des Nachbarwiderspruchs oder gegebenenfalls einer anschließenden Anfechtungsklage unabdingbaren Verletzung dem Schutz des Nachbarn dienender Vorschriften des öffentlichen Rechts durch die Baugenehmigung (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO). Lassen sich die Erfolgsaussichten im Aussetzungsverfahren nicht abschließend positiv beurteilen, so ist für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung nur Raum, wenn die überschlägige Rechtskontrolle zumindest gewichtige Zweifel an der nachbarrechtlichen Unbedenklichkeit der angefochtenen Genehmigung ergibt.

 

2) Die Anzahl der Wohnungen in Gebäuden ist kein Kriterium des "Einfügens" im Verständnis des § 34 Abs.1 Satz 1 BauGB und kann daher auch im Rahmen des darin enthaltenen Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme keine Bedeutung erlangen.

 

3) Da der Nachbar nach geltendem Recht in einem von ihm eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahrens gegen eine Baugenehmigung keine vollumfängliche rechtliche Überprüfung des Bauvorhabens verlangen kann, ist von einer Verletzung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme nur auszugehen, wenn die Auswirkungen des genehmigten Vorhabens im Rahmen einer an den Kriterien wechselseitiger Zumutbarkeit orientierten Bewertung seiner Auswirkungen bezogen auf den sich konkret dagegen wendenden Nachbarn als schlechthin unzumutbar und damit rücksichtslos angesehen werden können. Auch in dem Rahmen können von der Nachbarrechtsposition unabhängige Rechtsverstöße allenfalls eine sehr eingeschränkte Bedeutung erlangen; ansonsten würde dem privaten Nachbarn entgegen der auf die Gewährung von Individualrechtsschutz angelegten Prozessrechtsordnung mittelbar eine Berufung auf die objektive Rechtslage, speziell in städtebaulicher Hinsicht, zugestanden.

 

4) Ob das bekämpfte Bauvorhaben anderen Nachbarn gegenüber als rücksichtslos eingestuft werden kann, ist bei der Bewertung der Erfolgsaussichten eines Nachbarrechtsbehelfs ebenfalls nicht entscheidend.

 

5) In unbeplanten Innerortslagen kann der Nachbar unter Rücksichtnahmeaspekten keinen Erhalt "unverbauter Aussicht" mit entsprechenden Einschränkungen in der baulichen Ausnutzbarkeit anderer Grundstücke beanspruchen.

 

6) Das Ausmaß des den Nachbarn unter dem Aspekt ausreichender Belichtung, Besonnung und Belüftung des eigenen Grundstücks unter Rücksichtnahmegesichtspunkten Zumutbaren wird im Regelfall durch die landesrechtlichen Vorschriften über die Abstandsflächen konkretisiert (§§ 7, 8 LBO 2004).

 

7) Eine Verletzung von Nachbarrechten kann sich von vorneherein nur aus einer Nichtbeachtung nachbarschützender Anforderungen des materiellen Rechts, nicht hingegen aus verfahrensrechtlichen Vorgaben ergeben. Daher ist insoweit nicht von Bedeutung, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben etwa hinsichtlich der Gebäudeklasse (§ 2 Abs.3 LBO 2004, GK 4) zutreffend beurteilt und entsprechend verfahrensrechtlich nach den §§ 60 ff, 64 Abs.1, 65 Abs.1 LBO 2004 richtig eingeordnet hat, beziehungsweise ob im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens eine ausreichende Beteiligung Dritter, insbesondere der Nachbarschaft (§ 71 LBO 2004), erfolgt ist.

 

8) Für die Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung ist nicht relevant, wer zivilrechtlich Eigentümer des zur Bebauung ausersehenen Grundstücks ist (§ 73 Abs.4 LBO 2004).

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