2010   (3)  
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10.061 Integrationsleistung
 
  • VG Saarl, B, 12.03.10, - 10_L_1971/09 -

  • = EsG

  • AufenthG_§_31 Abs.2 S.1; EMRK_Art.8 Abs.1

  • Frage der Integrationsleistung eines Ausländers nach kurzer Ehedauer

 

Die Aufnahme einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit

 

(hier: Gaststätte) vor weniger als zwei Jahren, von deren Erlösen der Ausländer seit etwa einem Dreiviertel-Jahr seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, begründet weder eine besondere Härte im Sinne von § 31 Abs.2 Satz 1 AufenthG, so dass von der Voraussetzung des zweijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet abzusehen wäre, noch liegt in diesem Falle eine abgeschlossene Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse nach Maßgabe der zu Art.8 Abs.1 EMRK entwickelten Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte zum Erwerb einer schützenswerten Rechtsposition als sog. faktischer Inländer vor.

§§§


10.062 Prozesskostenhilfe
 
  • OVG Saarl, B, 12.03.10, - 3_D_44/10 -

  • = EsG

  • VwGO_§_87a Abs.1, VwGO_§_87a Abs.3,

  • Zuständigkeit für die Entscheidung über eine Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe nach Erledigung der Hauptsache

 

Die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe hat nach Eintritt der Erledigung der Hauptsache entsprechend § 87a Abs.1 Nr.3 und Abs.3 VwGO der Berichterstatter zu treffen. Dies gilt auch bei einer bereits in der ersten Instanz eingetretenen Erledigung der Hauptsache.

§§§


10.063 Kommunalverfassungsstreit
 
  • VG Saarl, B, 15.03.10, - 11_K_759/09 -

  • = EsG

  • ZPO_§_116; VwGO_§_106 S.2; KSVG_§_28 Abs.1. KSVG_§_37 Abs.1 S.2

  • Kostentragungspflicht der Gemeinde beim Kommunalverfassungsstreit

 

1) Zur Kostentragungspflicht der Gemeinde beim Kommunalverfassungsstreit.

 

LB 2) Wird eine Anfrage gemäß § 37 Abs.1 S.2 vom Bürgermeister nur teilweise beantwortet, so ist sein Auskunftsanspruch nicht voll erfüllt und er kann im Kommunalverfassungsstreit weiterverfolgt werden.

 

LB 3) Nach der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl erstmalig OVG des Saarlandes, Urteil vom 06.12.1978, Az III R 123/78, SKZ 1979, S.44 ff und später Beschluss vom 05.10.1981, Az III R 87/80, NVwZ 1982, 140), ist grundsätzlich von einer Kostentragungspflicht der Gemeinde beim Kommunalverfassungsstreit auszugehen und zwar auch dann, wenn nicht ein Organ, sondern ein Organteil oder ein einzelner Organwalter den Rechtsstreit führt.

 

LB 4) Eine Grenze ist allerdings insoweit zu ziehen, als eine Erstattungspflicht nur dann besteht, wenn die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens geboten, dh nicht mutwillig aus sachfremden Gründen oder dergleichen erfolgt ist. Als mutwillig ist dabei die Klage beispielsweise dann anzusehen, wenn - in Anlehnung an § 114 ZPO - eine verständige Partei, die die Kosten selbst tragen müsste, von einem Prozess absehen würde oder wenn auf eine Vorklärung der Streitfrage im Kommunalbereich, etwa durch Einschaltung der Kommunalaufsicht grundlos verzichtet worden ist oder wenn an der Klärung der Streitfrage zwar ein allgemeines Interesse besteht, die Frage aber im konkreten Sachzusammenhang ohne Bedeutung ist.

 

LB 5) Ist ein Klage begründet, hinderte das das Gericht auch daran, ein von den Prozessparteien gewünschtes gerichtliches "Vergleichsangebot" zu machen wonach die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden.

 

LB 6) Zwar kann nach § 106 S.2 VwGO ein gerichtlicher Vergleich auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts schriftlich gegenüber dem Gericht annehmen. Einen solchen Vorschlag kann das Gericht jedoch dann nicht unterbreiten, wenn da er dazu führt, dass dem Kläger Kosten auferlegt würden, die er nach der eindeutigen Rechtslage nicht zu tragen hat.

 

LB 7) Ein außergerichtlich geschlossene Vergleich führte weder zur Beendigung des Rechtsstreits noch bindet er das Gericht hinsichtlich der Kostenentscheidung.

§§§


10.064 Abbruch des Auswahlverfahrens
 
  • VG Saarl, B, 17.03.10, - 2_L_2161/09 -

  • = EsG

  • GG_Art.33 Abs.2; VwGO_§_123 Abs.1 S.1;

  • Dienstpostenkonkurrenz / Abbruch des Auswahlverfahrens aus sachlichem Anspruch auf aGrund / amtsangemessene Beschäftigung

 

1) Der Bewerbungsverfahrensanspruch eines Dienstpostenbewerbers erlischt, wenn das Auswahlverfahren durch den Dienstherrn aus sachlichem Grund abgebrochen wird.

 

2) Aus dem Recht eines Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung folgt kein Anspruch auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens.

§§§


10.065 Wertstoffcontainer
 
  • VG Saarl, U, 17.03.10, - 5_K_1439/09 -

  • = EsG

  • BGB_§_1004, BGB_§_906; BImSchG_§_3 Abs.5 Nr.1, BImSchG_§_22 Abs.1; BauNVO_§_14 Abs.1, BauNVO_§_15 Abs.1

  • Kein Anspruch auf Beseitigung von Wertstoffcontainern

 

1) Wertstoffcontainer sind als untergeordnete Nebenanlagen bauplanungsrechtlich in allen Baugebieten grundsätzlich zulässig.

 

2) Die vom Betrieb einer Wertstoffsammelstelle ausgehenden Immissionen verursachen nur in Ausnahmefällen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 22 Abs.1 BImSchG.

 

3) Die Auswahl des Standortes von Wertstoffcontainern dient nicht dem Schutz der Anwohner vor Immissionen, vielmehr der abfallwirtschaftlichen Zielsetzung der Wiederverwertung von Verpackungsabfällen.

§§§


10.066 Anrechenbare Belastung
 
  • OVG Saarl, B, 22.03.10, - 3_D_9/10 -

  • = EsG

  • SGB_VIII_§_93 Abs.2, SGB_VIII_§_93 Abs.3

  • Einkommen und anrechenbare Belastungen bei der Festsetzung eines Kostenbeitrags nach §§ 91 ff SGB 8

 

1) Kosten für Wasserbelieferung und Abwasserbeseitigung , für Grundbesitzerabgaben und Heizkosten zählen zu den Unterkunftskosten. Diese Kosten sind in die Beiträge der Kostenbeitragstabelle bereits eingearbeitet und können deshalb im Rahmen der Abzugskosten nach § 93 Abs.2 und 3 SGB VIII keine Berücksichtigung finden.

 

2) Schuldverpflichtungen für den Erwerb eines selbst bewohnten Eigenheims können zwar grundsätzlich nach § 93 Abs.2 und 3 SGB VIII Berücksichtung finden. Dies gilt jedoch nur, wenn und soweit zugleich eine Anrechnung des entsprechenden Wohnwertes erfolgt.

 

3) Ob und wie die - mögliche - alleinige Nutzung eines selbst bewohnten Eigenheims tatsächlich konkret ausgeübt wird, spielt keine Rolle bei der gebotenen Berücksichtigung des Wohnwertes der Immobilie.

§§§


10.067 Verwendungszulage I
 
  • VG Saarl, U, 23.03.10, - 3_K_236/09 -

  • = EsG

  • (aF) BBesG_§_46 Abs.1 S.2

  • Frage der Verwendungszulage nach Dienstpostenbewertung

 

Die Regelung des § 46 Abs.1 Satz 2 BBesG aF setzt eine statusrechtliche Regelung des Landesgesetzgebers voraus, d.h. sie kann Wirkungen nur entfalten, wenn und soweit eine derartige landesgesetzliche Regelung vorhanden ist.

* * *

T-10-01Zum Amtsbegriff iSd § 46 Abs.1 S.2 BBesG
  
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Verwendungszulage, weil die Voraussetzungen des § 46 Abs.1 Satz 2 BBesG aF für die Gewährung dieser Zulage im Falle des Klägers nicht vorliegen.

Abzustellen ist dabei zunächst auf den Wortlaut der Vorschrift, die ausdrücklich voraussetzt, dass dem Beamten auf Grund besonderer landesrechtlicher Rechtsvorschrift ein höherwertiges Amt mit zeitlicher Begrenzung übertragen ist. Anders als § 46 Abs.1 Satz 1 BBesG setzt Satz 2 der Vorschrift aF nicht nur die Übertragung der Aufgaben eines höherwertigen Amtes, sondern die Übertragung des höherwertigen Amtes selbst - allerdings mit zeitlicher Befristung - voraus.

Der Amtsbegriff des § 46 Abs.1 Satz 2 BBesG aF ist in das System des Beamtenrechts schwer einzuordnen (vgl. Schwegmann/Summer, Kommentar zum Bundesbesoldungsgesetz, Buchwald 144. AL, § 46 Rn.5). Einigkeit besteht darüber, dass unter Amt iS des Absatzes 1 Satz 2 nicht das Amt im statusrechtlichen Sinne verstanden werden kann. Ämter im statusrechtlichen Sinne sind von ihrer Struktur her auf Dauer angelegt. Auf der anderen Seite kann aber unter Amt iS des Absatzes 1 Satz 2 nicht allein das Amt im konkret-funktionellen Sinne oder im abstrakt-funktionellen Sinne verstanden werden, da der Amtsbegriff des Absatzes 1 Satz 2 in Beziehung auch zum Absatz 2 gesehen werden muss. Einem Amt im konkret-funktionellen Sinne oder im abstrakt-funktionellen Sinn ist aber unmittelbar kein Grundgehalt zugeordnet. Hinzu kommt folgende Überlegung: Das Amt im konkret-funktionellen Sinne hat - von Einzelämtern abgesehen - keine Stabilität. Unter Einzelamt verstehen die Verfasser ein in der Amtsbezeichnung funktionsbezogen bestimmtes Amt (zB Präsident des Statistischen Bundesamts). Es gibt kein "Recht am Amt". Das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne hat nur Stabilität, wenn und soweit der Inhalt dieses Amts normativ festgelegt ist. Die Ämter mit normativer Ämterbewertung sind trotz des Programms des § 18 nur für eine verhältnismäßig geringe Zahl von Beamten eingerichtet. Weit überwiegend bedarf die Bestimmung des Inhalts des Amts im abstrakt-funktionellen Sinn der Ausfüllung durch eine nichtnormative Ämterbewertung. Diese ist aber ein schlichter Organisationsakt und kann daher auch allein keine Rechtsstellung hinsichtlich des Bestands begründen. Fehlt es an der normativen Festlegung, kann es inhaltlich im Rahmen des Organisationsermessens jederzeit verändert werden.

Dem Amt im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 ist aber - vom Zweck der Regelung her gesehen - befristete Stabilität eigen. Es soll sich nämlich vom Amt im statusrechtlichen Sinn nur durch die Befristung unterscheiden. Für eine jederzeit widerruflich gestaltete Übertragung höherwertiger Aufgaben ist § 46 Absatz 1 Satz 2 nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung nicht anwendbar. Damit ist das Amt im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 ein "Mehr" gegenüber dem Amt im konkret-funktionellen Sinne und ein "Weniger" gegenüber dem Amt im statusrechtlichen Sinne. Das Amt im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 ist daher eine im Verhältnis zu diesen angeführten Rechtsstellungen eigenständige Rechtsstellung. Man bezeichnet die Rechtsstellung zweckmäßig als Amt im Sinne des § 46 Absatz 1 Satz 2 (vgl Buchwald, aaO).

Dieses Amt im Sinne des § 46 Absatz 1 Satz 2 steht zur Ermittlung der Rechtsstellung immer in einem Bezug zu dem Amt im statusrechtlichen Sinne, das der Beamte auch in den Fällen einer befristeten Übertragung einer höherwertigen Funktion iS des § 46 Absatz 1 Satz 2 behält. Dieses Amt im statusrechtlichen Sinne wird auch zweckmäßig als Basisamt bezeichnet. Zur Abgrenzung vom Basisamt kann man dann das Amt im Sinne des § 46 Absatz 1 Satz 2 als Verwendungsamt bezeichnen (vgl Buchwald, aaO Rn 6).

Ein solches Verwendungsamt im Sinne des § 46 Absatz 1 Satz 2 BBesG a.F. hat der Kläger hier eindeutig nicht inne. Er übt lediglich eine, inzwischen durch die Dienstpostenbewertung vom 30.03.2005 höher bewertete, Tätigkeit aus. Er übt also kein höherwertiges Amt aus, dem eine befristete Stabilität eigen wäre und das sich vom Amt im statusrechtlichen Sinn nur durch die Befristung unterschiede.

Vor allem setzt die Regelung des § 46 Absatz 1 Satz 2 BBesG aF eine statusrechtliche Regelung des Landesgesetzgebers voraus, dh sie kann Wirkungen nur entfalten, wenn und soweit eine derartige landesgesetzliche Regelung vorhanden ist. Die statusrechtliche Regelung muss dabei einen dreifachen Inhalt haben: Sie muss einmal die Aufgabe beschreiben, die befristet wahrzunehmen ist. Sie muss ferner die Frist bestimmen, für die die Aufgabe übertragen wird, und sie muss das Amt im statusrechtlichen Sinne benennen, das der befristet zu übertragenden Aufgabe zugeordnet ist, um die Rechtsstellung nach Absatz 1 Satz 2 bestimmen zu können (vgl Buchwald, aaO Rn 5).

Zutreffend hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass es im Saarland eine solche gesetzliche Regelung nicht gibt bzw. gab und weder die Dienstpostenbewertung als solche noch die konkrete Bewertung des Dienstpostens des Klägers die erforderliche gesetzliche Regelung ersetzen können.

Derzeit existieren entsprechende statusrechtliche Regelungen iS des § 46 Absatz 1 Satz 2 BBesG aF, die die Rechtsfolge der Zulagengewährung auslösen, nur in Bayern (Vorbemerkung Nr. 10 vor BayBesO; Ämter des Präsidenten der Beamtenfachhochschule BesGr B 3 und des Direktors bei der Beamtenfachhochschule BesGr A 16 mit Amtszulage), in Berlin (Vorbemerkung Nr.5 vor LBesO (Ämter für die Krankenhausleitung und zwar Ärztlicher Leiter BesGr A 16 und Krankenpflegeleiter BesGrn A 12 und A 11) sowie in Hamburg (Vorbemerkung Nr. 6 vor LBesO (Ämter des Ärztlichen Leiters in BesGrn B 2 und A 16); vgl Buchwald, aaO Rn 4.

Eine analoge Auslegung der Vorschrift im Sinne einer Erweiterung ihres Anwendungsbereichs auf den Fall einer dauerhaften Übertragung höherwertiger Aufgaben ist mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und damit auch mit dem Gesetzesvorbehalt der §§ 2, 51 BBesG nicht vereinbar und nach Auffassung der Kammer auch verfassungsrechtlich nicht geboten.

Beamtenrechtliche Besoldungsleistungen unterliegen - wie schon unter der Geltung des Art.129 WRV - dem durch Art.33 Abs.5 GG verfassungsrechtlich verbürgten Vorbehalt des Gesetzes. Dementsprechend bestimmt § 2 Abs.1 BBesG, dass die Besoldung der Beamten, Richter und Soldaten durch Gesetz geregelt wird. Besoldungsansprüche können daher grundsätzlich nicht auf eine analoge Anwendung besoldungsrechtlicher Vorschriften gestützt werden. Von diesem Grundsatz kann nur ausnahmsweise abgewichen werden. Nur bei einer planwidrigen sachlichen Lücke im Beamtenbesoldungsrecht kann eine dem Willen des Gesetzgebers folgende entsprechende Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen in Betracht kommen (vgl BVerwG, Beschl v 19.12.2007 - 2 B 35/07 - juris; Beschl. v 24.9.2008 - 2 B 117/07 - juris; Urt. v 28.12.1971, E 39, 221, 228). Mit der Einführung einer Regelung für die Besoldung bei der Wahrnehmung der Aufgaben höherwertiger Dienstposten durch §§ 45, 46 BBesG mit Wirkung vom 01.07.1997 ist jedoch eine Regelungslücke nicht erkennbar. Die Vorschriften sehen unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Gewährung einer Zulage vor. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor (vgl auch Urteil der Kammer vom heutigen Tage im Verfahren 3_K_544/09 ).

Gegen eine ausweitende Auslegung des § 46 Absatz 1 Satz 2 BBesG aF über den Gesetzestext hinaus sprechen auch die erheblichen verfassungsrechtlichen Zweifel an der Vorschrift selbst, die im Hinblick auf Art.33 Absatz 5 GG bestehen, weil die nur befristete Übertragung höherer Ämter grundsätzlich der Beamtenrechtstradition widerspricht. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Verfassungsfrage bisher nicht zu entscheiden, hat jedoch in seiner Entscheidung vom 03.07.1985 - 2 BvL 16/82 - (BVerfGE 70, 251/266 ff.), in der die Vereinbarkeit einer Statusregelung i. S. des § 46 mit einfachem Bundesrecht zu prüfen war, die verfassungsrechtlichen Zweifel in der Entscheidungsbegründung sehr deutlich angesprochen und auf die durch den Ausnahmecharakter der Vorschrift bedingte restriktive Anwendbarkeit hingewiesen. Die auf Dauer angelegte Entkoppelung von Status und Funktion ist nach diesem "obiter dictum" des Bundesverfassungsgerichts mit Art.33 Absatz 5 GG nicht vereinbar. Diese Meinung wird von einem erheblichen Teil des Schrifttums geteilt. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof sieht in der Übertragung von Ämtern mit leitender Funktion auf Zeit ebenfalls einen Verstoß gegen das Prinzip der Übertragung eines Amtes auf Lebenszeit. Hintergrund der verfassungsrechtlichen Bedenken ist die Befürchtung, dass die Instabilisierung von Führungspositionen - gleichgültig in welcher Rechtsform - unter dem Etikett der Leistungsmotivation letztlich unter Machtgesichtspunkten und zur Schaffung von mehr Willfährigkeit auf der Beamtenseite verfolgt wird (vgl Buchwald aaO 137. AL Rn 21).

Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 03.07.1985 - 2 BvL 16/82 - (BVerfGE_70,251 /266 ff) ergeben jedenfalls einen äußerst restriktiven Anwendungsbereich des § 46 Abs.1 Satz 2 BBesG aF.

Für die vom Kläger begehrte Zulagengewährung gibt es damit keine Rechtsgrundlage.

Auszug aus VG Saarl U, 23.03.10, - 3_K_236/09 -,

§§§


10.068 Verwendungszulage II
 
  • VG Saarl, U, 23.03.10, - 3_K_544/09 -

  • = EsG

  • (aF) BBesG_§_2, BBesG_§_46 Abs.1 S.1; VwGO_§_42 Abs.1

  • Voraussetzungen einer Verwendungszulage nach § 46 Abs.1 Satz 1 BBesG (Fassung bis 11.02.2009)

 

1) Die Zulagengewährung nach § 46 Abs.1 (Satz 1 aF) BBesG setzt ausdrücklich voraus, dass dem Beamten die Aufgaben eines höherwertigen Amtes "vorübergehend vertretungsweise" übertragen worden sind. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn einem Beamten, der die ihm übertragene Funktion seit bereits nahezu sieben Jahren ausübt, die Aufgaben ohne zeitliche Einschränkung und nicht lediglich bis zur Besetzung einer dem Dienstposten zugeordneten vakanten Planstelle übertragen wurden.

 

2) Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift ("vorübergehend vertretungsweise") erlaubt -insbesondere vor dem Hintergrund des strengen besoldungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt des § 2 BBesG -keine Auslegung des Inhalts, dass eine Zulage auch (bzw erst recht) im Falle einer dauerhaften Aufgabenübertragung zu gewähren wäre. Eine Analogie dieses Inhalts ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten.

§§§


10.069 Ehegatte eines Spätaussiedlers
 
  • OVG Saarl, B, 24.03.10, - 1_D_43/10 -

  • = EsG

  • (aF) BVFG_§_100b Abs.1. BVFG_§_4 Abs.3

  • Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit / nichtdeutscher Ehegatte eines Spätaussiedlers / Ehedauer

 

Ein vor dem 1.1.2005 eingereister nichtdeutscher Ehegatte [ eines Spätaussiedlers kann die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 100b Abs.1 BVFG auf der Grundlage der bestehenden Ehe nur erwerben, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Verlassens der Aussiedlungsgebiete mindestens drei Jahre bestanden hat.

§§§


10.070 Neue vertragliche Grundlage
 
  • OVG Saarl, B, 26.03.10, - 1_A_458/09 -

  • = EsG

  • VwGO_§_124 Abs.2 Nr.1; BeamtVG_§_69c Abs.4 S.1, BeamtVG_§_53, BeamtVG_§_53a;

  • Beamtenversorgung / Andauern einer Tätigkeit oder Beschäftigung / Information von Versorgungsempfängern bei Rechtsänderung / Anforderungen an Vorliegen eines Negativ-Bescheids

 

Wird ein am 1.1.1999 bestehendes Beschäftigungsverhältnis - hier mit einer Tochtergesellschaft eines Konzerns als Arbeitgeber - vor Ablauf der Übergangsfrist des § 69 c Abs. 4 Satz 1 BeamtVG auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt, die sich neben der Übertragung neuer Funktionen (Vorstandstätigkeit) dadurch auszeichnet, dass eine andere Konzerntochter als Arbeitgeber auftritt, so ändert dies die rechtlichen Rahmenbedingungen dergestalt, dass die am 1.1.1999 ausgeübte Beschäftigung nicht mehr im Sinn der oben genannten Vorschrift andauert. Das ab Wirksamwerden der neuen vertraglichen Regelung erzielte Erwerbseinkommen unterliegt der Ruhensregelung auch dann, wenn das bisherige Tätigkeitsfeld neben der Erweiterung um die neue Funktion im Wesentlichen erhalten bleibt.

§§§


10.071 Aufenthaltserlaubnis
 
  • OVG Saarl, B, 26.03.10, - 2_A_333/09 -

  • = EsG

  • AufenthG_§_5 Abs.4 S.1, AufenthG_§_25 Abs.3, AufenthG_§_54 Nr.5, AufenthG_§_60 Abs.2 +5

  • Keine Aufenthaltserlaubnis bei Unterstützung einer Organisation, die den Terrorismus unterstützt

 

1) Ein Ausländer, bei dem Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs.2 und 5 AufenthG festgestellt sind, kann keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erhalten, wenn er die Voraussetzungen eines Versagungsgrunds nach §§ 5 Abs.4 S.1, 54 Nr.5 AufenthG erfüllt. Dies ist der Fall, wenn eine Stellungnahme des Landesamtes für Verfassungsschutzes schlüssig ergibt, dass er Vorstandsmitglied eines Vereins ist, der die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisation und somit den Terrorismus unterstützt, und er als Anmelder bzw. verantwortlicher Leiter einer Reihe einschlägiger Veranstaltungen auch dieses Vereins tätig geworden ist.

 

2) Eine Beendigung der Tätigkeit im Vorstand und ein Parteiaustritt, der weder begründet noch zweifelsfrei erfolgt ist, stellen keine Distanzierung von der eigenen Unterstützungstätigkeit und dem Terrorismus dar.

§§§


10.072 Erlöschen des Aufenthaltstitels
 
  • VG Saarl, B, 29.03.10, - 10_L_104/10 -

  • = EsG

  • AufenthG_§_51 Abs.1 Nr.6 +7; ARB_1/80_Art.7, ARB_1/80_Art.14; RL-2004/38/EG_Art.16 Abs.4

  • Erlöschen des Aufenthaltstitels infolge Ausreise, kurzzeitige Einreise und Wiedereinreise, Erlöschen des Aufenthaltsrechts aus Art.7 ARB 1/80

 

1) Der Anwendung der Erlöschenstatbestände der § 51 Abs.1 Nr.6 und Nr.7 AufenthG steht nicht entgegen, dass der zum Zwecke der Eheschließung mit einem im gemeinsamen Heimatland lebenden türkischen Staatsangehörigen aus dem Bundesgebiet ausgereiste Ausländer mehrfach kurzfristig nach Deutschland zurückkehrt und danach zur Verfolgung desselben Zwecks wie zuvor wieder ausreist.

 

2) Hat der (türkische) Ausländer ein Aufenthaltsrecht aus Art.7 ARB 1/80, findet allein Art.14 ARB 1/80 Anwendung, dessen Verständnis vom Ziel und Zweck des Art.7 ARB 1/80 her zu bestimmen ist.

 

3) Hat der nach Art.7 ARB 1/80 berechtigte (türkische) Ausländer ein Daueraufenthaltsrecht erworben, ist er einem daueraufenthaltsberechtigten Unionsbürger im Sinne des Art.16 Abs.4 Richtlinie 2004/38/EG gleichzustellen mit der Folge, dass nur eine zwei aufeinander folgende Jahre überschreitende Abwesenheit zum Verlust des Aufenthaltsrechts führt.

§§§


10.073 Kanalbaubeitragsanspruch
 
  • VG Saarl, E, 30.03.10, - 11_K_1760/08 -

  • = EsG

  • KAB_§_1, KSG_§_2, KAG_§_8

  • Kommunalabgabenrecht / Entstehung und Verjährung eines Kanalbaubeitragsanspruchs

 

Fortführung der langjährigen und umfassenden Rechtsprechung zur Frage der Entstehung und Verjährung eines Kanalbaubeitragsanspruchs nach dem saarländischen Kanalbaubeitragsrecht.

* * *

T-10-02Kalkulation eines Kanalbaubeitragssatzes
  
Für die Kalkulation eines Kanalbaubeitragssatzes stellt das Gesetz drei Methoden zur Verfügung: Der Aufwand kann zum einen nach den tatsächlichen Kosten ermittelt werden (§ 8 Abs.4 Satz 1 1.Alt. KAG); bei dieser Methode muss der Investitionsaufwand für die gesamte Kanalisationsanlage im Wege einer Globalberechnung ermittelt werden. Zweitens kann der Aufwand grundsätzlich nach Einheitssätzen ermittelt werden, die auf den üblicherweise durchschnittlich entstehenden Kosten gleichartiger Einrichtungen der Gemeinde beruhen müssen (§ 8 Abs.4 Satz 1 2.Alt KAG); mangels vergleichbarer Einrichtungen in der Gemeinde - es gibt pro Gemeinde nur eine Kanalisationsanlage - wird diese Methode jedoch regelmäßig ausscheiden (stdRspr; vgl. so ausdrücklich OVG des Saarlandes, Urteil vom 14.02.1991 - 1_R_618/88 -, S.13 des amtl Umdrucks - SKZ 1991,133 ff - unter Berufung auf seine Beschlüsse vom 03.06.1987 - ua 1_W_ 63/87 -, SKZ 1987,145). Speziell für die hier in Rede stehenden leitungsgebundenen Einrichtungen in der Gemeinde stellt der saarländische Gesetzgeber dann noch die Veranschlagungsmethode des § 8 Abs.4 Satz 4 KAG zur Verfügung ("Bei leitungsgebundenen Einrichtungen, die der Versorgung oder der Abwasserbeseitigung dienen, kann der durchschnittliche Aufwand für die gesamte Einrichtung veranschlagt und zugrunde gelegt werden.").

Entgegen der klägerischen Auffassung hat der Beklagte nicht auf die Aufwandsermittlung nach Einheitssätzen abgestellt, sondern auf die Veranschlagungsmethode. Diese ist vom OVG des Saarlandes als grundsätzlich zulässig angesehen worden (vgl Urteil vom 14.02.1991 - 1_R_618/88 -, SKZ 1991,133 ff.). Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, der sich die Kammer in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, umfasst die Veranschlagungsmethode voraussetzungsgemäß auch - nach Maßgabe der gemeindlichen Planung - die Einbeziehung von Zukunftsaufwand. Bei einer freien Auswahl einer kurzen Rechnungsperiode von etwa fünf bis zehn Jahren werde der Gemeinde damit objektiv die Möglichkeit eröffnet, kostenintensive Zukunftsvorhaben in den kurzfristigen Zukunftsanteil der gewählten Rechnungsperiode vorzuverlegen und so durch eine gerade nicht repräsentative Zeitraumbestimmung einen sehr hohen Beitragssatz zu ermitteln. Bei der Veranschlagung des durchschnittlichen Aufwandes ist also zu beachten, dass der Beitrag auch eine Beteiligung an den Kosten für bereits vorhandene, in der Vergangenheit mit einem geringeren Aufwand erstellte Anlagen darstellen muss. Das OVG des Saarlandes geht dabei von einem zugunsten der Beitragspflichtigen strengen Kontrollansatz hinsichtlich der Auswahl des Kalkulationszeitraums durch die Gemeinde aus (vgl auch OVG des Saarlandes, Urteil vom 26.10.1989 - 1_R_147/87 -). Ein systematischer Schätzfehler zu Lasten der Beitragspflichtigen bereits bei der Auswahl der Rechnungsperiode ist dabei objektiv erkennbar, wenn ein zukunftsbeherrschter Beitragssatz vorliegt (einen solchen - unzulässigen - zukunftsbeherrschten Beitragssatz hat das OVG des Saarlandes in einem Fall angenommen, in dem der Aufwand der Rechnungsperiode anteilig zu Lasten der Beitragspflichtigen 86 % Zukunftsaufwand enthielt, wobei es ohne abschließende Grenzziehung als ggf noch zulässig angesehen hat, wenn der Zukunftsaufwand in der Rechnungsperiode nicht mehr als das Doppelte des Vergangenheitsaufwandes beträgt, vgl Urteil vom 26.10.1989 - 1_R_147/87 - und Urteil vom 14.02.1991 - 1_R_618/88 -, a.a.O.). Maßgeblicher Zeitpunkt bei der Prüfung der Frage, ob ein "zukunftsbeherrschter" Beitragssatz vorliegt, ist das In-Kraft-Setzen der Satzung (vgl OVG des Saarlandes, Urteil vom 26.10.1989 - 1_R_147/87 - ". bezogen auf das In-Kraft-Treten der Satzung").

Dem dargelegten Kontrollmaßstab wird die Kalkulation der Stadt gerecht. Im Einzelnen ergibt sich ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Kanalbaubeitragskalkulation (Stand: 20.11.2001; vgl 16 der Gerichtsakte iVm Bl.1 - 7 der Verwaltungsakte "Kanalbaubeitrag Stadt, Berechnungsgrundlagen Kanalbaubeitrag"), dass innerhalb der ausgesuchten siebenjährigen Rechnungsperiode von 1998 bis 2004 insgesamt 7 abgeschlossene und 4 vorgesehene - seinerzeit also zukünftige - Kanalbaumaßnahmen in die Kalkulation einbezogen wurden; der gesamte Investitionsaufwand in der Rechnungsperiode von 5.717.926,93 DM erfasst dabei anteilig Vergangenheitsaufwand von 4.047.926,93 DM und Zukunftsaufwand von 1.670.000 DM. Dies bedeutet, dass der in jedem Fall zugunsten des Beitragspflichtigen zu beachtende Vergangenheitsaufwand innerhalb der Rechnungsperiode mit rund 71 %, der Zukunftsaufwand dagegen mit nur rund 29 % repräsentiert ist. Wirtschaftlich ist der Gesamtaufwand der Vergangenheit daher mit erheblichem Gewicht repräsentiert, mit der Konsequenz, dass von einem systematischen Schätzfehler im Sinne eines überhöhten Zukunftsaufwandes eindeutig nicht gesprochen werden kann.

Keinen Rechtsfehler bedeutet es im Übrigen, dass der Beklagte über einen siebenjährigen Zeitraum 11 Kanalbaumaßnahmen herangezogen hat. Damit wird ein hinreichender Wirklichkeitsbezug zu dem zu schätzenden Gesamtaufwand hergestellt (vgl nur OVG des Saarlandes, Urteil vom 14.02.1991 - 1_R_618/88 -, aaO, wo über einen sechsjährigen Zeitraum 14 Kanalbaumaßnahmen bewertet wurden sowie dort der Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 27.02.1987, KStZ 1987, 90, 91, wo ein einziger Straßenzug als repräsentativ angesehen wurde sowie auf OVG Münster, das eine Auswahl von nur drei Straßenkanälen als repräsentative Schätzungsgrundlage genügen lässt, Urteil vom 29.06.1987, OVGE 39,126, 129).

Von dem so - ohne systematischen Schätzfehler zum Nachteil der Beitragspflichtigen - errechneten Gesamtaufwand von 5.717.926,93 DM im Kalkulationszeitraum hat der Beklagte nach Abzug des nach § 8 Abs.6 Satz 2 KAG zu beurteilenden Gemeindeanteils von 34,59 % den verbleibenden Aufwand der Grundstücksentwässerung von 4.829.447,03 DM durch die dadurch erschlossenen 373.374,03 qm modifizierte Grundstücksfläche (vgl. zu deren Berechnung Bl. 16 der Gerichtsakte i.V.m. Bl. 44 - 62 der Verwaltungsakte "Kanalbaubeitrag Stadt, Berechnungsgrundlagen Kanalbaubeitrag") geteilt, wobei das rechnerische Ergebnis von 6,61 EUR abgerundet zu dem Beitragssatz für einen Vollanschluss von 6,60 EUR (und 3,50 EUR für einen Regenwasserkanalanschluss -52,72 %- sowie 3,10 EUR für einen Schmutzwasserkanalanschluss -47,28 %-) führte, die so in § 4 der KBS festgesetzt sind. Diese in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Berechnungen sind nicht zu beanstanden, zumal die Klägerin außer der unzutreffenden Behauptung, es sei nach Einheitssätzen abgerechnet worden, keine weiteren Argumente vorträgt.

Aufgrund der nach alldem rechtsgültigen Satzungsbestimmungen ist für die Grundstücke des Klägers eine Kanalbaubeitragspflicht entstanden. Dies steht zwischen den Beteiligten außer Streit und ist nach der Aktenlage auch nicht zweifelhaft.

Unerheblich ist, dass die Anschlussleitungen in der Straße bereits viele Jahre vor Erlass der Satzung vom 28.11.2001, nämlich in den 50er Jahren, hergestellt wurden. Dass in solchen Fällen keine Kanalbaubeiträge zu zahlen wären, kann der Satzung vom 28.11.2001 nicht entnommen werden. Im Gegenteil erfasst diese Satzung, da es sich um die erste gültige Kanalbaubeitragssatzung für das Gebiet der Stadt handelt (vgl hierzu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 28.05.2001 - 1_N_1/98 -), auch alle bisher ungeregelt gebliebenen "Altfälle"

    (vgl die Verwaltungsvorlage für die Sitzung des Stadtrates der Stadt vom 20.11.2001, Bl.12 der Verwaltungsakte "Kanalbaubeitrag Stadt", wo ausgeführt wird: "In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass durch die Nichtigerklärung der alten Satzung und durch das In-Kraft-Treten der vorliegenden Satzung auch die Beitragspflicht für alle in der Stadt noch nicht veranlagten Grundstücke (Baulücken) im nicht geplanten Innenbereich entstehen wird. Insgesamt sind dies ca 209 Grundstücke ." und die Begründung des streitgegenständlichen Kanalbaubeitragsbescheides vom 21.12.2006, wo es auf Seite 2 des amtl Umdrucks heißt: "Aufgrund dessen ist die Stadt verpflichtet ., alle in der Stadt noch nicht veranlagten Grundstücke, auch die, die noch nicht bebaut sind (sog. Baulücken), zum Kanalbaubeitrag zu veranlagen."),

wobei darunter bereits vor Inkrafttreten der Satzung vom 28.11.2001 kanaltechnisch erschlossene und baulich oder gewerblich nutzbare Grundstücke verstanden werden (vgl OVG des Saarlandes, Beschluss vom 04.12.1995 - 1_W_16/95 - mwN aus der Rspr. des OVG). Insoweit liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art.3 Abs.1 GG vor. Es ist nämlich nicht zu beanstanden, dass der Satzungsgeber mit Blick auf die Heranziehung nach dem Gesichtspunkt der Bestandskraft differenziert, also als heranzuziehende "Altfälle" solche ansieht, die zuvor nach der nichtigen Kanalbaubeitragssatzung vom 15.06.1990 noch nicht bestandskräftig oder vertragsmäßig veranlagt wurden (so schon für das Saarbrücker Kanalbaubeitragsrecht OVG des Saarlandes, Urteil vom 14.02.1991 - 1_R_618/88 -, SKZ 1991, 133 ff).

Der Kläger stellt in diesem Zusammenhang und auch im Übrigen zur Begründung seines Anfechtungsbegehrens maßgeblich darauf ab, dass "der in Rede stehende Kanal, für den der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid einen Kanalbaubeitrag erheben will, mehr als 50 Jahre alt ist." (vgl Schriftsatz vom 18.01.2010, Bl.60, 61 der Gerichtsakte). Dieser Ansatz der klägerischen Argumentation ist indes nicht zutreffend. Ausgangspunkt des Verständnisses des Kanalbaubeitragsrechts ist, dass der betroffene Bürger den Beitrag nicht für den einzelnen Abwasserkanal leistet, denn dieser ist keine Einrichtung im Sinne des § 8 Abs.4 KAG, da er für sich genommen nicht funktionstüchtig ist. Im Kanalbaubeitragsrecht gilt vielmehr der Grundsatz der Einheit des Gesamtsystems (vgl. so schon OVG des Saarlandes, Beschluss vom 13.03.1984 - 3_W_1673/83 -, AS_19,33, 37; stdRspr.). Abzustellen ist daher auf das gesamte Entwässerungssystem im endgültigen Umfang (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 14.02.1991 - 1_R_618/88 -, SKZ 1991, 133 ff). Auch wenn sich die durchgeführte Kalkulation nach der Veranschlagungsmethode nur auf wenige Kanalbauprojekte bezieht, leistet der betroffene Bürger einen Kanalbaubeitrag im Rechtssinn nicht etwa für diese Projekte, sondern für das Kanalisationsnetz der Gemeinde im ganzen (so schon für das Saarbrücker Kanalbaubeitragsrecht OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 03.06.1987 - ua 1_W_63/87 -, SKZ 1987, 15), dessen endgültige Herstellung im Grunde genommen niemals sicher festgestellt werden kann und dessen endgültige Herstellung gemäß § 8 Abs.7 Satz 2 KAG für das Entstehen der n Kanalbaubeitragspflicht daher auch keine Rolle spielt. Vo daher ist dann auch belanglos, wann einzeln . Kanalisationsteile - Kanäle - fertiggestellt worden sind Die Beitragsforderung der Gemeinde ist mit Blick darauf nicht verjährt.

Die Festsetzung eines Kanalbaubeitrags nach § 8 KAG in Verbindung mit dem einschlägigen Ortsrecht - hier KBS - ist nach den §§ 12 Abs.1 Nr.4 lit.b KAG, 169 Abs.1 und 2, 170 Abs.1 AO nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist; die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre und beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragspflicht entstanden ist. Die Pflicht, einen Beitrag für die Herstellung der gemeindlichen Entwässerungseinrichtung zu zahlen, entsteht nach § 8 Abs.7 Satz 2 KAG, sobald das einzelne Grundstück an diese Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der Satzung.

Nach der gefestigten Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichtsbarkeit ( vgl nur OVG des Saarlandes, Beschluss vom 16.08.1991 - 1_W_52/91 -, S.10, 11 des amtl Umdrucks) kann im saarländischen Kanalbaubeitragsrecht ein Kanalbaubeitragsanspruch aber erst entstehen, wenn ua der Beitragssatz wirksam festgelegt ist. Einen Beitragsanspruch nur dem Grunde nach gibt es nämlich nicht. Eine sämtlichen notwendigen Anforderungen entsprechende und damit wirksame Satzung liegt für den Bereich der Stadt jedoch erst infolge der nunmehrigen Kanalbaubeitragssatzung vom 28.11.2001 vor. Die Fassung der Vorgängersatzung vom 15.06.1990 gestattete keine Beitragserhebung; sie wurde vom OVG des Saarlandes mit Beschluss vom 28.05.2001 - 1_N_1/98 - für nichtig erklärt. Auch die davor in Kraft gewesenen Kanalbaubeitragssatzungen gestatteten keine Beitragserhebung (vgl. nur OVG des Saarlandes, Beschluss vom 07.12.1995 - 1_W_50/92 -). Da der Beitragsanspruch daher erst mit dem Inkrafttreten der KBS vom 28.11.2001 am 01.01.2002 entstanden ist, war er bei Erlass des Kanalbaubeitragsbescheides am 21.12.2006 noch nicht verjährt.

Für das saarländische Kanalbaubeitragsrecht ist nicht der Auffassung des OVG NRW vom 18.05.1999 - 15_A_2880/96 - zu folgen. In der dortigen Entscheidung wurde unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des OVG NRW das Tatbestandsmerkmal "frühestens jedoch mit dem In-Kraft-Treten der Satzung" dahingehend ausgelegt, dass dann, wenn ein Anschluss möglich ist, die Beitragspflicht bereits in dem Zeitpunkt entsteht, in dem die Gemeinde eine Satzung in Kraft setzen will, die die Beitragspflicht entstehen lassen soll, so dass - sollte diese Satzung (wie hier) nichtig sein - eine für das Entstehen der Beitragspflicht erforderliche neue, wirksame Satzung Rückwirkung auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Setzens der ersten Satzung haben müsse

vgl. zuletzt nur OVG des Saarlandes, Beschluss vom 24.08.2007 - 1_A_49/07 - wo ausgeführt wird: "Der beschließende Senat hat zudem schon wiederholt entschieden, dass er, obwohl § 8 Abs.7 Satz 2 KAG Saarland mit der entsprechenden Vorschrift des nordrhein-westfälischen Landesrechts übereinstimmt, die vom OVG Münster im Urteil vom 18.05.1999 vorgenommene Norminterpretation für falsch hält."


Auszug aus VG Saarl E, 30.03.10, - 11_K_1760/08 -,, 

 

Auszug aus VG Saarl, E, 30.03.10, - 11_K_1760/08 -,, 

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T-10-03Zur Verwirkung von Kanalbaubeiträgen
  
Die Beitragspflicht ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht verwirkt.

Der aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitete Grundsatz der Verwirkung hat zwei tatbestandliche Voraussetzungen, die kumulativ gegeben sein müssen. Zum einen muss das Recht über längere Zeit nicht geltend gemacht worden sein, nachdem dies dem Rechtsinhaber möglich war (Zeitmoment) und zum anderen müssen besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment, vgl zu diesen Voraussetzungen nur Urteil der Kammer vom 24.11.1995 - 11_K_260/92 - mwN; stdRspr.). Da es wegen der fehlenden satzungsrechtlichen Grundlagen im Gebiet der Stadt bis zum Jahre 2002 an einem Recht, Kanalbaubeiträge zu erheben, gefehlt hat, konnte er nicht früher (nach Auffassung des Klägers in den 50er Jahren) gefordert werden, so dass es schon am "Zeitmoment" fehlt. Es fehlt auch daran, dass der Beklagte durch sein Verhalten dem Kläger gegenüber zum Ausdruck gebracht hat, dass er einen Kanalbaubeitrag nicht mehr erheben werde, wobei Letzteres durch ein positives Verhalten, etwa eine Verzichtshandlung oder eine entsprechende Auskunft, erfolgen muss (so ausdrücklich Urteil der Kammer vom 31.01.1992 -11 K 47/91- mwN; stdRspr.). Ein solches Umstandsmoment fehlt hier völlig.

An dieser rechtlichen Wertung ändert der Vortrag des Klägers, zum Zeitpunkt der Errichtung des streitgegenständlichen Kanals in der Straße habe es nach den damals geltenden ortsrechtlichen Regelungen keinen Kanalbaubeitrag gegeben, so dass zum einen niemals eine Verpflichtung zur Zahlung eines Kanalbaubeitrags existiert habe und zum anderen kein Eigentümer des an die Straße angrenzenden Grundstücks damit habe rechnen können, dass er einmal zu einem Kanalbaubeitrag herangezogen werden könnte, nichts.

Bei der Betrachtung der Beitragspflicht auf den einzelnen, in "seiner" Straße verlegten "streitgegenständlichen" Kanal abzustellen, widerspricht schon, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, dem Verständnis des saarländischen Kanalbaubeitragsrechts.

Im Übrigen zeigen gerade die alten ortsrechtlichen Regelungen, dass im Gebiet der heutigen Stadt schon seit den 50er Jahren jedenfalls eine (teilweise) Beteiligung am Aufwand für die gemeindliche Entwässerungsanlage vorgesehen war, so dass die Eigentümer mit einer entsprechenden Heranziehung zu einer einmaligen Kanalbauabgabe zu rechnen hatten.

Die Gebührenordnung über die Erhebung von Gebühren für den Anschluss der Grundstücke an die gemeindliche Entwässerungsanlage und die Benutzung dieser Anlage in der Gemeinde vom 07.12.1955 sah in §§ 1 S.1 Nr.1, 2 eine einmalige Anschlussgebühr für das Nehmen oder für das Behalten eines Anschlusses vor; diese Regelungen fanden sich auch in der Gebührenordnung der Gemeinde vom 09.11.1965. Eine einmalige Anschlussgebühr sahen auch die §§ 1 Satz 1 Nr.2, 2 der Ordnung über die Erhebung von Gebühren für den Anschluss der Grundstücke an die gemeindliche Entwässerungsanlage und die Benutzung dieser Anlage in der Gemeinde vom 24.01.1958 bzw. vom 01.10.1965 vor sowie § 2 der Gebührenordnung der Stadt vom 01.12.1976.

Der Kläger irrt, wenn er diesbezüglich meint, diese Regelungen einer Anschlussgebühr hätten nur den Anschluss der Grundstücke, nicht aber den eigentlichen Kanalbau umfasst. Dies zeigt ein Blick in die Historie des saarländischen Kanalbaubeitragsrechts, wie sie schon wiederholt in Entscheidungen der saarländischen Verwaltungsgerichtsbarkeit geschildert wurde (vgl. nur OVG des Saarlandes, Beschluss vom 13.03.1984 - 3_W_1673/83 -, AS_19,33; Beschluss vom 18.8.1993 - 1_R_26/91 -, SKZ 1994, 107 und Beschluss vom 04.12.1995 - 1_W_16/95 -; Urteile der Kammer vom 21.05.1999 - 11_K_171/96 - und vom 11.02.2000 - 11_K_213/98 -).

Ursprünglich - bis spätestens 31.12.1979 - wurde die Kanalbauabgabe im Saarland als Kanalanschlussgebühr auf der gesetzlichen Grundlage des § 4 Abs.1 preußKAG von 1893 erhoben. Gesetzliche Grundlage für die Erhebung der einmaligen Kanalanschlussgebühr nach preuß. Recht war § 4 KAG von 1893. Hiernach war die Kanalanschlussgebühr eine Benutzungsgebühr, stellte einen vorweggenommenen Aufschlag auf die laufende Benutzungsgebühr dar und wurde für die zukünftige Benutzung der gemeindlichen Abwasseranlage erhoben (vgl OVG Münster, Urteil vom 13.05.1970 -II A 1205/98 - in OVGE 25, 254 [255

Auszug aus VG Saarl E, 30.03.10, - 11_K_1760/08 -,, 

* * *

§§§


10.074 Sofortvollzug
 
  • VG Saarl, B, 31.03.10, - 10_L_201/10 -

  • = EsG

  • VwGO_§_58 Abs.2 S.1, VwGO_§_70 Abs.1 S.1, VwGO_§_80 Abs.5

  • Zur Begründung des Sofortvollzuges / Unrichtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung

 

1) Das Fehlen des Hinweises in der Rechtsbehelfsbelehrung darauf, dass der Widerspruch gem § 70 Abs.1 Satz 1 VwGO auch zur Niederschrift bei der Behörde erhoben werden kann, führt zu dessen Unrichtigkeit im Sinne von § 58 Abs.2 Satz 1 VwGO, ohne dass es darauf ankommt, ob dadurch im konkreten Einzelfall ein Irrtum hervorgerufen worden ist.

 

2) Die unzureichende Begründung einer Sofortvollzugsanordnung kann nach Stellung des Antrags nach § 80 Abs.5 VwGO nicht mehr geheilt werden.

 

3) Sie führt zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, ohne dass die Behörde gehindert wäre, eine Vollzugsanordnung erneut zu erlassen.

§§§


10.075 Halbweisengrundrente
 
  • VG Saarl, U, 31.03.10, - 11_K_471/08 -

  • = EsG

  • SGB_VIII_§_93 Abs.1 S.3; OEG_§_1 Abs.8; BVG_§_38, BVG_§_45, BVG_§_46, BVG_§_47

  • Kein Kostenerstattungsanspruch wegen Verletzung des Interessenwahrungsgrundsatzes

 

1) Die Halbwaisengrundrente nach OEG/BVG ist kein Einkommen im Sinne des SGB XII.

 

2) Die Halbwaisenrente stellt aber eine zweckidentische Leistung im Sinne des § 93 Abs.1 Satz 3 SGB VIII dar, die unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen ist und durch Leistungsbescheid vereinnahmt werden kann.

 

3) Verhindert der leistende Jugendhilfeträger nicht durch Vereinnahmung der zweckidentischen Leistung die Ansparung der Grundrente, stellt dies einen Verstoß gegen den Interessenwahrungsgrundsatz dar.

§§§


10.076 Wiedereinsetzung
 
  • VG Saarl, U, 31.03.10, - 11_K_700/08 -

  • = EsG

  • VwGO_§_60 Abs.3; SchFGAVO_§_1 Abs.3

 

LB 1) Zur materiellen Ausschlussfrist.

 

LB 2) Der Verlust von Briefsendungen im Bereich der Deutschen Post AG ist - wie allgemein bekannt - heutzutage weder unvorhersehbar noch ungewöhnlich (anormal) und daher bereits im Allgemeinen kein Fall höherer Gewalt mehr.

* * *

T-10-04Zur materiellen Ausschlussfrist
  
Denn bei der Frist des § 1 Abs.3 Satz 1 VO handelt es sich um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist (a), bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nur dann in Betracht käme, wenn diese durch höhere Gewalt verursacht worden wäre (Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 29.04.2009 - 3_D_453/08 -, juris, unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 06.07.2007 - 8 B 51/07 -, juris, und Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10.Aufl § 32 Rdnr. 6 mwN) , wovon vorliegend indes nicht ausgegangen werden kann (b).

a) Zwar ist wegen der einschneidenden Wirkungen des Ausschlusses eine hinreichend eindeutige Regelung zu verlangen und im Zweifel davon auszugehen, dass eine Frist keinen Ausschlusscharakter hat. Die vorliegend in Rede stehende Regelung ist jedoch weder zwei- oder mehrdeutig noch in sonstiger Weise zweifelhaft. Denn um eine absolut wirkende Ausschlussfrist handelt es sich aber immer dann, wenn "der Zweck der gesetzlichen Regelung mit der Fristbeachtung steht und fällt" oder wenn in einer Rechtsnorm vorgesehen ist, dass das materielle Recht im Falle einer Fristversäumung erlischt . (Kopp/Raumsauer, VwVfG, 10.Aufl, § 31 Rdnrn.11, mwN; Michler in Bader/Ronellenfitsch VwVfG, § 31 RN 22) Gerade Letzteres sieht § 2 Abs. 2 VO, den der Verordnungsgeber in Ausübung der gesetzlichen Ermächtigung (Zum Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung: Michler in Bader/Ronellenfitsch VwVfG, § 31 RN 18; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 29.04.2009 - 3 D 453/08 -, juris) aus § 7 Abs. 2 SchülerföG geschaffen hat, aber vor. (Vgl. auch VG Ansbach, Urteil vom 04.07.2006 - AN 2 K 05.00392 -, juris, zu einer entsprechenden Regelung in Bayern) Die Versäumung der Antragsfrist führt nach dieser Regelung eindeutig dazu, dass der Anspruch auf Fahrtkostenerstattung als solcher vernichtet wird, und nicht etwa dazu, dass der Kläger (nur) gehindert wäre, einen weiterhin bestehenden Anspruch geltend zu machen. Es handelt sich bei § 2 Abs. 2 VO damit um eine Regelung des materiellen Rechts, nicht um eine Verfahrensvorschrift. (Vgl BVerwG, Urteil vom 28.06.1965 - 8 C 334.63 -, E 21,261)

 

Auszug aus VG Saarl, U, 31.03.10, - 11_K_700/08 -,, 

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T-10-05Zur höheren Gewalt im Sinne des § 60 Abs.3
  
b) Der Ausschluss einer Wiedereinsetzungsmöglichkeit ergibt sich mithin allein daraus, dass bereits bei Fristversäumnis der materielle Anspruch erloschen ist, so dass für eine Wiedereinsetzung kein Raum mehr ist.

Der Kläger hat auch keinen im Verfassungsrecht begründeten Anspruch auf Nachsicht, weil die Versäumung der Antragsfrist nicht durch höhere Gewalt verursacht worden ist.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, der Begriff der höheren Gewalt in § 60 Abs.3 VwGO sei enger als der Begriff "ohne Verschulden" in § 60 Abs.1 VwGO. Er erfasse indes nicht nur Ereignisse, die menschlicher Steuerung völlig entzogen seien. Vielmehr entspreche er im Wesentlichen dem Begriff der "unabwendbaren Zufälle" in der bis zum 30.06.1977 geltenden Fassung des § 233 ZPO. Unter höherer Gewalt sei danach ein Ereignis zu verstehen, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des gegebenen Falls vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe - also unter Berücksichtigung seiner Lage, Erfahrung und Bildung - zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht habe abgewendet werden können. (BVerfG, Beschluss vom 19.10.2007 - 2 BvR 51/05 -, NJW 2008, 429 mwN) Der Verlust von Postsendungen wurde wiederholt unter diesen Begriff subsumiert. (Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25.11.2002 - 8 B 112/02 -, Buchholz 310 § 92 VwGO Nr.17 und juris, mwN) So hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 27/03 -, juris) den Verlust einer Briefsendung im Bereich der Deutschen Post AG im Jahr 1999 noch im Rechtssinne für unvorhersehbar und ungewöhnlich (anormal) gehalten und dabei die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Regelwidrigkeiten im Bereich der staatlichen Verwaltung auf die Universaldienstleistungen der Deutschen Post AG übertragen. (Urteil vom 18.März 1993 - Rs. C-50/92 - Molkerei-Zentrale Süd, Slg 1993, I-1053 )

Mit der fortschreitenden Liberalisierung des Postmarktes lässt sich diese Bewertung jedoch nicht mehr aufrecht erhalten. Die Deutsche Post AG nimmt wie ihre Konkurrenten am Wirtschaftsleben teil. Angesichts dessen und mit Blick auf den durch die Konkurrenz aufgetretenen Wirtschaftlichkeitsdruck ist es nicht mehr gerechtfertigt, der Deutschen Post AG hinsichtlich der Zuverlässigkeit einen ansonsten nur Behörden entgegengebrachten Vertrauensvorschuss zuzubilligen. Im Gegenteil ist der Verlust von Briefsendungen im Bereich der Deutschen Post AG - wie allgemein bekannt - heutzutage weder unvorhersehbar noch ungewöhnlich (anormal) und daher bereits im Allgemeinen kein Fall höherer Gewalt mehr.

Dies macht für den vorliegenden konkreten Fall gerade auch das Vorbringen des Klägers im Verwaltungsverfahren deutlich. Nach seinen eigenen Angaben im Widerspruchsschreiben vom 19.02.2008, jew Bl.5 der Beiakten, hatte er bereits zuvor mehr als einmal die Erfahrung gemacht, dass Postsendungen verloren gegangen waren. Damit kann unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auch deshalb kein Fall höherer Gewalt angenommen werden, weil der Kläger nicht die äußerste, nach Lage der Dinge aufgrund seiner eigenen Erfahrungen von ihm zu erwartende Sorgfalt angewandt hat. Zwar hat er unter Beweisantritt auch hinreichend substantiiert die Absendung des betreffenden Schriftstücks dargelegt. Zur Erfüllung der ihm obliegenden Sorgfaltsanforderungen hätte er aber den Zugang des Schreibens sicherstellen müssen. Diese Sorgfaltsanforderung war nach den gegebenen Umständen gerade wegen seiner negativen Erfahrungen zu stellen. Diese Umstände bestimmen die Sorgfaltsanforderungen mit, die zur Vermeidung einer Fristversäumnis zu beachten sind. Der Kläger hätte durch die Art der Versendung sicherstellen können und müssen, dass das Schriftstück seinen Adressaten erreicht und dies nachzuvollziehen ist. Ihm war bewusst, dass die Versendung durch einfachen Brief den Zugang beim Empfänger nicht ohne weiteres gewährleistet. Hätte er eine Versendungsart mit Zugangsnachweis - etwa Einschreiben mit Rückschein - gewählt, so wäre ein Zugang des Antrags bei der Behörde gewährleistet gewesen, jedenfalls der Verlust des Schriftstücks aber rechtzeitig bemerkt worden. (Vgl FG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2006 - 18 K 218/06 H -, BeckRS 2006, 26022633)

Auszug aus VG Saarl U, 31.03.10, - 11_K_700/08 -,, 

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§§§


10.077 Sozialleistungen
 
  • VG Saarl, U, 31.03.10, - 11_L_1483/08 -

  • = EsG

  • KSVG_§_143 Abs.1, KSVG_§_144; KFAG_§_18 ff; AGSGB_XII_§_1 Abs.1; AGAsylBlG_§_1 Abs.1;

  • Zuständigkeit der Landkreise für Sozialleistungen / Delegation auf Gemeinden / Rücknahme der Delegation

 

1) Sowohl die Leistungen der Sozialhilfe als auch die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind nach §§ 143 Abs.1, 144 KSVG Aufgaben der Landkreise, so dass keine Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinden betroffen sind, mit der Folge, dass die objektive Rechtsinstitutionsgarantie nicht tangiert ist.

 

2) Die durch Satzungen des Beklagten erfolgte Delegation bzw. Rückübertragung der Aufgaben der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes hinsichtlich einzelner Gemeinden ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

§§§


10.078 Bereitschaftsdienst von Feuerwehrbeamten
 
  • VG Saarl, U, 31.03.10, - 2_K_73/09 -

  • = EsG

  • BGB_§_242;

  • Zum Ausgleichsanspruch bei rechtswidriger Heranziehung von Zuvielarbeit

 

Ein auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruhender Anspruch auf Freizeitausgleich bzw eine Vergütung steht dem Beamten, der von seinem Dienstherrn rechtswidrig zur Zuvielarbeit herangezogen worden ist, erst ab dem Zeitpunkt zu, zu dem er die Heranziehung beanstandet hat.

§§§


10.079 Beseitigung von Ausreisehindernissen
 
  • OVG Saarl, B, 01.04.10, - 2_A_486/09 -

  • = EsG

  • EMRK_Art.8; GG_Art.6; AufenthG_§_25 Abs.5, AufenthG_§_48 Abs.3 S.1, AufenthG_§_82 Abs.1 S.1, AufenthG_§_82 Abs.4;

 

1) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Abs.5 AufenthG setzt voraus, dass einem zur Ausreise verpflichteten Ausländer eine - auch freiwillige - Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dauerhaft objektiv unmöglich ist oder ihm, beispielsweise mit Blick auf grundrechtliche Gewährleistungen in Art.6 GG oder den Art.8 EMRK, subjektiv unzumutbar ist.

 

2) Die den aufgrund einer von ihm geltend gemachten Passlosigkeit am Verlassen der Bundesrepublik gehinderten Ausländer treffende gesetzliche Pflicht zur "Mitwirkung" bei der Passbeschaffung nach § 48 Abs.3 Satz 1 AufenthG wird nicht dadurch erfüllt, dass er ausländerbehördliche Aufklärungsversuche nicht behindert und gewissermaßen "über sich ergehen lässt". Nach § 82 Abs.1 Satz 1 AufenthG hat der Ausländer vielmehr allgemein für den Vollzug des Ausländergesetzes notwendige Unterlagen "beizubringen", wobei die Behörde allenfalls Hinweis- und gegebenenfalls Unterstützungspflichten treffen.

 

3) In Verfahren auf Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Titels gehört es nicht zu den Pflichten der Ausländerbehörde, zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hinsichtlich der Identität oder der Staatsangehörigkeit des Betroffenen eine zwangsweise Vorführung nach § 82 Abs.4 AufenthG bei der Auslandsvertretung des (mutmaßlichen) Heimatstaats zu veranlassen.

 

4) Dem Ausländer ist es in dieser Situation auch grundsätzlich zuzumuten, staatliche Stellen im Heimatland, dort lebende Verwandte oder einen Rechtsanwalt vor Ort mit der Beschaffung notwendiger Unterlagen zum Beleg seiner Identität und Herkunft zu betrauen.

§§§


10.080 Anerkenntnisurteil
 
  • OVG Saarl, U, 14.04.10, - 3_C_307/09 -

  • = EsG

  • TEHG_§_4, TEHG_§_5; VwGO_§_173; ZPO_§_307; VwGO_§_87a Abs.1

  • Anerkenntnisurteil im verwaltungsgerichtlichen Verfahren

 

1) Der Erlass eines Anerkenntnisurteils ist auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässig.

 

2) In den Fällen des § 87a VwGO ist das Anerkenntnisurteil durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter zu erlassen. 3) Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedarf es nicht.

§§§


10.081 Bodenverseuchung
 
  • VG Saarl, U, 14.04.10, - 5_K_1113/08 -

  • = EsG

  • BBodSchV_§_2 Nr.4; BBodSchG_§_4 Abs.3, BBodSchG_§_9 Abs.2 S.1, BBodSchG_§_10, BBodSchG_§_13 Abs.1;

  • Klage eines Mineralkonzerns gegen einen auf das BBodSchG gestützten Bescheid

 

1) Die zuständige Behörde kann gestützt auf § 9 Abs.2 Satz 1 BBodSchG die Durchführung einer Detailuntersuchung nach § 2 Nr.4 BBodSchV anordnen, wenn auf Grund der Behörde bereits vorliegender Untersuchungen hinreichende Anhaltspunkte für eine Bodenverseuchung bestehen (hier: gutachterliche Feststellung eines Maximalwertes von 156,2 mg/kg für die Belastung des Bodens mit Aromatischen Kohlenwasserstoffen). Einer eigenen orientierenden Untersuchung iS des § 2 Nr.3 BBodSchV durch die Behörde bedarf es dann nicht.

 

2) Ein Mineralkonzern kann als Anscheins- oder Verdachtsverpflichteter für die Detailuntersuchung in Anspruch genommen, wenn er die Tankstelle, auf der sich die Verseuchung befindet, mit Kraftstoffen beliefert hat, und keine Nachweise vorliegen, dass es bei der Belieferung zu keinen Schadensereignissen gekommen ist oder die Verschmutzung aus einer Zeit stammt, als er nicht die Tankstelle beliefert hat. Der Mineralkonzern ist außerdem als Betreiber der Tankstelle als Verursacher iS des § 4 Abs.3 BBodSchG anzusehen ist, wenn die Tankstellenpächter als Handelsvertreter für ihn tätig waren und die gelieferten Kraftstoffe bis zur Abgabe an den Endkunden in seinem Eigentum geblieben sind.

 

3) Die seitens der Behörde getroffene Störerauswahl ist nicht zu beanstanden, wenn sie bei mehreren Störern - Grundstückseigentümer, Tankstellenpächter, beliefernder Mineralkonzern - sich für die Inanspruchnahme des Mineralkonzerns als solventes und technisch fachkundiges Unternehmen entscheidet.

 

4) Die §§ 9, 10 BBodSchG sind keine Rechtsgrundlage für eine Verfügung, mit der die Vorlage eines Sanierungsvorschlages verlangt wird. Das Verlangen zur Durchführung von Untersuchungsmaßnahmen zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes kann allein auf § 13 Abs.1 BBodSchG gestützt werden, der für den Bereich der Anordnung von Sanierungskonzepten als speziellere Vorschrift die allgemeine Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs.1 BBodSchG verdrängt.

 

5) Eine auf § 13 Abs.1 BBodSchG gestützte Verfügung kann im Gegensatz zu § 9 Abs.2 BBodSchG nicht gegen einen Anscheins- oder Verdachtsverpflichteten gerichtet werden.

§§§


10.082 Einvernehmen der Gemeinde
 
  • VG Saarl, U, 14.04.10, - 5_K_895/09 -

  • = EsG

  • WHG_§_31; VwVfG_§_74; BauNVO_§_11; BauGB_§_36

  • Wasserrechtliche Planfeststellung; Einvernehmen der Gemeinde

 

1) Regelt eine wasserrechtliche Planfeststellung nach §§ 31 WHG, 74 VwVfG für Flächen eines Plangebietes (hier: Binnenschifffahrtshafen) die d ort zulässigen Nutzungen durch Ausweisung eines Sondergebietes nach § 11 BauNVO, so ist gem § 38 BauGB für nachfolgende Genehmigungen die Herstellung des Einve rnehmens nach § 36 BauGB nicht mehr erforderlich, wenn die Gemeinde im Planfests tellungsverfahren beteiligt worden war.

 

2) Auf eine Verletzung von § 36 BauGB kann in derartigen Fällen eine Gemeindekla ge gegen die einem Dritten erteilte Genehmigung im Plangebiet nicht gestützt wer den.

§§§


10.083 Sitzungsöffentlichkeit
 
  • VG Saarl, B, 20.04.10, - 11_L_353/10 -

  • = EsG

  • VwGO_§_123 Abs.1; KSVG_40; SLS-GO_§_13;

  • Fragen der Sitzungsöffentlichkeit unterliegen der Prüfungskompetenz des Bürgermeisters / Entscheidung aufgehoben durch Nr.10.085

 

1) Die Frage, ob im Gemeinderat in öffentlicher oder nicht-öffentlicher Sitzung verhandelt wird, ist eine Rechtsfrage, die eine sachgerechte und willkürfreie Überprüfung des Einzelfalls durch den Bürgermeister erfordert.

 

LB 2) Der Öffentlichkeitsgrundsatz des § 40 Abs.1 KSVG leitet sich aus der durch Art.20 GG verbürgten demokratischen Grundordnung her, die einen offenen Prozess der Willensbildung verlangt, und bildet damit einen tragenden Grundsatz des gesamten Kommunalrechts.

 

LB 3) Der Ausschluss der Öffentlichkeit stellt demgegenüber eine eng auszulegende Ausnahmebestimmung.

 

LB 4) Die Geschäftsordnungen des Gemeinderates kann festlegen dass bestimmte Angelegenheiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu behandeln sind.

§§§


10.084 Fachklinik
 
  • VG Saarl, U, 20.04.10, - 3_K_1468/09 -

  • = EsG

  • BhVO_§_5 Abs.1 Nr.2, BhVO_§_7 Abs.1 S.1

  • Beihilferechtliche Abgrenzung eines Sanatoriums von einem Akutkrankenhaus

 

LB 1) Ein Senatoriumsaufenthalt ist nur dann beihilfefähig iS § 7 Abs.1 BhVO ein amts- oder vertrauensärztliches Zeugnis darüber vorgelegt wird, dass die Sanatoriumsbehandlung dringend notwendig ist und nicht durch stationäre Behandlung in einer anderen Krankenanstalt oder durch eine Heilkur mit gleicher Erfolgsaussicht ersetzbar ist (§ 7 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BhVO), und die Festsetzungsstelle die Beihilfefähigkeit vorher anerkannt hat (§ 7 Abs.1 Satz 1 Nr.2 BhVO).

 

LB 2) Für die Abgrenzung der Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung in einem Sanatorium von den Aufwendungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung ist im Beihilferecht der Charakter der Krankenanstalt maßgebend und nicht die Eigenart der Behandlung (BVerwG, Urteil vom 02.09.1999 - 2 C 14.99 -, DÖV 2000,201 = DVBl 2000,494 = ZBR 2000,132).

 

LB 3) Ein Senatorium ist eine Einrichtung ist, die nach dem Schwerpunkt ihres Leistungsangebots die nichtärztlichen Heilanwendungen besonders betont, auch wenn sie ärztlich angeordnet und in ihren Auswirkungen kontrolliert werden. LB 5) Dass Senatorien bei den Privatkrankenkassen teilweise auch als gemischte Krankenanstalten gelten, mit der Folge, dass jeder Privatkrankenversicherte mit einer Einweisung des Hausarztes, die vorher von der Krankenkasse genehmigt worden sein muss, auch für einen Akutkrankenhausaufenthalt aufgenommen werden kann führt beihilferechtlich zu keiner anderen Beurteilung. Vielmehr verlangen auch die Privatkrankenkassen mit Blick auf den - nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts maßgeblichen - Rehabilitationsklinik-Charakter der Klinik ein vorgeschaltetes Genehmigungsverfahren, das beihilferechtlich auch in dringenden Fällen unter den Voraussetzungen des § 7 Abs.1 Satz 3 BhVO - unverzüglich - nachgeholt werden kann.

 

LB 4) Auch wenn sich eine Klinik selbst als Fachklinik für Lymphologie und Ödemkrankheiten bezeichnet, was auch den Schluss zulassen könnte, es handele sich um ein Krankenhaus im beihilferechtlichen Sinne, kann sich aus der eigenen Beschreibung des Klinikbetreibers ergeben, dass es sich um eine Rehabilitationsklinik handelt, die vorwiegend Anschlussheilbehandlungen anbietet, und die demnach eben kein Krankenhaus, sondern ein Sanatorium ist.

§§§


10.085 Brustimplantate
 
  • VG Saarl, U, 20.04.10, - 3_K_2009/09 -

  • = EsG

  • VwVO_§_42 Abs.1; GG_Art.3 Abs.1; SBG_§_67 Abs.2 Nr.1; BhVO_§_4 Abs.1 Nr.1, BhVO_§_5 Abs.1 Nr.1

  • Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Entfernung von undicht gewordenen Brustimplantaten (Einzelfall)

 

1) Mit der Bejahung des Vorliegens eines Krankheitsfalls, der (medizinischen) Notwendigkeit und der (wirtschaftlichen) Angemessenheit für die Entfernung von undicht gewordenen Brustimplantaten sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfe nach saarländischem Beihilferecht gegeben. Eine wirksame, insbesondere den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts genügende, Ausschlussregelung existiert insoweit nicht.

 

2) Ob im Rahmen der Operation neue Implantate eingesetzt werden, ist insoweit nicht entscheidungserheblich, da für die entsprechenden Aufwendungen im konkreten Fall keine Beihilfe begehrt wird.

 

3) Unerheblich ist auch, ob seinerzeit (im konkreten Fall vor 30 Jahren) die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfe für das Einsetzen des Implantate vorgelegen haben.

§§§


10.086 Ausschluss der Öffentlichkeit
 
  • OVG Saarl, B, 21.04.10, - 3_B_123/10 -

  • = EsG

  • KSVG_§_40, KSVG_§_41 Abs.1 S.3,; GG_Art.20

  • Ausschluss der Öffentlichkeit der Sitzung eines Gemeindeparlaments

 

1) Es verstößt nicht gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit, wenn ein Tagesordnungspunkt, der die Frage des Verzichts auf ein Rechtsmittel gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts zum Gegenstand hat, in nicht öffentlicher Sitzung des zuständigen Gemeindeparlaments behandelt wird.

 

LB 2) Dahinstehen kann dabei nach Ansicht des OVG, ob - wofür aus Sicht des Senats vieles spricht - der Öffentlichkeitsgrundsatz des § 40 KSVG als Ausprägung des Demokratieprinzips nach Art.20 GG ein "wehrfähiges" organschaftliches Recht der Antragstellerin zu begründen vermag.

 

LB 3) Ist die - prozesstaktische - Frage, ob auf Rechtsmittel gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes verzichtet werden soll, von der Antragstellerin gerade zum Gegenstand ihres Antrages auf Einberufung der Sitzung des Stadtrates gemacht worden, ist nach der Natur der Sache ein Öffentlichkeitsbedürfnis grundsätzlich nicht gegeben.

§§§


10.087 Friedhofsgebührenbescheid
 
  • VG Saarl, E, 23.04.10, - 11_K_664/09 -

  • = EsG

  • KAG_§_1, KAG_§_2, KAG_§_6; Friedhofsgebührensatzung

  • Rechtsschutz gegen Friedhofsgebührenbescheid

 

1) Ein Bestattungsunternehmer gehört nicht zum Rechtskreis der gemeindlichen Friedhofs- bzw Bestattungseinrichtung, sondern zu demjenigen der Friedhofsbenutzer; diese bedienen sich dieser Gewerbetreibenden zur Erledigung ihrer Angelegenheiten. Dem Bestattungsunternehmer gegenüber abgegebene Erklärungen wirken daher weder unmittelbar gegen die gemeindliche Friedhofs- und Bestattungseinrichtung noch können von ihm abgegebene Erklärungen dieser unmittelbar zugerechnet werden.

 

2) Der Bestattungsunternehmer ist also weder Empfangsbote noch passiver Stellvertreter der gemeindlichen Friedhofs- bzw Bestattungseinrichtung.

 

LB 3) Sichert der Bestattungsunternehmer zu, das Sozialamt werde die Bestattungskosten übernehmen, bindet das nicht das Sozialamt.

 

LB 4) Hat der Hinterbliebene dem Bestattungsunternehmer einen Bestattungsauftrag gegeben und die üblichen Vollmachten unterschrieben, muss er damit rechnen für die Friedhofsgebühren von der Gemeinde in Anspruch genommen zu werden.

§§§


10.088 Vermittlung von Sportwetten
 
  • OVG Saarl, B, 26.04.10, - 3_B_20/10 -

  • = EsG

  • GG_Art.12; GlüStV_§_3 Abs.1, GlüStV_§_4 Abs.1 S.2, GlüStV_§_9 Abs.1 Nr.3,

  • Untersagung der Vermittlung von Sportwetten / erfolgloser Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung

 

1. Bei der im Eilrechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung erscheint das staatliche Sportwettenmonopol in seiner derzeitigen Ausgestaltung weder im Hinblick auf Art.12 GG noch im Hinblick auf die europarechtliche Dienstleistungsfreiheit als offensichtlich rechtswidrig.

 

2) Bei summarischer Prüfung wird die Erfüllung des gemeinschaftsrechtlichen Kohärenzgebots auch nicht dadurch durchgreifend in Frage gestellt, dass im Bereich der neuen Bundesländer eine kleine Anzahl von zugelassenen privaten Sportwettanbietern auf der Grundlage von nach dem Gewerberecht der DDR erteilten Genehmigungen Sportwetten in Deutschland vertreibt. Dieser historisch bedingten Sonderkonstellation dürfte auch bei bundesweiter Kohärenzbetrachtung keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen.

§§§


10.089 Kriegsdienstverweigerer
 
  • VG Saarl, U, 27.04.10, - 2_K_186/09 -

  • = EsG

  • ZDG_§_24 Abs.2 S.1

  • Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer

 

1) Seit Inkrafttreten des § 24 Abs.2 Satz 1 ZDG in der Fassung vom 01.10.2004, wonach die Dauer des Zivildienstes nunmehr der Dauer des Grundwehrdienstes entspricht, liegt die vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung betonte Indizwirkung nicht mehr in der Bereitschaft des Wehrpflichtigen zur bewussten Inkaufnahme der lästigen Alternative eines verlängerten und erschwerten zivilen Ersatzdienstes, sondern in der Bereitschaft zum Durchlaufen eines Anerkennungsverfahrens.

 

2) Können die durch nachlässiges Betreiben des Verwaltungsverfahrens entstandenen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Gewissensentscheidung des Wehrpflichtigen bereits im Rahmen einer informatorischen Anhörung ausgeräumt werden, kommt eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer ohne weitere Anhörung in Betracht.

§§§


10.090 Schaftstall
 
  • VG Saarl, U, 28.04.10, - 5_K_922/09 -

  • = EsG

  • LBO_§_82; BauNVO_§_14

  • Nutzungsuntersagung gegen einen Schafstall

 

1) Die Nutzung eines Gebäudes als Schafstall im Rahmen einer Hobbytierhaltung kann unter besonderen Voraussetzungen in einem vorwiegend dem Wohnen dienenden Gebieten nach § 14 zulässig sein.

 

2) Der Austausch der Begründung einer Nutzungsuntersagung durch die Widerspruchsbehörde - statt auf die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit wird die Nutzungsuntersagung auf die fehlende Baugenehmigung gestützt - ist zulässig.

§§§


10.091 Verbot von Internetglücksspiel
 
  • VG Saarl, B, 28.04.10, - 6_L_2142/09 -

  • = EsG

  • VwGO_§_80 Abs.5; GlüStV_§_4 Abs.4, GlüStV_§_5 Abs.3

  • Verbot von Internetglücksspiel / Allgemeinverfügung

 

1) Angesichts des saarländischen Glückspielmonopols und des in § 4 Abs.4 GlSpielStVtr enthaltenen Verbots des Internetspiels besteht kein schützenswertes Interesse an einer Suspendierung der Verbote des Veranstaltens, Vermittelns und Bewerbens von Glücksspielen im Internet.

 

2) Der Erlass einer gesetzeswiederholenden Allgemeinverfügung, mit der das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele und die Werbung hierfür in Telemedien-Angeboten privater Anbieter verboten wurden, ist nicht offensichtlich rechtswidrig.

 

3) Als Anknüpfungspunkt für eine solche Allgemeinverfügung reicht der Aufenthalt des Spielers zum Zeitpunkt des Spiels im Hoheitsbereich der für das gesamte Gebiet des Saarlandes zuständigen Landesmedienanstalt des Saarlandes aus.

 

4) Eine unverhältnismäßige Belastung liegt selbst im Fall der Notwendigkeit einer bundesweiten Abschaltung der entsprechenden Internetseiten nicht vor. Es kann von dem Anbieter eines Internetdienstes erwartet werden, dass er seinen Dienst in dem Sinn beherrscht, dass er gerechtfertigten Gesetzen, die sein Netzangebot betreffen, durch geeignete technische Maßnahmen entspricht.

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