2005   (7)  
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05.181 Familienheimklausel
 
  1. OVG Saarl,     B, 20.12.05,     – 2_W_33/05 –

  2. SKZ_06,157 -162 = www.EsG.de = SKZ_06,49/32 (L)

  3. VwGO_§_80 Abs.2 S.1 Nr.3, BauGB_§_212a Abs.1, BauGB_§_9 Abs.1 Nr.1g, (62/68) BauNVO_§_3 Abs.4, (96/04) BauVorlVO_§_3 Abs.3 Nr.3; BauGB_§_31 Abs.2, BauNVO_§_15

 

1) Lassen sich die Erfolgsaussichten eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung im Aussetzungsverfahren aufgrund der verfahrensformbedingt eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten nicht abschließend positiv beurteilen, so ist für eine Anordnung der kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§§ 80 Abs.2 Satz 1 Nr.3 VwGO, 212a Abs.1 BauGB) ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung nur Raum, wenn die überschlägige Rechtskontrolle zumindest gewichtige Zweifel an der nachbarrechtlichen Unbedenklichkeit der angefochtenen Genehmigung ergibt.

 

2) Die Interpretation, dass eine so genannte "Familienheimklausel" in einem Bebauungsplan nur die Errichtung eines (einzigen) entsprechenden Gebäudes je Grundstück zulässt, ist im Hinblick auf die sich aus der insoweit überwiegend als abschließende Konkretisierung der Festsetzungsmöglichkeit für "Familienheime" in § 9 Abs.1 Nr.1g) BBauG beziehungsweise - seit der Novelle 1976 entsprechend - in § 9 Abs.1 Nr.6 BBauG angesehene Befugnis der Gemeinden zur Beschränkung der Zahl der Wohnungen je Wohngebäude in § 3 Abs.4 BauNVO 1962/68, die weitergehende planerische Anordnungen bezogen also auf die Errichtung auf nur einem Grundstück jedenfalls nicht zuließ, zumindest bedenklich (hier mit Blick auf eine beabsichtigte und im Beschwerdeverfahren eingeleitete Teilung des Grundstücks durch den Bauherrn letztlich offen gelassen).

 

3) Alleiniger Beurteilungsgegenstand des Nachbarrechtsbehelfs ist das in der Baugenehmigung beziehungsweise in den diese inhaltlich konkretisierenden genehmigten Bauvorlagen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung darin enthaltender Grüneintragungen der Bauaufsichtsbehörde, dargestellte Bauvorhaben. Das gilt auch für die sich aus dem Lageplan ergebenden Grenzverläufe (§§ 3 Abs.3 Nr.3 BauVorlVO 1996/2004). Eine inhaltliche Änderung der Genehmigungsentscheidung durch so genannte Tekturgenehmigungen im Verlaufe des Nachbarrechtsbehelfsverfahrens ist in diesem und daher auch im Beschwerdeverfahren gegen stattgebende Aussetzungsentscheidungen des Verwaltungsgerichts zu berücksichtigen.

 

4) Betrifft eine Befreiung (§ 31 Abs.2 BauGB) nicht nachbarschützende Festsetzungen eines Bebauungsplans, hier über das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubaren Grundstücksflächen (Baugrenzen), so kann sich ein nachbarlicher Abwehranspruch allenfalls über das Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme in entsprechender Anwendung des § 15 Abs.1 BauNVO unter Berücksichtigung der Interessenbewertung des § 31 Abs.2 BauGB ergeben. Eine rechtliche "Aufwertung" der Nachbarposition lässt sich daher über diesen "Umweg" nicht über die objektiven Dispensvoraussetzungen begründen.

 

5) Auch wenn mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon auszugehen ist, dass eine Verletzung des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots grundsätzlich unter den Gesichtspunkten des "Einmauerns" beziehungsweise der "erdrückenden Wirkung" mit Blick auf den Umfang eines Bauvorhabens selbst dann rechtlich nicht generell ausgeschlossen ist, wenn die landesrechtlichen Vorschriften über die Grenzabstände, die eine ausreichende Belichtung von Nachbargrundstücken sicherstellen und der Wahrung des Nachbarfriedens dienen sollen, eingehalten sind, so kann dies jedoch nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen.

 

6) Die Schaffung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Wahrung der ausreichenden Belichtung eines Grundstücks fällt grundsätzlich in den Risiko- und Verantwortungsbereich des Eigentümers. Dem Eigentümer eines Grundstücks in der Ortslage steht auch unter dem Aspekt des Rücksichtnahmegebots kein Anspruch auf eine "unverbaute" Aussicht oder auf eine generelle Vermeidung der Schaffung von Einsichtsmöglichkeiten auf sein Grundstück zu. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts, dass der Einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung seines Grundstückes als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung bewahrt zu werden.

 

7) Es gehört nicht zu den Aufgaben eines privaten Nachbarn, allgemein über die Einhaltung des öffentlichen Baurechts zu "wachen" und jegliche Realisierung rechtswidriger Bauvorhaben in der Nachbarschaft zu verhindern.

§§§

05.182 Ausreiseverpflichtung
 
  1. OVG Saarl,     B, 21.12.05,     – 2_Q_5/05 –

  2. SKZ_06,44/7 (L) = www.EsG.de = SKZ_06,63/80 (L)

  3. SVwVfG_§_37 Abs.1; AufenthG_§_66 Abs.2, AufenthG_§_67 Abs.1 Nr.1, AufenthG_§_67 Abs.3 S.1; VwGO_§_86, VwGO_§_108; GG_Art.103 Abs.1

 

1) Das allgemeine Bestimmtheitserfordernis nach § 37 Abs.1 SVwVfG gebietet, dass die Behörde in einem belastenden, insbesondere in einem der Durchsetzung im Wege des Verwaltungszwangs zugänglichen Verwaltungsakt eindeutig zum Ausdruck bringt, was von dem Adressaten der Regelung im Einzelfall verlangt wird. Im Falle der Geltendmachung der Kosten für eine Abschiebung mittels Leistungsbescheid (§ 83 Abs.4 Satz 1 AuslG, nunmehr § 67 Abs.3 Satz 1 AufenthG) kann der Schuldner - hier ein Drittschuldner im Sinne des § 82 Abs.2 AuslG -, der aufgrund einer Akteneinsicht im Rahmen der Widerspruchsbegründung detailliert einzelne Kostenbestandteile betragsmäßig benennt und angreift, nicht mit Erfolg eine unzureichende Bestimmtheit wegen fehlender "Aufschlüsselung" der entstandenen Kosten in den Einzelpositionen geltend machen.

 

2) Die Ausländerbehörden sind im Rahmen im Einzelfall bei fehlender Neigung des Ausländers, seinen vollziehbaren Ausreisepflichten nachzukommen, erforderlich werdender Verwaltungsvollstreckungsmaßnahmen nicht generell gehalten, Vergleichsangebote desselben oder anderer Reisebüros bezüglich der Flugkosten (§ 83 Abs.1 Nr.1 AuslG, heute § 67 Abs.1 Nr.1 AufenthG) einzuholen, um dem gemäß § 82 Abs.1 AuslG (inzwischen § 66 Abs.1 AufenthG) kostentragungspflichtigen Ausländer oder einem nach § 82 Abs.2 AuslG (§ 66 Abs.2 AufenthG) Erstattungspflichtigen auf jeden Fall den am Markt günstigsten Tarif zu sichern. Etwas anderes mag allenfalls dann anzunehmen sein, wenn der Preis für das der Ausländerbehörde konkret angebotene Flugticket aus dem Rahmen des Üblichen herausfällt und daher deutlich erkennbar "überteuert" ist (hier verneint für eine vom Betroffenen behauptete Differenz von insgesamt rund 600,- EUR für drei Flugtickets in die Dominikanische Republik).

 

3) Maßgeblich für die Frage des Bestehens einer Verpflichtung des Verwaltungsgerichts (§ 86 Abs.1 VwGO) zu weiterer Sachverhaltsaufklärung ist die Rechtsauffassung des Gerichts hinsichtlich der durch den Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen. Ob diese zutreffend ist oder nicht, ist keine Frage des Verfahrensrechts. Selbst das verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf Gewährung ausreichenden rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs.1 GG, § 108 VwGO) schützt einen Verfahrensbeteiligten in dem Zusammenhang nicht vor einer nach seiner Ansicht unrichtigen Ablehnung von ihm gestellter Beweisanträge.

§§§

05.183 Ausweisung
 
  1. OVG Saarl,     B, 21.12.05,     – 2_W_28/05 –

  2. www.EsG.de

  3. AufenthG_§_56 Abs.1; EMRK_Art.8

 

Einzelfall, in dem die Ausweisung eines marokkanischen Staatsangehörigen angesichts seiner familiären Situation unter Verhältnismäßigkeitsaspekten nicht zu beanstanden ist, obwohl sie nicht mit einer Entscheidung über die Befristung der Ausweisung verbunden wurde.

§§§

05.184 Befangenheit
 
  1. OVG Saarl,     B, 22.12.05,     – 1_R_19/04 –

  2. SKZ_06,44/8 (L) = www.EsG.de

  3. ZPO_§_42 Abs.2, ZPO_§_48; VwGO_§_54 Abs.1

 

1) Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist gerechtfertigt, wenn dieser Richter in einem mit der Streitsache gleichgelagerten Fall selbst ein Widerspruchsverfahren betreibt und dieses Widerspruchsverfahren mit Blick auf die im Streitfall anstehende Sachentscheidung ausgesetzt ist.

 

2) In einem durch eine Anzeige nach § 48 ZPO in Gang gekommenen Überprüfungsverfahren gilt derselbe Maßstab wie im Falle eines Ablehnungsgesuches; deshalb ist unerheblich, ob nach einer Anzeige nach § 48 ZPO ein Ablehnungsantrag gestellt oder davon ausdrücklich Abstand genommen wird.

§§§

05.185 Fahreignung
 
  1. OVG Saarl,     B, 29.12.05,     – 1_Y_15/05 –

  2. SKZ_06,54/50 (L) = www.EsG.de

  3. FeV_§_11 Abs.2 S.1, FeV_§_46 Abs.3; GG_Art.20 Abs.3

 

Die Anforderung einer fachärztlichen Untersuchung zur Überprüfung der Fahreignung muss sich auf solche Mängel beziehen, die bei vernünftiger lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, dass der Betroffene sich als Führer eines Kraftfahrzeugs nicht verkehrsgerecht umsichtig verhalten werde, was auf der anderen Seite ausschließt, jeden Umstand, der auf die entfernt liegende Möglichkeit eines Eignungsmangels hindeutet, als hinreichenden Grund für die Anforderung eines ärztlichen Gutachtens anzusehen.

§§§

05.186 Niederlassungserlaubnis
 
  1. OVG Saarl,     B, 29.12.05,     – 2_W_30/05 –

  2. SKZ_06,64/81 (L) = www.EsG.de

  3. AufenthG_§_52, AufenthG_§_101 Abs.1; VwVfG_§_48 Abs.4, VwVfG_§_49 Abs.2

 

Ob für den Widerruf einer gemäß § 101 I AufenthG als Niederlassungserlaubnis fortgeltenden unbefristeten Aufenthaltserlaubnis die Jahresfrist nach §§ 48 IV, 49 II VwVfG gilt, bleibt mangels Entscheidungsrelevanz offen. Eine danach evtl. bestehende Jahresfrist beginnt nach Eintritt der Rechtskraft eines eine Widerrufsverfügung wegen Ermessensfehlern aufhebenden Urteils neu zu laufen.

§§§

05.187 Versorgungsehe
 
  1. OVG Saarl,     B, 29.12.05,     – 1_Q_65/05 –

  2. SKZ_06,46/21 (L)

  3. BeamtVG_§_19 Abs.1; SVG_§_43 Abs.1

 

1) Die Tatsache, dass die Witwe eines Soldaten vor der Eheschließung bereits ca 10 Jahre mit ihrem späteren Ehemann zusammengelebt hat und während dieser Zeit gemeinsam ein Haus erworben und ein Erbvertrag abgeschlossen wurde, reicht angesichts der kurzen Ehedauer von 3 Monaten und 21 Tagen nicht aus, um die gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen. 2) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis bemisst sich der Streitwert nach dem dreifachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistung geringer ist. Die bei Einreichung der Klage bereits fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet (§ 42 Abs.3 und 5 GKG).

§§§

05.188 Eilantrag
 
  1. VG Saarl,     B, 30.12.05,     – 5_F_27/05 –

  2. www.EsG.de

  3. VwGO_§_80a Abs.3, VwGO_§_80 Abs.5; BauGB_§_212a

 

Einzelfall der Zurückweisung des Antrags eines Nachbarn nach § 80 Abs.5 VwGO gegen eine Baugenehmigung, bei dem unter Berücksichtigung der eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens weder festgestellt werden konnte, dass der der Baugenehmigung zugrundeliegende vorhabenbezogene Bebauungsplan wegen Fehler bei der Abwägung fehlerhaft ist, noch dass die Baugenehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt.

§§§

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