1971 | ||
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1970 1972 | [ ] |
71.001 | Gnadenwiderruf | |
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Der Widerruf eines Gnadenerweises unterliegt der gerichtlichen Kontrolle nach Art.19 Abs.4 GG (Ergänzung zu BVerfGE_25,352 ). | ||
§§§ |
71.002 | Unterricht-Biblische Geschichte | |
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Zur Zulässigkeit von Verfassungsbeschwerden gegen eine Entscheidung eines Landesstaatsgerichtshofs. | ||
§§§ |
71.003 | Mephisto | |
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1) Art.5 Abs.3 Satz 1 GG ist eine das Verhältnis des Bereiches Kunst zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm. Sie gewährt zugleich ein individuelles Freiheitsrecht. | ||
2) Die Kunstfreiheitsgarantie betrifft nicht nur die künstlerische Betätigung, sondern auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks. | ||
3) Auf das Recht der Kunstfreiheit kann sich auch ein Buchverleger berufen. | ||
4) Für die Kunstfreiheit gelten weder die Schranken des Art.5 Abs.2 GG noch die des Art.2 Abs.1 Halbsatz 2 GG. | ||
5) Ein Konflikt zwischen der Kunstfreiheitsgarantie und dem verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsbereich ist nach Maßgabe der grundgesetzlichen Wertordnung zu lösen; hierbei ist insbesondere die in GG Art.1 Abs.1 garantierte Würde des Menschen zu beachten. | ||
§§§ |
71.004 | Vereinsname | |
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1) Über die Grenzen der gesetzgeberischen Befugnis, in Namensführung und satzungsgemäße Betätigung eines Vereins einzugreifen (Art.9 Abs.1 GG). | ||
2) Zur Differenzierung zwischen Gewerkschaften und sonstigen Arbeitnehmervereinigungen beim Aufstellen von Unterschriftenquoren in Wahlvorschriften für die Selbstverwaltungsorgane der Sozialversicherung (Art.3 Abs.1 GG. | ||
§§§ |
71.005 | Absicherungsgesetz | |
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Das Rechtsstaatsprinzip verbietet belastende Gesetze, die zur Erreichung der Gesetzeszwecke schlechthin untauglich sind. Dem Gesetzgeber steht aber ein weiter Spielraum für die Beurteilung der Zwecktauglichkeit eines Gesetzes zu. Eine gesetzliche Maßnahme kann nicht schon deshalb als verfassungswidrig angesehen werden, weil sie auf einer Fehlprognose des Gesetzgebers beruht. | ||
LB 2) Eine gesetzliche Maßnahme kann nicht schon deshalb als verfassungswidrig angesehen werden, weil sie auf einer Fehlprognose beruht (BVerfGE_25,1 <12 f>). | ||
LB 3) Die Frage nach der Zwecktauglichkeit eines Gesetzes kann also nicht nach der tatsächlichen späteren Entwicklung, sondern nur danach beurteilt werden, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, daß die Maßnahmen zur Erreichung des gesetzten Ziels geeignet waren, ob also seine Prognose bei der Beurteilung wirtschaftspolitischer Zusammenhänge sachgerecht und vertretbar war. Folgerichtig hat das Bundesverfassungsgericht die Frage, ob eine Maßnahme zwecktauglich ist, stets sehr einschränkend behandelt und jeweils nur geprüft, ob das eingesetzte Mittel "objektiv untauglich" (BVerfGE 16, 147 <181>, "objektiv ungeeignet" (BVerfGE 17, 306 <317>) oder "schlechthin ungeeignet" (BVerfGE 19, 119 <126 f>) war. Bei Anwendung dieser in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze wird die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Maßnahme aus dem Gesichtspunkt der objektiven Zweckuntauglichkeit nur sehr selten und nur in ganz besonders gelagerten Fällen festgestellt werden können. Das Absicherungsgesetz ist kein Fall dieser Art. | ||
LB 4) Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Auferlegung von Geldleistungsverpflichtungen die Eigentumsgarantie des Art.14 GG grundsätzlich unberührt lasse (zB BVerfGE_4,7 <17>; BVerfGE_8,274 <330>; BVerfGE_23,288 <314 f>). Das gilt auch für Gesetze wirtschafts- und währungspolitischer Natur (BVerfGE_19,119 <128 f.>). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen (Erdrosselungswirkung) (BVerfGE_14,221 <241>; BVerfGE_19,119 <128 f>; BVerfGE_23,288 <315>. | ||
§§§ |
71.006 | Erdölbevorratung | |
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1) Die Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben (hier die Bevorratungspflicht für Erdölerzeugnisse) ist als solche nicht verfassungswidrig. | ||
2) Die Grenzen der Zulässigkeit einer solchen Indienstnahme ergeben sich vor allem aus den Grundrechten, insbesondere aus Art.12 Abs.1 und Art.3 Abs.1 GG. | ||
* * * | ||
Beschuss | Entscheidungsformel: | |
§§§ |
71.007 | Jugendgefährdende Schriften | |
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1) Das Verbot, Schriften, die Kinder oder Jugendliche offensichtlich sittlich schwer gefährden, im Versandhandel zu vertreiben, zu verbreiten oder zu diesen Zwecken vorrätig zu halten (§ 6 Abs.1 GjS), ist mit dem Grundgesetz vereinbar. | ||
2) Die grundsätzliche Wertentscheidung der Verfassung für die Freiheit der Meinung und der Information schließt es aus, Schriften, die durch Bild für Nacktkultur werben (§ 6 Abs.2 GjS), aufgrund einer unwiderleglichen Vermutung generellen Verboten zu unterwerfen. | ||
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Beschuss | Entscheidungsformel: | |
§§§ |
71.008 | Bundesentschädigungsgesetz | |
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LB: § 150 Abs.2 BEG nF stellt für die bisher Berechtigten eine belastende Regelung mit unzulässiger Rückwirkung dar. | ||
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Beschuss | Entscheidungsformel: | |
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T-71-01 | Belastende Regelung mit unzulässiger Rückwirkung | |
"Die Stichtagsbestimmung des § 150 Abs.2 BEG nF verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art.20 GG). Die Verfassungsbeschwerden sind begründet. | ||
1. Offenbleiben kann, ob § 150 Abs.1 BEG F den Tatbestand gegenüber dem des § 150 Abs.1 BEG aF erweitert hat. Während die alte Fassung zur persönlichen Anspruchsvoraussetzung machte, daß der Verfolgte aus den Vertreibungsgebieten "Vertriebener im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes" war, knüpft § 150 Abs.1 BEG nF die Anspruchsberechtigung daran, daß der verfolgte Vertriebene "dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört hat". Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl BGH, Urteil vom 28.Januar 1966, RzW 1966, S.230 <231>, Nr.29) war Voraussetzung der Vertriebeneneigenschaft nach dem Bundesvertriebenengesetz, daß das Verlassen der Heimat im Zusammenhang mit Nötigungen wegen der deutschen Volkszugehörigkeit stand. Ob die Neufassung des § 150 Abs. 1 BEG diesen Zusammenhang aufgibt und damit den Kreis der Berechtigten erweitert, braucht nicht entschieden zu werden. Es genügt festzuhalten, daß die Rückwirkung der Neufassung des § 150 Abs.2 BEG nur insoweit rechtsstaatswidrig sein kann, als die Betroffenen vor der Änderung anspruchsberechtigt waren. Für den gegebenenfalls erstmals durch § 150 Abs.1 BEG nF erfaßten Personenkreis, dessen Ansprüche lediglich an dem Stichtag scheitern, liegt hingegen keine belastende Rückwirkung vor. Das Gesetz greift insoweit nicht in eine bestehende Rechtsposition ein, sondern versagt nur, was auch vorher nicht zustand. | ||
2. § 150 Abs.2 BEG nF stellt für die bisher Berechtigten eine belastende Regelung mit unzulässiger Rückwirkung dar. | ||
a) Nach § 150 BEG aF waren auch diejenigen Verfolgten anspruchsberechtigt, die erst nach dem 1.Oktober 1953 Vertriebene im Sinne von § 1 BVFG wurden. Das BEG-Schlußgesetz vom 14.September 1965 änderte die Rechtslage rückwirkend, als es in § 150 Abs.2 BEG nF diesen Stichtag aufnahm, und damit diesem Personenkreis Entschädigungsansprüche versagte, also an die Stelle der für einen vergangenen Zeitraum geltenden rechtlichen Ordnung nachträglich eine andere treten ließ (vgl BVerfGE_13,279 <282>). Die Einfügung des Stichtags, der an den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesergänzungsgesetzes (§ 113 BErgG) geknüpft ist, hat also nicht lediglich klarstellende Bedeutung. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: | ||
aa) Dem Wortlaut der Norm läßt sich, wie auch der Bundesgerichtshof annimmt (Urteil vom 28.Januar 1966, RzW 1966, S.230 <231>, Nr.29), kein Hinweis darauf entnehmen, daß die Verfolgten aus den Vertreibungsgebieten ihre Heimat bis zum 1.Oktober 1953 verlassen haben müßten. Auch der in § 150 Abs.1 BEG aF in Bezug genommene § 1 BVFG beschränkte die Vertriebeneneigenschaft nicht durch einen Stichtag, bis zu dem spätestens die Heimat verlassen sein mußte. Der Zusammenhang mit § 1 BVFG legt im Gegenteil den Schluß nahe, einen Stichtag habe es für die Vertriebeneneigenschaft und damit mangels gegenteiliger Aussage auch für die Anspruchsvoraussetzungen des § 150 BEG aF nicht gegeben. Denn danach ist nicht nur Vertriebener, wer seinen Wohnsitz in den Vertreibungsgebieten im Zusammenhang mit den Ereignissen des 2.Weltkriegs verloren hat (Abs.1); als solcher gilt auch nach § 1 Abs.2 Nr.3 BVFG derjenige, der nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen ein Land des Ostblocks "verlassen hat oder verläßt". Damit war jedenfalls für die Spätaussiedler klargestellt, daß sie das entscheidende Tatbestandsmerkmal "Vertriebener" ohne zeitliche Begrenzung erfüllen konnten. In den dem Vorlagebeschluß sowie den einzelnen Verfassungsbeschwerden zugrundeliegenden Fällen handelt es sich um solche Spätaussiedler aus Ostblockländern. | ||
Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn der gesetzlichen Regelung. Die Begünstigung der aus § 150 BEG aF Berechtigten dadurch, daß diese auch nach 1953 noch die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen konnten, gegenüber den Verfolgten nach § 160 BEG aF findet entgegen der Meinung der Bundesregierung ihre Rechtfertigung in der Zugehörigkeit der erstgenannten Gruppe zum deutschen Volkstum, die bei den Staatenlosen und Flüchtlingen im Sinne der Genfer Konvention (§ 160) fehlt. § 160 war folgerichtig auch subsidiär gegenüber § 150 (§ 160 Abs.4 BEG aF). Dem Zweck der bevorzugten Behandlung der deutschen Volkszugehörigen, die der Wortlaut der beiden Bestimmungen anzeigt, widerspräche die Annahme eines stillschweigend mitzulesenden Stichtags in § 150 BEG aF. | ||
Aus der Entstehungsgeschichte läßt sich ebenfalls nichts entnehmen, was für die Hineinnahme eines Stichtags in § 150 BEG aF spräche. Die Bundesregierung ist der Meinung, eine auf solche Verfolgte beschränkte Geltung der Ansprüche aus § 150 BEG aF, die vor dem 1.Oktober 1953 vertrieben wurden, ergebe sich aus dem Zusammenhang mit dem Haager Protokoll Nr.1 vom 10. September 1952. § 68 BErgG, der im wesentlichen dem späteren § 150 BEG aF gleicht, knüpfe an Ziff.12 Abs.5 des Haager Protokolls an, aus dessen Formulierung "ausgewandert oder ... übergesiedelt sind" hervorgehe, daß nur die bereits damals ausgewanderten Verfolgten entschädigungsberechtigt sein sollten. Die Auslegung dieser Vorschrift des Haager Protokolls kann jedoch auf sich beruhen." | ||
Auszug aus BVerfG B, 23.03.71, - 2_BvL_2/66 -, www.dfr/BVerfGE, Abs.55 ff | ||
§§§ |
71.009 | Berlinhilfegesetz | |
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Auch zeitlich befristete Gesetze können einen Vertrauenstatbestand begründen, der keinen geringeren Schutz als den genießt, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der unechten Rückwirkung von Gesetzen besteht, | ||
§§§ |
71.010 | Mitgliedschaftsrecht | |
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Die Anknüpfung der Kirchensteuerpflicht an innerkirchliche Regelungen, die die Kirchenmitgliedschaft von Taufe und Wohnsitz abhängig machen, verstößt nicht gegen die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sowie die negative Vereinigungsfreiheit, sofern der Kirchenangehörige jederzeit die Möglichkeit hat, seine Mitgliedschaft zu beenden. | ||
§§§ |
71.011 | Spanier-Beschluss | |
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1) Das Grundrecht aus Art.6 Abs.1 GG gewährleistet jedermann - auch einem Ausländer - die Freiheit, die Ehe mit einem selbst gewählten Partner einzugehen (Eheschließungsfreiheit). | ||
2) Die Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts und die Anwendung des durch sie berufenen ausländischen Rechts im Einzelfall sind an den Grundrechten zu messen. | ||
3) a) Art.13 Abs.1 EGBGB, wonach die Ehefähigkeit jedes Verlobten nach seinem Heimatrecht zu beurteilen ist, verstößt nicht gegen Art.6 Abs.1. b) Art.6 Abs.1 GG ist verletzt, wenn einem Spanier, der eine Deutsche heiraten will, deren frühere Ehe mit einem Deutschen durch ein deutsches Gericht geschieden worden ist, die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses verweigert wird, weil das spanische Recht diese Ehescheidung nicht anerkennt. | ||
§§§ |
71.012 | Jugendgefährdende Schriften II | |
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LB 1) Der durch Art.19 Abs.4 Satz 1 GG gewährleistete Rechtsweg muß die vollständige Nachprüfung eines Verwaltungsaktes in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ermöglichen (BVerfGE_15,275 <282>; BVerfGE_18,203 <212>; BVerfGE_21,191 <194 f>). | ||
LB 2) Auch die nur vorläufige Anordnung der Aufnahme einer Schrift in die Liste der jugendgefährdenden Schriften nach § 15 Abs.1 GjS kann von dem Betroffenen vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden (§ 20 GjS). | ||
* * * | ||
Beschuss | Entscheidungsformel: | |
* * * | ||
T-71-02 | Zur Bedeutung des § 15 Abs.1 GjS | |
2. § 15 Abs.1 GjS ist mit Art.19 Abs.4 Satz 1 GG vereinbar. | ||
Der durch Art.19 Abs.4 Satz 1 GG gewährleistete Rechtsweg muß die vollständige Nachprüfung eines Verwaltungsaktes in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ermöglichen (BVerfGE_15,275 <282>; BVerfGE_18,203 <212>; BVerfGE_21,191 <194 f>). § 15 Abs.1 GjS hindert das vorlegende Gericht hieran nicht. An die gegenteilige Auslegung, die das Gericht dieser Norm gibt, ist das Bundesverfassungsgericht nicht gebunden (vgl BVerfGE_22,28 <33>; BVerfGE_25,371 <390>). | ||
a) Über die Aufnahme einer Schrift in die Liste der jugendgefährdenden Schriften entscheidet nach § 11 Abs.1 GjS die Bundesprüfstelle. Die Entscheidung kann von verschiedenen Spruchkörpern der Bundesprüfstelle getroffen werden. Als Regelfall sieht das Gesetz in § 9 Abs.3 GjS die Zuständigkeit der Vollbesetzung (Zwölfergremium) vor. In Eilfällen und in einem vereinfachten Verfahren erlassen der Vorsitzende und zwei weitere Mitglieder der Bundesprüfstelle (Dreiergremium) die Entscheidung (§§ 15, 15a GjS). | ||
Auch die nur vorläufige Anordnung der Aufnahme einer Schrift in die Liste der jugendgefährdenden Schriften nach § 15 Abs.1 GjS kann von dem Betroffenen vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden (§ 20 GjS). | ||
b) § 15 Abs.1 GjS stellt eine die allgemeine Regelung des § 11 Abs.1 GjS ergänzende Zuständigkeitsvorschrift dar. Die Vorschrift enthält hingegen keinen von den §§ 1, 2 GjS abweichenden Inhalt, wie materiell-rechtlich über einen Antrag auf Aufnahme einer Schrift in die Liste der jugendgefährdenden Schriften zu entscheiden ist. | ||
Die Ansicht des vorlegenden Gerichts, es komme für das Verfahren nach § 15 GjS allein auf die subjektive Erwartung hinsichtlich der späteren Entscheidung des Zwölfergremiums an, ist nicht zutreffend. Der Gesetzgeber befreit das Dreiergremium bei Erlaß einer vorläufigen Anordnung nicht von der Notwendigkeit, das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer Indizierung zu prüfen und zu bejahen. Das Dreiergremium tritt im Verfahren nach § 15 Abs.1 GjS zuständigkeitsmäßig an die Stelle des Zwölfergremiums. Es ist insoweit "die Bundesprüfstelle". Seine Entscheidungen haben deshalb ebenso wie die Entscheidungen der Bundesprüfstelle in ihrer Vollbesetzung den Voraussetzungen der §§ 1, 2 GjS zu genügen. | ||
Der Wortlaut des § 15 Abs.1 GjS steht dieser Auslegung nicht entgegen. Das Dreiergremium muß bei einer vorläufigen Anordnung erwarten können, das Zwölfergremium werde in gleicher Weise entscheiden. Diese Erwartung muß für das Dreiergremium offenbar sein. Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts ist dieses zusätzliche Erfordernis des § 15 GjS keine Einschränkung. Es ist vielmehr eine Erweiterung der Rechtsstellung des von einer Indizierung Betroffenen. Soweit das Zwölfergremium in bestimmten Fallgruppen eine Jugendgefährdung verneint oder in Fällen von geringer Bedeutung (§ 2 GjS) von einer Indizierung abzusehen pflegt, muß das Dreiergremium diese den Betroffenen nicht belastende Praxis der Bundesprüfstelle seiner Entscheidung zugrunde legen. Eine vorläufige Anordnung ist dann nicht möglich. | ||
§ 15a GjS ist bei dieser Auslegung nicht überflüssig. Die Vorschrift des § 15 GjS ist nur anwendbar, wenn die Gefahr eines kurzfristigen Vertriebs in großem Umfang besteht. Hingegen kann im vereinfachten Verfahren (§ 15a GjS) über jede Schrift entschieden werden. Die vorläufige Anordnung (§ 15 GjS) tritt nach einem Monat außer Kraft, wenn nicht die Frist verlängert wird oder eine abschließende Entscheidung der Bundesprüfstelle ergeht. Eine Entscheidung nach § 15a GjS kann demgegenüber das Verfahren abschließen; denn die Bundesprüfstelle entscheidet in ihrer Vollbesetzung nur, wenn einer der Betroffenen dies binnen Monatsfrist beantragt (§ 15a Abs.4 GjS). Eine Dauerindizierung jugendgefährdender, periodischer Schriften ist im vereinfachten Verfahren ausgeschlossen (§ 15a Abs.3 GjS). Auch der Verordnunggeber hat beide Verfahren unterschiedlich ausgestaltet. Im vereinfachten Verfahren ist dem Betroffenen eine Äußerungsfrist von mindestens einer Woche einzuräumen (§ 9 Abs.1 DVOGjS). Dagegen ist die vorläufige Anordnung nicht an eine solche Frist gebunden. Die Entscheidung nach § 15 Abs.1 GjS ergeht daher im Gegensatz zum vereinfachten Verfahren ohne Anhörung. | ||
c) Ein Gericht hat somit auch bei einer vorläufigen Anordnung zu prüfen, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer Indizierung nach den §§ 1, 2 GjS gegeben sind. Es wird an einer vollständigen Nachprüfung durch § 15 Abs.1 GjS weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht gehindert." | ||
Auszug aus BVerfG B, 04.05.71, - 2_BvL_10/70 -, www.dfr/BVerfGE, Abs.21 | ||
§§§ |
71.013 | Milchpulver | |
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Zur Entscheidung der Inzidentfrage, ob eine innerstaatliche Norm des einfachen Rechts mit einer vorrangigen Bestimmung des Europäischen Gemeinschaftsrechts unvereinbar und deshalb im Einzelfall ganz oder teilweise nicht anwendbar ist, sind die jeweils zuständigen Gerichte berufen. | ||
§§§ |
71.014 | Sorgerechtsregelung | |
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Es verstößt nicht gegen Art.6 GG, wenn das Vormundschaftsgericht bei einer Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen einem geschiedenen, nichtsorgeberechtigten Elternteil und seinem Kind nach § 1634 Abs.2 BGB zugleich Anordnungen zur Durchsetzung des Verkehrsrechts trifft, namentlich den sorgeberechtigten Elternteil verpflichtet, das Kind dem anderen Elternteil zu überlassen. | ||
§§§ |
71.015 | Abzahlungsgesetz | |
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* * * | ||
Beschluss | Entscheidungsformel: | |
§§§ |
71.016 | Schulbuchprivileg | |
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1) Das Urheberrecht ist als Nutzungsrecht "Eigentum" im Sinne des Art.14 Abs.1 Satz 1 GG. | ||
2) Art.14 Abs.1 Satz 1 GG gebietet die grundsätzliche Zuordnung des wirtschaftlichen Wertes eines geschützten Werkes an den Urheber. Damit ist aber nicht jede nur denkbare Verwertungsmöglichkeit verfassungsrechtlich gesichert. | ||
3) Das Interesse der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern rechtfertigt es, daß geschützte Werke nach ihrem Erscheinen ohne Zustimmung des Urhebers in Sammlungen aufgenommen werden dürfen, nicht aber, daß der Urheber sein Werk hierfür vergütungsfrei zur Verfügung stellen muß (§ 46 UrhG). | ||
§§§ |
71.017 | Bibliotheksgroschen | |
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1) Art.14 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht, dem Urheber für jeden Fall der Ausleihe eines geschützten Werkes einen "Bibliotheksgroschen" zu gewähren. | ||
2) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß dem Urheber gemäß § 27 Abs.1 UrhG die Vermietertantieme nur dann zusteht, wenn die Vermietung Erwerbszwecken des Vermieters dient. | ||
§§§ |
71.018 | Tonbandvervielfältigungen | |
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Die Regelung in § 53 Abs.5 UrhG für private Tonbandvervielfältigungen verletzt keine Grundrechte der Gerätehersteller. | ||
§§§ |
71.019 | Bearbeiter-Uhrheberrechte | |
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1) Der Gesetzgeber kann bei der Reform eines Rechtsgebiets im Rahmen des Art.14 Abs.1 Satz 2 GG bestehende Rechte inhaltlich umformen und unter Aufrechterhaltung des bisherigen Zuordnungsverhältnisses neue Befugnisse und Pflichten festlegen. | ||
2) Soweit eine Überleitungsvorschrift in konkrete, nach dem bisherigen Recht begründete und durch Art.14 Abs.1 Satz 1 GG gewährleistete Rechtspositionen eingreift, müssen hierfür legitimierende Gründe gegeben sein. | ||
3) Das Bearbeiter-Urheberrecht des ausübenden Künstlers nach § 2 Abs.2 des LitUrhG war Eigentum im Sinne des Art.14 Abs.1 Satz 1 GG. | ||
4) Die Überleitung der bisherigen Bearbeiter-Urheberrechte in Leistungsschutzrechte durch § 135 UrhG ist verfassungsrechtlich unbedenklich. | ||
* * * | ||
Beschuss | Entscheidungsformel: | |
§§§ |
71.020 | Berufsbilder | |
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1) Der Befähigungsnachweis für das Handwerk ist mit dem Grundgesetz vereinbar. | ||
2) Auch subjektive Zulassungsvoraussetzungen sind nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt. Schutzwürdig können nicht nur allgemein anerkannte, sondern auch solche Gemeinschaftswerte sein, die sich erst aus den besonderen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Zielen des Gesetzgebers ergeben, wie zB die Erhaltung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit des Handwerks und die Sicherung des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft. | ||
3) Dem Gesetzgeber steht die Befugnis zu, Berufsbilder festzulegen und damit die freie Berufswahl in diesem Bereich zu verengen. Er darf abei typisieren und braucht Spezialisierungstendenzen nur in gewissem Umfang zu berücksichtigen. | ||
4) Es entspricht dem Schutzgedanken des Art.12 Abs.1, einem Berufsbewerber eine Ausnahmebewilligung nach § 7 Abs.2, § 8 HwO zu erteilen, wenn es eine übermäßige, nicht zumutbare Belastung darstellen würde, ihn auf den Nachweis einer fachlichen Befähigung gerade in der Form der Ablegung der Meisterprüfung zu verweisen. | ||
* * * | ||
Beschluss | Entscheidungsformel: | |
§§§ |
71.021 | Wiedereinsetzung | |
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LB 1) Weder dem § 35a StPO noch einer sonstigen Rechtsnorm kann entnommen werden, daß der Betroffene auch auf eine mögliche Verlängerung der Anfechtungsfrist gemäß § 43 Abs.2 StPO hingewiesen werden muß. | ||
LB 2) Nach allgemeiner Rechtsansicht genügt eine Belehrung über die gesetzliche Anfechtungsfrist, während die konkrete Berechnung ihres Laufes der eigenen Verantwortlichkeit des Betroffenen überlassen bleibt; es ist kaum möglich, aber auch nicht erforderlich, in einer Rechtsmittelbelehrung auf sämtliche Modalitäten einer Fristenberechnung hinzuweisen. | ||
§§§ |
71.022 | 2.Rundfunkentscheidung | |
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1) Die Tätigkeit der Rundfunkanstalten vollzieht sich im öffentlich-rechtlichen Bereich. Die Rundfunkanstalten stehen in öffentlicher Verantwortung, nehmen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr und erfüllen eine integrierende Funktion für das Staatsganze. Ihre Tätigkeit ist nicht gewerblicher oder beruflicher Art. | ||
2) Der Bund kann nicht kraft seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für die Verkehr- und Verbrauchersteuer durch eine Fiktion die in der Veranstaltung von Rundfunksendungen bestehende Tätigkeit der Rundfunkanstalten für den Bereich des Umsatzsteuerrechts in eine Tätigkeit gewerblicher oder beruflicher Art umdeuten. | ||
LB 3) Zur abweichenden Meinung des Richters Geller und Dr Rupp, siehe BVerfGE_31,334 = www.dfr/BVerfGE, Abs.52 ff. | ||
LB 4) Zur abweichenden Meinung der Richter Dr Geiger, Dr Rink und Wand, siehe BVerfGE_31,337 = www.dfr/BVerfGE, Abs.58 ff. | ||
§§§ |
71.023 | Bebauungspläne | |
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LB 1) Gegen die Verletzung wirtschaftlicher Interessen allein eröffnet Art.19 Abs.4 GG keinen Rechtsweg. | ||
LB 2) Art.103 Abs.1 GG garantiert nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weder eine bestimmte Verfahrensart (BVerfGE_6,19 <20>) noch ein Rechtsgespräch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung. | ||
LB 3) Mit Rücksicht auf diese primär gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Auswirkungen eines Bebauungsplanes ist das den einzelnen Bundesländern nach § 47 VwGO freigestellte Normenkontrollverfahren dort, wo es durch ein entsprechendes Landesgesetz eingeführt worden ist, lediglich als ein zusätzlicher Rechtsbehelf anzusehen, der zwar im erweiterten Sinne Rechtswegqualität besitzt in bezug auf die Anfechtung von Bebauungsplänen durch Art.19 Abs.4 GG jedoch nicht geboten ist. | ||
LB 4) Die vom Beschwerdeführer angegriffene Auslegung der Vorbehaltsklausel des § 47 VwGO durch das Oberverwaltungsgericht Bremen kann daher im vorliegenden Fall Art.19 Abs.4 GG unter keinem denkbaren Gesichtspunkt verletzen. | ||
* * * | ||
T-71-03 | Verfassungsbeschwerde - Bebauungsplan | |
"4. Ein Bebauungsplan soll nach § 1 Abs.1 und 2 BBauG im Rahmen der städtebaulichen Entwicklung die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke verbindlich "leiten". Bereits aus diesem Gesetzeswortlaut folgt, daß zur Durchsetzung derartiger Pläne weitere hoheitliche Einzelmaßnahmen notwendig sind. Der Bebauungsplan selbst gestaltet für sich allein noch keine Rechte um, kann also auch nicht unmittelbar in bestehende Rechtspositionen des Bürgers eingreifen und ihn insoweit in seinen Grundrechten beeinträchtigen. Dazu bedarf es vielmehr stets einzelner Vollzugsakte der Verwaltung, sei es im Rahmen eines Umlegungs- oder Enteignungsverfahrens, sei es im Rahmen eines Bauantragsverfahrens. Gegen diese Maßnahmen ist der Rechtsweg entweder nach den §§ 157 ff BBauG zu den Baulandgerichten oder nach den §§ 40 ff VwGO zu den Verwaltungsgerichten gegeben. In beiden Verfahren ist die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplanes, auf dem die Vollzugsakte beruhen, inzidenter in vollem Umfang, dh auch am Maßstab des Bundesrechts einschließlich des Verfassungsrechts zu prüfen; damit ist auch in bezug auf die anzuwendende Rechtsnorm ein umfassender und ausreichender Rechtsschutz gewährleistet. | ||
Soweit der Bebauungsplan selbst in bezug auf den wirtschaftlichen Wert der Grundstücke Nachteile für den Bürger zur Folge haben kann, handelt es sich lediglich um latent vorhandene mittelbare Auswirkungen, die sich erst im Augenblick der Verwertung des Grundstücks durch den jeweiligen Eigentümer -- sei es durch ein Bauvorhaben, sei es durch Verkauf -- aktualisieren. Erst im Rahmen der hierzu notwendigen Rechtshandlungen kann sich eine unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung einstellen, die wiederum in dem dann gegebenen Verfahren gerichtlich voll nachprüfbar ist. Gegen die Verletzung wirtschaftlicher Interessen allein eröffnet Art.19 Abs.4 GG im übrigen keinen Rechtsweg (BVerfG, Beschluß vom 27.April 1971 -- 2 BvR 708/65 -). Darüber hinaus kann der einzelne Bürger, der schon vor dem Erlaß ihn betreffender Vollzugsakte oder vor der beabsichtigten Verwertung seines Grundstücks künftige Rechtsbeeinträchtigungen durch den Bebauungsplan für sich befürchtet, vorab eine Klärung durch eine Bauvoranfrage herbeiführen. Diese hätte wiederum einen klagefähigen und ggf. in drei Gerichtsinstanzen voll nachprüfbaren Verwaltungsakt einschließlich dessen Rechtsgrundlage zur Folge. | ||
5. Mit Rücksicht auf diese primär gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Auswirkungen eines Bebauungsplanes ist das den einzelnen Bundesländern nach § 47 VwGO freigestellte Normenkontrollverfahren dort, wo es durch ein entsprechendes Landesgesetz eingeführt worden ist, lediglich als ein zusätzlicher Rechtsbehelf anzusehen, der zwar im erweiterten Sinne Rechtswegqualität besitzt (vgl früher zu § 25 VGG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.Juni 1960 -- BVerfGE_11,232 <233> -), in bezug auf die Anfechtung von Bebauungsplänen durch Art.19 Abs.4 GG jedoch nicht geboten ist. Die vom Beschwerdeführer angegriffene Auslegung der Vorbehaltsklausel des § 47 VwGO durch das Oberverwaltungsgericht Bremen kann daher im vorliegenden Fall Art.19 Abs.4 GG unter keinem denkbaren Gesichtspunkt verletzen. Das gilt auch für die dem Beschwerdeführer angeblich entgangene sichere Chance, daß das Oberverwaltungsgericht bei der vom Beschwerdeführer für richtig gehaltenen Auslegung der streitigen Vorbehaltsklausel den angefochtenen Bebauungsplan wegen der auch vom Bundesverwaltungsgericht zu § 2 Abs.6 BBauG in Verbindung mit § 187 BGB vertretenen Rechtsauffassung für unwirksam erklärt hätte. | ||
6. Die Entscheidung verstößt auch nicht gegen Art.103 Abs.1 GG. Diese Vorschrift garantiert nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weder eine bestimmte Verfahrensart (BVerfGE_6,19 <20<) noch ein Rechtsgespräch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung. | ||
Schließlich liegt ein Verstoß gegen Art.3 Abs.1 GG nicht schon deshalb vor, weil das Oberverwaltungsgericht in einem früheren Verfahren nach § 47 VwGO einen anderen Bebauungsplan der Stadt Bremen materiell geprüft und für unwirksam erklärt hat. Hierin kann eine willkürlich verschiedene und deshalb verfassungsrechtlich zu beanstandende Sachbehandlung durch das Gericht nicht gesehen werden." | ||
Auszug aus BVerfG U, 27.07.71, - 2_BvR_443/70 -, www.dfr/BVerfGE, Abs.10 ff | ||
§§§ |
71.024 | Anerkennung-Kriegsdienstverweigerer | |
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Ist über den Antrag eines Soldaten auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nocht nicht rechtskräftig entschieden und verweigert der Soldat in dieser Zeit beharrlich den Gehorsam, so verstößt weder die Bewertung seines Verhaltens als strafbare Gehorsamsverweigerung im Sinne des § 20 Abs.1 Nr.2 Wehrstrafgesetz noch eine daran anknüpfende Ahndung mit Jugendarrest gegen sein Grundrecht aus Art.4 Abs.3 GG. Dies gilt auch dann, wenn die Sanktion erst nach seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer verhängt wird. | ||
LB 2) Zu abweichenden Meinung der Richter Geller und Dr Rupp, siehe BVerfGE_32,51 ff. | ||
LB 3) Zur abweichenden Meinung des Richters Seuffert, siehe BVerfGE_32,53 f. | ||
§§§ |
71.025 | Betriebsbetreuungsrecht | |
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1) Der Begriff "Wohnung" in Art.13 Abs.1 GG ist weit auszulegen; er umfaßt auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume. | ||
2) Die Auslegung der Begriffe "Eingriffe und Beschränkungen" in Art.13 Abs.3 GG muß dem verschiedenen Schutzbedürfnis einerseits der privaten Wohnräume, andererseits der Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume Rechnung tragen. | ||
§§§ |
71.026 | Gesundbeter | |
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Zur Ausstrahlungswirkung des Grundrechts der Glaubensfreiheit auf die Bestrafung wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 330c StGB). | ||
§§§ |
71.027 | Beförderungssteuer | |
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Beschuss | Entscheidungsformel: | |
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T-71-04 | Bundesverwalunt + Landesauftragsverwaltung | |
§ 9 Abs.2 FVG aF war mit dem Grundgesetz vereinbar. | ||
1. Der Wortlaut des § 9 FVG aF läßt sich mit Art.108 GG aF noch in Einklang bringen: Denn § 9 Abs.1 geht ausdrücklich davon aus, daß die Verwaltung der Umsatzsteuer und der Beförderungsteuer der Oberfinanzdirektion - und zwar durch Verwaltungsangehörige des Bundes - obliegt. Und § 9 Abs.2 spricht nur davon, daß die Oberfinanzdirektion "bei der Bearbeitung" der Umsatz - und Beförderungsteuer die Hilfe der Finanzämter in Anspruch nehmen kann. Das läßt sich zwanglos dahin verstehen, daß jedenfalls nicht bloß formal, sondern materialiter die gesamte rechtliche Verantwortung für die Verwaltung der Umsatz- und Beförderungsteuer bei der Oberfinanzdirektion liegt, daß in ihr die grundsätzlichen Entscheidungen für die Verwaltung der beiden Steuern getroffen werden und daß dort Teile der Bearbeitung der Umsatz- und Beförderungsteuer verbleiben (es heißt nicht "zur Bearbeitung" ..., sondern "bei der Bearbeitung" ...), daß die Finanzämter also nicht einfach allgemein die Umsatzsteuer und Beförderungsteuer verwalten. Das läßt sich im Bereich der Steuerverwaltung, die verfassungsrechtlich nur in einem mühsamen Kompromiß untergebracht werden konnte, das von Anfang an auf eine Verzahnung von Bundes- und Landesverwaltung und auf eine Zusammenarbeit von Bundes- und Landesfinanzbehörden angelegt war, rechtfertigen. | ||
Die verfassungsrechtlichen Bedenken richten sich gegen das, was in der Praxis aus jenem § 9 Abs.2 FVG aF geworden ist: die faktische Verwaltung der Umsatz- und Beförderungsteuer durch die Finanzämter. Sollte diese Praxis verfassungswidrig sein, so wäre damit die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Vorschrift selbst noch nicht zu verneinen. Es wäre zunächst Sache der zuständigen Gerichte, jener Praxis entgegenzutreten. | ||
2. Die Vorlagen des Bundesfinanzhofs wenden sich ausschließlich gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs.2 FVG aF Dazu ist unter Berücksichtigung der Auslegung, daß jedenfalls nach dieser Vorschrift der Schwerpunkt der Bearbeitung der Umsatz- und Beförderungsteuer bei den Finanzämtern liegen soll, im einzelnen zu sagen: | ||
a) In der im Ringen mit den Besatzungsmächten mühsam zustande gebrachten Finanzverfassung des Grundgesetzes war, was die vorgeschriebene bundeseigene Verwaltung für die Umsatz- und Beförderungsteuer anlangt, die Lage von Anfang an so exzeptionell und einzigartig, daß sie nicht einfach durch Rückgriff auf hergebrachte Rechtsinstitute wie Amtshilfe, Organleihe oder nach dem Grundgesetz in einzelnen Fällen zulässige Mischverwaltung juristisch zureichend systematisiert werden konnte. Aus der Zusammenschau dieser Institute und anderer im Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht für Sonderlagen getroffenen Regelungen - Unterscheidung von Kompetenz und Ausübung der Kompetenz, Lindauer Abkommen, Notstandsverfassung mit ihren Kompetenzverschiebungen, Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden in der Kriminalpolizei und in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (Art.73 Nr.10 GG, Art.91 GG), Verwaltungsabkommen zur Erweiterung der räumlichen Zuständigkeit der Polizei der Länder bei der Verbrechensbekämpfung usw - läßt sich allerdings argumentieren, daß die Verwirklichung der bundeseigenen Verwaltung für die Umsatz- und Beförderungsteuer in der hier vorgesehenen Weise der Verfassung nicht widerspricht. | ||
b) Im Bereich des Art.108 GG aF ist das sonst (Art.83 ff GG) bestimmte Verhältnis zwischen Bundesverwaltung und Landesauftragsverwaltung in besonderer Weise abgewandelt. Einerseits hat die Bundesverwaltung allgemeine Weisungsrechte gegenüber Mittel- und Unterbehörden des Landes (Art.108 Abs.4 Satz 2 zweiter Halbsatz aF), ohne daß Dringlichkeit (Art.85 Abs.3 Satz 2 GG) vorausgesetzt ist; daraus ergeben sich zulässige Verwaltungsbeziehungen zwischen Landesbehörden und Bundesbehörden. Andererseits werden die Leiter der Mittelbehörden im Benehmen mit den Landesregierungen bestellt (Art.108 Abs.1 Satz 3 nF). Das hat weiter zu der ungewöhnlichen Einrichtungen von Behörden - den Oberfinanzdirektionen - geführt, die sowohl mit Verwaltungsangehörigen des Bundes, wie mit solchen des Landes besetzt sind und deren Leiter sowohl Bundesbeamter wie Landesbeamter und gleichzeitig Leiter der Mittelbehörde der Bundesverwaltung wie Leiter der Mittelbehörde der Landesverwaltung (als solcher nach Art.85 Abs.2 Satz 3, Art.108 Abs.3 Satz 3 aF im Einvernehmen mit der Bundesregierung bestellt) ist (§§ 5, 6 FVG aF, §§ 8, 9 FVG nF). Das Grundgesetz hatte also hier Verhältnisse geschaffen oder doch vorgezeichnet, denen gegenüber die sonst geltenden Grundsätze der Unterscheidung von Bundes- und Landesverwaltung nicht ohne weiteres anwendbar erscheinen. | ||
c) Eine brauchbare Alternative ergab sich nicht; es war allen Kundigen von Anfang an klar, daß die Finanzverfassung in diesem Punkt nur praktikabel war, wenn die Umsatz- und Beförderungsteuer zum wesentlichen Teil von den Finanzämtern bearbeitet wird. Jede andere Regelung, etwa die Einrichtung besonderer Bundessteuerämter für diese Steuern neben den für die Einkommen- und Körperschaftsteuern zuständigen Finanzämtern, hätte überflüssige Doppelarbeit oder unsinnigen Verwaltungsaufwand bedeutet; sie mußte sich von selbst verbieten, wenn man davon ausgeht, daß eine Verfassung eine rechtsstaatliche und zugleich ordentlich funktionierende Finanzverwaltung sichern will. Die damit verbundenen Erschwerungen des Verfahrens wären zudem den Steuerpflichtigen gegenüber kaum vertretbar gewesen, während die Regelung des § 9 Abs.2 BVG aF keine erkennbaren Rechtsverkürzungen oder Nachteile für die Steuerpflichtigen mit sich bringt. | ||
d) Hinzu kommt, daß diese Regelung - nachdem sie seinerzeit vom Bund und den (im Bundesrat beteiligten) Ländern einhellig beschlossen wurde - zwanzig Jahre lang einverständlich und unangefochten angewandt wurde, ohne daß ihre Verfassungsmäßigkeit - sei es in einem Normenkontrollverfahren, sei es auf andere Weise - von einem Beteiligten in Zweifel gezogen wurde. Auch die Steuergerichte einschließlich des Bundesfinanzhofs selbst haben in diesen Jahren in ständiger Rechtsprechung - trotz im Schrifttum immer erhobener Bedenken - § 9 Abs.2 FVG aF dahin gewürdigt, daß er unter der Geltung des Art.108 GG aF die einzige Regelung war, die zu einer praktikablen Verwaltung der Umsatz- und Beförderungsteuer führte. Anders ist nicht zu erklären, daß das vorlegende Gericht seine verfassungsrechtlichen Bedenken erst von dem Augenblick an nicht mehr überwinden konnte, in dem davon ausgegangen werden durfte, daß durch eine Verfassungsänderung die genannten Steuern (soweit sie überhaupt bestehen blieben) der Auftragsverwaltung der Länder zugewiesen wurden. Auch Steuerpflichtige haben bis zum Ergehen der dem gegenwärtigen Verfahren zugrunde liegenden Vorlagebeschlüsse das Bundesverfassungsgericht niemals gegen Gerichtsentscheidungen, die § 9 Abs.2 FVG aF als verfassungsmäßig behandelt haben, angerufen. | ||
3. Wo all dies zusammentrifft, läßt sich eine Verfassungswidrigkeit der angegriffenen, eine exzeptionelle Sonderlage regelnden Vorschrift nicht mit hinreichender Evidenz feststellen; sie ist vielmehr als verfassungsrechtlich legitimiert anzusehen, zumal diese Entscheidung den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten allgemeinen Verfassungssatz (vgl BVerfGE_4,115 <139>) unberührt läßt, daß weder der Bund noch die Länder über ihre im Grundgesetz festgelegten Kompetenzen verfügen können, daß Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern auch nicht mit Zustimmung der Beteiligten zulässig sind und daß das Grundgesetz eine sogenannte Mischverwaltung, soweit sie nicht ausdrücklich zugelassen ist, ausschließt." | ||
Auszug aus BVerfG B, 21.10.71, - 2_BvL_6/69 -, www.dfr/BVerfGE, | ||
§§§ |
71.028 | Stichtagsregelung | |
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1) Im Zuge der durch Art.21 GG geprägten Entwicklung von der liberalen parlamentarisch-repräsentativen Demokratie zu einer mehr radikalegalitären parteienstaatlichen Demokratie ist die den Abgeordneten in Bund und Ländern gewährte Aufwandsentschädigung zunehmend zu einem Gehalt oder einer Besoldung geworden. | ||
2) Das Abgeordnetenruhegeld ist ein Annex dieser Besoldung; seine verfassungsrechtliche Zulässigkeit ergibt sich aus dem Bezug des Art.21 Abs.1 S.1 GG zu Art.48 Abs.3 S.1 GG in Verbindung mit Art.38 Abs.1 S.2 GG. | ||
LB 3) Zur abweichenden Meinung der Richter Dr Leibholz, Dr v Schlabrendorff und Dr Rink, siehe BVErFGE_32,170 ff= www.dfr/BVerfGE, Abs.43 ff. | ||
§§§ |
71.029 | Habilitation | |
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LB 1) Die Beschwerdeführerin gehört zu dem Kreis der habilitationsreifen Habilitanten. Die Regelungen in §§ 2, 5, 21b BWGöD schließt sie von der Wiedergutmachung nach diesem Gesetz aus. Sie wird also wie dargelegt, durch diese Regelung in ihrem Grundrecht aus Art.3 Abs.1 GG verletzt. | ||
LB 2) Zur abweichenden Meinung der Richter Geller und Wand, siehe BVerfGE_32,188 ff. | ||
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Beschluss | Entscheidungsformel: | |
§§§ |
71.030 | Amtsbezüge/Amtsbezeichnung |
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1) Es gibt keine Subsidiarität des Normenkontrollverfahrens gegenüber einem möglichen legislativen Akt des Bundes, der ebenfalls zur Beseitigung des Landesgesetzes führen könnte. | |
2) Nach der Neufassung des Art.75 GG durch das 22.Änderungsgesetz zum Grundgesetz ist es zweifelsfrei geworden, daß die Länder nach Art.98 Abs.3 GG auch die Zuständigkeit besitzen, für ihre Richter ein "besonderes" Besoldungsgesetz zu schaffen. | |
3) Die Rahmenvorschriften für das allgemeine Besoldungsrecht der Länder, zu deren Erlaß der Bund zuständig ist, sind, bezogen auf ihren Inhalt, "etwas anderes" als die besonderen Rahmenvorschriften für die besonderen Richterbesoldungsgesetze der Länder im Sinne des Art.98 Abs.3 GG. Solche Rahmenvorschriften hat der Bund bisher nicht erlassen. Deshalb sind die Länder derzeit in ihrer auf Art.98 Abs.3 GG gestützten Gesetzgebung frei. | |
LB 4) Zur abweichenden Meinung der Richter Geller, Dr Rupp und Wand, siehe BVerfGE_32,227 ff. = www.dfr/BVerfGE, Abs.79 ff. | |
LB 5) Zur abweichenden Meinung des Richters Dr Geiger, siehe BVerfGE_32,242 ff = www.dfr/BVerfGE, Abs.123 ff. | |
LB 6) Zur abweichenden Meinung der Richter Seuffert, Dr Leibholz und Dr Rink, siehe BVerfGE_32,249 ff. = www.dfr/BVerfGE, Abs.137 ff. | |
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Beschuss | Entscheidungsformel: |
§§§ |
[ 1970 ] | RS-BVerfG - 1971 | [ 1972 ] [ ] |
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§§§