BVerwG |
2004 (6) |
151-180 |
| [ 2003 ][ « ][ ][ 2005 ] | [ ] |
BVerwG, U, 21.10.04, - 4_C_3/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BImSchG_§ 15 Abs.1, BImSchG_§ 15 Abs.2, BImSchG_§_16 Abs.1, BImSchG_§_67 Abs.2, BImSchG_§_67 Abs.4; BImSchV_Anh_Nr.1.6; UVPG_§ 25 Abs.2 S.1 Anl Nr.1, Nr.1.6; BauNVO_§_16 Abs.2 Nr.1, BauNVO_§_16 Abs.5, BauNVO_§_19 Abs.2, BauNVO_§_23 Abs.1, BauNVO_§_23 Abs.3;
Windfarm, Änderung einer - / immissionsschutzrechtliche Genehmigung / Änderungsgenehmigung / Umweltverträglichkeitsprüfung / Aussetzung des Verfahrens / Windkraftanlage / Rotor / Grundfläche / Baugrenze.
1) Wird eine genehmigungsbedürftige oder eine gemäß § 67 Abs.2 BImSchG anzuzeigende Windfarm durch Hinzutreten einer weiteren Windkraftanlage geändert, richtet sich die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung nach §§ 15, 16 BImSchG. Das gilt unabhängig davon, wer Betreiber der Windfarm ist und ob im konkreten Fall eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss.
2) Die Fläche, die vom Rotor einer Windkraftanlage überstrichen werden kann, ist bei der Ermittlung der Grundfläche der Anlage nicht mitzurechnen.
3) Im Bebauungsplan dürfen sowohl Baugrenzen festgesetzt werden, die allein für Fundament und Turm gelten, als auch Baugrenzen, die sich darüber hinaus auf den Rotor der Windkraftanlage beziehen.
§§§
04.152 Deutsches Volkstum |
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BVerwG, U, 21.10.04, - 5_C_13/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(01) BVFG_§_6 Abs.2;
Bekenntnis zum deutschen Volkstum, durchgängiges / zeitliche Beschränkung der Fiktion / Bekenntnisfähigkeit / deutsches Volkstum.
1) § 6 Abs.2 Satz 1 BVFG (F 2001) erfordert ein durchgängiges positives Bekenntnis zum deutschen Volkstum in dem Zeitraum zwischen dem Eintritt der Erklärungs- bzw Bekenntnisfähigkeit und dem Verlassen der Aussiedlungsgebiete.
2) Die Fiktion eines Bekenntnisses zum deutschen Volkstum wirkt nicht über die Zeit hinaus, in der ein solches Bekenntnis für den Betreffenden mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war.
§§§
BVerwG, U, 21.10.04, - 5_C_30/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BSHG_§_11 Abs.1 S.1, BSHG_§_76 ff; SGB-VIII_§_39 Abs.6
Anrechnung von Kindergeld auf Jugendhilfeleistungen / Kindergeld / Jugendhilfe / Sozialhilfe - Anrechnung von Kindergeld / Pflegegeld nach SGB-VIII - Anrechnung von Kindergeld / Pflegeperson - Kindergeld als Einkommen.
Kindergeld, das auf einen Jugendhilfebedarf anzurechnen ist, kann sozialhilferechtlich nicht als Einkommen des Kindergeldbeziehers angerechnet werden.
§§§
04.154 Pflichtzugehörigkeit |
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BVerwG, B, 21.10.04, - 6_B_60/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
IHKG_§_2 Abs.1, IHKG_§_2 Abs.2, IHKG_§_3 Abs.4 S.3; GewO_§_6 S.2
Industrie- und Handelskammer / Steuerberaterkammer / Pflichtzugehörigkeit / Doppelpflichtzugehörigkeit / Steuerberatungsgesellschaft.
Eine Steuerberatungsgesellschaft mit beschränkter Haftung kann gleichzeitig zur Industrie- und Handelskammer und zur Steuerberaterkammer pflichtzugehörig sein.
§§§
BVerwG, U, 27.10.04, - 10_C_2/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.105 Abs.2 a
Zweitwohnungssteuer / Aufwandsteuer / Mischnutzung der Wohnung / Leerstandszeiten / Einkommensteuer.
Wird eine Zweitwohnung vom Wohnungsinhaber sowohl selbst genutzt als auch vermietet, sind die Zeiten eines Wohnungsleerstandes, für die eine Eigennutzungsmöglichkeit rechtlich nicht ausgeschlossen worden ist, grundsätzlich den Zeiträumen zuzurechnen, in denen die Wohnung für Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs vorgehalten wird (Bestätigung von BVerwGE 115, 165 <170>; Abgrenzung zu BFHE 197, 151).
§§§
04.156 Kriegsdienstverweigerer |
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BVerwG, B, 27.10.04, - 6_B_54/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG Art.4 Abs.3; KDVG_§_1, KDVG_§_2 Abs.2;
Kriegsdienstverweigerung / deutsche Staatsangehörigkeit / isoliertes Verfahren auf Anerkennung.
Ein Ausländer, der sich gegenüber der Heranziehung zum Militärdienst im Heimatland auf das Grundrecht aus Art.4 Abs.3 GG beruft, hat keinen Anspruch auf Durchführung eines förmlichen Anerkennungsverfahrens.
§§§
BVerwG, U, 28.10.04, - 2_C_13/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BUKG_§_12; TGV_§_2; (SA) VwVfG_§_48;
Bescheid über Bewilligung von Trennungsgeld / Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes / Änderung der Sachlage / nachträglich rechtswidrig gewordener Dauerverwaltungsakt / Jahresfrist für Rücknahme / Kenntnis der Rechtswidrigkeit / Wissen um Änderung des Sachverhalts bei Verkennung der Rechtsnatur des Verwaltungsaktes.
1) Ein Bescheid über die Bewilligung von Trennungsgeld zugunsten eines Beamten, dem die Umzugskostenvergütung zugesagt worden ist, kann nach § 48 VwVfG zurückgenommen werden, wenn der Beamte nicht länger umzugsbereit ist.
2) Ist die Bewilligungsbehörde der irrigen Auffassung, der Bewilligungsbescheid begründe erst in Verbindung mit weiteren, anhand der monatlich vorzulegenden Forderungsnachweise zu treffenden Feststellungen einen Anspruch auf Trennungsgeld für den jeweiligen Monat, beginnt die Frist für die Rücknahme des Bewilligungsbescheides, sobald die Behörde erkannt hat, dass es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, der nachträglich wegen Wegfalls der Umzugsbereitschaft rechtswidrig geworden ist.
§§§
BVerwG, B, 05.11.04, - 10_B_6/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
DRiG_§_45 Abs.2; VwGO_§_138 Nr.1;
Vereidigung / ehrenamtlicher Richter / Besetzungsmangel / vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts / Heilung.
Wirkt ein ehrenamtlicher Richter an einer mündlichen Verhandlung ohne die zu Beginn seiner Amtszeit gebotene Vereidigung mit, so ist das Gericht im Sinne des § 138 Nr.1 VwGO nicht vorschriftsmäßig besetzt (stRspr). Dieser Mangel lässt sich durch nachgeholte Vereidigung nur beheben, wenn die mündliche Verhandlung in ihren wesentlichen Teilen wiederholt wird.
§§§
BVerwG, B, 08.11.04, - 4_BN_39/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauNVO_§_1 Abs.5, BauNVO_§_1 Abs.9, BauNVO_§_8
1) § 8 BauNVO lässt die Festsetzung eines Gewerbegebiets zu, in dem nur Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude zulässig sind.
2) Ein Einzelhandelsbetrieb mit einer Nutzfläche von höchstens 400 m2 kann als "Nachbarschaftsladen" oder " Convenience-Store" ein festsetzungsfähiger Anlagentyp im Sinne vom § 1 Abs.9 BauNVO sein.
§§§
04.160 Straßenbauvorhaben |
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BVerwG, B, 10.11.04, - 4_B_57/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwVfG_§_76, VwVfG_§_77, VwVfG_§_78;
Planfeststellungsbeschluss / Planaufhebung / Planänderung / Zusammentreffen mehrerer Vorhaben.
Wenn zwei Straßenbauvorhaben zusammen planfestgestellt worden sind und eines nicht mehr durchgeführt werden soll, sind sowohl die Regelungen über die Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses (§ 77 VwVfG) als auch diejenigen über die Planänderung (§ 76 VwVfG) anzuwenden. Mithin kann von einem neuen Planfeststellungsverfahren nicht abgesehen werden, wenn die durch eine Teilaufhebung des Planfeststellungsbeschlusses herbeigeführte Planänderung nicht nur von unwesentlicher Bedeutung (§ 76 Abs.2 VwVfG) ist.
§§§
BVerwG, B, 10.11.04, - 6_BN_3/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(He) SOG_§_71a
Gefahr / Gefahrenabwehr / Gefahrenverdacht / Gefahrenvorsorge / so genannte gefährliche Hunde / Liste von Hunderassen / Bestimmtheitsgrundsatz.
Die Einführung von Listen mit Rassen so genannter gefährlicher Hunde muss der Gesetzgeber selbst verantworten. Dagegen darf er die Festlegung der einzelnen in die Liste aufzunehmenden Hunderassen dem Verordnungsgeber überlassen (wie Urteil vom 3.Juli 2002 BVerwG 6 CN 8.01 BVerwGE 116, 347).
§§§
BVerwG, U, 10.11.04, - 9_A_67/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.2 Abs.2, GG_Art.14 Abs.1; AEG_§_18 Abs.1 S.2, AEG_§_20 Abs.1, AEG_§_20 Abs.2 S.2; BImSchG_§_41, BImSchG_§_42, BImSchG_§_43 Abs.1 S.1 Nr.1 VwVfG_§_72 Abs.1, VwVfG_§_73 Abs.1 S.2, VwVfG_§_73 Abs.3 S.1; 16.BImSchV_§_1 Abs.1, 16.BImSchV_§_1 Abs.2 S.1, 16.BImSchV_§_2 Abs.1 Nr.2;
Schallschutz / Neubau / bauliche Änderung / wesentliche Änderung / Schienenweg / Bahnstrecke / bauliche Erweiterung / Parallellage / Entwidmung / Funktionsloswerden / Summenpegel.
Der Begriff des Schienenweges in § 1 der 16.BImSchV ist nicht funktions-, sondern trassenbezogen zu verstehen. Für die Abgrenzung zwischen dem Bau eines neuen und der Änderung eines bestehenden Schienenweges kommt es deshalb auf das räumliche Erscheinungsbild im Gelände an. Die Schaffung einer S-Bahnstrecke in enger Parallellage zu einer vorhandenen Fernbahnstrecke ist hiernach als Änderung eines Schienenwegs zu qualifizieren (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 3.März 1999 BVerwG 11 A 9.97 Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr.26).
§§§
04.163 Berufungsverfahren |
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BVerwG, B, 12.11.04, - 1_B_33/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_130a; EntlG Art.2 § 5 Abs.1;
Entscheidung ohne mündliche Verhandlung / vereinfachtes Berufungsverfahren.
Eine bei erstmaliger Befassung mit der Sache vom Berufungsgericht durchgeführte mündliche Verhandlung steht einer Entscheidung im Verfahren nach § 130a VwGO nicht entgegen, wenn nach Aufhebung eines Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht die Voraussetzungen dieser Vorschrift in Bezug auf den Verfahrensabschnitt nach der Zurückverweisung erfüllt sind.
§§§
04.164 alternative Wertermittlung |
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BVerwG, B, 16.11.04, - 4_B_71/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_154 Abs.2; VwGO_§_132 Abs.2 Nr.1; WertV_§_13, WertV_§_14, WertV_§_27;
LB 1) Die Tatsache, daß das BVerwG sich zu einer Rechtsfrage noch nicht geäußert hat implementiert nicht automatisch eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage.
LB 2) Das ist insbesondere nach ständiger Rechtsprechfung dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage ohne weiteres beantworten lässt.
Z-453 Zulassungsgrund: "grundsätzlich Bedeutung"
"...1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor. (Abs.2)
a) Dies gilt zunächst für die Frage, ob der Anfangs- und der Endwert im Sinne des § 154 Abs.2 BauGB in Verbindung mit der Wertermittlungsverordnung (zukünftig: WertV) getrennt voneinander ermittelt werden müssen. (Abs.3)
Der Zulassungsgrund des § 132 Abs.2 Nr.1 VwGO setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Nicht jede Frage, zu der sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht geäußert hat, führt indessen auf eine erst im Revisionsverfahren zu klärende Thematik. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter
Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt. So liegt es hier. (Abs.4)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.2 ff
Z-454 Bodenwert: sanierungsbedingte Erhöhung
"... Nach § 154 Abs.2 BauGB besteht die durch die Sanierung bedingte, nach § 154 Abs.1 BauGB ausgleichspflichtige Erhöhung des Bodenwerts des Grundstücks aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert), und dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt (Endwert). Mehr als die Anordnung, dass es auf die Differenz zwischen Anfangs- und Endwert ankommt, gibt die Vorschrift nicht her. Wie die Beschwerde selbst einräumt, verhält sie sich namentlich nicht zu der Frage, wie die Differenz und insbesondere die für sie maßgeblichen Anfangs- und Endwerte zu ermitteln sind. Dies ist für die Gutachterausschüsse vielmehr in § 28 WertV geregelt (BVerwG, Urteil vom 17.Mai 2002 BVerwG 4 C 6.01 NVwZ 2003,211 ). Gemäß dessen Absatz 3 Satz 1 ist bei der Ermittlung des Anfangs- und Endwerts der Wert des Bodens ohne Bebauung durch Vergleich mit dem Wert vergleichbarer unbebauter Grundstücke, also im Vergleichswertverfahren (§§ 13, 14 WertV), zu ermitteln; die für Sanierungsgebiete geltenden §§ 26 f WertV gelten entsprechend. (Abs.5)
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass das Vergleichsverfahren nur anzuwenden ist, wenn ausreichende Daten zur Verfügung stehen, die gewährleisten,
dass der Verkehrswert und im Falle der Sanierung dessen Erhöhung zuverlässig zu ermitteln sind. Fehlt es an aussagekräftigem Datenmaterial, ist eine andere geeignete Methode anzuwenden (BVerwG, Beschluss vom 16.Januar 1996 BVerwG 4 B 69.95 NVwZ-RR 1997, 155). Zulässig ist jede Methode, mit der der gesetzliche Auftrag, die Bodenwerterhöhung und damit den Ausgleichsbetrag nach dem Unterschied zwischen Anfangs- und Endwert zu ermitteln, erfüllt werden kann. Dies kann ohne Zweifel auch ein Verfahren sein, in dem wie in dem hier angewandten und vom Berufungsgericht im Einzelnen beschriebenen so genannten Zielbaumverfahren Anfangs- und Endwert nicht getrennt festgestellt werden, sondern der Endwert aus dem festgestellten Anfangswert und dem modellhaft berechneten Betrag der sanierungsbedingten Wertsteigerung abgeleitet wird (vgl auch Kleiber in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 28 WertV, Rn.14)." (Abs.6)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.5 f
Z-455 Wertermittlungsmethode: Alternative
"... b) Die Frage, ob eine alternative Wertermittlungsmethode nur dann zur Ermittlung des sanierungsbedingten Ausgleichsbetrages iSd § 154 Abs.2 BauGB in Verbindung mit der WertV anwendbar ist, wenn sie nach dem Stand der Wertermittlungswissenschaft zum Zeitpunkt ihrer Anwendung die objektivste und zuverlässigste alternative Wertermittlungsmethode, mindestens jedoch genauso objektiv und zuverlässig wie die in der WertV geregelten Wertermittlungsmethoden, namentlich die Vergleichswertmethode, ist, rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass es vor dem Hintergrund fehlender Vergleichsfälle alternative Wertermittlungsmethoden gibt, die der vom Berufungsgericht gebilligten Zielbaummethode überlegen sind. Dass nur eine Methode gewählt werden darf, die den in der WertV normierten gleichwertig ist, versteht sich von selbst. Im Übrigen hat der Senat bereits klargestellt, dass bei jeder Wertermittlung die allgemein anerkannten Grundsätze der Wertermittlungsverordnung beachtet werden müssen (Urteil vom 17.Mai 2002, aaO). (Abs.7)
c) Auch die Frage, ob eine alternative Wertermittlungsmethode nur dann zur Ermittlung des sanierungsbedingten Ausgleichsbetrages iSd § 154 Abs.2 BauGB in Verbindung mit der WertV anwendbar ist, wenn die mit ihr unterstellten empirischen Zusammenhänge methodisch-wissenschaftlich, beispielsweise durch eine
Regressionsanalyse abgesichert sind, führt nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision. Ob eine alternative Wertermittlungsmethode in gleichem Maße wie die in der WertV geregelten Methoden geeignet ist, die Steigerung des Bodenwerts zuverlässig zu erfassen, ist eine Tat- und keine Rechtsfrage. (Abs.8)
d) Schließlich ist die Revision nicht wegen der Frage zuzulassen, ob bei der Anwendung alternativer Wertermittlungsmethoden sämtliche, jedenfalls alle der Gemeinde bekannten und nahe liegenden Vorkehrungen zu treffen sind, die eine möglichst objektive und zuverlässige Anwendung dieser Methode gewährleisten. Die Beschwerde beanstandet im Gewand der Grundsatzrüge, dass das Berufungsgericht die Erhebung der für die Anwendung der Zielbaummethode maßgeblichen Daten durch angeblich nicht ausreichend geschulte Mitarbeiter der Beklagten gebilligt hat. Mit einer auf den konkreten Streitfall zugeschnittenen Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung lässt sich die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache jedoch nicht belegen. (Abs.9)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.7 ff
Z-456 Aufklärungspflicht: Verletzung
"2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs.2 Nr.3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen. Das Berufungsurteil leidet nicht unter dem geltend gemachten Verfahrensfehler der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs.1 VwGO). Das Berufungsgericht war nicht verpflichtet, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens wie beantragt der Frage nachzugehen, ob es in anderen Städten ausreichende geeignete Vergleichsfälle gibt, die die Anwendung des Vergleichswertverfahrens ermöglichen. Es durfte die von der Beschwerde vermisste weitere Aufklärung des Sachverhalts mit der Begründung ablehnen, es gebe keinen Anlass, an den Darstellungen des Gutachterausschusses und der in der mündlichen Verhandlung vernommenen amtlichen Auskunftsperson, des bei der Beklagten beschäftigten Dipl-Ing K, zu zweifeln, wonach sich nicht nur in Leipzig, sondern auch in anderen Großstädten in den neuen Bundesländern (Dresden, Chemnitz) kein zusammenhängendes Areal finden lasse, das den Endwert für ein hinsichtlich Substanz und Funktion intaktes städtebauliches Gefüge repräsentieren könnte. (Abs.10)
Ein Tatsachengericht darf sich grundsätzlich ohne Verstoß gegen die ihm obliegende Aufklärungspflicht auf gutachterliche Stellungnahmen stützen, die im gerichtlichen oder behördlichen Verfahren eingeholt worden sind. Das Einholen
zusätzlicher Gutachten oder gutachterlicher Stellungnahmen liegt gemäß § 98 VwGO iVm den § 404 Abs.1, § 412 Abs.1 ZPO in seinem Ermessen. Das Ermessen wird nur dann fehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von einer Einholung absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Dass dem so gewesen sei, zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie behauptet selbst nicht, dem Berufungsgericht irgendeinen Anhaltspunkt dafür geliefert zu haben, dass die Darstellung des Gutachterausschusses und des Dipl-Ing K unzutreffend sein könnte. Auch in der Beschwerdebegründung beschränkt sie sich auf die rein spekulative Vermutung, durch Rückgriffe auf Vergleichsfälle in anderen Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern und dort durchgeführte Sanierungsmaßnahmen, auch aus früherer Zeit, könne mit großer Sicherheit nach der Vergleichswertmethode der sanierungsbedingte Wertzuwachs auch aktueller Leipziger Bewertungsfälle bestimmt bzw. prognostiziert werden. Den entsprechend formulierten Beweisantrag, der erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage "ins Blaue hinein" erhoben worden ist, hat die Vorinstanz zu Recht abgelehnt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.März 1995 BVerwG 11 B 21.95 Buchholz 310 § 86 Abs.1 VwGO Nr.266). Das Berufungsgericht war nicht gehalten, auf bloßen Zuruf alle 83 deutschen Großstädte daraufhin untersuchen zu lassen, ob es in ihnen vergleichbare Sanierungsgebiete wie dasjenige in Leipzig gibt, in dem das klägerische Grundstück belegen ist." (Abs.11)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.10 f
§§§
BVerwG, U, 18.11.04, - 4_CN_11/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(98) BauGB_§_1 Abs.6, BauGB_§_1a Abs.2 Nr.2, BauGB_§_214 Abs.3 S.2; (93) UVPG_§_2 Abs.1 S.1 bis 3, UVPG_§_17; BImSchG_§_45 Abs.1, BImSchG_§_47 Abs.1; 22.BImSchV_§_3 Abs.4, 22.BImSchV_§_9, 22.BImSchV_§_10 Abs.2
Planfeststellungsersetzender Bebauungsplan / UVP-Pflicht / unterlassene Umweltverträglichkeitsprüfung / Abwägungsgebot / Abwägungsmangel / Beachtlichkeit / Kausalität / Luftreinhaltung / Immissionswertüberschreitung / Luftreinhalteplanung / sonstige Schutzmaßnahmen.
§ 17 UVPG 1993 unterwirft die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen auch unter dem Blickwinkel der Umweltverträglichkeitsprüfung den Anforderungen, die sich aus dem Abwägungsgebot ergeben.
Die Umweltverträglichkeitsprüfung schafft die methodischen Voraussetzungen dafür, die Umweltbelange vorab so herauszuarbeiten, dass sie in gebündelter Form in die Abwägung eingehen.
Ob Defizite im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung auf den Abwägungsvorgang im Übrigen durchschlagen, richtet sich nach dem für Abwägungsmängel maßgeblichen Fehlerfolgenregime (hier: § 214 Abs.3 Satz 2 BauGB 1998).
Je größeres Gewicht den Belangen des Umweltschutzes in der Abwägung zukommt, desto eher ist davon auszugehen, dass sich methodische Unzulänglichkeiten bei der Ermittlung, Beschreibung und Bewertung im Sinne des § 2 Abs.1 Satz 2 UVPG auf das Planungsergebnis ausgewirkt haben können.
Luftreinhaltepläne sind ein wesentliches, aber nicht das einzige Instrument, um die Einhaltung der in der 22.BImSchV festgesetzten Immissionswerte sicherzustellen (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 26.Mai 2004 BVerwG 9 A 6.03 NVwZ 2004, 1237).
§§§
BVerwG, U, 18.11.04, - 4_C_1/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_35 Abs.1 Nr.6, BauGB_§_35 Abs.3; LuftVG_§_12, LuftVG_§_17, LuftVG_§_19 Abs.1, LuftVG_§_19 Abs.5
Gebot der Rücksichtnahme / Windenergieanlage / Segelfluggelände / luftverkehrsrechtliche Genehmigung / Bauschutzbereich / Entschädigung / Priorität.
Die allgemeinen baurechtlichen Vorschriften, zu denen auch das Gebot gehört, mit Vorhaben im Außenbereich auf den luftverkehrsrechtlich genehmigten Betrieb eines Segelfluggeländes Rücksicht zu nehmen, werden nicht durch vorrangige Regelungen des Luftverkehrsgesetzes verdrängt.
§§§
BVerwG, B, 25.11.04, - 1_B_24/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
AuslG_§_85 Abs.1; StAG_§_4 Abs.3 S.1; SGB-I_§_30 Abs.3 S.2 AG-StlMindÜbK Art.2
Gewöhnlicher Aufenthalt / Auslandsaufenthalt / ius soli / Staatsangehörigkeitserwerb durch Geburt.
§§§
04.168 Personalratsmitglieder |
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BVerwG, B, 25.11.04, - 6_P_6/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
(NW) PersVG_§_40 Abs.1;
Freigestellte Mitglieder von Personalvertretungen / Fahrten zum Sitz der Personalvertretung / Reisekostenvergütung statt Trennungsentschädigung.
Nach § 40 Abs.1 NWPersVG erhalten freigestellte Mitglieder von Personalvertretungen bei gleichzeitigem Ausschluss von Trennungsentschädigung Reisekostenvergütung für die täglichen Fahrten zum Sitz der Personalvertretung, wenn und soweit die Fahrtstrecken größer sind als diejenigen zwischen Wohnort und Dienststelle vor der Freistellung.
§§§
BVerwG, B, 29.11.04, - 5_B_105/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_60, VwGO_§_67;
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand / Prozessvertreter einer Behörde / Organisationsverschulden / Fristenkontrolle / Berufungsbegründungsfrist.
Die zu einer wirksamen Fristenkontrolle erforderlichen Handlungen wie die Eintragung im Fristenkalender müssen zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen werden.
LB 2) An Behördenvertreter sind bei der Prüfung des Verschuldens im Sinne des § 60 Abs.1 VwGO der gleiche Sorgfaltsmaßstab anzulegen wie für Rechtsanwälte
Z-457 Behördenvertreter + Fristenkontrolle
"Zutreffend und von der Klägerin anerkannt, hat das Berufungsgericht bei der Prüfung eines Verschuldens im Sinne des § 60 Abs.1 VwGO für die nach § 67 Abs.1 Satz 3 VwGO zur Prozessvertretung befugten Personen den gleichen Sorgfaltsmaßstab angelegt wie für Rechtsanwälte. Denn in Bezug auf § 60 VwGO gelten die für die Prozessvertretung durch Rechtsanwälte entwickelten Grundsätze für die Prozessvertretung durch die in § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO genannten Personen entsprechend (BVerwG, Beschluss vom 22.Dezember 2000 BVerwG 11 C 10.00). (Abs.3)
Zu Recht hat das Berufungsgericht ein Verschulden der zur Prozessvertretung befugten Personen der Klägerin darin gesehen, dass sie nicht für eine Büroorganisation gesorgt haben, die eine hinreichende Fristenkontrolle sicherstellt. Hierfür müsste sichergestellt sein, dass die zur wirksamen Fristenkontrolle erforderlichen Handlungen dazu gehört die Eintragung im Fristenkalender zum frühestmöglichen Zeitpunkt, Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses und der Notierung des Zustellungsdatums bzw. der Frist auf dem Schriftstück entgegenstünde, ist weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass es mit der Büroorganisation der Klägerin zur Eingangsbehandlung von Fristsachen bisher zu keinen Komplikationen gekommen sein mag, belegt ihre Tauglichkeit für eine zuverlässige Fristenkontrolle nicht. Denn
diese Büroorganisation schließt Fehlerquellen in der Zeit von der ersten Eingangsbehandlung durch die prozessvertretungsbefugte Beamtin bis zur erneuten Schreibtischvorlage unnötigerweise nicht aus. Die nicht ausreichende Büroorganisation war für die Fristversäumung auch (Abs.5)
ursächlich. Denn bei einer routinemäßigen Eintragung der Frist im Tisch-/Fristenkalender zusammen mit den anderen Erledigungen im Anschluss an die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses ein Augenblicksversagen ist für diese Erledigungen nicht vorgetragen wäre die Frist von der Vertreterin erkannt worden. (Abs.6)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.3 ff
§§§
BVerwG, B, 02.12.04, - 1_B_57/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.116 Abs.1; VwGO_§_43 Abs.1;
Berechtigtes Interesse / Feststellungsinteresse / Statusdeutscher / Statusfeststellung.
Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 43 Abs.1 VwGO an der auf einen vergangenen Zeitraum bezogenen Feststellung der Eigenschaft als Statusdeutscher (Art.116 Abs.1 GG) besteht nicht bereits aufgrund des Bestreitens des Status seitens der Behörde.
§§§
BVerwG, B, 02.12.04, - 5_B_108/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
AsylbLG_§_7
Schmerzensgeld / Einkommen / Vermögen.
Schmerzensgeld gehört zum Einkommen bzw Vermögen im Sinne von § 7 Abs.1 Satz 1 AsylbLG, das vor Leistungsbezug aufzubrauchen ist. § 77 Abs.2 und § 88 Abs.3 Satz 1 BSHG finden keine entsprechende Anwendung.
§§§
04.172 Anhörungsmitteilung |
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BVerwG, B, 10.12.04, - 1_B_12/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_86 Abs.1, VwGO_§_108 Abs.2, VwGO_§_125 Abs.2 S.3, VwGO_§_130a;
Vereinfachtes Berufungsverfahren / Anhörungsmitteilung ohne Äußerungsfrist / gerichtliche Sachaufklärungspflicht / Ermittlung ausländischen Rechts / ausländische Rechtslage und Rechtspraxis / "eigene Rechtskunde" des Gerichts.
Verfügt das Gericht eine Anhörung nach § 130a Satz 2, § 125 Abs.2 Satz 3 VwGO ohne ausdrückliche Befristung, so muss es einen angemessenen Zeitraum für eine Stellungnahme der Beteiligten abwarten, bevor es ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheidet. Auch muss es vor einer Entscheidung einen Antrag auf Einräumung einer bestimmten Äußerungsfrist bescheiden.
§§§
04.173 Milieuschutzsatzung |
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BVerwG, B, 17.12.04, - 4_B_85/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
BauGB_§_172 Abs.1, BauGB_§_172 Abs.4;
Erhaltungssatzung / Milieuschutzsatzung / besondere städtebauliche Gründe / zeitgemäßer Ausstattungszustand / bauordnungsrechtliche Mindestanforderungen.
Änderungen baulicher Anlagen, die von vornherein nicht geeignet sind, sich auf die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung auszuwirken, unterfallen auch nicht dem Genehmigungsvorbehalt des § 172 Abs.4 Satz 3 Nr.1 BauGB.
Zu den Maßstäben, wann die Änderung einer baulichen Anlage nach § 172 Abs.4 Satz 3 Nr.1 BauGB der Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen dient.
§§§
BVerwG, B, 22.12.04, - 10_B_21/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.20 Abs.3, GG_Art.105 Abs.2a; VwGO_§_132 Abs.2 Nr.3; EG_Art.234
Hundesteuer / Erhöhung des Steuersatzes für Kampfhunde / Begriff der Kreuzung von Hunderassen / Bestimmtheitsgebot / Gleichbehandlung mit individuell gefährlichen Hunden / steuerliche Diskriminierung im Europarecht / Nicht-Vorlage an den EuGH als Verfahrensfehler.
1) Es kann mit dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit in Einklang stehen, wenn eine Gemeinde in einer Hundesteuersatzung nur die Hunde bestimmter, als gefährlich eingestufter Rassen und deren Kreuzungen einer erhöhten Steuer unterwirft, nicht aber zugleich die Hunde, die sich individuell als gefährlich erwiesen haben.
2) Es begründet keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs.2 Nr.3 VwGO, wenn ein Berufungsgericht eine europarechtliche Frage nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung nach Art.234 EG vorlegt und auch nicht die Revision zulässt.
§§§
BVerwG, B, 22.12.04, - 1_WB_41/03 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
WBO § 19 Abs.1 S.2;
Befehl / Ausführung / Feststellungsantrag / Feststellungsinteresse.
Zur Darlegung des Feststellungsinteresses nach Erledigung eines Befehls, wenn der Antragsteller aus der Bundeswehr ausgeschieden ist.
Z-458 Feststellungsinteresse bei erledigtem Befehl
"Der Befehl ist durch Ausführung und Zeitablauf erledigt. In einem solchen Fall ordnet § 19 Abs.1 Satz 2 WBO an, dass auf Antrag das Wehrdienstgericht auszusprechen habe, dass der Befehl rechtswidrig war. Die Darlegung eines besonderes Feststellungsinteresses verlangt § 19 Abs.1 Satz 2 WBO - anders als § 113 Abs.1 Satz 4 VwGO - seinem Wortlaut nach nicht. Das Feststellungsinteresse, welches sich auf den Befehl im materiellen Sinne bezieht (Böttcher/Dau, WBO, 4.Aufl, § 19 RNr.13), wird vielmehr kraft Gesetzes vermutet (stRspr: vgl Beschlüsse vom 17.Dezember 1975 BVerwG 1 WB 112.74 und vom 9.September 1992 BVerwG 1 WB 19.92 ). Damit trägt das Gesetz den Besonderheiten der Wehrbeschwerde gegen Befehle Rechnung. Befehle sind unverzüglich auszuführen (§ 11 Abs.1 Satz 2 SG), die Wehrbeschwerde aber darf frühestens nach Ablauf einer Nacht eingelegt werden (§ 6 Abs.1 WBO) und hat zudem keine aufschiebende Wirkung, befreit insbesondere nicht davon, einen Befehl auszuführen (§ 3 Abs.1 WBO), so dass typischerweise präventiver, auf Aufhebung rechtswidriger Befehle gerichteter Rechtsschutz zu spät käme und ohne die in die Vergangenheit gerichtete gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Befehls "unzulässige und unsachgemäße Befehle vielfach einer Nachprüfung überhaupt entzogen würden" (so die Begründung des Regierungsentwurfs einer Wehrbeschwerdeordnung, BTDrucks II/2359 S.13). (Abs.1)
Die damit grundsätzlich eröffnete Möglichkeit, den erledigten Befehl mit einem Feststellungsantrag anzugreifen, entbindet den Antragsteller jedoch nicht von der verfahrensrechtlichen Verpflichtung, substantiiert darzulegen, inwieweit er durch die angegriffene Anordnung unmittelbar in eigenen Rechten verletzt wird (Beschlüsse vom 8.Mai 2001 BVerwG 1 WB 19.01, vom 8.Mai 2001 BVerwG 1 WB 25.01, vom 19.Dezember 2001 BVerwG 1 WB 69.01 und vom 19.Juni 2002 BVerwG 1 WB 26.02). .. (Abs.2)"
Auszug aus: Originalurteil, Abs.1 f
§§§
04.176 Havarieentscheidung |
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BVerwG, B, 22.12.04, - 1_WB_52/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
WDO_§_93 Abs.1, WDO_§_93 Abs.3; Marinedienstvorschrift 160/1 Heft 7;
Maßnahme / Gutachten / innerdienstliche Untersuchung / Havarieentscheidung.
Die abschließende Havarieentscheidung, mit der mögliche Unfallursachen - objektiv unfallbezogen und ohne subjektive Schuldzuschreibung - festgestellt werden, bildet keine wehrdienstgerichtlich anfechtbare Maßnahme.
§§§
BVerwG, B, 23.12.04, - 10_B_25/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§_113 Abs.2, VwGO_§_113 Abs.3, VwGO_§_132 Abs.2;
Betragshöhe / Ermittlung / Berechnung / Neuberechnung / Rechenvorgang / Rechenwerk / Sachaufklärung / Spruchreife / Vorausleistungsbetrag.
Hat ein Gericht über die Änderung eines Verwaltungsakts zu entscheiden, der einen Geldbetrag festsetzt, so ist es nach § 113 Abs.2 Satz 2 VwGO unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen und in Abgrenzung zur (fristgebundenen) Möglichkeit der "Zurückverweisung" der Sache an die Behörde gemäß § 113 Abs.3 VwGO lediglich dazu berechtigt, die Neuberechnung des Geldbetrages als solche der Behörde zu überlassen (vgl bereits BVerwGE 87,288 <297>); notwendige Ermittlungen zu den für die Neuberechnung maßgebenden tatsächlichen Verhältnissen hat das Gericht hingegen selbst vorzunehmen.
§§§
BVerwG, B, 29.12.04, - 9_KSt_6/04 -
Originalurteil = www.BVerwG.de
VwGO_§ 87a Abs.1 Nr.5, VwGO_§_87a Abs.3, VwGO_§_151, VwGO_§_152 Abs.2, VwGO_§_162 Abs.1, VwGO_§_164, VwGO_§ 165, VwGO_§_173 S.1; ZPO_§_91 Abs.1 S.2; ZSEG_§_2 Abs.1 bis 3; JVEG_§_19, JVEG_§_20, JVEG_§_22, JVEG_§_25;
Kosten / Kostenfestsetzungsbeschluss / Erinnerung / Zuständigkeit / Berichterstatter/Spruchkörper / vorbereitendes Verfahren / Kostenerstattung / Entschädigung / Gerichtstermin / Zeitversäumnis / Verdienstausfall / juristische Person des öffentlichen Rechts / Behörde / Behördenvertreter / Terminswahrnehmung.
1) Die Zuständigkeit des Berichterstatters/Vorsitzenden für Entscheidungen gemäß § 87a Abs.1, 3 VwGO (hier: über Kosten) ist nicht mehr gegeben, wenn eine mündliche Verhandlung vor dem Spruchkörper stattgefunden hat und das Verfahren darin - streitig oder unstreitig - beendet worden ist.
2) Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden haben keinen Anspruch auf Entschädigung für die Zeitversäumnis wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins vor den Verwaltungsgerichten durch einen Bediensteten (§ 162 Abs.1, § 173 VwGO iVm § 91 Abs.1 Satz 2 ZPO, §§ 19 ff JVEG).
Z-459 Kostenentscheidung durch Berichterstatter
"1. Über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist gemäß § 165 Satz 2, § 152 Abs.2, § 151 VwGO durch den Senat in der bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung vorgesehenen Besetzung von drei Richtern zu entscheiden (§ 10 Abs.3 VwGO). Die Entscheidung fällt im vorliegenden Fall nicht in die Entscheidungszuständigkeit des Berichterstatters "über Kosten" gemäß § 87a Abs.1 Nr.5, Abs.3 VwGO, § 5 Abs.1 VerkPBG. Zwar handelt es sich auch bei der hier in Rede stehenden Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle um eine Entscheidung über "Kosten" iSv § 87a Abs.1 Nr.5 VwGO; denn die Vorschrift ist weit auszulegen (vgl BVerwG, Beschlüsse vom 13.März 1995 BVerwG 4 A 1.92 Buchholz 310 § 106 VwGO Nr.18 S.2 und vom 14.Februar 1996 BVerwG 11 VR 40.95 Buchholz 11 Art.140 GG Nr.57 S.12). Doch begründet § 87a Abs.1 und 3 VwGO nur dann eine Zuständigkeit des Berichterstatters, wenn die Entscheidung "im vorbereitenden Verfahren" ergeht. Diese Voraussetzung ist jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn wie hier eine mündliche Verhandlung vor dem Spruchkörper (Senat) stattgefunden hat (vgl Geiger, in Eyermann, VwGO, 11.Aufl 2000, § 87a Rn.3; Kuntze, in Bader, VwGO, 2.Aufl 2002, § 87a Rn.4) und das Verfahren darin beendet worden ist. Das gilt auch dann, wenn die Verfahrensbeendigung nicht auf einer Sachentscheidung beruht (so also enger wohl Geiger, aaO), sondern durch Abschluss eines Vergleichs erfolgt; denn auch dann fällt das Verfahren (anders
als etwa bei einer Vertagung) nicht wieder in das Stadium des vorbereitenden Verfahrens zurück. (Abs.4)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.4
Z-460 Kostenerstattung für Behördenvertreter
"2. Die gemäß § 165 iVm § 151, § 152 Abs.2 VwGO zulässige Erinnerung ist nicht begründet. (Abs.5)
Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Festsetzung des geltend gemachten Höchstsatzes von 13/Stunde für die durch die Teilnahme seines Behördenvertreters an der mündlichen Verhandlung des Senats entstandene Zeitversäumnis. Eine Versagung der dem Beklagten im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hierfür eingeräumten Erstattung von 2/Stunde ist dem Senat verwehrt wegen des Verbots einer Verböserung der angegriffenen Entscheidung zum Nachteil des Erinnerungsführers (Verbot der reformatio in peius), das auch im Erinnerungsverfahren gilt (vgl Happ, in Eyermann, aaO, § 165 Rn.8). (Abs.6)
Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören gemäß § 162 Abs.1 VwGO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. In der Verwaltungsgerichtsordnung fehlt eine nähere Festlegung, welche Aufwendungen im Einzelfall erstattungsfähig sind. In § 91 Abs.1 Satz 2 ZPO ist jedoch bestimmt, dass die Kostenerstattung auch die Entschädigung für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis umfasst und dass diese entsprechend den für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften zu
bemessen ist; diese Regelung ist im Verwaltungsprozess gemäß § 173 Satz 1 VwGO entsprechend anzuwenden (vgl BVerwG, Beschlüsse vom 6.Dezember 1983 BVerwG 4 A 1.78 Rpfleger 1984, 158 m Anm Hellstab und vom 12.Dezember 1988 BVerwG 1 A 23.85 Rpfleger 1989,255). Damit ist vorliegend entgegen der Annahme des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) in Bezug genommen, sondern das am 1.Juli 2004 in Kraft getretene Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG Art.2 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.Mai 2004, BGBl I S.718). Das neue Recht ist anzuwenden, weil die Überleitungsvorschrift des § 25 JVEG anders als bei den Sachverständigen, Dolmetschern oder Übersetzern, für die die Auftragserteilung maßgeblich ist bei den anderen zur Entschädigung Berechtigten darauf abstellt, ob der Berechtigte vor dem 1.Juli 2004 herangezogen wurde. Mit dem Begriff der "Heranziehung" stellt das Gesetz auf das tatsächliche Tätigwerden des Berechtigten, also darauf ab, ob die mündliche Verhandlung vor diesem Datum lag; das folgt im Übrigen daraus, dass der Begriff in § 18 und § 19 Abs.2 JVEG ebenfalls in diesem Sinne verwandt wird. Da hier die mündliche Verhandlung am 7.Juli 2004 stattgefunden hat, ist folglich das JVEG anwendbar. (Abs.7)
Nach § 19 Abs.1 JVEG erhalten Zeugen ua eine Entschädigung für Verdienstausfall
(§ 22 JVEG) in Höhe des regelmäßigen Bruttoarbeitslohns, maximal 17/Stunde. Soweit weder für Verdienstausfall noch für Nachteile bei der Haushaltsführung eine Entschädigung gewährt wird, erhalten sie eine Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG); diese beträgt 3/Stunde und entfällt, wenn dem Zeugen durch seine Heranziehung ersichtlich kein Schaden entstanden ist. (Abs.8)
a) Es entspricht herrschender unter der Geltung des früheren ZSEG entwickelter Auffassung, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden eine Entschädigung für die Zeitversäumnis eines Bediensteten durch die Wahrnehmung eines Gerichtstermins nicht beanspruchen können. Entscheidend wurde darauf abgestellt, dass § 2 Abs.1 Satz 1 ZSEG nach seinem Wortlaut an einen "Verdienstausfall" und damit an ein durch die konkrete Terminswahrnehmung verursachtes Vermögensopfer anknüpfte. Juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden können aber regelmäßig nicht geltend machen, dass ihnen durch die Entsendung eines Beamten oder Angestellten zu einem Verhandlungstermin in einem Rechtsstreit ein solcher finanzieller Nachteil entstanden sei (etwa in Gestalt einer Überstundenvergütung). Die allgemeinen Kosten für diesen Bediensteten haben keinen eindeutig kalkulierbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit, wie ihn § 2 Abs.2 ZSEG voraussetzte (hM; vgl BVerwG, Beschluss vom 12.Dezember 1988, aaO; BGH, Urteil vom 9.März 1976 VI ZR 98/75 NJW 1976, 1256 ;
OVG Lüneburg, Beschluss vom 20.Juni 1996 7 K 3827/91 NVwZ-RR 1997,143; OVG Koblenz, Beschluss vom 16.Dezember 1981 7 B 88/81 NJW 1982, 1115; VGH Mannheim, Beschlüsse vom 15.Februar 1990 2 S 2566/89 JurBüro 1990, 1005 und vom 12.November 1966 I 705/66 ESVGH 17,52). (Abs.9)
b) An dieser Auffassung ist auch in Ansehung der von einer gegenteiligen Ansicht (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 1990, 1341; OLG Bamberg, JurBüro 1992,242; OLG Karlsruhe, Rpfleger 1993, 484; OLG Hamm, NJW-RR 1997,767) daran in jüngerer Zeit zunehmend geäußerten Kritik festzuhalten (vgl ferner aus dem Schrifttum Olbertz, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 162 Rn.21-24; Belz, in Münchener Kommentar zur ZPO, Bd.1, 2.Aufl.2000, § 91 Rn.81; von Oppeln-Bronikowski, Rpfleger 1984,342, jeweils mwN). Auch das Inkrafttreten des JVEG gibt keinen Anlass zu einer Änderung dieser Auffassung. (Abs.10)
Der Senat räumt allerdings ein, dass die Teilnahme des Mitarbeiters einer juristischen Person an einem Gerichtstermin auch bei ihr zu einem betriebswirtschaftlich bezifferbaren Vermögensnachteil führen kann. Auch kann an der die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Begründung, eine Entschädigung für Zeitversäumnis scheide deshalb aus, weil der durch § 91 Abs.1 Satz 2 letzter Halbsatz ZPO in Bezug genommene § 2 Abs. 2 ZSEG
an den "Verdienstausfall" und damit an ein durch die konkrete Terminswahrnehmung verursachtes Vermögensopfer anknüpfe (BVerwG, Beschluss vom 12.Dezember 1988, aaO), schon deshalb nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden, weil die Verweisung in § 91 Abs.1 Satz 2 ZPO nur mehr als direkte Bezugnahme auf § 20 JVEG verstanden werden kann, der nur noch die Entschädigung für Zeitversäumnis regelt, während die Entschädigung für Verdienstausfall in § 22 JVEG eine eigenständige Regelung gefunden hat. (Abs.11)
Gleichwohl ist es nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt, die wirtschaftliche Betrachtungsweise der Gegenansicht auch auf den Bereich des Verwaltungsrechts und die dortige Prozessvertretung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden zu übertragen. Denn die entsprechende Anwendung der Vorschriften der ZPO und weiter des JVEG gilt gemäß dem Wortlaut des § 173 Satz 1 VwGO nur, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten (hier Verwaltungs-, dort Zivilprozess) dies nicht ausschließen. Hier bestehen solche Unterschiede, die dagegen sprechen, juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden eine Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG) wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins vor den Verwaltungsgerichten durch einen ihrer Bediensteten zuzubilligen; erst recht steht ihnen keine Entschädigung unter dem Aspekt des Verdienstausfalls zu (§ 22
JVEG). Mit Blick auf das Wesen und die Aufgabe der öffentlichen Verwaltung ist für diesen Bereich eine grundsätzlich andere Bewertung geboten: (Abs.12)
Die öffentliche Verwaltung ist das Instrument, durch das der Staat gegenüber dem Bürger handelt. Sie wird grundsätzlich aus allgemeinen Steuermitteln finanziert und nur in einem beschränkten Umfang und unter gesetzlich geregelten Voraussetzungen durch die Erhebung von Gebühren oder Beiträgen, die an eine konkrete Verwaltungsleistung (oder an die Möglichkeit ihrer Inanspruchnahme) anknüpfen. Die öffentliche Verwaltung wird vom Staat nicht um ihrer selbst willen unterhalten und vorgehalten, sondern zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gegenüber dem Bürger. Zu den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung gehört es auch, dass sie ihr Handeln vor Gericht zu verantworten und zu vertreten hat, wenn der davon betroffene Bürger, gestützt auf die Rechtsschutzgarantie des Art.19 Abs.4 Satz 1 GG, es einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen lässt. Dies ist eine Errungenschaft des Rechtsstaates und gehört kraft Verfassungsrechts zu den originären Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Hierzu zählen auch die Wahrnehmung eines Gerichtstermins in einem gegen sie geführten Verwaltungsrechtsstreit und der Zeitaufwand dafür. (Abs.13)
Vor diesem Hintergrund ist es verfehlt, einen entschädigungspflichtigen
"Nachteil" der juristischen Person des öffentlichen Rechts oder der Behörde darin zu sehen, dass der den Gerichtstermin wahrnehmende Bedienstete in dieser Zeit nicht "seinen anderen Aufgaben" an "seinem eigentlichen Arbeitsplatz" nachgehen könne und dass diese entweder von ihm selber durch Überstunden oder von anderen Bediensteten (mit-)erledigt werden müssten, wobei Letztere dann wiederum nicht für andere Aufgaben zur Verfügung stünden (so aber OLG Stuttgart, aaO; OLG Karlsruhe, aaO; ähnlich Olbertz, aaO, § 162 Rn.22; von Oppeln-Bronikowski, a.a.O. ). Dabei wird verkannt, dass die rechtswahrende Vertretung ihres Handelns vor Gericht mit zum Aufgabenkreis der öffentlichen Verwaltung gehört; dieses zu vertreten liegt nicht außerhalb ihrer "eigentlichen" Aufgaben, von deren Erledigung sie bzw. der den Gerichtstermin wahrnehmende Bedienstete abgehalten würde. (Abs.14)
Dem steht auch nicht entgegen, dass die juristische Person des öffentlichen Rechts oder Behörde anerkannter Maßen sich vor Gericht auch durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen kann, wenn sie das aus sachlich gerechtfertigten Gründen etwa wegen der Schwierigkeit der Sache oder wegen nur beschränkten eigenen juristischen Sachverstandes für notwendig hält, und dass im Rahmen der anwaltlichen Vergütung auch dessen Zeitaufwand abgegolten wird. Man mag es als "unbillig" bezeichnen, dass die Behörde dafür "benachteiligt" wird, wenn sie zur
Vermeidung höherer Prozesskosten auf die Beauftragung eines Rechtsanwalts verzichtet (so von Oppeln-Bronikowski, aaO). Doch liegt der Grund dafür darin, dass der Gesetzgeber für die Rechtsanwaltschaft mit dem Vergütungssystem der früheren Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, nunmehr des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes, ein für diesen Berufsstand günstigeres Sonderrecht geschaffen hat. (Abs.15)
Es wäre dem Gesetzgeber im Übrigen innerhalb der Grenzen des Art.19 Abs.4 GG wohl unbenommen, für die Zeitversäumnis von Behördenvertretern bei der Terminswahrnehmung vor Gericht eine angemessene Entschädigungspflicht ausdrücklich festzusetzen. Diese für die Erhebung eines Entgelts für staatliches Tätigwerden erforderliche gesetzliche Grundlage vermag der Senat vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen in der allgemeinen Verweisung des § 173 Satz 1 VwGO auf die entsprechend anzuwendende Zivilprozessordnung und von dort (§ 91 Abs.1 Satz 2 ZPO) auf die wiederum lediglich entsprechend anzuwendenden Vorschriften für die Entschädigung von Zeugen nicht zu erkennen. Hiergegen spricht zudem, dass der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren das gerichtliche Kostenrecht mehrfach geändert und grundlegend reformiert hat, erst jüngst durch das erwähnte Kostenrechtsmodernisierungsgesetz. Dabei hat er namentlich die Vorschriften über die Entschädigung von Zeugen, nun §§ 19 ff JVEG, um
Detailregelungen ergänzt (zB betreffend Nachteile für Teilzeitbeschäftigte bei der Haushaltsführung). Von einer Regelung der hier in Rede stehenden Frage hat er dagegen abgesehen, obwohl ihm die Kritik an der überwiegenden Ablehnung einer Entschädigung der Zeitversäumnis behördlicher Terminvertreter bekannt sein musste. ..." (Abs.16)
Auszug aus: Originalurteil, Abs.6 ff
§§§
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