2013   (3)  
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13.061 Aufenthalt in einer Einrichtung

  1. VG Saarl,     U, 29.03.13,     – 3_K_1260/10 –

  2. EsG

  3. SGB-I_§_30 Abs.3 S.2, SGB-I_§_37 S.1; SVwVfG_§_62; BGB_§_288 Abs.2; VwGO_§_182 Abs.2 S.2

  4. Kostenerstattung nach Fallübernahme / gewöhnlicher Aufenthalt

 

1) Mit einer Fallübernahmeerklärung tritt der örtlich zuständig gewordene Jugendhilfeträger in den zwischen dem ursprünglichen Träger und einem freien Träger der Jugendhilfe aufgrund einer Kostenzusage zustande gekommenen öffentlich-rechtlichen Vertrag als Rechtsnachfolger ein.

 

2) Zur örtlichen Zuständigkeit bei Aufenthalt in einer Einrichtung.

 

3) Wenn - wie hier - ein Vorverfahren nicht stattfindet, sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, die im Verwaltungsverfahren entstanden sind, weder in unmittelbarer noch in analoger Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO erstattungsfähig.

 

Rechtsmittel-AZ: 3_A_139/12

§§§

13.062 Yeziden im Irak

  1. OVG Saarl,     U, 29.03.13,     – 3_A_456/11 –

  2. EsG

  3. AufenthG_§_60 Abs.1 -7,

  4. Keine Gruppenverfolgung für Yeziden im Irak

 

Auch unter Auswertung aktueller Erkenntnisse hält der Senat

 

daran fest, dass für Yeziden im Irak mangels Verfolgungsdichte weder eine landesweite noch eine auf die Stammsiedlungsgebiete im Norden des Irak begrenzte regionale Gruppenverfolgung seitens staatlicher oder nicht-staatlicher Akteure iSd § 60 Abs.1 AufenthG iVm den Art.10, 9 QRL anzunehmen ist.

§§§

13.063 Normenkontrolle

  1. OVG Saarl,     U, 29.03.13,     – 2_C_252/10 –

  2. EsG

  3. BauGB_§_1 Abs.7, BauGB_§_2 Abs.1; VwGO_§_47 Abs.1 Nr.1 Abs.2, Abs.2a; KSVG_§_27 Abs.1 Nr.2, KSVG_§_30 Abs.1 S.1, KSVG_§_27 Abs.5,

  4. NormenkontrollSVwVfG_§_20 Abs.5 verfahren / Befangenheit von Gemeinderatsmitgliedern

 

1) Liegt das Grundstück des Antragsteller eines Normenkontrollverfahrens nicht im Geltungsbereich des den Verfahrensgegenstand bildenden Bebauungsplans, so kann ihm das in § 1 Abs.7 BauGB 2004 normierte Abwägungsgebot eigentumsrechtlichen Drittschutz gegenüber planbedingten Beeinträchtigungen vermitteln, die in adäquat kausalem Zusammenhang mit der Planung stehen und die mehr als nur geringfügig sind. Dazu gehört insbesondere ein abwägungsbeachtliches Interesse des Betroffenen, von nachteiligen Auswirkungen einer durch die planerische Entscheidung ermöglichten potentiell störträchtigen Nutzung verschont zu bleiben.

 

2) Das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Normenkontrollverfahrens ist nur dann zu verneinen, wenn sich mit Gewissheit feststellen lässt, dass die Unwirksamkeitserklärung der Norm dem jeweiligen Antragsteller unter keinem Gesichtspunkt einen rechtlichen Vorteil verschaffen kann und wenn sie sich darüber hinaus auch nicht zumindest aus tatsächlichen Gründen als vorteilhaft erweist.

 

3) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich das Rechtsschutzinteresse nicht unter Verweis auf die Anhängigkeit eines Rechtsstreits verneinen, der die Anfechtung einer für Bauvorhaben im Geltungsbereich des Bebauungsplans erteilten Genehmigung betrifft.

 

4) Die Rechtsfolge des § 47 Abs.2a VwGO tritt "nur" ein, wenn der jeweilige Antragsteller ausschließlich Einwendungen erhebt, die er im Rahmen der förmlichen Planoffenlegung nicht oder nicht fristgemäß geltend gemacht hat.

 

5) Da das Baugesetzbuch keine abschließende Regelung der formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen für Bauleitpläne enthält, richtet sich das bei der Aufstellung von Bauleitplänen einzuhaltende Verfahren im Übrigen nach dem jeweiligen Landesrecht.

 

6) Der § 27 Abs.1 Nr.2 KSVG, der einem ehrenamtlich Tätigen, wozu nach dem § 30 Abs.1 Satz 1 KSVG die Mitglieder des Gemeinderats gehören, verbietet, an Entscheidungen mitzuwirken, wenn diese einer oder einem Angehörigen (§§ 27 Abs.5 KSVG, 20 Abs.5 SVwVfG) einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen können, soll "private" Interessenkonflikte ausschließen, die auf einer persönlichen oder sachlichen Beziehung zum Beratungsgegenstand und zur Beschlussfassung beruhen, und damit das Vertrauen der Bürger in eine saubere Kommunalverwaltung stärken. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, lässt sich nur aufgrund einer wertenden Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls beurteilen. Dabei ist zu beachten, dass eine das Verfahren zur Aufstellung von Bauleitplänen und damit im Ergebnis die Wahrnehmung der kommunalen Planungshoheit (§ 2 Abs.1 Satz 1 BauGB) gerade in Gemeinden mit "überschaubarer" Einwohnerzahl "blockierende" weite und schematische Handhabung der kommunalrechtlichen Mitwirkungsverbote nach den Befangenheitsvorschriften gegen Bundesrecht verstoßen würde.

 

7) Für die bei Verstößen gegen das Mitwirkungsverbot in dem § 27 Abs.6 Satz 1 KSVG normierte Folge der Unwirksamkeit ist nach dem saarländischen Kommunalrecht kein Raum für eine Kausalitätsbetrachtung hinsichtlich der Auswirkungen der Mitwirkung auf das Abstimmungsergebnis.

§§§

13.064 Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht

  1. OVG Saarl,     B, 30.03.13,     – 3_A_242/10 –

  2. EsG

  3. RGebStV_§_6 Abs.1, RGebStV_§_6 Abs.6 S.1; SchwAVO_§_3 Abs.1 Nr.5

  4. Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht / Bindung an Bescheide der Sozialbehörden

 

1) Die Rundfunkanstalten sind bei der Entscheidung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs.1 RGebStV an die Bescheide der Sozialbehörden gebunden.

 

2) Nach § 6 Abs.6 Satz 1 RGebStV ist daher die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für den Kreis der Empfänger von Sozialleistungen grundsätzlich entsprechend der Gültigkeitsdauer des jeweiligen Bewilligungsbescheides zu befristen.

 

3) Die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht aus gesundheitlichen Gründen nach § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.8 iVm Abs.2 RGebStV setzt die Vorlage eines entsprechenden Feststellungsbescheides bzw die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises mit der Eintragung des Merkzeichens "RF" (vgl § 3 Abs.1 Nr.5 Schwerbehindertenausweisverordnung) voraus.

§§§

13.065 Erbbegräbnis

  1. VG Saarl,     E, 05.04.13,     – 3_K_530/12 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_75; GG_Art.3, GG_Art.14; Friedhofsatzung_§_28 Abs.2

  4. Nutzungsrecht an einem sog. Erbbegräbnis

 

Nutzungsrechte an einem sog Erbbegräbnis, die ohne zeitliche Beschränkung erworben wurden, können durch eine Änderung der Friedhofsordnung im Rahmen des Anstaltszwecks nachträglich zeitlich begrenzt und ihre Verlängerung von der Zahlung einer Gebühr abhängig gemacht werden.

 

LB 2) Frühere Erbbegräbnisse sind aufgrund des inzwischen eingetretenen Wandels der Rechtsauffassung als subjektiv-öffentliche Sondernutzungsrechte anzusehen.

 

LB 3) Ein solches öffentlich-rechtliches Sondernutzungsrecht an einem Familiengrab ist nicht unveränderbar. Kraft seiner Anstaltsautonomie ist ein Anstaltsträger nicht nur ermächtigt, Voraussetzungen und Umfang eines solchen Nutzungsrechts erstmals zu regeln. Er ist vielmehr auch befugt, die diesbezüglichen Bestimmungen durch -erstmalige- satzungsmäßige Anstaltsordnung oder durch deren Neufassung abzuändern, und zwar auch dann, wenn er sich diese Befugnis seinerzeit nicht ausdrücklich vorbehalten hatte, solange sich die Neuregelung im Rahmen von Anstaltszweck und Gesetz hält.

 

LB 4) Ein durch den Anstaltszweck gedecktes sachliches Bedürfnis, die weitere Nutzung der 1932 begründeten Erbbegräbnisrechte von der Zahlung einer Gebühr abhängig zu machen, ist schon allein deswegen anzuerkennen, weil zwischenzeitlich die Sach- und Personalkosten für die Anlegung, Unterhaltung und Erweiterung eines Friedhofs allgemein beträchtlich gestiegen sind, einem allzu starken Auseinanderklaffen von Einnahmen und Ausgaben entgegenzuwirken ist, es vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes aber unbillig wäre, mit den erhöhten Kosten nur die Neuerwerber von Grabstätten oder durch Verwendung allgemeiner Haushaltsmittel nur die Allgemeinheit, nicht aber auch die Inhaber alter Begräbnisrechte zu belasten.

 

Rechtsmittel-AZ: 1_A_327/13

§§§

13.066 Austauschsemester

  1. VG Saarl,     B, 05.04.13,     – 3K_1706/12 –

  2. EsG

  3. BAföG_§_7 Abs.2, BAföG_§_15b Abs.3

  4. Keine Förderung für Austauschsemester bei zwischenzeitlichem Ende der Bachelorausbildung

 

1) Zum förderungsrechtlichen Ende der Ausbildung (§ 15b Abs.3 BAföG)

 

2) Mit Abschluss der Ausbildung endet auch die Förderfähigkeit eines Austauschsemesters, das weder für die Inlandsausbildung obligatorisch war noch eine weitere Ausbildung iS des § 7 Abs.2 BAföG darstellt, noch zu einem erst später aufgenommenen Masterstudiengang gehört.

§§§

13.067 Polizeidienstunfähigkeit

  1. VG Saarl,     U, 09.04.13,     – 2_K_1071/11 –

  2. EsG

  3. SBG_§_45 Abs.3, SBG_§_127; BeamtStG_§_26 Abs.1 S.1 -3 BeamtStG_§_26 Abs.2

  4. Polizeidienstunfähigkeit unter Berücksichtigung anderweitiger Verwendungsmöglichkeit

 

Zur Polizeidienstunfähigkeit unter Berücksichtigung anderweitiger Verwendungsmöglichkeiten.

§§§

13.068 Außergewöhnliche Härte

  1. VG Saarl,     B, 11.04.13,     – 10_L_357/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_80 Abs.5; AufenthG_§_36 Abs.2

  4. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Rahmen des Familiennachzuges

 

Die Annahme einer außergewöhnlichen Härte im Sinne von § 36 Abs.2 AufenthG kann dann gerechtfertigt sein, wenn ein Elternteil nicht mehr in der Lage zur Kinderbetreuung und -erziehung ist.

§§§

13.069 Fernbleiben vom Dienst

  1. VG Saarl,     U, 12.04.13,     – 7_K_784/12 –

  2. EsG

  3. SDG_§_10 Abs.3, SDG_§_13 Abs.2 S.1; SBG_§_81 Abs.1 S.1; BeamtStG_§_47 Abs.1 S.1

  4. Landesdisziplinarrecht / Fernbleiben vom Dienst / Entfernung aus dem Beamtenverhältnis

 

Zur Disziplinierung eines Justizvollzugsbeamten, der über sechs Monate dem Dienst vorsätzlich und unentschuldigt fernbleibt (Entfernung).

§§§

13.070 Wahlprüfungsbeschwerde

  1. VerfGH,     U, 16.04.13,     – Lv_10/12 –

  2. VerfGH

  3. GG_Art.21; SVerf_Art.75 Abs.1 -2; VerfGHG_§_38 Abs.1 Nr.3; LWG_§_40 Abs.1, LWG_§_42, LWG_§_46 Abs.2

  4. Parteiaustritt nach Erlangung des Mandats / Berufung Listennachfolger

 

1) Zur Zulässigkeit einer Wahlprüfungsbeschwerde durch eine Fraktion gegen die Feststellung des wirksamen Mandatserwerbs einer Abgeordneten.

 

2) Der Austritt einer gewählten Bewerberin um das Mandat einer Abgeordneten aus der sie aufstellenden politischen Partei vor Zusammentritt des Parlaments führt nicht dazu, dass sie das Mandat nicht wirksam erworben hat.

§§§

13.071 Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar mbH

  1. VerfGH,     U, 16.04.13,     – Lv_15/11 –

  2. VerfGH

  3. GG_Art.21; SVerf_Art.63, SVerf_Art.97 Nr.1; VerGHG_§_40 Abs.3

  4. Organstreit

 

1) Eine politische Partei kann sich auf das Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien berufen, wenn sie rügt, dass eine ihr nahe stehende Stiftung gegenüber den anderen politischen Parteien nahe stehenden Stiftungen ungleich behandelt wird.

 

2) Eine in der Vergangenheit staatlich bewirkte Zuwendung von Vermögenswerten an politische Stiftungen verletzt das Recht auf Chancengleichheit einer - neu im Parlament vertretenen - politischen Partei auch dann nicht, wenn die früher bedachten politischen Stiftungen weiterhin an den Erträgen der Vermögenswerte partizipieren.

§§§

13.072 Absperr- und Sanierungsanordnung

  1. VG Saarl,     B, 23.04.13,     – 5_L_544/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_80 Abs.5; LBO_§3; SVwVfG_§_28 Abs.1, SVwVfG_§_28 Abs.2, SVwVfG_§_45 Abs.1 Nr.3 SVwVfG_§_45 Abs.2; SPolG_§_4, SPolG_§_5

  4. Rechtswidrige bauaufsichtliche Verfügung wegen fehlender Anhörung

 

1) Eine bauaufsichtliche Verfügung ist rechtswidrig, wenn vor ihrem Erlass nicht die nach § 28 Abs.1 SVwVfG vorgeschriebene Anhörung durchgeführt worden ist. Die Anhörung ist nicht nach § 28 Abs.2 Nr.1 SVwVfG entbehrlich, wenn zwischen der Kenntnis des Baumangels und dem Erlass der Verfügung mehr als zwei Wochen vergangen sind.

 

2) Für die Entscheidung im Eilverfahren kann hinsichtlich einer fehlenden Anhörung jedenfalls dann keine Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 SVwVfG unterstellt werden, wenn die Behörde fälschlicherweise davon ausgeht, dass die Anhörung entbehrlich sei.

§§§

13.073 Abordnungsverfügung

  1. VG Saarl,     U, 23.04.13,     – 2_K_1883/11 –

  2. EsG

  3. BBG_§_27

  4. Zur Rechtmäßigkeit einer Abordnungsverfügung eines Bundesbeamten

 

1) Die Abordnung eines Bundesbeamten zu einer dem bisherigen Amt entsprechenden Tätigkeit setzt nur einen sachlichen, die Ermessenentscheidung tragenden Grund voraus.

 

2) Zum Bewertungskatalog für Dienstposten bei der Bundesagentur für Arbeit.

§§§

13.074 Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung

  1. VG Saarl,     U, 23.04.13,     – 2_K_1817/11 –

  2. EsG

  3. GG_Art.33 Abs.2; BeamtStG_§_54 Abs.2 S.1; LGG_§_13; BGB_§_839

  4. Kein Anspruch auf Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung bei vom Beamten zu vertretendem Verzicht auf die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz

 

LB 1) Der Zulässigkeit der Schadensersatzklage steht nicht entgegen, dass es vorliegend an einem das Schadensersatzbegehren des Klägers konkretisierenden Antrag an den Dienstherrn mangelt, denn die Zulässigkeit einer auf Schadensersatz gerichteten allgemeinen Leistungsklage aus dem Beamtenverhältnis setzt gemäß § 54 Abs.2 Satz 1 BeamtStG lediglich die Durchführung eines Vorverfahrens voraus.

 

LB 2) Zwar fehlt es im konkreten Fall auch an der Durchführung eines solchen - auf die Gewährung von Schadensersatz gerichteten - Vorverfahrens. Aus Gründen der Prozessökonomie ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Durchführung des Vorverfahrens dann entbehrlich, wenn sich der Beklagte - wie hier - sachlich auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt hat, weil er damit zu erkennen gegeben hat, dass er das Schadensersatzbegehren nicht für berechtigt hält.

 

LB 3) Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung (nur) dann verlangen wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art.33 Abs.2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

 

LB 4) Die Prüfung der Frage "sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen" iSd § 13 LGG hätte sich hier allein deshalb aufgedrängt, weil der Kläger bereits im Jahr 1985 zum Vermessungsobersekretär ernannt worden war und damit ein um 13 Jahre höheres Rangdienstalter aufwies als die beiden Mitbewerberinnen, die erst im Jahr 1998 ein entsprechendes statusrechtliches Amt erlangt hatten. Nach dem Akteninhalt kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Öffnungsklausel des § 13 LGG hier zugunsten des Klägers hätte eingreifen müssen mit der Folge, dass ihm gegenüber den ausgewählten Bewerberinnen der Vorrang einzuräumen gewesen wäre.

 

LB 5) Nach dem im öffentlichen Recht geltenden Rechtsgedanken des § 839 Abs.3 BGB, der mit dem Rechtsinstitut des mitwirkenden Verschuldens nahe verwandt ist, tritt auch im Beamtenrecht eine Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln dann nicht ein, wenn der Beamte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, wenn also für den Nichtgebrauch eines Rechtsmittels kein hinreichender Grund bestand. Der Beamte hat kein Wahlrecht zwischen alsbaldigem Primärrechtsschutz gegen eine seiner Auffassung nach rechtswidrige Benachteiligung und einem späteren Schadensersatzbegehren. Dieser Vorrang des Primärrechtsschutzes verlangt von dem einzelnen Beamten, alles ihm zu Gebote Stehende zu tun, damit es erst gar nicht zum Schadenseintritt kommt. Hierzu gehört auch die

 

Rechtsmittel-AZ: 1_A_336/13

§§§

13.075 Folienstrohlagerhalle

  1. VG Saarl,     U, 24.04.13,     – 5_K_658/12 –

  2. EsG

  3. GG_Art.14; LBO_§_82 Abs.1, LBO_§_32 Abs.2 Nr.1; SVwVfG_§_39 Ans.1, SVwVfG_§_40

  4. Rechtmäßigkeit der Anordnung der Beseitigung einer landwirtschaftlichen Folienstrohlagerhalle wegen fehlender Widerstandskraft gegen Flugfeuer und strahlender Wärme

 

LB 1) Nach § 32 Abs.1 LBO müssen Dächer gegen eine Brandbeanspruchung von außen durch Flugfeuer und strahlende Wärme ausreichend lang widerstandsfähig sein (harte Bedachung). Bedachungen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, sind nach § 32 Abs.2 Satz 1 Nr.1 LBO bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 (nur) zulässig, wenn die Gebäude einen Abstand von der Grundstücksgrenze von mindestens 12 m einhalten.

 

LB 2) Die Begriffe, Anforderungen und Prüfung im Bezug auf das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen von Bedachungen sind in der DIN 4102 - Teil 7 geregelt. Zwar verweist § 32 LBO nicht auf diese Norm, sie ist jedoch als Technische Baubestimmung gleichwohl das Maß aller Dinge. Denn die Begriffe in § 32 LBO orientieren sich ohne Zweifel an dieser DIN.

 

LB 3) Für andere Dacheindeckungen ist die Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme durch eine Prüfung nachzuweisen. Einen solchen Nachweis hat der Kläger nicht erbracht. Der von ihm vorgelegte Prüfbericht attestiert der Folie aufgrund der Überwachungsprüfung (nur) eine Schwerentflammbarkeit (Baustoffklasse B 1 nach DIN 4102-1). Das beinhaltet nicht die Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme.

 

LB 4) Ein Bestandsschutz als Ausfluss der Eigentumsgarantie gemäß Art.14 Abs.1 GG kommt nur dann in Betracht, wenn der Baubestand zu einem namhaften Zeitpunkt formell und materiell rechtmäßig war.

 

LB 5) Nach der ständigen Rechtsprechung des OVG des Saarlandes setzt die Ordnungsmäßigkeit der Ermessensbetätigung in den Fällen der §§ 82 Abs.1 LBO 2004, 88 Abs.1 LBO 1996 bzw 104 Abs.1 Satz 1 LBO 1974 im Normalfall nicht mehr als die Feststellung der formellen und materiellen Illegalität der betreffenden Anlage voraus. Der Hinweis hierauf genügt dem Begründungserfordernis des § 39 Abs.1 SVwVfG.

§§§

13.076 Behandlung eines Fundtieres

  1. VG Saarl,     U, 24.04.13,     – 5_K_593/12 –

  2. EsG

  3. GG_Art20a; BGB_§_90 BGB_§_677, BGB_§_683, BGB_§_670; BGB_§_967 iVm AGJusG_§_29; TierSchG_§_1 S.1 +2, TierSchG_§_2, TierSchG_§_3 Nr.3

  4. Kostenübernahme für die Behandlung eines Fundtieres

 

1) Eine Gemeinde hat unter Anwendung der Grundsätze der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag die angemessenen Kosten für die Behandlung eines auf ihre Gemeindegebiet gefundenen Fundtieres zu übernehmen.

 

2) Ein gefundenes Tier, bei dem kein ausreichender Beweis dafür vorlegt, dass es herrenlos ist, ist als Fundtier zu behandeln.

 

3) Bei einem verletzten Tier, für das eine sofortige Behandlung erforderlich ist, ist eine Anzeige bei dem zuständigen Fundbüro vor Durchführung der Behandlung nicht erforderlich.

 

LB 4) Die Interpretation der Rechtslage durch das Gericht findet ihre Rechtfertigung vielmehr in dem im Jahr 2002 eingefügten Art.20a GG, der den Tierschutz zum Staatsziel erklärt. Adressat von Art.20a GG ist der Staat als Ganzes, dh der Bund, die Länder und die Gemeinden.

 

LB 5) Zwar ist in erster Linie der Gesetzgeber zum Handeln berufen. Wenn Art.20a GG neben der Gesetzgebung auch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung als Normadressaten benennt, so verdeutlicht dies, dass diese beiden staatlichen Gewalten durchaus auch eine eigenständige Bedeutung bei der Verfolgung des Staatsziels Tierschutz haben. Zu denken ist in diesem Zusammenhang insbesondere an eine etwa erforderliche Konkretisierung der Vorgaben des Gesetzgebers durch Verordnungsgebung, durch norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, durch Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe bzw Auslegung von Gesetzesbestimmungen; besonderes Gewicht erlangt das Staatsziel Tierschutz zudem bei der Ausfüllung von Ermessensvorschriften, hier ist das Schutzgebot des Art.20a GG Auslegungs- und Abwägungshilfe sowohl für die Verwaltung als auch die Rechtsprechung.

 

LB 6) Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund sind vorliegend die Wertungen des Tierschutzgesetzes - insbesondere die Verbote in § 1 Satz 2, § 3 Nr.3 TierSchG - im Rahmen der rechtlichen Ausgestaltung des Fundtierbegriffs durchaus zu beachten. Eine Auslegung und Verwaltungspraxis, die entgegen § 3 Nr.3 TierSchG davon ausgeht, dass aufgefundene Tiere in aller Regel ausgesetzt wurden und damit herrenlos sind, steht nicht in Einklang mit den normierten tierschutzrechtlichen Zielen.

 

LB 7) Gemäß § 3 Nr.3 TierSchG ist das Aussetzen eines Tieres verboten und ein Verstoß gegen dieses Verbot bußgeldbewehrt. Die vom Gericht favorisierte Auffassung, dass aufgefundene Tiere - außer in Fällen offensichtlicher Herrenlosigkeit - zunächst als Fundtiere im Sinne der §§ 965 ff BGB zu qualifizieren sind, trägt der im Lichte des Art.20a GG zu betrachtenden Aufgabe der Rechtsordnung Rechnung, dass der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere zu gewährleisten ist (vgl § 1 Satz 1 TierSchG).

 

LB 8) Denn als Folge wäre zunächst die jeweils als Fundbehörde zuständige Kommune gemäß § 966 Abs.1 BGB verpflichtet, das Fundtier in einer Weise zu betreuen, die den Anforderungen des § 2 TierSchG genügt, wobei die Kommune entscheiden kann, ob sie die Versorgung und Betreuung selbst vornimmt oder eine andere Institution - zumeist ein Tierheim - damit beauftragt. Eine so geschaffene Rechtsklarheit trägt nicht unwesentlich zur Verminderung tierischen Leidens und zur Förderung des Staatsziels Tierschutz bei.

 

LB 9) Nach § 966 Abs.1 BGB ist zunächst der Finder zur Verwahrung der Sache verpflichtet. Dies war hier nicht die Klägerin, sondern die Frau, die die Schildkröte auf der Straße gefunden hatte. Im Umkehrschluss ergibt sich aus § 970 BGB, dass der Finder zu Aufwendungen für die Erhaltung der Sache verpflichtet ist, dh er muss ein Fundtier füttern und, sofern dies notwendig ist, für die tierärztliche Behandlung sorgen.

 

LB 10) Der Finder ist nach § 967 BGB aber berechtigt, die Sache an die zuständige Behörde abzuliefern. Dadurch wird er von seinen Pflichten aus § 966 BGB frei und überlässt es der zuständigen Behörde, über die notwendige Verwahrung und die erforderlichen Finanzierungslasten zu entscheiden.

 

LB 11) Die Frage, ob die Klägerin generell berechtigt ist, bei sich von Findern eine Fundmeldung ausfüllen zu lassen, braucht im vorliegenden Fall nicht beantwortet zu werden, da es auf Grund der besonderen Umstände erforderlich war, eine Fundmeldung an die Beklagte nachzureichen.

 

LB 12 Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Beklagte für die Verwahrung des Tieres zuständig gewesen ist, nachdem die Finderin das Tier abliefern wollte. Nachdem die Finderin das verletzte Tier auf Grund der offensichtlich erforderlichen Behandlung zur Klägerin gebracht hatte, hat diese anstelle der Beklagten die Verwahrung der Schildkröte übernommen.

 

LB 13 Zwar steht der Beklagten hinsichtlich der Frage, wo und wie sie Fundtiere behandeln lässt, ein Ermessensspielraum zu. Dieser Ermessensspielraum ist durch die von der Klägerin vorgenommenen Handlungen nicht beeinträchtigt worden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Schildkröte verletzt gewesen ist und deshalb sowohl die tierärztliche Untersuchung als auch die anschließende Einschläferung sofort durchgeführt werden mussten.

 

LB 14) Insofern wäre auch die Beklagte zur Durchführung dieser Maßnahmen verpflichtet gewesen. Die Beklagte kann sich insoweit nicht darauf berufen, sie sei nicht die zuständige Tierschutzbehörde. Denn sie ist auch als Fundbehörde und damit als Betreuerin des Fundtieres verpflichtet, eine tierärztliche Behandlung und ggf. notwendige Euthanasie durchführen zu lassen. Eine andere Entscheidung wäre aus tierschutzrechtlichen Gründen ermessensfehlerhaft.

§§§

13.077 Veränderungssperre

  1. VG Saarl,     U, 24.04.13,     – 5_K_473/12 –

  2. EsG

  3. LBO_§_2 Abs.3, LBO=_§_73 Abs.1; BauGB_§_14, BauGB_§_15, BauGB_§_16 Abs.1, BauGB_§_30; BauNVO_§_8 Abs.2, BauNVO_§_8 Abs.3 Nr.3, BauNVO_§_15 Abs.1

  4. Verpflichtung zur Erteilung von Baugenehmigungen trotz Veränderungssperre

 

Eine 4 Jahre und 3 Monate nach dem Planaufstellungsbeschluss erlassene Veränderungssperre ist unwirksam, wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die Offenlegung nach § 3 Abs.1 BauGB erfolgt ist.

 

LB 2) Bordelle sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den Gewerbebetrieben nach § 8 Abs.2 Nr.1 BauNVO zuzuordnen und nicht den Vergnügungsstätten im Sinne des § 8 Abs.3 Nr.3 BauNVO 1990.(BVerwG, Urteil vom 25.11.1983 - 4_C_21.83 -, BVerwGE_68,123; Beschluss vom 28.06.1995 - 4_B_137.95 -, BRS_57_Nr.69) Wohnen allerdings die Dirnen auch in dem Gebäude, was vorliegend nicht der Fall ist, weil das Gebäude nach den zur Genehmigung gestellten Plänen etwa keine Küchen, sondern nur standardisierte Zimmer mit einem großen Bett sowie zwei vom Flur zugängliche Bäder/WC pro Etage haben, handelt es sich nicht um eine wohnähnliche Nutzung mit gewerblichem Charakter, die im Gewerbegebiet unzulässig wäre.(vgl BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4_C_43.78 -, BVerwGE_90,140)

 

LB 3) Spielhallen unterliegen seit der Geltung der BauNVO 1990 als Vergnügungsstätten besonderen Regelungen. Bis zur Änderungsverordnung 1990 waren Vergnügungsstätten als Gewerbebetriebe im Sinne von § 8 Abs.2 Nr.1 BauNVO 1962/1977 zu beurteilen und daher im Gewerbegebiet allgemein zulässig, sofern sich nicht Beschränkungen im Einzelfall aus § 15 Abs.1 BauNVO oder aufgrund von differenzierten Festsetzungen nach § 1 Abs.4 ff BauNVO. Allerdings war die allgemeine Zulässigkeit von Vergnügungsstätten auf nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten beschränkt. Als kerngebietstypisch gelten Spielhallen nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu deren bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit ab einem Schwellenwert von ca. 100 qm,(vgl etwa BVerwG, Beschluss vom 29.10.1992 - 4_B_103/92 -, BRS_54_Nr.49; Beschluss der Kammer vom 04.11.2011 - 5 L 624/11 - sowie OVG des Saarlandes, Beschluss vom 07.02.2012 - 2_B_422/11 -) der vorliegend mit 96,33 qm Grundfläche passgenau unterschritten wird.

§§§

13.078 Beschränkte Akteneinsicht

  1. VG Saarl,     U, 24.04.13,     – 3_K_1544/11 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_88; IFG_§_2 Nr.2, IFG_§_3 Nr.4, IFG_§_5 Abs.2, IFG_§_7 Abs.2 S.2, IFG_§_8; SIFG_§_1 S-1

  4. Beschränkte Akteneinsicht in Sozialhilfeakten betreffend Pflegekind aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes / unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand

 

1) Einzelfall, in dem durch eine Beschränkung des Einsichtsbegehrens die Voraussetzungen für eine teilweise Informationsgewährung nach § 7 Abs.2 Satz 2 IFG erfüllt sind.

 

2) Das Einverständnis der Kläger mit der Unkenntlichmachung der Informationen zu Dritten (also nach der Legaldefinition des § 2 Nr.2 IFG zu jedem, über den personenbezogene Daten oder sonstige Informationen vorliegen) sorgt für eine Verfahrensbeschleunigung, weil das Beteiligungsverfahren nach § 8 IFG entbehrlich wird.

 

3) Die Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen der Schutzklausel des § 7 Abs.2 Satz 1 IFG dürfen im Interesse der grundsätzlichen Informationszugangsfreiheit nicht zu niedrig gestellt werden. Die Berufung auf einen unverhältnismäßig hohen Arbeitsaufwand dürfte daher die Informationsgewährung nur dann beschränken, wenn trotz verlängerter Bearbeitungszeiten und eventuell zusätzlicher Gebühren die Funktionsfähigkeit der Behörde und damit die Wahrnehmung der eigentlichen Sachaufgaben der Behörde blockiert zu werden droht.

 

LB 4) Zu den besonderen Amtsgeheimnissen im Sinne von § 3 Nr.4 IFG zählt nämlich das Sozialgeheimnis, das in § 35 SGB I fundiert und durch §§ 67 ff SGB X detailliert ausgeformt ist (Schoch, IFG, § 3 Rdnr.151). In den oben genannten Akten befinden sich ohne Zweifel Sozialdaten in diesem Sinne. Hinzu kommt, dass es sich im konkreten Fall auch zumindest teilweise um personenbezogene Daten handelt, die auch durch § 5 Abs.2 IFG geschützt sind. Soweit es sich - wie hier - gleichzeitig um Amtsgeheimnisse handelt, besteht eine Überschneidung der Anwendungsbereiche beider Vorschriften.

§§§

13.079 Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch

  1. FG SB,     U, 24.04.13,     – 1_K_1156/12 –

  2. EsG

  3. FGO_§_40 Abs.1; AO_§_37 Abs.2 S.1, AO_§_218 Abs.2 S.2; UStG_§_18 Abs-1; BGB_§_812 Abs.1

  4. Kein direkter Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers gegenüber dem FA des Leistenden auf Erstattung irrtümlich gezahlter Umsatzsteuer im Falle der Insolvenz des Leistenden

 

Weist ein Unternehmer für eine innerdeutsche steuerfreie Lieferung irrtümlich Umsatzsteuer in der Rechnung aus führt diese (nach Zahlung durch den Leistungsempfänger) an das Finanzamt ab, so steht dem Leistungsempfänger - auch aus dem europarechtlichen Grundsatz der Effektivität und der Neutralität der Mehrwertsteuer - gegenüber dem für den Leistenden zuständigen Finanzamt kein Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer zu, wenn sich nachher herausstellt, dass die Umsatzsteuer zu Unrecht an den Leistenden gezahlt wurde, von diesem aber wegen inzwischen eingetretener Insolvenz nicht mehr erstattet werden kann.

 

LB 2) Der EuGH hat in der Rechtssache Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH, einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, entschieden, dass dem Grundsatz der Neutrali ät und Effektivität der Mehrwertsteuer genügt sei, wenn "nur der Leistende die Erstattung der irrtümlich an die Steuerbehörden bezahlten Mehrwertsteuer verlangen kann und der Leistungsempfänger eine zivilrechtliche Klage gegen den Leistenden auf Rückzahlung der rechtsgrundlos bezahlten Beträge hat. Nur wenn die Erstattung der Mehrwertsteuer unmöglich oder übermäßig erschwert wird, müssen die Mitgliedstaaten, damit der Grundsatz der Effektivität gewahrt wird, die erforderlichen Mittel vorsehen, die es dem Leistungsempfänger ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer erstattet zu bekommen".

 

LB 3) Soweit die "Reemtma-Entscheidung" - soweit erkennbar - erstmals einen Direktanspruch eines "Geschädigten" auf Erstattung von Umsatzsteuer durch die Finanzbehörden bestätigt, so ist zu beachten, dass die Entscheidung zu einem Vorsteuervergütungsverfahren entsprechend der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12.Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (ABl.EU L 44 S.23) ergangen ist. In dem dortigen Entscheidungssachverhalt erhielt die Reemtsma GmbH mit Sitz in Deutschland und ohne ständige Niederlassung in Italien von einem in Italien ansässigen Unternehmer Werbe- und Marketingleistungen, für die der Leistende Mehrwertsteuer offen in Rechnung stellte, die Reemtsma auch an den Leistenden zahlte und die dieser an den italienischen Fiskus entrichtete. Reemtsma beantragte in Italien vergeblich, die gezahlte Mehrwertsteuer als Vorsteuer erstattet zu bekommen, wobei Reemtsma darauf hinwies, dass die Leistungen nicht in Italien (sondern in Deutschland) steuerpflichtig gewesen seien.

 

LB 4) Die allgemeinen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie zugrunde liegenden Grundsätze der Neutralität und Effektivität der Mehrwertsteuer, die ihre Konkretisierung durch die Rechtsprechung des EuGH erfahren, rechtfertigen vorliegend keine entsprechende Anwendung des vom EuGH in der Rechtssache Reemtsma geprägten Rechtssatzes. LB 5) Die der Reemtsma-Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Sachverhaltskonstellation ist mit der Vorliegenden schon im Ansatz nicht vergleichbar.

§§§

13.080 Minderheitenschutz im Personalrat

  1. OVG Saarl,     B, 25.04.13,     – 4_A_307/12 –

  2. EsG

  3. BPersVG_§_32 Abs.1, BPersVG_§_33 S.2

  4. Minderheitenschutz bei der Bildung des Vorstandes eines Personalrats

 

1) Die Minderheitenschutzregelung des § 33 Satz 2 BPersVG kommt über ihren Wortlaut hinaus zumindest entsprechend auch dann zur Anwendung, wenn Mitglieder aus der Liste im es Personalrats nicht vertreten sind, auf die die größte Anzahl, mindestens jedoch ein Drittel aller von den Angehörigen der Dienststellen abgegebenen Stimmen entfallen ist (im Anschluss an OVG Münster, Beschluss vom 25.11.1993 - 1 A 346/93.PVB).

 

2) Die entsprechende Anwendung von § 33 Satz 2 BPersVG ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Personalratsmitglieder, die über die Liste mit der größten Stimmenzahl gewählt worden sind, davon abgesehen haben, bei den Vorstandswahlen nach § 32 Abs.1 BPersVG einen eigenen Kandidaten aufzustellen.

§§§

13.081 Personalratswahl-Anfechtung

  1. OVG Saarl,     B, 25.04.13,     – 4_A_235/12 –

  2. EsG

  3. SGB-II_§_44g Abs.1; BPersVG_§_13 Abs.1 S.1, BPersVG_§_25

  4. Erfolglose Anfechtung der Wahl zum Personalrat einer Agentur für Arbeit

 

Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit, denen gemäß § 44g Abs.1 SGB 2 Tätigkeiten in einer gemeinsamen Einrichtung (Jobcenter) zugewiesen sind, sind nicht berechtigt, an den Wahlen zum Personalrat einer Agentur für Arbeit teilzunehmen.

§§§

13.082 Zuweisung an Jobcenter

  1. OVG Saarl,     B, 25.04.13,     – 4_A_234/12 –

  2. EsG

  3. BPersVG_§_48 Abs.1, BPersVG_§_13 Abs.2

  4. Personalvertretungsrechtliche Rechte von Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit, denen Tätigkeiten in Jobcentern zugewiesen sind

 

1) Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit, denen Tätigkeiten in gemeinsamen Einrichtungen (Jobcentern) zugewiesen sind, haben kein Recht zur Teilnahme an Perrsonalversammlungen bei den Arbeitsagenturen.

 

2) Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit, denen Tätigkeiten in Jobcentern zugewiesen sind, sind nicht berechtigt, an Wahlen zu Personalvertretungen der Arbeitsagenturen teilzunehmen.

 

LB 3) In § 48 Abs.1 BPersVG ist die tatsächliche Eingliederung in die Dienststelle zusätzliches Erfordernis.

 

LB 4) Letztlich liegt jedoch auch den Regelungen des § 13 Abs.2 BPersVG der Eingliederungsgedanke zugrunde. Danach ist prinzipiell die Fortdauer der tatsächlichen Eingliederung in die Dienststelle zur Erhaltung des Wahlrechts erforderlich, um zu gewährleisten, dass der Personalrat (nur) von denjenigen Beschäftigten gewählt wird, deren konkrete Dienst- und Arbeitsbedingungen mit seiner Mitwirkung festgelegt werden.

 

LB 5) Dem entspricht es, dass das Bundesverwaltungsgericht (vgl Beschluss vom 20.11.2012 - 6_PB_14.12 -, mwN) in den Fristenregelungen des § 13 Abs.1 Satz 2, Abs.2 Satz 1, 3 und 4 BPersVG eine gesetzgeberische Bestimmung des Zeitpunktes sieht, zu dem ein Beschäftigter aus einer Dienststelle ausscheidet.

 

LB 6) Hiervon ausgehend haben die Antragstellerinnen aufgrund des Umstandes, dass ihnen gemäß § 44 g Abs.1 SGB II für die Dauer von fünf Jahren Tätigkeiten bei der gemeinsamen Einrichtung (hier: Jobcenter A-Stadt) zugewiesen sind, ihre Zugehörigkeit zu der Dienststelle verloren, wobei im Ergebnis dahinstehen kann, ob der Verlust der Dienststellenzugehörigkeit unmittelbar mit der Zuweisung oder erst nach Maßgabe der Fristenregelung des § 13 Abs.2 BPersVG eingetreten ist, da diese Fristen gerechnet ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Zuweisung längst abgelaufen sind.

 

LB 7) Ihnen bleibt insoweit die Möglichkeit, auch diese Statusfragen in den Personalversammlungen des Jobcenters zu thematisieren, da dort gemäß § 51 Satz 2 BPersVG alle Angelegenheiten behandelt werden dürfen, die die Dienststelle oder ihre Beschäftigen unmittelbar betreffen.

 

LB 8) Der Personalrat hat die Möglichkeit, den Geschäftsführer des Jobcenters, der bei personalrechtlichen Entscheidungen, die in die Zuständigkeit der Träger fallen, ein Anhörungs- und Vorschlagsrecht hat, zu den Personalversammlungen zu laden mit der Folge, dass dieser den Beschäftigten zu personalrechtlichen Entscheidungen in der Kompetenz der Bundesagentur als Gesprächspartner zur Verfügung steht (so ausdrücklich BVerwG, Beschluss vom 20.11.2012 - 6_PB_14.12 -, Rdnr.10)

§§§

13.083 Sicherung der Grundstückszufahrt

  1. VG Saarl,     U, 25.04.13,     – 10_K_777/12 –

  2. EsG

  3. StVO_§_12 Abs.3 Nr.3, StVO_§_45 Abs.1, StVO_§_45 Abs.9 S.1

  4. Bescheidungsverpflichtung / verkehrsrechtlicher Anordnung / Sicherung der Nutzung einer Grundstücäkszufahrt

 

1) Zum Begriff der schmalen Fahrbahn im Sinne von § 12 Abs.3 Nr.3 StVO.

 

2) Zur zusätzlichen Absicherung des Parkverbots nach § 12 Abs.3 Nr.3 StVO durch zusätzliche verkehrsrechtliche Anordnungen.

 

LB 3) Der Begriff der schmalen Fahrbahn wird in der Rechtsprechung im Spannungsfeld zwischen Parken und ungehinderter Grundstückzufahrt nicht einheitlich behandelt. Einhellig ist die Rechtsprechung wohl nur der Meinung, dass ein schematisches Abstellen auf eine bestimmte Größe der Fahrbahnbreite ausscheide. In der Rechtsprechung wird es zumeist als zumutbar angesehen, dass auch bei einer schmalen Fahrbahn ein zwei- bis dreimaliges Rangieren beim Benutzen von Garagenzu- bzw. -ausfahrten zumutbar ist.

 

LB 4) Das OLG Saarbrücken schließt sich dann der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum an, wonach unter Abwägung der widerstreitenden Interessenlage überwiegend vertreten werde, dass Benutzer von Ein- und Ausfahrten gewisse Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen und deshalb auch hinnehmen müssten, durch ein gegenüber der Einfahrt parkendes Fahrzeug zu mäßigem Rangieren gezwungen zu werden. Dadurch werde ein vernünftiger und sachgerechter Ausgleich zwischen den aufgeführten verschiedenen Interessenlagen von Verkehrsteilnehmern gefunden und zugleich dem Zweck der Vorschrift entsprochen (vgl OLG SB, B vom 25.02.94 Ss_(Z)_227/93, NZV_94,328).

§§§

13.084 Halteverbotsschild

  1. VG Saarl,     U, 25.04.13,     – 10_K_422/12 –

  2. EsG

  3. VwGO_§2, VwGO_§_70, VwGO_§_75; StVO_§_41 Abs.1 Nr.8 Z-283 StVO_§_45 Abs.1, StVO_§_45 Abs.9, StVO_§_12 Abs.3 Nr.1

  4. Halteverbotsschild / Klagebefugnis eines Anwohners / Darlegung der Voraussetzungen der Beschilderung durch die Straßenverkehrsbehörde

 

1) Ist ein von einer Beschilderung betroffener Anwohner zugleich Verkehrsteilnehmer, reicht es für die Annahme seiner Klagebefugnis aus, dass er - wie gerade andere Verkehrsteilnehmer auch - Adressat der in dem Verkehrsschild verkörperten Verbotsverfügung ist.

 

2) Auch für Regelungen des ruhenden Verkehrs ist es Aufgabe der Straßenverkehrsbehörde, die für das Vorbringen eines besonderen Gefahrenpotentials sprechenden Umstände darzulegen und anhand von Tatsachenmaterial zu dokumentieren.

 

LB 3) Mit dem Aufstellen des Schildes wird das in ihm verkörperte Gebot angeordnet und zugleich bekannt gemacht, mit der Folge, dass die Widerspruchsfrist aus § 70 VwGO vorliegend am Tag der Aufstellung zu laufen begann. Auf den früheren Zeitpunkt der verkehrsrechtlichen Anordnung kommt es nicht an. Im Übrigen gilt mangels entsprechender Rechtsbehelfsbelehrung sowieso in aller Regel gegenüber Verkehrsschildern die Jahresfrist aus § 70 Abs.2 VwGO, die in jedem Fall eingehalten wurde.

§§§

13.085 Medizinisch-psychologisches Gutachten

  1. VG Saarl,     B, 26.04.13,     – 10_L_574/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_80 Abs.5; FeV_§_11 Abs.6

  4. Fahrerlaubnisrecht / Entzug der Fahrerlaubnis / Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens

 

1) Eine angemessene Frist zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens setzt voraus, dass dem Betroffenen unter Berücksichtigung der regionalen Umstände und der üblichen Terminstände der jeweiligen amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung eine fristgerechte Vorlage des geforderten Gutachtens zuzumuten und möglich ist.

 

2) Die Beantwortung der von einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu klärenden Frage, ob der Fahrerlaubnisinhaber zum gegenwärtigen Zeitpunkt wegen eines missbräuchlichen Alkoholkonsums nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, hängt grundsätzlich nicht davon ab, ob dieser über eine gewisse Zeit Alkoholabstinenz geübt hat oder nicht.

 

3) Der Schluss auf die Nichteignung des Fahrerlaubnisinhabers gemäß § 11 Abs.8 Satz 1 FeV ist nicht gerechtfertigt, sofern die Nichtvorlage des geforderten Gutachtens darauf beruht, dass die Gutachtenerstellung von der Begutachtungsstelle von sachlich nicht gerechtfertigten zusätzlichen Anforderungen abhängig gemacht wird.

 

Rechtsmittel-AZ: 1 B 328/13

§§§

13.086 Sicherstellung eines Personalausweises

  1. VG Saarl,     B, 29.04.13,     – 3_L_559/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_80 Abs.5; PAuswG_§_28 Abs.1 Nr.2, PAuswG_§_29 Abs.2 Nr.2; SVwVfG_§_35 S.1; StAG_§_25 Abs.1 S.1

  4. Eilrechtsschutz / Rückerwerb der türkischen Staatsangehörigkeit

 

Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Sicherstellung eines Personalausweises, die im Hinblick darauf erfolgt ist, dass der Inhaber die deutsche Staatsangehörigkeit wegen Rückerwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit verloren hat.

§§§

13.087 Behauptungen des Verfassungsschutzes

  1. VG Saarl,     E, 29.04.13,     – 3_K_727/12 –

  2. EsG

  3. StAG_§_10 Abs.1, StAG_§_11 Nr.1

  4. Staatsangehörigkeitsrecht / Einbürgerung / entgegenstehende Behauptungen des Verfassungsschutzes

 

Bloße, völlig beleglose Behauptungen des Verfassungsschutzes begründen keine tatsächlichen Anhaltspunkte im Sinne des § 11 S.1 Nr.1 StAG.

§§§

13.088 Betriebserlaubnis für Internat

  1. OVG Saarl,     B, 30.04.13,     – 3_A_194/12 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_124 Abs.1, VwGO_§_124a Abs.4; SGB-VIII_§_45 Abs.2

  4. Personelle Voraussetzungen der Erteilung einer Betriebserlaubnis für ein Internat

 

1) Nach § 45 Abs.2 SGB VIII setzt die Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung im Sinne von § 45 Abs.1 Satz 1 SGB VIII voraus, dass das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist. Kann dies festgestellt werden, so besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis, ansonsten ist diese zu versagen.

 

2) Die Eignung der in der Einrichtung tätigen Kräfte ist ein besonders bedeutsames Kriterium bei der Beurteilung des Kindeswohls. Die Eignung des Personals umfasst sowohl die persönliche Eignung (im Sinne persönlicher Zuverlässigkeit) als auch die fachliche Eignung. Besondere Anforderungen sind an die Qualifikation von Leitungskräften in Einrichtungen zu stellen.

 

3) Unzuverlässig ist eine Leitungsperson insbesondere, wenn sie aufgrund bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass sie die Einrichtung in Ansehung und Anerkenntnis der Befugnis der Aufsichtsbehörde einschließlich des Betretungs- und Überprüfungsrechts ordnungsgemäß führen wird.

 

4) Die unzureichende Eignung des vorgesehenen Leitungsteams kann nicht durch Nebenbestimmungen über generelle Mindestanforderungen an die Eignung ersetzt werden, deren Einhaltung zu Lasten der betroffenen Kinder erst zu einem späteren Zeitpunkt nach der Erteilung der Betriebserlaubnis und nach der Betriebsaufnahme überprüft werden könnte.

§§§

13.089 Ausländer der zweiten Generation

  1. VG Saarl,     B, 02.05.13,     – 10_L_239/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_80 Abs.5; EMRK_Art.8; AufenthG_§_72 Abs.2, AufenthG_§_60 Abs.7 S.1

  4. Ausländerrechts / aufschiebende Wirkung / Vereinbarkeit einer Ausreiseentscheidung / Ausländerin der zweiten Generation / Algerien

 

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann die Notwendigkeit einer Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gemäß § 72 Abs.2 AufenthG einen Anspruch auf einen vorläufigen weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland begründen.

§§§

13.090 Teilnahme am Dienstsport

  1. VG Saarl,     U, 07.05.13,     – 2_K_1407/11 –

  2. EsG

  3. BeamtVG_§_30 Abs.1 S.1, BeamtVG_§_31 Abs.1 S.1

  4. Dienstunfall / Achillessehnenruptur / Teilnahme am Dienstsport / degenerative Vorschäden / Kausalität

 

1) Der zur Feststellung eines Dienstunfalls erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen dem Abriss einer (altersgemäß) degenerierten Achillessehne und dem diesbezüglichen Unfallereignis ist zu bejahen, wenn sich die Verletzung als Folge einer spezifisch dienstbezogenen außergewöhnlichen Belastung der betreffenden Sehne darstellt.

 

2) Erleidet ein Beamter beim Hallenfußballspiel im Rahmen des Dienstsports einen Achillessehnensabriss bei Ausführung von für diesen Sport normalen Bewegungen und liegt keine Fremdeinwirkung bzw äußere Gewalteinwirkung oder sonstige besondere Beanspruchung der Sehne vor, ist bei einer gutachtlich nachgewiesenen Vorschädigung der gerissenen Sehne ein Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Körperschaden zu verneinen.

 

LB 3) Bezüglich der anspruchsbegründenden Voraussetzungen ist grundsätzlich der Beamte materiell beweisbelastet. Dementsprechend hat er auch hinsichtlich des Kausalzusammenhanges zwischen Dienstunfall und geltend gemachtem Körperschaden den vollen Beweis zu erbringen. Insoweit ist zu fordern, dass der jeweilige Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist (vgl BVerwG Urteil vom 22.10.1981 - 2_C_17.81 -, Buchholz 232§ 46 BBG Nr.3)

 

LB 4) Die Kammer bejaht in ihrer Rechtsprechung einen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem (Ab-)Riss einer altersgemäß degenerierten Achillessehne, wenn sich die Verletzung als Folge einer spezifisch dienstbezogenen außergewöhnlichen Belastung der betreffenden Sehne darstellt (vgl Urteil vom 27.3.2012 - 2_K_922/10 -).

§§§

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