2000  
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00.001 Forstamtsleiter
 
  • OLG Koblenz, B, 11.01.00, - 1_U_638/98 -

  • NVwZ_00,1080 -81

  • BGB_§_839; (RP) ForstG_§_30, ForstG_§_34 ff

 

1) Der staatliche Forstamtsleiter wird im Rahmen der Wirtschaftsführung im Gemeindewald als Organ der Gemeinde tätig.

 

2) Bei einer Organleihe besteht eine Haftung der das Organ verleihenden Körperschaft grundsätzlich nur bei gesetzlicher Regelung.

 

3) Arbeiten verschiedene Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Erfüllung eine Aufgabe zusammen, dann fehlt es zwischen diesen an dem für einen Amtshaftungsanspruch erforderlichen Gegenverhältnis.

§§§


00.002 Unwahre Angaben
 
  • VGH Kassel, B, 11.01.00, - 8_TZ_4278/99 -

  • NVwZ-RR_01,49

  • (He) KWG_§_49 S.4, KWG_§_50

 

Ein Bürgermeisterkandidat, der bei seiner Wahlwerbung falsche Angaben über seinen Familienstand macht, verstößt dadurch gegen seine Wahrheitspflicht, denn hinsichtlich des Familienstandes müssen von Wahlbewerbern zutreffende Angaben erwartet werden. Ein solcher Verstoß kann als Unregelmäßigkeit bei Wahlverfahren zur Ungültigkeit der Wahl führen.

§§§


00.003 Kampfhundesteuer
 
  • BVerwG, U, 19.01.00, - 11_C_8/99 -

  • SKZ_00,81 -87

  • GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.20 Abs.3, GG_Art.28 Abs.1, GG_Art.105 Abs.2a / (SA) KAG_§_3 Abs.1

 

LB 1) Eine nach Art.105 Abs.2a GG iVm dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nichtsteuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzukommende Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl BVerfGE_55,274 (299).

 

LB 2) Bei der Übernahme des Begriffs "Rechtsstaat" in das Landesverfassungsrecht verbleibt den Ländern keine Möglichkeit einer eigenen Konkretisierung und Ausgestaltung. Insoweit ist die inhaltliche Ausgestaltung des landesverfassungsrechtlichen Rechtsstaatsbegriffs vom Gesetzesbefehl des Art.28 Abs.1 S.1 GG erfasst und damit dem revisiblen Recht zuzuordnen.

 

LB 3) Insbesondere die Möglichkeit des Steuererlasses gibt der Beklagten das Recht und die Pflicht, unter besonderen Umständen sich aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift ergebende Härten auszugleichen.

 

LB 4) Auch die unechte Rückwirkung ist nicht immer, sondern nur grundsätzlich zulässig. Aus überwiegenden Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes kann sich im Einzelfall ihre Unzulässigkeit ergeben.

§§§


00.004 Baubetreuungsvertrag
 
  • OLG Stuttg, U, 15.02.00, - 10_U_118/99 -

  • DÖV_02,260/56 (L)

  • (BW) LKO_§_37, LKO_§_44

 

1) Beschließt der Kreistag nach zeitweiligem Ruhen des Projekts die Fortführung der Planungen im Rahmen eines jeweils abzurufenden Leistungsstufen enthaltenden Baubetreuungsvertrags, so bedeutet dies nicht die wirksame Beauftragung mit der Erbringung einer weiteren Leistungsstufe. Diese Beauftragung bedarf der Schriftform und der Unterzeichnung durch den Landrat. Ein entsprechender Kreistagsbeschluß stellt lediglich die Ermächtigung der Verwaltung zur weiteren Durchführung des Projekts dar.

 

2) Die Formvorschriften der LKrO sind ebenso wie diejenigen der GemO materielle Vorschriften über die Beschränkung der Vertretungsmacht, die dem Schutz der Körperschaft und ihrer Mitglieder dienen.

 

3) Der Einwand des Landkreises, die Verpflichtungserklärung sei formunwirksam, ist nur ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unbeachtlich. Sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß der Kreistag in einem Beschluss erhebliche Kosten nicht notwendiger Art verursachen wollte, und enthält der Kreistagsbeschluss keine eindeutige auf eine Beauftragung hindeutende Formulierung, scheidet ein Verstoß gegen Treu und Glauben aus. Vielmehr kann in einem solchen Fall vom Unternehmer verlangt werden, auf einem Abrufen seiner Leistungen unter Einhaltung der gesetzlichen Schriftform zu bestehen.

§§§


00.005 Bürgerbegehren
 
  • OVG Münst, U, 15.02.00, - 15_A_552/97 -

  • NVwZ-RR_01,49 -51

  • (NW) GO_§_26 Abs.2, GO_§_63 Abs.1 S.1

 

1) Die gerichtliche Vertretung der Gemeinde wird im Aufsichtsrechtsstreit auch dann durch den Bürgermeister wahrgenommen, wenn dieser den streitigen Ratsbeschluss zuvor von sich aus beanstandet hatte.

 

2) Das Rechtsschutzbedürfnis für eine gemeindliche Anfechtungsklage gegen die kommunalaufsichtliche Aufhebung eines Ratsbeschlusses über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 26 VI 1 NWGO entfällt nicht deshalb, weil die Gemeinde dem Bürgerbegehren durch einen Ratsbeschluss außerhalb des in § 26 NWGO vorgesehenen Verfahrens auch selbst Rechnung tragen könnte.

 

3) Zum notwendigen Inhalt eines Bürgerbegehrens, dessen vollen Wortlaut jede Liste mit Unterzeichnungen nach den §§ 26 IV 4, 25 IV 1 NWGO enthalten muss, gehört auch die Vertreterbenennung nach § 26 II 2 NWGO.

 

Nur den Vertretern nach § 26 II 2 NWGO steht die Befugnis zur rechtsförmigen Durchführung des Bürgerbegehrens zu, wie sich aus der Einführung des § 26 VI 2 NWGO durch das Änderungsgesetz vom 20.03.96 NWGV S.124) ergibt (OVG Münster, NVwZ-RR_99,136 = DVBl_98,785; zur abw Rechtslage in den anderen Bundesländern vgl Schliesky DVBl_98,169 <173f>; Seckler, BayVBl_97,232 <233, 235>).

§§§


00.006 Volksfest
 
  • VG Augsb, U, 24.02.00, - 8_K_99/1187 -

  • NVwZ-RR_01,468 -70

  • (By) GO_§_21; GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.20 Abs.3; VwGO_§_40 Abs.1, VwGO_§_43; (By) VwVfG_§_20 Abs.1 S.1 Nr.1

 

LF 1) Bei einem jedes Jahr durchgeführten Volksfest handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung einer Gemeinde.

 

LF 2) Die Gemeinde kann die Durchführung eines Volksfestes einer privaten natürlichen oder juristischen Person übertragen, allerdings sind die wesentlichen Entscheidungen, darunter auch die Entscheidung über den gesetzlichen Anspruch der Benutzer/Bewerber auf Zulassung zur öffentlichen Einrichtung von der Gemeinde zu treffen; zur Regelung der Einzelheiten kann sie sich eines privaten Durchführenden bedienen (Zwei-Stufen-Theorie)

 

LF 3) Auswahlentscheidungen dürfen nicht von Mitbewerbern getroffen werden.

§§§


00.007 Bürgerentscheid
 
  • VGH Mannh, B, 06.03.00, - 1_S_2776/99 -

  • NVwZ-RR_01,51 -52 = DVBl_00,1714

  • (BW) GO_§_21 Abs.6, KWG_§_41 Abs.3, KWO_§_44 Abs.1 ; VwVfG_§_35 Abs.1; VwGO_§_43, VwGO_§_80 Abs.1 S.1

 

1) Die Feststellung des Ergebnisses eines Bürgerentscheides ist ungeachtet der gesetzlich vorgeschriebenen Bekanntmachung kein Verwaltungsakt.

 

2) Der Widerspruch gegen die Feststellung des Ergebnisses eines Bürgerentscheides ist unstatthaft; ihm kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

 

LB 3) Wahlergebnisse sind allein in dem möglicherweise vorgeschriebenen Wahlprüfungsverfahren überprüfbar (BVerfGE_74,96 = NJW_87,769). Sind wie im Falle des Bürgerentscheides die Regelungen über die Wahlprüfung nicht anzuwenden (§ 21 VIII BadWürttGO iVm § 41 III BadWürttKommWahlG), findet weder ein Einspruchs- noch ein Wahlprüfungsverfahren statt.

 

LB 4) Rechtsschutz kann einem Bürger gegen die Feststellung und Bekanntmachung des Ergebnisses eines Bürgerentscheids, sofern er im Rahmen eines berechtigten Intresses die Verletzung subjektiver Rechte (vgl hierzu insb VGH München, NVwZ-RR_98,256) geltend machen kann, allenfalls durch eine Feststellungsklage gewährt werden.

§§§


00.008 Sondergebiet
 
  • BVerwG, B, 06.03.00, - 4_BN_31/99 -

  • NVwZ_00,808 -10

  • VwGO_§_47; BauGB_§_2 Abs.2, BauGB_§_215a Abs.1 S.1

 

1) Die Feststellung der Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit eines Bebauungsplans (hier: für ein Sondergebiet großflächiger Einzelhandel) im Normenkontrollverfahren hindert die Gemeinde nicht daran, einen neuen Bebauungsplan gleichen Inhalts aufzustellen mit dem Ziel, in dem "wiederaufgenommenen" Planaufstellungsverfahren den Rechtsmangel zu beheben, der nach den Gründen der Normenkontrollentscheidung die Nichtigkeit zur Folge hat.

 

2) Eine Gemeinde hat kein rechtlich schützenswertes Interesse daran, statt der vom Normenkontrollgericht festgestellten Nichtigkeit eines Bebauungsplans die Feststellung (nur) von dessen Rechtswidrigkeit bis zur Behebung des festgestellten Mangels (§ 47 V 4 VwGO iVm § 215a I 1 BauGB) zu erreichen, wenn sie bereits ein Verfahren eingeleitet hat, das zwar als Verfahren nach § 215a I 1 BauGB bezeichnet wird, sich in der Sache aber nicht von einem Verfahren unterscheidet, das auch zur Heilung eines als nichtig erkannten Plans durchgeführt werden könnte (hier: erneute Auslegung des Plans nach § 3 II, III 11 BauGB). Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der Normenkontrollentscheidung (§ 133 VwGO) ist deshalb unzulässig.

§§§


00.009 Kanalbauarbeiten
 
  • OLG Koblenz, B, 14.03.00, - 1_U_364/97 -

  • OLG-Rep_00,425 -26

  • BGB_§_823, BGB_§_839, BGB_§_906 Abs.2, BGB_§_909

 

Für nach Kanalbauarbeiten eingetretene massive Schäden an einem benachbarten Hausgrundstück haftet grundsätzlich die auftraggebende Gemeinde nach § 906 Abs.2 Satz 2 BGB (nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch).

 

Die Haftung des (Kanal-) Bauunternehmer richtet sich im Regelfall nach § 823 Abs.2, 909 BGB.

* * *

T-00-01Haftung aus § 823 Abs.2, 909 BGB

S.426  

"... Die Haftung und der Pflichtenkreis des Bauunternehmers wird im Rahmen der Haftung nach § 909 BGB recht weit gezogen (BGH v 04.07.80 - 5_ZR_240/77, MDR_81,129 = NJW_81,50 f; Senat, Urt v 10.05.95 - 1_U_271/94). Hier hätte die Beklagte zu 2) spätestens nach dem Wassereintritt in die Kanalgräben die eigenständige Verpflichtung gehabt, Abflußsperren, Sperriegel einzubauen, um die ursprüngliche Grundwassersituation zu sichern, die eingetretenen "Drainagewirkung" durch die von ihr errichteten Gräben zu stoppen oder aber zumindest und zeitnah die Beklagte zu 1) (Auftraggeber) auf die entstandene prekäre Lage hinzuweisen, auf Abhilfe zu dringen und sogar notfalls die Arbeiten einzustellen (vgl zum Umfang dieser Pflichten BGH v 04.07.80 - 5_ZR_240/77, MDR_81,129 = NJW_81,50 f; Staudinger/Roth, BGB, 13.Aufl, § 909 Rz.55). Dies alles hat sie pflichtwidrig nicht getan. Ihr war auch spätestens nach dem Wassereintritt klar, daß hier ein unmittelbarer Handlungszwang bestand. Durchgreifende Gründe für ein schuldloses Verhalten sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Beklagte zu 2) handelte nach allem pflichtwidrig und schulhaft, so daß sie den Klägern für die durch die Kanalbauarbeiten entstandenen Schäden an Haus und Grundstück ersatzpflichtig ist. Sie hätte außerdem auf der Einholung eines Gutachtens über den Baugrund und die dort herrschenden Grundwassersituation bestehen müssen. ..."

Auszug aus OLG Koblenz B, 14.03.00, - 1_U_364/97 -, OLG-Rep_00,425,  S.426

* * *

§§§


00.010 Automatiktür
 
  • OLG Koblenz, B, 15.03.00, - 7_U_778/99 -

  • OLG-Rep_00,427 -28

  • BGB_§_823

 

Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht bei sich automatisch öffnenden Schiebetüren eines Supermarktes.

* * *

T-00-02Verkehrssicherungspflicht-Automatiktüren

S.429  

"... Eine Verkehrssicherungspflicht beginnt erst dort, wo für einen aufmerksamen Kunden die Gefahrenlage entweder überraschend auftritt oder nicht ohne weiteres erkennbar ist und er sich deshalb nicht darauf einzustellen vermag. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ist daher bei automatischen Schiebetüren dann anzunehmen, wenn unerwartete atypische Funktionen vorliegen. Die zeitliche Verzögerung, die zwischen der Aktivierung des Bewegungsmelders und dem Abschluß der Öffnungsvorgangs liegt, ist allgemein bekannt und stellt daher keine unerwartete, atypische Funktion dar. Durch diese zeitliche Verzögerung kann es vorkommen, daß die Tür sich noch nicht oder nicht vollständig geöffnet hat, wenn ein Kunde den Türbereich erreicht, insbesondere, wenn er schnell auf die Tür zugegangen oder von der Seite gekommen ist. Es besteht daher kein Vertrauenstatbestand dahin, daß eine automatische Tür in jedem Fall geöffnet ist, wenn der Türbereich erreicht ist. Vielmehr muß jeder Kunde vor dem Betreten und Verlassen eines Supermarktes darauf achten, ob sich die Automatiktür geöffnet hat. Dies hat die Klägerin nicht getan; indem sie "blindlings" auf die Tür zugelaufen ist, hat sie den Unfall allein verschuldet. ..."

Auszug aus OLG Koblenz B, 15.03.00, - 7_U_778/99 -, OLG-Rep_00,428,  S.429

* * *

§§§


00.011 Freibad-Aufsicht
 
  • BGH, U, 21.03.00, - 6_ZR_158/99 -

  • DVBl_00,1712 -14

  • BGB_§_823

 

Zu den Anforderungen an die Organisation der Aufsicht in einem Freibad einer Gemeinde.

* * *

T-00-03Aufsichtspflichten für ein Freibad

S.1713  

"... Der Bekl hat, wenn er eine öffentliche Freizeiteinrichtung - wie hier das Freibad - der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, die Benutzer vor den Gefahren zu schützen, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind (vgl Senatsurteil vom 29.01.80 - 6_ZR_117/79-, VersR_80,863, 864 mwN). Dem Betreiber eines Freibades obliegt neben seiner Verpflichtung zur Erfüllung der von den Besuchern abgeschlossenen Benutzungsverträge auch die deliktische (Garanten-)Pflicht, dafür zu sorgen, daß keiner der Besucher beim Badebetrieb durch solche Risiken zu Schaden kommt. Zu diesem Zweck hat der die einzelnen Schwimmbecken darauf überwachen zu lassen, ob dort Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten (vgl Senatsurteil vom 12.06.90 - 6_ZR_273/89 -, VerdR_90, 989, 990). Die hierfür erforderlichen Maßnahmen hängen - soweit gesetzlich oder andere Vorschriften (vgl § 2 Abs.2 der Richtlinien zur Verhütung von Badeunfällen, Abschn.42 Badeanstalten, abgedr. bei Bohm, Recht und Verwaltung im Badewesen, 2.Aufl, S.529 ff) keine näheren Anforderungen enthalten - von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles, wie etwa Größe und Lage des Freibades, Anzahl der Besucher und hierdurch bedingten "Spitzenbelastungen" (vgl für den Badebetrieb im Hallenbad Senatsurteil vom 02.10.79 - 6_ZR_106/78 -, VersR_80,67 f), Einsatz technischer Hilfsmittel (zB Videokameras) und vor allem auch davon ab, innerhalb welcher Zeit aus medizinischer Sicht Maßnahmen getroffen werden müssen, um bleibende Schädigungen zu verhindern. Allerdings kann und muß nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden, da eine Verkehrssicherheit, die jeden Gefährdungsfall ausschließt, nicht erreichbar ist. Vielmehr bedarf es gerade auch im Hinblick auf die Zeitdauer, innerhalb der ein Eingreifen einer Aufsichtsperson gewährleistet werden muß, stets nur solcher Sicherheitsmaßnahmen, die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zumutbar sind (vgl Senatsurteil vom 12.06.90 aaO). So muß der Betreiber ua der Aufsichtsperson einen geeigneten Standort zuweisen, von dem aus sie das gesamte Freibad überblicken und Sicht in die Schwimmbecken haben kann; erforderlichenfalls muß er die Aufsicht anweisen, den Standort öfter zu wechseln, um das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln verfolgen und nötigenfalls frühzeitig eingreifen zu können. Gegen diese ihm obliegende Pflicht zur Organisation der Aufsicht im Freibad hätte der Bekl auf der Grundlage der Feststellungen OLG verstoßen. ..."

Auszug aus BGH U, 21.03.00, - 6_ZR_158/99 -, DVBl_00,1712,  S.1713

* * *

§§§


00.012 Wirtschaftliche Betätigung
 
  • VerfGH RP, U, 28.03.00, - VGH_N_12/98 -

  • NVwZ_00,801 -06 = DÖV_00,682 -87

  • GG_Art.28 Abs.2; (RP) Verf_Art.49, Verf_Art.51; (RP) GO_§_85 Abs.1 Nr.3, GO_§_90 Abs.2 S.3 Nr.4

 

1) Die Verschärfung des Kommunalwirtschaftsrechts durch eine Subsidiaritätsklausel (§ 85 I Nr.3 RhPfGO), nach der eine Gemeinde wirtschaftliche Unternehmen nur mehr errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern darf, wenn der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann, greift zwar in den Schutzbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ein (Art.49 I und III RhPfVerf; Art.28 II GG), verletzt jedoch bei bilanzierender Bewertung den Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung nicht.

 

2) § 85 I Nr.3 RhPfGO ist mit der Selbstverwaltungsgarantie auch außerhalb ihres Kernbereichs vereinbar. Denn sein Zweck, die Gemeinden vor übermäßigen Risiken und die Privatwirtschaft vor unangemessener öffentlicher Konkurrenz zu schützen, stützt sich auf sachgerechte Erwägungen des Gemeinwohls.

 

3) Auch § 90 II 3 Nr.4 RhPfGO, der die Gemeinde zu periodischer Berichterstattung über ihre Wirtschaftstätigkeit verpflichtet, steht mit der Selbstverwaltungsgarantie im Einklang. Im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gewollte Teilnahme der Bürger an der Kommunalverwaltung hat die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse zu erfahren, in welcher Form, in welchem Umfang und mit welchen Ergebnissen die Gemeinde wirtschaftet.

 

4) Zum Beurteilungsspielraum der Gemeinde und zum Rechtsschutz privater Dritter bei kommunalwirtschaftlicher Betätigung.

§§§


00.013 Interfraktionelle Runde
 
  • VGH Kassel, B, 29.03.00, - 8_TZ_815/00 -

  • NVwZ_01,345 -46 = DVBl_00,1715 -16

  • GG_Art.28 Abs.1; (He) GO_§_29, GO_§_35

 

Es ist unzulässig, dass ein Gemeindeorgan wie der Oberbürgermeister einzelne Abgeordnete gegen ihren Willen Informationen ganz oder zeitweise vorenthält, die es anderen Abgeordneten unmittelbar oder mittelbar zukommen lässt.

* * *

T-00-04Interfraktionelle Runde

S.346  

"... Wenn der Vorsitzende des Gemeindevorstands ein Gremium einrichtet, in dem Informations- und Beratungsfunktionen wahrgenommen werden, die grundsätzlich der Gemeindevertretung und ihren Ausschüssen vorbehalten sind, und dabei gezielt eine Fraktion ausgeschlossen wird, so widerspricht dies den dargelegten Mitwirkungsprinzipien. Dies gilt auch, soweit es sich bei den ausgeschlossenen Gemeindevertretern um Personen handelt, die aus welchen Gründen auch immer einzelnen Gemeindeorganen oder der Mehrheit der Gemeindevertreter nicht genehm sind. Solange sie von der Teilnahme an Sitzungen nicht rechtmäßig ausgeschlossen werden zum Beispiel gemäß § 60 I HessGO, kommt ihr Ausschluss grundsätzlich nicht in Betracht. ..."

Auszug aus VGH Kassel B, 29.03.00, - 8_TZ_815/00 -, NVwZ_01,345,  S.346

* * *

§§§


00.014 Rückwirkender Satzungserlass
 
  • OVG LSA, U, 31.03.00, - 1_K_12/00 -

  • DVBl_00,1718-26 (L)

  • GG_Art.20; (SA) KAG_§_2, KAG_§_5; GKG_§_13

 

1) Es genügt den Anforderungen des Vertrauensschutzes bei Erlass einer gemeindlichen Satzung mit Rückwirkung, wenn die Gemeinde zwar eine aus formellen Gründen unwirksame Satzung erlassen, aber das ihrer Ansicht nach Erforderliche zum Erlass der Satzung getan hat und diese gemeindliche Willensäußerung auf ihre Veranlassung mit der Veröffentlichung bekannt gegeben worden ist.

 

2) Nach § 2 Abs.2 Satz 2 KAG-LSA und aus Gründen der Rechtssicherheit ist es nicht geboten, eine rückwirkend in Kraft tretende Satzung mit der Überschrift "Ersetzungssatzung" zu versehen. Erforderlich und ausreichend ist, dass die satzungsrechtliche Bestimmung unmissverständlich deutlich macht, dass die ersetztende Satzung anstelle des bis zu ihrer Verkündung geltenden Satzungsrechts Geltung auch für die Vergangenheit beansprucht.

 

3) Das Schlechterstellungsverbot nach § 2 Abs.2 Satz 4 KAG-LSA wird nur dann verletzt, wenn die Gesamtheit der Abgabenpflichtigen schlechter gestellt wird, weil eine Satzung durch eine rückwirkend erlassene Satzung ersetzt wird. Das ist nicht der Fall, wenn die ersetzende Satzung nur bis auf einen Zeitpunkt zurückwirkt, zu dem die Geltungsdauer der ersetzten Satzung bereits abgelaufen war.

 

4) Bei der Bemessung des Streitwertes in Normenkontrollverfahren gegen Gebührensatzungen ist grundsätzlich von einem mehrfachen Jahresbeitrag der nach der Satzung vom Antragsteller zu entrichtenden Gebühr auszugehen.

§§§


00.015 Anschluss-+ Benutzungszwang
 
  • VG Meining, U, 05.04.00, - 2_K_613/98 -

  • DVBl_00,1718-27 (L)

  • (Tü) WG_§_59; KO_§_19 f

 

LE: Keine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für häusliche Abwässer bei eigener Grundstückskläranlage und für Fäkalien in einem Trockenklo.

§§§


00.016 Amtsblatt
 
  • OVG RP, U, 13.04.00, - 12_A_11927/99 -

  • DVBl_00,1716 -17

  • GG_Art.20; (RP) GO_§_27; GODVO_§_7, GODVO_§_9

 

1) Ein Amtsblatt, das nach seinem Impressum "nach Bedarf" erscheint, genügt der Verpflichtung des § 9 Abs.2 Nr.3 GemODVO, wonach seine Erscheinungsfolge angegeben werden muss.

 

2) Weder das aus Art.20 Abs.3 GG folgende Rechtsstaatsprinzip noch landesrechtliche Regelungen gebieten es, dass ein Amtsblatt, das der öffentlichen Bekanntmachung kommunaler Satzungen dienst, in einem regelmäßigen Rhytmus erscheint.

§§§


00.017 GmbH-Tätigkeit
 
  • OLG München, U, 20.04.00, - 6_U_4072/99 -

  • NVwZ_00,835 -37

  • (By) GO_§_86, GO_§_87; UWG_§_1

 

1) Wird eine Kommune nach Art.86 BayGO in der Form einer GmbH tätig, gelten die Beschränkungen des Art.87 BayGO für diese GmbH unmittelbar.

 

2) Art.87 BayGO ist kein Schutzgesetz iS von § 823 II BGB, dient jedoch dem Schutz eines abgrenzbaren Personenkreises privater Mitbewerber, so dass ein vorsätzlicher und fortgesetzter Verstoß gegen diese Regelung Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs iS des § 1 UWG auslösen kann.

§§§


00.018 Honoraranfrage
 
  • OLG Düsseld, E, 25.04.00, - 20_U_113/99 -

  • DÖV_01,175 -76

  • UWG_§_1

 

Eine Gemeinde, die in bezug auf ein eigenes Bauvorhaben Honoraranfragen an Statiker so gestaltet, daß Angebote unter Unterschreitung der Mindestsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure nahegelegt werden, ist Störerin im Sinne des Wettbewerbsrechts.

§§§


00.019 Marktbetrieb
 
  • BFH, U, 17.05.00, - 1_R_50/98 -

  • NVwZ-RR_01,161 -63

  • KStG_§_1 Abs.1 Nr.6, KStG_§_4, KStG_§_8 Abs.3; GewO_§_71

 

1) Die Überlassung von Standplätzen gegen Entgelt an die Beschicker von Wochenmärkten ist auch dann keine hoheitliche Tätigkeit eines städtischen Marktbetiebs, wenn die Marktveranstaltung auf öffentlichen Straßenflächen stattfinden.

 

2) Öffentliche Straßenflächen einer Gemeinde gehören zum gemeindlichen Hoheitsbereich. Sie können zwar wesentliche Betriebsgrundlagen eines Betriebs gewerblicher Art, aber nicht dessen Betriebsvermögen sein.

 

3) Entgelte für die Sondernutzung öffentlicher Straßenflächen durch Marktveranstaltungen, mit denen eine Gemeinde ihren Markbetrieb belastet, mindern nicht den Gewinn des Marktbetriebs.

§§§


00.020 Rückstausicherung
 
  • OLG SB, U, 23.05.00, - 4_U_757/99 -

  • SKZ_00,177 -78

  • BGB_§_839; GG_Art.34

 

1) Jeder Grundstückseigentümer ist selbst verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um sein Anwesen gegen einen Rückstau bis zur Rückstauebene, dh hier bis zur Straßenoberkante, zu sichern. Dieser Grundsatz hat in der im Zeitpunkt des Schadensereignisses geltenden Abwassersatzung der Beklagten, nach der Rückstauklappen einzubauen sind, seinen Niederschlag gefunden.

 

2) Bei der Frage nach einer funktionierenden Rückstausicherung geht es nicht um ein mitwirkendes Verschulden der Kläger im Sinne von § 254 BGB, sondern um die objektive Reichweite des ihnen durch das Amtshaftungsrecht und das verwaltungsrechtliche Schuldverhältnis gewährten Vermögensschutzes. Nach dem Zweck der sich daraus ergebenden Pflicht der Beklagten zur ausreichenden Dimensionierung ihrer Kanalisationsanlage wird durch diese Pflicht das Interesse der Kläger an dem Nichteintritt von Schäden, die objektiv durch eine funktionnierende Rückstausicherung abgewendet werden können, nicht geschützt.

§§§


00.021 Culpa in contrahendo II
 
  • BGH, E, 06.06.00, - 11_ZR_235/99 -

  • NVwZ_01,116

  • BGB_§_242, BGB_§_276

 

Eine Gebietskörperschaft kann wegen Verschuldens bei Vertragsabschluss auf Ersatz des Vertrauensschadens in Anspruch genommen werden, wenn der Vertragspartner nicht auf ein aufsichtsbehördliches Zustimmungs- oder Genehmigungserfordernis hingewiesen wurde.

§§§


00.022 Patronatserklärung
 
  • OLG Dresden, E, 27.06.00, - 23_U_2724/99 -

  • NVwZ_01,836 -39

  • (Ss) GO_§_83, GO_§_120

 

LF 1) Patronatserklärungen stellen eine besondere Art von Sicherheitsleistung dar und reichen von zu nichts verpflichtenden Zusagen bis hin zu Verpflichtungen mit garantie- oder bürgschaftsähnlichem Inhalt.

 

LF 2) Bei der Patronatserklärung handelt es sich um einen einseitig verpflichtenden Vertrag sui generis.

 

LF 3) Eine Patronatserklärung mit garantie- oder bürgschaftsähnlichem Inhalt gehört nicht zur laufenden Verwaltung einer Gemeinde, sondern bedarf der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde.

 

LB 4) Zur Haftung aus culpa in contrahendo.

* * *

T-00-01Culpa in Contrahendo

S.837  

"... Entgegen der Auffassung der Bekl kommt eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen dem Grunde nach in Betracht. Auch öffentlich-rechtliche Körperschaften unterleigen einer solchen Haftung für ein Fehlverhalten ihrer Organe (BGH, NJW_52,1130; BGHZ_142,51 = NJW_99,3335 ) Die Grundsätze der Haftung aus cic finden insbesondere dann Anwendung, wenn - wie vorliegend - eine erforderliche aufsichtsbehördliche Gehemigung fehlt oder versagt wird (Palandt, 59.Aufl, § 276 Rdnr.69). ... Die Beklagte, welche die für sie geltenden Bestimmungen im Privatrechtsverkehr besser kennen musste als die Klägerin (BGHZ_92,164 = NJW_85,1778), hat durch Übergabe der unterzeichneten Patronatserklärung ohne Hinweis auf die noch fehlende Genehmigung bzw eine eventuell bestehende Genehmigungspflicht bei der Klägerin das Vertrauen in die Wirksamkeit der Erklärung und damit im Ergebnis in eine wirksame Absicherung des mit der Entwicklungsgesellschaft abgeschlossenen Mietvertrages, auf Grund dessen die Klägerin die Stadthalle errichtet hat, hervorgerufen. ..."

Auszug aus OLG Dresden E, 27.06.00, - 23_U_2724/99 -, NVwZ_01,836,  S.837

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* * *

T-00-02Patronatserklärung

S.837  

"... Patronatserklärungen stellen eine besondere Art der Sicherungsleistung dar. Zuzugeben ist der Beklagten zwar, dass die Patronatserklärung wegen ihrer unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten kein feststehender Rechtsbegriff ist. Auch hat sie keinen in der Praxis allgemein anerkannten Mindestinhalt. Patronatserklärungen reichen von losen, zu nichts verpflichtenden Zusagen bis hin zu Verpflichtungen mit garantie- oder bürgschaftsähnlichem Inhalt. Erstere werden in der Rechtsprechung und Literatur als "weiche", Letztere als "harte" Patronatserklärungen bezeichnet (BGHZ_117,127 = NJW_92,2093; Michalski, WM_94,1229). Bei der Patronatserklärung handelt es sich um einen einseitig verpflichtenden Vertrag sui generis (Michalski, WM_94,1229 <1232, 1238>). Sein Inhalt und damit der Umfang der Verpflichtung des Patrons hängt damit im Wesentlichen von der Erklärung selbst ab. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der streigegenständlichen Erklärung vom 15.04.96 ergibt, handelt es sich zweifelsfrei um eine "harte" Patronatserklärung. In der Praxis gebräuchliche "harte" Patronatserkärungen lauten etwa: "Wir werden dafür Sorge tragen, dass unsere Tochtergesellschaft bis zur vollständigen Rückzahlung des Kredits in der Weise ausgestattet wird, dass die jederzeit in der Lage ist, ihre Verpflichtungen im Zusammenhang mit diesem Kredit zu erfüllen" (Michalski, WM_94,1229 <1235>; Bernuth, ZIP_99,1501; BGHZ_117,127 = NJW_92,2093). Dieser Formulierung entspricht die hier von der Bekl abgegebenen Erklärung, in der sie sich verpflichtet: "dafür zu sorgen, dass die Entwicklungsgesellschaft finanziell so ausgestattet wird, dass sie jederzeit in der Lage ist, ihre Verpflichtungen aus dem Mietvertrag für das Mietobjekt in K, M-Str120/122 zu erfüllen". Bereits der Formulierung "dafür zu sorgen" ist zu entnehmen, dass die Bekl eine rechtliche Bindung eingehen will (Michalski, WM_94,1229 <1235>). ..."

Auszug aus OLG Dresden E, 27.06.00, - 23_U_2724/99 -, NVwZ_01,836,  S.837

* * *

§§§


00.023 Kaufbewerber
 
  • OVG NW, B, 30.06.00, - 21_E_472/00 -

  • DÖV_02,260/55 (L) = DVBl_00,1719-32 (L)

  • VwGO_§_40

 

1) Die Entscheidung einer Gemeinde über die Auswahl unter verschiedenen Kaufbewerbern um ein gemeindeeigenes Grundstück nach Maßgabe von Vergabekriterien, die im öffentlichen Interesse unter anderem die Förderung eines bestimmten Personenkreises durch die Gewährung eines nach Kinderzahl gestaffelten Nachlasses auf den Kaufpreis vorsehen, hat öffentlich-rechtlichen Charakter.

 

2) Begehrt ein Kaufbewerber zur Verhinderung "vollendeter Tatsachen" vorläufigen Rechtsschutz gegen die Gemeinde, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit iSd § 40 Abs.1 VwGO.

§§§


00.024 Öffentlichkeit
 
  • VGH Mannh, U, 20.07.00, - 14_S_237/99 -

  • NVwZ-RR_01,462 -64

  • (BW) GO_§_35 Abs.1, GO_§_44 Abs.3; (BW) GastVO_§_1 Abs.5, GastVO_§_11; (BW) PolG_§_15 Abs.2

 

1) Es widerspricht Sinn und Zweck des Gebots der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen, wenn in nichtöffentlicher Sitzung, ohne dass die Voraussetzungen von § 35 I 2 BadWürttGO vorliegen, die Sachdiskussion der anschließenden öffentlichen Sitzung vorweggenommen wird (im Anschluss an VGH Mannheim, NVwZ_91,284; VGH Mannheim, BRS_60_Nr.80).

 

2) Der Erlass einer gemeindlichen Sperrzeitverordnung erfordert den Beschluss des Gemeinderats. Sie ist keine Polizeiverordnung, die der Bürgermeister mit Zustimmung des Gemeinderats erlässt.

§§§


00.025 Wiederkaufsrecht
 
  • BGH, U, 15.09.00, - 5_ZR_420/98 -

  • NJW_01,284 -86

  • BGB_§_242, BGB_§_497

 

Die Gemeinde, der ein Wiederkaufsrecht zu dem vom Gutachterausschuss ermittelten Wert des verkauften Grundstücks zusteht, hat den Käufer aufzuklären, wenn dieser im zu Tage getretenen Irrtum über die Wertverhältnisse den Wiederkauf durch notariellen Vertrag zu einem auffällig unter dem Wert liegenden Preis anbietet.

§§§


00.026 Amtshandlungen
 
  • BVerwG, B, 19.09.00, - 11_BN_6/00 -

  • DVBl_00,1718-23 (L)

  • GG_Art.3; VwGO_§_132; HGW_§_50

 

Bundesrecht enthält keine Vorgabe, dass von Kommunen beantragte Amtshandlungen der Landesbehörden gebührenfrei bleiben müssen oder zumindest nur mit einem verringerten Gebührensatz belegt werden dürfen, wenn sie im öffentlichen Interesse liegen. Das gilt zumindest dann, wenn die für derartige Amtshandlungen erhobenen Gebühren von den Kommunen auf Dritte abgewälzt werden können.

§§§


00.027 Heilung
 
  • BayVGH, B, 28.09.00, - 1_ZB_00/2488 -

  • DÖV_02,256

  • VwGO_§_124; (By) GO_§_36; BauGB_§_215a Abs.2

 

1) Berufungszulassungsgründe beurteilen sich nach der Sach- und Rechtslage, die am Schluß der mündlichen Verhandlung bestanden hat, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist.

 

2) Einmal enstandene Zulassungsgründe fallen weg, wenn vor der Entscheidung über den Zulassungantrag ein Umstand eintritt, der zweifelsfrei dazu führt, daß die angestrebte Berufung keinen Erfolg haben kann.

 

3) Die Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters nach Art.36 . S.1 GO zum Vollzug von Gemeinderatsbeschlüssen berechtigt und verpflichten diesen, behebbare Fehler beim Vollzug so bald und so umfassend wie möglich zu beheben. Dies gilt regelmäßig auch dann, wenn der Fehler erst nach vielen Jahren erkannt wird.

 

4) Kann ein Vollzugsmangel (Bekanntmachung ohne vorherige Ausfertigung) Nach § 215a Abs.2 BauGB rückwirkend geheilt werden, dann bedarf der erste Bürgermeister hierzu keines Gemeinderatsbeschlusses.

§§§


00.028 Gemeinderat
 
  • VGH BW, U, 11.10.00, - 1_S_2624/99 -

  • DÖV_02,259/47

  • (BW) GO_§_16, GO_§_17

 

1) Die Verpflichtung eines Gemeinderats, die ihm übertragenen Geschäfte uneigennützig und verantwortungsbewußt zu führen, schränkt sein Recht, (auch) in Angelegenheiten der Gemeinde bei einer öffentlichen Veranstaltung seine Meinung frei zu äußern, nicht ein.

 

2) Ein Gemeinderatsmitglied ist auch dann nicht verpflichtet, sich in einer öffentlichen Veranstaltung "gemeindeverträglich" zu äußern, wenn er gerade wegen seiner Eigenschaft als Gemeinderat oder Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat eingeladen worden ist.

§§§


00.029 Sitzungsausschluss
 
  • VGH Kassel, U, 26.10.00, - 8_UE_1054/00 -

  • NVwZ-RR_01,464 66

  • (He) GO_§_60 Abs.2, GO_§_56 Abs.2, GO_§_57 Abs.1 S.3, GO_§_58 Abs.4 S.1

 

1) Mit der "nächsten Sitzung" iS des § 60 II 2 Halbs.2 HessGO ist diejenige Sitzung der Gemeindevertretung gemeint, die dem Sitzungsauschluss, der nach § 60 II 1 HessGO angeordent wurde, nachfolgt.

 

2) Hat ein Gemeindevertreter nicht die ihm durch § 60 II 2 HessGO gewährte Möglichkeit genutzt, bis zur nächsten Sitzung der Gemeindevertretung gegen den Sitzungsausschlus eine Entscheidung der Gemeindevertretung herbeizuführen, so ist der Sitzungsausschluss wirksam. Eine Rechtswidrigkeit des Sitzungsausschlusses kann in einem derartigen Fall auch nicht mehr in anderen Verfahren - etwa Verfahren betreffend die Anfechtung von Wahlen, die der Gemeindevertretung nach dem Sitzungsausschluss vorgenommen hat - mit Erfolg geltend gemacht werden.

§§§


00.030 Vertretung des Landrates
 
  • HessVGH, B, 27.10.00, - 8_TZ_2310/00 -

  • DÖV_02,258/46 (L)

  • (He) LKO_§_44

 

1) Als allgemeiner Vertreter des Landrats vertritt der Erste Kreisbeigeordnete den Landrat in allen gesetzlich nicht anderweitig geregelten Bereichen der Selbstverwaltung des Landkreises, wenn ein Vertretungsfall vorliegt und der Erste Kreisbeigeordnete selbst nicht verhindert ist.

 

2) Es ist jedoch zulassig, daß der Landrat im Bereich der Selbstverwaltung des Landkreises im Wege einer besonderen Vertretungsregelung für bestimmte eng umgrenzte Angelegenheiten einen anderen Beigeordneten als den Ersten Beigeordneten mit der Vertretung beauftragt.

 

3) Die Vertretung für ganze Dezernate fällt unter die allgemeine Vertretung iSd § 44 Abs.4 S.1 und 2 HKO und kann daher dem Ersten Beigeordneten nicht wirksam entzogen werden.

§§§


00.031 Gemeindliche Einvernehmen
 
  • VGH Kassel, B, 07.12.00, - 4_TG_3044/99 -

  • NVwZ_01,823 -24

  • BauGB_§_37 Abs.1, BGB_§_212a Abs.1; (He) BauO_§_75 (= (SL) LBO_§_69

 

1) Die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde nach § 37 I BauGB stellt ebenso wie die Entscheidung des zuständigen Bundesministers nach § 37 II 3 BauGB gegenüber der von ihr betroffenen Gemeinde einen Verwaltungsakt dar, der mit Widerspruch und Anfechtungsklage angegriffen werden kann.

 

2) Dem Widerspruch der Gemeinde gegen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde kommt aufschiebende Wirkung zu, was für ein Bauvorhaben in öffentlicher Trägerschaft die Erteilung einer rechtmäßigen Zustimmung nach § 75 Hess-BauO hindert.

 

LB 3) § 212a I BauGB greift in Bezug auf die Ersetzung des Einvernehmens nach § 37 I BauGB nicht ein, da mit der Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde dem Bauherrn nicht die Befugnis zum Bauen erteilt wird. Diese Befugnis vermittelt erst der von der unteren Bauaufsichtsbehörde nach § 75 HessBauO erteilte Zustimmungsbescheid.

§§§


00.032 5%-Sperrklausel
 
  • MVVerfG, U, 14.12.00, - LVerfG_4/99 -

  • NVwZ_01,799 (L) = LKV_01,270

  • GG_Art.21 Abs.1; (MV) Verf_Art.3, Verf_Art.53 Nr.1; KWG_§_37 Abs.2; VerfGG_§_36

 

1) Politische Parteien können als "andere Beteiligte" die durch die Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet worden sind, eine Verletzung oder unmittelbare Gefährdung des ihnen verliehenen verfassungsrechtlichen Status durch ein Verfassungsorgan im Wege der Organstreitigkeit vor dem Landesverfassungsgericht geltend machen.

 

2) Zum verfassungsrechtlichen Status einer Partei gehören gleiche Wettbewerbschancen bei Wahlen unter Einschluss der Kommunalwahlen. Sieht sich eine politische Partei durch das Verhalten eines Verfassungsorgans in diesem Status beeinträchtigt, so kämpft sie auch insoweit auf ihr Recht auf Teilhabe am Verfassungsleben.

 

3) Gesetzgeberisches Unterlassen (hier: Unterbleiben der Überprüfung der 5%-Sperrklausel im Kommunalwahlgesetz Mecklenburg-Vorpommern) kann ein zulässiger Streitgegenstand im Organstreitverfahren sein.

 

4) Dem Gesetzgeber ist bei Regelungen, welche die politische Willensbildung des Volkes berühren, jede unterschiedliche Behandlung von politischen Parteien, durch die deren Chancengleichheit bei Wahlen verändert werden kann, von Verfassungswegen versagt, sofern sie sich nicht durch einen zwingenden Grund rechtfertigen lassen.

 

5) Bei der Einschätzung und Bewertung von Umständen, die auf eine mögliche Gefährdung der Funktionsfähigkeit einer Kommunalvertretung hindeuten, hat sich der Gesetzgeber - unbeschadet seiner Freiheit zur näheren Ausgestaltung von Wahlsystemen und Wahlverfahren - an der politischen Wirklichkeit zu orientieren; hierbei ist auf die konkrete, durch tatsächliche Anhaltspunkte gestützte und mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartende Möglichkeit der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der zu wählenden Vertretungen abzustellen.

§§§


00.033 Widerspruch
 
  • VG Kassel, B, 15.12.00, - 3_G_2870/00 -

  • NVwZ-RR_466 -68

  • VwGO_§_80 Abs.2 Nr.3, VwGO_§_80 Abs.5; (He) GO_§_58 Abs.5 S.1, GO_§_63 Abs.2, GO_§_66 Abs.1 S.3, GO_§_70 Abs.2, GO_§_92 Abs.2, GO_§_109 Abs.1

 

LF 1) Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Beanstandung eines Beschlusses der Gemeindevertretung durch den Bürgermeister kann durch die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Beanstandungsverfügung gerichteten Anfechtungsklage analog § 80 II Nr.3, V VwGO gewährt werden.

 

LF 2) Da ein Bürgermeister jeden Beschluss der Gemeindevertretung durch eine Beanstandung - und sei sie auch noch so unbegründet - blockieren könnte, muss wegen Art.19 IV GG (effektiver Rechtsschutz) die Gemeindevertretung die Möglichkeit haben, vorläufigen Rechtsschutz zumindest analog zu § 80 V VwGO zu erlangen.

 

LF 3) Der Begriff "Benehmen" in § 58 V 1 HessGO ist zu unterscheiden von dem Begriff "Einvernehmen". Benehmen bedeutet lediglich, dass der Vorsitende der Gemeindevertretung mit dem Gemeindevorstand Kontakt aufzunehmen hat, seinerseits Vorschläge für die Tagesordnung und die Sitzungszeit macht und die Vorstellungen des Gemeindevorstands entgegenzunehmen hat.

 

LF 4) Da die Herstellung des Benehmens mit dem Gemeindevorstand für diesen als laufende Verwaltungsangelegenheit von geringer Bedeutung anzusehen ist, ist es ausreichend, wenn der Vorsitzende mit dem Bürgemeister Kontakt aufnimmt (§ 70 II HessGO). Wird zwischen Vorsitzenden und Gemeindevorstand kein Einverständnis erzielt, so steht dem Vorsitzenden das Entscheidungsrecht über Tagesordnung und Zeitpunkt der Sitzung zu.

 

LF 5) Eine Gemeinde kann durchaus berechtigt sein, ohne Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz (§§ 109 I, 99 II HessGO) Grundstücke unter ihren Herstellungskosten zu veräußern, wobei diese im Übrigen über dem Verkehrswert liegen können. Eine Subventionierung selbst unter Aufnahme von Krediten könnte außerdem wirtschaftlich sein, wenn die Neuansiedlung von Familien der Gemeinde höhere Steuereinnahmen bringt.

 

LF 6) Nach § 66 I 3 Nr.2 HessGO hat der Gemeindevorstand die Beschlüsse der Gemeindevertretung vorzubereiten. Diese Vorbereitung umfasst nicht nur die Mithilfe bei der Beschlussformulierung, sondern auch das Erarbeiten von Beschlussvorlagen (Leitsätze des Einsenders)

§§§


00.034 Abfallgebühr
 
  • BVerwG, U, 20.12.00, - 11_C_7/00 -

  • DÖV_01,468 -71

  • GG_Art.3 Abs.1; KrW-/AbfG_§_4, KrW-/AbfG_§_5, KrW-/AbfG_§_11, KrW-/AbfG_§_15KrW-/AbfG_§_13 Abs.1 S.1,

 

1) Art.3 Abs.1 GG verbietet es dem kommunalen Satzungsgeber im Grundsatz nicht, die Grundgebühr für die Abfallentsorgung nach dem grundstücksbezogenen Maßstab zu erheben.

 

2) Aus Art.3 Abs.1 GG ergibt sich kein striktes Gebot der gebührenrechtlichen Leistungsproportionalität. Der Gesichtspunkt, daß die unterschiedliche Nutzung der öffentlichen Einrichtungen (hier: der kommunalen Abfallwirtschaft) bis hin zur Nichtbenutzung einzelner Teilleistungsbereiche reicht, verbietet die Erhebung einer einheitlichen Grundgebühr zumindest dann nicht, wenn dem Gebührenpflichtigen ein Wechsel zwischen den verschiedenen Teilleistungsbereichen jederzeit möglich ist (hier: Übergang von der Eigenkompostierung zur Nutzung der Biotonne).

 

3) Eine einheitliche Behältergebühr für die Abholung von Restabfall und von Bioabfall ist auch durch die nach Art.3 Abs.1 GG anzustrebende Belastungsgleichheit gerechtfertigt.

 

4) Eine Quersubventionierung der Biotonne durch die Freistellung der ersten 60 l Bioabfall von der behälterbezogenen Zusatzgebühr ist sowohl mit Art.3 Abs.1 GG als auch mit § 13 Abs.1 S.1 Krw-/AbfG vereinbar.

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00.035 Richter-Befangenheit
 
  • OLG Naumb, B, 22.12.00, - 10_W_21/00 -

  • NVwZ_01,956 -57

  • ZPO_§_42 Abs.2; VwGO_§_54 Abs.3; (SA) LKO_§_37 Abs.2

 

1) Grundsätzlich kann die Besorgnis der Befangenheit begründet sein, wenn ein Richter mittelbar - auch durch seine kommunalpolitische Tätigkeit - am Rechtsstreit beteiligt ist und auf Grund enger Beziehungen zu einer Prozesspartei die Gefahr besteht, dass er in eine Konfliktsituation zwischen seiner richterlichen Aufgabe und seinen kommunalpolitischen Interessen gerät. Maßgeblich ist insoweit die Intensität der kommunalpolitischen Mitwirkung und des Kontakts zu der betreffenden Prozesspartei.

 

2) Zur Besorgnis der Befangenheit gegen einen ehrenamtlichen Richter (hier: zugleich sachkundiger Bürger im Kreistag).

 

3) Eine beratende Mitwirkung ist für sich allein nicht geeignet eine enge Beziehung zum Landkreis zu begründen.

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