S.1713 | "... Der Bekl hat, wenn er eine öffentliche Freizeiteinrichtung - wie hier das Freibad - der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, die Benutzer vor den Gefahren zu schützen, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind (vgl Senatsurteil vom 29.01.80 - 6_ZR_117/79-, VersR_80,863, 864 mwN). Dem Betreiber eines Freibades obliegt neben seiner Verpflichtung zur Erfüllung der von den Besuchern abgeschlossenen Benutzungsverträge auch die deliktische (Garanten-)Pflicht, dafür zu sorgen, daß keiner der Besucher beim Badebetrieb durch solche Risiken zu Schaden kommt. Zu diesem Zweck hat der die einzelnen Schwimmbecken darauf überwachen zu lassen, ob dort Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten (vgl Senatsurteil vom 12.06.90 - 6_ZR_273/89 -, VerdR_90, 989, 990). Die hierfür erforderlichen Maßnahmen hängen - soweit gesetzlich oder andere Vorschriften (vgl § 2 Abs.2 der Richtlinien zur Verhütung von Badeunfällen, Abschn.42 Badeanstalten, abgedr. bei Bohm, Recht und Verwaltung im Badewesen, 2.Aufl, S.529 ff) keine näheren Anforderungen enthalten - von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles, wie etwa Größe und Lage des Freibades, Anzahl der Besucher und hierdurch bedingten "Spitzenbelastungen" (vgl für den Badebetrieb im Hallenbad Senatsurteil vom 02.10.79 - 6_ZR_106/78 -, VersR_80,67 f), Einsatz technischer Hilfsmittel (zB Videokameras) und vor allem auch davon
ab, innerhalb welcher Zeit aus medizinischer Sicht Maßnahmen getroffen werden müssen, um bleibende Schädigungen zu verhindern. Allerdings kann und muß nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden, da eine Verkehrssicherheit, die jeden Gefährdungsfall ausschließt, nicht erreichbar ist. Vielmehr bedarf es gerade auch im Hinblick auf die Zeitdauer, innerhalb der ein Eingreifen einer Aufsichtsperson gewährleistet werden muß, stets nur solcher Sicherheitsmaßnahmen, die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zumutbar sind (vgl Senatsurteil vom 12.06.90 aaO). So muß der Betreiber ua der Aufsichtsperson einen geeigneten Standort zuweisen, von dem aus sie das gesamte Freibad überblicken und Sicht in die Schwimmbecken haben kann; erforderlichenfalls muß er die Aufsicht anweisen, den Standort öfter zu wechseln, um das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln verfolgen und nötigenfalls frühzeitig eingreifen zu können. Gegen diese ihm obliegende Pflicht zur Organisation der Aufsicht im Freibad hätte der Bekl auf der Grundlage der Feststellungen OLG verstoßen. ..."
Auszug aus BGH U, 21.03.00, - 6_ZR_158/99 -, DVBl_00,1712, S.1713 |