74–76  
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74.001   Zustellungsmangel
   
    • BVerwG , U, 25.01.74, - 4_C_2/72 -
    • BVerwGE_44,294 = NJW_74,1260 = MDR_74,695 = BayVBl_74,473
    • VwGO_§_57, VwGO_§_58, VwGO_§_70
 

    1) Ist dem Nachbarn die Baugenehmigung, durch die er sich beschwert fühlt, nicht amtlich bekanntgemacht worden, so läuft für ihn weder in unmittelbarer noch in anlagoger Anwendung der §§ 70 und 58 Abs.2 eine Widerspruchsfrist.

      2) Hat er jedoch gleichwohl sichere Kenntnis von der Baugenehmigung erlangt oder hätte er sie erlangen müssen, so kann ihm nach Treu und Glauben die Berufung darauf versagt sein, daß sie ihm nicht amtlich mitgeteilt wurde. Dann läuft für ihn die Widerspruchsfrist nach § 70 iVm § 58 Abs.2 VwGO so, als sei ihm die Baugnehmigung in dem Zeitpunkt amtlich bekanntgegeben worden, in dem er von ihr sichere Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen.

  

§§§


74.002 Bodenr-relevanter-Widerspruch
   
    • BVerwG, U, 25.01.74, - 4_C_72/72 -
    • BVerwGE_44,302
    • BauGB_§_34
 

    1) Zum Begriff des bodenrechtlich relevanten Widerspruchs (vgl BVerwGE_32,31 )

    2) Ein bodenrechtlich relevanter Widerspruch kann auch bei einer nur geringfügigen Verschlechterung der gegenwärtig gegebenen Situation dann vorliegen, wenn nach Lage der Dinge mit einem künftigen Eintritt von (negativen) Folgewirkungen gerechnet werden muß.

  

§§§


74.003 Transportbetonwerk
   
    • BVerwG, U, 08.02.74, - 4_C_73/72 -
    • ESVwGO_§_113-2 = DÖV_74,380
    • VwGO_§_113 Abs.1 S.1; BBauG_§_34
 

    1) Eine modifizierende Auflage bewirkt eine qualitative Änderung der Gewährung in bezug auf den Antragsgegenstand.

    2) Eine modifizierende Auflage kann nicht isoliert angefochten und aufgehoben werden.

  

§§§


74.004 Mieterhöhungen
   
    • BVerfG, B, 23.04.74, - 1_BvR_6/74 -
    • BVerfGE_37,132 -149
    • GG_Art.14 Abs.1 S.2
 

    1) Im Rahmen des Art.14 Abs.1 Satz 2 GG muß der Gesetzgeber auch im Bereich des bürgerlichen Rechts - hier bei zwingenden Vorschriften des Mietrechts - der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums und dem Gebot sozialgerechter Nutzung gleichermaßen Rechnung tragen.

    2) Rechtsstaatliche Grundsätze gebieten, mietpreisrechtliche Vorschriften nach Inhalt und Voraussetzungen so zu gestalten, daß Vermieter und Mieter in der Lage sind, in zumutbarer Weise die gesetzlich zulässige Miete zu ermitteln.

    3) Der Ausschluß der Änderungskündigung sowie die Begrenzung der Mietpreise bei laufenden Mietverhältnissen auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach Art. 1 § 1 Abs.4 und § 3 Abs.1 des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 25. November 1971 (BGBl_I_71,1839) sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

    4) Es widerspricht der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art.14 Abs.1 Satz 1 GG, wenn der Richter die verfahrensrechtlichen Vorschriften des Wohnraumkündigungsschutzgesetzes (Art.1 § 3 Abs.2 und 3) so handhabt, daß der Vermieter eine gesetzlich zulässige Mieterhöhung nicht mehr durchsetzen kann.

  

§§§


74.005 Straßen- + Ortsbild
   
    • OVG RP, U, 02.05.74, - 1_A_48/73 -
    • AS_13,388 -390
    • (RP) LBO_§_5 Abs.2 (= LBO_§_4 Abs.2); VwGO_§_42 Abs.2
 

    Der Gemeinde steht ein Klagerecht gegen eine Baugenehmigung oder einen Widerspruchsbescheid, der die Erteilung einer Baugenehmigung betrifft, insoweit zu, als sie geltend macht, die bauliche Anlage störe das Straßen- oder Ortsbild.

  

§§§


74.006 Taubenzucht
   
    • VGH BW, U, 24.05.74, - 8_43/72 -
    • BRS_28_Nr.44
    • BauGB_§_35 Abs.1 Nr.4
 

    Ein Gebäude für eine mit 50 Tieren betriebene Taubenzucht ist nicht im Außenbereich privilegiert.

  

§§§


74.007 Stadtrechtsausschuß
Renzension:
R. Naumann,  
 
    • BVerwG, U, 21.06.74, - 4_C_17/72 -
    • BVerwGE_45,207 = NJW_74,1836 -38 = DÖV_74,817 = JZ_74,707
    • BauGB_§_31 Abs.1, BauGB_§_36 Abs.1; VwGO_§_42 Abs.2
 

    1) Die Klage einer Stadt auf Aufhebung des sie zur Erteilung einer Baugenehmigung verpflichtenden Widerspruchsbescheides ihres Stadtrechtsausschusses ist unzulässig.

    2) Läßt der Stadtrechtsausschuß als Widerspruchsbehörde eine Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu, so braucht er nicht das in § 31 Abs.1 BBauG vorgesehene Einvernehmen der Stadt einzuholen.

    3) Die Stadt kann in ihrem Recht auf Ausübung der Planungshoheit nicht durch ein eigenes Organ verletzt sein.

  

§§§


74.008 Kinderspielplatz
   
    • BVerwG, U, 21.06.74, - 4_C_14/74 -
    • DVBl_74,777 = BayVBl_75,24 = BauR_74,330 = JR_75,39 = ESBImSchG_§_22-1 = RdL_75,15
    • BImSchG_§_2 Abs.1, BImSchG_§_3 Abs.5, BImSchG_§_22, BImSchG_§_25 Abs.2, BImSchG_§_ 50; BBauG_§_9 Abs.1; GG_Art.14
 

    1) Die Festsetzung einer "öffentlichen Grünfläche" in einem Bebauungsplan gestattet nicht die Einrichtung eines Kinderspielplatzes.

    2) Zur Frage, ob den Anliegern eines Kinderspielplatzes wegen unzumutbarer Lärmbeeinträchtigungen ein Abwehrrecht zusteht.

    3) Voraussetzungen einer "schweren" und "unerträglichen" Beeinträchtigung.

    4) Vermitteln die Vorschriften des BImSchG Nachbarschutz erübrigt sich ein Zurückgreifen auf Art.14 GG; fehlt ihnen eine nachbarschützende Funktion kann ein Verstoß gegen eine nicht nachbarschützende Vorschrift im Einzelfall das durch Art.14 Abs.1 GG geschützte Eigentum verletzen.

    5) Zur rechtlichen Tragweite von § 22, § 25 Abs.2 und § 50 BImSchG.

    6) Der Planungsgrundsatz des § 50 BImSchG vermag das Eigentum eines Einzelnen nicht derart anzureichern, daß ihm ein subjektiv - öffentliches Recht auf Einhaltung dieser Vorschrift zusteht.

  

§§§


74.009 Flachglasfall
   
    • BVerwG, U, 05.07.74, - 4_C_50/72 -
    • DÖV_75,92 -99 = BauR_74,311 -323 = BVerwGE_45,310 = DRsp-ROM-Nr.96/27022
    • GG_Art.14, BauGB_§_1 Abs.1, BauGB_§_1 Abs.4, BauGB_§_1 Abs.5, BauGB_§_2 Abs.6, BauGB_§_9 Abs.6 S.1; GewO_§_16 ff; BImSchG_§_4 ff, BImSchG_§_50; VwGO_§_65 Abs.2
 

    1) Zum Verfahren einer baurechtlichen Machbarklage brauchen Dritte, die durch die erteilte Genehmigung ebenfalls in ihren Rechten verletzt sein können, nicht notwendig beigeladen zu werden.

    2) § 1 Abs.1 BauGB ist verletzt, wenn und soweit dem Inhalt eines Bauleitplanes unabhängig von aller Abwägung der von ihm berührten Belange von vorneherein kein mit der Ordnung der städtebaulichen Entwicklung zusammenhängendes öffentliches Interesse zugrundeliegt.

    3) Das Abwägungsgebot betrifft mit seinen Anforderungen sowohl den Abwägungsvorgang als auch das Abwägungsergebnis.

    4) Eine Abwägung, die deshalb unvollständig ist, weil ihr planerische, sich aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen bindend auswirkende Festlegungen vorangegegangen sind entspricht grundsätzlich nicht dem § 1 Abs.4 Satz 2 BBauG. Ein auf diese Weise entstehendes Abwägungsdefizit kann allerdings unter Umständen dadurch ausgeglichen werden, daß die Vorwegnahme der Entscheidung sachlich gerechtfertigt war, bei der Vorwegnahme die planerische Zuständigkeitsordnung gewahrt wurde un die vorweggenomme Entscheidung auch inhaltlich nicht zu beanstanden ist. Das erfordert ua daß die vorweggenommene Entscheidung iherseits dem Abwägungsgebot genügt.

    5) Die inhaltliche Bestimmung und Anwendung der in § 1 Abs.4 Satz 1 und 3 sowie Abs.5 BBauG enthaltenen Begriffe ist der gerichtlichen Kontrolle uneingeschränkt unterworfen.

    6) Die Abwägung der von einem Bauleitplan berührten Belange besteht im wesentlichen darin, diese Belange in ihrem Verhältnis zueinander zu gewichten. Diese Gewichtung ist grundsätzlich Ausdruck der planerischen Gestaltungsfreiheit und fehlerhaft erst dann, wenn im Abwägungsvorgang oder im Abwägungsergebnis einer der Belange in einer Weise berücksichtigt wird, die zu seiner objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis steht.

    7) Industriegebiete und zum Wohnen bestimmte Gebiete sollen nach Möglichkeit räumlich angemessen voneinander getrennt werden.

    8) Ein schwerer Eingriff ist nur dann nicht unerträglich, wenn er sich ungeachtet seiner Schwere im Rahmen der Sozialgebundenheit des Eigentums hält.

    9) Die Begründung des Planentwurfs hat grundsätzlich eine andere Funktion als die Begründung des Bebauungsplanes. Sie kann jedoch unter Umständen gleichwohl dann als Planbegründung übernommen werden, wenn sie geeignet ist, deren Aufgabe einer Rechtfertigung der wesentlichsten Aussagen des Planes zu erfüllen.

  

§§§


74.010 Fallhammer
   
    • BVerwG, U, 18.10.74, - 4_C_77/73 -
    • BVerwGE_47,126 ?? = DVBl_75,501 = NJW_75,460 -462 = DÖV_75,103 = BRS_28_Nr.114
    • BImSchG_§_4; BBauG_§_34; BauNVO_§_6, BauNVO_§_8
 

    1) Zum Begriff der "vorhandenen Bebauung" in § 34 BBauG.

    2) Das Rechtsinstitut des "Bestandsschutzes" bietet seinem Wesen nach nur Schutz gegenüber einem Beseitigungsverlangen; es deckt nicht wesentliche Erweiterungen des vorhandenen Bestandes.

    3) Bei bebauten Grundstücken tritt grundsätzlich die rechtliche Absicherung durch den "Bestandsschutz" an die Stelle einer etwaigen "eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition".

    4) Der Bereich der "vorhandenen Bebauung" stellt sich nicht notwendigerweise als ein bestimmtes Gebiet iSd BauNVO dar; es kann eine gewisse Deutungsbreite geben.

    5) Genehmigungsbedürftige Anlagen iSv § 4 BImSchG sind in Mischgebieten und in nichtbeplanten Gebieten nach § 34 BBauG, die keine Elemente eines Industrie - oder Gewerbegebietes, sondern allenfalls solche eines Mischgebietes enthalten, unzulässig, ohne daß es dabei auf den Grad der von ihnen ausgehenden Störungen ankommt.

  

§§§


74.011 Wiederaufbau nach Brand
   
    • BVerwG, U, 18.10.74, - 4_C_75/71 -
    • BVerfGE_47,126 -32
    • GG_Art.14 Abs.1; BBauG_§_25 Abs.2 +3
 

    1) Vom Bestandsschutz gedeckte Reparaturen liegen nur vor, wenn die Identität der baulichen Anlage erhalten bleibt. Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der erforderliche Eingriff in die Bausubstanz so intensiv ist, daß er eine statische Nachrechnung der gesamten Anlage notwendig macht.

    2) Der Wiederaufbau einer durch Brand oder ein ähnliches Ereignis zerstörten baulichen Anlage kann sich ausnahmsweise aus dem Gesichtspunkt der eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition rechtfertigen.

  

§§§


74.012 Funktionsänderung
   
    • BVerwG, U, 15.11.74, - 4_C_32/71 -
    • BVerwGE_47,185 -94 = BauR_75,44 = DVBl_75,498 = BRS_28_Nr.34
    • GG_Art.14 Abs.1; BBauG_§_35; VwGO_§_65 Abs.2
 

    1) Vorhaben im Sinne des § 35 BBauG ist auch in Fällen der Nutzungsänderung die bauliche Anlage in ihrer etwa geänderten Funktion als Einheit.

    2) Aus dem Bestandsschutz, den eine bauliche Anlage wegen und in einer bestimmten Funktion genießt, läßt sich nichts zugunsten einer Änderung dieser Funktion herleiten.

    3) § 35 Abs.3 Satz 2 BBauG ermöglicht nicht, die landwirtschaftsfremde Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Baulichkeiten gegenüber den Anforderungen des § 35 Abs.3 Satz 1 BBauG zu erleichtern.

  

§§§


75.001 Nerzzucht
   
    • OVG Münst, U, 09.01.75, - 9_A_1005/73 -
    • BRS_29_Nr.60
    • BauGB_§_35 Abs.1 Nr.4
 

    Für eine Nerzzucht im Außenbereich sind bauliche Anlagen einschließlich eines Wohnhauses nicht erforderlich, wenn der Zuchtbetrieb wegen des Mißverständnisses zwischen Ertrag und Kapital- und Arbeitsaufwand nicht auf die Dauer gesichert ist.

  

§§§


75.002 Bestandsschutz-Nutzungsänderung
   
    • BVerwG, U, 11.02.75, - 4_C_8/75 -
    • BauR_77,253 -56
    • GG_Art.14; BauGB_§_29, BauGB_§_30; BauNVO_§_3, BauNVO_§_4
 

    1) Nach Art.14 Abs.1 GG kann der Bestandsschutz auch eine Nutzungsänderung rechtfertigen; qualitativ oder quantitativ wesentliche Änderungen werden vom Bestandsschutz jedoch nicht gedeckt.

    2) Der Umfang des Bestandsschutzes bemißt sich nach dem, was an Baubestand oder dessen Nutzung in dem Zeitpunkt nachhaltig noch vorhanden ist, in dem der Schutz gegenüber einer geänderten Rechtslage wirksam werden soll.

  

§§§


75.003 Blitzschlag
   
    • BayVGH, U, 19.03.75, - -
    • BayVBl_75,448 -449
    • GG_Art.14; BauGB_§_35
 

    Zum Bestandsschutz für ein durch Blitzschlag zerstörtes nichtbevorrechtigtes Bauwerk im Außenbereich

  

§§§


75.004 Vollgeschoß
   
    • BGH, U, 29.09.75, - 3_ZR_40/73 -
    • BGHZ_65,182 = BRS_34_Nr.15 = NJW_76,184 -86
    • BauGB_§_36 Abs.1; GG_Art.34; BGB_§_839
 

    Im Baugenehmigungsverfahren ist eine Amtspflichtverletzung der Beamten der beteiligten Gemeinde gegenüber dem Baubewerber dann anzunehmen, wenn sie das nach § 36 Abs.1 BBauG erforderliche Einvernehmen der Gemeinde versagen, obwohl das Bauvorhaben nach den §§ 33 bis 35 BBauG zulässig ist.

    LF2: Hat die rechtswidrige Versagung des nach § 36 Abs.1 BBauG erforderlichen gemeindlichen Einvernehmens zunächst zu einer Versagung und dann zu einer Verzögerung der Baugenehmigungserteilung durch die Bauaufsichtsbehörde geführt, so kann darin ein zur Entschädigung verpflichtender enteignungsgleicher Eingriff liegen.

  

§§§


75.005 Teilung-Baugrundstück
   
    • BVerfG, U, 28.10.75, - 2_BvL_9/74 -
    • BVerfGE_40,261 = NJW_76,141 -42 = BGBl_I_75,3004
    • (Ns) LBO_§_4 Abs.3 S.1; GG_Art.74 Nr.18
 

    1) Die in § 4 Abs.3 S.1 BauO NS getroffene Bestimmung, daß die Teilung eines bebauten Grundstücks der Genehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde bedarf, ist mit dem GG vereinbar.

    2) Dem Bund ist vom GG nur für die in Art.74 Nr.18 GG aufgeführten Teile der Gesamtmaterie "Baurecht" die Gesetzgebungszuständigkeit zugewiesen worden. Hingegen ist ihm nicht - auch nicht unter dem Gesichtspunkt des "Sachzusammenhangs", des "Wandels der Verhältnisse" und der Natur der Sache" - die Kompetenz gewährt, Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Bauordnungsrechts zu erlassen; dieses ist vielmehr eine eigenständige Rechtsmaterie (so auch BVerfG, E vom 16.06.54 - 1_PBvV_2/52 - BVerfGE_3,407 ).

    3) Die hier vorgelegte Rechtsnorm ist eine Vorschrift des Bauordnungsrechts und reicht somit nicht in die dem Bund vorbehaltene Regelungsbefugnis hinein.

  

§§§


75.006 Schaumlavaausbeutung
   
    • BVerwG, U, 14.11.75, - 4_C_2/74 -
    • BVerwGE_49,365 -72
    • GG_Art.2; RNatSchG_§_4
 

    Die Festsetzung eines Naturschutzgebietes hat keine enteignende Wirkung, wenn durch sie die Schaumlavaausbeutung eines Berges unterbunden wird, mit der der Berechtigte bisher noch nicht begonnen hatte und deren Vornahme sich nach der gegebenen Situation der Verkehrsauffassung nicht aufdrängt.

  

§§§


75.007 Bienenhaus
   
    • HessVGH, U, 28.11.75, - 4_OE_98/74 -
    • BRS_29_Nr.59
    • BauGB_§_35 Abs.1 Nr.4
 

    Bauliche Anlagen für die nicht betriebliche Bienenhaltung sind im Außenbereich als ortsgebunden nur privilegiert, soweit die raumspartendste Aufstellungsart der Bienenkästen gewählt und die Kästen mit einem etwa erforderlichen Arbeitsraum zusammengefaßt werden. Bei der Haltung von 22 Bienenvölkern läßt sich ein bienendichter Arbeitsraum in dem für das Schleudern der Waben notwendigen Umfang unmittelbar bei dem Bienenstand anerkennen; das gleiche gilt für den fü das Lagern von Arbeitsgerät und Futtermitteln benötigten Platz, wenn der Imker größere Entfernungen zu seinem Bienenhaus zuzückzulegen hat. Ein Raum für das Abfüllen des Honigs oder als Übernachtungsmöglichkeit ist nicht bevorzugt zugelassen.

  

§§§


75.008 Tunnelofen
   
    • BVerwG, U, 12.12.75, - 4_C_71/73 -
    • DVBl_76,214 -217 = NJW_77,1932 = BauR_76,100 = DB_76,336 = GewArch_76,99 = DÖV_76,387 = BayVBl_76,248 = MDR_76,607 = JuS_76,259 = VRspr_27,857 = BVerwGE_50,49 = ESBImSchG_§_5-2 = GewArch_76,349 = ZMR_76,238 = NuR_88,190
    • BImSchG_§_4, BImSchG_§_6, BImSchG_§_15, BImSchG_§_67; 4.BImSchV_§_2 Nr.3; BBauG_§_29 ff; TALuft; GG_Art.14 Abs.1
 

    1) Nach den Vorschriften des Bundes - Immissionssschutzgesetzes zu Ende zu führen sind auch solche ursprünglich auf die Erteilung einer Genehmigung nach den §§ 16 ff GewO gerichteten Verfahren, die beim Inkrafttreten des Bundes - Immissionsschutzgesetzes bereits bei den Gerichten anhängig waren.

    2) Bei der Prüfung des in § 5 Nr.1 BImSchG vorgesehenen Versagungsgrundes sind der genehmigungsbedürftigen Anlage alle die schädlichen Umwelteinwirkungen anzurechnen, die sich aus der ihr zugedachten Funktion ergeben.

    3) In den Bereichen, in denen Baugebiete von unterschiedlicher Qualität und unterschiedlicher Schutzwürdigkeit zusammentreffen, ist die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, die unter anderem dazu führt, daß der Belästigte Nachteile hinnehmen muß, die er außerhalb eines derartigen Grenzbereiches nicht hinzunehmen brauchte.

    4) Soweit der Bestandsschutz einer baulichen Anlage eines Gewerbebetriebes reicht, müssen sich die Allgemeinheit und die Nachbarschaft die entstehenden Nachteile und Belästigungen zumuten lassen. Das hat zur Folge, daß unter diesen Umständen das in § 5 Nr.1 BImSchG enthaltene Merkmal der Erheblichkeit nicht erfüllt ist.

    5) Nach Art.14 Abs.1 GG kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Bestandsschutz auch dergestalt geboten sein daß wegen des Schutzes, den eine vorhandene bauliche Anlage genießt, ein damit zusammenhängendes weiteres bauliches Vorhaben gestattet werden muß.

    6) Zu den Voraussetzungen und Grenzen eines derart überwirkenden Bestandsschutzes.

  

§§§


75.009 Niederspannungsleitung
   
    • BGH, U, 19.12.75, - 5_ZR_38/74 -
    • BGH_66,37 -42
    • BGB_§_1004; BBauG_§_42; EnWG_§_11
 

    1) Dem Anspruch eines Grundeigentümers auf Beseitigung einer auf seinem Grundstück stehenden Anlagen (hier: Mast und Niederspannungsleitungen) steht nicht ohne weiteres entgegen, daß ein Voreigentümer die Anlage gestattet hatte.

    2) Zur Frage, ob der Grundeigentümer zur Duldung eines auf seinem Grundstück stehenden Leitungsmastes und der darüber geführten Leitungen deshalb verpflichtet ist, weil die Anlage der Versorgung der Allgemeinheit dient.

  

§§§


76.001 Wasserwirtschaft
   
    • OVG Münst, U, 25.02.76, - 10_A_584/75 -
    • HDW_R1313
    • BBauG_§_35; WHG_§_34 Abs.2; VlwF_§_3, VlwF_§_4, VlwF_§_11 ff
 

    Eine gewerbliche Tankstelle, die im Außenbereich im Einzugsgebiet einer Wassergewinnungsanlage errichtet werden soll, beeinträchtigt öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs.2 BBAuG und § 35 Abs.3 BBauG wegen einer Gefährdung der Wasserwirtschaft dann nicht, wenn sie durch ihre bauliche Gestaltung und Ausführung sowie durch die Anordnung von Schutzvorkehrungen für den Betrieb mit den Anforderungen in Einklang steht oder gebracht werden kann, welche durch die speziell auf den Schutz der Wasserwirtschaft angelegten Vorschriften bestimmt werden. vorgefundene Grundwasser zu verfügen, gewährt kein Recht auf Zufluß von Grundwasser bestimmter Menge und Beschaffenheit.

    4) Die § 2, § 6, § 41 Abs.1 Nr.1 erste Alternative WHG sind keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs.2 BGB, wohl aber die § 8 Abs.3, § 8 Abs.4 WHG, § 17 LWG NW, soweit sie dem Betroffenen eine materielle Rechtsstellung einräumen.

    5) Zum Inhalt der dem Betroffenen durch § 8 Abs.3, § 8 Abs.4, § 17 LWG NW gewährten Rechtsstellung.

  

§§§


76.002 Umspannanlage
   
    • VGH BW, U, 10.03.76, - 3_86/75 -
    • BVWPr_76,252 = VerwRspr_28,142 = ESVGH_27,94
    • NatSchG_§_20 Abs.2 S.1 Nr.1; BBauG_§_35 Abs.1 Nr.3; GG_Art.14
 

    1) Die Umspannanlage eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens ist eine "Stätte der Leistung" iSd § 20 Abs.2 S.1 Nr.1 NatSchG.

    2) Eine Werbeanlage beeinträchtigt das Landschaftsbild iSd § 20 Abs.2 S.1 NatSchG, wenn ein - zwar nicht besonders empfindsamer oder geschulter, aber für den Landschaftsschutz aufgeschlossener - Betrachter die Werbeanlage in der Landschaft als belastend oder Unlust erregend empfinden müßte.

    3) Das in § 20 Abs.1 S.1 NatSchG enthaltene Verbot von Werbeanlagen im Außenbereich und die in § 20 Abs.2 S.1 aaO enthaltene Ermächtigung der Behörde, unter bestimmten Voraussetzungen Werbeanlagen im Außenbereich nach ihrem Ermessen widerruflich zuzulassen, sind mit Art.14 GG vereinbar.

    4) Bei der Ermessensausübung nach § 20 Abs.2 S.1 NatSchG ist für den jeweiligen Fall der Schutzzweck des Verbots des § 20 Abs.1 S.1 aaO abzuwägen gegen das Bedürfnis nach Werbung an der Stätte der eigenen Leistung.

    5) Eine Leuchtschrift an einer Umspannanlage "dient" nicht iSd § 35 Abs.1 Nr.3 BBauG der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität.

    6) Zur Frage der Verkehrsbeeinträchtigung auf der Autobahn Karlsruhe-Heidelberg durch eine 450 m entfernte Leuchtschrift.

  

§§§


76.003 Fuhrunternehmen
   
    • BVerwG, U, 09.06.76, - 4_C_42/74 -
    • BauR_76,344
    • BauGB_§_35 Abs.1 Nr.4, BauGB_§_35 Abs.2, BauGB_§_35 Abs.3
 

    1) Betreibe, die lediglich mit einem Betriebsteil die Voraussetzungen einer Privilegierung erfüllen, sind nur dann insgesamt privilegiert, wenn sie als Folge nicht nur wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit, sondern technischer Erfordernisse dem typischen Erscheinungsbild eines Betriebes dieser Art entsprechen und zweitens der privilegierte Betreibszweig den gesamten Betrieb prägt. (Hier: Fuhrunternehmen)

    2) Den Begriff der Splittersiedlung können alle baulichen Anlagen erfüllen, die zum - wenn auch evtl nur gelegentlichen - Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.

    3) Eine von der geschlossenen Ortslage abgesetzte (Streu-) Bebauung ist grundsätzlich unorganisch. Läßt sie sich in diesem Standort nicht ausnahmsweise rechtfertigen, so liegt in ihrer Ausführung ein Verstoß gegen die Anforderungen an eine geordnete Siedlungsstruktur und damit gegen Öffentliche Belange.

  

§§§


76.004 Verbrauchermarkt
   
    • VGH BW, B, 18.06.76, - 3_680/76 -
    • BauR_76,341 -44
    • VwGO_§_42 Abs.2, VwGO_§_80 Abs.5; BauGB_§_35
 

    1) Eine Gemeinde kann sich mit der Klage gegen die Genehmigung eines Verbrauchersmarktes auf dem Gebiet einer anderen Gemeinde mit der Begründung zur Wehr zu setzen, daß der Entzug der motorisierten Kunden durch den Verbrauchermarkt die Sanierung ihrer Altstadt gefährde und ihre durch den Landesentwicklungsplan zugewiesene Funktion als Mittelzentrum beeinträchtige.

    2) Die Interessenabwägung bei dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gegen eine sofortige Vollziehung der Baugenehmigung kann zugunsten des Bauherrn getroffen werden, wenn die Interessenssphäre des Antragstellers lediglich durch die Nutzung des genehmigten Vorhabens betroffen wird.

  

§§§


76.005 Trag-Luft-Schwimmhalle
   
    • BVerwG, U, 17.12.76, - 4_C_6/75 -
    • BauR_77,109 -12
    • BauGB_§_29,; BauNVO_§_14
 

    1) Die im Begriff der baulichen Anlage enthaltene Voraussetzung, daß die Anlage auf Dauer gedacht sein muß, kann auch dadurch erfüllt werden, daß die Anlage zwar jeweils nur für kurze Zeit besteht, sich dieser Zustand aber ständig wiederholt (hier: Aufstellung einer Tragluft-Schwimmhalle).

    2) Zu den Wesensmerkmalen einer untergordneten Nebenanlage gehört, daß die Anlage sowohl in ihrer Funktion als auch räumlich-gegenständlich dem primären Nutzungszweck der in einem Baugebiet gelegenen Grundstücke (oder des Baugebiets selbst) sowie der diesem Nutzungszweck entsprechenden Bebauung dienend zu- und untergeordnet ist.

  

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