70-73  
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70.001   Halboffene Bauweise
   
    • BVerwG , B, 06.01.70, - 4_B_57/69 -
    • DVBl_70,830 -831
    • BBauG_§_34
 

    Zur Frage der Zulässigkeit von Vorschriften des Bauordnungsrechts über die Notwendigkeit von Abstandsflächen, wenn nach § 34 an die Grundstücksgrenze gebaut werden darf.

  

§§§


70.002 Privatklinik
   
    • BVerwG, U, 30.01.70, - 4_C_143.65 -
    • DVBl_70,832 -834 = DÖV_70,832 = DÖV_70,787 = BRS_23_Nr.36 = BauR_70,91
    • BBauG_§_34; BauNVO_§_3, BauNVO_§_13, BauNVO_§_15
 

    Zur Auslegung von § 13 BauNVO

  

 Z-239  Reine Wohngebiete, Auszug aus: DVBl_70,832,  S.833

    "... Der besondere Schutz, den reine Wohngebiete durch die Beschränkung auf die Errichtung von Wohngebäuden genießen (§ 3 Abs.2 BauNVO), hindert nicht, daß auch dort "Räume für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben", zulässig sind (§ 13 BauNVO). ..."

  

 Z-240  Innenbereich, Auszug aus: DVBl_70,832,   S.833

    "... Diese Regelung, die ebenso wie die sonstigen Vorschriften der Baunutzungsverordnung im Rahmen von § 34 BBauG als Richtlinie zu berücksichtigen ist (vgl § 24 Abs.2 BauNVO sowie das Urteil zu BVerwG 4_C_12/67, DÖV_69,751 (752), DVBl_70,69), begünstigt auch Kliniken, sofern sie erstens nur "Räume", dh (nicht notwendig untergeordnete) Gebäudeteile, in Anspruch nehmen und zweitens in einem noch näher zu kennzeichnenden Sinne "wohnartig" betrieben werden. ..."

  

 Z-241  wohnartige Nutzung, Auszug aus DVBl_70,832,   S.833

    "... All das ergibt für § 13 BauNVO als eine Art roten Faden die "Wohnartigkeit" der durch diese Vorschrift privilegierten Berufsausübung. Damit ist gemeint: Den angeführten Berufen ist im großen und ganzen nicht nur eigen, daß sie sich innerhalb von Wohnungen ausüben lassen, sondern ferner, daß die Tätigkeit inhaltlich Beschäftigungen vergleichbar ist, die mehr oder weniger in jeder Wohnung stattfinden oder doch stattfinden können. Unter diesem Blickwinkel unterscheiden sich etwa die "private" Arbeit an einem Schreibtisch oder einem Zeichenbrett nicht prinzipiell von einer Berufsausübung, die am Schreibtisch oder Zeichenbrett stattfindet, liegen beispielsweise die elterliche Überwachung von Schularbeiten und die beruflich "unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit" in einer Ebene oder läßt sich die Betreuung eines Kranken mit dem Beruf der Krankenschwester, des Krankengymnasten oder auch des Masseurs vergleichen usw. Diese "Wohnartigkeit" ist der Grund, daß § 13 BauNVO die freie Berufsausübung für in grundsätzlich allen Baugebieten zulässig erklärt und dabei insbesondere auch die gegenüber Störungen besonders schutzwürdigen Wohngebiete nicht ausnimmt. Gleichzeitig ergibt sich aus dieser Wohnartigkeit die Klammer, die innerhalb des § 13 BauNVO die beiden Alternativen miteinander verbindet und damit überhaupt den Unterschied zwischen der "Berufsausübung freiberuflich Tätiger" und einer Berufsausübung "ähnlicher Art" in den Hintergrund treten läßt. ..."

  

§§§


70.003 Großtankstelle
   
    • BGH, U, 16.03.70, - 3_ZR_183/69 -
    • NJW_70,1178 = BauR_70,164 = DÖV_70,421 = MDR_70,747 = BB_70,988
    • GG_Art.14; BauGB_§_35
 

    Erteilt die Behörde für eine Großtankstelle mit Rücksicht auf künftige Straßenbauvorhaben eine Baugenehmigung, die sie hätte versagen können, nur unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs, so kann der Genehmigungsempfänger grundsätzlich keine Enteignungsentschädigung beanspruchen, wenn - nach Ablauf einer angemessenen Zeit - die Genehmigung im Hinblick auf die Durchführung dieser Straßenbauvorhaben widerrufen wird und die Tankstelle beseitigt werden muß.

  

§§§


70.004 Bauvorlagenberechtigung-I
   
    • BVerfG, U, 27.05.70, - 2_BvR_117/65 -
    • BVerfGE_28,364
    • (BW) LBO_§_90 Abs.5
 

    § 90 Abs.5 BauO BW (Unterzeichnung des Bauplans durch Architekten als Planverfasser) ist verfassungsmäßig.

  

§§§


70.005 Bootssteg
   
    • VGH BW, U, 02.10.70, - 2_666/69 -
    • HDW_R1172
    • WHG_§_2, WHG_§_3; (BW) WG_§_76, WG_§_82
 

    1) Bootsstege gehören zu den "sonstigen Anlagen" im Sinne des § 76 Abs.1 S.1 WG; sie unterliegen wasserrechtlicher Genehmigung, wenn nach Art, Standort und bestimmungsgemäßer Benutzung die Möglichkeit einer Behinderung der Schiffahrt besteht.

    2) Zur Schiffahrt auf dem Bodensee gehört auch der Verkehr mit den nur zu Sport- und Vergnügungszwecken dienenden Motorbooten.

    3) Bei der Errichtung von Bootsstegen handelt es sich nicht um ein "Einbringen von Stoffen in oberirdische Gewässer", mithin nicht um eine erlaubnis- oder bewilligungspflichtige Gewässerbenutzung im Sinne der § 2 WHG, § 3 WHG.

    4) Beim Tatbestandsmerkmal des "Wohls der Allgemeinheit" (§ 76 Abs.3 WG) handelt es sich um einen unbeschränkt nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff, der nicht nur auf wasserwirtschaftsrechtliche oder schiffahrtspolizeiliche Zusammenhänge bezogen, sondern auf die Gesamtinteressen der Allgemeinheit abgestellt ist. Das Wohl der Allgemeinheit wird jedenfalls dann beeinträchtigt, wenn die Zulassung einer Anlage gegen die öffentlich-rechtlichen Vorschriften anderer Gesetze, etwa gegen das landschaftsschutzrechtliche Verbot, die Natur zu schädigen, verstößt.

    5) Zur Anordnung der Beseitigung unzulässiger Anlagen.

  

§§§


70.006 KFZ-Reparaturarbeiten
   
    • BGH, U, 26.10.70, - 3_ZR_132/67 -
    • BRS_26_Nr.17 = DVBl_71,464 (L) = BauR_71,99 = MDR_71,115 = DÖV_71,246 ; DB_70,2367
    • GG_Art.14
 

    LF 1) Die säumige Bearbeitung eines Baugesuchs kann einen Entschädigungsanspruch aus Amtspflichtverletzung, nicht aber aus enteignungsrechtlichen Gründen auslösen.

    LF 2) Die mit einer rechtswidrigen Versagung einer Baugenehmigung verbundene Verzögerung des Baubeginns kann einen Entschädigungsanspruch auch wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs begründen.

  

§§§


70.007 Nachbarklage-kommunale
   
    • OVG Lüneb, U, 17.11.70, - 1_A_97/69 -
    • DVBl_71,322 -324
    • BauGB_§_1, BauGB_§_2 Abs.4; VwGO_§_42, VwGO_§_43, VwGO_§_47
 

    1) Der Beschluß einer Gemeinde über die Aufstellung eines Flächennutzungsplans und dessen Genehmigung sind integrierende Bestandteile des einheitlichen Planaufstellungsverfahrens und können von dritter Seite nicht zum Gegenstand selbständiger Nichtigkeitsfeststellungs- oder Anfechtungsklagen gemacht werden.

    2) Die rechtlichen Beziehungen, die sich aus dem Flächennutzungsplan ergeben, können Rechtsverhältnisse begründen, die bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses Gegenstand einer Feststellungsklage sein können.

    3) Aus § 2 Abs.4 BBauG ist ein Recht von Nachbargemeinden auf Schutz ihrer Planungshoheit herzuleiten.

    4) Eine zwischengemeindliche Nachbarklage ist nur begründet, wenn die Planungshoheit der Nachbargemeinde verletzt ist.

  

§§§


71.001 Anlegesteg
   
    • VGH BW, U, 19.01.71, - 2_670/68 -
    • HDW_R1184
    • WHG_§_8 Abs.3; (BW) StrG_§_31; (BW) WG_§_13 Abs.1 Nr.1; WG_§_15, WG_§_16, WG_§_101, WG_§_108; BBauG_§_29 ff; (BW) LBO_§_1 Abs.2 Nr.2
 

    1) Überbrückung im Sinne des § 1 Abs.2 Nr.2 LBO ist eine bauliche Anlage, die einen Verkehrsweg oder eine Rohrleitung über ein natürliches oder künstliches Hindernis hinwegführt. Ein Anlegesteiger für die Personenschiffahrt mit einem vom Landwiderlager am Ufer zu einem schwimmenden Widerlager geführten (19 m langen) Steg ist keine Überbrückung. Die Anlage unterliegt als Landestelle im Sinne des § 13 Abs.1 Nr.1 WG mithin nur der Aufsicht der Wasserbehörde; die Landesbauordnung findet keine Anweisung. Ein Anlegesteiger am Rheinufer (Außenbereich) kann man auch nicht unabhängig von einem bauaufsichtlichen Verfahren bauplanungsrechtlich als "bauland- bzw. baugebietswidrige Nutzungsart" beurteilt werden.

    2) Unterläßt die untere Wasserbehörde die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens und die Auslegung der Pläne, ohne daß die Voraussetzungen des vereinfachten Erlaubnisverfahren vorgelegen haben, so kann dieser Mangel des Verwaltungsverfahren auch noch nach Erteilung der Erlaubnis geheilt werden, wenn ein Betroffener nachträglich über den wesentlichen Inhalt des Antrags unterrichtet wird und seine im Wege des Widerspruchs geltend gemachten Einwendungen im Widerspruchsbescheid zur Sache beschieden werden.

    3) Um nachhaltige Einwirkungen auf das Recht eines anderen im Sinne des § 8 Abs.3 WHG handelt es sich, wenn vom Betrieb einer Landestelle am Rhein das Maß des Ortsüblichen übersteigende Dauergeräusche ausgehen, die die Benutzung einer Eigentumswohnung in einem (reinen) Wohngebiet wesentlich beeinträchtigen (Dauerton der Elektronengeneratoren eines Kabinenschiffes während nächtlicher Liegezeit 65-70 DIN-phon). Zur Zumutbarkeit von Geräuschen der obengenannten Art im Hinblick auf den unüblichen Verkehrslärm der durchgehenden Schiffahrt. Zur vergleichsweisen Anwendbarkeit der VDI-Richtlinie 2058 bei der Beurteilung des Dauerlärms eines an einer Landestelle liegenden Schiffes.

    4) Wer in Baden-Württemberg an einer Bundeswasserstraße eine Landestelle herstellen und betreiben will, bedarf auch nach Inkrafttreten des Bundeswasserstraßengesetzes der wasserrechtlichen Erlaubnis durch die Wasserbehörde neben einer etwaigen strom- und schiffahrtspolizeilichen Genehmigung des Wssser- und Schiffahrtsamtes.

  

§§§


71.002 Weisungen-fachaufsichtliche
   
    • BVerwG, B, 21.01.71, - 4_B_128/70 -
    • BRS_24_Nr.145
    • VwGO_§_72
 

    Die Befugnis, einem Widerspruch abzuhelfen, stellt die Gemeinde in übertragenen Wirkungskreis nicht von fachaufsichtlichen Weisungen frei (hier: Bauaufsicht)

  

§§§


71.003 Baugenehmigung-Widerruf
   
    • BVerwG, U, 22.01.71, - 4_C_62/66 -
    • NJW_71,1624 -26 = BauR_71,1888 = BRS_24_Nr.193 = DÖV_71,640
    • GG_Art.14
 

    1) Der gegen den Eigentümer ausgesprochene Widerruf einer Baugenehmigung und die ihm gegenüber erlassene Anordnung der Beseitigung eines Bauwerks wirken grundsätzlich und insbesondere im Fall der Gesamtrechtsnachfolge gegen den Rechtsnachfolger.

    2) Bestandsschutz gemäß Art.14 GG erhält ein Bestand regelmäßig erst dann, wenn das Vorhaben fertiggestellt oder jedenfalls im wesentlichen fertiggestellt ist.

  

§§§


71.004 Bienenhaus
   
    • VGH BW, U, 11.03.71, - 3_454/68 -
    • BRS_23_Nr.67
    • BBauG_§_35 Abs.1, BBauG_§_145; (BW) LBO_§_101
 

    1) Eine Imkerei zählt nicht zur Landwirtschaft im Sinne der § 35 Abs.1 Nr.1 und § 146 BBauG.

    LF 2) Bienenhäuser gehören im Regelfall zu den privilegierten Vorhaben im Sinne des § 35 Abs.1 Nr.4 BBauG, die zulässige Größe ergibt sich aus der Zahl der gehaltenen Bienenvölker und der Entfernung zwischen dem Standort und Wohnsitz des Imkers.

    LF 3) Der völlige Abbruch eines Bauvorhabens kann nicht verlangt werden, wenn es teilweise genehmigungsfähig ist und sich ein Teilabbruch ohnes weiteres durchführen läßt.

  

§§§


71.005 Verwaltungserlasse
Anmerkung:
 
 
    • BGH, U, 28.06.71, - 3_ZR_111/68 -
    • NJW_71,1699 -1701
    • BGB_§_839
 

    1) Verwaltungserlasse, die der nachgeordneten Verwaltung allgemein eine bestimmte Gesetzesauslegung vorschreiben, begründen regelmäßig keine Amtspflicht der vorgesetzten Behörde gegenüber dem Bürger.

    2) Zur Amtspflicht der Dienstaufsichtsbehörde gegenüber einem Beschwerdeführer, ihr Weisungs- und Leitungsrecht gegenüber den nachgeordneten Behörden richtig zu handhaben.

  

 Z-238  Aufsichtspflichten , Auszug aus: NJW_71,1699,  S.1700

    "... Die in § 839 BGB vorausgesetzte besondere Beziehung zwischen der Amtspflicht und dem geschädigten "Dritten" ( BGH, NJW_71,1172, 1174; BGB-RGRK 11.Aufl, § 839 Anm.40 ) kann auch bei Aufsichtspflichten, die regelmäßig nur im allgemeinen staatlichen Interesse bestehen, dadurch hergestellt werden, daß der einzelne Bürger sich unmittelbar an die Aufsichtsbehörde wendet (BGHZ_35,44, 50 = NJW_61,1347; Urt des Senats vom 30.03.67 - 3_ZR_185/64 = VersR_67,471/3 mw Nachw ) Diese Amtspflicht schließt die Verpflichtung ein, den betreffenden Bürger vor gesetzwidrigen Maßnahmen zu bewahren und - soweit ein Eingriff in seine Rechtssphäre bereits erfolgt ist - für ihre Beseitigung zu sorgen ( BGH, NJW_56,1028 ). Diese vom Senat für den Bereich der Staatsaufsicht entwickelten Rechtsgrundsätze lassen sich auch auf die Dienstaufsicht übertragen, zumal sie ein unbeschränktes Weisungs- und Leitungsrecht gewährt (Forsthoff, Verwaltungsrecht, allg Teil, 9.Aufl,§ 24 I b ). Die Dienstaufsichtsbeschwerde dient nicht nur behördeninternen Interessen . Sie ist dem Bürger ( auch ) zu dem Zweck an die Hand gegeben, im Einzelfall eine gerechte Entscheidung der Verwaltung herbeizuführen. Sie soll die Aufmerksamkeit der vorgesetzten Behörde auf eine bereits eingetretene konkrete Rechtsverletzung lenken und sie veranlassen, gegebenenfalls die Angelegenheit an sich zu ziehen und in der Sache selbst zu entscheiden ( zu dieser Befugnis vgl OVG Berlin JR_52,252, 253; vgl auch Fischbach, Bundesbeamtengesetz, 3.Aufl., § 171Anm.IX 2; Bochalli, Bundesbeamtengesetz, 2.Aufl. § 171 Anm.2). Dem Recht des Bürgers, die vorgesetzte Behörde auf ein Fehlverhalten der nachgeordneten Stellen hinzuweisen, entspricht die ihm gegenüber bestehende Amtspflicht der Dienstaufsichtsbehörde, seine im Beschwerdeweg an sie herangetragene Beanstandung auf ihre Berechtigung zu prüfen und sie sachgerecht zu bescheiden (BGHZ_35,44, 51 = NJW_61,1347 ). Diese Pflicht wird verletzt, wenn die Dienstaufsichtsbehörde die Einleitung gegeineter Schritte unterläßt, obwohl die bei Ausübung der Diestaufsicht oder sonstwie zutage getretenen Umstände Anlaß zum Eingreifen hätten geben müssen (aaO S.53; BGH, NJW_56,1028)..."

  

§§§


71.006 Brückenreklame
   
    • BVerwG, B, 10.08.71, - 4_B_87/71 -
    • BRS_27_Nr.122
    • (SL) LBO_§_15 Abs.2
 

    LF: Eine Werbeanlage an einer Eisenbahnbrücke gefährdet nicht grundsätzlich den Straßenverkehr.

  

§§§


71.007 Grundwassergefährdung
   
    • VGH Münch, U, 27.10.71, - 90_8_70 -
    • HDW_R1225
    • WHG_§_26, WHG_§_38; (By) WG_§_68; AGStPO_§_5
 

    1) Die Frage, wer eine Gefahr oder Störung - hier eine Gefährdung des Grundwassers durch Altöl - verursacht hat, ist nach den Grundsätzen der adäquaten Verursachung zu entscheiden.

    2) Kommen mehrere Verursacher in Betracht, so hat die Behörde die Wahl, an welchen von ihnen sie ihre Anordnung richtet.

    3) Eine Mineralölhandelsfirma, die ein von ihr ermietetes Grundstück teilweise zum Betrieb einer Tankstelle mit Kundendienst, teilweise zum Betrieb einer Kfz-Werkstätte weiterverpachtet bzw untervermietet hat, ist Mitverursacher einer durch versickerndes Altöl aus einem dieser Betriebe erzeugten Grundwassergefährdung.

  

§§§


71.008 gesamtschuldnerische Haftung
   
    • BGH, U, 22.11.71, - 3_ZR_112/69 -
    • HDW_R1208
    • WHG_§_22
 

    Gelangen in ein Gewässer aus mehreren Anlagen im Sinne des § 22 Abs.2 WHG schädliche Stoffe, von denen jeder geeignet ist, zumindest im Zusammenwirken mit den übrigen Schadensstoffen einen bestimmten Schaden herbeizuführen, so haftet grundsätzlich jeder Inhaber einer einzelnen Anlage für den vollen Schaden als Gesamtschuldner, ohne daß der Geschädigte die Kausalität des Schadensbeitrages aus der einzelnen Anlage für den eingetretenen Schaden nachweisen müßte.

  

§§§


71.009 Bauanzeige
   
    • BVerwG, U, 10.12.71, - 4_C_33/69 -
    • BVerwGE_39,154 -159
    • BBauG_§_15 (= BauGB_§_15), BBauG_§_29 S.1 (= BauGB_§_29 S.1)
 

    1) § 15 BBauG (Zurückstellung von Baugesuchen) ist auch auf nur anzeigebedürftige Vorhaben anwendbar.

    2) Der in den § 15 und 29 Satz 1 BBauG verwendete Begriff der baulichen Anlage bestimmt sich auch inhaltlich nach Bundesrecht.

    3) Danach gehören Abgrabungen nicht zu den baulichen Anlagen.

  

 Z-347  Bundesrechtlicher Anlagenbegriff, Auszug aus: BVerwGE_39,155,  S.156 f

    Der Begriff der baulichen Anlage bestimmt sich nicht nach Landes-, sondern nach Bundesrecht. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 26.06.70 - BVerwG 4_C_116/68 - (BRS_23,202 f.) auf die Zweifel hingewiesen, die dagegen sprechen, bei § 29 Satz 1 BBauG in der Verwendung des Begriffs der baulichen Anlage eine Verweisung auf das Landesrecht zu sehen. Einer abschließenden Klärung bedurfte es damals nicht, weil davon die Entscheidung nicht abhing. Die erneute Prüfung dieser Frage führt zu dem Ergebnis, daß jene Zweifel begründet sind und ihretwegen das Vorliegen einer Verweisung verneint werden muß. Das gilt für § 15 BBauG ebenso wie für § 29 Satz 1 BBauG. Bereits der Ausgangspunkt spricht gegen die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht. Der Begriff der baulichen Anlage ist sowohl in § 15 als auch in § 29 BBauG Tatbestandsmerkmal einer bundesrechtlichen Vorschrift und damit zweifellos ein Begriff des Bundesrechts (im gleichen Sinne zu § 9 Abs.1 FStrG das Urteil vom 27.02.70 - BVerwG 4_C_48/67 - in BRS_23,267 (2681). Sicherlich schließt das nicht die Möglichkeit aus, daß das Bundesrecht - dennoch - den Begriff inhaltlich nicht ausfüllt, sondern für seinen Inhalt auf das Landesrecht Bezug nimmt. Eine solche Verweisung ist jedoch bei bundesrechtlichen Begriffen nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Die Tatsache, daß der Wortlaut der §§ 15 und 29 BBauG dafür nichts hergibt, weist schon für den Ausgangspunkt deutlich auf die der Ansicht des Berufungsgerichts entgegengesetzte Lösung hin. Nur diese Lösung entspricht aber auch dem Sachzusammenhang. Der Begriff der baulichen Anlage ist im Landesrecht durchweg ein Hilfsmittel dafür, bestimmte Vorhaben mit einer Baugenehmigungs- (oder auch Bauanzeige-) pflicht zu belegen. Seine Verwendung bringt dementsprechend sachlich in erster Linie zum Ausdruck daß zu dieser Genehmigungspflicht Anlaß besteht, es sich also um Vorhaben handelt, die im allgemeinen Interesse nicht ohne eine vorangehende behördliche Kontrolle und nicht ohne Beachtung gewisser ordnungsrechtlicher Anforderungen ausgeführt werden sollen. Das ist eine im Grundsatz ganz andere Erwägung, als sie von den §§ 15 und 29 BBauG ausgeht. Denn bei diesen Vorschriften steht nicht ein Bedürfnis nach präventiver Kontrolle, sondern es steht auf dem Spiel, ob ein Vorhaben für "die städtebauliche Entwicklung" (§ 1 Abs.1 BBauG) erheblich und deshalb materiell Vorschriften des Bodenrechts zu unterwerfen ist. Der in dieser abweichenden Betrachtungsweise hervortretende Unterschied ändert zwar nichts daran, daß die Begriffe der baulichen Anlage, wo immer das (Bau-)Recht sie verwenden mag, im wesentlichen übereinstimmen werden. Das Bedürfnis nach präventiver Kontrolle und die städtebauliche Erheblichkeit treffen in aller Regel zusammen. Dennoch aber handelt es sich um unterschiedliche Ansätze, und dies schließt aus, die §§ 15 und 29 BBauG im Sinne einer echten - d. h. einer uneingeschränkten und für eigenständige Überlegungen zur städtebaulichen Erheblichkeit keinen Raum lassenden - Verweisung auf das Landesrecht auszulegen. Dabei kommt noch hinzu, daß die bauordnungsrechtlichen Regelungen der Länder den Begriff der baulichen Anlage nicht einheitlich verwenden. Würde gleichwohl eine Verweisung angenommen, so hätte dies praktisch zur Folge, daß der zumindest formal bundesrechtliche und bundesrechtlich einheitliche Begriff in den einzelnen Bundesländern eine unterschiedliche Tragweite hätte, also beispielsweise bei einer Abgrabung in Nordrhein-Westfalen, weil § 2 Abs.2 Bau0 NW eingreift, nach § 15 BBauG ausgesetzt werden könnte, während diese Möglichkeit in Rheinland-Pfalz nicht bestünde, weil die dort geltende Bauordnung in Abgrabungen keine baulichen Anlagen sieht (vgl. § 72 Abs.2 Buchst.d LBO). Das spricht gleichfalls gegen das Vorliegen einer Verweisung auf das (jeweilige) Landesrecht. Alles in allem ergibt sich nach Überzeugung des Senats aus diesen Gründen, daß der Begriff der baulichen Anlage im Sinne der §§ 15 und 29 BßauG nicht nur formal, sondern auch inhaltlich ein eigenständig bundesrechtlicher ist. In diesem Ergebnis stimmt der Senat mit der zu § 29 BBauG wohl auch im Schrifttum vorherrschenden Auffassung überein (vgl. insoweit Mever in Meyer-Stich-Tittel, Bundesbaurecht, § 29 Rdnr.1; Sendler, BBauBl_68,14; Pergande, EPlaR VI Anmerkung zu OVG Berlin 3.65/6 f.; Schrödter, Bundesbaugesetz, 2. Aufl., 29 Rdnr. 2 sowie Ernst-Zinkahn-Bielenberg, Bundesbaugesetz, § 29 Rdnrn. 2 ff.).

  

§§§


72.001 Wiederkaufsrecht-Dritter
   
    • BGH, U, 14.01.72, - 5_ZR_173/69 -
    • BGHZ_58,78
    • BauGB_§_24 Abs.4 S.2, BauGB_§_24 Abs.5 S.1; BGB_§_1098 Abs.2
 

    1) § 24 Abs.5 S.1 BBauG ist nicht über seinen Wortlaut hinaus auf ein Wiederkaufsrecht Dritter anzuwenden.

    2) Der Zeitpunkt der Begründung des gesetzlichen Vorkaufsrechts (hier: nach § 25 Abs.1 S.1 BBauG) tritt bei der Anwendung des § 1098 Abs.2 BGB nach § 24 Abs.4 S.2 BBauG an die Stelle des Zeitpunkts der Eintragung des dinglichen Vorkaufsrechts.

  

§§§


72.002 Krabbenkampfall
   
    • BVerwG, U, 08.09.72, - 4_C_17/71 -
    • BVerwGE_40,323 = DÖV_73,200 -203 = VerwRspr_25_Nr.10 = DVBl_73,35
    • BBauG_§_2 Abs.4 (= BauGB_§_2 Abs.2), BBauG_§_2 Abs.5 (BauGB_§_2 Abs.4)
 

    1) Die Planungshoheit der Gemeinde schließt das Recht ein, sich gegen solche Planungen anderer Stellen zur Wehr zu setzen, die die eigene Planungshoheit rechtswidrig verletzen.

    2) § 2 Abs.4 BBauG regelt nicht das Abstimmungsverfahren, sondern betrifft allein das materielle Verhältnis von Bauleitplänen benachbarter Gemeinden; für das Verfahren gilt auch im Verhältnis benachbarter Gemeinden § 2 Abs.5 BBauG.

    3) § 2 Abs.4 BBauG begründet zugunsten benachbarter Gemeinden einen Anspruch auf Abstimmung, der verwaltungsgerichtlich im Wege der (auch vorbeugenden) Feststellungsklage geltend gemacht werden kann.

    4) Das Abstimmungsgebot des § 2 Abs.4 BBauG begründet über das Bestehen förmlicher Bauleitpläne der Nachbargemeinden hinaus die Pflicht zur Rücksichtnahme und zur Vermeidung unzumutbarer Auswirkungen der eigenen Planung.

  

§§§


72.003 Wertsicherungsklausel
   
    • BGH, U, 29.09.72, - 5_ZR_3/71 -
    • BB_72,1430
 

    Die notarielle Mitteilung kann nur dann die Monatsfrist des § 24 BBauG in Lauf setzen, wenn in diesem Zeitpunkt der Kaufvertrag bereits wirksam geworden ist. Enthält der Kaufvertrag eine genehmigungspflichtige Wertsicherungsklausel, so ist seine Wirksamkeit von der Genehmigung durch die Landeszentralbank abhängig

  

§§§


72.004 Wasserwirtschaft
   
    • BVerwG, U, 20.10.72, - 4_C_1/70 -
    • HDW_R1267 = DÖV_73,203 = BRS_25,169 = Buchholz_406.11_§_35_BBauG_Nr.100
    • BBauG_§_35 Abs.2; BBauG_§_35 Abs.3
 

    Die in § 35 Abs.3 BBauG enthaltene Anordnung, daß durch Vorhaben im Außenbereich die Wasserwirtschaft nicht gefährdet werden darf, enthält keine Verweisung auf das Landrecht, sondern hat bundesrechtlich einen eigenständigen Regelungswert.

  

§§§


72.005 Landwirtschaftlicher Betrieb
   
    • BVerwG, U, 03.11.72, - 4_C_9/70 -
    • BVerwGE_41,138 -145
    • BBauG_§_35 Abs.1 Nr.1 (BauGB_§_35 Abs.1 Nr.1)
 

    1) Ein Vorhaben "dient" im Sinne des § 35 Abs.1 Nr.1 BBauG einem landwirtschaftlichen Betrieb nur dann, wenn a) ein vernünftiger Landwirt - auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs - dieses Vorhabens mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für eine entsprechenden Betrieb errichten würde und b) das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird.

    2) Ein landwirtschaftlicher "Betrieb" im Sinne des § 35 Abs.1 Nr.1 BBauG liegt nur vor, wenn die Landwirtschaft nachhaltig, d.h. auf eine dem Wesen der Landwirtschaft entsprechend lange Dauer, betrieben werden soll.

    3) Ein landwirtschaftliche Betätigung allein auf der Grundlage von Pachtland fällt in aller Regel nicht unter § 35 Abs.1 Nr.1 BBauG.

  

§§§


72.006 Außenbereich im Innenbereich
Renzension:
Hoppe Werner,  
 
    • BVerwG, U, 01.12.72, - 4_C_6/71 -
    • DÖV_73,347 -348 = BauR_73,99 -101
    • BauGB_§_30, BauGB_§_34, BauGB_§_35; VwGO_§_137 Abs.1, VwGO_§_144 Abs.3
 

    1) Ein während der Anhängigkeit des Revisionsverfahrens zustandegekommener Bebauungsplan ist im Revisionsverfahren zu beachten.

    2) Nach der Begriffsbestimmung des Bundesbaugesetzes gehören zum Außenbereich alle von den § 30 und 34 BBauG nicht erfaßten Flächen.

    3) Ein Grundstück liegt im Rechtssinne nicht schon deshalb innerhalb eines Bebauungszusammenhanges, weil es von Bebauung umgeben ist. Erforderlich ist vielmehr weiter, daß das Grundstück selbst einen Bestandteil des Zusammenhanges bildet.

    4) Eine nach § 34 BBauG bebaubare Baulücke ist nicht gegeben, wenn die Fläche so groß ist, daß sie in den Möglichkeiten ihrer Bebauung von der bereits vorhandenen Bebauung nicht mehr geprägt wird.

  

 R-004,  

  

§§§


73.001 Vorkaufsrechtsausübung
   
    • BGH, U, 26.01.73, - 5_ZR_2/71 -
    • BGHZ_60,275
    • BauGB_§_24, BauGB_§_24 Abs.4, BauGB_§_25 Abs.3; BGB_§_505 Abs.1, BGB_§_1098 Abs.2; VwVfG_§_35
 

    1) Die Erklärung iS des § 505 Abs.1 BGB, durch die das gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinde nach § 24 BBauG ausgeübt wird, ist eine privatrechtliche Willenserklärung und kein Verwaltungsakt (Ergänzung, Urt 5_ZR_73/60 - BGHZ_36,155 ).

    2) Die Vorlage eines Grundstückskaufvertrags im Zusammenhang mit anderweitiger Bearbeitung des Vertrags an eine nicht zur Ausübung des Vorkaufsrechts befugte Dienststelle der Gemeinde ist keine Mitteilung iS des § 24 Abs.4 BauGB, wenn diese Dienststelle nicht zugleich auf das Vorkaufsrecht und den weiteren Zweck der Vorlage hingewiesen wird.

    3) Die Gemeinde ist im Prozeß zur Vorlage eines Vermerks oder einer Niederschrift verpflichtet, die im Rahmen der Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts rechtserhebliche Vorgänge in den Akten urkundlich festhält.

    4) Zur Frage der mißbräulichen Ausübung des Vorkaufsrechts einer Gemeinde, die den Grundstückskaufvertrag ohne Mitteilung durch den Verpflichteten oder den Dritten schon seit Jahren kennt, jedoch in erster Linie ein Recht iS des § 25 Abs.3 BBauG auf Erwerb des Grundstücks verfolgte.

    5) Der dingliche Schutz, den § 1098 Abs.2 BGB dem Vorkaufsbrechtigten gegen Übertragung des Eigentums an einen Dritten auf Grund Kaufs verleiht, wirkt schon mit der Entstehung und nicht erst mit der Ausübung des Vorkaufsrechts (Ergänzung zu RG, Urt vom 28.04.37, 5_296/36 RGZ_154,370; BGH, Urt vom 14.01.72 - 5_ZR_173/69 - BGHZ_58,78 ).

  

§§§


73.002 Wohnboot
   
    • BVerwG, U, 31.08.73, - 4_C_33/71 -
    • BVerwGE_44,59 = DVBl_74,236
    • BBauG_§_29, (BauGB_§_29)
 

    Unter den Begriff der baulichen Anlage iS von § 29 S.1 BBauG fallen alle Anlagen, die in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden werden und infolgedessen die in § 1 Abs.4 und 5 BBauG genannten Belange in einer Weise berühren können, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen. Auch ein Wohnboot kann eine bauliche Anlage sein, wenn es mit dem Erdboden verbunden ist.

  

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