BVerwG | 1986 | 1-30 |
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[ 1985 ][ ][ 1987 ] | [ ] |
86.001 Bestandsschutz |
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BVerwG, U, 17.01.86, - 4_C_80/82 -
NJW_86,2126 -27 = BRS_46_Nr.148 = DVBl_86,677 = BVerwGE_72,362
GG_Art.14 Abs.1 S.1
1) Der baurechtliche Bestandsschutz kann eine begrenzte Erweiterung des geschützten Baubestandes rechtfertigen, soweit seine zeitgemäß-funktionsgerechte Nutzung dies erfordert, zB durch die Errichtung von Garagen.
2) Es besteht ein Anspruch auf Genehmigung baulicher Maßnahmen, die nach Landesrecht baugenehmigungsbedürftig sind und aufgrund Bestandsschutzes an dem geschützten Gebäude oder darüber hinausgreifend durchgeführt werden dürfen.
§§§
86.002 Einvernehmensversagung |
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BVerwG, U, 07.02.86, - 4_C_43.83 -
NVwZ_86,556 -57 = BauR_86,425 = ZfBR_86,189
BauGB_§_34, BauGB_§_36 Abs.1
1) Die Baugenehmigungsbehörde darf eine Baugenehmigung in einem zusammenhängend bebauten Ortsteil (§ 34 BBauG) gegen den Willen der Gemeinde auch dann nicht erteilen, wenn sie nach Prüfung des Baugesuchs zu dem Ergebnis kommt, die Gemeinde habe ihr gesetzlich erforderliches Einvernehmen rechtswidrig versagt.
2) Auch die Widerspruchsbehörde darf das Einvernehmen der Gemeinde nicht ersetzen, es sei denn, ihr ist nach Landesrecht eine entsprechende - über die Kompetenz der Baugenehmigungsbehörde hinausgehende - Befugnis zur Entscheidung in der Sache eingeräumt.
§§§
86.003 Spielkasino |
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BVerwG, U, 21.02.86, - 4_C_31.83 -
NVwZ_86,643
BauNVO_§_6
1) Der zu Protokoll des Verwaltungsgerichts gegebene Antrag aller Beteiligten auf Zulassung der Sprungrevision kann im Einzelfall dahin ausgelegt werden, daß ihm auch schon die Zustimmung der Gegenpartei zur späteren Einlegung der Sprungrevision liegt.
2) Ein Spielkasino, das auf 54 m² Fläche höchstens 20 Besuchern Platz bietet, kann als sonstiger Gewerbebetrieb iSd § 6 Abs.2 Nr.4 BauNVO in einem Mischgebiet gemäß § 30 BBauG zulässig sein, wenn es das Wohnen nicht wesentlich stört (im Anschluß an BVerwGE_68,207 ).
§§§
86.004 Autowrackplatz - |
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BVerwG, U, 21.02.86, - 4_C_4/84 -
UPR_86,269 = ZfBR_86,191 = VwR_86,278 = BBauBl_86,494 = AgrarR_87,173
AbfG_§_5, AbfG_§_7; BBauG_§_19 Abs.1 Nr.3, BBauG_§_35, BBauG_§_38
Die Teilung eines Außenbereichsgrundstücks zum Zweck einer Nutzung, die einer Planfeststellung bedarf (hier als Autowrackplatz nach § 5 und § 7 AbfG) und die nach § 38 BBauG nicht den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 35 BBauG unterliegt, bedarf im Hinblick auf diesen Zweck nicht der Genehmigung nach § 19 Abs.1 Nr.3 BBauG.
§§§
86.005 Wohl der Allgemeinheit |
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BVerwG, U, 21.03.86, - 4_C_48/82 -
RdL_§_86,209
GG_Art.14 Abs.3 S.1; BNatSchG_§_38; LBG_§_3 Abs.1
1) Der Eigentümer eines Grundstücks, das durch eine enteignende Maßnahme nach dem LBG betroffen wird, kann geltend machen, öffentliche Belange - etwa solche des Landschaftsschutzes - seien bei der Beurteilung des "Wohls der Allgemeinheit" iSd Art.14 Abs.3 S.1 GG nicht hinreichend beachtet worden.
2) Erhebt ein Eigentümer im Enteignungsverfahren derartige Einwendungen, so müssen sie von der Enteignungsbehörde zur Kenntnis genommen und beschieden werden. Die vom Bundesminister der Verteidigung gemäß § 3 Abs.1 LBG ausgesprochene Bezeichnung des militärischen Vorhabens steht dem nicht entgegen.
3) Die Prüfungsbefugnis der Enteignungsbehörde im Verfahren nach dem LBG ist auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der vom Bundesminister für Verteidigung getroffenen Entscheidung, insbesondere auf rechtserhebliche Mängel der darin enthaltenen Abwägung privater und öffentlicher Belange beschränkt.
4) Zur Frage einer erneuten Abwägung durch den Bundesminister der Verteidigung.
§§§
86.006 Rücksichtnahmegebot |
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BVerwG, U, 23.05.86, - 4_C_34/85 -
DVBl_86,1271 = BauR_86,542 = NVwZ_87,128
BauGB_§_34 Abs.1
1) Das in dem Begriff des "Einfügens" iSd § 34 BBauG aufgehende Gebot der Rücksichtnahme bezieht sich nur auf die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll.
2) Fügt sich ein Vorhaben nicht ein, weil es die gebotene Rücksichtnahme vermissen läßt, und wirkt das Rücksichtnahmegebot im Einzelfall drittschützend, so steht dem Erfolg der Nachbarklage nicht entgegen, daß das Vorhaben die bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften einhält.
§§§
86.007 Segelflugmodelle |
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BVerwG, B, 04.06.86, - 4_B_94/86 -
NVwZ_87,130 = DÖV_87,495 = NuR_87,29 = UPR_87,70 = www.DFR/BVerwGE
(NS) NatSchG_§_41
Die Naturschutzbehörden können befugt sein, den Betrieb von Segelflugmodellen, die einer luftverkehrsrechtlichen Erlaubnispflicht nicht unterworfen sind, aus Gründen des Naturschutzes zu untersagen. Einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung steht Bundesrecht nicht entgegen.
§§§
86.008 Abteufen eines Schachtes |
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BVerwG, B, 04.07.86, - 4_C_31/84 -
NJW_87,1713 = DÖV_87,293 = NuR_87,125 = UPR_87,106 = BVerwGE_74,315 = RdL_87,37 = SKZ_87,17 = NVwZ_87,789 (LS) = DVBl_86,1273 = ESBergG_§_48-1
BBergG_§_2 Abs.1, BBergG_§_48, BBergG_§_50, BBergG_§_51, BBergG_§_52, BBergG_§_53, BBergG_§_54, BBergG_§_55, BBergG_§_56, BBergG_§_57, BBergG_§_58; BImSchG_§_3 Abs.5, BImSchG_§_4 Abs.1, BImSchG_§_4 Abs.2, BImSchG_§_5 Abs.1 Nr.1, BImSchG_§_20, BImSchG_§_21, BImSchG_§_22, BImSchG_§_23, BImSchG_§_24, BImSchG_§_25; BBauG_§_9 Abs.1, BBauG_§_29, BBauG_§_30, BBauG_§_31 Abs.2, BBauG_§_34
1) Daß übertägige Anlagen zum Verladen und Befördern von Bodenschätzen in unmittelbarem betrieblichen Zusammenhang mit deren Aufsuchung und Gewinnung dem Bergrecht und dem bergrechtlichen Betriebsplanverfahren unterliegen, schließt nicht aus, daß sie auch baugenehmigungspflichtig sind.
2) Die "Rohstoffsicherungsklausel" des § 48 Abs.1 S.2 BBergG kann das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde zur Befreiung von Bebauungsplan - Festsetzungen, die "der Art" nach bergbauliche Tätigkeiten verbieten oder beschränken, auf Null schrumpfen lassen.
3) § 22 BImSchG gilt auch für im Sinne des § 4 Abs.1 BImSchG nicht genehmigungsbedürftige Anlagen des Bergwesens.
4) Die Bergbehörde ist befugt, über die immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit übertägiger bergbaulicher Tätigkeiten und Einrichtungen, die nicht genehmigungsbedürftige Anlagen im Sinne des § 4 Abs.1 BImSchG sind, mit der Betriebsplanzulassung abschließend zu entscheiden. Das schließt die Befugnis der Baugenehmigungsbefugnis aus, die Baugenehmigung für solche Einrichtungen und Tätigkeiten mit der Begründung zu versagen, sie fügten sich wegen Unzumutbarkeit der von ihnen ausgehenden Immissionen für die Nachbarschaft nicht im Sinne des § 34 Abs.1 BBauG in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
5) Soweit § 22 BImSchG Drittschutz vermittelt, können auch "Nachbarn" durch die Zulassung eines Betriebsplans, der emittierende übertägige bergbauliche Tätigkeiten und Einrichtungen vorsieht, im Sinne der §§ 42 Abs.2, 113 Abs.1 S.1 VwGO in ihren Rechten verletzt sein.
§§§
86.009 Sanatorium |
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BVerwG, U, 19.09.86, - 4_C_15/84 -
BVerwGE_75,34 = NVwZ_87,406 = DVBl_87,478 = DÖV_87,298 = BauR_87,52 = UPR_87,224
BazGB_§_34
1) Ein bebautes Grundstück unterbricht nicht den Bebauungszusammenhang, es sei denn die Bebauung ist im Verhältnis zur Größe des Grundstücks nur von ganz untergeordneter Bedeutung. Darauf, daß die Bebauung des Grundstücks (hier: Senatorium mit Haupt- und Nebengebäuden) von der Umgebungsbebauung unterscheidet und daß auch die Umgebungsbebauung in dieser Beziehung Unterschiede aufweist, kommt es dabei nicht an. Bei der Frage, ob ein parkähnliches Grundstück innerhalb eines Bebauungszusammenhangs liegt, kann der - zwecks Wiederbebauung des Grundstücks - beseitigte Altbestand als rechtlich fortwirkend noch zu berücksichtigen sein (im Anschluß an Urt vom 12.09.80 - 4_C_75/77 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr.75).
2) Ein zum Zweck der Wiederherstellung eines Innenbereichsgrundstücks beseitigter Altbestand verliert nicht dadurch seine die Innenbereichsqualität des Grundstücks wahrende und die Eigenart der näheren Umgebung mitpärgende Wirkung, daß über die Art und Weise der Bebauung mit Gemeinde und Bauaufsichtsbehörde jahrelang verhandelt wird.
3) Auch bei der Frage, ob sich eine Bebauung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt kann der beseitigte Altbestand als noch prägend mitberücksichtigt werden (im Anschluß an Urt vom 25.01.82 - 4_C_58/79 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr.8; Urt vom 03.02.84 - 4_C_25/82 - BVerwGE_68,360 ).
4) Zur Planungsbedürftigkeit eines Vorhabens nur als Indiz für ein Nichteinfügen.
5) Zur Sicherung der wegemäßigen Erschließung eines Vorhabens im nichtbeplanten Innenbereich.
Auszug aus: NVwZ 87,406,
§§§
86.010 Befreiung |
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BVerwG, U, 19.09.86, - 4_C_8/84 -
JuS_87,752 = DVBl_87,476 = BauR_87,70 = DÖV_87,296 = NVwZ_87,409 = UPR_87,184 = BZfBR_87,47 RS_46_Nr.397 = BBauBl_87,238
BauGB_§_31 Abs.2
1) Nicht jede Norm des öffentlichen Baurechts ist potentiell drittschützend (B v 16.08.83 - 4_B_94/83 - DVBl_84,145 ).
2) § 31 Abs.2 BBauG hat mit dem Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen drittschützende Wirkung (Änderung der bisherigen Rechtsprechung ua Urt. v 12.01.68 - 4_C_10/66, Buchholz 496.11 § 31 BBauG Nr.4).
3) Die Befreiung verletzt den Nachbarn in seinen Rechten, wenn die Behörde bei der Ermessenentscheidung nicht die gebotene Rücksicht auf die Interessen des Nachbarn genommen hat. Dies ist nach Maßgabe der im Urteil vom 25.02.77 - 4_C_22/75 - BVerfGE_52,122 erstmals dargestellten Grundsätze zu beurteilen.
LF 4) Der (auch) drittschützende Charakter einer Norm des öffenlichen Baurechts kann sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm, ferner aus einer Auslegung der Norm nach Sinn und Zweck, gelegentlich auch aus dem in ihrer Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommenden Willen des historischen Normgebers ergeben. Hieraus folgt zugleich, daß es nicht darauf ankommen kann, ob die Norm ausdrücklich einen fest "abgrenzbaren Kreis der Betroffenen" benennt (Modifizierung der früheren Rechtsprechung, BVerwG_27,29 (33); BVerwGE_32,173 (177) = JuS_69,592 Nr.11 ).
§§§
86.011 B-Plan Rückwirkung |
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BVerwG, U, 05.12.86, - 4_C_31/85 -
NJW_87,1346 -48 = JuS_88,78 = DVBl_87,486 = NVwZ_87,492
BBauG_§_2, BBauG_§_6 Abs.3 S.1, BBauG_§_11 Abs.2, BBauG_§_12, BBauG_§_155a Abs.5, BBauG_§_183f Abs.3
1) Ein unter "Auflagen" genehmigter Bebauungsplan ist nicht deshalb ungültig, weil die Gemeinde die Genehmigung ohne einen Hinweis auf die "Auflage" gemäß § 12 BBauG ortsüblich bekanntgemacht hat.
2) Wird ein Bebauungsplan mit seinem von der Gemeinde beschlossenen Inhalt nicht genehmigt und ist der unter "Auflagen" genehmigte Plan von der Gemeinde vor der Bekanntmachung der Genehmigung des Plans so nicht beschlossen worden (fehlender Beitrittsbeschluß), kann ein solcher Bebauungsplan nicht wirksam werden.
3) Die §§ 155a Abs.5, § 183f Abs.3 BBauG sind verfassungsrechtlich unbedenklich.
4) Das rückwirkende Inkrafttreten eines Bebauungsplan nach Fehlerbehebung setzt - jedenfalls soweit die Planungskonzeption nicht geändert wird, eine Beteiligung der Bürger oder Träger öffentlicher Belange nicht voraus.
5) Zur Heilung einer rechtswidrigen Abbruchverfügung durch rückwirkende Inkraftsetzung eines Bebauungsplans.
§§§
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