BVerwG | 2000 | 1-30 |
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[ 1999 ][ ][ 2001 ] | [ ] |
00.001 Kampfhundesteuer |
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BVerwG, U, 19.01.00, - 11_C_8/99 -
SKZ_00,81 -87
GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.20 Abs.3, GG_Art.28 Abs.1, GG_Art.105 Abs.2a / (SA) KAG_§_3 Abs.1
LB 1) Eine nach Art.105 Abs.2a GG iVm dem Kommunalabgabengesetz eines Landes erlassene satzungsrechtliche Steuerregelung, die Lenkungswirkungen in einem nichtsteuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, bedarf keiner zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzukommende Sachkompetenz. Der Steuergesetzgeber ist deshalb zur Regelung von Lenkungssteuern in dem genannten Zusammenhang zuständig, mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl BVerfGE_55,274 (299).
LB 2) Bei der Übernahme des Begriffs "Rechtsstaat" in das Landesverfassungsrecht verbleibt den Ländern keine Möglichkeit einer eigenen Konkretisierung und Ausgestaltung. Insoweit ist die inhaltliche Ausgestaltung des landesverfassungsrechtlichen Rechtsstaatsbegriffs vom Gesetzesbefehl des Art.28 Abs.1 S.1 GG erfasst und damit dem revisiblen Recht zuzuordnen.
LB 3) Insbesondere die Möglichkeit des Steuererlasses gibt der Beklagten das Recht und die Pflicht, unter besonderen Umständen sich aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift ergebende Härten auszugleichen.
LB 4) Auch die unechte Rückwirkung ist nicht immer, sondern nur grundsätzlich zulässig. Aus überwiegenden Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes kann sich im Einzelfall ihre Unzulässigkeit ergeben.
§§§
00.002 Erprobungszeit |
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BVerwG, U, 10.02.00, - 2_A_10/98 -
NVwZ-RR_00,619 -21 = ZBR_00,303 -05 = DÖD_01,36 -38
(78) BLV_§_11 S.1
Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob ein Beamter seine Eignung für einen ihm vorläufig übertragenen höherbewerteten Dienstposten in der Erprobungszeit nachgewiesen hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis des für die Beurteilung zuständigen Organs. Die Feststellung der Nichteignung kann gerichtlich nur auf Verfahrensfehler, die Einhaltung vom Dienstherrn erlassener Beurteilungsrichtlinien und daraufhin überprüft werden, ob der Begriff der Eignung oder die gesetzlichen Grenzen der Beurteilungsermächtigung verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind.
§§§
00.003 Altersversorung |
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BVerwG, B, 02.03.00, - 2_BvR_1508/99 -
NJW_01,1854 (L) = NVwZ_00,1036
GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.33 Abs.5; BBG_§_34; SGB-VI_§_8; (Hb) RiG_§_8, BG_§_39
Die gesetzliche Versagung einer zusätzlichen Altersversorgung für vorzeitig aus dem Dienst ausgeschiedene Richter auf Lebenszeit durch § 8 HbgRiG iV mit § 39 HbgBG und § 2 HbgRRG, § 34 BBG ist mit Art.33 V GG vereinbar und verstößt mit Blick auf die Angestellten des öffentlichen Dienstes auch nicht gegen Art.3 I GG.
§§§
00.004 Sondergebiet |
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BVerwG, B, 06.03.00, - 4_BN_31/99 -
NVwZ_00,808 -10
VwGO_§_47; BauGB_§_2 Abs.2, BauGB_§_215a Abs.1 S.1
1) Die Feststellung der Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit eines Bebauungsplans (hier: für ein Sondergebiet großflächiger Einzelhandel) im Normenkontrollverfahren hindert die Gemeinde nicht daran, einen neuen Bebauungsplan gleichen Inhalts aufzustellen mit dem Ziel, in dem "wiederaufgenommenen" Planaufstellungsverfahren den Rechtsmangel zu beheben, der nach den Gründen der Normenkontrollentscheidung die Nichtigkeit zur Folge hat.
2) Eine Gemeinde hat kein rechtlich schützenswertes Interesse daran, statt der vom Normenkontrollgericht festgestellten Nichtigkeit eines Bebauungsplans die Feststellung (nur) von dessen Rechtswidrigkeit bis zur Behebung des festgestellten Mangels (§ 47 V 4 VwGO iVm § 215a I 1 BauGB) zu erreichen, wenn sie bereits ein Verfahren eingeleitet hat, das zwar als Verfahren nach § 215a I 1 BauGB bezeichnet wird, sich in der Sache aber nicht von einem Verfahren unterscheidet, das auch zur Heilung eines als nichtig erkannten Plans durchgeführt werden könnte (hier: erneute Auslegung des Plans nach § 3 II, III 11 BauGB). Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der Normenkontrollentscheidung (§ 133 VwGO) ist deshalb unzulässig.
§§§
00.005 Kinderbetreuungszeiten |
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BVerwG, U, 13.07.00, - 2_C_17/99 -
ZBR_01,33 -34 = NVwZ-RR_01,113 -14
GG_Art.33 Abs.2
1) Die zulässige Überschreitung des in Nordrhein- Westfalen geltenden Höchstalters für die Einstellung als Beamter auf Probe wegen Kinderbetreuung erfordert, dass die Geburt oder die Betreuung des Kindes für die Verzögerung der Einstellung, nicht lediglich die Bewerbung ursächlich war.
2) Die materielle Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen Kinderbetreuung und Einstellungsverzögerung trägt grundsätzlich der Einstellungsbewerber.
3) Hat der Dienstherr die Unterlagen über seine damalige Auswahlentscheidung vernichtet, trägt er die materielle Beweislast dafür, dass der Bewerber ungeachtet der Kinderbetreuung zu einem früheren Zeitpunkt nicht ausgewählt worden wäre (wie Urteil vom 20.Januar 2000 - BVerwG 2 C 13.99 -).
§§§
00.006 Amtshandlungen |
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BVerwG, B, 19.09.00, - 11_BN_6/00 -
DVBl_00,1718-23 (L)
GG_Art.3; VwGO_§_132; HGW_§_50
Bundesrecht enthält keine Vorgabe, dass von Kommunen beantragte Amtshandlungen der Landesbehörden gebührenfrei bleiben müssen oder zumindest nur mit einem verringerten Gebührensatz belegt werden dürfen, wenn sie im öffentlichen Interesse liegen. Das gilt zumindest dann, wenn die für derartige Amtshandlungen erhobenen Gebühren von den Kommunen auf Dritte abgewälzt werden können.
§§§
00.007 Einwurf-Einschreiben |
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BVerwG, U, 19.09.00, - 9_C_7/00 -
DÖV_01,473
VwZG_§_2, VwZG_§_4, VwZG_§_9
Das sogenannte Einwurf-Einschreiben der Post erfüllt nicht die Anforderungen an eine förmliche Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz.
§§§
00.008 Dienstwohnung |
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BVerwG, U, 21.09.00, - 2_C_5/99 -
NVwZ_01,810 -13 (L) = NJW_01,1878
BBG_§_74 Abs.2; BBesG_§_10; (By) BG_§_82 Abs.2; (72) BayBesG_§_23 Abs.2, BayBesG_§_49 Abs.3; (82) BayBesG_§_9, BayBesG_§_24 Abs.7; BGB_§_197, BGB_§_198, BGB_§_201, BGB_§_537 Abs.1, BGB_§_830 Abs.1 S.2
1) Die Zuweisung einer im Haushaltsplan ausgewiesenen Dienstwohnung an einen Beamten ist ein Verwaltungsakt. Sie begründet ohne Abschluss eines Mietvertrages das beamtenrechtliche Dienstwohnverhältnis zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn. Die vom Beamten für die Nutzung der Dienstwohnung zu entrichtende Dienstwohnungsvergütung setzt der Dienstherr durch Verwaltungsakt fest. Sie wird auf die Dienstbezüge des Beamten angerechnet und bei deren Zahlung einbehalten. Die Vorschriften des Mietrechts finden keine Anwendung. Insbesondere ist § 537 I BGB nicht unmittelbar anwendbar. Die Zahlung der in Höhe der festgesetzten Dienstwohnungsvergütung einbehaltenen Besoldung kann der Beamte auch bei einem erheblichen Mangel der Dienstwohnung nur beanspruchen, wenn die Festsetzung der Dienstwohnungsvergütung oder die Zuweisung der Dienstwohnung rückwirkend aufgehoben wird.
2) Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn erstreckt sich darauf, die Dienstwohnung in ordnungsgemäßem Zustand zu übergeben und zu halten, der ihre gefahrlose Benutzung durch den Beamten und seine Familie ermöglicht (wie BVerwGE_25,138 <141>).
3) Erleidet der Beamte infolge einer vom Dienstherrn zu vertretenden mangelhaften Beschaffenheit der Dienstwohnung einen Dienstunfall oder erkrankt er oder ein Familienangehöriger infolge dieser Ursache, hat der Dienstherr Dienstunfallfürsorge zu gewähren und (oder) unter der Voraussetzung des Verschuldens Schadensersatz wegen Fürsorgepflichtverletzung zu leisten (wie BVerwGE_25,138 <144>).
4) Ein Verschulden der für eine Behörde handelnden Bediensteten ist regelmäßig zu verneinen, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht ihr Verhalten als objektiv rechtmäßig beurteilt hat (stRspr).
5) Ein Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn setzt voraus, dass eine Fürsorgepflichtverletzung den geltend gemachten Schaden adäquat kausal verursacht hat (stRspr). Der erforderliche haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang kann fehlen, wenn der Geschädigte selbst in völlig ungewöhnlicher oder unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt (im Anschl an BGH, NJW_86,1329 <1331> = LM § 249 BGB
6) Ein fürsorgepflichtwidriges Unterlassen des Dienstherrn ist für einen Schaden nur dann haftungsbegründend ursächlich, wenn das gebotene pflichtgemäße Handeln nicht mur möglicherweise, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Eintritt des Schadens verhindert hätte (wie BVerwG, Buchholz 237.6 § 86 NdsLBG Nr.4 S.8 = NJW_96,2175 mwNachw).
7) Der Geschädigte trägt die materielle Beweislast für den adäquaten Ursachenzusammenhang zwischen einer Fürsorgepflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden (stRspr).
8) Ein verschuldensunabhängiger Folgenbeseitigungsanspruch kann auf die Wiederherstellung des durch einen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff veränderten rechtmäßigen Zustands gerichtet sein, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand. Er ermöglicht keinen Ausgleich für Schäden, die durch rechtswidriges Verwaltungshandeln - das bei einer Rechtspflicht zum Handeln auch in einem Unterlassen bestehen kann - verusacht worden sind (stRspr).
§§§
00.009 Vereinigungsbaulast |
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BVerwG, U, 07.12.00, - 4_C_3/00 -
DÖV_01,471 -72
BauNVO_§_15 Abs.1 S.2; (NS) BauO_§_46 Abs.1 S.2 (= (SL) LBO_§_50; LBO_§_92
1) Bauordnungsrechtliche Vorschriften über die Anordnung von Stellplätzen (hier: § 46 Abs.1 S.2 NBauO) können die Anwendung des § 15 Abs.1 S.2 BauNVO nicht spezialgesetzlich ausschließen.
2) Der in § 15 Abs.1 S.2 BauNVO nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots angelegte Drittschutz des Nachbarn besteht grundsätzlich auch gegenüber Anlagen auf Grundstücken, die mit dem Grundstück des Nachbarn durch eine landesrechtliche Vereinigungsbaulast zusammengeschlossen sind.
LB 3) Der bauplanungsrechtliche Grundstücksbegriff kann durch landesrechtliche Baulasten nicht verändert werden (im Anschluß an BVerwGE_88,24).
§§§
00.010 Abfallgebühr |
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BVerwG, U, 20.12.00, - 11_C_7/00 -
DÖV_01,468 -71
GG_Art.3 Abs.1; KrW-/AbfG_§_4, KrW-/AbfG_§_5, KrW-/AbfG_§_11, KrW-/AbfG_§_15KrW-/AbfG_§_13 Abs.1 S.1,
1) Art.3 Abs.1 GG verbietet es dem kommunalen Satzungsgeber im Grundsatz nicht, die Grundgebühr für die Abfallentsorgung nach dem grundstücksbezogenen Maßstab zu erheben.
2) Aus Art.3 Abs.1 GG ergibt sich kein striktes Gebot der gebührenrechtlichen Leistungsproportionalität. Der Gesichtspunkt, daß die unterschiedliche Nutzung der öffentlichen Einrichtungen (hier: der kommunalen Abfallwirtschaft) bis hin zur Nichtbenutzung einzelner Teilleistungsbereiche reicht, verbietet die Erhebung einer einheitlichen Grundgebühr zumindest dann nicht, wenn dem Gebührenpflichtigen ein Wechsel zwischen den verschiedenen Teilleistungsbereichen jederzeit möglich ist (hier: Übergang von der Eigenkompostierung zur Nutzung der Biotonne).
3) Eine einheitliche Behältergebühr für die Abholung von Restabfall und von Bioabfall ist auch durch die nach Art.3 Abs.1 GG anzustrebende Belastungsgleichheit gerechtfertigt.
4) Eine Quersubventionierung der Biotonne durch die Freistellung der ersten 60 l Bioabfall von der behälterbezogenen Zusatzgebühr ist sowohl mit Art.3 Abs.1 GG als auch mit § 13 Abs.1 S.1 Krw-/AbfG vereinbar.
§§§
00.011 Kirchengesetz |
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BVerwG, B, 11.01.01, - 11_B_64/00 -
DÖV_01,473
GG_Art.3 Abs.1, GG_Art.100
Das staatliche Gericht ist in einem Rechtsstreit über die Erhebung von Kirchensteuern befugt, einen als Kirchengesetz bezeichneten Kirchensteuerbeschluß wegen eines von ihm angenommenen Verstoßes gegen Art.3 Abs.1 GG als unwirksam zu verwerfen. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art.100 Abs.1 GG ist insoweit unzulässig.
§§§
00.012 Auswahlverfahren-Beendigung |
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BVerwG, U, 25.04.96, - 2_C_21/95 -
BVerwGE_101,112 -16 = DÖV_96,920 -21 = DVBl_96,1146 -47 = NVwZ_97,283 -84
BBG_§_8 Abs.1, (BW) LBG_§_11 Abs.1
1) Der Dienstherr ist aufgrund seines Organisationsrechts befugt, ein Auswahlverfahren zur Besetzung einer Beförderungsstelle aus sachlichen Gründen jederzeit zu beenden.
2) Die Beendigung des Auswahlverfahrens berührt grundsätzlich nicht die Rechtsstellung von Bewerbern.
§§§
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