2013 | ||
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[ 2012 ] [ 2014 ] | [ ] |
13.001 | Ersatzbeschaffung |
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1) Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht, und rechnet er den Schaden konkret auf der Grundlage der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs ab, steht ihm ein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist. | |
2) Der Anspruch ist auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Durchführung der notwendigen Reparatur angefallen wäre. | |
LB 3) Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll der Geschädigte an dem Schadensfall nicht "verdienen" (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2003 - VI_ZR_393/02, BGHZ_154,395, 397 f.; vom 15. Februar 2005 - VI_ZR_70/04, BGHZ_162,161, 164 f.; vom 7. Juni 2005 - VI_ZR_192/04, BGHZ_163,180, 184; vom 6. März 2007 - VI_ZR_120/06, BGHZ_171,287 Rn.6; vom 22. September 2009 - VI_ZR_312/08, VersR_09,1554 Rn.7). | |
§§§ | |
13.002 | Schadensabrechnung |
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Bei einer (fiktiven) Schadensabrechnung nach § 249 Abs.2 Satz 1 BGB umfassen die erforderlichen Reparaturkosten auch allgemeine Kostenfaktoren wie Sozialabgaben und Lohnnebenkosten. | |
§§§ | |
13.003 | Kanalbauarbeiten |
1) Gibt eine Gemeinde Kanalbauarbeiten in Auftrag, so haftet sie für Schäden, die einem Dritten durch Fehler des privaten Bauunternehmers entstehen, im Regelfall nach allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsätzen und nicht aus Amtshaftung. | |
2) Die allgemeine deliktsrechtliche Haftung ist auch dann eröffnet, wenn ein Grundstückseigentümer durch eine unzureichende Unterhaltung der Kanalanlage geschädigt wird. | |
LB 3) Die Abwasserentsorgung stellt zwar als solche eine hoheitliche Aufgabe dar, weshalb die Gemeinde für Fehler bei der Planung und dem Betrieb der Anlage grundsätzlich nach Amtshaftungsgrundsätzen einzustehen hat (BGHZ 140, 380, 384 ff.) | |
LB 4) Werden die Bauarbeiten - wie dies dem Regelfall entspricht - durch privatrechtliche beauftragte Unternehmer ausgeführt, ist die Haftung der Gemeinde im Grundsatz nach allgemeinem Privatrecht zu beurteilen. | |
LB 5) Ein öffentlich-rechtliches Handeln, welches die Amtshaftung eröffnen würde, kann allenfalls dann angenommen werden, wenn die Gemeinde die Baumaßnahme in Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben in eigener Regie - etwa durch ihren Bauhof - erbringt oder der Bauunternehmer streng weisungsgebunden als Verwaltungshelfer tätig wird. Beide Alternativen liegen bei Maßnahmen im Bereich der Daseinsvorsorge regelmäßig nicht vor. | |
§§§ | |
13.004 | Genehmigungsvorbehalt |
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1) Der Genehmigungsvorbehalt des § 11 Abs.2, 2.Alt. BNotO erfasst auch Urkundstätigkeiten von Notaren im Ausland. | |
2) Sofern die Genehmigungsfähigkeit einer notariellen Urkundstätigkeit im EU-Ausland nicht bereits am Territorialitätsprinzip scheitert, was der Senat offen gelassen hat, kommt eine Genehmigung nur ausnahmsweise in Betracht, sofern objektiv gewichtige Interessen der Urkundsbeteiligten gefährdet sind, wenn nicht ein Notar ihres Vertrauens tätig werden kann. Maßgeblich sind nicht die Interessen des Notars oder die Wünsche seiner Auftraggeber, sondern allein in der beabsichtigten vorsorgenden Rechtspflege, das heißt in der Sache selbst liegende zwingende Gründe. | |
§§§ | |
13.005 | Feststellungsklage |
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1) Eine Feststellungsklage gegenüber Behörden statt einer Leistungsklage ist nur zulässig, wenn aufgrund der jeweiligen Gegebenheiten zu erwarten steht, dass die beklagte Behörde auch ohne Leistungsurteil ihre Leistung erbringen werde, oder dass bereits die Durchführung einer Feststellungsklage unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung des Rechtsstreits führt, etwa weil die auf die Klage hin zu erbringende Leistung feststeht. | |
2) Eine Feststellungsklage ist zulässig, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist; der Kläger braucht sein Klagebegehren nicht in einen Leistungs- und einen Feststellungsanteil aufzuspalten. | |
3) Für fehlerhafte richterliche Entscheidungen in einem Prozesskostenhilfeverfahren gilt das sog. Richterspruchprivileg (§ 839 Abs.2 BGB) nicht. | |
4) Bei richterlichen Entscheidungen außerhalb des Richterspruchprivilegs kommt im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der richterlichen Unabhängigkeit eine Amtshafiung nur bei besonders groben Verstößen, d.h. bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, bei Unvertretbarkeit der richterlichen Rechtsansicht, in Betracht. | |
5) Dies gilt auch für richterliche Entscheidungen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Dafür ist ohne Bedeutung, dass es sich insoweit um die Gewährung einer besonders ausgestalteten Sozialleistung handelt. | |
6) Es ist jedenfalls nicht als grob fehlerhaft und unvertretbar anzusehen, wenn Prozesskostenhilfe in Fällen nicht gewährt wird, in denen eine Klage - wäre sie ohne den Antrag auf Prozesskostenhilfe erhoben worden - ohne Beweisaufnahme abgewiesen werden müsste. | |
7) Wird ein Prozesskostenhilfegesuch nach dem Eindruck eines Antragstellers zu Unrecht wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt, stellt sich die Frage, ob nicht ein möglicher Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 Abs.3 BGB ausgeschlossen ist, weil der Antragsteller das Prozesskostenhilfegesuch nicht mit ergänzter Begründung wiederholt hat. Unterbleibt dies, stellt sich weiter die Frage der Eröffnung einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit (§ 839 Abs.1 Satz 2 BGB) im Wege des Regresses gegen den Verfahrensbevollmächtigten. | |
8) Zum Fehlen jedenfalls grob schuldhafter Amtspflichtverletzungen in Prozesskostenhilfeverfahren betreffend ein selbständiges Beweisverfahren und einen Wohnraummietprozess. | |
§§§ | |
13.006 | Med-psychologisches Gutachten |
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Hat die Fahrerlaubnisbehörde für die Erteilung einer Fahrerlaubnis die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert und die Erteilung wegen Nichtvorlage des Gutachtens abgelehnt, kann sich der Betroffene nur dann auf ein Rehabilitierungsinteresse berufen, wenn die Beibringungsanordnung wegen besonderer Umstände des Einzelfalls eine diskriminierende Wirkung hat. | |
§§§ | |
13.007 | Verwaltungsvorschriften |
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Die unterbliebene Beachtung der Verwaltungsvorschrift des Landes Baden-Württemberg für die Erfassung von Kulturdenkmalen in einer Liste (VwV-Kulturdenkmallisten; Fassung: 2. Juli 1993) mit der darin vorgesehenen Unterrichtung der Eigentümer der betroffenen Objekte begründet mangels Verletzung drittbezogener Amtspflichten keine Amtshaftungsansprüche späterer Erwerber gegen die Träger der Denkmalschutzbehörden. | |
§§§ | |
13.008 | Schnee- und Glatteisunfall |
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Zu den Voraussetzungen eines die Haftung der verkehrssicherungspflichtigen Stadt ausschließenden, weit überwiegenden Mitverschuldens des durch einen Schnee- und Glatteisunfall geschädigten Fußgängers. | |
§§§ | |
13.009 | Haftbedingungen |
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1) Zur Amtshaftung wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen. | |
2) Dem Inhaftierten, der menschenunwürdigen Haftbedingungen ausgesetzt ist, steht kein Entschädigungsanspruch nach Art.5 Abs.5 EMRK zu. Art.5 EMRK bezieht sich grundsätzlich nur auf die Freiheitsentziehung als solche, nicht auf die Modalitäten des Vollzugs der Haft. Unzumutbare Haftbedingungen werden ausschließlich von Art.3 EMRK erfasst. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Art.3 EMRK richten sich primär nach nationalem Recht, in Deutschland nach §§ 839, 249 ff BGB (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 29. April 1993 - III_ZR_3/92, BGHZ_122,268 ). | |
§§§ | |
13.010 | Sozialr-Herstellungsanspruch |
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Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch und der Folgenbeseitigungsanspruch des allgemeinen Verwaltungsrechts sind keine Rechtsmitte im Sinne des § 839 Abs.3 BGB. | |
§§§ | |
13.011 | Mäharbeiten |
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Zu den Amtspflichten bei Mäharbeiten am Grünstreifen einer Bundesstraße. | |
§§§ | |
13.012 | Fahrbahnunebenheiten |
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1) Für Baden-Württemberg ist daran festzuhalten, dass eine Haftung wegen Verletzung der (Straßen-)Verkehrssicherungspflicht ausscheidet, wenn die Gefahrenstelle für den Verkehrsteilnehmer, der die erforderliche Sorgfalt wahrt, rechtzeitig erkennbar ist und er sich auf sie rechtzeitig einzurichten vermag. | |
2) Soweit der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 05.07.2012 ( III_ZR_240/11 ) eine Haftung des Straßen-verkehrssicherungspflichtigen unabhängig von der Frage der Erkennbarkeit der Gefahrenstelle bejaht hat (a.a.O., Tz.10), ist diese Entscheidung auf Baden-Württemberg nicht übertragbar. Sie beruht darauf, dass das dort einschlägige Berliner Straßenrecht als Teil der Straßenbau- und -unterhaltungslast eine dem Straßenbaulastträger obliegende Pflicht enthält, alsbald einen verkehrssicheren Zustand wiederherzustellen (§ 7 Abs.2 Satz 5 BerlStrG) und es diese Pflicht zum Gegenstand der Straßenverkehrssicherungspflicht macht (§ 7 Abs.6 Satz 2 BerlStrG). Eine derartige Regelung kennt das baden-württembergische Straßenrecht nicht. | |
3) Im Rahmen der Beurteilung der rechtzeitigen Erkennbarkeit einer in Rissen und/oder Unebenheiten der Fahrbahn einer Straße bestehenden Gefahrenstelle für einen Radfahrer ist zu berücksichtigen, dass dieser grundsätzlich das Sichtfahrgebot (§ 3 Abs.1 Satz 4 StVO) und das Gebot, die Geschwindigkeit den (besonderen) Sichtverhältnissen anzupassen, einzuhalten hat. | |
§§§ | |
13.013 | Individualbeschwerde-EMRK |
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Ist zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGRG) vom 24. November 2011 (BGBl.I S.2302) hinsichtlich eines bereits abgeschlossenen (überlangen) Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Individualbeschwerde des Betroffenen anhängig, so kommt nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des § 23 Satz 1 ÜGRG eine Entschädigung gemäß §§ 198, 199 GVG nur dann in Betracht, wenn die Beschwerde in zulässiger Weise erhoben worden, also insbesondere die Sechs-Monats-Frist des Art.35 Abs.1 EMRK gewahrt worden ist. | |
§§§ | |
13.014 | Feindliches Grün |
1) Wird ein Verkehrsunfall durch einen Fehler einer Ampelanlage verursacht ("feindliches Grün"), haftet der für die Straßenverkehrsbehörde verantwortliche Rechtsträger nach den Grundsätzen des enteignungsgleichen Eingriffs. | |
2) Der Geschädigte muss den Fehler der Ampelanlage zum Unfallzeitpunkt beweisen. Die Anforderungen an die Beweisführung hängen vom Einzelfall ab. Unter Umständen können Zeugenangaben ausreichen, auch wenn technische Fragen des aufgetretenen Fehlers unklar bleiben. | |
3) Bei einem enteignungsgleichen Eingriff schuldet der Staat keinen vollen Schadensersatz im Sinne von § 249 BGB, sondern nur eine "angemessene Entschädigung". Dazu gehören bei einem Verkehrsunfall der Selbstbehalt in der Kaskoversicherung, der Rückstufungsschaden in der Kaskoversicherung und vorgerichtliche Anwaltskosten. Hingegen sind mittelbare Folgekosten, wie die Anwaltsgebühren für die Verteidigung in einem Bußgeldverfahren nicht erstattungsfähig. | |
§§§ | |
13.015 | Gesundheitliche Eignung |
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1) Bei der Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern steht dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum zu. | |
2) Ein Beamtenbewerber ist gesundheitlich nicht geeignet, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist (Änderung der Rechtsprechung). | |
LB 3) Zur gerichtlichen Überprüfbarkeit der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Beamtenbewerbers. | |
LB 4) Zum Prognosezeitraum der gesundheitlichen Eignungsbeurteilung. | |
LB 5) Zur Überschreitung der Höchstaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis im Laufe des gerichtlichen Verfahrens. | |
LB 6) Modifikationen der Eignungsanforderungen für Behinderte, die weder schwerbehindert noch schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind (§ 2 Abs.3 SGB IX), sind verfassungsrechtlich nicht geboten. | |
LB 7) Die Anwendung des allgemeinen Prognosemaßstabs und Prognosezeitraums auf behinderte Bewerber, die nicht schwerbehindert oder Schwerbehinderten gleichgestellt sind, ist mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 - RL - (ABl EG Nr.L 303 S.16) und dem diese Richtlinie umsetzenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 - AGG - (BGBl I S.1897) vereinbar. | |
LB 8) Zum Anspruch auf Ersatz des Schadens, wenn er durch die rechtswidrige Ablehnung einer Bewerbung entstanden ist. | |
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T-13-01 | Zur gesundheitlichen Beurteilung eines Bamtenbewerbers |
"Die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Klägers sei gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar, ist mit Art.19 Abs.4 Satz 1, Art.33 Abs.2 GG und § 9 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 - BeamtStG - nicht vereinbar. Auch ist diese Beurteilung anhand eines anderen als dem vom Oberverwaltungsgericht angewandten Prognosemaßstabs vorzunehmen. Erweist sich der Kläger als gesundheitlich geeignet, steht ihm ein Anspruch auf Verbeamtung zu, wenn er der fachlich am besten geeignete Bewerber für eine freie Stelle als Studienrat ist. Hierfür muss der insoweit bestehende Beurteilungsspielraum der für die Bewerberauswahl zuständigen Stelle auf Null reduziert sein. In Bezug auf die Schadensersatzklage hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu Recht zurückgewiesen. | |
1. Nach Art.33 Abs.2 GG und nach § 9 BeamtStG, der nach § 1 dieses Gesetzes für das Statusrecht der Landesbeamten unmittelbar gilt, sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Geeignet in diesem Sinne ist nur, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist BVerfGE_92,140 <151>). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2_BvR_2571/07 - BVerfGK_14,492 <496> = juris Rn.11). Ist nach der körperlichen oder psychischen Konstitution eines Bewerbers die gesundheitliche Eignung nicht gegeben, kann er unabhängig von seiner fachlichen Eignung nicht verbeamtet werden. Er kann nicht in den Leistungsvergleich der Bewerber um die zur Vergabe stehenden Ämter einbezogen werden. | |
Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dementsprechend sieht § 9 Abs. 2 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes vom 25. März 2009 - NBG - (Nds. GVBl S.72) in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2012 (Nds. GVBl S.591) vor, dass die gesundheitliche Eignung aufgrund einer Untersuchung durch einen Amtsarzt oder einen beamteten Arzt festzustellen ist. Dieser muss gegebenenfalls einen Facharzt hinzuziehen. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art.33 Abs.2 GG Nr.35 Rn.22 f.). | |
Es obliegt dem Dienstherrn, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn zu bestimmen. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteil vom 21. Juni 2007 a.a.O.). Auf dieser Grundlage muss festgestellt werden, ob ein Bewerber, dessen Leistungsfähigkeit - etwa aufgrund eines chronischen Leidens - gemindert ist, den Anforderungen gewachsen ist, die die Ämter einer Laufbahn für die Dienstausübung stellen. | |
Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt bezieht sich nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Amtstätigkeit und enthält eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2_BvR_1436/02 - BVerfGE_108,282 <296>). Die gesundheitliche Eignung eines im Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung dienstfähigen Beamtenbewerbers kann daher im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe oder eine chronische Erkrankung mit progredientem Verlauf verneint werden. | |
Die Prognose erfasst den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Es kommt darauf an, ob der Beamtenbewerber voraussichtlich bis zu diesem Zeitpunkt Dienst leisten wird oder wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden muss. | |
Dieser Prognosezeitraum folgt aus den in Art.33 Abs.5 GG verankerten hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeit- und des Alimentationsprinzips. Diese Grundsätze verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Tritt der Beamte vor Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand, ist das Gleichgewicht zwischen Dienstzeit und Ruhestand verschoben, weil dem Dienstherrn die Arbeitskraft des Beamten zu früh verloren geht (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2_C_76.10 - BVerwGE_142,59 = Buchholz 11 Art.33 Abs.2 GG Nr.54 jeweils Rn.16 f.). | |
Der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung stellt eine Einschränkung der durch Art.33 Abs.2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit dar, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art.12 Abs.1 GG entspricht (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 3_C_26.11 - NJW 2013, 1320 Rn.15). Aufgrund dieser grundrechtlichen Bedeutung des Ausschlusses und des überaus langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss (vgl. Urteile vom 17. Mai 1962 - BVerwG 2_C_87.59 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr.6; vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2_C_27.90 - BVerwGE_92,147 <149> und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2_A_5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr.60 S.2). Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, kann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird. | |
Der bisherige Maßstab ist geeignet, Bewerber schon deshalb von dem Zugang zum Beamtenverhältnis auszuschließen, weil ihr gesundheitlicher Zustand vom Regelzustand abweicht. Dies gilt auch dann, wenn die Leistungsfähigkeit der Bewerber aktuell und auf absehbare Zeit nicht beeinträchtigt ist. Die negative Eignungsprognose ist in diesen Fällen bislang mit Typisierungen und statistischen Wahrscheinlichkeiten begründet worden, die weder einem Gegenbeweis noch einer nachträglichen Korrektur zugänglich sind (vgl. hierzu Höfling/Stockter, ZBR 2008, 17). | |
Dies belegt der Fall des derzeit uneingeschränkt leistungsfähigen Klägers: Die Einschätzung, er werde vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze dienstunfähig, beruht ausschließlich auf der Annahme, dass eine bestimmte Personengruppe - hier die Multiple-Sklerose-Erkrankten - in ihrer Gesamtheit ein erhöhtes Risiko vorzeitiger Dienstunfähigkeit aufweist. | |
Angesichts des sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums und der Komplexität der medizinischen Prognosen sind Entscheidungen über die gesundheitliche Eignung eines Beamtenbewerbers mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- oder Heilmethoden können heute noch nicht einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Belastbare Studien zur korrelationsstatistischen Beziehung einzelner Risikofaktoren zur Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit liegen nur sehr eingeschränkt vor. | |
Schließlich kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, dass die vorzeitige Dienstunfähigkeit in nennenswertem Umfang auf Krankheiten zurückzuführen ist, die man zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung hätte vorhersagen können (Nationaler Ethikrat, Prädiktive Gesundheitsinformationen bei Einstellungsuntersuchungen: Stellungnahme, 2005, S. 59). Regelmäßig geht die vorzeitige Dienstunfähigkeit daher auf erst nachträglich eintretende Umstände zurück. | |
Eine entsprechende Prognosebeurteilung setzt eine hinreichende Tatsachenbasis voraus. Die gegenwärtig vorhandene gesundheitliche Eignung kann wegen künftiger Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen ist. | |
Daher muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Dabei hat er verfügbare Erkenntnisse über den voraussichtlichen Verlauf chronischer Krankheiten auszuwerten und in Bezug zum gesundheitlichen Zustand des Bewerbers zu setzen. | |
Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten (vgl. zur erforderlichen Prognosebasis auch BVerfG, Urteil vom 5. Februar 2004 - 2_BvR_2029/01 - BVerfGE_109,133 <165>). | |
2. Die Verwaltungsgerichte haben über die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein; diesem steht insoweit kein Beurteilungsspielraum zu. Auch insoweit hält der Senat an seiner früheren Rechtsprechung nicht fest (vgl. Urteile 17. Mai 1962 - BVerwG 2_C_87.59 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr.6 S. 14 f. und vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2_A_5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr.60 S.2). | |
Art.19 Abs.4 Satz 1 GG überträgt die Letztentscheidungsbefugnis für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen den Verwaltungsgerichten. Ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung mit der Folge einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte muss zum einen normativ angelegt sein, d.h. sich durch Normauslegung ermitteln lassen. Zum anderen muss die Bestimmung des Bedeutungsgehalts einer Rechtsnorm so vage oder ihre fallbezogene Anwendung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle wegen der hohen Komplexität oder der besonderen Dynamik der geregelten Materie an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt. Es reicht nicht aus, dass eine rechtliche Würdigung auf der Grundlage eines komplexen Sachverhalts zu treffen ist. Hinzu kommen muss, dass die Gerichte die Aufgabe, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, selbst dann nicht bewältigen können, wenn sie im gebotenen Umfang auf die Sachkunde der Verwaltung zurückgreifen oder sich auf andere Weise sachverständiger Hilfe bedienen (BVerfG, Beschlüsse vom 17. April 1991 - 1_BvR_419/81 und 1_BvR_213/83 - BVerfGE_84,34 <49 f.> und vom 31. Mai 2011 - 1_BvR_857/07 - BVerfGE_129,1 <20 f.>; BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2_C_33.08 - BVerwGE_134,108 = Buchholz 240 § 58a BBesG Nr.2 jeweils Rn.11). | |
Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Prognose der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern nicht erfüllt: | |
Der Spielraum des Dienstherrn bei der Bestimmung der gesundheitlichen Anforderungen für eine Laufbahn rechtfertigt keine Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte bei der Beurteilung der daran anknüpfenden gesundheitlichen Eignung. Dabei ist der Gesundheitszustand des Beamtenbewerbers in Bezug zu den Anforderungen der Beamtenlaufbahn zu setzen. Es ist zu beurteilen, ob der Bewerber den Anforderungen genügt und ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich daran bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit überwiegender Wahrscheinlichkeit etwas ändert. | |
Wie dargestellt hat der Dienstherr die gesundheitliche Eignungsprognose auf der Grundlage einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass die Verwaltungsgerichte im Gegensatz zum Dienstherrn gehindert wären, sich auf dieser Grundlage ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes und die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen zu bilden. Dementsprechend ist anerkannt, dass dem Dienstherrn für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit als Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung eines Beamten in den Ruhestand kein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. nur Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2_C_73.08 - BVerwGE_133,297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr.25 jeweils Rn.14 f.) | |
Dagegen besteht für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber ein Beurteilungsspielraum des Dienstherrn, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs.2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2_C_23.03 - BVerwGE_122,147 <150 f.> = Buchholz 11 Art.33 Abs.2 GG Nr.30 S.17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2_C_16.09 - BVerwGE_138,102 = Buchholz 11 Art.33 Abs.2 GG Nr.47 jeweils Rn.45). | |
30 Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht beurteilen, ob der Kläger gesundheitlich geeignet ist, um verbeamtet zu werden. Das Oberverwaltungsgericht wird nunmehr vor allem zu beurteilen haben, ob sich aufgrund der Multiplen Sklerose in der individuellen Situation des Klägers Anhaltspunkte ergeben, die den Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze überwiegend wahrscheinlich machen. | |
Im Falle seiner gesundheitlichen Eignung hat der Kläger einen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienrat, wenn er sich bei der Bewerberauswahl für eine Beamtenstelle als Studienrat aufgrund eines Leistungsvergleichs als der am besten geeignete Bewerber erweist. Hierfür muss der Beurteilungsspielraum des Dienstherrn zugunsten des Klägers auf Null reduziert sein. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass dieser Spielraum aufgrund des Erfahrungsvorsprungs, den der Kläger durch seine berufliche Praxis als Lehrer erworben hat, jedenfalls eingeschränkt ist. Auch insoweit wird das Oberverwaltungsgericht gegebenenfalls die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. | |
Der Verbeamtung steht nicht entgegen, dass der Kläger im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die Höchstaltersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe überschritten hat (§ 16 Abs.2 Satz 1 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung vom 30. März 2009 - NLVO - Nds. GVBl S. 118; geändert durch Verordnung vom 19. Mai 2010, Nds. GVBl S. 218). Zwar darf eine Verbeamtung nur vorgenommen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Übernahme- oder Einstellungsanspruch vorliegen (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE_142,59 = Buchholz 11 Art.33 Abs.2 GG Nr.54 jeweils Rn.11). | |
Nach § 16 Abs.5 Satz 1 Nr.2 NLVO können aber Ausnahmen von der Höchstaltersgrenze zugelassen werden, wenn sich der berufliche Werdegang eines Bewerbers aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist angesichts der Tatsache, dass der Kläger seinen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis noch vor Überschreitung der Altersgrenze gestellt hatte, das insoweit bestehende Ermessen für die Gewährung einer Ausnahme von der Altersgrenze auf Null reduziert, sollte sich die Ablehnung als rechtswidrig erweisen (vgl. Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn.35). | |
3. Weitere Modifikationen der Eignungsanforderungen für Behinderte, die weder schwerbehindert noch schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind (§ 2 Abs.3 SGB IX), sind verfassungsrechtlich nicht geboten. | |
Von dem vorstehend dargelegten Maßstab abweichende Erleichterungen für die Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Beamtenbewerbern sind im nationalen Recht nur für schwerbehinderte Menschen vorgesehen. Nach § 128 Abs.1 SGB IX sind die besonderen Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung der Beamtenstellen so zu gestalten, dass die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gefördert und ein angemessener Anteil schwerbehinderter Menschen unter den Beamten erreicht wird. Dieser Gesetzgebungsauftrag ist von den Beamtengesetzgebern in Bund (vgl. § 9 Satz 2 BBG, § 5 Abs.1 BLV) und Ländern aufgegriffen und in den Laufbahnverordnungen umgesetzt worden. Nach § 25 Nr.13 NBG wird die Landesregierung ermächtigt, Ausgleichsmaßnahmen zugunsten von schwerbehinderten Menschen durch Verordnung zu regeln. Gemäß § 14 Abs.1 Satz 1 der hierauf gestützten Laufbahnverordnung darf von schwerbehinderten Menschen bei der Einstellung nur das Mindestmaß körperlicher Eignung für die Wahrnehmung von Laufbahnaufgaben verlangt werden. In Nr.3.4 der durch Beschluss der Landesregierung vom 9. November 2004 erlassenen Richtlinien zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Berufsleben im öffentlichen Dienst (Nds. MBl 2004 S.783) wird dies dahin konkretisiert, dass die Eignung von schwerbehinderten Menschen im Allgemeinen auch dann noch als gegeben angesehen werden kann, wenn sie nur für die Wahrnehmung bestimmter Dienstposten der betreffenden Laufbahn geeignet sind. | |
Während grundsätzlich bei der Einstellung von Beamten die körperliche Eignung für die gesamte Laufbahn mit allen zu ihr gehörenden Ämtern und den diesen zugeordneten Dienstposten zu verlangen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2_BvR_1436/02 - BVerfGE_108,282 <296>; BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - | |
Kann ein schwerbehinderter Bewerber auch diese Anforderungen nicht erfüllen, scheidet eine Übernahme in das Beamtenverhältnis aus. Dies gilt auch in Ansehung der Gewährleistung des Art.3 Abs.3 Satz 2 GG, weil die Ungleichbehandlung dann auf zwingenden Gründen beruht. Fehlen einer Person gerade aufgrund ihrer Behinderung bestimmte geistige oder körperliche Fähigkeiten, die unerlässliche Voraussetzung für die Wahrnehmung eines Rechts sind, liegt in der Verweigerung dieses Rechts kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfG, Beschluss vom 19. Januar 1999 - 1_BvR_2161/94 - BVerfGE_99,341 <357>; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5_C_16.10 - BVerwGE_139,135 Rn.20 zu § 7 Abs.1 AGG). | |
Die unterschiedliche Behandlung von schwerbehinderten Menschen im Sinne von § 2 Abs.2 SGB IX - sowie ggf. der ihnen nach § 2 Abs.3 SGB IX gleichgestellten behinderten Menschen - gegenüber anderen Behinderten in Bezug auf die Einstellung in ein Beamtenverhältnis ist mit Art.3 Abs.3 Satz 2 GG vereinbar. | |
Die Besserstellung knüpft an das sachlich gerechtfertigte Kriterium der höheren Schutzbedürftigkeit dieser Personen an und stellt darauf ab, dass sie infolge ihrer Behinderung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht oder nur schwieriger erlangen können. Es ist daher folgerichtig, gerade diesem Personenkreis besondere Fürsorge im Verfahren der Einstellung in ein Beamtenverhältnis zukommen zu lassen. Die Personengruppen der Schwerbehinderten einerseits und der weniger schwer behinderten Menschen andererseits weisen wesentliche Unterschiede in Bezug auf den Regelungsgegenstand auf, sodass eine Gleichbehandlung aus Rechtsgründen nicht geboten ist. Aus diesem Grunde sehen § 128 Abs.1 SGB IX sowie die verfahrensbezogene Vorschrift in § 82 Satz 2 SGB IX eine Bevorzugung dieser Personengruppe im Einstellungsverfahren ausdrücklich vor. | |
Entsprechende Privilegierungen für Menschen, die zwar Funktionseinbußen zu erleiden haben, deren Schweregrad aber nicht zur Annahme einer Schwerbehinderung ausreicht und die schwerbehinderten Menschen auch nicht gleichgestellt sind, sind auch nicht geboten. Diesem Personenkreis fehlt es an der die Schutzbedürftigkeit begründenden eingeschränkten Vermittlungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt (vgl. § 2 Abs.3 SGB IX). Eine Einbeziehung der weniger schwer behinderten Menschen in die Privilegierungen hätte überdies eine Entwertung der für schwerbehinderte Menschen vorgesehenen Erleichterungen zur Folge, weil sie die Erfolgschancen dieser Bewerber im Wettbewerb um die Vergabe öffentlicher Ämter verschlechtern würde. | |
4. Die Anwendung des allgemeinen Prognosemaßstabs und Prognosezeitraums auf behinderte Bewerber, die nicht schwerbehindert oder Schwerbehinderten gleichgestellt sind, ist mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 - RL - (ABl EG Nr.L 303 S.16) und dem diese Richtlinie umsetzenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 - AGG - (BGBl I S.1897) vereinbar. | |
Es kann offenbleiben, ob auch behinderte Menschen, die weder schwerbehindert noch schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs.3 SGB IX gleichgestellt sind, vom Begriff der Behinderung nach Art. 1 der RL erfasst werden. Wird dies bejaht, bewirkt die Anwendung des allgemeinen Prognosemaßstabs und Prognosezeitraums eine mittelbare Ungleichbehandlung dieser Gruppe (Art.1, Art.2 Abs.1 und Abs.2 Buchst.b und Art.3 RL; § 7 i.V.m. § 1, § 2 Abs.1 Nr.1 und 2 und § 3 Abs.2 AGG). | |
Zwar knüpft die Prognose der gesundheitlichen Eignung nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft an; vielmehr gelten die Anforderungen für behinderte und nicht behinderte Menschen gleichermaßen. | |
Dieser Personenkreis ist aber einem erhöhten Risiko ausgesetzt, wegen einer negativen gesundheitlichen Eignungsprognose nicht verbeamtet zu werden. Behinderungen haben regelmäßig zur Folge, dass die Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist oder Einschränkungen mit zunehmendem Alter zu erwarten sind. Dieses Risiko verwirklicht sich auch dann, wenn behinderten Bewerbern zwar nicht der Zugang zum Beruf, aber zu dessen Ausübung im Beamtenverhältnis verwehrt wird. Die mittelbare Ungleichbehandlung besteht hier darin, dass sich die Behinderung auf die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit im Sinne von Art.3 Abs.1 Buchst.a der RL (§ 2 Abs.1 Nr.1 AGG) auswirkt. | |
Die mittelbare Ungleichbehandlung stellt aber keine unionsrechtswidrige Diskriminierung dar, weil sie durch ein angemessenes Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (Art.2 Abs.2 Buchst.b RL). Die Auslegung dieser Vorschrift durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ist wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts für die Auslegung des inhaltsgleichen § 3 Abs.2 AGG verbindlich. | |
Angemessene Ziele im Sinne von Art.2 Abs.2 Buchst.b der RL können sich insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung ergeben; daneben kommt jedes weitere sozialpolitische Ziel in Betracht (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - Rs. C-447/09, Prigge u.a. - NJW 2011, 3209 Rn. 81). Die Mitgliedstaaten verfügen über einen weiten Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen, die sie zur Erreichung eines angemessenen Ziels für erforderlich halten. Die Wahl kann auf politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen oder fiskalischen Erwägungen beruhen, wobei letztere für sich allein nicht ausreichen (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - Rs. C-159/10 und 160/10, Fuchs und Köhler - NVwZ 2011, 1249 Rn. 61, 73 f. und 80 f.). Die Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme ist nachgewiesen, wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unvernünftig erscheint und auf Beweismittel gestützt ist, deren Beweiskraft das nationale Gericht zu beurteilen hat (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 a.a.O. Rn.83). Somit ist auch Art.2 Abs.2 Buchst. b der RL Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2_C_18.07 - BVerwGE_133,143 = Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr.6 jeweils Rn.15 und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2_C_76.10 - BVerwGE_142,59 = Buchholz 11 Art.33 Abs.2 GG Nr.54 jeweils Rn.44). | |
Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestand der Beamten stellt ein angemessenes Ziel im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der RL dar. Dies folgt aus dem Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den Versorgungsleistungen im Ruhestand. Wie oben dargelegt erdienen Beamte die lebenslange Versorgung während der aktiven Zeit. Die unionsrechtliche Anerkennung des daraus folgenden Interesses an einer adäquaten Lebensdienstzeit wird durch Art.6 Abs.1 Satz 2 Buchst.c der RL belegt, wonach Ungleichbehandlungen wegen des Alters insbesondere die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand einschließen (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn.45). | |
Die Anwendung der allgemeinen Prognose für die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern auf behinderte Bewerber, die weder schwerbehindert noch Schwerbehinderten gleichgestellt sind, stellt eine geeignete und erforderliche Maßnahme dar, um eine angemessene, die lebenslange Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen. | |
Der zeitliche Bezugspunkt der Prognoseentscheidung ist - vorbehaltlich einer gesetzlichen Regelung - durch das Lebenszeit- und Alimentationsprinzip vorgegeben. Die hauptberufliche Beschäftigung auf Lebenszeit und das hiermit korrespondierende Alimentationsprinzip sind prägende Strukturmerkmale des Berufsbeamtentums (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2_BvF_3/02 - BVerfGE_119,247 <263>). Sie bilden die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann. | |
Das auf Lebenszeit angelegte Beamtenverhältnis, das Schutz vor Entlassung, amtsangemessene Besoldung und lebenslange Versorgung für den Beamten und seine Hinterbliebenen gewährleistet, rechtfertigt das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit des Beamten (Urteil vom 23. Februar 2012 a.a.O. jeweils Rn.16 sowie Rn.45). Die Erhaltung einer unabhängigen Beamtenschaft stellt ein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Art.2 Abs.2 Buchst.b Ziff.i der RL dar. Darüber hinaus ist die Sicherung einer angemessenen Lebensdienstzeit auch aus fiskalischen Erwägungen geboten (vgl. zur Berücksichtigung der versicherungsmathematischen Bedeutung der Lebensarbeitszeit auch Art.6 Abs.2 der RL). Die Versorgungslast der pensionierten Beamten wird im Gegensatz zum umlagefinanzierten Rentenversicherungssystem in vollem Umfang aus dem Haushalt der Anstellungskörperschaft finanziert. Ein angemessenes Verhältnis zwischen aktiver Dienstzeit und Versorgungslast hat deshalb bei Beamten besonderes Gewicht. | |
Auszug aus BVerwG U, 25.07.13, - 2_C_12.11 -, www.BVerwGE, Abs.9 ff | |
§§§ | |
13.016 | Überlange Verfahrensdauer |
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LB 1) Der Anspruch auf Erlangung einer gerichtlichen Entscheidung in angemessener Zeit aus Art.2 Abs.1 GG in Verbindung mit Art.20 Abs.3 GG ist verletzt, wenn das Gericht die Verpflichtung, sich mit zunehmender Dauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen, außer Acht gelassen hat. | |
LB 2) Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht ist erst erreicht, wenn die Auslegung der Fachgerichte Auslegungsfehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl BVerfGE_89,1 <9 f.>; BVerfGE_99,145 <160> ; BVerfGE_129,78 <102>; BVerfG, Urteil des Erstens Senats vom 11. Juli 2012 - 1_BvR_3142/07, 1_BvR_1569/08 -, NJW_12,3081 <3086>). | |
LB 3) Das Richterspruchprivileg findet seinen Grund in den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 -, WM_13,815 <817>), die hier dafür sprechen, dass eine rechtskräftige Entscheidung durch einen Amtshaftungsprozess nicht erneut in Frage gestellt wird (vgl. dazu BGHZ_57,33 <45>; Leipold, JZ 1967, S. 737 <739>; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 34 Rn. 262 (Januar 2009); ders. in: Münchener Kommentar zum BGB, 5.Aufl 2009, 839 Rn.323; Wieland, in: Dreier, GG, Bd.2, 2.Aufl, 2006, Art.34 Rn.52). | |
LB 4) Dem verfassungsrechtlich verankerten Beschleunigungsgebot wird Rechnung getragen, indem nach § 839 Abs.2 Satz 2 BGB eine gerichtliche Untätigkeit oder Verfahrensverzögerung nicht dem Haftungsprivileg unterfällt und der Kreis der vom Haftungsprivileg umfassten vorbereitenden Maßnahmen restriktiv nur soweit zu ziehen ist, wie dies durch die im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsätze der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens geboten ist. | |
LB 5) Die effektive Durchsetzung des Beschleunigungsgebots erfordert eine sekundäre Darlegungslast des Staates zumindest hinsichtlich interner Abläufe und der Einzelheiten eventueller Organisationsmängel. | |
LB 6) Es ist ebenfalls mit dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot nicht mehr vereinbar, dass das Oberlandesgericht die Terminverlegung nach der ergänzenden Beweisaufnahme im Berufungsverfahren des Betragsverfahrens auf einen siebeneinhalb Monate nach der Verfügung liegenden Terminstag nicht als Grund für die Annahme einer Amtspflichtverletzung angesehen hat. | |
LB 7) Das Oberlandesgericht stellt Anforderungen an den Vortrag des Beschwerdeführers, die es ihm unmöglich machen, die von ihm verlangte Darlegungslast zu erfüllen. | |
LB 8) Der Berichterstatterwechsel liegt ausschließlich in der organisatorischen Verantwortung des Staates, der für dessen Folgen haftet. | |
§§§ | |
13.017 | Sicherungsverwahrung |
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Zum Schadensersatz und zur Passivlegitimation bei unter Verstoß gegen Art.5 Abs.1, 5, Art.7 Abs.1 EMRK nachträglich verlängerter Sicherungsverwahrung. | |
§§§ | |
13.018 | Verteilungsplan |
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Einer Verwertungsgesellschaft ist beim Aufstellen und Ändern der Regeln eines Verteilungsplanes nach § 7 Satz 1 UrhWG ein außerordentlich weiter, nur durch das Willkürverbot begrenzter Beurteilungsspielraum eingeräumt. Überschreitet sie diesen Beurteilungsspielraum, ist für die Frage, ob der Rechtsirrtum verschuldet ist, der übliche Haftungsmaßstab des § 276 BGB maßgeblich. Der Rechtsirrtum ist nicht allein deshalb unverschuldet, weil die Verwertungsgesellschaft ihre Entscheidung mit Sorgfalt gebildet hat. | |
§§§ | |
13.019 | Gemeinschaftliche Anlagen |
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Zur Haftung eines Verbands von Teilnehmergemeinschaften gegenüber einem am Flurbereinigungsverfahren Beteiligten wegen Verletzung der Unterhaltungspflicht für gemeinschaftliche Anlagen. | |
§§§ | |
13.020 | Verschmutzung der Fahrbahn |
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1) Die Möglichkeit eines Kostenersatzes nach Art.16 BayStrWG schließt zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach § 7 Abs.1 StVG oder § 823 Abs.1 BGB nicht aus. | |
2) Bei einer zu beseitigenden Verschmutzung der Fahrbahn besteht für die zuständige Straßenbehörde ein weites Entscheidungsermessen. | |
3) Hinsichtlich des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages genügt der Geschädigte regelmäßig seiner Darlegungs- und Beweislast durch Vorlage der Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Fachunternehmens. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des Rechnungsbetrages durch den Schädiger reicht dann nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. | |
§§§ | |
13.021 | Widerspruchsverfahren |
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1) Erklärungen gegenüber einer Behörde sind im Rahmen des nach § 133 BGB Vertretbaren möglichst so auszulegen, dass der Erklärende sein Rechtsschutzziel erreichen kann. | |
2) Das Erfordernis des Widerspruchsverfahrens in allen beamtenrechtlichen Angelegenheiten nach § 126 BRRG soll sicherstellen, dass sich der Dienstherr mit allen Anliegen der Beamten vor einer Klageerhebung befassen kann. | |
3) Ein Widerspruchsverfahren ist entbehrlich, wenn sich die Behörde gegenüber dem Kläger vorgerichtlich endgültig auf die Ablehnung des Rechtsschutzbegehrens festgelegt hat. Daran ändert nichts, wenn die Beklagte im Klageverfahren das Fehlen des Widerspruchsverfahrens rügt und sich nur hilfsweise auf die Sache einlässt. | |
4) Ein Schadensersatzanspruch eines unterlegenen Bewerbers wegen einer Verletzung des Art.33 Abs.2 GG vor dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. November 2010 - BVerwG 2_C_16.09 - (BVerwGE_138,102 = Buchholz 11 Art.33 Abs.2 GG Nr.47) setzt auch in Fällen der Rechtsschutzverhinderung nicht voraus, dass der Bewerber die Ernennung des Konkurrenten angefochten hat. | |
§§§ | |
13.022 | Geschlossene psychiatr-Station |
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Der Träger einer Städtischen Klinik ist nicht verpflichtet, sämtliche Fenster einer geschlossenen psychiatrischen Station der Klinik so auszustatten, dass sie auch unter Einsatz von Körperkraft nicht so geöffnet werden können, dass ein Patient hinaussteigen oder -springen kann. | |
§§§ | |
13.023 | Zuschlagsbeschlüsse |
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a) Zuschlagsbeschlüsse (§ 90 ZVG) sind - ebenso wie Grundbucheintragungen - zumindest grundsätzlich objektiv "aus sich heraus" auszulegen. | |
b) Greift ein Zuschlag (§ 90 ZVG) in schuldnerfremdes Eigentum ein, ist er unwirksam, wenn ein verständiger Eigentümer nach dem Inhalt der veröffentlichten Terminsbestimmung seine Betroffenheit nicht erkennen und deshalb auch bei Beachtung gehöriger Sorgfalt seine Rechte nicht wahren konnte. | |
§§§ | |
13.024 | Verfahrensdauer |
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1) Ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs.1 Satz 1 GVG ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. | |
2) Unangemessen im Sinne von § 198 Abs.1 Satz 1 GVG ist die Verfahrensdauer dann, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs.1 Satz 2 GVG ausgerichtete und den Gestaltungsspielraum der Gerichte bei der Verfahrensfüh-rung beachtende Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus Art.2 Abs.1 i.V.m. Art.20 Abs.3 GG und Art.19 Abs.4 GG sowie Art.6 Abs.1 EMRK folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist. | |
3) Bei der Beurteilung des Verhaltens des Gerichts darf der verfassungsrechtliche Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit (Art.97 Abs.1 GG) nicht unberücksichtigt bleiben. Dem Gericht muss in jedem Fall eine angemessene Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen. Es benötigt einen Gestaltungsspielraum, der es ihm ermöglicht, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssa-chen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es wel-ches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind. | |
§§§ | |
13.025 | Überschwemmungsschäden |
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Zur Haftung des für eine Bundesautobahn verkehrssicherungspflichtigen Landes für Überschwemmungsschäden, die Grundstücksanliegern dadurch entste-hen, dass anfallendes Oberflächenwasser in einen nicht ausreichend dimensionierten Graben abgeleitet wird. | |
§§§ | |
13.026 | Selstständiges Beweisverfahren |
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1) Das auf der Grundlage des § 485 Abs.2 ZPO durchgeführte selbständige Beweisverfahren und der nachfolgende Hauptsacheprozess stellen getrennt zu betrachtende Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs.6 Nr.1 GVG dar. Kommt es sowohl im selbständigen Beweisverfahren als auch im Hauptsacheverfahren zu einer unangemessenen Verfahrensdauer, entstehen zwei eigenständig zu bemessende Entschädigungsansprüche nach § 198 Abs.1 Satz 1 GVG. | |
§§§ |
Amtshaftung - 2013 | [ ] |
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§§§