Rspr | zu Art.101 GG | Bund |
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Antragsteller in einem abstrakten Normenkontrollverfahren nach Landesverfassungsrecht können eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art.101 I 2 GG) rügen. (vgl BVerfG, B, 10.07.90, - 1_BvR_984/87 - Neuwahl-Verfassungsrichter - NJW_91,217 -20 )
Das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter verpflichtet den Gesetzgeber und die Gerichte, Vorsorge dafür zu treffen, daß im Einzelfall ein Richter, der nicht die Gewähr der Unparteilichkeit bietet, von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen ist oder abgelehnt werden kann. Daraus folgt aber grundsätzlich nicht, daß die Gerichte allgemein von sich aus die Verfahrensbeteiligten vor einer Entscheidung darüber unterrichten müssen, welche Richter daran mitwirken werden. (vgl BVerfG, B, 23.09.97, - 1_BvR_116/94 - Richterablehnung - NJW_98,369 -70 )
Mit dem Gebot des gesetzlichen Richters in Art.101 Abs.1 Satz 2 GG soll der Gefahr vorgebeugt werden, daß die Rechtsprechung durch eine Manipulation ihrer Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird, insbesondere daß im Einzelfall durch die zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis einer Entscheidung beeinflußt wird, unabhängig davon, von wem die Manipulation ausgeht. Der Forderung nach dem gesetzlichen Richter ist nur dann genüge getan, wenn die Zuständigkeit der Gerichte und der einzelnen Richter rechtssatzmässig bestimmt wird. Eine Regelung, die die Zuständigkeit der Gerichte bzw. der einzelnen Richter nach freiem Ermessen bestimmt, ist mit dem Gebot des gesetzlichen Richters nicht vereinbar. Auch der Geschäftsverteilungsplan der Gerichte darf deshalb mit Rücksicht auf das Gebot des gesetzlichen Richters keine vermeidbare Freiheit bei der Heranziehung der einzelnen Richter zur Entscheidung einer Sache lassen. Insbesondere hat der Vorsitzende eines überbesetzten Spruchkörpers vor Beginn des Geschäftsjahres nach abstrakten und generellen Merkmalen festzulegen, welche Mitglieder des Spruchkörpers bei den einzelnen richterlichen Geschäften mitwirken. Im Hinblick auf die abweichende Rechtsauffassung des 2.Senats (Vergleiche BVerfGE 18,344, 351 und BVerfGE 69,112, 120) war gemäß § 16 Abs.1 BVerfGG das Plenum anzurufen. (vgl. BVerfG, E 10.08.95 - 1 BvR 1644/94 - Gesetzlicher Richter, NJW 995,2703 = JuS 96,355 = MDR 95,1202 = BB 95,1782 = DRsp-ROM-Nr.97/508 = DNr.95.000)
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art.101 Abs.1 Satz 2 GG. Er ist ein durch die Gemeinschaftsverträge errichtetes hoheitliches Rechtspflegeorgan, das auf der Grundlage und im Rahmen normativ festgelegter Kompetenzen und Verfahren Rechtsfragen nach Maßgabe von Rechtsnormen und rechtlichen Maßstäben in richterlicher Unabhängigkeit grundsätzlich endgültig entscheidet. (vgl BVerfG, B, 22.10.86, - 2_BvR_197/83 - Solange II - BVerfGE_73,339 = www.DFR/BVerfGE)
Das Verfahrensrecht des Gerichtshofs genügt rechtsstaatlichen Anforderungen an ein gehöriges Verfahren; es gewährleistet insbesondere das Recht auf Gehör, dem Verfahrensgegenstand angemessene prozessuale Angriffsmöglichkeiten und Verteidigungsmöglichkeiten und frei gewählten, kundigen Beistand. (vgl BVerfG, B, 22.10.86, - 2_BvR_197/83 - Solange II - BVerfGE_73,339 = www.DFR/BVerfGE)
Solange die Europäischen Gemeinschaften, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Gemeinschaften einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell gewährleisten, der dem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im wesentlichen gleichzuachten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt, wird das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte oder Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, nicht mehr ausüben und dieses Recht mithin nicht mehr am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes überprüfen; entsprechende Vorlagen nach Art.100 Abs.1 GG sind somit unzulässig. (vgl BVerfG, B, 22.10.86, - 2_BvR_197/83 - Solange II - BVerfGE_73,339 = www.DFR/BVerfGE)
Die Nichteinleitung eines Vorlageverfahrens nach Art.177 EWGV verletzt die Garantie des gesetzlichen Richters (Art.101 Abs.1 Satz 2 GG), wenn ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der seiner Auffassung nach bestehenden Entscheidungserheblichkeit einer zweifelhaften gemeinschaftsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, es in seiner Entscheidung bewußt von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht oder wenn das Gericht trotz Fehlens oder nicht abschließender Aussagen einer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen seine Entscheidung auf eine europarechtliche Auffassung stützt, obwohl mögliche Gegenauffassungen eindeutig vorzuziehen sind. (vgl BVerfG, B, 31.05.90, - 2_BvL_12/87 - Absatzfonds - BVerfGE_82,159 = www.DFR/BVerfGE)
Zur Bindungswirkung von Vorabentscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Art.101 Abs.1 Satz 2 GG). (vgl BVerfG, B, 08.04.87, - 2_BvR_687/85 - Kloppenburg-Beschluß - BVerfGE_75,223 = www.DFR/BVerfGE)
Eine Ultra-vires-Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht kommt nur in Betracht, wenn ein Kompetenzverstoß der europäischen Organe hinreichend qualifiziert ist. Das setzt voraus, dass das kompetenzwidrige Handeln der Unionsgewalt offensichtlich ist und der angegriffene Akt im Kompetenzgefüge zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung zulasten der Mitgliedstaaten führt. Vor der Annahme eines Ultra-vires-Akts ist dem Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art.267 AEUV die Gelegenheit zur Vertragsauslegung sowie zur Entscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der fraglichen Handlungen zu geben, soweit er die aufgeworfenen Fragen noch nicht geklärt hat. (vgl BVerfG, B, 06.07.10, - 2_BvR_266/06 - Ultra-vires-Kontrolle - = BVerfG-Nr.10.011 = www.BVerfG.de)
Zur Sicherung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes ist zu erwägen, in Konstellationen der rückwirkenden Nichtanwendbarkeit eines Gesetzes infolge einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union innerstaatlich eine Entschädigung dafür zu gewähren, dass ein Betroffener auf die gesetzliche Regelung vertraut und in diesem Vertrauen Dispositionen getroffen hat. (vgl BVerfG, B, 06.07.10, - 2_BvR_266/06 - Ultra-vires-Kontrolle - = BVerfG-Nr. 10.011 = www.BVerfG.de)
Nicht jede Verletzung der unionsrechtlichen Vorlagepflicht stellt einen Verstoß gegen Art.101 Abs.1 Satz 2 GG dar. Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind. Dieser Willkürmaßstab wird auch angelegt, wenn eine Verletzung von Art. 267 Abs.3 AEUV in Rede steht (Bestätigung von BVerfGE 82, 159 <194>). (vgl BVerfG, B, 06.07.10, - 2_BvR_266/06 - Ultra-vires-Kontrolle - = BVerfG-Nr. 10.011 = www.BVerfG.de
Art.101 Abs.1 Satz 2 GG gilt nicht nur für den erkennenden Richter, sondern auch für den Richter, der Termin zur Hauptverhandlung anberaumt. (vgl BVerfG, U, 20.03.56, - 1_BvR_479/55 - Gesetzlicher Richter - BVerfGE_4,412 = www.DFR/BVerfGE)
Zur grundrechtsähnlichen Gewährleistung des gesetzlichen Richters. (vgl BVerfG, B, 05.08.02, - 2_BvR_1108/02 - Gesetzlicher Richter - = RS-BVerfG 02.027 = www.bverfg.de)
§ 522 Abs.2 S.1 ZPO verstößt nicht gegen die Gewährleistung des gesetzlichen Richters. (vgl BVerfG, B, 05.08.02, - 2_BvR_1108/02 - Gesetzlicher Richter - = RS-BVerfG Nr.02.027 = www.bverfg.de)
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