zu Art.34 GG   (10)  
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1.  Bauvoranfrage

  1. Ist von einer Unzulässigkeit des Bauvorhabens auszugehen, so ist die Ablehnung einer Bauvoranfrage nicht geeignet ist, Amtshaftungsansprüche auszulösen. (vgl BGH, U 17.09.87 - 3 ZR 200/86 - Bauvoranfrage Ablehnung, BGH-DAT-Zivil = RzB Nr.1002)


  2. Werden im Vertrauen auf die Richtigkeit eines ihm amtspflichtwidrig erteilten, von Anfang an fehlerhaften Vorbescheid (Bebauungsgenehmigung) Aufwendungen für den Erwerb vermeintlichen Baugeländes gemacht, kann deren Ersatz verlangen, wenn später die Bebauung des Geländes aus Gründen scheitert, die schon zu Versagung des Bescheides hätten führen können. (vgl BGH, U 30.06.88 - 3 ZR 232/86 - Bebauungsgenehmigung, BauR 88,712 = BRS 48 Nr.136 = UPR 90,70 = NVwZ 88,1161 (L-45))


  3. Zur Amtshaftung bei verspäteter positiver Bescheidung einer Bauvoranfrage. (vgl BGH, B 23.01.92 - 3 ZR 191/90 - Verspätete Bescheidung, NVwZ 93,299 -300)


  4. Im Falle der rechtswidrigen Ablehnung einer Bauvoranfrage bestimmt sich die haftungsrechtliche Zurechnung danach, wie sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde im Außenverhältnis zu dem Antragssteller darstellt. Wird der Bescheid nur damit begründet, daß die Gemeinde das erforderliche Einvernehmen verweigert hat, hat grundsätzlich allein die Gemeinde für den Antragsteller entstandenen Schaden aufzukommen. Geht hingegen aus dem ablehnenden Bescheid der Bauaufsichtsbehörde hervor, daß sie das Vorhaben auch aufgrund einer eigenen Sachprüfung und Überzeugungsbildung für unzulässig hält, ist je nachdem, ob sie sich auf die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens als zusätzlichen Grund für die - rechtswidrige - Ablehnung stützt oder nicht, eine gemeinschaftliche Verantwortlichkeit zusammen mit der Gemeinde oder eine alleinige Haftung der Bauaufsichtsbehörde gegeben (im Anschluß an BGH, Urt v 21.05.92 - 3 ZR 14/91 - BGHZ 118,263 ). (vgl BGH, U 11.07.93 - 3 ZR 36/92 - Einvernehmensversagung, NJW 93,3065 = UPR 93,442 = NVwZ 94,91 = UPR 93,442 = ZfBR 93,294 =)


  5. Die Amtspflicht der Bauaufsichtsbehörde, einen inhaltlich unrichtigen (positiven) Bauvorbescheid nicht zu erteilen, kann drittschützende Wirkung auch zugunsten eines künftigen Käufers entfalten, der das Grundstück in Vertrauen auf jenen Bescheid von dessen ursprünglichem Adressaten erwirbt (Fortführung der Grundsätze des Senatsurteils vom 06.05.93 3 ZR 2/92) (vgl BGH, U 23.09.93 - 3 ZR 139/93 - Bauvorbescheid, DVBl 94,281 -283 = NJW 94,130 = NVwZ 94,309 (L))


  6. Wird gegen die zur Entscheidung über den Antrag zuständigen Beamten der Vorwurf erhoben, sie hätten die angemessene Bearbeitungsfrist nicht eingehalten und dadurch eine schuldhafte Amtspflichtverletzung begangen, kann sich die Behörde zu ihrer Entlastung dann nicht auf die Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage berufen, wenn die Beamten selbst diese Schwierigkeiten nicht erkannt haben und der Antrag daher aus ihrer damaligen Sicht alsbald entscheidungsreif gewesen wäre. Verzögert die Bauaufsichtsbehörde pflichtwidrig die Entscheidung über eine Bauvoranfrage und erläßt die Gemeinde im Anschluß daran eine Veränderungssperre, so beurteilt sich die Schadensursächtlichkeit der Amtspflichtverletzung für das spätere Scheitern des Vorhabens danach, zu welchem Zeitpunkt der Antragsteller bei pflichtgemäßer Entscheidung über seine Bauvoranfrage den Antrag auf Baugenehmigung gestellt hätte und ob diesem noch vor Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte stattgegeben werden müssen. Sind bei einem Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans der Gemeinde widerspricht, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllt und kommen für die Gemeinde Nachteile durch eine Zulassung des Vorhabens nicht in Betracht, so kann sich das von ihr auszuübende Ermessen unter Umständen dahingehend verdichten, daß sie zu einer Erteilung der Befreiung verpflichtet ist. (vgl BGH, U 23.09.93 - 3 ZR 54/92 - Bearbeitungszeit, NJW 94,1413 = UPR 94,119 = NVwZ 94,405 = UPR 93,442 = ZfBR 94,93 =)


  7. Die rechtswidrige Ablehnung einer Bauvoranfrage begründet keinen Entschädigungsanspruch gegen die Bauaufsichtsbehörde nach § 68m Abs.1 S.2 RhPfPVG idF vom 01.08.81 (GVBl S.179, 232). Offen bleibt, ob eine analoge Anwendung des 68 Abs.1 S.2 RhPfPVG auf rechtswidrige Maßnahmen der Bauaufsichtsbehörde in den Fällen zulässig ist, in denen die Bauaufsichtsbehörde in den Fällen ihr verliehene polizeiliche Spezialbefugnisse ( 88 Abs.1 RhPfBauO idF vom 20.07.82, GVBl S.264; 58 Abs.2 RhPfBauO idF vom 28.11.86, GVBl S.307) wahrgenommen hat, und ob die Neufassung des Polizeiverwaltungsgesetz vom 09.07.93 (GVBl S.420, ersetzt durch die Bekanntmachung der Neufassung vom 10.11.93, GVBl S.595) eine Änderung der Haftung der Bauaufsichtsbehörde bewirkt hat. Die rechtswidrige Ablehnung einer Bauvoranfrage des Grundstückseigentümers kann zu dessen Lasten einen enteignungsgleichen Eingriff darstellen und einen auf die "Bodenrente" gerichteten Entschädigungsanspruch begründen. Wird der Amtshaftungsanspruch darauf gestützt, daß die Antspflichtverletzung im Erlaß eines rechtswidrigen belastenden Verwaltungsakts oder in der rechtswidrigen Ablehnung oder Unterlassung eines begünstigenden Verwaltungsakts bestehe, so fällt in der Regel die Drittgerichtetheit der verletzten Amtspflicht mit der Klagebefugnis nach § 42 Abs.2 VwGO zusammen. Das Provisionsinteresse eines vom Grundstückseigentümer mit der "Baureifbarmachung" eines Grundstücks beauftragten Architekten fällt nicht in den Schutzbereich der Amtspflichten der Bauaufsichtsbehörde, die bei der Bearbeitung einer von diesem Architekten im eigenen Namen gestellten Bauvoranfrage wahrzunehmen sind. (vgl BGH, U 10.03.94 - 3 ZR 9/93 - Bauvoranfrage, NJW 94,1647 -49)


§§§



2.   Baugenehmigung

  1. Beruht die Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung auf der Verletzung baurechtlicher Vorschriften, die keinen nachbarschützenden Charakter haben, so kann der "betroffene" Nachbar Schadensersatz weder nach § 41 Abs.1b OBG NW (heute § 39 OBG NW) noch nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB, Art.34 GG) verlangen (Abgrenzung BGH, Urt v 12.10.78 - 3 ZR 162/76 - NJW 79,34 ). (vgl BGH, U 27.01.83 - 3 ZR 131/81 - Schadensersatzanspruch, DVBl 83,628 -30 = VersR 83,86)


  2. Zur Mitverantwortung eines Architekten und eines Bauherrn für Schäden, die durch einen voreiligen Baubeginn entstanden sind (hier: Rücknahme der Baugenehmigung, der eine widersprüchliche Auflage beigefügt war). (vgl BGH, U 25.10.84 - 3 ZR 27/83 - Rücknahme Baugenehmigung, UPR 85,412)


  3. Für einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung einer Baubehörde bei Ablehung eine Baugnehmigungsantrages ist kein Raum, wenn nicht ausgeschlossen werden, daß die Behörde bei fehlerfreier Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens zu denselben Ergebnis gelangt wäre (Festhaltung BGH, Urt v 17.02.85 - 3 TR 212/83 - VersR 85,588; Urt v 21.01.82 3 ZR 3/37/81 - VersR 82,275 ). (vgl BGH, U 30.05.85 - 3 ZR 198/84 - Ablehnung Baugenehmigung, VersR 85,887)


  4. Die Verzögerung der Entscheidung über ein (Nachtrags-) Baugesuch kann den Tatbestand einer Amtspflichtverletzung erfüllen, wenn die Baubehörde das Baugesuch wegen des Bestehens der Voraussetzungen für eine Veränderungssperre nicht bearbeitet, eine solche tatsächlich aber noch nicht beschlossen war, die Gemeinde auch nicht die Zurückstellung des Baugesuchs nach § 15 BBauG beantragt hatte und das Bauvorhaben bauplanungsrechtlich zulässig war (vgl Urt v 24.01.72 - 3 ZR:9/70 - WM-IV 72,743 ). (vgl BGH, U 21.09.89 - 3 ZR 41/88 - Nachtragsbaugesuch, BRS 53 nr.45)


  5. Wegen einer rechtswidrigen Baugenehmigung besitzt der Bauherr keinen Schadensersatzanspruch gegen den Staat, wenn sein Architekt bei der Planung des Bauvorhabens schuldhaft gegen Festsetzungen des Bebauungsplanes und gegen Bestimmungen der Bauordnung verstoßen hat. (vgl BGH, B 09.07.92 - 3 ZR 119/91 - Baugenehmigung-rechtswidrige, NVwZ 92,602 -603)


  6. Nach Erteilung einer Baugenehmigung können besondere Umstände dem Bauherrn Anlaß geben, deren Rechtsbeständigkeit in Frage zu stellen, insbesondere wenn gegen die Erteilung schon Nachbarwiderspruch eingegangen sind. Beginnt der Bauherr gleichwohl mit seinem Bauvorhaben, fällt ein dadurch begründeter Schaden nicht mehr in den Schutzbereich der verletzten Amtspflicht (Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung). (vgl OLG Düsse, U 13.06.96 - 18 U 47/95 - Baugenehmigung-rechtswidrige, NJW 97,873 -74 = NVwZ 97,624 (L))


  7. Das wirtschaftliche Risiko, daß das genehmigte und errichtete Bauvorhaben sich später in feuerschutztechnischer Hinsicht als unzureichend erweist, hat der Bauherr selbst zu tragen. (vgl BGH, B 30.07.97 - 3 ZR 166/96 - Feuerschutzmaßnahme, NVwZ RR 97,675 -76)



§§§

3.  Einvernehmensversagung

  1. Im Baugenehmigungsverfahren ist eine Amtspflichtverletzung der Beamten der beteiligten Gemeinde gegenüber dem Baubewerber dann anzunehmen, wenn sie das nach § 36 Abs.1 BBauG erforderliche Einvernehmen der Gemeinde versagen, obwohl das Bauvorhaben nach den §§ 33 bis 35 BBauG zulässig ist. Hat die rechtswidrige Versagung des nach § 36 Abs.1 BBauG erforderlichen gemeindlichen Einvernehmens zunächst zu einer Versagung und dann zu einer Verzögerung der Baugenehmigungserteilung durch die Bauaufsichtsbehörde geführt, so kann darin ein zur Entschädigung verpflichtender enteignungsgleicher Eingriff liegen. (vgl BGH, U 29.09.75 - 3 ZR 40/73 - Vollgeschoß, BGHZ 65,182 = BRS 34 Nr.15 = NJW 76,184 -86)


  2. In der rechtswidrigen Versagung des Einvernehmens nach § 36 BBauG ist ein entschädigungspflichtiger enteignungsgleicher Eingriff zu sehen. Dabei hat grundsätzlich die öffentliche Hand das Risiko der objektiv falschen Rechtsanwendung zu tragen; es kommt also nicht darauf an, ob die Ablehnung der Bauvoranfrage vertretbar war (so auch BGH Urt v 29.09.75 - 3 ZR 40/73 - BGHZ 65,182 ). Während der zeitweisen Verhinderung der baulichen Nutzung gebührt dem Grundstückseigentümer eine Bodenrente. Diese ist zu berechnen ab dem Zeitpunkt, ab dem der bauwillige Eigentümer bei richtiger Sachbehandlung hätte bauen können, bis zu dem Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung. (vgl BGH, U 30.10.86 - 3 ZR 208/85 - Enteignungsgleicher Eingriff, BGH-DAT-Zivil = RzB Nr.1000)


  3. Aus der Tatsache allein, daß das Verwaltungsgericht in erster Instanz die planungsrechtliche Unzulässigkeit eines Bauvorhabens bestätigt hat, folgt nicht, daß ein Verschulden von Gemeinderatsmitgliedern an der Verweigerung des Einvernehmens nach § 36 BBauG (und damit ein Amtshaftungsanspruch des Antragstellers gegen die Gemeinderatsmitglieder) entfiele. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, daß das Verschulden der Amtsträger entfällt, wenn ein Kollegialgericht das amtliche Verhalten als rechtmäßig beurteilt hat (vgl BGH Urt v 14.12.78 - 3 ZR 77/76 - BGHZ 73,161 ); bei dieser Regel handelt es sich jedoch nur um eine allgemeine Richtlinie. Sie greift nicht ein, wenn das Kollegialgericht das Verhalten des Amtsträgers aus Gründen billigt, die diese selbst nicht erwogen hat (vgl BGH, Urt v 11.06.81 - 3 ZR 34/80 - NJW 82,36 ). (vgl BGH, U 29.10.87 - 3 ZR 251/86 - Einvernehmensversagung, BGH-DAT-Zivil = RvB Nr.551)


  4. Die verwaltungsgerichtliche Entscheidung über die Rechtsmäßigkeit bzw Rechtswidrigkeit der Verweigerung des Einvernehmens zur Erteilung einer beantragten Baugenehmigung ist für den Amtshaftungsprozeß bindend. War die beantragte Baugenehmigung aus baurechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig, so ist die Verweigerung des Einvernehmens für die Ablehnung des Bauantrages nicht ursächlich. Auf die Aufstellung eines Bebauungsplans besteht kein Rechtsanspruch §§ 2 Abs.3, 1 Abs.3 BBauG. § 1 Abs.3 BBauG verpflichtet die Gemeinde zwar zur Bauleitplanung. Diese Pflicht obliegt der Gemeinde aber nicht im - individuellen - Interesse einzelner Bürger, sondern nur im Interesse der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung und einer sozial gerechten Bodennutzung; ein Anspruch einzelner Bürger auf eine bestimmte Vorhaben ermöglichende oder begünsitgende Planung würde überdies zu einer dem Gesetz nicht entsprechenden Verkürzung der Abwägung (§ 1 Abs.5 S.6 BBauG) führen. Auch der Umstand, daß der betroffene Grundbesitz des Klägers im Flächennutzungsplan bereits als reines Wohngebiet ausgewiesen war, verschafft keinen Anspruch auf Erlaß eines entsprechenden Bebauungsplanes. Dieser allgemeine Grundsatz schließt allerdings nicht aus, daß den zuständigen Amtsträgern der Gemeinde bei der Entscheidung über die Aufstellung von Bebauungsplänen und über den Inhalt auch Amtspflichten gegenüber einzelnen Bürgern obliegen. Dazu gehört auch die Pflicht, die Planungshoheit nicht zur Verwirklichung zweckfremder Gesichtspunkte zu mißbrauchen (so auch BGH, Urt v 16.06.68 - 3 ZR 32/68 - DVBl 69,209 ). Unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs kann der Bauantragsteller aus der Weigerung der Gemeinde, einen Bebauungsplan zu erlassen, keinen Entschädigungsanspruch herleiten, denn das bloße Unterlassen der Aufstellung eines Bauleitplans kann grundsätzlich einen Eingriff in das Grundeigentum nicht darstellen (so auch BGH, Urt v 16.06.68 - 3 ZR 32/68 - DVBl 69,209 ). (vgl BGH, U 26.04.90 - 3 ZR 9/90 - Mindermeinung, BGHR BGB § 839 I 1 Dritter 25)


  5. Dem Nutzungsberechtigten eines Grundstücks steht gegen die Gemeinde kein Amtshaftungsanspruch deswegen zu, weil sie in rechtswidriger Weise ihr Einvernehmen mit einem geplanten Bauvorhaben versagt hat, wenn die Baugenehmigung auch dann nicht erteilt worden wäre, wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt hätte. Dies ist dann der Fall, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine eingehende eigene Sachprüfung vorgenommen hat, aufgrund derer sie zu dem Ergebnis gelangt ist, daß das Bauvorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, und wenn sie in ihrem Ablehnungsbescheid deutlich macht, daß es nicht darauf ankomme, ob die Gemeinde das Einvernehmen mit zutreffenden Erwägungen verweigert habe oder nicht, da das Einvernehmen ein Behördeninternum sei, dem sich mangels Außenwirkung keinerlei Rechtsfolgen für Dritte ergäben. Die Bauaufsichtsbehörde hat dann die Verantwortung für eine - etwaige - Rechtswidrigkeit der Ablehnung im Außenverhältnis allein übernommen; aus diesem Grunde kann die Versagung der Baugenehmigung der Gemeinde haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden. (vgl BGH, U 26.09.91 - 3 ZR 39/90 - Einvernehmensversagung, BRS 53 Nr.42 = UPR 92,105)


  6. Eine Gemeinde handelt amtspflichtwidrig, wenn sie ein entscheidungsreifes Baugesuch oder eine entscheidungsreife Bauvoranfrage bewußt nicht bearbeitet, weil sich nach Eintritt der Entscheidungsreife ihre Planungsabsichten geändert haben und sie das gesetzlich vorgesehene planerische Instrumentarium zur Sicherung der Planungsänderung in Funktion setzen will. Zulässig ist dagegen, daß die Gemeinde einen Bauantag, der nach der bestehenden Rechtslage positiv beschieden werden muß, zum Anlaß nimmt, ändernde Planungsmaßnahmen einzuleiten und bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die ordnungsgemäße, ermessensfehlerfreie und zügige Bearbeitung des Gesuchs abgeschlossen sein muß, die geänderte Planung nach Maßgabe der §§ 14, 15 BBauGB (= BauGB) sichert. (vgl BGH, U 23.01.92 - 3 ZR 191/90 - Einvernehmensversagung, NJW 93,1791 = UPR 92,233 = BayVBl 92,444 = BRS 53 Nr.66)


  7. Wird die - rechtswidrige - Ablehnung einer Bauvoranfrage sowohl auf eigene Erwägungen der Bauaufsichtsbehörde als auch darauf gestützt, daß die Gemeinde das erforderliche Einvernehmen nach § 36 BBauG versagt habe, so können für den durch die Ablehnung verursachten Schaden die Bauaufsichtsbehörde und die Gemeinde nebeneinander verantwortlich sein. (vgl BGH, U 21.05.92 - 3 ZR 14/91 - Bauvoranfrage, BGHZ 118,263 = DVBl 92,1430 -1432)


  8. Zur Amtspflichtverletzung bei Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 BauGB durch den Planungsausschuß für zulässige Bauvorhaben. Bei rechtswidriger Verweigerung des Einvernehmens steht dem Betroffenen ein Anspruch auf Ersatz der Schäden zu, die durch die rechtswidrige Verweigerung für die Dauer der Verzögerung entstanden sind. Diese beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem bei pflichtgemäßer Entscheidung und bei weiterer pflichtgemäßer Bearbeitung des Bauantrags dei Baugenehmigung erteilt worden wäre, und endet im Zeitpunkt der tatsächlichen Erteilung der Baugenehmigung. (vgl OLG Hamm, U 10.03.95 - 11 U 56/94 - Planungsausschuß, NVwZ 95,1142 = NJW 96,855 (L))


§§§

4.   Teilungsgenehmigung

  1. Zur Haftung einer Gemeinde gegenüber einem Bauwilligen, der im Vertrauen auf die Gültigkeit einer rechtswidrigen Teilungsgenehmigung nutzlose Aufwendungen macht. (vgl BGH, U 11.10.84 - 3 ZR 27/83 - Aufwendungsersatz, NJW 85,1338 = DVBl 85,109 = UPR 85,125)


§§§

5.   Bebauungsplan-Aufstellung

  1. Auf die Aufstellung eines Bebauungsplans besteht kein Rechtsanspruch §§ 2 Abs.3, 1 Abs.3 BBauG. § 1 Abs.3 BBauG verpflichtet die Gemeinde zwar zur Bauleitplanung. Diese Pflicht obliegt der Gemeinde aber nicht im - individuellen - Interesse einzelner Bürger, sondern nur im Interesse der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung und einer sozial gerechten Bodennutzung; ein Anspruch einzelner Bürger auf eine bestimmte Vorhaben ermöglichende oder begünsitgende Planung würde überdies zu einer dem Gesetz nicht entsprechenden Verkürzung der Abwägung (§ 1 Abs.5 S.6 BBauG) führen. Auch der Umstand, daß der betroffene Grundbesitz des Klägers im Flächennutzungsplan bereits als reines Wohngebiet ausgewiesen war, verschafft keinen Anspruch auf Erlaß eines entsprechenden Bebauungsplanes. Dieser allgemeine Grundsatz schließt allerdings nicht aus, daß den zuständigen Amtsträgern der Gemeinde bei der Entscheidung über die Aufstellung von Bebauungsplänen und über den Inhalt auch Amtspflichten gegenüber einzelnen Bürgern obliegen. Dazu gehört auch die Pflicht, die Planungshoheit nicht zur Verwirklichung zweckfremder Gesichtspunkte zu mißbrauchen (so auch BGH, Urt v 16.06.68 - 3 ZR 32/68 - DVBl 69,209 ). Unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs kann der Bauantragsteller aus der Weigerung der Gemeinde, einen Bebauungsplan zu erlassen, keinen Entschädigungsanspruch herleiten, denn das bloße Unterlassen der Aufstellung eines Bauleitplans kann grundsätzlich einen Eingriff in das Grundeigentum nicht darstellen (so auch BGH, Urt v 16.06.68 - 3 ZR 32/68 - DVBl 69,209 ). (vgl BGH, U 26.04.90 - 3 ZR 9/90 - Mindermeinung, BGHR BGB § 839 I 1 Dritter 25)

§§§

6.   Abrundungssatzung

  1. Zur Frage der Drittgerichtetheit der Amtspflicht einer Gemeinde, bei Erlaß einer Abrundungssatzung die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen, wenn das in den Innenbereich einbezogener Grundstück wegen vom Nachbargrundstück ausgehender Gefahren (Steinschlag, umgestürzende Bäume) zur Wohnbebauung ungeeignet und dies den Umständen nach ohne weiteres erkennbar ist. (vgl BGH, U 05.12.91 - 3 ZR 167/90 - Abrundungssatzung, BGHZ 116,215 = NJW 92,431 = NVwZ 92,298 = MDR 92,261 = DVBl 92,558 -560)


§§§

7.  Falsche Auskunft

  1. Zur Haftung einer Gemeinde für eine unrichtige mündliche Auskunft über die (künftige) bauliche Nutzung von Grundstücken nach dem derzeitigen Stand der Bauleitplanung. Zur Mitverantwortung eines Architekten für Schäden (nutzlose Planungsaufwendungen), die ihm infolge einer amtspflichtwidrig erteilten Falschauskunft einer Gemeinde über die zulässige Geschoßzahl eines Wohngebäudes entstehen. (vgl BGH, U 17.04.80 - 3 ZR 167/78 - Auskunft-Nutzungsmaß, DVBl 81,88 -90 = NJW 80,2576 -78)


  2. Zu den Pflichten eines Gemeindebeamten bei der Erteilung einer Auskunft über die Bebauubarkeit eines im Außenbereich gelegenen Grundstücks.Der Beamte muß die Auskunft, die er erteilt, richtig, klar, unmißverständlich und vollständig geben, so daß der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann. Eine Verpflichtung der Beamten, den Antragsteller, der die Rechtslage verkennt, über seinen Irrtum aufzuklären, kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände anerkannt werden. Wenn der Beamte es mit einer besonders schutzwürdigen Person zu tun hat, muß er bei der Erteilung der Auskunft besondere Vorsicht und Sorgfalt beobachten. Durch Erteilung einer unvollständigen und mißverständlichen Auskunft macht sich der Beamte einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung schuldig. (vgl BGH, U 10.07.80 - 3 ZR 23/79 - Beamtenauskunft, DVBl 81,96 -97 = NJW 80,2573 = JuS 81,222 = BauR 81,61 = VersR 80,943 =)


  • Zum Vertrauensschutz bei einer unrichtigen gemeindlichen Auskunft über die Baulandqualität eines Außßenbereichtsgrundstücks. (vgl BGH, U, 11.04.02, - 3_ZR_97/01 - Außenbereichsgrundstück - DVBl_02,1114 -15 = SörS-Nr.02.000)

  • §§§

    8.  Altlasten

    1. Zur näheren Bestimmung des Kreises der geschützten "Dritten" bei der Haftung einer Gemeinde für die Überplanung von "Altlasten" (Ergänzung zu dem Senatsurteilen vom 26.01.89 - 3 ZR 194/87 -, BGHZ 106,323 (= DVBl 89,504). (vgl BGH, U 06.07.89 - 3 ZR 251/87 - Altlastenüberplanung, DVBl 90,354)


    2. Zu Drittgerichtetheit und Schutzzweck der Amtspflichten einer Gemeinde bei der Überplanung von "Altlasten" und bei der Erteilung der Baugenehmigung für ein "altlastenverdächtiges" Grundstück (Ergänzung zu den Senatsurteilen BGHZ 106,323 (= DVBl 89,504) und vom 06.07.89 - 3 ZR 251/87 - abgedruckt DVBl 90,354 ). (vgl BGH, U 21.12.89 - 3 ZR 118/88 - Altlastenüberplanung, DVBl 90,358 -362 = UPR 90,148 -152)


    3. Zum Schutzbereich der Amtshaftung einer Gemeinde wegen der Überplanung von "Altlasten" (Hier: Schadensausgleich zwischen plangebender Gemeinde und einem Bauträger, der bei der Veräußerung eines überplanten Grundstücks dessen Belegenheit in dem ehemaligen Deponiegelände arglistig verschwiegen hat. - Ergänzung zu den Senatsurteilen BGHZ 108,224 ). (vgl BGH, U 19.03.92 - 3 ZR 16/90 - Altlastenüberplanung, DVBl 92,1093 -1095)


    4. Der Arbeitgeber ist im Hinblick auf seine Verpflichtung gegenüber seinen Arbeitnehmern, die Arbeitsräume von Gesundheitsgefahren freizuhalten, in den Kreis der geschützten "Dritten" im Rahmen der Amtshaftung für Altlasten einzubeziehen. Der Umstand, daß ein verkauftes Altlastengelände ursprünglich im Eigentum der Gemeinde selbst gestanden hat, erweitert die von der Bauaufsichtsheörde im Baugenehmigungsverfahren zu beobachtenden Amtspflichten nicht. Etwas anderes kann allenfalls bei einem Verhalten der Aufsichtsbehörde in Betracht kommen, das den Tatbestand der Arglist erfüllt. (vgl BGH, B 09.07.92 - 3 ZR 87/91 - Altlasten, NJW 93,384 = NVwZ 93,299 (L))


    5. Das bloße Vermögensinteresse, welches darin besteht, daß ein von Altlasten freies Grundstück einen höheren Marktwert hat als ein belastetes, wird durch die Pflicht, bei der Bauleitplanung die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen, nicht geschützt (Fortführung der "Altlasten"-Rechtsprechung des Senats BGHZ 106,323 = NJW 89,976 = LM § 839 (Ca) BGB Nr.71; BGHZ 109,380 = NJW 90,1038 = LM § 839 (Cb) BGB Nr.75; BGHZ 113,367 = NJW 91,2701 = LM H.1/1992 § 839 (Cb) BGB Nr.77). Kommt eine anderweitige Ersatzmöglichkeit iSd § 839 Abs.1 S.2 BGB in Betracht, beginnt die Verjährung erst mit Kenntnis des Betroffenen, daß er auf andere Weise keinen Ersatz verlangen kann, oder in dem Zeitpunkt, in dem er im Prozeßwege oder auf andere Weise sich hinreichende Klarheit verschaffen konnte, ob und in welcher Höhe ihm ein anderer Ersatzanspruch zusteht. (vgl BGH, U 17.12.92 - 3 ZR 114/91 - Kauf Altlastengrundstück, NJW 93,933 -935 = DÖV 93,349 -350 = JuS 93,780)


    6. Mit der planerischen Festsetzung eines Geländes zur Wohnbebauung erzeugt die Gemeinde kein allgemeines Vertrauen dahin, daß die betroffenen Grundstücke auch für jede gewünschte gärtnerische Nutzung geeignet sind (Fortführung der "Altlasten"-Rspr des Senats - Senatsurteile BGHZ 106,32; BGBZ 109,380; BGHZ 113,367; Senatsurteil vom 17.12.92 - 3 ZR 114/91 -, DÖV 93,349). (vgl BGH, U 25.02.93 - 3 ZR 47/92 - Altlast, DÖV 93,574 -75)


    7. Zur Frage, wann ein arglistiges Verschweigen der möglichen Schadstoffbelastung eines für eine Wohnhausbebauung veräußerten Grundstücks anzunehmen ist. Zum Sorgfaltsmaßstab, der einzuhalten ist, wenn ein ehemaliges Industriegelände durch Bebauungsplan als Wohngebiet ausgewiesen wird (hier: das Gelände einer Chemiefabrik und eines Gaswerks). Zur Frage, ob und inwieweit Aufwendungen, die für die Sanierung eines durch Altlasten kontaminierten Grundstücks getätigt werden, in den Schutzbereich der Amtshaftung der Gemeinde wegen der planerischen Ausweisung des betreffenden Altlastengeländes als Wohngebiet fallen. (vgl BGH, U 14.10.93 - 3 ZR 156/92 - Altlastengelände, NJW 9,253 = NVwZ 94,309 (L) = DVBl 94,283 -284)


    8. Der Umstand, daß ein verkauftes Altlastengelände ursprünglich im Eigentum der Gemeinde selbst gestanden hat, erweitert die von der Bauaufsichtsheörde im Baugenehmigungsverfahren zu beobachtenden Amtspflichten nicht. Etwas anderes kann allenfalls bei einem Verhalten der Aufsichtsbehörde in Betracht kommen, das den Tatbestand der Arglist erfüllt. (vgl BGH, B 09.07.92, - 3_ZR_87/91 - Altlasten, NJW_93,384 = NVwZ_93,299 (L)

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