D-Bundestag 15.Wahlperiode |
(13) | Drucksache 15/1971 11.11.03 |
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BT-Drucks.15/1971 S.196-204
In diesem Abschnitt sollen die Regelungen zusammengefasst werden, die ausschließlich für die außergerichtlichen Tätigkeiten des Rechtsanwalts gelten.
§§§
Die vorgeschlagene Vorschrift betrifft die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Mediator.
Bisher wird in der BRAGO die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Mediator nicht erwähnt. Wegen der zunehmenden Bedeutung der Tätigkeit und wegen ihrer streitverhütenden und damit justizentlastenden Wirkung soll sie jedoch nunmehr auch als Berufstätigkeit des Rechtsanwalts ausdrücklich genannt werden. Allerdings sieht der Entwurf des RVG hierfür keine bestimmten Gebühren vor. Stattdessen soll bestimmt werden, dass der Rechtsanwalt in diesen Fällen auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken soll. Es liegt im Wesen der Mediation, dass für den Auftraggeber transparent sein muss, was er dem Anwalt für dessen Tätigkeit schuldet. Dies kann nur über eine Gebührenvereinbarung erreicht werden.
Satz 2 soll klarstellen, dass in dem Fall, in dem keine Gebührenvereinbarung getroffen worden ist, sich die Gebühr für die Mediation nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts bestimmt. Insoweit wäre § 612 BGB anwendbar. Bereits die BRAGO sieht für die Erstattung eines Rechtsgutachtens eine angemessene Gebühr vor (§ 21 BRAGO).
§§§
Gemäß § 3 Nr.1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) sind die Rechtsanwälte zur unbeschränkten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Entsprechend sind viele Rechtsanwälte steuerberatend tätig. Dies gilt nicht nur für die inzwischen über 2 500 Fachanwälte für Steuerrecht, sondern darüber hinaus für eine weit größere Anzahl von Rechtsanwälten, die diese Fachanwaltsbezeichnung nicht führen. Die steuerberatende Tätigkeit gehört immer mehr zum tatsächlich auch in Anspruch genommenen Dienstleistungsangebot der Rechtsanwälte.
Demgegenüber findet sich in der BRAGO keine Vergütungsregelung für die steuerberatende Berufstätigkeit des Rechtsanwalts. Ihre Vorschriften eignen sich weder für die Gebührenberechnung der Hilfeleistung bei der Erfüllung allgemeiner Steuerpflichten, wie z. B. der Erstellung von Steuererklärungen, der Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben sowie der Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten, noch für die Gebührenberechnung von Hilfeleistungen bei der Erfüllung steuerlicher Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten einschließlich der Lohnbuchführung, der Arbeiten, die zum steuerlichen Revisionswesen gehören, der Erstellung von Vermögens- und Finanzstatus oder der Erteilung von Bescheinigungen für die Beachtung steuerrechtlicher Vorschriften in Vermögensübersichten und Erfolgsrechnungen.
Die bisherigen Versuche, über eine Funktionalisierung der Gegenstandswerte zu einer angemessenen Vergütung der Rechtsanwälte bei Hilfeleistungen in Steuersachen auf der Basis der geltenden Vorschriften der BRAGO zu gelangen (vgl. Schall, Die Gebühren der Rechtsanwälte in der nichtstreitigen Steuerberatung, BB 1988, 1363 ff; Madert/Tacke, Anwaltsgebühren in Verwaltungs-, Steuer- und Sozialsachen, Deutscher Anwaltverlag 1991, II Rnr.16 ff.), reichen nicht aus, um zu zufriedenstellenden Lösungen zu kommen. Die §§ 23 bis 39 der Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV) regeln indessen die für die Hilfeleistung in Steuersachen in Betracht kommenden Tatbestände umfassend. Auf die entsprechenden Tätigkeiten der Rechtsanwälte sinngemäß angewandt, ermöglichen sie auch für diese eine angemessene Vergütung.
Der Vorschlag, der die sinngemäße Anwendung der §§ 23 bis 39 StBGebV in Verbindung mit den §§ 10 und 13 StBGebV für die Hilfeleistung bei der Erfüllung allgemeiner Steuerpflichten und steuerlicher Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten vorsieht, berücksichtigt den Primat der Anwendung der Vorschriften des RVG-E für die Berufstätigkeit der Rechtsanwälte (vgl § 1 Abs.1 RVG-E). Die Vorschriften der Steuerberatergebührenverordnung sollen nur anwendbar sein, soweit sich keine entsprechenden Bestimmungen im RVG-E finden. Deshalb sollen aus dem 4.Abschnitt der Steuerberatergebührenverordnung § 21 (Rat, Auskunft) und § 22 (Gutachten) keine Anwendung finden. Das Gleiche gilt für die allgemeinen Vorschriften und die Vorschriften über die Gebührenberechnung mit Ausnahme des § 10 StBGebV (Wertgebühren mit den Gebührentabellen als Anlage zur StBGebV) und § 13 StBGebV (Zeitgebühr). Für alle Vorschriften der Steuerberatergebührenverordnung, deren sinngemäße Anwendung für die entsprechende Berufstätigkeit der Rechtsanwälte nicht vorgesehen ist, finden sich im RVG-E ausreichende und umfassende Parallelbestimmungen.
Soweit in den §§ 23 bis 39 StBGebV die Zeitgebühr Anwendung findet, soll auch diese für entsprechende Tätigkeiten der Rechtsanwälte Anwendung finden. Dies betrifft die Tätigkeiten nach
§ 24 Abs.4 StBGebV (insbesondere Anfertigung einer Erklärung zur Hauptfeststellung, Fortschreibung oder Nachfeststellung der Einheitswerte für Grundbesitz, Arbeiten zur Feststellung des verrechenbaren Verlusts gemäß § 15a EStG),
§ 25 Abs.2 StBGebV (Vorarbeiten zur Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, die über das übliche Maß erheblich hinausgehen),
§ 28 StBGebV (Prüfung eines Steuerbescheids),
§ 29 Nr.1 StBGebV (Teilnahme an Prüfungen),
§ 32 StBGebV (Hilfeleistung bei der Einrichtung einer Buchführung),
§ 33 Abs.7 StBGebV (Hilfeleistungen bei sonstigen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Buchführung),
§ 34 Abs.5 StBGebV (Hilfeleistung bei sonstigen Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Lohnsteuerabzug und der Lohnbuchführung),
§ 35 Abs.3 StBGebV (Anfertigung oder Berichtigung von Inventurunterlagen und sonstige Abschlussvorarbeiten bis zur abgestimmten Saldenbilanz),
§ 36 Abs.1 und 2 StBGebV (Prüfung einer Buchführung, einzelner Konten oder einer Überschussrechnung für steuerliche Zwecke und Berichterstattung hierüber sowie Prüfung einer Bilanz, einer Gewinn- und Verlustrechnung, eines Anhangs, eines Lageberichts oder einer sonstigen Vermögensrechnung für steuerliche Zwecke) sowie
§ 38 Abs.2 StBGebV (Mitwirkung an der Erteilung von Steuerbescheinigungen).
§§§
In den in Absatz 1 der vorgeschlagenen Vorschrift genannten schiedsrichterlichen Verfahren und in Verfahren vor dem Schiedsgericht soll der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren erhalten wie in einem gerichtlichen Verfahren. Dies entspricht der geltenden Regelung nach § 67 BRAGO.
Absatz 2 soll nur für das schiedsrichterliche Verfahren gelten und entspricht dem § 67 Abs.2 BRAGO. Für das Verfahren vor dem Schiedsgericht nach § 104 ArbGG ist immer eine mündliche Anhörung erforderlich (§ 105 Abs.1 und 2 ArbGG).
§§§
In diesem Abschnitt sollen die Gebühren für Verfahren vor Verfassungsgerichten und für Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften geregelt werden. Ferner enthält der Abschnitt besondere Vorschriften für sonstige gerichtliche Verfahren.
§§§
Absatz 1 übernimmt die für bestimmte Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht und den Verfassungsgerichten eines Landes geltende Regelung des § 113 Abs. 1 BRAGO, jedoch sollen sich wegen der besonderen Bedeutung dieser Verfahren die Gebühren nach den für die Revision in Strafsachen vorgesehenen Vorschriften (Nummern 4130 bis 4135 VV RVG-E) richten. Nach § 113 Abs. 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt derzeit die gleichen Gebühren wie in Strafsachen erster Instanz vor dem Oberlandesgericht.
Absatz 2 übernimmt die Regelungen des § 113 Abs. 2 BRAGO. In den sonstigen Verfahren vor den Verfassungsgerichten sollen die für Rechtsmittelverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vorgesehenen Gebühren entstehen.
§§§
Entsprechend der Regelung in § 113a Abs.1 BRAGO sollen auch im Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Absatz 1 der vorgeschlagenen Vorschrift die für Rechtsmittelverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vorgesehenen Gebühren entstehen. Die in § 113a Abs. 1 Satz 3 BRAGO enthaltene Anrechnung der Prozessgebühr des Verfahrens, in dem vorgelegt worden ist, auf die vor dem Gerichtshof ent- Drucksache 15/1971 – 198 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode stehende Prozessgebühr ist als Anrechnung der Verfahrensgebühr in Absatz 3 vorgesehen.
Nach Absatz 2 sollen sich die Gebühren nach den für die Revision in Strafsachen vorgesehenen Gebühren der Nummern 4130 und 4132 VV RVG-E richten. Die Einschränkung des § 113a Abs.2 Satz 2 BRAGO, dass der Rechtsanwalt in dem Verfahren vor dem Gericht, das vorgelegt hat, als Verteidiger, Prozessbevollmächtigter, Beistand oder Vertreter eine Gebühr in dem Vorabentscheidungsverfahren nur erhält, wenn er vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mündlich verhandelt, soll dadurch ersetzt werden, dass die von ihm im Ausgangsverfahren verdiente Verfahrensgebühr nach dem vorgeschlagenen Absatz 3 auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird.
§§§
Die vorgeschlagene Vorschrift entspricht § 36a Abs.1 BRAGO. Danach kann der Rechtsanwalt, der nach § 625 ZPO dem Antragsgegner in einer Scheidungssache beigeordnet ist, von diesem die Vergütung eines zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts verlangen; er kann jedoch keinen Vorschuss fordern. Künftig soll der Rechtsanwalt einen Anspruch auf Vorschuss erhalten. Die Regelung des § 36a Abs.2 BRAGO soll in § 45 Abs.2 RVG-E eingestellt werden. Nach dieser Vorschrift kann der Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Landeskasse verlangen, wenn der zur Zahlung Verpflichtete mit der Zahlung der Vergütung im Verzug ist.
§§§
Die vorgeschlagene Vorschrift entspricht § 115 BRAGO. Danach kann der Rechtsanwalt von den Personen, für die er nach § 67a Abs.1 Satz 2 VwGO bestellt ist, die Vergütung eines von mehreren Auftraggebern zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts, jedoch keinen Vorschuss verlangen. Künftig soll der Rechtsanwalt einen Anspruch auf Vorschuss erhalten. Die Regelung des § 36a Abs.2 BRAGO, auf den in § 115 BRAGO verwiesen wird, soll in § 45 Abs.2 RVG-E eingestellt werden. Nach dieser Vorschrift kann der Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Landeskasse verlangen, wenn der zur Zahlung Verpflichtete mit der Zahlung der Vergütung im Verzug ist.
§§§
Mit dieser Vorschrift soll für den nach den §§ 57 oder 58 ZPO bestellten Prozesspfleger ein gesetzlicher Vergütungsanspruch vergleichbar den Regelungen in den §§ 39 und 40 RVG-E gegen den von ihm vertretenen Beklagten begründet werden.
§§§
In diesem Abschnitt sollen die Vorschriften zu den Gebühren für Straf- und Bußgeldsachen geregelt werden.
§§§
Eine der vorgeschlagenen Regelung vergleichbare Bestimmung gibt es in der BRAGO nicht. Der Vorschlag sieht vor, dass in Verfahren, die insgesamt oder teilweise besonders umfangreich oder schwierig waren, für den Wahlanwalt auf Antrag eine Pauschgebühr für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte festgestellt werden kann. § 99 BRAGO sieht nur die Bewilligung einer Pauschgebühr für den gerichtlich bestellten Rechtsanwalt (in der Regel der Pflichtverteidiger) vor. Eine vergleichbare Regelung ist aber auch für die Tätigkeit des Wahlverteidigers sachgerecht. Sie erlaubt, in den genannten besonderen Verfahren den erhöhten Arbeitsaufwand des Verteidigers angemessen zu berücksichtigen. Sie führt außerdem dazu, dass die Erstattung vereinbarter Honorare, die höher als die gesetzlichen Gebühren sind, in Zukunft teilweise möglich sein wird. Das ist nach der Rechtsprechung zu § 464a Abs.2 Nr.2 StPO zurzeit nicht der Fall.
In Absatz 1 soll bestimmt werden, wann die Pauschgebühr festgestellt werden kann. Es wird dazu die gleiche Terminologie wie in § 51 RVG-E verwandt. Voraussetzung ist danach – wie beim gerichtlich bestellten Rechtsanwalt –, dass die sonst vorgesehenen Gebühren wegen des besonderen Umfangs und der Schwierigkeit dem Anwalt nicht zuzumuten sind.
Die Pauschgebühr soll entweder für das ganze Verfahren
oder, wenn nur einzelne Verfahrensabschnitte besonders
umfangreich oder schwierig gewesen sind, für diese einzelnen
Verfahrensabschnitte festgestellt werden.
Absatz 1 Satz 2 soll klarstellen, dass die Pauschgebühr nur die Tätigkeitsbereiche
erfassen soll, in denen der Rechtsanwalt Betragsrahmengebühren
erhalten soll. Demnach soll die Pauschgebühr insbesondere nicht an die Stelle der Gebühren
nach den Nummern 4142 bis 4145 VV RVG-E treten.
Wird nur für einen Verfahrensabschnitt eine Pauschgebühr festgestellt, sind nach dem vorgeschlagenen Absatz 1 Satz 3 die Gebühren des Vergütungsverzeichnisses, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Aus dieser Formulierung ergibt sich auch, was unter „Verfahrensabschnitte“ zu verstehen sein soll: jeder Teil des Verfahrens, für den besondere Gebühren bestimmt sind. Diese Regelung soll verhindern, dass der in Rechtsprechung und Literatur im Rahmen des § 99 BRAGO bislang bestehende Streit, inwieweit eine Pauschgebühr für einzelne Verfahrensteile festgesetzt werden kann, zur Auslegung des § 42 RVG-E wieder entsteht.
In Absatz 1 Satz 4 soll die Höhe der festzustellenden Pauschgebühr geregelt werden. Sie darf das Doppelte der Höchstbeträge nach Teil 4 VV RVG-E nicht übersteigen. Darüber hinausgehende Vergütungen muss der Verteidiger mit seinem Mandanten vereinbaren.
Anders als in § 51 RVG-E für den Pflichtverteidiger vorgesehen, soll die Pauschgebühr nicht bewilligt, sondern nur der Höhe nach festgestellt werden. Die Entscheidung soll kein Vollstreckungstitel sein. Die Festsetzung der Vergütung unter Einschluss der Auslagen soll nach den allgemeinen Vorschriften in den darin vorgesehenen Verfahren erfolgen. Hierfür kommen sowohl ein Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG-E, ein Kostenfestsetzungsverfahren oder ein Vergütungsprozess in Betracht. Der Vorschlag sieht deshalb vor, dass sich das Verfahren vor dem Oberlandesgericht allein auf die Feststellung der Höhe beschränkt. Einwendungen, die zB den Grund der Vergütungsforderung betreffen, sollen in diesem Verfahren nicht geprüft werden. Damit soll verhindert werden, dass solche Rechtsfragen für die Pauschgebühr anders beurteilt werden als in einem Vergütungsprozess wegen der noch offenen Gebühren und der Auslagen.
Nach Absatz 1 Satz 1 soll die Pauschgebühr auf Antrag festgestellt werden. Diesen soll der Verteidiger nach Absatz 2 Satz 1 erst nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Kosten des Verfahrens stellen können, weil erst zu diesem Zeitpunkt feststeht, wer an dem Feststellungsverfahren beteiligt werden muss. Diejenigen, die von der Feststellung der Pauschgebühr betroffen sein können, sind zu dem Antrag zu hören. Diese weitgehende Anhörungspflicht ist erforderlich, wenn die Entscheidung, wie in Absatz 4 vorgesehen, Bindungswirkung für Gebührenstreitigkeiten entfalten soll.
Über den Antrag soll nach Absatz 1 Satz 1 das Oberlandesgericht entscheiden, zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszuges gehört. Für den Rechtszug, in dem der Bundesgerichtshof für das Verfahren zuständig ist, soll er auch für die Entscheidung über den Antrag zuständig sein. Die Entscheidungszuständigkeit soll damit ebenso geregelt werden wie bei der Pauschgebühr des gerichtlich bestellten Rechtsanwalts nach § 51 Abs.2 RVG-E. Dort ist ebenfalls – wie bisher in § 99 Abs.2 BRAGO – die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts vorgesehen. Damit kann es in einem Verfahren nicht zu divergierenden Entscheidungen hinsichtlich der Frage des „besonderen Umfangs“ oder der „besonderen Schwierigkeit“ beim Wahlverteidiger und beim gerichtlich bestellten Rechtsanwalt kommen. Dass der Beschluss des Oberlandesgerichts nach Absatz 1 Satz 1 unanfechtbar sein soll, entspricht der geltenden Regelung für die Pauschgebühr des Pflichtverteidigers in § 99 BRAGO und dient der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung.
Absatz 3 sieht für die Entscheidung den Einzelrichter vor. Nur wenn es zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist, soll der Einzelrichter die Sache auf den Senat übertragen.
Absatz 4 sieht vor, dass die Feststellung der Pauschgebühr für das Kostenfestsetzungsverfahren, das Vergütungsfestsetzungsverfahren und auch für einen Rechtsstreit des Anwalts auf Zahlung bindend sein soll. Damit soll vermieden werden, dass ggf. in einem dieser Verfahren nachträglich divergierende Entscheidungen ergehen. Die mit diesen Entscheidungen befassten Stellen müssen zudem nicht mehr die Frage des „besonderen Umfangs“ oder der „besonderen Schwierigkeit“ entscheiden, sondern können ihrer Entscheidung die Feststellung des Oberlandesgerichts zugrunde legen. Auch das dient der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung.
Absatz 5 sieht eine entsprechende Anwendung der Regelung im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde vor.
§§§
Satz 1 übernimmt die Regelung des § 96a BRAGO für das
Strafverfahren und in Verbindung mit § 105 Abs.1 BRAGO
für das Bußgeldverfahren.
Satz 2 ist zusätzlich in die Vorschrift
aufgenommen worden, weil die Frage, bis zu welchem
Zeitpunkt die Abtretung erfolgen kann, in der Rechtsprechung
umstritten ist (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert,
aaO, Rnr.2 zu § 96a BRAGO). Während ein Teil der Gerichte
die Abtretung auch noch nach Erklärung der Aufrechnung
für wirksam hält – nach deren Auffassung lebt die bereits
erloschene Forderung wieder auf –, wird dies von
einem anderen Teil der Gerichte abgelehnt, weil eine bereits
erloschene Forderung nicht mehr abgetreten werden könne.
Mit der vorgeschlagenen Regelung soll es bei der Systematik
des bürgerlichen Rechts verbleiben, das heißt, die Forderung
muss im Zeitpunkt der Abtretung noch bestehen. Um
Zweifel an der Wirksamkeit einer Aufrechnungserklärung
auszuschließen, soll darauf abgestellt werden, ob die Abtretungsurkunde
oder eine Abtretungsanzeige des Beschuldigten
oder Betroffenen bei dem Gericht oder bei der Verwaltungsbehörde
eingegangen ist. Eine Regelung, die auch eine
Abtretung nach Erklärung der Aufrechnung noch zulassen
würde, soll nicht vorgeschlagen werden, weil dies für eine
unbestimmte Zeit zu einer Unsicherheit auf Seiten der
Staatskasse führen würde.
Die Regelung geht aber zugunsten der Rechtsanwälte dennoch weiter als die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Abtretung. Wenn die Forderung der Staatskasse nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens fällig ist und die Abtretung erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt, bliebe nach § 406 BGB die Aufrechnung gegen den Erstattungsanspruch auch noch gegenüber dem Rechtsanwalt möglich. Diese Möglichkeit der Aufrechnung würde durch die vorgeschlagene Regelung ausgeschlossen. Dies bedeutet, dass nach Anzeige der Abtretung oder nach Vorlage der Abtretungsurkunde eine Aufrechnung zu Lasten des Anwalts nicht mehr möglich wäre.
Die vorgeschlagene Regelung ist zur Sicherung des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts auch ausreichend. Der Rechtsanwalt wird sich in der Regel den Erstattungsanspruch bereits bei Auftragserteilung, möglicherweise im Zusammenhang mit der Vollmacht, abtreten lassen. Mit der Vorlage der Abtretungsurkunde bei Gericht oder bei der Verwaltungsbehörde hat er seine Ansprüche gesichert.
§§§
In diesem Abschnitt sollen alle Vorschriften zusammengefasst werden, die Regelungen über die aus der Staatskasse an beigeordnete oder gerichtlich bestellte Rechtsanwälte zu zahlende Vergütung betreffen, ferner die Regelungen über die Vergütung im Falle der Beratungshilfe.
§§§
Die vorgeschlagene Regelung entspricht dem geltenden § 131 BRAGO. Satz 2 stellt in Anlehnung an § 8 Abs.1 BerHG klar, dass nur der Rechtsuchende die Beratungshilfegebühr (Nummer 2600 VV RVG-E) schuldet. Diese Klarstellung ist erforderlich, weil die derzeit in § 8 Abs.1 BerHG bestimmte und von dem Rechtsuchenden geschuldete Gebühr künftig im Vergütungsverzeichnis des RVG-E geregelt werden soll. § 8 Abs.1 BerHG soll durch den vorgeschlagenen Artikel 4 Abs.19 Nr.1 aufgehoben werden.
§§§
Absatz 1 entspricht dem geltenden § 121 BRAGO, jedoch wird der nach § 11a ArbGG beigeordnete Rechtsanwalt nicht mehr besonders genannt, weil dieser nach § 12 RVG-E dem imWege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt gleichgestellt werden soll. Zusätzlich ist der Prozesspfleger nach den §§ 57 und 58 ZPO aufgenommen worden. Die vorgeschlagene Regelung stellt nicht auf denVerzug ab, weil ent- weder kein gesetzlicher Vertreter vorhanden oder der Vertretene noch nicht als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung gehört zu den Auslagen des Verfahrens (Nummer 9007 KV GKG-E). Nach § 17 Abs. 1 GKG-E hat der Kläger insoweit einen ausreichenden Vorschuss zu leisten.
Absatz 2 soll die Regelungen aus § 36a Abs.2 Satz 1 BRAGO betreffend den in einer Scheidungssache nach § 625 ZPO beigeordneten Rechtsanwalt und aus § 115 BRAGO betreffend den vom Gericht gemäß § 67a Abs.1 Satz 2 VwGO bestellten gemeinsamen Bevollmächtigen zusammenführen. Inhaltliche Änderungen sind damit nicht verbunden.
Absatz 3 Satz 1 soll an die Stelle von § 103 Abs.1 BRAGO treten und Satz 2 den Regelungsinhalt des geltenden § 103 Abs.2 BRAGO übernehmen.
Absatz 4 entspricht ebenfalls dem geltenden Recht (§ 90 Abs.1 Satz 2, § 97 Abs.1 Satz 2, auch iVm § 105 Abs.1 BRAGO).
Absatz 5 erstreckt Absatz 3 auf das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde. Auch dies entspricht geltendem Recht (§ 105 Abs.1, § 103 Abs.2 BRAGO). Der Vorschlag enthält eine ausdrückliche Regelung, dass im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde diese an die Stelle des Gerichts tritt.
§§§
Absatz 1 entspricht § 126 Abs. 1 Satz 1 BRAGO auch iVm § 97 Abs.2 Satz 2 Halbsatz 1 BRAGO. Die negative Fassung des § 126 Abs. 1 Satz 1 BRAGO wurde beibehalten.
Diese begründet eine Beweislast für die Staatskasse, dass Auslagen zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei nicht erforderlich waren. Hieran soll festgehalten werden. Im Zweifel ist die Notwendigkeit der Auslagen anzuerkennen. Es ist nicht Aufgabe des Urkundsbeamten oder des auf die Erinnerung entscheidenden Gerichts, seine eigene Auffassung an die Stelle der Meinung des Rechtsanwalts zu setzen. Der Rechtsanwalt hat den Rechtsstreit geführt; nur er ist für die sachgemäße Wahrnehmung der Interessen der Partei verantwortlich.
Absatz 2 Satz 1 übernimmt inhaltlich die Regelung des § 126 Abs.2 und § 97 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BRAGO. Die Vorschrift soll jedoch redaktionell anders gefasst werden, um klarzustellen, dass von dieser Regelung die Möglichkeit der Festsetzung von Reisekosten im Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG-E unberührt bleibt, auch wenn kein Antrag zur Feststellung der Erforderlichkeit der Reise vor deren Antritt gestellt worden ist. Satz 2 weist diese Feststellungsbefugnis im Bußgeldverfahren der Verwaltungsbehörde zu. Satz 3 erstreckt den Anwendungsbereich der Sätze 1 und 2 auf andere Auslagen in solchen Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach den Teilen 4 bis 6 VV RVG-E bestimmen. Dies entspricht dem § 97 Abs.2 Satz 2 Halbsatz 2 BRAGO.
Absatz 3 entspricht der Regelung des § 97 Abs.2 Satz 3 BRAGO.
Die Regelung des § 126 Abs.1 Satz 2 BRAGO soll nicht übernommen werden, weil diese Vorschrift wegen § 121 Abs.3 ZPO entbehrlich erscheint. Nach dieser Vorschrift kann ein bei dem Prozessgericht nicht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
§§§
Absatz 1 Satz 1 entspricht dem § 127 Satz 1 BRAGO, soweit
der Rechtsanwalt Wertgebühren erhält, und dem
§ 97 Abs.4 BRAGO, soweit der Rechtsanwalt Betragsrahmengebühren
erhält.
Satz 2 übernimmt die Regelungen des
§ 36a Abs.2 BRAGO betreffend den in einer Scheidungssache
nach § 625 ZPO beigeordneten Rechtsanwalt und des
§ 115 BRAGO betreffend den vom Gericht gemäß § 67a
Abs.1 Satz 2 VwGO bestellten gemeinsamen Bevollmächtigen
jeweils in Verbindung mit § 127 BRAGO.
Absatz 2 soll bestimmen, dass kein Vorschuss bei Beratungshilfe
gefordert werden kann. Dies entspricht ebenfalls
geltendem Recht und ergibt sich aus der fehlenden Verweisung
auf § 127 BRAGO in § 133 Satz 1 BRAGO.
§§§
Absatz 1 übernimmt die in § 122 Abs. 1 BRAGO getroffene Regelung. Zusätzlich soll der Rechtsanwalt genannt werden, den das Gericht bestellt hat. Diese Formulierung betrifft den vom Gericht gemäß § 67a Abs.1 Satz 2 VwGO bestellten gemeinsamen Bevollmächtigen. Für diesen gilt die Regelung derzeit durch die Verweisungen in § 115 Abs.2 und § 36a Abs.2 Satz 2 BRAGO.
Absatz 2 Satz 1 übernimmt die in § 122 Abs.2 Satz 1
BRAGO getroffene Regelung und bezieht darüber hinaus
auch die Fälle der Beiordnung für die Erwirkung einer einstweiligen
oder vorläufigen Anordnung mit ein, weil in diesen
Fällen die Vollstreckung besonders eilbedürftig ist.
Satz 2 ist eine redaktionelle Neufassung von § 122 Abs.2
Satz 2 BRAGO.
Absatz 3 entspricht dem § 122 Abs.3 Satz 1 und 2 BRAGO, jedoch wird das Umgangsrecht ausdrücklich in die Regelung aufgenommen. Dies entspricht der ganz überwiegenden Auffassung zum geltenden Recht (vgl Gerold/ Schmidt/v. Eicken/Madert, aaO, Rnr.40 zu § 122 BRAGO).
Absatz 4 übernimmt die Regelung aus § 122 Abs.3 Satz 3 und 4 BRAGO. Statt von dem „Hauptprozess“ wird nunmehr von dem „Hauptverfahren“ gesprochen, weil die Regelung auch die einstweiligen und die vorläufigen Anordnungen im FGG-Verfahren erfassen soll. Dies ist im Hinblick auf die vorgeschlagene Regelung in § 18 Nr.1 und 2 RVG-E erforderlich.
Absatz 5 Satz 1 übernimmt die Regelung in § 97 Abs.3,
auch iVm § 105 Abs.1 BRAGO. Satz 2 erweitert den
Anwendungsbereich des geltenden Rechts auf spätere
Rechtszüge. Dabei wird klargestellt, dass die Beiordnung in
einem späteren Rechtszug sich nur auf die Vergütung in diesem
Rechtszug bezieht, dann aber auch für die Tätigkeit des
Rechtsanwalts vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Die Erweiterung
der Regelung auf spätere Rechtszüge ist schon
deshalb sachgerecht, weil die Problemlage dort in gleicher
Weise gegeben ist, wie bei einer erst im Laufe des Verfahrens
erfolgten Bestellung während des ersten Rechtszugs.
Sie soll auch Streit darüber vermeiden, ob auch in Rechtsmittelrechtszügen
die bereits vor dem Datum der Beiordnung entstandene Vergütung aus der Staatskasse zu erstatten
ist.
Mit Satz 3 soll einerseits klargestellt werden, dass die
Rückwirkung sich nicht automatisch auf verbundene Verfahren
– nicht gemeint ist hier die Verbindung nach § 237
StPO zum Zwecke der gemeinsamen Verhandlung – erstreckt,
in denen bisher kein Pflichtverteidiger bestellt war,
andererseits soll dem Gericht aber die Möglichkeit zur Erstreckung
eingeräumt werden. Eine Erstreckung kommt insbesondere
dann in Betracht, wenn in einem der verbundenen
Verfahren eine Bestellung unmittelbar bevorgestanden
hätte.
§§§
Die vorgeschlagene Regelung entspricht inhaltlich dem § 123 BRAGO.
§§§
Die Neuregelung geht mit der überwiegenden Rechtsprechung zu § 124 BRAGO davon aus, dass die Staatskasse verpflichtet ist, die bei Bewilligung der Prozesskostenhilfe oder nachträglich festgelegten Beträge und Raten – nach § 115 Abs.1 Satz 4 ZPO höchstens 48 Monatsraten – einzuziehen, bis nicht nur die in § 122 Abs.1 Nr.1 ZPO bezeichneten Kosten und Ansprüche gedeckt sind, sondern auch die Regelvergütung des Rechtsanwalts. Durch die Formulierung in Absatz 1 Satz 1 soll gegenüber der bisherigen Regelung in § 124 Abs.1 Satz 1 BRAGO klargestellt werden, dass die Staatskasse über die Deckung der von ihr zu tragenden Kosten und zu befriedigenden Ansprüche hinaus auch zugunsten des beigeordneten Rechtsanwalts die Zahlung der vom Gericht festgelegten Beträge im Rahmen der zivilprozessualen Regelungen überwachen und nötigenfalls auch durchsetzen muss.
Absatz 1 Satz 2 regelt die Voraussetzungen für die Festsetzung der eingezogenen Beträge. Diese entsprechen denjenigen in § 124 Abs.3 BRAGO. Die Regelung soll jedoch redaktionell erweitert werden, damit sich dem Anwender auf Anhieb erschließt, dass die Zwangsvollstreckung wegen der „von der Partei zu zahlenden Beträge“ erfolglos geblieben sein muss. Die Besonderheiten bei der Festsetzung sollen künftig in § 55 Abs.6 RVG-E geregelt werden.
Absatz 2 entspricht dem § 124 Abs.2 BRAGO.
Absatz 3 übernimmt die Regelung aus § 124 Abs.4 BRAGO.
§§§
Die vorgeschlagene Regelung entspricht inhaltlich im Wesentlichen dem § 99 BRAGO. Sie sieht die Bewilligung einer Pauschgebühr für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt vor – in der Regel ist dies der Pflichtverteidiger.
Allerdings wird der praktische Anwendungsbereich der Vorschrift in Zukunft eingeschränkt sein. In das Gebührenverzeichnis zum RVG-E sollen neue Gebührentatbestände aufgenommen werden, bei denen die zugrunde liegenden Tätigkeiten in der Vergangenheit häufig von den Oberlandesgerichten bei der Bewilligung einer Pauschgebühr berücksichtigt worden sind. Das gilt zB für die Teilnahme an Vernehmungen im Ermittlungsverfahren (vgl Nummer 4102 Nr.1 VV RVG-E) oder für die Teilnahme an Haftprüfungsterminen (vgl Nummer 4102 Nr.3 VV RVG-E). Da für diese Tätigkeiten dem Pflichtverteidiger in Zukunft ein gesetzlicher Gebührenanspruch zusteht, werden sie nur noch in besonderen Ausnahmefällen (auch) bei der Bewilligung einer Pauschgebühr Berücksichtigung finden können. Das könnte zB bei außergewöhnlich langen Vernehmungen im Ermittlungsverfahren der Fall sein. Zudem sieht das Vergütungsverzeichnis für den Pflichtverteidiger für mehr als 5 bzw mehr als 8 Stunden dauernde Hauptverhandlungstermine Zuschläge zu den Hauptverhandlungsgebühren vor (vgl zB Nummern 4122 und 4123 VV RVG-E). Damit steht das Zeitmoment, das bislang von den Oberlandesgerichten wesentlich für die Bewilligung einer Pauschgebühr war, nur noch in Ausnahmefällen zur Verfügung.
Die Pauschgebührenregelung des § 51 RVG-E ist trotz des eingeschränkten praktischen Anwendungsbereichs erforderlich, weil sich nicht alle von den Oberlandesgerichten bei der Gewährung einer Pauschgebühr herangezogenen Umstände durch entsprechende gesetzliche Regelungen berücksichtigen lassen. § 51 RVG-E erfasst insbesondere noch die Fälle, in denen der Pflichtverteidiger im Ermittlungsverfahren in weit überdurchschnittlichem Ausmaß tätig geworden ist, so zB beim Studium besonders umfangreicher Akten und Beiakten oder bei umfangreichen sonstigen Tätigkeiten, die im Vergütungsverzeichnis nicht im Einzelnen geregelt werden können. Die Beschränkung der Regelung auf Fälle, in denen die sonst vorgesehenen Gebühren wegen des besonderen Umfangs und der Schwierigkeit dem Anwalt nicht zuzumuten sind, soll den Ausnahmecharakter zum Ausdruck bringen. Einer Pauschgebührenregelung bedarf es auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach darf die Inanspruchnahme des Pflichtverteidigers, der geringere Gebühren als der Wahlverteidiger erhält, nicht zu einem Sonderopfer führen (BVerfGE 68, S. 237).
Die in der Vorschrift vorgeschlagenen Neuregelungen bezwecken Klarstellungen, um in Rechtsprechung und Literatur bestehende Meinungsstreite zu beseitigen.
Absatz 1 Satz 1 sieht vor, dass die Pauschgebühr entweder
für das ganze Verfahren oder, wenn nur einzelne Verfahrensabschnitte
besonders umfangreich oder schwierig gewesen
sind, für diese einzelnen Verfahrensabschnitte gewährt
wird.
Absatz 1 Satz 2 soll klarstellen, dass die Pauschgebühr
nur die Tätigkeitsbereiche erfassen soll, in denen der
Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger Festgebühren erhalten
soll. Demnach soll die Pauschgebühr insbesondere nicht an
die Stelle der Gebühren nach den Nummern 4142 bis 4145
VV RVG-E treten.
Wird nur für einen Verfahrensabschnitt eine Pauschgebühr gewährt, sind nach Absatz 1 Satz 3 die
Gebühren des Vergütungsverzeichnisses, an deren Stelle die
Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Dies soll den in
Rechtsprechung und Literatur zur bisherigen Fassung des
§ 99 BRAGO bestehenden Streit beseitigen, ob und inwieweit
eine Pauschgebühr für einzelne Verfahrensteile festgesetzt
werden kann.
Absatz 1 Satz 4 soll vorsehen, dass eine Pauschgebühr auch für solche Tätigkeiten gewährt werden kann, für die der Rechtsanwalt einen Anspruch nach § 48 Abs. 5 RVG-E hat. Damit würde ausdrücklich klargestellt, dass bei der Bewilli- Drucksache 15/1971 – 202 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode gung einer Pauschgebühr auch die Tätigkeiten des Pflichtverteidigers, die er vor seiner Beiordnung zunächst als Wahlanwalt erbracht hat, zu berücksichtigen sind. Damit würde ein seit Einfügung des § 97 Abs. 3 BRAGO zu dieser Frage in Rechtsprechung und Literatur bestehender Streit entschieden. Die vorgeschlagene Lösung erscheint sachgerecht. In der Praxis geht es im Wesentlichen um die Berücksichtigung der im Ermittlungsverfahren erbrachten Tätigkeiten als Wahlverteidiger. Diese sollen künftig auch bei der Gewährung einer Pauschgebühr berücksichtigt werden. Das führt zu einer Stärkung der Stellung des (Pflicht-)Verteidigers im Ermittlungsverfahren.
In Absatz 1 Satz 5 soll der Anspruch des Pflichtverteidigers auf Zahlung eines angemessenen Vorschusses auf die Pauschgebühr gesetzlich normiert werden. Eine entsprechende Regelung gibt es derzeit nicht. Deshalb ist unter den Oberlandesgerichten die Frage, ob überhaupt ein Vorschuss gewährt werden kann und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen, umstritten. Dieser Streit soll durch die Neuregelung beigelegt werden. Sie ist insbesondere für besonders langwierige Verfahren, in denen die Rechtskraft häufig erst nach mehreren Jahren eintritt und die Pflichtverteidiger erst dann die Festsetzung einer Pauschgebühr beantragen können, von Bedeutung.
Die vorgeschlagene Neuregelung enthält nunmehr eine ausdrückliche Regelung für die Gewährung eines Vorschusses. Eine Vorschussgewährung ist jedoch nur für die Fälle vorgesehen, in denen es unbillig wäre, den Anwalt auf die Festsetzung der Pauschgebühr zu verweisen. Insbesondere bei sehr lange dauernden Verfahren soll ein Vorschuss bewilligt werden, wenn die zu erwartende Pauschgebühr deutlich über den üblichen Gebühren liegt.
Absatz 2 Satz 4 verweist auf § 42 Abs. 3 RVG-E. Danach soll der Einzelrichter entscheiden. Nur wenn es zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist, soll der Einzelrichter die Sache auf den Senat übertragen.
In Absatz 3 ist die entsprechende Anwendung der Vorschrift für das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde vorgesehen. Dies entspricht der geltenden Regelung aufgrund der Verweisung in § 105 Abs. 1 BRAGO.
§§§
Absatz 1 übernimmt den Regelungsinhalt aus § 100 Abs.1 BRAGO.
Absatz 2 entspricht § 100 Abs. 2 Satz 1 und 2 BRAGO.
Mit Absatz 3 wird eine zusätzliche Regelung für das gerichtliche Verfahren nach Stellung eines Antrags des Verteidigers nach Absatz 2 Satz 1 vorgeschlagen. Der Beschuldigte soll verpflichtet werden, gegenüber dem Gericht seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse wie bei einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe darzulegen. Kommt er dieser Aufforderung nicht innerhalb einer vom Gericht festgesetzten Frist nach, soll seine Leistungsfähigkeit vermutet werden. Wirkt der Beschuldigte bei der Ermittlung seiner Leistungsfähigkeit nicht in der gebotenen Weise mit, soll dieses Verhalten nicht zu Lasten des Rechtsanwalts gehen.
Absatz 4 entspricht § 100 Abs. 2 Satz 3 BRAGO.
Absatz 5 Satz 1 entspricht dem § 100 Abs. 3 BRAGO. Die Sätze 2 und 3 sollen bestimmen, dass ein Antrag des Verteidigers nach Absatz 2 Satz 1 den Lauf der Verjährungsfrist hemmt und die Hemmung erst sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung endet.
Absatz 6 soll den Anwendungsbereich der Absätze 1 bis 3 und 5 auf das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde erstrecken. Gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde ist der Rechtsbehelf des § 62 OWiG gegeben.
§§§
Absatz 1 übernimmt den Regelungsinhalt des § 102 Abs.1 BRAGO, soweit diese Vorschrift auf § 100 Abs.1 BRAGO verweist. Die weiteren in § 102 BRAGO enthaltenen Verweisungen können entfallen, weil die entsprechenden Vorschriften des RVG-E unmittelbar gelten sollen.
Absatz 2 übernimmt den Regelungsinhalt des § 102 Abs. 2 Satz 2 BRAGO.
§§§
Die vorgesehene Regelung übernimmt das geltende Recht aus § 125 BRAGO. Der bestellte Rechtsanwalt wird nunmehr ausdrücklich erwähnt, weil Abschnitt 8 VV RVG-E unmittelbar für jeden beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt gelten soll, während der geltende 13. Abschnitt der BRAGO unmittelbar nur für den im Wege der Prozesskostenhilfe oder nach § 11a ArbGG beigeordneten Rechtsanwalt gilt. So ist § 125 BRAGO auf den nach § 67a Abs. 1 Satz 2 VwGO bestellten Rechtsanwalt nur aufgrund einer Verweisung anwendbar.
§§§
§ 55 RVG-E fasst systematisch die Regelungen über die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung zusammen, die im geltenden Recht über mehrere Vorschriften verteilt sind.
Absatz 1 übernimmt die für den Pflichtverteidiger oder sonst in Strafsachen beigeordneten Rechtsanwalt geltende Regelung des § 98 Abs.1 Satz 1 BRAGO – ergänzt um eine ausdrückliche Zuständigkeitsbestimmung für die Fälle, in denen das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden ist – und die für den im Wege der Prozesskostenhilfe oder nach § 11a ArbGG beigeordneten Rechtsanwalt geltende Regelung des § 128 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 BRAGO.
Nach Absatz 2 soll in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Verfahren vor Gerichten der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit und in ähnlichen Verfahren vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens der Urkundsbeamte des Gerichts des Rechtszuges, in dem die beantragten Gebühren entstanden sind, für die Festsetzung zuständig sein. Dies entspricht dem § 128 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 1 BRAGO.
Absatz 3 übernimmt inhaltlich unverändert die Regelung
des § 97a Abs.2 BRAGO,
Absatz 4 die Regelung des § 133 Satz 3 BRAGO,
Absatz 5 entspricht dem § 98 Abs.1 Satz 2, § 101 Abs.3 und § 128 Abs.1 Satz 2 und 3 BRAGO und
Absatz 6 übernimmt inhaltlich unverändert den § 128 Abs.2 BRAGO.
Absatz 7 erstreckt den Anwendungsbereich der Absätze 1 und 5 auch auf das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde.
Damit wird insoweit die generelle Verweisung in § 105 Abs.1 BRAGO auf den 6.Abschnitt der BRAGO konkretisiert.
§§§
Absatz 1 Satz 1 sieht für Erinnerungen des Rechtsanwalts
und der Bundes- oder Landeskasse gegen die Festsetzung
die Konzentration der Entscheidungszuständigkeit bei dem
Gericht des Rechtszugs vor, bei dem die Vergütung festgesetzt
ist. Die Differenzierung der Zuständigkeiten nach geltendem
Recht bei Erinnerungen nach § 98 Abs.2 BRAGO
(Entscheidung des Vorsitzenden) und § 128 Abs.3
BRAGO (Gericht) wird aufgegeben. Aufgrund der Verweisung
in Absatz 2 Satz 1 soll grundsätzlich der Einzelrichter
entscheiden. Dies erscheint sachgerecht, weil an die
Entscheidungen in Kostensachen idR nicht so hohe
Anforderungen gestellt werden müssen wie an die Entscheidung
in der Hauptsache. Im Übrigen entspricht die
Regelung dem § 98 Abs.2 und dem § 128 Abs.3 Satz 1
BRAGO.
Die Sätze 2 und 3 übernehmen den Regelungsinhalt
des § 98 Abs.2 iVm § 97a Abs.2 und 3 BRAGO
für die Erinnerung gegen die Festsetzung der Vergütung
des als Kontaktperson beigeordneten Rechtsanwalts und
für die Beschwerde gegen die Festsetzung und des § 133
Satz 1 und 3 BRAGO iVm § 128 Abs.3 BRAGO bei
Beratungshilfe.
Absatz 2 Satz 1 übernimmt die derzeit in § 128 BRAGO
enthaltene Verweisung auf die Vorschriften über die Beschwerde
gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts
auch für den Bereich der Strafsachen. Die Verweisung auf
bestimmte Vorschriften der StPO, wie sie derzeit § 98
Abs.3 BRAGO vorsieht, soll entfallen. Wegen der Bezugnahme
auf § 33 Abs.6 RVG-E soll künftig unter den dort
genannten Voraussetzungen auch die weitere Beschwerde
gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts zulässig
sein. Hierdurch soll dem Anliegen Rechnung getragen
werden, die Verfahren über die Erinnerung und die Beschwerde
in Kostensachen möglichst weitgehend einheitlich
zu gestalten.
Die Sätze 2 und 3 entsprechen § 98
Abs.4 und § 128 Abs. 5 BRAGO. Neben dem Erinnerungsverfahren
soll auch das Verfahren über die (weitere)
Beschwerde gebührenfrei sein. Eine Kostenerstattung soll
weder im Erinnerungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren
stattfinden.
§§§
Die vorgeschlagene Vorschrift enthält eine ausdrückliche Regelung über die gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen im Zusammenhang mit der Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung gegen die Staatskasse im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde. In Satz 2 ist vorgesehen, dass sich das Verfahren nach den Regeln des Rechtsbehelfs gegen Maßnahmen der Verwaltungsbehörde (§ 62 OWiG) richtet. Die Regelung entspricht dem geltenden Recht aufgrund der Verweisung in § 105 Abs.1 BRAGO auf § 98 Abs.2 BRAGO (vgl Göhler, OWiG, 12.Aufl., Rnr.66 zu § 60 OWiG). Sie entspricht auch der Rechtswegzuweisung des § 108 Abs. 1 OWiG.
§§§
Absatz 1 übernimmt die Regelung aus § 9 Satz 4 BerHG und
Absatz 2 die Regelung aus § 129 BRAGO.
Absatz 3 übernimmt die Regelungen des § 101 Abs.1 und 2
BRAGO in redaktionell angepasster Form. Es soll darauf
verzichtet werden, den Beschuldigten oder Dritten ausdrücklich
als denjenigen zu nennen, von dem der Rechtsanwalt
eine Zahlung erhalten hat, weil es keine weitere Variante
geben kann.
Satz 3 ist inhaltsgleich mit § 101 Abs.2 BRAGO und drückt den Sachverhalt lediglich positiv aus.
§§§
Die Absätze 1 und 2 entsprechen dem § 130 BRAGO. Für den zusätzlich genannten nach § 625 ZPO beigeordneten oder nach § 67a Abs.1 Satz 2 VwGO bestellten Rechtsanwalt ist § 130 BRAGO derzeit aufgrund der Verweisungen in § 36a Abs.2 und § 115 BRAGO entsprechend anzuwenden. Die geänderten Beschwerdevorschriften in § 66 GKG-E finden auf die übergegangenen Ansprüche entsprechende Anwendung.
Absatz 3 entspricht der Verweisung in § 133 Satz 1 auf § 130 Abs.1 BRAGO für den Bereich der Beratungshilfe.
§§§
Dieser Abschnitt enthält zwei Übergangsvorschriften, eine Dauerübergangsvorschrift und eine besondere Übergangsvorschrift für das Inkrafttreten des vorliegenden Entwurfs.
§§§
Die vorgeschlagene Vorschrift übernimmt die Dauerübergangsregelung des § 134 BRAGO. Sind mehrere der in Absatz 1 Satz 1 genannten Tatbestände erfüllt, soll für die Frage, welches Vergütungsrecht Anwendung findet, der Zeitpunkt ausschlaggebend sein, an dem erstmals einer der Tatbestände erfüllt ist. Wird beispielsweise der unbedingte Prozessauftrag vor dem Stichtag erteilt, soll die Vergütung nach dem bisherigen Recht zu berechnen sein, auch wenn die Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe erst nach dem Stichtag erfolgt. Legt jedoch der Wahlverteidiger sein Mandat nieder und wird er anschließend zum Pflichtverteidiger bestellt, liegt hinsichtlich der Pflichtverteidigervergütung kein Zusammentreffen mehrerer Tatbestände im Sinne des Satzes 1 vor. Erfolgt die Pflichtverteidigerbestellung nach dem Stichtag, soll die Pflichtverteidigervergütung nach neuem Recht berechnet werden. Dies soll auch für Tätigkeiten vor dem Stichtag gelten, soweit diese nach § 48 Abs. 5 RVG-E zu vergüten sind. Eine Aufspaltung der Vergütung könnte bei einer Veränderung des Abgeltungsbereichs einzelner Gebühren zu massiven Problemen bei der Gebührenbemessung führen. Weder diese Übergangsvorschrift noch § 134 BRAGO gelten jedoch für die Übergangsfälle aufgrund des Inkrafttretens dieses Gesetzes. Für diese Fälle sieht § 61 RVG-E eine eigene Übergangsregelung vor.
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Absatz 1 der für das Inkrafttreten dieses Gesetzes vorgeschlagenen Übergangsvorschrift entspricht im Grundsatz dem vorgeschlagenen § 60 Abs.1 Satz 1 und 2 RVG-E. Insoweit wird auf die dortige Begründung verwiesen. Auf § 60 Abs.2 RVG-E soll in Satz 3 verwiesen werden. Die Übergangsvorschrift soll sich jedoch nicht auf die Berechnung der Vergütung beschränken, sondern zwischen der Anwendung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und des vorgeschlagenen RVG abgrenzen.
Nach Absatz 2 sollen die Regelungen über die Gebührenvereinbarung (§ 4 RVG-E) auch dann Anwendung finden, wenn zwar der Auftrag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilt worden ist, aber die Willenserklärungen zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nach diesem Zeitpunkt abgegeben werden.
§§§
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