Motive | zu § 195 Neufassung | BGB |
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Begründung des Entwurfs SchuldR-ModG (14/6040) |
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195 RE enthält mit der Bestimmung einer regelmäßigen Verjährungsfrist denselben Ansatz wie der geltende § 195. Er unterscheidet sich insoweit grundlegend von dem Vorschlag der Schuldrechtskommission, die in § 195 Abs.1 und § 198 Satz 1 KE für die Verjährung nach dem Entstehungsgrund der Ansprüche unterschieden hat.
Hierzu hatte die Schuldrechtskommission ua ausgeführt (Bericht, S.66):
„Die Rechtsordnung unterscheidet je nach dem Entstehungsgrund eines Anspruchs zwischen vertraglichen und gesetzlichen Ansprüchen. Entsprechend lässt sich hinsichtlich der Gestaltung der Verjährungsfristen und des Verjährungsbeginns auf eine möglichst große Einheitlichkeit hinarbeiten oder umgekehrt den Verschiedenheiten der Anspruchsvoraussetzungen und -inhalte auch bei der Verjährungsfrist und ihrem Lauf Rechnung tragen. Verjährungsrechtlich spielt auch die Kenntnis des Gläubigers vom Bestehen seines Anspruchs bei gesetzlichen Schuldverhältnissen eine andere Rolle als bei vertraglichen Ansprüchen. Anders als innerhalb von schuldrechtlichen Vereinbarungen, bei denen sich die Parteien regelmäßig kennen, weiß der Gläubiger bei gesetzlichen Ansprüchen nicht immer, wer sein Schuldner ist. Das gilt insbesondere für Schadensersatzansprüche; aber auch bei Geschäftsführungen ohne Auftrag oder bei Bereicherungsvorgängen kommt es nicht selten vor, dass der Berechtigte davon und von den sich daraus ergebenden Ansprüchen keine Kenntnis hat.“
Die Schuldrechtskommission hatte – wie oben ausgeführt – die rechtspolitisch erhobene Forderung nach einer deutlichen Verkürzung der derzeitigen 30-jährigen Verjährungsfrist aufgegriffen und für vertragliche Ansprüche eine Frist von drei Jahren (§ 195 KE), für gesetzliche Ansprüche eine solche von zehn Jahren (§ 198 Satz 1 KE) vorgeschlagen. Die unterschiedlichen Fristen sah sie auf Grund der oben angedeuteten Überlegungen gerechtfertigt.
Der Entwurf sieht indes davon ab, diese Unterscheidung zwischen gesetzlichen und vertraglichen Ansprüchen zu übernehmen. Auch im geltenden Recht knüpft die Verjährung hieran nicht an. Die erwähnten Schwierigkeiten des Gläubigers bei der Durchsetzung seines gesetzlichen Anspruchs können zwar gegeben sein, sind jedoch keineswegs zwingend mit der systematischen Einordnung eines Anspruchs als „gesetzlich“ oder „vertraglich“ verbunden. Auch ein gesetzlicher Anspruch wird durch einen tatsächlichen Umstand ausgelöst, der dem Gläubiger in aller Regel sofort bekannt wird: So zB Vorgänge, die auf seine Kosten zur Bereicherung eines anderen führen und dadurch einen Bereicherungsanspruch gemäß §§ 812 ff begründen. Umgekehrt kann es auch verworrene Vertragsverhältnisse geben, bei denen der Anspruchsinhalt und – etwa bei einer Vielzahl von Vertragspartnern – möglicherweise auch der Anspruchsgegner nicht ohne Schwierigkeiten erkennbar sind. Kommt noch hinzu, dass einer oder mehrere der Vertragspartner mit unbekanntem Aufenthalt verziehen, so können sich auch hieraus rein tatsächliche Schwierigkeiten bei der Durchsetzung eines Anspruchs ergeben, wie sie die Schuldrechtskommission als prägend für die gesetzlichen Ansprüche angenommen hat.
Die Problematik der von der Schuldrechtskommission vorgenommenen Unterscheidung zeigt sich auch an ihren folgenden Ausführungen (Bericht, S.47):
„Hierunter (d. h. unter Ansprüche, die auf Vertrag beruhen) fallen zunächst alle Ansprüche auf Erfüllung eines Vertrags. Die Rechtsprechung hat jedoch auch Ersatz- und Nebenansprüche, die wirtschaftlich an die Stelle eines Primäranspruchs „als Ersatzwert des ursprünglich Bedungenen“ treten oder diesen ergänzen, der Verjährungsfrist des Vergütungsanspruchs unterworfen und zwar auch dann, wenn es sich um einen gesetzlichen Anspruch handelt. Jedenfalls in den Fällen, in denen zwischen den Parteien ein Vertrag bestand, beruhen derartige Ansprüche auf dem Vertrag im Sinne des § 195 Abs.1 (vgl zB BGHZ 50,25 zum Anspruch des Auftragnehmers gemäß § 6 Nr.5 Abs.2 VOB/B; BGH, NJW 1984,793: Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 325). Wird ein derartiger Anspruch auf ungerechtfertigte Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt, etwa wegen Fehlens einer vertraglichen Grundlage (BGHZ 48, 125: Anspruch auf Vergütung eines KZ-Häftlings gegen eine ehemalige Rüstungsfirma) oder wegen Nichtigkeit eines Vertrags auf Grund Formmangels (BGHZ 72,229, 233), so unterliegt dieser Anspruch ebenfalls der kurzen vertraglichen Verjährungsfrist. Besteht die Bereicherung in der Befreiung von einer Verbindlichkeit, so gilt für den Anspruch aus § 812 dieselbe Verjährungsfrist wie für die Verbindlichkeit, da der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung den Verpflichteten nicht stärker belasten soll als die ursprüngliche Schuld (BGHZ 70,389, 395; 89,82, 87). Schließlich gilt nach OLG Hamburg, MDR 1971,141 für den Erfüllungsanspruch sowie nach BGHZ 73,266 für den Schadensersatzanspruch gegen den vollmachtlosen Vertreter die Verjährungsfrist, die für die entsprechenden Ansprüche aus dem Vertrag gegolten hätte, der mangels Vollmacht und Genehmigung durch den Vertretenen nicht wirksam zustande gekommen ist. Ob und inwieweit derartige gesetzliche Ansprüche als „auf Vertrag beruhende Ansprüche“ angesehen werden, wenn die Verjährungsfristen für die gesetzlichen Ansprüche von dreißig auf zehn Jahre herabgesetzt sind, muss der Rechtsprechung überlassen bleiben.“
Die Ausführungen betreffen die Einordnung von „Ersatzund Nebenansprüchen“, die wirtschaftlich an die Stelle eines vertraglichen Anspruchs treten, insbesondere Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag. Angeführt ist die Rechtsprechung zum geltenden Recht, die in den genannten Fällen die kurze Verjährung angenommen hat, die für den vertraglichen Anspruch gesetzlich vorgesehen war. Sie bezieht sich allerdings in erster Linie auf den geltenden § 196: Die Formulierung dieser Vorschrift lässt die oben beschriebene Auslegung durch die Rechtsprechung zu, weil dort die Forderungen nur allgemein umschrieben sind, zB in Nummer 1 „Ansprüche der Kaufleute … für Lieferung von Waren“. Der von der Schuldrechtskommission vorgeschlagene § 195 Abs.1 KE sollte jedoch einen „auf Vertrag beruhenden Anspruch“ betreffen. Das ist ein Bereicherungsanspruch aber auch dann nicht, wenn er der Rückabwicklung eines Vertragsverhältnisses dient. Er beruht dann gerade darauf, dass ein Vertrag nicht besteht. Ebenso beruht ein Anspruch aus § 179 Abs.1 gegen den vollmachtlosen Vertreter gerade darauf, dass ein Vertrag mangels Genehmigung des Vertretenen nicht zustande gekommen ist. Eine Anwendung des vorgeschlagenen § 195 Abs.1 KE auf diese Fälle wäre also nicht ohne erheblichen Argumentationsaufwand möglich, wenn auch in der Sache der Schuldrechtskommission darin Recht zu geben ist, dass derartige Ansprüche der kurzen Verjährung vertraglicher Ansprüche unterliegen sollten.
Die Lösung dieser bereits jetzt erkennbaren Probleme sollte auch nicht einfach der Rechtsprechung überlassen werden. Vielmehr muss gerade bei einer vollständigen Neuregelung des Verjährungsrechts der Gesetzgeber selbst darauf bedacht sein, von vornherein erkennbare Anwendungsschwierigkeiten zu vermeiden. Der Entwurf verzichtet deshalb für das Verjährungsrecht auf die Unterscheidung zwischen gesetzlichen und vertraglichen Ansprüchen und behält in § 195 E eine Bestimmung bei, die eine „regelmäßige Verjährungsfrist“ festlegt. Dies dient nicht zuletzt auch der Ent- lastung der Justiz, da die Anwendung des Verjährungsrechts dadurch erheblich vereinfacht wird. Eine solche Regelung kann im Übrigen auch erheblich leichter in anderen Rechtsgebieten als eine Art Auffangvorschrift herangezogen werden, wenn die Verjährung bestimmter Ansprüche dort nicht speziell geregelt ist.
Ausgangspunkt der Überlegungen zur Länge der Verjährungsfrist ist, dass im Gegensatz zum bestehenden Recht die Länge der Verjährungsfristen für alle Ansprüche in möglichst weitgehendem Umfang einheitlich geregelt werden muss. Nur dies kann dazu führen, das Verjährungsrecht in einer Weise zu vereinfachen, dass es für die Praxis leichter durchschaubar und anwendbar wird. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass viele Fragen zur Auslegung etwa des Gewährleistungs- und Vertragsverletzungsrechts letztlich in der Unzulänglichkeit und auch Ungerechtigkeit des geltenden Verjährungsrechts ihren Ursprung haben. Ein einfaches und in sich schlüssiges Verjährungsrecht würde solchen Fragen die Grundlage entziehen. Folge eines einfachen und damit leicht anzuwendenden Verjährungsrechts wäre daher auch eine deutliche Entlastung der Justiz.
Bei der Bestimmung der regelmäßigen Verjährungsfrist folgt der Entwurf der Überlegung von Peters/Zimmermann, dass sich durch eine Verjährungsfrist nach dem Vorbild der deliktischen Verjährung im geltenden § 852 Abs.1 der größtmögliche Vereinfachungseffekt erzielen lässt. Er lehnt sich indessen, anders als Peters/Zimmermann dies seinerzeit vorgeschlagen hatten, stärker an den geltenden § 852 Abs.1 an und sieht davon ab, die dort vorgesehene Frist von drei Jahren zu verkürzen. Eine kürzere Verjährungsfrist erscheint nicht angezeigt. Dafür spricht zunächst, dass Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz gemäß dessen § 12 Abs.1 in drei Jahren von dem Zeitpunkt an verjähren, in dem der Ersatzberechtigte von dem Schaden, dem Fehler und von der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Diese Regelung ist durch Artikel 10 Abs.1 der Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (85/374/EWG; ABl.L 210 S.29) vorgegeben und nicht verkürzbar. Diese Frist engt den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wertungsmäßig sehr ein. Wenn schon für einen Bereich der verschuldensunabhängigen Haftung eine Frist von drei Jahren vorgegeben ist, kann die Frist bei schuldhaftem Verhalten nicht kürzer sein. Diese bisher schon in § 852 Abs.1 vorgesehene Frist ist auch sachlich angemessen. Im Bereich der unerlaubten Handlungen wird eine Frist von weniger als drei Jahren oft nicht zur effektiven Rechtsverfolgung ausreichen. Dies gilt etwa für den Bereich der Arzthaftung. Hier ist regelmäßig nicht einfach festzustellen, worauf zu beobachtende Schäden zurückgehen und wer hierfür verantwortlich ist. Bei schweren Personenschäden kommt hinzu, dass der Geschädigte vielfach längere Zeit zu einer Rechtsverfolgung schon deshalb nicht in der Lage ist, weil er zuerst genesen muss. Die Frist von drei Jahren erweist sich aber auch in anderen Bereichen als notwendig. Zu nennen wäre der Bereich der gewerblichen Schutzrechte. Hier wird die Verletzung oft erst spät entdeckt. Deshalb muss die Zeit ausreichend lang bemessen sein.
Diese im Bereich der unerlaubten Handlungen entwickelte Regelung ist auch für andere gesetzliche und in der Regel auch für vertragliche Ansprüche angemessen. Dies gilt für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsbesorgung, aber auch zB für Ansprüche aus Vertragsverletzung, bei denen die Aufklärungsmöglichkeiten des Geschädigten meist genauso beschafften sind wie bei den Ansprüchen aus unerlaubter Handlung. Da solche Ansprüche nicht selten konkurrieren, soll die Frist des geltenden § 852 Abs.1 auch für sie gelten. Sie erlaubt es gleichzeitig, die verschiedenen überholten Verjährungsfristen für Entgeltansprüche zu harmonisieren.
Für Mängelansprüche ist diese Frist indessen nicht geeignet, weshalb hierfür eine kürzere Frist von zwei Jahren vorgesehen werden soll, die auch nicht erst mit Kenntnis bzw grob fahrlässiger Unkenntnis beginnen soll, sondern schon mit Lieferung der Sache oder Abnahme des Werks. Dies schränkt den Vereinheitlichungseffekt der neuen Regelungen ein. Der Entwurf erreicht aber dennoch das gesteckte Ziel:
Für die meisten Ansprüche gilt jetzt einheitlich die regelmäßige Verjährungsfrist.
Diese ist so gestaltet, dass sie es auch erlaubt, in Zukunft auf Sonderverjährungsvorschriften in den verschiedensten Bereichen zu verzichten.
Die regelmäßige Verjährungsfrist ist den neuen besonderen Verjährungsfristen so nahe gerückt, dass die unterschiedliche Verjährung künftig keine Veranlassung mehr bietet, systematisch weniger nahe liegende Konstruktionen zu entwickeln, um die – so nicht mehr bestehenden – Nachteile der unterschiedlichen Verjährungsfristen auszugleichen.
Dem geltenden § 852 nachgebildet ist die Frist insgesamt. Konstruktiv regelt § 195 RE nur die eigentliche Frist, während § 199 RE ihren Beginn regelt.
(Siehe BGB-E, BT-Drucksache Nr.14/6040, S.100-105)
§§§
Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (14/7052) |
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Entwurf | Beschlüsse des 6.Ausschusses |
§ 195 |
§ 195 |
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre. |
(Siehe BGB-RA, BT-Drucksache Nr.14/7052, S.5)
§§§
zu § 195 BGB | [ ] |
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