Motive | zu § 126 Änderung | BGB |
---|
[ « ][ ][ A ][ » ] |
Begründung des Entwurfs Formvorschriften-AnpG (14/4987) |
---|
Der vorgeschlagene neue Absatz 3 des § 126 lässt als Ersatz der durch Gesetz vorgeschriebenen Schriftform grundsätzlich die elektronische Form des § 126a genügen. Damit wird der Anforderung des Artikels 9 der Richtlinie 2000/31/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr"), (ABl.EG Nr.L 178 S.1), entsprochen, dass das Rechtssystem der Mitgliedstaaten den Abschluss von Verträgen auf elektronischem Wege ermöglicht.
Ist durch Gesetz eigenhändige Unterzeichnung einer Erklärung vorgeschrieben (zB Gebührenberechnung nach § 18 Abs.1 BRAGO oder Frachtbrief nach § 408 Abs.2 HGB) und wird insoweit auf die Unterschriftsform des § 126 BGB zurückgegriffen, findet § 126 Abs.3 (neu) entsprechende Anwendung. Die Unterzeichnung kann statt durch eigenhändige Unterschrift ersatzweise auch durch elektronische Signierung nach § 126a formwirksam erfolgen.
Die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften, die im Einzelfall die Schriftform vorschreiben, können jedoch bestimmen, dass die elektronische Form ausnahmsweise nicht zulässig ist. In einem solchen Fall kann die Willenserklärung auch in Zukunft gemäß § 126 wirksam nur schriftlich oder notariell beurkundet abgegeben werden. Solche Bestimmungen finden sich in den neu gefassten §§ 623, 630, 766, 780, 781 BGB, in § 4 VerbrKrG, in § 3 Teilzeit-Wohnrechtegesetz und in § 2 Abs.1 Satz 2 des Nachweisgesetzes. Diese Ausnahmen sind entweder durch die oben genannte Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr ausdrücklich zugelassen (Bürgschaft bzw. Vorschriften des Arbeitsrechts) oder werden innerhalb der Umsetzungsfrist dieser Richtlinie (nach Artikel 22 Abs.1 bis zum 17.Januar 2002) im Hinblick auf die Zulassung der elektronischen Form geprüft.
Für den Abschluss von Arbeitsverträgen bleibt es wie bisher den Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer Tarifautonomie vorbehalten, über das Formerfordernis zu befinden. Deshalb können Tarifvertragsparteien weiterhin nur die Schriftform vorsehen und die elektronische Form ausschließen.
Der vorgeschlagenen Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs für Bereiche des gesetzlichen Schriftformerfordernisses liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Im modernen Rechtsleben werden Willenserklärungen immer häufiger elektronisch abgegeben. Die Vorteile im Vergleich zur herkömmlichen Abgabe von Willenserklärungen sind vielgestaltig, zB Ersparnis von Zeit und Kosten beispielsweise durch schnellere Erklärungsübermittlung, gegebenenfalls direkte elektronische Weiterbearbeitung beim Empfänger und rationelle und platzsparende Aufbewahrung von Dokumenten. Gleichzeitig ist es möglich, die elektronische Kommunikation so auszugestalten, dass der Inhalt der Kommunikation auch für die Zukunft nachweisbar erhalten bleibt. Es ist daher zu erwarten, dass der Bedarf für die Möglichkeit der Abgabe von elektronischen Willenserklärungen in Zukunft zunehmen wird.
In den weit überwiegenden Bereichen des Privatrechts stehen der Abgabe elektronischer Willenserklärungen schon heute keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Willenserklärungen können grundsätzlich formfrei, dh schriftlich, (fern-)mündlich, elektronisch oder in sonstiger Weise wirksam abgegeben werden. In den Fällen, in denen das Gesetz die schriftliche Form vorschreibt, stößt der elektronische Rechtsge-schäftsverkehr jedoch an Grenzen. Dies führt derzeit dazu, dass solche Willenserklärungen nur in verkörperter Form wirksam abgegeben werden können; die Vorteile der elektronischen Kommunikation können also nicht genutzt werden. Dies erweist sich im Hinblick auf die Anforderungen eines effektiven Rechtsgeschäftsverkehrs zB auch dann als problematisch, wenn ein Gesamtvorgang elektronisch bearbeitet wurde. Wird für einen Aspekt dieses Vorgangs Schriftform erforderlich, kann die Akte nicht einheitlich elektronisch fortgeführt werden, da auf die Papierform zurückgegriffen werden muss. Dieser "Medienbruch" führt zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass entweder der gesamte Vorgang auf die Papierform umgestellt werden muss oder eine doppelte bzw zweimediale Bearbeitung und Aufbewahrung notwendig wird. Hier bietet die elektronische Form einen äquivalenten Ersatz für die Schriftform. Inhaltlich muss die elektronische Form die Funktionen in der elektronischen Welt abbilden, die die Schriftform in der herkömmlich verkörperten Umgebung innehat (zu diesen Anforderungen an die Ausgestaltung der elektronischen Form s unter Nummer 3, § 126a).
Der Vorschlag, durch eine elektronische Form die Schriftform, dh das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift, ersetzen zu können, befindet sich im Einklang mit der Diskussion und Entwicklung im internationalen Bereich. Die United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL) schlägt in Artikel 7 ihres Model Law on Electronic Commerce (1996) vor, dass ein gesetzliches Unterschriftserfordernis in Bezug auf eine Datennachricht dann erfüllt ist, wenn eine den Umständen angemessene, verlässliche Methode eingesetzt worden ist, um die Identität der unterzeichnenden Person festzustellen und deren Einverständnis mit dem Inhalt der Datennachricht anzuzeigen. Das UNCITRAL-Model Law wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Empfehlung angenommen, alle Staaten mögen es bei ihrer Gesetzgebung in Erwägung ziehen und aus Gründen der Harmonisierung soweit wie möglich umsetzen. Artikel 5 der Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (ABl.EG 2000 Nr.L 13 S.12) sieht vor, dass elektronische Signaturen, die auf einem qualifizierten Zertifikat basieren, die Erfordernisse einer handschriftlichen Unterschrift erfüllen.
Die elektronische Form kann im Ergebnis die Schriftform nur dann ersetzen, wenn die Beteiligten ausdrücklich oder nach Maßgabe bisheriger Geschäftsgepflogenheiten die Anwendung der elektronischen Form billigen und deshalb mit dem Zugang einer elektronischen Willenserklärung rechnen müssen. Allein der Umstand, dass jemand Inhaber eines Signaturschlüssels ist, reicht dafür nicht aus. Daraus kann lediglich geschlossen werden, dass er in der Lage ist, ein elektronisch signiertes Dokument zu erstellen. Auch wenn jemand nicht über die technische Ausstattung für elektroni sche Signierung verfügt, so kann er unter Umständen die vom Absender elektronisch signierte und übermittelte Datei lesen und verifizieren. Wenn ihm das nicht möglich ist, mangelt es ohnehin zumindest am Zugang der elektronischen Erklärung. Im Einzelfall wird aber zu prüfen sein, ob gerade wegen der fehlenden technischen Voraussetzungen für die Teilnahme am Signaturverfahren anzunehmen ist, dass keine Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form erfolgen soll.
Wegen des neu eingefügten Absatzes 3 wird der bisherige Absatz 3 der Absatz 4.
(Siehe BGB-E, BT-Drucksache Nr.14/4987, S.14 f)
§§§
Stellungnahme des Bundesrates |
---|
In Artikel 1 Nr.2 ist § 126 Abs.3 wie folgt zu fassen:
"(3) Die schriftliche Form wird durch die elektronische Form ersetzt, wenn dies vereinbart ist und sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt."
Anpassung an § 126 Abs. 3 BGB in der geltenden Fassung, im Übrigen sprachliche Modernisierung. Im Allgemeinen Teil der Begründung (S.21) wird ausgeführt die elektronische Form könne die Schriftform nur dann ersetzen, wenn die Beteiligten dies wollen. Der Referentenentwurf (Stand: 5.Juni 2000, S.22) hatte hier noch deutlicher formuliert, dass die elektronische Form die Schriftform nur dann ersetzen kann, wenn die Beteiligten ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln die Anwendung der elektronischen Form billigen. Dem Entwurfswortlaut ist diese Rechtslage nicht eindeutig zu entnehmen. Der Antrag dient damit der Klarstellung des Gewollten. Hierdurch wird der vor allem, aber nicht nur bei einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärungen bestehenden Gefahr begegnet, dass die elektronische Form einem Teilnehmer am Rechtsverkehr gegen seinen Willen aufgedrängt werden könnte. Beim Aufdrängen elektronischer Erklärungen handelt es sich auch nicht um ein Problem des Zugangs. Vielmehr kommt der Zugang einer elektronischen Erklärung erst dann in Betracht, wenn diese Form zwischen den Parteien vereinbart wurde.
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob es angezeigt ist, für die elektronische Form eine gesetzliche Regelung über den Zugang zu schaffen.
Ohne eine gesetzliche Regelung über den Zugang von Erklärungen, die in elektronischer Form abgegeben werden, wäre die Rechtslage unklar. Die Annahme im Allgemeinen Teil der Begründung (Abschnitt A I 2), für Privatpersonen sei ein elektronischer Briefkasten nur dann als Empfangsvorrichtung anzusehen, wenn der Inhaber mit seiner E-Mail-Adresse im Rechtsverkehr aufgetreten sei, erscheint nicht hinreichend untermauert.
Im Übrigen besteht das Problem, ob Privatpersonen verpflichtet sein sollen, ihren elektronischen Briefkasten täglich zu überprüfen. Es spricht viel dafür, dass Private und Kaufleute unterschiedlich zu behandeln sind und dass die Regeln, die für den herkömmlichen Briefkasten angewendet werden, nicht unverändert übernommen werden können. Durch eine klare Entscheidung des Gesetzgebers könnte eine lange Phase der Unsicherheit vermieden werden.
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob es angezeigt ist, den Empfänger einer in elektronischer Form abgegebenen Erklärung zu verpflichten, den Empfang der Erklärung unverzüglich auf demselben Weg zu bestätigen.
Die Flüchtigkeit der Vorgänge beim elektronischen Rechtsverkehr und die mangelnde Durchschaubarkeit der technischen Vorgänge könnte es als erheblichen Vorteil erscheinen lassen, wenn der Empfänger einer in elektronischer Form abgegebenen Erklärung den Empfang der Erklärung auf dem gleichen Wege bestätigte. Der technische Aufwand wäre gering, der Nutzen für die Beteiligten dürfte aber erheblich sein. Damit könnte der hinter § 305b Abs.2 Satz 2 BGB-E in der Fassung des vom Bundesministerium der Justiz vorgelegten Diskussionsentwurfs eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (Stand: 4.August 2000) stehende Gedanke verallgemeinert werden.
(Siehe RE, BT-Drucksache Nr.14/4987, Anlage 2, S.34 f)
§§§
Gegenäußerung der Bundesregierung |
---|
Die Bundesregierung vermag sich dem Vorschlag nicht anzuschließen.
In der Sache ist sich die Bundesregierung mit dem Bundesrat einig, dass niemandem gegen seinen Willen der elektronische Rechtsverkehr aufgezwungen werden darf. Dies kommt durch die im Gesetzentwurf enthaltene Formulierung "kann ersetzt werden" zum Ausdruck. Durch sie wird klargestellt, dass die elektronische Form als alternative Option zur Verwendung der herkömmlichen Schriftform vom Gesetzgeber angeboten wird, wenn dies die Beteiligten wollen (vgl Begründung des Gesetzentwurfs S.21). Noch im Referentenentwurf war § 126 Abs.3 BGB-E wie der bestehende § 126 Abs.3 BGB formuliert; die jetzige Ausgestaltung ist gerade auf Anregung der Landesjustizverwaltungen in den Gesetzentwurf aufgenommen worden.
Die Billigung der Anwendung der elektronischen Form kann ausdrücklich, schlüssig oder auch nach Maßgabe der bisherigen Geschäftsgepflogenheiten erfolgen, wenn daraus folgt, dass die Beteiligten mit dem Zugang einer elektronischen Willenserklärung rechnen müssen. Die Bestimmung "Vereinbarung zwischen den Parteien" als ausdrückliches Tatbestandsmerkmal der elektronischen Form würde zur Folge haben, dass eine fehlende Vereinbarung stets zur Formnichtigkeit der Erklärung nach § 125 BGB führen würde. Deshalb könnte eine Parteienvereinbarung nur dann für den Erklärenden ein verlässliches Kriterium darstellen, wenn sie vorher ausdrücklich schriftlich erfolgen würde. Das wiederum würde den Erklärenden zwingen, um die von ihm beabsichtigte rechtsgeschäftliche Erklärung formwirksam abgeben zu können, zwei getrennt aufeinander folgende Rechtshandlungen vorzunehmen: Erstens müsste er in herkömmlicher Schriftform die Formvereinbarung herbeiführen, erst danach könnte er in einem zweiten Schritt die eigentlich beabsichtigte rechtsgeschäftliche Erklärung in elektronischer Form abgeben.
Selbst wenn er auf eine vorherige schriftliche Vereinbarung über den Einsatz der elektronischen Form verzichten und diese mündlich oder schlüssig herbeiführen könnte, würde ihm diese Alternative keine reale Möglichkeit eröffnen. Im Fall des schlüssigen Verhaltens würde es dem Erklärungsempfänger überlassen, durch sein Verhalten zu entscheiden, ob die Entscheidung formwirksam oder formnichtig abgegeben worden ist. Hinzu kommt, dass mündliche bzw schlüssige Vereinbarungen im Hinblick auf ihren Nachweis sehr streitbefangen sind, so dass für alle Beteiligten im Hinblick auf die genannte Rechtsfolge der Formnichtigkeit nach § 125 BGB eine nicht akzeptable Rechtsunsicherheit eintreten würde. Selbst eine ordnungsgemäß mit einer qualifizierten elektronischen Signatur abgegebene Erklärung, die elektronisch übermittelt und unstreitig zugegangen ist, wäre beim Scheitern des Nachweises der mündlichen Vereinbarung nichtig.
Insgesamt würde damit der elektronische Rechtsverkehr im Hinblick auf die Formwirksamkeit auf eine rechtsunsichere Basis gestellt werden. Zudem würde eine solche Regelung die Abwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs, der gerade auf Vereinfachung der Geschäftsabläufe ausgerichtet ist, in einer Weise erschweren, dass sie der allseits erwünschten Ausbreitung dieser Technik kontraproduktiv entgegenwirken würde.
Die Bundesregierung nimmt die Prüfbitte auf. Sie räumt dem Bundesrat ein, dass im Hinblick auf elektronische Willenserklärungen und deren Zugang sorgfältig zu prüfen ist, ob mit der geltenden allgemeinen Zugangsvorschrift des § 130 BGB und der dazu umfänglichen Rechtsprechung hinreichend den Besonderheiten elektronischer rechtsgeschäftlicher Erklärungen Rechnung getragen wird. Dem Gesetzentwurf liegt eine eingehende Abwägung im Hinblick auf die Frage zu Grunde, ob ohne ausdrückliche Regelung das geltende Recht gewährleistet, dass eine wirksame elektronische Willenserklärung nur vorliegt, wenn das elektronische Dokument tatsächlich in die Verfügungsgewalt des Empfängers gekommen ist. Die Bundesregierung sieht indessen, dass das Anliegen des Bundesrates mit dem vergleichbaren Fall des dauerhaften Datenträgers (§ 361a Abs.3 BGB) bereits tangiert ist. Hierzu wird die Bundesregierung die vom Bundesrat angesprochene Problematik im weiteren Gesetzgebungsverfahren aufgreifen. Im Mittelpunkt wird dabei unabhängig vom Standort im Bürgerlichen Gesetzbuch folgende Frage stehen: Es muss gesetzlich gewährleistet werden, dass dem Empfänger einer elektronischen Willenserklärung - wie im Falle einer Urkunde - auch ein elektronisches Dokument zur Verfügung stehen muss, und zwar so, dass einerseits der Erklärende keinen Zugriff mehr auf das Dokument hat und es andererseits dem Empfänger möglich ist, den Inhalt der Willenserklärung dauerhaft und wiederholt zur Kenntnis nehmen zu können.
Die Bundesregierung prüft die Frage im weiteren Gesetzgebungsverfahren.
(Siehe BGB-RE, BT-Drucksache Nr.14/4987, Anlage 3, S.41 f)
§§§
zu § 126 BGB | [ ] |
Saar-Daten-Bank (SaDaBa) - Frisierte Gesetzestexte - © H-G Schmolke 1998-2005
K-Adenauer-Allee 13, 66740 Saarlouis, Tel: 06831-988099, Fax: 06831-988066, Email: hgs@sadaba.de
Der schnelle Weg durch's Paragraphendickicht!
www.sadaba.de