RsprS vor § 1  LBO - Rechtsschutz (7) Saar
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Rechtsänderungen im Verfahren

  1. Im Berufungsverfahren gegen das die Baugenehmigung aufhebende Urteil ist nach Prüfung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung auch eine bis zur letzten mündlichen Verhandlung eingetretene Rechtsänderung zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen. Fallen nämlich die Abwehrrechte des klagenden Nachbarn durch eine Rechtsänderung nachträglich weg, würde ihm durch die Aufhebung der - ursprünglich rechtswidrigen - Baugenehmigung eine Position zuerkannt, die er alsbald wieder "herausgeben" müßte: die aufgehobene Baugenehmigung könnte rechtmäßigerweise erneut erteilt werden. (vgl OVG Saarl, E, 01.06.90, - 2_R_58/88- SKZ_90,254/12 (L) = Juris = SörS-Nr.90.060)

§§§


Widerspruch

  1. Ist dem Nachbarn eine Baugenehmigung nicht amtlich bekanntgegeben worden, so kommt es für den Beginn der für ihn regelmäßig maßgeblichen Widerspruchsfrist von einem Jahr (§§ 58 Abs.2, 70 VwGO) sowie für das Einsetzen der für eine materiell-rechtliche Rechtswirkung erforderlichen zeitlichen Komponente regelmäßig darauf an, ab wann der Betroffene die Rechtsverletzung hätte erkennen müssen, ab wann er hinreichend zuverlässige Kenntnis über einen (möglichen) Eingriff in seine geschützte Rechtsstellung erlangt hat (im Anschluß an BVerwG, Urteil vom 18.01.88, BRS_48_Nr.180, und vom 16.05.91, BRS_52_Nr.218; Beschluß vom 17.03.96 - 4_B_43.96 -). (vgl OVG Saarl, B, 19.09.97, - 2_V_10/97- SKZ_98,111/38 (L) = SörS-Nr.97.092)


  2. Entscheidet die Widerspruchsbehörde in der Sache über einen Nachbarwiderspruch gegen eine baurechtliche Genehmigung, obwohl der Bauherr auf diese wirksam verzichtet und der Nachbar im Anschluß hieran die Erledigung des Verfahrens geltend gemacht hatte, so kommt die isolierte Anfechtung des Widerspruchsbescheides in Betracht. (vgl OVG Saarl, U, 30.11.93, - 2_R_51/92- SKZ_94,109/25 (L) = SörS-Nr. 93.178)


  3. Auch ein Nachbar kann zunächst einmal von rechtmäßigem Verwaltungshandeln ausgehen und ihm kann nicht angesonnen werden, gleichsam auf Verdacht Bautätigkeit auf dem ihm benachbarten Grundstück zum Anlaß zu nehmen, sich über den Inhalt einer Baugenehmigung kundig zu machen, zumal wenn die Behörde die Einsichtnahme in die Bauakten von der Zahlung einer Verwaltungsgebühr (hier: 20,- DM) abhängig macht. (vgl OVG Saarl, B, 19.09.97, - 2_V_10/97- SKZ_98,111/38 (L) = SörS-Nr.97.092)


  4. Die in entsprechender Anwendung der §§ 58 II, 70 VwGO maßgebliche Jahresfrist für die Erhebung eines Nachbarwiderspruches gegen eine nicht amtlich bekannt gegebene Baugenehmigung beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Nachbar erstmals die Verletzung seiner Rechte hätte erkennen müssen. Sie wird nicht für weitere, später festgestellte Rechtsverstöße, gerechnet jeweils ab deren Erkennbarkeit von neuem in Lauf gesetzt. (vgl OVG Saarl, U, 24.06.97, - 2_R_35/96- SKZ_98,271/18 (L) = SörS-Nr.97.067)


  5. § 75 Satz 1 VwG0 entbindet den Anfechtungskläger im baurechtlichen Nachbarstreit nicht von der Pflicht zu ordnungsgemäßer Einleitung des Widerspruchsverfahrens durch Einlegung eines zulässigen Widerspruchs. (vgl OVG Saarl, U, 21.03.95, - 2_M_1/93- SKZ_95,258/54 (L) = SörS-Nr.95.034)


  6. Auch der Widerspruch gegen eine Baugenehmigung setzt eine aktuelle Beschwerde des Rechtsbehelfsführers voraus, ein Widerspruch gegen einen noch nicht erlassenen Verwaltungsakt ist daher unzulässig (unstatthaft) und wird nicht nachträglich "von selbst" zulässig, wenn der Verwaltungsakt - hier die Baugenehmigung - später ergeht (im Anschluß an BVerwG, Urteil vom 06.02.85 8_C_53/85 und 8_C_54/85 = BauVBl_85,605 und Urteil des Senats vom 29.03.94 - 2_R_24/93 = SKZ_94,261). (vgl OVG Saarl, U, 21.03.95, - 2_M_1/93- SKZ_95,258/54 (L) = SörS-Nr.95.034 )


  7. Mit Blick auf die im Falle drittbegünstigender Verwaltungsakte grundsätzlich zu verneinende Befugnis der Widerspruchsbehörde zur Aufhebung auf einen unzulässigen Nachbarrechtsbehelf hin ist eine auf dasselbe Ziel gerichtete Anfechtungsklage auch in der Form der "Untätigkeitsklage" unzulässig. (vgl OVG Saarl, U, 21.03.95, - 2_M_1/93- SKZ_95,258/54 (L) = SörS-Nr.95.034)


  8. Wendet sich ein in erster Instanz beigeladener Nachbar gegen ein Urteil, mit dem der Bauherr die Aufhebung einer bauaufsichtsbehördlichen Anordnung (hier: Beseitigungsanordnung) erstritten hat, so setzt der Erfolg seiner Berufung voraus, daß ihm ein Anspruch auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten zusteht. (vgl OVG Saarl, B, 26.01.1998, - 2_Q_13/97- SKZ_98,239 (L) = SörS-Nr.98.015 )


  9. 1) Hat ein Antragsteller umgehend nach Kenntniserlangung vom Beginn der Bauarbeiten zur Realisierung eines Vorhabens Widerspruch gegen die betreffende, sofort vollziehbare Baugenehmigung erhoben, so rechtfertigt allein der Umstand, daß er mit seinem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes längere Zeit (hier: 7 Monate) zuwartet, für sich allein zwar nicht die Annahme der Verwirkung verfahrensrechtlicher und/oder materiell-rechtlicher Positionen. Er muß aber die in Ausnutzung der sofort vollziehbaren Baugenehmigung bis zu diesem Zeitpunkt formell legal geschaffenen Fakten und ihre Auswirkungen auf das Gewicht der öffentlichen und Bauherreninteressen bei der Abwägung im Verfahren nach den §§ 80a Abs.1 Nr.2, Abs.3 80 Abs.5 - entspr - VwGO gegen sich gelten lassen. (vgl OVG Saarl, B, 27.06.94, - 2_W_22/94- SKZ_94,254/20 (L) = Juris = SörS-Nr.94.095)

§§§


Genehmigungsabweichende Bauausführung
  1. Abwehrrechte gegen eine genehmigungsabweichende Bauausführung sind nicht durch Anfechtung der Baugenehmigung, sondern mit einem Antrag auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten geltend zu machen. (vgl OVG Saarl, U, 24.06.97, - 2_R_35/96- SKZ_98,271/18 (L) = SörS-Nr.97.067)

§§§


Vollzugsaussetzung

  1. Sieht ein Bauvorhaben die Massierung von Kraftfahrzeugstellplätzen in einer gegen Störungen besonders empfindlichen rückwärtigen Ruhezone vor, so kann sich hieraus eine die Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der Baugenehmigung rechtfertigende hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes gegen § 42 Abs.7 S.1 LBO ergeben. (vgl OVG Saarl, B, 22.03.95, - 2_W_4/95- SKZ_95,254/25 (L) = SörS-Nr.95.035)


  2. Vor einem gerichtlichen Aussetzungsverfahren nach §§ 80a Abs.3, 80 Abs.5 S.1 VwGO für eine Wohnbaugenehmigung bedarf es jedenfalls dann keiner vorherigen Antragstellung bei der Bauaufsichtsbehörde (§§ 80a Abs.3 S.2 iVm 80 Abs.6 VwGO), wenn diese - hier durch den schriftlichen Verweis auf die Antragstellung bei Gericht - bereits von sich aus unzweideutig zu erkennen gegeben hat, daß sie eine von § 10 Abs.2 BauMG (BauGBMaßnG) abweichende Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Nachbarrechtsbehelfs nicht beabsichtigt (ständige Rechtsprechung). (vgl OVG Saarl, B, 05.04.95, - 2_W_10/95- SKZ_95,253/22 (L) = Juris = SörS-Nr.95.048 )


  3. Auch wenn sich ein genehmigtes Vorhaben nur in Teilen als nachbarrechtswidrig erweist, ist nach der Rechtsprechung des Senats die angefochtene Baugenehmigung in aller Regel in vollem Umfang aufzuheben beziehungsweise - in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes - die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung in vollem Umfang auszusetzen. (vgl OVG Saarl, B, 23.02.94, - 2_W_5/94- SKZ_94,256/25 (L1-2) = BRS_56_Nr.184 + BRS_56_Nr.107 (L) = Juris (L1-4) = SörS-Nr. 94.025)


  4. Auch wenn sich ein genehmigtes Vorhaben nur in Teilen als nachbarrechtswidrig erweist, ist nach der Rechtsprechung des Senats die angefochtene Baugenehmigung in aller Regel in vollem Umfang aufzuheben beziehungsweise - in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes - die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung in vollem Umfang auszusetzen. (vgl OVG Saarl, B, 23.02.94, - 2_W_5/94- SKZ_94,256/25 (L1-2) = BRS_56_Nr.184 + BRS_56_Nr.107 (L) = Juris (L1-4) = SörS-Nr. 94.025)


  5. Bei der Entscheidung über die Anordnung von einstweiligen Sicherungsmaßnahmen kann jedoch auch bei einem Vorhaben, das in technisch-konstruktiver Hinsicht eine Einheit darstellt, im Einzelfall dem Umstand Rechnung getragen werden, daß sich die festgestellte Rechtsverletzung auf einen bestimmten Bereich des Vorhabens (hier: Dachgeschoß) beschränkt und es zur Sicherung der verletzten Nachbarrechte genügt, in diesem Bereich einen weiteren Baufortschritt zu unterbinden. (vgl OVG Saarl, B, 23.02.94, - 2_W_5/94- SKZ_94,256/25 (L1-2) = BRS_56_Nr.184 + BRS_56_Nr.107 (L) = Juris (L1-4) = SörS-Nr.94.025)

§§§


Anfechtungsklage

  1. Ein Nachbar, der mit einer Anfechtungsklage den Bestand einer Baugenehmigung für ein mittlerweile bereits weitgehend ausgeführtes Vorhaben - hier einen Rinderstall - in Frage stellt, hat jedenfalls dann keinen Anspruch darauf, daß vor einer abschließenden Entscheidung über seinen Rechtsbehelf dieser Baugenehmigung beigefügte Auflagen, deren Befolgung für den Bauherrn mit erheblichen Kosten verbunden wäre, ausgesprochen und durchgesetzt werden, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß es während des Genehmigungsstreits und der im Hinblick hierauf bislang nur eingeschränkt stattfindenden Nutzung zu den Beeinträchtigungen kommt, die seiner Auffassung nach nur mittels der Erfüllung dieser Auflagen zu verhindern sind. (vgl OVG Saarl, B, 19.05.1999, - 2_Q_7/99- SKZ_99,281/49 (L) = SörS-Nr.99.098)

§§§


Beschwerde

  1. Auch eine Beschwerde gegen die Ablehung einer Zwischenregelung gemäß Art 19 Abs 4 GG bedarf der Zulassung nach § 146 Abs 4 VwGO (wie Beschluß des 1) Senats vom 14.3.1997 - 1 W 19/97 - 1 V 19/97 -). (vgl OVG Saarl, E, 14.05.97, - 2_5_5/97- Juris = SörS-Nr.97.049)


  2. Verpflichtet das Verwaltungsgericht die Bauaufsichtsbehörde auf Antrag eines Nachbarn durch einstweilige Anordnung zum Einschreiten gegen eine bauliche Anlage oder deren Nutzung - hier: Anordnung der Versiegelung -, so ist der Beschwerde des von dieser Maßnahme betroffenen Beigeladenen stattzugeben, wenn der Entscheidung die unzutreffende Annahme zugrundeliegt, allein ein solches Vorgehen sei dem Nachbarn gegenüber ermessensgerecht (Verdeutlichung der ständigen Rechtsprechung des Senats unter Modifizierung des Urteils vom 07.09.88 - 2_R_422/86 -). (vgl OVG Saarl, B, 10.08.94, - 2_W_24/94- SKZ_95,113/21 (L) = DÖV_95,741 (L) = NVwZ-RR_95,493 -495 = BRS_56_Nr.191 = BRS_56_Nr.202 (L) = Juris = SörS-Nr.94.110)


  3. Die Entscheidung über den Erlaß einer Zwischenregelung gemäß Art 19 Abs 4 GG in einem baurechtlichen Nachbarstreit hängt davon ab, ob dem Nachbarn aufgrund des Fortschritts der Bauarbeiten bis zum Abschluß eines von ihm eingeleiteten Antragsverfahrens eine durch spätere Rechtsschutzgewährung nicht mehr oder allenfalls unter Schwierigkeiten behebbare Verletzung von materiellen Rechten droht. Die Frage, ob das Bauvorhaben zu Recht gemäß § 66 LBO (BauO SL) 1996 von der Baugenehmigungspflicht freigestellt wurde, oder ob es - weil in Wirklichkeit baugenehmigungspflichtig - ohne die erforderliche Baugenehmigung und damit formell illegal ausgeführt wird, ist in diesem Zusammenhang nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung. (vgl OVG Saarl, E, 14.05.97, - 2_5_5/97- Juris = SörS-Nr.97.049)


  4. Ein Parteiortsverein ist im Streit um die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis für Wahlsichtwerbung jedenfalls dann beteiligungsfähig, wenn diese die Bürgermeisterwahl am Ort betrifft. (vgl OVG Saarl, B, 05.08.1998, - 2_V_14/98- SKZ_99,123/64 (L) = NVwZ-RR_99,218 -19 = SörS-Nr.98.124)


  5. Zur Bindung des Gerichts an den gestellten Antrag und den Grenzen für dessen Auslegung im einstweiligen Anordnungsverfahren. (vgl OVG Saarl, B, 10.08.94, - 2_W_24/94- SKZ_95,113/21 (L) = DÖV_95,741 (L) = NVwZ-RR_95,493 -495 = BRS_56_Nr.191 = BRS_56_Nr.202 (L) = Juris = SörS-Nr.94.110)

§§§


Beigeladener

  1. Ein im erstinstanzlichen Verfahren Beigeladener kann eine dort ausgesprochene Verpflichtung zum Erlaß eines ihn belastenden Verwaltungsaktes im Rechtsmittelverfahren in aller Regel nur dann zu Fall bringen, wenn er diesen Verwaltungsakt, wäre er unmittelbar ergangen, so nicht hinzunehmen bräuchte (Zusammenfassung der bisherigen Rechtsprechung des Senats). (vgl OVG Saarl, B, 10.08.94, - 2_W_24/94- SKZ_95,113/21 (L) = DÖV_95,741 (L) = NVwZ-RR_95,493 -495 = BRS_56_Nr.191 = BRS_56_Nr.202 (L) = Juris = SörS-Nr.94.110)


  2. Liegen die zwingenden gesetzlichen Voraussetzungen für ein im behördlichen Ermessen stehendes Einschreiten gegen eine bauliche Anlage oder deren Nutzung vor, so muß der insoweit Verantwortliche entsprechende Maßnahmen bis hin gegebenenfalls zur zwangsweisen Durchsetzung in aller Regel als ermessensgerecht auch dann hinnehmen, wenn es dazu an (unmißverständlichen) Erwägungen in dem betreffenden Bescheid fehlt (Fortführung der ständigen Rechtsprechung des Senats etwa im Urteil vom 04.06.91 - 2_R_12/90 -). (vgl OVG Saarl, B, 10.08.94, - 2_W_24/94- SKZ_95,113/21 (L) = DÖV_95,741 (L) = NVwZ-RR_95,493 -495 = BRS_56_Nr.191 = BRS_56_Nr.202 (L) = Juris = SörS-Nr.94.110)

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