69.002 | Befangenheit |
| OVG Lüneb, U, 10.12.69, - 1_A_23/69 - BRS_22,21 = BauR_70,89 BBauG_§_2_Abs.6; (NS) GO_§_26; (= SL KSVG_§_27, KSVG_§_127 )
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| 1) Die Entscheidung des Rates über das Nicht-Vorliegen eines Befangenheitstatbestandes, hat keinen Einfluß auf die spätere Beurteilung der Rechtmäßigkeit der unter Mitwirkung des Betroffenen zustande gekommenen Beschlüsse.
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| 2) Die Aufsichtsbehörde hat eine erforderliche Genehmigung für einen Bebauungsplan zu versagen, falls er unter Mitwirkung eines befangenen Ratsmitgliedes zustande gekommenen ist. |
| LB 3) Zur Pflicht der Aufsichtsbehörde im Rahmen von Genehmigungsverfahren das Vorliegen von Befangenheitsfällen zu beachten. |
| LB 4) Zur Befangenheit bei der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan |
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T-69-01 | Ratsentscheidung über Befangenheit |
S.89 | "... Wenn das Gesetz bestimmt, daß der Rat entscheidet, ob ein Widerstreit der Interessen vorliegt, so bedeutet das nicht, daß diese Entscheidung des Rates bindend wäre für die spätere Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der unter Mitwirkung des Betroffenen zustande gekommenen Beschlüsse. Das würde nämlich in vielen Fällen gerade zur Ausschaltung der Vorschriften über den Interessenwiderstreit führen, die wichtig sind, um die kommunale Selbstverwaltung vor eigennützigen Einflüssen oder nur vor deren Anschein freizuhalten. Vielmehr hat § 26 Abs.3 NGO nur die Bedeutung, daß nicht etwa der einzelne Rat mitwirken will. Entscheidet der Rat, daß er mitwirken kann, obwohl ein Fall des Interessenwiderstreits vorliegt, so ist ein solcher Beschluß rechtswidrig. Das hat auch die Rechtswidrigkeit der unter Mitwirkung der Ausgeschlossenen zustande gekommenen Beschlüsse zur Folge. Jedenfalls bei der Entscheidung über die Genehmigung solcher Beschlüsse ist es Pflicht der Aufsichtsbehörde die Genehmigung zu versagen, damit nicht ein rechtswidriger Beschluß durch Genehmigung und öffentliche Bekanntmachung den Anschein eines gültigen Bauleitplanes erweckt. ..."
Auszug aus OVG Lüneb U, 10.12.69, - 1_A_23/69 -, BauR_70,89, S.89 |
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T-69-02 | Mitwirkung: Anwesenheit |
S.89 | "... Ein ausgeschlossener Ratsherr darf bei der Beschlußfassung auch nicht anwesend sein. Ob er bei einer öffentlichen Sitzung das Recht hat, sich wie jeder andere Bürger unter den Zuhörern aufzuhalten, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Der Ratsherr müßte dann jedenfalls seinen Platz am Tisch der Ratsherrn verlassen und sich in den für die Zuhörer bestimmten Teil des Sitzungsraumes begeben. Das hat der Ratsherr nicht getan, er hat lediglich nicht mit abgestimmt. Mit gutem Grund schreibt das Gesetz die räumliche Entfernung des ausgeschlossenen Ratsherrn vor. Sie bringt nämlich den übrigen Ratsherrn sinnfällig zum Bewußtsein, daß sie den Ausgeschlossenen nicht als einen der Ihren zu betrachten haben, der nur aus formalen Gründen für das Protokoll nicht mit abstimmt, sondern daß sie die Pflicht haben, ihre Stimme ohne jede innere Beziehung zu ihm abzugeben. Nur die räumliche Entfernung schließt auch eine Mitwirkung bei der Beratung wirklich aus."
Auszug aus OVG Lüneb U, 10.12.69, - 1_A_23/69 -, BauR_70,89, S.89 |
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T-69-03 | Bebauungsplan-Genehmigung |
S.89 | " ... Da die Vorschriften über Interessenwiderstreit die Unparteilichkeit und Uneigennützigkeit der öffentlichen Verwaltung in der Ortsstufe und zugleich deren Ansehen in der Öffentlichkeit sichern sollen, andererseits aber weder nachgewiesen oder ausgeschlossen werden kann, ob sich die übrigen Ratsherrn anders verhalten hätten, wenn der materiell Interessierte sich nicht an der Beratung und Abstimmung beteiligt hätte, kann jedenfalls in Genehmigungsverfahren ein Verstoß nicht unbeachtet bleiben. Der Bekl kann deshalb nicht verpflichtet werden, die Genehmigung zu erteilen, solange die aufgezeigten Mängel des Verfahrens dem entgegenstehen.
Auszug aus OVG Lüneb U, 10.12.69, - 1_A_23/69 -, BauR_70,89, S.89 |
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T-69-04 | Flächennutzungsplanung |
S.89 | "... Der Senat ist allerdings nicht der Meinung, daß alle Grundstückseigentümer im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplanes von der Mitwirkung bei der Beschlußfassung hierüber ausgeschlossen sind. Der Flächennutzungsplan ist ein vorbereitender Bauleitplan, der grundsätzlich für das gesamte Gemeindegebiet die beabsichtigte Art der Bodennutzung in ihren Grundzügen darstellt. Aus der Erstreckung auf das ganze Gemeindegebiet ergibt sich, daß der Flächennutzungsplan für seinen Großteil des Gebietes sich auf die Darstellung der vorhandenen Nutzungsart beschränkt, wenn deren Änderung nicht beabsichtigt ist und auch nach dem tatsächlichen Verhältnis nicht in Betracht kommt. Das gilt zB für bebaute Gebiete und für Gebiete außerhalb der Ortslage, die wegen ihrer Lage sinnvoll nur wie bisher landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzt werden können. Für die Eigentümer solcher Grundstücke ändert sich durch die Darstellung im Flächennutzungsplan also nichts. Sie haben durch den Flächennutzungsplan deshalb keinen besonderen Vor- oder Nachteil. ..."
Auszug aus OVG Lüneb U, 10.12.69, - 1_A_23/69 -, BauR_70,89, S.89 |
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