zu § 26  KSVG  
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Treuepflicht   (Absatz 1)

  1. Die Verpflichtung eines Gemeinderats, die ihm übertragenen Geschäfte uneigennützig und verantwortungsbewußt zu führen, schränkt sein Recht, (auch) in Angelegenheiten der Gemeinde bei einer öffentlichen Veranstaltung seine Meinung frei zu äußern, nicht ein. (vgl VGH BW, U, 11.10.00, - 1_S_2624/99 - Gemeinderat - DÖV_02,259/47)

  2. Ein Gemeinderatsmitglied ist auch dann nicht verpflichtet, sich in einer öffentlichen Veranstaltung "gemeindeverträglich" zu äußern, wenn er gerade wegen seiner Eigenschaft als Gemeinderat oder Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat eingeladen worden ist. (vgl VGH BW, U, 11.10.00, - 1_S_2624/99 - Gemeinderat - DÖV_02,259/47)

  3. Nach § 24 Abs.1, § 30 Abs.2 GONW werden die Inhaber eines Ehrenamtes und die Mitglieder des Gemeinderates einer besonderen Treuepflicht gegenüber der Gemeinde unterworfen. Diese Treuepflicht konkretisiert sich in dem Vertretungsverbot (vgl BVerfGE_41,231 <241>). (vgl BVerfG, B, 20.01.81, - 2_BvR_632/78 - Vertretungsverbot, BVerfGE_56,99 = RS-BVerfG-Nr.81.000, LS 3)

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Vertretungsverbot   (Absatz 2)

  1. Sinn und Zweck des Vertretungsverbots gehen dahin, die Sauberkeit im öffentlichen Leben zu wahren. Es soll verhindert werden, daß Gemeindeangehörigen den Einfluß von Ratsmitgliedern für ihre persönlichen Interessen ausnutzen und daß rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter, die zugleich Gemeinderatsmitglieder sind, durch diese Doppelfunktion in einen Interessenwiderstreit geraten (vgl BVerfGE_41,231 <241>; BVerfGE_52,42 <54> mwN). (vgl BVerfG, B, 20.01.81, - 2_BvR_632/78 - Vertretungsverbot, BVerfGE_56,99 = RS-BVerfG-Nr.81.000, LS 4)

  2. Zur Unanwendbarkeit des kommunalen Vertretungsverbotes (§ 24 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen) auf einen Rechtsanwalt, der mit einem Ratsmitglied in Bürogemeinschaft verbunden ist. (vgl BVerfG, B, 20.01.81, - 2_BvR_632/78 - Vertretungsverbot, BVerfGE_56,99 = RS-BVerfG-Nr.81.000, LS 1)

  3. Wie das BVerfG wiederholt entschieden hat, bestehen gegen die von dem OVG angezogene Vorschrift des § 24 Abs.1 S.2 GONW als solche keine verfassungsrechtliche Bedenken; sie greift insbesondere nicht in den Schutzbereich des Art.12 Abs.1 Satz 1 GG ein (vgl BVerfGE_41,231 <241>; BVerfGE_52,42 <53 f>). (vgl BVerfG, B, 20.01.81, - 2_BvR_632/78 - Vertretungsverbot, BVerfGE_56,99 = RS-BVerfG-Nr.81.000, LS 2)

  4. Ein dem Stadtrat angehörender Rechtsanwalt darf aufgrund rechtsgeschäftlicher Bestellung Ansprüche Dritter gegen diese Stadt nicht geltend machen, sofern ein Zusammenhang mit einer kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheit besteht; wird der Rechtsanwalt unter Mißachtung dieses Verbotes gegenüber einem Gericht tätig, ist er von dem Prozeß auszuschließen. (vgl OVG l, B, 23.08.96, - 1_Y_22/96- SKZ_97,59 -60 = SKZ_97,103/3 (L) = SörS-Nr.96.075)

  5. Das kommunalrechtliche Vertretungsverbot des § 26 II KSVG verbietet es einem dem Gemeinderat angehörenden Rechtsanwalt nicht, bei der gerichtlichen Geltendmachung eigener Ansprüche gegen die Gemeinde im Wege der Selbstvertretung als Rechtsanwalt tätig zu werden. - (vgl OVG l, B, 21.11.96, - 1_Y_27/96- SKZ_97,103/4 (L) = SörS-Nr.96.105)

  6. Das für Ratsmitglieder geltende kommunalrechtliche Vertretungsverbot besteht nur, wenn ein unmittelbar gegen die Gemeinde selbst gerichteter Anspruch geltend gemacht wird. Seine Voraussetzungen sind nicht gegeben, wenn der Anspruch sich gegen einen Dritten richtet und die Erfüllung des Anspruchs lediglich Auwirkungen auf Rechte oder Interessen der Gemeinde hat. (vgl OVG Münst, B, 23.07.81, - 9_B_34/81- NJW_82,67 = SörS-Nr.81.007)

  7. Das kommunale Vertretungsverbot gilt nicht für den Sozius eines dem Rat angehörenden Rechtsanwalts, wenn der Sozius allein tätig wird. (vgl OVG Münst, B, 16.04.81, - 15_B_1158/80- NJW_81,2210 = SörS-Nr.81.004)

  8. Ein Rechtsanwalt ist durch seine Mitgliedschaft im Kreistag und Kreisausschuß in Nordrhein-Westfalen nicht gehindert, Dritte in Bußgeldsachen vor der Kreisordnungsbehörde zu vertreten. (vgl BVerfG, B, 21.01.76, - 2_BvR_572/74- NJW_76,954 -956 = SörS-Nr.76.001)

  9. Das gemeinderechtliche Vertretungsverbot gilt auch für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte. (vgl OVG RP, B, 02.05.69, - 6_A_4/69- AS_11,113 -118 = SörS-Nr.69.001)

  10. Ein Rechtsanwalt ist durch seine Mitgliedschaft im Kreistag und Kreisausschuß in Nordrhein-Westfalen nicht gehindert, Dritte in Bußgeldsachen vor der Kreisordnungsbehörde zu vertreten. (vgl BVerfG, B, 21.01.76, - 2_BvR_572/74 - Vertretungsverbot - RS-BVerfG-Nr.76.004, LS 1)

  11. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Gericht einen Rechtsanwalt, der dem Rat einer Gemeinde angehört, als Prozeßbevollmächtigten zurückweist, weil der gegen das Vertretungsverbot in § 24 Abs.1 Satz 2 der Gemeideordnung für das Land Nordrhein-Westfalen verstößt (Ergänzung zu BVerfGE_41,231 ff). (vgl BVerfG, B, 18.07.79, - 2_BvR_488/76 - Vertretungsverbot, BVerfGE_52,42 = RS-BVerfG-Nr.79.018, LS 1)

  12. Das Gericht ist auch ohne ausdrückliche Vorschrift der Prozeßordnung befugt, einen Rechtsanwalt zurückzuweisen, der als Mitglied des Rates der Gemeinde oder als Sozius eines dem Rat angehörenden Rechtsanwaltes unter Verletzung der §§ 24 Abs.1 S.2, 30 Abs.2 S.2 GemO den Anspruch eines Dritten gegen die Gemeinde geltend macht. (vgl OVG Münst, B, 28.02.75, - 2_B_87/75- NJW_75,2086 -2087 = SörS-Nr.75.002)

  13. Die Verletzung des Vertretungsverbotes hat die Ausschließung des Bevollmächtigten durch das Gericht zur Folge (Fortführung von AS_3,180 ). (vgl OVG RP, B, 02.05.69, - 6_A_4/69- AS_11,113 -118 = SörS-Nr.69.001)

  14. ander Ansicht OVG Lüneburg

  15. Das Prozeßgericht ist nicht befugt, einen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten zurückzuweisen, weil er wegen seiner Eigenschaft als Mitglied einer kommunalen Vertretungskörperschaft nach den Vorschriften des Gemeinderechts Ansprüche Dritter gegen die beklagte Gemeinde nicht geltend machen darf. Ein solches Vertretungsverbot kann nur von den Stellen geltend gemacht werden, die nach dem Kommunalrecht dafür zuständig sind; es regelt den Pflichtenkreis aus dem besonderen Rechtsverhältnis als Gemeindervertreter und kann gegebenenfalls gesondert zur verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung gebracht werden. (vgl OVG Lüneb, B, 22.12.67, - 1_B_62/67- NJW_68,861 -862)

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Verschwiegenheitspflicht   (Absatz 3)

  1. Die Verschwiegenheitspflicht eines Gemeindevertreters erstreckt sich nicht auf Tatsachen, die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen; dies ist dann der Fall, wenn sie der Öffentlichkeit bereits bekannt sind. (vgl OLG Frankf, B, 18.08.81, - 2_WS_230/81- NVwZ_82,215 = SörS-Nr.81.008)

  2. Zum Verhältnis von Verschweigenheitspflicht und Meinungsfreiheit ehrenamtlicher Gemeinderatsmitglieder. (vgl BVerwG, B, 12.06.89, - 7_B_123/88 - Stromlieferungsvertrag - NVwZ_89,975 -76 = RS-KomR-Z-652')

  3. Zum Umfang der Verschwiegenheitspflicht eines Gemeinderatsmitglieds. (vgl VGH Münch, U, 23.03.88, - 4_B_86/02994 - Verschwiegenheitspflicht - NVwZ_89,182 -84 = RS-KomR-Z-646')

  4. Zur Verschwiegenheitspflicht bei gesetzwidrigen Beschlüssen. (vgl VGH Münch, U, 23.03.88, - 4_B_86/02994 - Verschwiegenheitspflicht - NVwZ_89,182 -84 = RS-KomR-Z-647)

  5. Zum Wegfall der Geheimhaltungsbedürftigkeit. (vgl VGH Münch, U, 23.03.88, - 4_B_86/02994 - Verschwiegenheitspflicht - NVwZ_89,182 -84 = RS-KomR-Z-648)

  6. Zur Verschwiegeheitspflicht in öffentlicher Sitzung. (vgl VGH Münch, U, 23.03.88, - 4_B_86/02994 - Verschwiegenheitspflicht - NVwZ_89,182 -84 = RS-KomR-Z-649)

  7. Zur Behandlung von Verhandlungspositionen in nicht öffentlicher Sitzung. (vgl VGH Münch, U, 23.03.88, - 4_B_86/02994 - Verschwiegenheitspflicht - NVwZ_89,182 -84 = RS-KomR-Z-650)

  8. Die Pflicht zur Verschwiegenheit besteht nicht mehr, wenn über den geheimzuhaltenden Ratsbeschluß eine am Ort erscheinende verläßliche Tageszeitung berichtet hat. (vgl OVG Münst, U, 22.09.65, - 3_A_1360/63- VerwRspr_31_Nr.193 = SörS-Nr.65.002 )

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Ordnungswidrigkeit   (Absatz 4)

  1. Die Regelung des § 26 IV KSVG, wonach der Bürgermeister nach Anhörung des Gemeinderats ein Bußgeld gegen ein Ratsmitglied verhängen kann, das seine Verschwiegenheitspflicht schuldhaft verletzt hat, ist rechtsgültig. (vgl OVG l, U, 15.03.96, - 1_R_28/94- SKZ_97,56 -58 = SKZ_96,263/2 (L) = SörS-Nr.96.027)



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