zu § 80   VwGO   (6) (R)
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VII. Zulässigkeit des Aussetzungsantrags

a) vorgängiger Behördenantrag (Absatz 6 S.1)

  1. Hat die Baugenehmigungsbehörde die sofortige Vollziehung einer Baugenehmigung angeordnet, obgleich der Nachbarwiderspruch kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat, ist der Nachbar nicht gehalten einen Aussetzungsantrag an die Behörde zu richten, bevor er das Gericht anruft. (vgl. NdsOVG, B 26.02.93 - 1 M 290/93 - Aussetzungsantrag, DÖV 93,921 (L-209) = DNr.93.018)

  2. Ob bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung, die nicht die Anforderungen von öffentlichen Abgaben und Kosten regeln, 80 Abs.6 VwGO idF des Vierten Gesetzes zur Änderung der VwGO über die Verweisungsnorm des § 80a Abs.3 S.2 VwGO entsprechend gilt, ist im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Normen mindestens zweifelhaft. Der Antrag eines Nachbarn, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen eine Baugenehmgigung anzuordnen (§ 80 Abs.5 iVm § 80a Abs.3 VwGO), ist jedenfalls dann ohne vorgängiges behördliches Aussetzungsverfahren zulässig, wenn hinreichend sichere Anzeichen darauf hindeuten, daß der Beginn der Bauarbeiten unmittelbar bevorsteht (Rechtsgedanke des 80 Abs.6 S.2 Nr.2 VwGO). (vgl. OVG Kobl, B 04.06.92 - 1 B 10880/92 - Nachbarstreit, NVwZ 93,591 -592 = DÖV 92,978/171 (L) = DNr.92.081)

  3. Das Antragserfordernis des § 80 Abs.6 S.1 VwG0 muß bei Anrufung des Gerichts erfüllt sein; eine Nachholung im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens ist nicht möglich. (vgl. OVG Saarl, B 27.01.93 - 1 W 5/93 - Antragserfordernis, SKZ 93,178 -180 = SKZ 93,279/57 (L) = Juris = DNr.93.013)

  4. Ist die sofortige Vollziehbarkeit der ursprünglichen Baugenehmigung aufgrund eines entsprechenden Nachbarantrags rechtskräftig ausgesetzt, so ist die behauptete Ausräumung des beanstandeten Rechtsverstoßes durch den genehmigten Nachtrag als nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage mit einem Antrag nach § 80 Abs.7 VwGO gerichtlich geltend zu machen. (vgl OVG Saarl, B, 30.06.03, - 1_W_13/03 - Nachtragsbaugenehmigung - SKZ_03,202/54 (L) )



b) Nichtbescheidung des Antrages

c) drohende Vollstreckung (Absatz 6 S.2)

  1. Im Verständnis des § 80 Abs.6 S.2 Nr.2 VwG0 droht eine Vollstreckung, wenn die Vollstreckung schon begonnen hat, ihr Beginn von der Behörde für einen unmittelbar bevorstehenden Termin angekündigt ist oder konkrete Vorbereitungen der Behörde für eine alsbaldige Vollstreckung vorliegen. Daß die Behörde zu erkennen gegeben hat, die Vollziehung eines Abgabenbescheides nicht von sich aus aussetzen zu wollen, macht einen bei Gericht gestellten Aussetzungsantrag nicht unabhängig von § 80 Abs.6 zulässig. (vgl. OVG Saarl, E 22.06.92 - 1 W 29/92 - Stundungsbegehren, SKZ 93,20 -21 = SKZ 92,246/46 (L) = NVwZ 93,490 -491 = Juris = DNr.92.094)



VIII. Abänderungsbefugnis (Absatz 7)

  1. Als Zwischenregelung im Rahmen eines Aussetzungsverfahrens nach § 80 Abs.5 beziehungsweise § 80 Abs.7 VwGO kommt nicht eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO, sondern lediglich ein "Hängebeschluß" in Betracht, der vor dem Hintergrund des Art 19 Abs.4 GG seine Grundlage in einer entsprechenden Anwendung des § 80 Abs.5 VwGO hat. Der Beschwerdeausschluß des § 10 Abs.3 S.8 AsylVfG nF erstreckt sich auch auf derartige Zwischenregelungen. (vgl. OVG Saarl, E 21.02.91 - 3 W 15/91 - Zwischenregelung, ARS VI Bd.1 Allg = Juris = DNr.91.030)

  2. Gegner eines Abänderungsantrages nach den §§ 80a Abs.3 S.2, 80 Abs.7 VwGO ist in Fällen, in denen die Modifizierung einer gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung begehrt wird, derjenige Nachbar, der die vorläufige Rechtsschutzmaßnahme erwirkt hat. Zuständig für die Entscheidung über einen Abänderungsantrag nach § 80 Abs.7 VwGO ist - wie § 80 Abs.7 S.1 VwGO nunmehr klarstellt - das Gericht der Hauptsache, und zwar auch dann, wenn die Entscheidung, deren Änderung begehrt wird, nicht von ihm getroffen wurde. Eine Veränderung der Umstände im Verständnis von § 80 Abs.7 S.2 VwGO kann auch darin liegen, daß der Inhalt einer Baugenehmigung durch eine inzwischen erteilte Nachtragsbaugenehmigung in einer für die Abwägungsentscheidung nach § 80 Abs.5 VwGO wesentlichen Weise verändert worden ist. Ist die sofortige Vollziehbarkeit der ursprünglich erteilten Baugenehmigung durch gerichtliche Entscheidung ausgesetzt, so verhilft ihre inhaltliche Modifizierung durch eine Nachtragsbaugenehmigung allein dem Bauherrn noch nicht zu einer ausnutzbaren Baugenehmigung. Erforderlich ist vielmehr eine Abänderung der Aussetzungsentscheidung. (vgl. OVG Saarl, E 23.08.95 - 2 W 33/95 - Nachtragsbaugenehmigung, Juris = DNr.95.092)

  3. Wird der Sofortvollzug einer behördlichen Verfügung hier: Widerruf der ärztlichen Approbation - unter einer Bedingung ausgesetzt, so ist in einem von der Behörde eingeleiteten Verfahren auf Feststellung der sofortigen Vollziehbarkeit ihrer Verfügung wegen Nichterfüllung der Bedingung materieller Streitgegenstand allein die Frage der Bedingungserfüllung; aus welchen Gründen die Bedingungserfüllung unterblieben ist, ist grundsätzlich rechtlich unerheblich. (vgl. OVG Saarl, B 26.03.97 - 1 V 5/97 - Approbationswiderruf, SKZ 98,276/49 (L) = DNr.97.033)

  4. Eine Berufungszulassung stellt nicht gleichsam automatisch das Vorliegen veränderter Umstände im Sinne von § 80 Abs.7 VwGO dar. Ein derartig veränderter Umstand kann aber darin zu sehen sein, daß in dem Beschluß über die Berufungszulassung eine Abweichung des erstinstanzlichen Gerichts von der Rechtsprechung des zuständigen Oberverwaltungsgerichts aufgezeigt wird, die zugleich geeignet ist, eine erstinstanzliche Bestätigung des Sofovollzugs des der Sache zugrundeliegenden Bescheides in Frage zu stellen. (vgl. OVG Saarl, B 30.12.97 - 9 U 9/97 - Kirchenasyl, SKZ 98,113/47 (L) = DNr.97.126)



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