zu Art.140 GG | ||
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Nach Art.140 GG in Verbindung mit Art.137 Abs.3 WRV sind nicht nur die organisierte Kirche und die rechtlich selbständigen Teile dieser Organisation, sondern alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform Objekte, bei deren Ordnung und Verwaltung die Kirche grundsätzlich frei ist, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen. (vgl BVerfG, B, 11.10.77, - BvR_209/76 - Stiftungen - BVerfGE_46,73 = www.DFR/BVerfGE)
Das Betriebsverfassungsgesetz selbst erweist sich, indem es zugunsten der Religionsgemeinschaften und ihrer karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform in § 118 Abs.2 einen ausdrücklichen Vorbehalt macht, nicht als ein für alle geltendes Gesetz. Es nimmt vielmehr mit diesem Vorbehalt auf das verfassungsrechtlich Gebotene Rücksicht. (vgl BVerfG, B, 11.10.77, - BvR_209/76 - Stiftungen - BVerfGE_46,73 = www.DFR/BVerfGE)
Die Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gewährleistet den Kirchen, darüber zu befinden, welche Dienste es in ihren Einrichtungen geben soll und in welchen Rechtsformen sie wahrzunehmen sind. Die Kirchen können sich dabei auch der Privatautonomie bedienen, um ein Arbeitsverhältnis zu begründen und zu regeln. Auf dieses findet das staatliche Arbeitsrecht Anwendung; hierbei bleibt das kirchliche Selbstbestimmungsrecht wesentlich. Das ermöglicht den Kirchen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und die spezifischen Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer verbindlich zu machen. (vgl BVerfG, B, 04.06.85, - 2_BvR_1703/83 - Loyalitätspflicht - BVerfGE_70,138 = www.DFR/BVerfGE)
Welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand des Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richtet sich nach den von der verfaßten Kirche anerkannten Maßstäben. Dagegen kommt es weder auf die Auffassung der einzelnen betroffenen kirchlichen Einrichtungen, bei denen die Meinungsbildung von verschiedenen Motiven beeinflußt sein kann, noch auf diejenige breiter Kreise unter Kirchengliedern oder etwa gar einzelner bestimmten Tendenzenv erbundener Mitarbeiter an. (vgl BVerfG, B, 04.06.85, - 2_BvR_1703/83 - Loyalitätspflicht - BVerfGE_70,138 = www.DFR/BVerfGE)
Im Streitfall haben die Arbeitsgerichte die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung vertraglicher Loyalitätspflichten zugrunde zu legen, soweit die Verfassung das Recht der Kirchen anerkennt, hierüber selbst zu befinden. Es bleibt danach grundsätzlich den verfaßten Kirchen überlassen, verbindlich zu bestimmen, was "die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung erfordert", was "spezifisch kirchliche Aufgaben" sind, was "Nähe" zu ihnen bedeutet, welches die "wesentlichen Grundsätze der Glaubenslehre und Sittenlehre" sind und was als - gegebenenfalls schwerer - Verstoß gegen diese anzusehen ist. (vgl BVerfG, B, 04.06.85, - 2_BvR_1703/83 - Loyalitätspflicht - BVerfGE_70,138 = www.DFR/BVerfGE)
Auch die Entscheidung darüber, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine "Abstufung" der Loyalitätspflichten eingreifen soll, ist grundsätzlich eine dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit. (vgl BVerfG, B, 04.06.85, - 2_BvR_1703/83 - Loyalitätspflicht - BVerfGE_70,138 = www.DFR/BVerfGE)
Liegt eine Verletzung von Loyalitätspflichten vor, so ist die weitere Frage, ob sie eine Kündigung des kirchlichen Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigt, nach den kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften des § 1 KSchG, § 626 BGB zu beantworten. Diese unterliegen als für alle geltendes Gesetz im Sinne der Art.137 Abs.3 Satz 1 WRV umfassender arbeitsgerichtlicher Anwendungen. (vgl BVerfG, B, 04.06.85, - 2_BvR_1703/83 - Loyalitätspflicht - BVerfGE_70,138 = www.DFR/BVerfGE)
Die Heranziehung zur Kirchenbausteuer auf Grund des Badischen Ortskirchensteuergesetzes verletzt die juristischen Personen in ihrem Grundrecht aus Art.2 Abs.1 GG. (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE)
Die Besonderen Grundrechtsnormen schließen für ihren Bereich die Anwendung des Art.2 Abs.1 GG nur aus, soweit eine Verletzung dieses Grundrechts und einer besonderen Grundrechtsnorm unter demselben sachlichen Gesichtspunkt in Betracht kommt (Ergänzung BVerfGE 6, 32 <37>; 10, 55 <58>). (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE)
Das Grundgesetz verbietet dem Staat einer Religionsgesellschaft hoheitliche Befugnisse gegenüber Personen zu verleihen, die keiner Religionsgesellschaft angehören. (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE)
Der durch Art.140 GG in das Grundgesetz inkorporierte Art.137 Abs.6 WRV gewährt den Kirchen und Religionsgesellschaften kein Grundrecht im Sinne des Grundgesetzes. Das Besteuerungsrecht nach Art.137 Abs.6 WRV ist eine hoheitliche Befugnis des Staates gegenüber den Bürgern, die dieser in dem gesetzlich bestimmten Umfang den Religionsgesellschaften verleiht. (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE)
Das Grundgesetz legt durch Art.4 Abs.1, Art.3 Abs.3, Art.33 Abs.3 GG sowie durch Art.136 Abs.1 und 4 und Art.137 Abs.1 WRV in Verbindung mit Art.140 GG dem Staat als Heimstatt aller Staatsbürger ohne Ansehen der Person weltanschaulich-religiöse Neutralität auf. Es verwehrt die Einführung staatskirchlicher Rechtsformen und untersagt auch die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse (vgl auch BVerfGE_12,1 <4>; 18,385 <386>; BVerfG NJW_65,1427 f). (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE)
Der Staat ist durch Art.137 Abs.6 WRV nicht gehindert, das überkommene Besteuerungsrecht zu ändern, insbesondere auch einzuschränken; verwehrt ist ihm lediglich, es abzuschaffen oder auszuhöhlen. (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE)
Durch die Inkorporation der Weimarer Kirchenartikel in das Grundgesetz sind diese damit vollgültiges Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland geworden und stehen gegenüber den anderen Artikeln des Grundgesetzes nicht etwa auf einer Stufe minderen Ranges. Wenn das Grundgesetz auch nur als Einheit begriffen werden kann, so hat dies jedoch nichts mit der Bedeutung und dem inneren Gewicht der einzelnen Normen zu tun (BVerfGE_3,225 <232>). Das Verhältnis zwischen den inkorporierten Kirchenartikeln und anderen, im Grundgesetz unmittelbar getroffenen Regelungen ist aus dem Zusammenhang der grundgesetzlichen Ordnung selbst zu bestimmen, wobei von Bedeutung ist, daß das Grundgesetz nicht alle Bestimmungen der Weimarer Verfassung über die Beziehung von Kirche und Staat, insbesondere nicht den Art.135 WRV, übernommen hat. Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sind die einzelnen Artikel des Grundgesetzes so auszugelegen, daß sie mit den elementaren Grundsätzen des Grundgesetzes, insbesondere den Grundrechten, und seiner Werteordnung vereinbar sind (vgl BVerfGE_1,14 <32>; 7,198 <205>). Vornehmstes Interpretationsprinzip ist die Einheit der Verfassung als eines logisch-teleologischen Sinngebildes, weil das Wesen der Verfassung darin besteht, eine einheitliche Ordnung des politischen und gesellschaftlichen Lebens der staatlichen Gemeinschaft zu sein. (vgl BVerfG, U, 14.12.65, - 1_BvR_413/60 - Kirchenbausteuer - BVerfGE_19,206 = www.DFR/BVerfGE)
Durch Art.140 GG sind die Länder gehindert, die Kirchen in ihrer Freiheit stärker zu beschränken, als es nach Bundesverfassungsrecht zulässig ist. (vgl BVerfG, B, 21.09.76, - 2_BvR_350/75 - Kirchliches Amt - BVerfGE_42,312 = www.DFR/BVerfGE)
§ 1 BremKG regelt eine innere Angelegenheit der Kirche, die jedenfalls keine unmittelbare Rechtswirkung im staatlichen Zuständigkeitsbereich entfaltet. Ihr steht deshalb eine Schranke des für alle geltenden Gesetze (Art.140 GG iVm Art.137 Abs.3 WRV) nicht entgegen. (vgl BVerfG, B, 21.09.76, - 2_BvR_350/75 - Kirchliches Amt - BVerfGE_42,312 = www.DFR/BVerfGE)
Was innerhalb der staatlichen Verfassung die Rücksicht auf das Gewaltenteilungsprinzip an Einschränkungen der Abgeordnetenfreiheit rechtfertigt (Art.48 Abs.2 GG iVm Art.137 Abs. 1 GG), erscheint auch gerechtfertigt in Rücksicht auf die Integrität des kirchlichen Amtes. Die Regelung in § 1 BremKG läßt sich also rechtfertigen mit einem Analogiebeschluß aus Art.137 Abs.1 GG. (vgl BVerfG, B, 21.09.76, - 2_BvR_350/75 - Kirchliches Amt - BVerfGE_42,312 = www.DFR/BVerfGE)
Auch soweit § 1 BremKG sich auf Kirchenbeamte bezieht, begegnet er keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. (vgl BVerfG, B, 21.09.76, - 2_BvR_350/75 - Kirchliches Amt - BVerfGE_42,312 = www.DFR/BVerfGE)
Eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will (Art 140 GG iVm Art.137 Abs.5 Satz 2 WRV), muss rechtstreu sein.
a) Sie muss die Gewähr dafür bieten, dass sie das geltende Recht beachten, insbesondere die ihr übertragene Hoheitsgewalt nur in Einklang mit den verfassungsrechtlichen und sonstigen gesetzlichen Bindungen ausüben wird.
b) Sie muss außerdem die Gewähr dafür bieten, dass ihr künftiges Verhalten die in Art.79 Abs.3 GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien, die dem staatlichen Schutz anvertrauten Grundrechte Dritter sowie die Grundprinzipien des freiheitlichen Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes nicht gefährdet. (vgl BVerfG, U, 19.12.00, - 2_BvR_1500/97 - Zeugen Jehovas - BVerfGE_102,370 = RS-BVerfG Nr.00.045 = www.bverfg.de)
Eine darüber hinausgehende Loyalität zum Staat verlangt das Grundgesetz nicht. (vgl BVerfG, U, 19.12.00, - 2_BvR_1500/97 - Zeugen Jehovas - BVerfGE_102,370 = RS-BVerfG Nr.00.045 = www.bverfg.de)
Zur Ewigkeitsklausel des Grundgesetzes. (vgl BVerfG, U, 19.12.00, - 2_BvR_1500/97 - Zeugen Jehovas - BVerfGE_102,370 = RS-BVerfG Nr.00.045 = www.bverfg.de)
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