zu Art.4 GG | [ ] |
---|
Eine Glaubensüberzeugung, die auch den ohne Anrufung Gottes geleisteten Zeugeneid aus religiösen Gründen ablehnt, wird durch Art.4 Abs.1 GG geschützt. (vgl BVerfG, B, 11.04.72, - 2_BvR_75/71 - Eidesverweigerung - BVerfGE_33,23 = www.DFR/BVerfGE)
§ 70 Abs.1 StPO ist verfassungskonform dahin auszulegen, daß als "gesetzlicher Grund", der zur Verweigerung des Eides berechtigt, auch das Grundrecht der Glaubensfreiheit aus Art.4 Abs.1 GG in Betracht kommt. (vgl BVerfG, B, 11.04.72, - 2_BvR_75/71 - Eidesverweigerung - BVerfGE_33,23 = www.DFR/BVerfGE)
Die Gemeinschaftsschule gemäß Art.12 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen ist als Schulform mit dem Grundgesetz vereinbar. Sie führt Eltern und Kinder, die eine bekenntnisgebundene religiöse Erziehung wünschen, nicht in einen verfassungsrechtlich unzumutbaren Glaubenskonflikt und Gewissenskonflikt (im Anschluß an den Beschluß vom 17. Dezember 1975 - 1_BvR_63/68, BVerfGE_41,29 ). (vgl BVerfG, B, 17.12.75, - 1_BvR_548/68 - Gemeinschaftsschule - BVerfGE_41,88 = www.DFR/BVerfGE)
Die bevorzugte Einrichtung solcher Gemeinschaftsschulen neben oder anstelle von Bekenntnisschulen ist mit Art.6 Abs.2 GG (Elternrecht) und Art.4 Abs.1 GG (Glaubensfreiheit und Gewissensfreiheit) vereinbar. (vgl BVerfG, B, 17.12.75, - 1_BvR_548/68 - Gemeinschaftsschule - BVerfGE_41,88 = www.DFR/BVerfGE)
Die Tätigkeit eines nichtdeutschen gläubigen muslimischen Metzgers, der Tiere ohne Betäubung schlachten (schächten) will, um seinen Kunden in Übereinstimmung mit ihrer Glaubensüberzeugung den Genuss von Fleisch geschächteter Tiere zu ermöglichen, ist verfassungsrechtlich anhand von Art.2 Abs.1 in Verbindung mit Art.4 Abs.1 und 2 GG zu beurteilen. (vgl BVerfG, U, 15.01.02, - 1_BvR_1783/99 - Schächten - BVerfGE_104,337 = NJW_02,663 = NVwZ_02,335 = JuS_02,608 = www.bverfg.de)
Im Lichte dieser Verfassungsnormen ist § 4a Abs.1 in Verbindung mit Abs.2 Nr.2 Alternative 2 des Tierschutzgesetzes so auszulegen, dass muslimische Metzger eine Ausnahmegenehmigung für das Schächten erhalten können. (vgl BVerfG, U, 15.01.02, - 1_BvR_1783/99 - Schächten - BVerfGE_104,337 = NJW_02,663 = NVwZ_02,335 = JuS_02,608 = www.bverfg.de)
Kriegsdienstverweigerer, die zu einer Glaubensgemeinschaft gehören, deren Glaubensgrundsätze die Verweigerung mit der Waffe mitumfassen und deren Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe daher offenkundig erscheint, haben wie alle anderen, die sich auf das Grundrecht aus Art.4 Abs.3 GG berufen, die Last der Darlegung der von ihnen getroffenen Gewissensentscheidung. Das Grundrecht der Glaubensfreiheit (Art.4 Abs.1 GG) stellt sie von dieser Last nicht frei. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
Die Reichweite der Schutzpflicht für das ungeborene menschliche Leben ist im Blick auf die Bedeutung und Schutzbedürftigkeit des zu schützenden Rechtsguts einerseits und damit kollidierender Rechtsgüter andererseits zu bestimmen. Als vom Lebensrecht des Ungeborenen berührte Rechtsgüter kommen dabei - ausgehend vom Anspruch der schwangeren Frau auf Schutz und Achtung ihrer Menschenwürde (Art.1 Abs.1 GG) - vor allem ihr Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art.2 Abs.2 GG) sowie ihr Persönlichkeitsrecht (Art.2 Abs.1 GG) in Betracht. Dagegen kann die Frau für die mit dem Schwangerschaftsabbruch einhergehende Tötung des Ungeborenen nicht eine grundrechtlich in Art.4 Abs.1 GG geschützte Rechtsposition in Anspruch nehmen. (vgl BVerfG, U, 28.05.93, - 2_BvF_2/90 - Schwangerschaftsabbruch II - BVerfGE_88,203 = www.DFR/BVerfGE)
Der ohne Anrufung Gottes geleistete Eid hat nach der Vorstellung des Verfassungsgebers keinen religiösen oder in anderer Weise transzendenten Bezug. (vgl BVerfG, B, 11.04.72, - 2_BvR_75/71 - Eidesverweigerung - BVerfGE_33,23 = www.DFR/BVerfGE)
Die Bundesregierung darf öffentlich vor Gefahren warnen, die von dem Wirken einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft ausgehen (Bestätigung von BVerwGE_82,76 - "Jugendreligionen/Jugendsekten"). (vgl BVerwG, E 13.03.91, - 7_B_99/90 - Jugendsekten, NJW_91,1770 -1773 = NVwZ_91,778 = Buchholz_11_Art.4 GG Nr.47 = DÖV_92,81
Ein Anspruch auf eine bestattungsrechtliche Genehmigung für die Errichtung eines Friedhofs läßt sich nicht auf Art.4 Abs.1 GG stützen. (vgl BVerwG, B 07.03.97, - 3_B_173/96 - Friedhofserrichtung, DVBl_97,1292 (L)
Verstoß gegen das Recht, staatsbürgerliche Rechte unabhängig vom religiösen Bekenntnis auszuüben (Art.33 Abs.3 Satz 1), durch Verwehrung der Wahrnehmung des Kommunalmandats eines Gewählten, der die Ablegung eines Eides verweigert, aber sich zu einer inhaltsgleichen Verpflichtung in anderer Form bereiterklärt. (vgl BVerfG, E 25.10.88, - 2_BvR_745/88 - Eidesverweigerung, NJW_89,827 = - DVBl_89,36 = JZ_89,292 = JuS_89,836 = MDR_89,140 =
Zur Frage, ob es nach nordrhein-westfälischem Schulrecht rechtwidrig ist, einen Lehrer deswegen nicht zum Leiter einer katholischen Bekenntnisschule zu ernennen, weil er langjährig in nicht kirchlich getrauter Ehe gelebt und die missio canonica dadurch erwirkt hat, daß er die kirchlichen Stellen in Unkenntnis gelassen hat. (Ergängzung zu BVerwGE 17,267 .) Die "inhaltlich bestimmte" ("materielle") Bekenntnisschule ist durch das Grundgesetz zugelassen. (vgl. BVerwG, U 17.09.64 - 2 C 121/62 - Bekenntnisschule, BVerwGE 19,252 -263)
Die Anbringung eines Kreuzes oder Kruzifixes in den Unterrichtsräumen einer staatlichen Pflichtschule, die keine Bekenntnisschule ist, verstößt gegen Art.4 Abs.1 GG. § 13 Abs.1 Satz 3 der Schulordnung für die Volksschulen in Bayern ist mit Art.4 Abs.1 GG unvereinbar und nichtig. (vgl. BVerfG, E 16.05.95 - 1 BvR 1087/91 - Kruzifix-Urteil, BVerfGE 93,1 = DVBl 95,1069 = DÖV 95,905 = NJW 95,2477 = NVwZ 95,1197 = = DNr.95.000)
Die Einstellung als Lehrerin an Grund- und Hauptschulen im Beamtenverhältnis auf Probe darf abgelehnt werden wenn die Bewerberin nicht bereit ist, Im Unterricht auf das Tragen eines "islamischen Kopftuchs" zu verzichten. (vgl BVerwG, U, 04.07.02, - 2_C_21/01 - Islamisches Kopftuch - NJW_02,3344 -46 = SörS-Nr.02.000)
§§§
Das Glockenschlagen der Kirchtumuhr hat keinen liturgischen Zweck und ist auch nicht durch Art.4 Abs.2 GG geschützte Regligionsausübung. (vgl OVG Saarl, U 16.05.91, - 8_R_7/91 - Kirchturmuhr, SKZ_91,250/10 (L) = NVwZ_92,72 -75 = NJW_92,1061 (L))
Das Zeitschlagen von Kirchturmuhren unterliegt während der Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) grundsätzlich den allgemein geltenden Anforderungen des Immissionsschutzrechts. (vgl BVerwG, U 30.04.92, - 7_C_25/91 - Kirchturmuhr, BVerwGE_90,163 -168 = NJW_92,2779 -2780
Art.4 Abs.2 GG gewährleistet auch das Recht, Sammlungen für kirchliche oder religiöse Zwecke zu veranstalten. Das Gleiche gilt für eine im Rahmen des üblichen religiösen Lebens liegende Unterstützungshandlung wie die Werbung von der Kanzel. (vgl BVerfG, B, 16.10.68, - 1_BvR_241_66 - (Aktion) Rumpelkammer - BVerfGE_24,236 = www.DFR/BVerfGE)
Das Grundrecht aus Art.4 Abs.1 und 2 GG steht nicht nur Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu, sondern auch Vereinigungen, die sich nicht die allseitige, sondern nur die partielle Pflege des religiösen oder weltanschaulichen Lebens (vgl BVerfG, B, 16.10.68, - 1_BvR_241_66 - (Aktion) Rumpelkammer - BVerfGE_24,236 = www.DFR/BVerfGE)
Art.7 GG überläßt es dem demokratischen Landesgesetzgeber,den religiös-weltanschaulichen Charakter der öffentlichen Schulen unter Berücksichtigung des Grundrechts aus Art.4 GG zu bestimmen. (vgl BVerfG, B, 17.12.75, - 1_BvR_63/68 - Simultanschule - BVerfGE_41,29 = www.DFR/BVerfGE)
Das Grundrecht aus Art.4 Abs.1 GG und Art.4 Abs.2 GG schließt das Recht der Eltern ein, ihrem Kind die von ihnen für richtig gehaltene religiöse oder weltanschauliche Erziehung zu vermitteln. (vgl BVerfG, B, 17.12.75, - 1_BvR_63/68 - Simultanschule - BVerfGE_41,29 = www.DFR/BVerfGE)
Es ist Aufgabe des demokratischen Landesgesetzgebers, das im Schulwesen unvermeidliche Spannungsverhältnis zwischen "negativer" und "positiver" Religionsfreiheit nach dem Prinzip der "Konkordanz" zwischen den verschiedenen verfassun gsrechtlich geschützten Rechtsgütern zu lösen. (vgl BVerfG, B, 17.12.75, - 1_BvR_63/68 - Simultanschule - BVerfGE_41,29 = www.DFR/BVerfGE)
Eine Schulform, die weltanschaulich-religiöse Zwänge soweit wie irgend möglich ausschaltet sowie Raum für eine sachliche Auseinandersetzung mit allen religiösen und weltanschaulichen Auffassungen - wenn auch von einer christlich bestimmten Orientierungsbasis her - bietet und dabei das Toleranzgebot beachtet, führt Eltern und Kinder, die eine religiöse Erziehung ablehnen, nicht in einen verfassungsrechtlich unzumutbaren Glaubenskonflikt und Gewissenskonflikt. (vgl BVerfG, B, 17.12.75, - 1_BvR_63/68 - Simultanschule - BVerfGE_41,29 = www.DFR/BVerfGE)
Die christliche Gemeinschaftsschule badischer Überlieferung im Sinne von Art.15 Abs.1 VerfBW ist als Schulform mit dem Grundgesetz vereinbar. (vgl BVerfG, B, 17.12.75, - 1_BvR_63/68 - Simultanschule - BVerfGE_41,29 = www.DFR/BVerfGE)
Die aus den Grundrechten - hier aus Art.4 Abs.1 und 2 GG - folgende Schutzverpflichtung des Gesetzgebers wird durch den objektivrechtlichen Schutzauftrag für die Sonn- und Feiertage aus Art.139 WRV in Verbindung mit Art.140 GG konkretisiert. (vgl BVerfG, U, 01.12.09, - 1_BvR_2857/07 - Adventssonntagsregelung - = RS-BVerfG-Nr.09.021 = www.BVerfG.de)
Die Adventssonntagsregelung in § 3 Abs.1 des Berliner Ladenöffnungsgesetzes steht mit der Gewährleistung der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen nicht in Einklang. (vgl BVerfG, U, 01.12.09, - 1_BvR_2857/07 - Adventssonntagsregelung - = RS-BVerfG-Nr.09.021 = www.BVerfG.de)
§§§
"Gewissensentscheidung" im Sinne des Art.4 Abs.3 GG ist jede ernste sittliche, dh an den Kategorien von "Gut" und" Böse" orientierte Entscheidung, die der einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so daß er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte. (vgl BVerfG, B, 20.12.60, - 1_BvL_21/60 - Kriegsdienstverweigerung - BVerfGE_12,45 = www.DFR/BVerfGE)
Art.4 Abs.3 GG will diejenigen schützen, die den Kriegsdienst mit der Waffe schlechthin verweigern. Das sind nicht nur die grundsätzlichen (dogmatischen) Pazifisten, sondern auch diejenigen, die Kriegsdienst hier und jetzt allgemein ablehnen, die Motive hierzu aber der historisch-politischen Situation entnehmen. Nicht geschützt ist in Art.4 Abs.3 GG die "situationsbedingte" Kriegsdienstverweigerung, bei der die Teilnahme an einem bestimmten Krieg, an Kriegen bestimmter Art, unter bestimmten Bedingungen oder mit bestimmten Waffen verweigert wird. (vgl BVerfG, B, 20.12.60, - 1_BvL_21/60 - Kriegsdienstverweigerung - BVerfGE_12,45 = www.DFR/BVerfGE)
Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen sind gemäß Art.12a Abs.2 iVm Art.4 Abs.3 GG von Verfassung wegen vom Wehrdienst nach Art.12a Abs.1 GG befreit. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
Ist über den Antrag eines Soldaten auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer noch nicht rechtskräftig entschieden und verweigert der Soldat in dieser Zeit eine von ihm geforderte militärische Dienstleistung, so verstößt die Bewertung seines Verhaltens als Dienstvergehen nicht gegen seine Grundrechte aus Art.4 Abs.3, Art.1 Abs.1 oder Art.2 Abs.1 GG. (vgl BVerfG, B, 26.05.70, - 1_BvR_83/69 - Dienstpflichtverweigerung - BVerfGE_28,243 = www.DFR/BVerfGE)
Nur kollidierende Grundrechte Dritter und andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte sind mit Rücksicht auf die Einheit der Verfassung und die von ihr geschützte gesamte Wertordnung ausnahmsweise imstande, auch uneinschränkbare Grundrechte in einzelnen Beziehungen zu begrenzen. (vgl BVerfG, B, 26.05.70, - 1_BvR_83/69 - Dienstpflichtverweigerung - BVerfGE_28,243 = www.DFR/BVerfGE)
Der Kerngehalt des Grundrechts aus Art.4 Abs.3 GG besteht darin, den Kriegsdienstverweigerer vor dem Zwang zu bewahren, in einer Kriegshandlung einen anderen töten zu müssen, wenn ihm sein Gewissen eine Tötung grundsätzlich und ausnahmslos zwingend verbietet. Die Ableistung von Wehrdienst außerhalb dieser Zwangslage und ihres unmittelbaren Zusammenhangs, insbesondere die Leistung von Wehrdienst in Friedenszeiten, fällt nicht schlechthin in den Kernbereich des Grundrechts aus Art.4 Abs.3 GG. Das Grundgesetz gibt indes durch die in Art.12a Abs.2 GG erteilte Ermächtigung, auf gesetzlichem Wege eine Ersatzdienstpflicht einzuführen, zu erkennen, daß es denjenigen, der den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigert, auch außerhalb des von Art.4 Abs.3 GG geschützten Kernbereichs, mithin grundsätzlich auch in Friedenszeiten, nicht zum Dienst mit der Waffe herangezogen wissen will. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
Dem Verfassungsgebot der staatsbürgerlichen Pflichtengleichheit in Gestalt der Wehrgerechtigkeit wird nicht schon dadurch genügt, daß die Wehrpflichtigen entweder zum Wehrdienst oder zum Ersatzdienst herangezogen werden. Das Grundgesetz verlangt vielmehr, daß der Wehrpflichtige grundsätzlich Wehrdienst leistet, und verbietet es deshalb, in den als Ersatz des Wehrdienstes eingerichteten Zivildienst andere als solche Wehrpflichtige einzuberufen, die nach Art.12a Abs.2 iVm Art.4 Abs.3 GG den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigern dürfen. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
Die Wehrgerechtigkeit fordert von jeder gesetzlichen Regelung nach Art.12a Abs.2 iVm Art.4 Abs.3 Satz 2 GG, daß nur solche Wehrpflichtige als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden, bei denen mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann, daß in ihrer Person die Voraussetzungen des Art.4 Abs.3 Satz 1 GG erfüllt sind. § 25a Abs.1 nF WehrPflG genügt diesem Erfordernis nicht. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
Wie eine gesetzliche Regelung, welche die Ausgestaltung des Ersatzdienstes als einzige Probe auf die Gewissensentscheidung einsetzt, beschaffen sein muß, wenn sie der Verfassung entsprechen soll, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Der Gesetzgeber hat insoweit innerhalb des von Art.12a Abs.2 Satz 2 und 3 GG gezogenen Rahmens volle Gestaltungsfreiheit. Außer der Pflicht, Waffendienst zu leisten, kann er alle Pflichten und Belastungen, welche die Wehrdienstleistenden treffen, in gleichem Maße auch den Zivildienstleistenden auferlegen. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
2) Der in Art.12a Abs.2 GG vorgesehene Ersatzdienst ist denjenigen Wehrpflichtigen vorbehalten, die den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigern. Daraus folgt die Pflicht des Gesetzgebers sicherzustellen, daß nur solche Wehrpflichtige als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden, bei denen mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann, daß in ihrer Person die Voraussetzungen des Art.4 Abs.3 Satz 1 GG erfüllt sind (Bestätigung BVerfGE_48,127). Das Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetz genügt diesen Anforderungen. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
8) Das Grundgesetz gebietet eine Auslegung des Art.1 § 8 Satz 2 des Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetzes (Einberufungen im Spannungsfall und Verteidigungsfall) dahin, daß der Wehrpflichtige bis zum rechtskräftigen Abschluß des Anerkennungsverfahrens nur zum waffenlosen Dienst herangezogen werden kann. In dieser Auslegung berührt die Vorschrift den Schutzbereich des Grundrechts aus Art.4 Abs.3 Satz 1 GG nicht. Es schützt nur vor solchen Tätigkeiten, die in einem nach dem Stand der jeweiligen Waffentechnik unmittelbaren Zusammenhang mit dem Einsatz von Kriegswaffen stehen. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
"Gewissensentscheidung" im Sinne des Art.4 Abs.3 GG ist jede ernste sittliche, dh an den Kategorien von "Gut" und" Böse" orientierte Entscheidung, die der einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so daß er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte. (vgl BVerfG, B, 20.12.60, - 1_BvL_21/60 - Kriegsdienstverweigerung - BVerfGE_12,45 = www.DFR/BVerfGE)
Im Wehrdisziplinarverfahren sind minderjährige Soldaten handlungs- und prozeßfähig, obwohl die Wehrdisziplinarordnung und die Wehrbeschwerdeordnung keine ausdrücklichen Bestimmungen darüber enthalten. Dasselbe gilt für das Verfahren über die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer und andere die Wehrpflicht betreffende Verfahren (BVerwGE 7, 66 <67> = NJW 1958, S.2032). Diese gegenüber dem Bürgerlichen Recht, dem Zivilprozeßrecht und auch dem allgemeinen Verwaltungsprozeßrecht erweiterte Handlungsfähigkeit trägt dem Umstand Rechnung, daß die Wehrpflicht schon mit dem 18.Lebensjahr beginnt und der Wehrpflichtige grundsätzlich für reif angesehen wird,d ie ihm übertragenen Aufgaben als Soldat zu erfüllen. Darüber hinaus ist das Wehrdisziplinarverfahren nach seinem Inhalt und Ablauf dem Strafverfahren eng verwandt, in welchem minderjährige Angeklagte ebenfalls weitgehend selbständige Antragsbefugnisse haben. (vgl BVerfG, B, 26.05.70, - 1_BvR_83/69 - Dienstpflichtverweigerung - BVerfGE_28,243 = www.DFR/BVerfGE)
Der in Art.12a Abs.2 GG vorgesehene Ersatzdienst ist denjenigen Wehrpflichtigen vorbehalten, die den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigern. Daraus folgt die Pflicht des Gesetzgebers sicherzustellen, daß nur solche Wehrpflichtige als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden, bei denen mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann, daß in ihrer Person die Voraussetzungen des Art.4 Abs.3 Satz 1 GG erfüllt sind (Bestätigung BVerfGE_48,127). Das Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetz genügt diesen Anforderungen. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
Nach Art.12a Abs.2 Satz 2 GG bildet die rechtlich zulässige Dauer des Wehrdienstes die zeitliche Obergrenze für die Dauer des Ersatzdienstes. Das normative Ziel des Art.12a Abs.2 Satz 2 GG ist es, ein Gleichgewicht der Belastung von Wehrdienstleistenden und Ersatzdienstleistenden sicherzustellen. Der Gesetzgeber kann daher bei der Bemessung der Dauer des Ersatzdienstes innerhalb des durch Art.12a Abs.2 Satz 2 GG gezogenen Rahmens die vorgegebenen Unterschiede zwischen Wehrdienst und Ersatzdienst berücksichtigen. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
Kriegsdienstverweigerer, die zu einer Glaubensgemeinschaft gehören, deren Glaubensgrundsätze die Verweigerung mit der Waffe mitumfassen und deren Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe daher offenkundig erscheint, haben wie alle anderen, die sich auf das Grundrecht aus Art.4 Abs.3 GG berufen, die Last der Darlegung der von ihnen getroffenen Gewissensentscheidung. Das Grundrecht der Glaubensfreiheit (Art.4 Abs.1 GG) stellt sie von dieser Last nicht frei. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
Der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 GG) werden nicht dadurch verletzt, daß der Kriegsdienstverweigerer unbeschadet seiner Verpflichtung, Ersatzdienst zu leisten, der Anerkennung in einem Verwaltungsverfahren bedarf. Beide Elemente, die Verpflichtung zur Leistung des Ersatzdienstes und das Anerkennungsverfahren, gewährleisten nach der verfassungsrechtlich unbedenklich Auffassung des Gesetzgebers nur in ihrem Zusammenwirken mit hinreichender Sicherheit, daß lediglich diejenigen Wehrpflichtigen vom Wehrdienst freigestellt werden, deren Kriegsdienstverweigerung auf einer Gewissensentscheidung beruht. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
Der Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer darf nach Art.1 § 6 Abs. 1 Satz 1 des Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetzes vom Bundesamt nur abgelehnt werden, wenn es auf der Grundlage eines vollständigen Antrags zu dem sicheren Schluß gelangt, daß die Beweggründe des Antragstellers nicht geeignet sind, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
Das Anerkennungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer ein Widerlegungsverfahren in dem Sinne, daß die Anerkennungsbehörde die Behauptung des Antragstellers, er verweigere den Kriegsdienst aus Gewissensgründen, im Zweifel hinzunehmen hätte. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
Das Grundgesetz gebietet eine Auslegung des Art.1 § 8 Satz 2 des Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetzes (Einberufungen im Spannungsfall und Verteidigungsfall) dahin, daß der Wehrpflichtige bis zum rechtskräftigen Abschluß des Anerkennungsverfahrens nur zum waffenlosen Dienst herangezogen werden kann. In dieser Auslegung berührtd ie Vorschrift den Schutzbereich des Grundrechts aus Art.4 Abs.3 Satz 1 GG nicht. Es schützt nur vor solchen Tätigkeiten, die in einem n ach dem Stand der jeweiligen Waffentechnik unmittelbaren Zusammenhang mit dem Einsatz von Kriegswaffen stehen. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen sind gemäß Art.12a Abs.2 iVm Art.4 Abs.3 GG von Verfassung wegen vom Wehrdienst nach Art.12a Abs.1 GG befreit. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
4) Der Kerngehalt des Grundrechts aus Art.4 Abs.3 GG besteht darin, den Kriegsdienstverweigerer vor dem Zwang zu bewahren, in einer Kriegshandlung einen anderen töten zu müssen, wenn ihm sein Gewissen eine Tötung grundsätzlich und ausnahmslos zwingend verbietet. Die Ableistung von Wehrdienst außerhalb dieser Zwangslage und ihres unmittelbaren Zusammenhangs, insbesondere die Leistung von Wehrdienst in Friedenszeiten, fällt nicht schlechthin in den Kernbereich des Grundrechts aus Art.4 Abs.3 GG. Das Grundgesetz gibt indes durch die in Art.12a Abs.2 GG erteilte Ermächtigung, auf gesetzlichem Wege eine Ersatzdienstpflicht einzuführen, zu erkennen, daß es denjenigen, der den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigert, auch außerhalb des von Art.4 Abs.3 GG geschützten Kernbereichs, mithin grundsätzlich auch in Friedenszeiten, nicht zum Dienst mit der Waffe herangezogen wissen will. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
5) Der Verfassungsgeber hat nicht eine allen Staatsbürgern - also gemäß Art.3 Abs.2 GG auch dem weiblichen Teil der Bevölkerung - obliegende Dienstpflicht für das allgemeine Wohl zugelassen. Der in Art.12a Abs.2 GG vorgesehene Ersatzdienst ist vom Grundgesetz nicht alsa lternative Form der Erfüllung der Wehrpflicht gedacht; er ist nur Wehrpflichtigen vorbehalten, die den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigern. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
6) Dem Verfassungsgebot der staatsbürgerlichen Pflichtengleichheit in Gestalt der Wehrgerechtigkeit wird nicht schon dadurch genügt, daß die Wehrpflichtigen entwederz um Wehrdienst oder zum Ersatzdienst herangezogen werden. Das Grundgesetz verlangt vielmehr, daß der Wehrpflichtige grundsätzlich Wehrdienst leistet, und verbietet es deshalb, in den als Ersatz des Wehrdienstes eingerichteten Zivildienst andere als solche Wehrpflichtige einzuberufen, die nach Art.12a Abs.2 iVm Art.4 Abs.3 GG den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigern dürfen. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
7) Die Wehrgerechtigkeit fordert von jeder gesetzlichen Regelung nach Art.12a Abs.2 iVm Art.4 Abs.3 Satz 2 GG, daß nur solche Wehrpflichtige als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden, bei denen mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann, daß in ihrer Person die Voraussetzungen des Art.4 Abs.3 Satz 1 GGe rfüllt sind. § 25a Abs.1 nF WehrPflG genügt diesem Erfordernis nicht. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
8) Wie eine gesetzliche Regelung, welche die Ausgestaltung des Ersatzdienstes als einzige Probe auf die Gewissensentscheidung einsetzt, beschaffen sein muß, wenn sie der Verfassung entsprechen soll, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Der Gesetzgeber hat insoweit innerhalb des von Art.12a Abs.2 Satz 2 und 3 GG gezogenen Rahmens volle Gestaltungsfreiheit. Außer der Pflicht, Waffendienst zu leisten, kann er alle Pflichten und Belastungen, welche die Wehrdienstleistenden treffen, in gleichem Maße auch den Zivildienstleistenden auferlegen. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
§§§
Die gesetzliche Regelung des Rechts der Kriegsdienstverweigerung hat das in Art.4 Abs.3 GG gewährleistete Grundrecht zu beachten und zugleich der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für eine wirksame militärische Landesverteidigung Rechnung zu tragen. (vgl BVerfG, U, 24.04.85, - 2_BvF_2/84 - Kriegsdienstverweigerer II - BVerfGE_69,1 = www.DFR/BVerfGE)
Die Änderung der Vorschriften über die Anerkennung von Kriegsdienstverweigerern hat unmittelbar die grundlegende Umgestaltung des Zivildienstes zu einer nach Inhalt und Umfang alternativ neben den Wehrdienst tretenden zweiten Form eines Gemeindienstes zur Folge. Diese Qualitätsveränderung ist in § 25a nF WehrPflG unmittelbar angelegt. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
Die in den materiell-rechtlichen Vorschriften des Wehrpflichtänderungsgesetzes angelegte neue Verschiebung von Verwaltungszuständigkeiten zu Lasten der Länder war nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
Die von der Verfassung geforderte militärische Landesverteidigung kann auf der Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht, aber - sofern ihre Funktionstüchtigkeit gewährleistet bleibt - verfassungsrechtlich unbedenklich beispielsweise auch durch eine Freiwilligenarmee sichergestellt werden. (vgl BVerfG, U, 13.04.78, - 2_BvF_1/77 - Wehrpflichtnovelle - BVerfGE_48,127 = www.DFR/BVerfGE)
§§§
RsprS zu Art.4 GG | [ ]; |
Saar-Daten-Bank (SaDaBa) - I n f o - S y s t e m - R e c h t - © H-G Schmolke 1998-2010
Rechtsprechungshinweise zum Grundgesetz
K-Adenauer-Allee 13, 66740 Saarlouis, Tel: 06831-988099, Fax: 06831-988066, Email: hgs@sadaba.de
Der schnelle Weg durch's Paragraphendickicht!
www.sadaba.de
§§§