Begr (1) | JuMoG | BT-Dr 15/1508 |
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Die Bundesregierung verfolgt im Rahmen des „Masterplans Bürokratieabbau“ das Ziel, unnötige Bürokratie abzubauen und staatliches Handeln bürger- und wirtschaftsfreundlicher zu gestalten. Im Bereich der Justiz kann der Bund zu einer Modernisierung nicht zuletzt durch eine Änderung der Prozessordnungen und sonstiger Verfahrensvorschriften beitragen. Gerichtliche Verfahren können auf diese Weise schneller und kostengünstiger durchgeführt werden, ohne dass rechtsstaatliche Garantien angetastet werden. Durch den Abbau von Formalien können Effizienzreserven in der Justiz erschlossen werden. So müssen derzeit in verschiedenen Gerichtsverfahren über denselben Lebenssachverhalt Beweise oft doppelt erhoben werden, weil eine unmittelbare Verwertung der in einem anderen Verfahren erhobenen Beweise nicht oder nur im Einverständnis beider Parteien zulässig ist. Ein solches Einverständnis ist aber häufig nicht zu erlangen. Eine doppelte Beweiserhebung über dieselbe Tatsache stößt insbesondere bei Zeugen auf Unverständnis, die eine mehrmalige Vernehmung in verschiedenen Prozessen über dieselbe Angelegenheit oftmals nicht zu Unrecht als eine zumindest überflüssige und bürokratische Prozedur empfinden. In zahlreichen weiteren Bereichen kann die Arbeit der Gerichte durch die Aufhebung überholter Formalien oder die Verlängerung zu knapper Fristen erleichtert und flexibilisiert werden. Dies kommt nicht nur der Rechtsanwendung im Justizalltag zugute, sondern dient auch ganz generell der besseren Akzeptanz von Recht. Die Binnenstruktur der Justiz ist zudem traditionell von einer stark arbeitsteiligen und damit personalintensiven Ablauforganisation geprägt. Besonders auffallend ist dies im Verhältnis zwischen Richtern oder Staatsanwälten einerseits und Rechtspflegern andererseits. Seit dem ersten Rechtspflegergesetz aus dem Jahr 1957 hat das Berufsbild und die Stellung des Rechtspflegers einen nachhaltigen Wandel erfahren, insbesondere wurden im Laufe der Zeit eine Reihe von Aufgaben und Einzelverrichtungen vom Richter auf den Rechtspfleger übertragen. Hierbei stand weniger eine effiziente Ausgestaltung der Arbeitsabläufe im Vordergrund, vielmehr waren die Entscheidungen und die ihnen vorausgegangenen Diskussionen zumeist von standespolitischen Haltungen geprägt oder wurden durch Gesetzesvorhaben ausgelöst.
Durch das am 20. Juni 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Übertragung von Rechtspflegeraufgaben auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (BGBl. I S. 1810), das den Ländern ermöglicht, Aufgaben des Rechtspflegers insbesondere im Bereich des Mahnverfahrens und der Geldstrafenvollstreckung auf den Urkundsbeamten zu verlagern, wurde ein erster Schritt zu einer strukturellen Binnenreform der Justiz unternommen. Das Ziel, sinnvolle Bearbeitungszusammenhänge herzustellen und fortzuentwickeln und einen ökonomischen Einsatz der personellen Ressourcen in der Justiz zu ermöglichen, kann aber nur erreicht werden, indem ergänzend in einer zweiten Stufe auch weitere Kompetenzübertragungen vom Richter oder Staatsanwalt auf den Rechtspfleger erfolgen. Damit können die im Rechtspflegerbereich durch die Aufgabenverlagerung auf den mittleren Dienst freiwerdenden personellen Kapazitäten möglichst zeitnah genutzt werden.
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Die vorgeschlagenen Änderungen der Zivilprozessordnung verfolgen das Ziel, den Zivilprozess zu vereinfachen und effektiver zu gestalten, ohne rechtsstaatliche Standards, namentlich den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs, zu beeinträchtigen. Der Entwurf erleichtert zu diesem Zweck den Zugriff auf Beweisaufnahmen und Beweisergebnisse anderer Verfahren. Dies führt im Zivilprozess, aber auch in den Fachgerichtsbarkeiten zu erheblichen Effizienzgewinnen, weil die unmittelbare Verwertbarkeit von Gutachten und Zeugenvernehmungen aus anderen Verfahren oder von strafrichterlichen Beweisergebnissen über denselben Lebenssachverhalt unnötige doppelte Beweisaufnahmen vermeidet. Im Einzelnen sind die folgenden Regelungen vorgesehen:
Eine neue Beweisregel erhöht die Beweiskraft eines rechtskräftigen Urteils in einem Straf- oder Bußgeldverfahren. Dieses Urteil soll künftig vollen Beweis für die darin für erwiesen erachteten Feststellungen entfalten. Wenn also das Strafgericht von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt ist, so ist das Zivilgericht in einem nachfolgenden Schmerzensgeldprozess grundsätzlich daran gebunden. Damit werden erneute Zeugenvernehmungen oder Gutachten für den Nachweis einer Straftat im Zivilprozess entbehrlich. Der Verletzte kann sich insoweit auf das Strafurteil als öffentliche Urkunde berufen. Dem Verurteilten nützt künftig pauschales Bestreiten der Täterschaft im Zivilprozess nichts mehr. Ihm bleibt nur die Möglichkeit, durch begründeten Antrag Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen im Strafurteil zu wecken und auf diesem Wege eine erneute Beweisaufnahme über diese Tatsachen herbeizuführen.
Der Zivilrichter wird befugt, anstelle einer erneuten Vernehmung eines Zeugen auf das Protokoll einer richterlichen Vernehmung in einem anderen Gerichtsverfahren als Beweismittel zurückzugreifen. Bisher ist das nur möglich, wenn beide Parteien dem zustimmen. Diese Rechtslage führt zu einer häufig unnötigen und unergiebigen doppelten Vernehmung eines Zeugen in verschiedenen Gerichtsverfahren.
Derzeit muss zum Beweis von Tatsachen, die bereits in Parallelverfahren durch ein Sachverständigengutachten geklärt worden sind, in der Regel erneut ein Gutachten eingeholt werden. Künftig kann der Richter das Gutachten aus dem Parallelverfahren seiner Überzeugungsbildung zugrunde legen, auch wenn eine Partei dem nicht zustimmt. Eine zweite Begutachtung wird vermieden.
Der Entwurf enthält darüber hinaus folgende weitere Regelungen, die den Zivilprozess durch weniger Formvorschriften vereinfachen und effektiver gestalten: Insbesondere wird dem Richter die Möglichkeit gegeben, vom Strengbeweisverfahren im Einvernehmen mit den Parteien abzusehen. Dadurch kann sich der Richter in geeigneten Fällen über die Beschränkung auf die gesetzlichen Beweismittel und über den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme im Einvernehmen der Parteien hinwegsetzen. Wenn beispielsweise die mündliche Verhandlung über das Ergebnis der Beweisaufnahme ergibt, dass ein weiterer Zeuge vernommen werden muss, so kann dies sofort telefonisch geschehen und der Prozess ohne Verzögerung beendet werden. Auch die Befragung eines Zeugen oder Sachverständigen per E-Mail kann sehr schnell und effizient sein. Weitere Änderungen betreffen die Abschaffung der notwendigen mündlichen Verhandlung über Tatbestandsberichtigungsanträge und die Verlängerung der Fristen im Recht der Wiedereinsetzung, sofern eine Rechtsmittelbegründungsfrist schuldlos versäumt wurde.
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Auch im Strafverfahren verfolgen die vorgeschlagenen Änderungen das Ziel, ohne Beeinträchtigung rechtsstaatlicher Standards das Verfahren zu vereinfachen und seine Effizienz zu erhöhen. Dazu gehört auch eine verbesserte Überschaubar- und Lesbarkeit der Normen. Dies kommt nicht nur der Rechtsanwendung im Justizalltag zugute, sondern dient auch ganz generell der besseren Akzeptanz von Recht. Der Entwurf setzt hierzu in folgenden Bereichen an:
Die derzeit nur noch im Strafverfahren geltende Regelvereidigung wird abgeschafft. Damit wird das Gesetz der Rechtswirklichkeit und den anderen Verfahrensordnungen angepasst. Gleichzeitig beseitigt die umfassende Neugestaltung der Vereidigungsregelungen die unübersichtliche Kennzeichnung von Paragrafen mit „a“, „b“ etc. Da zudem inhaltlich eine Angleichung mit den entsprechenden Regelungen des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten erfolgt, führt dies auch mit Blick auf die Einheit der Rechtsordnung insgesamt zu einer Verbesserung.
In der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter wird durch Ergänzung von § 226 StPO die Möglichkeit eröffnet, von der bislang obligatorischen Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abzusehen und damit Personal den tatsächlichen Erfordernissen im Einzelfall gemäß einzusetzen.
Die Unterbrechungsregelungen in § 229 StPO werden reformiert.
Durch die Verlängerung der in der Praxis häufig als zu kurz beklagten Unterbrechungsfrist in Absatz 1 von zehn Tagen auf drei Wochen entfällt der Zwang zu zeit- und kostenintensiven Schiebeterminen, mit denen im Ergebnis nur der Verfahrensabbruch bei Überschreitung der Unterbrechungsfrist verhindert werden soll. Mit der Fristverlängerung kann auch besser als bisher auf unvorhersehbare Wendungen im Prozessverlauf reagiert werden; das Verfahren kann unter Verwendung seiner bisherigen Ergebnisse fortgeführt und ein alle Prozessbeteiligten belastendes völlig neues Verfahren vermieden werden.
Das unübersichtliche System der nach Verfahrensdauer gestaffelten Unterbrechungsfristen in Absatz 2 wird bei in der Summe angemessener Fristerweiterung drastisch vereinfacht und damit leicht handhabbar.
In Absatz 3 erfolgt eine Ausdehnung der Hemmungsregelung bei Erkrankung, die bisher nur für den Angeklagten gilt, auf die Mitglieder des Spruchkörpers. Dadurch wird es nicht mehr erforderlich sein, den Prozess wegen Erkrankung eines Richters oder Schöffen von vorne zu beginnen.
Die Vorschriften über die Verlesung von Vernehmungsprotokollen und urkundlichen Erklärungen in § 251 Abs. 1, 2 StPO werden systematisch klarer und verständlicher gefasst. Die neu geschaffene Möglichkeit der Verlesung solcher Schriftstücke auch zum Beweis des Vorliegens oder der Höhe eines Vermögensschadens wird vor allem in Massensachen zur Verfahrensentlastung beitragen.
Die Möglichkeit, behördliche und ärztliche Erklärungen nach § 256 Abs. 1 StPO zu verlesen, wird erweitert. Einbezogen werden nunmehr auch die Erklärungen allgemein vereidigter Sachverständiger sowie Protokolle und urkundliche Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen. Die dadurch verzichtbare persönliche Einvernahme des Sachverständigen oder Zeugen wird im Interesse aller Verfahrensbeteiligter zur Straffung der Hauptverhandlung und zu Kosteneinsparungen führen.
Eine moderate Ergänzung der Privatklagedelikte um den Straftatbestand der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB) und um den Vollrauschtatbestand des § 323a StGB in den Fällen, in denen die Rauschtat ein Privatklagedelikt ist, erweitert die Möglichkeit, die Fortführung des Strafverfahrens dort dem Verletzten zu überlassen, wo das öffentliche Interesse dessen Durchführung nicht erfordert.
Im Verfahren vor den Amtsgerichten werden die Möglichkeiten erweitert, in das Strafbefehlsverfahren überzugehen und damit in den Fällen, in denen der Durchführung der Hauptverhandlung das Ausbleiben des Angeklagten oder ein anderer wichtiger Grund entgegensteht, rasch und auf einfachemWege zu einer gerichtlichen Erkenntnis zu gelangen. Hierzu wird durch eine Ergänzung von § 408a StPO der Staatsanwaltschaft die mündliche Antragstellung auf Erlass eines Strafbefehls in der Hauptverhandlung ermöglicht. Außerdem soll durch eine Änderung von § 418 StPO künftig auch im beschleunigten Verfahren der Übergang ins Strafbefehlsverfahren entsprechend § 408a StPO möglich sein.
Schließlich sollen in der Justizpraxis aufgetretene, möglicherweise hemmend wirkende Unsicherheiten über den bei der Anwendung des beschleunigten Verfahrens zu beachtenden Zeitrahmen durch klare gesetzliche Vorgaben beseitigt werden. Hierzu wird § 418 Abs. 1 StPO dahin gehend ergänzt, dass zwischen Antragseingang bei Gericht und dem Beginn der Hauptverhandlung nicht mehr als sechs Wochen liegen sollen. Die mit dieser Regelung verbundene Rechtssicherheit wird zur weiteren Förderung des beschleunigten Verfahrens beitragen.
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Zur Umsetzung der Ziele der strukturellen Binnenreform der Justiz sieht der Entwurf in Artikel 9 verschiedene Änderungen des Rechtspflegergesetzes vor, vor allem eine Ermächtigungsgrundlage für die Länder, bestimmte bisher noch dem Richter vorbehaltene Verrichtungen im Bereich der Aufgaben des Handelsregisters und der Nachlasssachen sowie die Geschäfte der Amtshilfe auf den Rechtspfleger zu übertragen. Das Bedürfnis für länderspezifische Regelungen im Bereich der funktionellen Zuständigkeit resultiert aus den Veränderungen, die die allgemeine Berufssituation der Rechtspfleger in den vergangenen Jahren erfahren hat. So bestehen für die Bereichsrechtspfleger in den neuen Bundesländern nur eingeschränkte Einsatzmöglichkeiten. Auch in den alten Bundesländern ist eine inhomogene Entwicklung des Ausbildungsstandes der Rechtspfleger festzustellen. In einigen Ländern werden die in Rede stehenden Aufgaben von den Rechtspflegern bereits seit Jahren unterschriftsreif für den Richter vorbereitet, andere Länder sehen dagegen einen erheblichen Aus- und Fortbildungsbedarf, bevor eine Aufgabendelegation möglich ist. Aufgrund dieser unterschiedlichen Ausgangslage ist eine bundeseinheitliche und zeitgleiche Aufgabenverlagerung nicht möglich. Der Entwurf eröffnet den Ländern daher die Möglichkeit, die entsprechenden Richtervorbehalte zeitlich gestaffelt ganz oder in Teilbereichen aufzuheben und so den länderspezifischen Besonderheiten angemessen Rechnung zu tragen.
Eine derartige Öffnungsklausel ist aufgrund von Artikel 72 Abs. 3 GG möglich. Ein etwaiger Verlust an Einheitlichkeit ist insoweit hinnehmbar, da für Rechtssuchende und Verfahrensbeteiligte die funktionelle Zuständigkeit des Sachbearbeiters innerhalb des Gerichts von untergeordneter Bedeutung ist. Anträge und Sachstandsanfragen werden an das Gericht als solches adressiert; die funktionelle Zuordnung der Aufgabenbearbeitung erfolgt anschließend von Amts wegen. Verfahrensverzögerungen sind hierdurch nicht zu erwarten.
Die Aufgabenverteilung zwischen Nachlassrichter und Rechtspfleger stellt sich nach der derzeitigen Rechtslage wie folgt dar: Die Geschäfte des Nachlassgerichts gehören nach § 3 Nr. 2c RPflG grundsätzlich zum Aufgabenkreis des Rechtspflegers (Vorbehaltsübertragung), die dem Richter vorbehaltenen Einzelaufgaben des Nachlassgerichts sind in § 16 RPflG abschließend aufgezählt. Dabei handelt es sich insbesondere um Tätigkeiten, bei denen es auf die Beurteilung letztwilliger Verfügungen ankommt, wie die Erteilung von Erbscheinen aufgrund testamentarischer Erbfolge und deren Einziehung (§ 16 Abs. 1 Nr. 6 und 7 RPflG), die Ernennung und Entlassung von Testamentsvollstreckern (§ 16 Nr. 2 und 5), oder Geschäfte mit Auslandsbezug, wie die Anordnung einer Nachlasspflegschaft für Angehörige eines fremden Staates (§ 16 Nr. 1), aber auch Aufgaben wie die Entscheidung über Anträge, eine vom Erblasser für die Verwaltung des Nachlasses getroffene Anordnung außer Kraft zu setzen (§ 16 Nr. 3) und die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Nachlasspflegern (§ 16 Nr. 1) oder mehreren Testamentsvollstreckern (§ 16 Nr. 4). Der Entwurf soll den Ländern die Möglichkeit geben, diese Zuständigkeitszersplitterung zu beenden. Die Aufhebungsermächtigung umfasst alle genannten Vorbehalte mit Ausnahme der Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Nachlasspflegern (§ 16 Nr. 1) sowie mehreren Testamentsvollstreckern (§ 16 Nr. 4) und der Entscheidung über Anträge, eine vom Erblasser getroffene Anordnung für die Verwaltung des Nachlasses außer Kraft zu setzen (§ 16 Nr. 3). Diese Geschäfte sollen als typische Streitentscheidungen dem Richter vorbehalten bleiben. Aus dem gleichen Grund sieht der Entwurf eine Vorlagepflicht an den Richter vor, soweit bei den dem Rechtspfleger nunmehr übertragenen Geschäften in Nachlasssachen von den Beteiligten einander widersprechende Anträge gestellt werden. In den Entwurf aufgenommen wurde außerdem die Aufhebung des durch das Betreuungsgesetz aus dem Jahr 1990 gegenstandslos gewordenen Vorbehalts nach § 16 Abs. 1 Nr. 8 RPflG.
Auch Handels- und Registersachen gehören zu den Kernaufgaben des Rechtspflegers in der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Nach § 3 Nr. 2d RPflG sind Handelssachen i. S. d. 7. Abschnitts des FGG sowie Partnerschaftssachen i. S. d. § 160b FGG, mit Ausnahme der im 2. Abschnitt des Rechtspflegergesetzes (hier: § 17 RPflG) genannten Geschäfte, dem Rechtspfleger übertragen. So wird von den Rechtspflegern die Abteilung A des Handelsregisters (betr. Einzelkaufleute, Offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften, Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigungen und die in § 33 HGB bezeichneten juristischen Personen), ebenso das Genossenschafts- und das Partnerschaftsregister in vollem Umfang geführt. Die Richtervorbehalte in Handels- und Registersachen betreffen bestimmte Kontrollaufgaben und Eintragungen im Handelsregister der Abteilung B (§ 17 Nr. 1 RPflG), insbesondere die Ersteintragungen von Kapitalgesellschaften, Satzungsänderungen und Umwandlungen sowie Löschungen z. B. wegen Vermögenslosigkeit. Hinzu kommen die Geschäfte nach § 145 FGG (§ 17 Nr. 2a); dabei handelt es sich in erster Linie um Kontroll- und Aufsichtsaufgaben bei Kapitalgesellschaften. Die dem Richter nach § 17 Nr. 2b vorbehaltenen weiteren Handelssachen umfassen insbesondere die Ernennung von Liquidatoren, der Vorbehalt in § 17 Nr. 3 betrifft Seerechtssachen.
Wegen des Sachzusammenhangs einzelner Aufgaben eröffnen sich in diesem Bereich durch Neuverteilung und passgenauere Abstimmung der Zuständigkeiten zwischen Richter und Rechtspfleger Synergieeffekte in nicht unerheblichem Umfang.
Den Ländern wird daher ermöglicht, die Richtervorbehalte nach § 17 Nr. 1 und Nr. 2b RPflG aufzuheben. Die weiter vorgesehene Öffnungsklausel zur Übertragung des Amtshilfeverkehrs auf den Rechtspfleger soll zusätzliche Möglichkeiten eröffnen, Personalressourcen effizienter und ihren speziellen Gegebenheiten entsprechend einzusetzen. Außerdem enthält der Entwurf die Aufhebung des Richtervorbehalts bei Änderungen von Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (UdG). Dieser Vorbehalt ist in § 4 Abs. 2 Nr. 3 RPflG normiert, der weithin als überholt angesehen wird, so dass es hier keiner Regelung im Wege einer Öffnungsklausel bedarf.
Neben den „klassischen“, in diesem Zusammenhang seit Jahren diskutierten Themen Nachlass- und Registersachen berücksichtigt der Entwurf schließlich mit der Strafvollstreckung ein Aufgabengebiet, das bisher nicht im Zentrum der Verlagerungsdiskussion stand. Da das Gesetz zur Übertragung von Rechtspflegeraufgaben auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 16. Juli 2002 (BGBl. I S. 1810) den Bundesländern die Möglichkeit gibt, im Bereich der Geldstrafenvollstreckung einen Teil der bisherigen Aufgaben des Rechtspflegers auf den Urkundsbeamten zu übertragen, können durch zeitnahe Aufgabenverlagerungen vom Staatsanwalt auf den Rechtspfleger freigewordene Ressourcen effizient genutzt und Kapazitäten im Bereich der Staatsanwälte stärker für die Strafermittlung eingesetzt werden.
Nach § 31 Abs. 2 RPflG sind die der Vollstreckungsbehörde in Straf- und Bußgeldsachen obliegenden Geschäfte grundsätzlich dem Rechtspfleger übertragen. Ausnahmen hiervon enthält die auf der Grundlage des § 31 Abs. 2 Satz 2 RPflG erlassene Verordnung des Bundesministeriums der Justiz über die Begrenzung der Geschäfte des Rechtspflegers bei der Vollstreckung in Straf- und Bußgeldsachen vom 26. Juni 1970 (BGBl. I S. 992), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. Februar 1982 (BGBl. I S. 188). Die hiernach bestehenden Übertragungsvorbehalte können in Anbetracht des zwischenzeitlich erreichten Ausbildungsstandes der Rechtspfleger nahezu vollständig entfallen.
Die Begrenzungsverordnung ordnet in § 2 außerdem für bestimmte Fälle eine Vorlagepflicht an den Staatsanwalt an. Der Entwurf enthält eine Überarbeitung der Vorlagepflichten auch für den Bereich der „Rechtspflegeverwaltung“ und passt sie an die Regelungen des § 5 RPflG, der Parallelvorschrift für den Bereich der richterlichen Geschäfte, an. Zugleich soll das Rechtsbehelfsverfahren im Bereich der Strafvollstreckung, soweit der Rechtspfleger entschieden hat, gestrafft werden, indem nach dem Vorbild des § 11 RPflG nach dem Entwurf gegen Maßnahmen des Rechtspflegers in Strafvollstreckungssachen künftig der Rechtsbehelf gegeben sein soll, der nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist (§ 31 Abs. 6). Der Staatsanwalt oder Richter entscheidet danach nur noch über Maßnahmen des Rechtspflegers, wenn nach allgemeinen Vorschriften ein Rechtsbehelf gegen diese Maßnahme nicht möglich ist. Hinsichtlich der Maßnahmen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle im Bereich der Geldstrafenvollstreckung soll das bisherige Rechtsbehelfsverfahren grundsätzlich beibehalten werden. Es ist lediglich vorgesehen, dass aufgrund der Sachnähe über Einwendungen gegen Maßnahmen des Urkundsbeamten künftig anstelle des Staatsanwalts der Rechtspfleger befindet (§ 36b Abs. 4 RPflG).
Die vorgesehenen Aufgabenverlagerungen dienen nicht nur der Straffung der Ablauforganisation und ihrer Effizienzsteigerung, sondern zugleich auch der Erhaltung und Steigerung der individuellen Arbeitszufriedenheit. Dies trifft für Richter und Staatsanwälte zu, die von häufig eiligen oder zeitaufwendigen Einzelentscheidungen in – im Übrigen vom Rechtspfleger bearbeiteten – Verfahren entlastet werden und sich künftig auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können, aber auch für die Rechtspfleger, deren Stellung als eigenständiges Organ der Gerichtsverfassung durch die geplanten Änderungen gestärkt wird.
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Die gerichtliche Praxis ist bei Verkehrszuwiderhandlungen nicht unerheblich mit Rechtsbehelfen befasst, die nur zu dem Zweck eingelegt werden, das Verfahren hinauszuzögern, auf diese Weise die Tilgung bereits in das Verkehrszentralregister (VZR) eingetragener Verstöße zu erreichen und Maßnahmen zu verhindern, die nach dem Punktesystem anzuordnen sind.
Durch den Entwurf soll dem entgegen getreten werden. Es soll zukünftig für den Eintritt der Ablaufhemmung für die Tilgung von Eintragungen in das VZR nicht mehr nur auf eingetragene Entscheidungen, sondern bereits auf den Zeitpunkt einer neuen Tat ankommen.
Die Tilgungsvorschriften im StVG beruhen auf dem Gedanken der Bewährung im Sinne der Verkehrssicherheit. Nach einer bestimmten Zeit, die zwei, fünf oder zehn Jahre beträgt und von der Schwere der Tat abhängt, wird davon ausgegangen, dass die Taten des Betroffenen zu seiner weiteren Beobachtung nicht mehr gespeichert werden müssen, sofern er in dieser Zeit keine weiteren Handlungen begangen hat, die zu einer Eintragung führen. Die Vorschriften über die Ablaufhemmung sollen die Beurteilung des Verkehrsverhaltens wiederholt auffällig gewordener Kraftfahrer über einen ausreichenden Zeitraum hinweg ermöglichen. Die bisherige Anknüpfung der Ablaufhemmung an die Rechtskraft (bei gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Bußgeldentscheidungen) bzw. an den Tag des ersten Urteils oder der Unterzeichnung des Strafbefehls durch den Richter (bei Straftaten) hat sich als nicht ausreichend erwiesen. Von einer Bewährung im Sinne der Verkehrssicherheit kann schon dann nicht mehr gesprochen werden, wenn der Betroffene eine neue Tat begeht.
Dem Betroffenen soll die Möglichkeit genommen werden die Rechtskraft bzw. das erste Urteil/den Strafbefehl so lange hinauszuzögern, bis bestehende Eintragungen im VZR gelöscht sind. Damit wird die Verkehrssicherheit hinsichtlich derjenigen Betroffenen erhöht, die bewusst Rechtsbehelfe ausnutzen, um einen hohen Punktestand und damit führerscheinrechtliche Maßnahmen zu vermeiden.
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Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 und 22 in Verbindung mit Artikel 72 des Grundgesetzes. Im Bereich der konkurrierenden Gesetzsetzgebung (Artikel 72 Abs. 2 des Grundgesetzes) hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, da eine einheitliche Regelung des Verfahrens vor den Zivil- und Strafgerichten sowie vor den Fachgerichten zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist. Gäbe es in den Ländern grundlegend unterschiedliche zivilprozessuale Regelungen, könnten die Rechtsuchenden nicht darauf vertrauen, in gleicher Weise Rechtsschutz zu erlangen. Ein unterschiedliches Verfahrensrecht würde die Rechtswege zu den Bundesgerichten erschweren.
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Für den Bund entstehen durch den Entwurf keine Kosten. Bei den Ländern sind durch die Umsetzung der Regelungen über die Übertragung richterlicher Aufgaben auf die Rechtspfleger einmalig entstehende Kosten im organisatorischen Bereich, in einzelnen Ländern auch im Bereich der Ausund Fortbildung zu erwarten, die sich im Einzelnen jedoch nicht beziffern lassen. Mittelfristig entlasten die Zuständigkeitsverlagerungen jedoch die Personalhaushalte der Länder.
Durch die Übertragung von bisher dem Richter bzw. dem Staatsanwalt vorbehaltenen Aufgaben werden Kapazitäten im höheren Dienst freigesetzt, denen zwar ein höherer Personalbedarf im Bereich des gehobenen Dienstes gegenübersteht, der jedoch in jedem Fall zu Einsparungen in Höhe der besoldungsmäßigen Differenz zwischen höherem und gehobenem Dienst führt. Darüber hinaus sind durch die mit den Aufgabenverlagerungen verbundene organisatorische Straffung Personaleinsparungen zu erwarten, deren Größenordnung sich nicht voraussagen lässt, da sie vom Umsetzungsgrad der Öffnungsklauseln und der Effizienz der Organisationsstrukturen in den einzelnen Bundesländern abhängig ist.
Im Übrigen sind durch die im Entwurf enthaltenen Vereinfachungen des gerichtlichen Verfahrens Einsparungen in den Länderhaushalten in derzeit noch nicht bezifferbarer Höhe zu erwarten.
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Auswirkungen auf außerhalb der öffentlichen Haushalte entstehende Kosten oder das Preisniveau sind nicht zu erwarten. Vielmehr kann aufgrund der Beschleunigung und Vereinfachung der gerichtlichen Verfahren für die Rechtssuchenden mit nicht näher quantifizierbaren Entlastungen gerechnet werden.
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Das Gesetzesvorhaben wurde daraufhin geprüft, ob Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung zu erwarten sind. Die vorgesehenen Änderungen in den Verfahrensordnungen haben keine spezifischen Auswirkungen auf die Lebenssituation von Männern und Frauen. Der Übertragung weiterer richterlicher Aufgaben auf die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger kommt insgesamt erhebliche frauenpolitische Bedeutung zu, da der Anteil der weiblichen Beschäftigten im Bereich der Rechtspflegerschaft kontinuierlich zunimmt.
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Die Änderung der Inhaltsübersicht ist durch die Neufassung der Überschrift des § 649 sowie die Einfügung der §§ 374, 411a, 415 veranlasst.
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Die Vorschrift überträgt den Rechtsgedanken des § 29 Abs. 2 StPO in die Zivilprozessordnung. Sie erlaubt zur Vermeidung einer Vertagung des Termins die Fortsetzung einer Verhandlung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters bis zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch. Ist dieses erfolgreich, muss dieser Teil der Verhandlung wiederholt werden.
Die Vorschrift beugt damit missbräuchlichen Ablehnungsgesuchen vor, indem ein Verzögerungseffekt des Ablehnungsgesuchs vermieden wird. Zudem handelt es sich um einen Beitrag zur Harmonisierung der Prozessordnungen.
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Auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils wird regelmäßig nicht nur die Vollstreckung wegen der Hauptsache betrieben. Vielmehr erfolgt regelmäßig auch eine Festsetzung der Prozesskosten im Kostenfestsetzungsverfahren. Zahlt der Schuldner (zur Abwendung der Zwangsvollstreckung) die festgesetzten Kosten, so sind sie ihm (ganz oder teilweise) zu ersetzen, wenn das vorläufig vollstreckbare Urteil im weiteren Verlauf des Rechtsstreits aufgehoben oder geändert wird, § 717 Abs. 2. Diesen Schadensersatzanspruch muss der Schuldner nicht in einem besonderen Rechtsstreit geltend machen. Er kann diesen Anspruch nach § 717 Abs. 2 Satz 2 auch in den laufenden Rechtsstreit einführen, aus welchem ihm dieser Anspruch erst erwachsen wird.
Diese Möglichkeit wird aber in der Praxis nicht genutzt. Sie hat nämlich zwei Folgen, die diesen Weg wenig zweckmäßig erscheinen lassen: Zum einen führt die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs zu einer Erhöhung des Streitwerts und damit auch der Kosten des Rechtsstreits. Zum anderen birgt die Geltendmachung dieses Schadensersatzanspruchs die Gefahr prozesstaktischer Nachteile in sich. Die Einführung dieses Anspruchs kann den Prozessstoff weit über den eigentlichen Anlass, nämlich die zu Unrecht gezahlten Prozesskosten, hinaus ausweiten. Der Gegner könnte auch widerklagend die Feststellung beantragen, dass weitere Schäden nicht zu ersetzen sind. Dann müsste der Schuldner sämtliche möglichen Schadenspositionen prüfen, wenn er nicht das Risiko eingehen will, Rechte zu verlieren. Diese Nachteile haben die Praxis zu der Frage geführt, weshalb der Gläubiger seinen Kostenerstattungsanspruch auf Grund des vorläufigen Titels im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen kann, das diese Nachteile nicht hat, der zahlungsbereite Schuldner nach Aufhebung oder Änderung der Kostengrundentscheidung indessen nicht. Einen sachlichen Grund für diese unterschiedliche Behandlung gibt es nicht. Beides sind prozessuale Ansprüche, die materiell-rechtliche Entsprechungen haben. Beide werfen für sich genommen keine Schwierigkeiten auf, die eine Prüfung durch den Richter erforderlich machen. Deshalb lässt es die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur seit längerem zu, die überzahlten Prozesskosten „rückfestzusetzen“. Eine solche Rückfestsetzung im Kostenfestsetzungsverfahren ist danach zulässig, wenn der Rückerstattungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach unstreitig oder eindeutig feststellbar ist und keine materiell- rechtlichen Einwendungen erhoben werden (KG, Jur- Büro 1991, 389 ff.; HansOLG Hamburg, JurBüro 1996, 593; OLG Frankfurt, NJW 1978, 2203; OLG Hamm, Jur- Büro 1988, 1033; FG Hamburg, EFG 1968, 221 f.; Schl- HOLG, JurBüro 1971, 631; OLG Koblenz, JurBüro 1988, 1526; OLG Nürnberg, NJW 1973, 370; OVG Berlin, KostRsp., 4. Aufl., § 162 VwGO Nr. 29; OLG Düsseldorf, BauR 2001, 449 f.; OLG Oldenburg, Rpfleger 1978, 421; OLG Stuttgart, Die Justiz 1979, 136; LAG Düsseldorf, Jur- Büro 1992, 470; Saarländisches OLG, OLGR 1998, 274 f.; OVG Niedersachsen, Urteil vom 22. März 2001, 1 L 4487/ 99, DRsp Nr. 2002/3426, Rn. 20; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 104 Rn. 62; MünchKomm-ZPO/Belz, 2. Aufl., § 105 Rn. 133 und 135; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 104 Rn. 14; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 104 Rn. 42; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 103 Rn. 5; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 104 Rn. 21 „Rückfestsetzung“).
Die obersten Gerichtshöfe beurteilen die Zulässigkeit dieser Praxis aber uneinheitlich. Das BAG hat sich der herrschenden Meinung angeschlossen (Urteil vom 29. Februar 1996, 6 AZR 381/95, DRsp Nr. 1997/772, Rn. 46). Der BFH hat ihr indessen widersprochen (Beschluss vom 27. Juni 1972, BFHE 106, 181, 184). Der BGH hatte bisher noch keine Möglichkeit, diese Frage zu entscheiden. Ein Fall dieser Art ist anhängig (V ZB 53/02) und könnte zur Befassung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes führen.
Eine Rückfestsetzung überzahlter Kosten ist im Gesetz bisher nicht vorgesehen. Nach § 103 Abs. 1 kann der prozessuale Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden. Ein solcher Titel liegt für die Forderung der endgültig obsiegenden Partei auf Rückzahlung von Prozesskosten, die sie als zunächst unterlegene Partei aufgrund eines inzwischen wirkungslos gewordenen Kostenfestsetzungsbeschlusses dem Gegner erstattet hat, nicht vor. Die ursprünglich festgesetzten und nunmehr zurückzuzahlenden Prozesskosten des zunächst Obsiegenden werden nicht vom endgültigen Kostengrundtitel erfasst. Sie fallen nicht unter den Begriff der Prozesskosten im Sinne des § 91, weil sie der endgültig Obsiegende nicht zu seiner Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aufgewandt hat (OLG Köln, Rpfleger 1976, 221; OLG München, JurBüro 1993, 676; VG Gelsenkirchen, JurBüro 1983, 1563). Die auf den ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss gezahlten Beträge stellen auch keine Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs. 1 dar, die nach Aufhebung des Urteils, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, gemäß § 788 Abs. 3 vom Gegner zu erstatten und auf Antrag gemäß § 788 Abs. 2 durch Kostenfestsetzungsbeschluss titulierbar wären. Sie sind nur die Folge einer Zwangsvollstreckung. Der Rückzahlungsanspruch findet seine Grundlage vielmehr in § 717 Abs. 2 Satz 1, wonach bei Aufhebung oder Abänderung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils der Kläger (bzw. der Vollstreckungsgläubiger) zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der dem Beklagten (bzw. dem Vollstreckungsschuldner) durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollsteckung erbrachte Leistung entstanden ist. Dieser Anspruch muss tituliert werden. Es ist daher angezeigt, die herrschende Praxis gesetzlich abzusichern.
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Häufig reagiert ein Beklagter gegenüber dem Gericht überhaupt nicht auf eine Klage, erfüllt aber nach Zustellung trotzdem (z. B. bei Räumungsklagen). Dann erklärt der Kläger den Rechtsstreit für erledigt. Reagiert der Beklagte hierauf wiederum nicht, muss nach bisheriger Rechtslage „streitig“ zur Erledigung verhandelt werden und ein die Erledigung feststellendes Urteil, zumeist ein Versäumnisurteil, erlassen werden.
Die Änderung greift zur Vereinfachung dieses Verfahrens auf den Rechtsgedanken der Einwilligungsfiktion zurück, der durch die ZPO-Reform bereits in § 269 Abs. 2 Satz 4 für die Klagerücknahme eingeführt worden ist. Wenn der Beklagte Beklagte auf eine zugestellte Erledigungserklärung nicht reagiert, wird sein Einverständnis fingiert. Dann kann das Gericht einen Beschluss gemäß § 91a nach billigem Ermessen aufgrund Aktenlage erlassen. Ein neuer Termin (und sei es zum Erlass eines Versäumnisurteils) ist nicht mehr notwendig.
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Die Änderung stellt klar, dass die Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zur Aufnahme des Protokolls nur noch fakultativ erfolgt. Bisher war dessen Hinzuziehung nach dem Wortlaut des Gesetzes obligatorisch, falls der Vorsitzende nicht davon abgesehen hat. Tatsächlich nimmt der Zivilrichter aber mittlerweile in der weit überwiegenden Zahl der Verhandlungen das Protokoll selbst auf Tonträger auf. Die Anwesenheit eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle als Protokollführer ist die Ausnahme geworden. Das sollte im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck kommen. In welchen Fällen ein Protokollführer hinzugezogen werden kann, lässt das Gesetz bewusst offen, um entsprechenden Usancen, die von Gericht zu Gericht unterschiedlich sein mögen, den notwendigen Spielraum zu lassen.
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Mit der Änderung wird klargestellt, dass die Zustellung durch Niederlegung auch dann auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts erfolgen kann, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, wenn die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt wurde. Diese Möglichkeit bestand nach § 182 a. F. vor Inkrafttreten des Zustellungsreformgesetzes vom 25. Juni 2001 (BGBl. I S. 1206). Durch die Novellierung sollte diese Möglichkeit der Zustellung durch Niederlegung bei Beauftragung der Post nicht ausgeschlossen werden. Es kommt jedoch im Gesetzeswortlaut nur unvollkommen zum Ausdruck, dass auch bei Ausführung der Zustellung durch die Post die Zustellung durch Niederlegung auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts zulässig ist. Durch die Neufassung des § 181 Abs. 1 sollen die mit der bisherigen Fassung verbundenen Auslegungsschwierigkeiten ausgeräumt werden.
§§§
Die Änderung verlängert die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung und für die Nachholung der versäumten Prozesshandlung (§ 236 Abs. 2 Satz 2) von zwei Wochen auf einen Monat nach Wegfall des Hindernisses, sofern die Partei verhindert war, eine Rechtsmittelbegründungsfrist einzuhalten. Diese Regelung gilt nicht nur für die Begründung der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde, sondern auch für die Begründung der Berufung, der Anschlussberufung und der Rechtsbeschwerde. Durch die Änderung soll insbesondere sichergestellt werden, dass einem Rechtsmittelführer, dem Prozesskostenhilfe nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist gewährt worden ist, einen Monat Zeit für die Rechtsmittelbegründung verbleibt, so dass er nicht schlechter gestellt wird als die vermögende Partei.
Die Änderung setzt damit eine Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte zum Lauf der Rechtsmittelbegründungsfristen nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe um (vgl. BAG NJW 1984, 941; BVerwG, Beschluss vom 17. April 2002; Az.: 3 B 137/01). Beide Gerichte haben entschieden, dass im Falle der Versäumung der Begründungsfrist der unbemittelten Partei eine Frist von einem Monat zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zur Verfügung steht. Die Zwei-Wochen-Frist des Wiedereinsetzungsrechts findet auf diese Fälle keine Anwendung, da der unbemittelten Partei die gleiche Frist für die Begründung des Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss wie der bemittelten.
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Nach der Neuregelung des § 269 Abs. 3 Satz 3 durch Artikel 1 Abs. 1 Nr. 34b des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) bestimmt sich die Kostentragungspflicht beiWegfall des Anlasses zur Klageerhebung vor Rechtshängigkeit nunmehr unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen des Gerichts, wenn der Kläger die Klage unverzüglich nach Wegfall des Klageerhebungsanlasses zurücknimmt. Das Gesetz hat für den Fall der Klagerücknahme vor Rechtshängigkeit die flexible und prozessökonomische Kostenregelung aus § 91a übernommen, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Klagerücknahme „unverzüglich“ erfolgt.
Dieses einschränkende Erfordernis geht zurück auf den Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit aus der 13. Legislaturperiode (Bundestagsdrucksache 13/6398; dort Artikel 1 Nr. 13) und beruhte auf dem gesetzgeberischen Willen, den durch die Neuregelung privilegierten Kläger zu zügigem Handeln anzuhalten und die Sache nicht zu verzögern. Es führt indessen dazu, dass bei nicht unverzüglicher Klagerücknahme keine prozessökonomische Erledigung der Sache möglich ist, ohne dass hierfür überzeugende Gründe ersichtlich sind. Auch Kostenaspekte lassen ein unverzügliches Handeln nicht unbedingt notwendig erscheinen: Verzögert der Kläger die Klagerücknahme und verursacht er dadurch zusätzliche Kosten (etwa durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts auf Beklagtenseite), so kann dies im Rahmen der Kostenentscheidung nach billigem Ermessen berücksichtigt werden. Daher ist das einschränkende Merkmal „unverzüglich“ zu streichen.
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Durch die Ergänzung soll dem Gericht die Möglichkeit eröffnet werden, im Einvernehmen beider Parteien bei der Aufnahme der Beweise von den Strengbeweisregeln abzusehen, um Verfahrensabläufe zu vereinfachen und den Prozess zu beschleunigen. Zum einen entfällt dadurch die Beschränkung auf die gesetzlichen Beweismittel in Titel 6 bis 10 des Abschnitts 1 im Buch 2. Zum anderen kann insbesondere der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme im Einvernehmen der Parteien in geeigneten Fällen außer Kraft gesetzt werden. Wenn beispielsweise in der Erörterung über das Ergebnis der Beweisaufnahme weiterer Beweiserhebungsbedarf entsteht, kann die sofortige telefonische Befragung eines Zeugen oder Sachverständigen möglicherweise einen erneuten Verhandlungstermin entbehrlich machen. Auch die E-Mail-Befragung eines Zeugen oder Sachverständigen kann sehr schnell und effizient sein. Das Einverständnis muss sich nicht auf die gesamte Beweisaufnahme beziehen; es kann auf einzelne Beweiserhebungen beschränkt werden Das Beweismaß bleibt durch den Wechsel vom Streng- auf den Freibeweis unberührt. Durch die Ergänzung werden die prozessualen Gestaltungsrechte der Parteien gestärkt. Gleichartige Flexibilisierungen des Prozessrechts sind im Bereich der Zurückverweisung (§ 538 Abs. 2) und im Bereich des Einzelrichters (§ 348 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3) bereits durch Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) eingeführt worden. Der Zivilprozess wird dadurch noch stärker der Parteiherrschaft unterworfen, was die Verfahrensakzeptanz fördert.
Zwar sieht § 295 Abs. 1 bereits jetzt die Heilung von Verfahrensmängeln bei Verzicht auf Verfahrensrügen vor. Dies gilt beispielsweise auch für den Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit bei der Beweisaufnahme. Durch die Ergänzung werden jedoch Verfahrenserleichterungen durch Freibeweis im Einvernehmen beider Parteien vom Odium der Verfahrensverletzung befreit, auf eine solide rechtliche Grundlage gestellt und den Verfahrensbeteiligten als gleichwertige Option zum Strengbeweis angeboten.
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Die Entscheidung über die Verwerfung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil ergeht aufgrund der Neufassung des § 341 Abs. 2 durch Artikel 1 Abs. 1 Nr. 52 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) stets durch Urteil, das zwar keiner mündlichen Verhandlung, nach bisheriger Rechtslage gemäß § 310 Abs. 1 aber der Verkündung bedarf. Es muss daher jeweils ein Verkündungstermin anberaumt werden, was in der Praxis als umständlich empfunden wird. Aus diesem Grunde wird die Ausnahmeregelung des § 310 Abs. 3 auf Urteile erstreckt, durch die der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil verworfen wird. In diesen Fällen wird die Verkündung durch die Zustellung des Urteils ersetzt.
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Das bisherige Recht sieht für Tatbestandsberichtigungsanträge eine obligatorische mündliche Verhandlung vor, obwohl das Gericht durch Beschluss entscheidet. Zwar ist ein schriftliches Verfahren mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 nach herrschender Meinung möglich. Das Berichtigungsverfahren kann jedoch effizienter gestaltet werden, wenn das Gericht, ohne die Zustimmung der Parteien einholen zu müssen, schriftlich entscheiden kann. Es erscheint daher sinnvoll und ausreichend, es der Initiative der Parteien zu überlassen, eine mündliche Verhandlung über einen Berichtigungsantrag herbeizuführen.
Die mündliche Verhandlung als Regelfall, wie sie § 320 derzeit vorsieht, ist nicht geboten. Beschlüsse ergehen typischerweise ohne mündliche Verhandlung. Eine Beweisaufnahme ist ohnehin nicht möglich, § 320 Abs. 4 Satz 1. Beschleunigungsaspekte, insbesondere die Sicherung der rechtzeitigen Aktenübersendung an die Rechtsmittelinstanz, sprechen vielmehr für eine deutliche Einschränkung der mündlichen Verhandlung.
Die Änderung wirkt sich über § 46 Abs. 2 ArbGG auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren aus. Die öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten sehen in § 119 VwGO, § 108 FGO und § 139 SGG bereits ein schriftliches Verfahren für die Berichtigung des Tatbestandes vor. Insofern ist die Änderung auch ein Beitrag zur Harmonisierung der Prozessordnungen.
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Nach einer begründeten Gehörsrüge soll der Prozess nur in dem Umfang fortgesetzt werden, soweit die Rüge reicht. Im Fortsetzungsverfahren soll es somit nur noch um den Streitgegenstand gehen, der von der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör betroffen ist. Der Prozess ist also nur im Hinblick auf die Partei, die Gehörsrüge eingelegt hat, und nur im Hinblick auf den von dieser Rüge betroffenen Streitgegenstand zurückzuversetzen. Dagegen soll dem Gegner der Rügepartei nicht noch einmal Gelegenheit gegeben werden, sein erstinstanzliches Vorbringen zu Streitpunkten, mit denen er unterlegen ist, zu ergänzen. Er soll sein Begehr mit der Berufung weiter verfolgen und keine ungerechtfertigte „zweite Chance“ durch die erfolgreiche Gehörsrüge der Gegenseite erhalten.
Diese Beschränkung des Verfahrensgegenstandes nach erfolgreicher Gehörsrüge, die sich an dieWirkung des zulässigen Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil (§ 342) anlehnt, ist im Gesetzeswortlaut bisher nur unvollkommen zum Ausdruck gekommen. In der Praxis sind jedenfalls Zweifel am Umfang der Neuverhandlung aufgekommen, die durch eine genauere, an § 342 orientierte Fassung des § 321a Abs. 5 behoben werden sollen.
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Die erweiterte Verwertungsbefugnis von Niederschriften über die richterliche Vernehmung von Zeugen, die von einer Partei als Beweismittel benannt wurden, aus anderen Verfahren dient der Steigerung der Effizienz im Zivilprozess. Nach bisheriger Rechtslage können solche Vernehmungsniederschriften lediglich als Urkunde ohne spezifische Beweiskraft in den Zivilprozess eingeführt werden. Beantragt die Gegenpartei die erneute Vernehmung des Zeugen im Zivilprozess, ist die Verwertung dieser Urkunden als Beweis unzulässig (vgl. BGH NJW 2000, 3072, 3073). Diese Rechtslage führt häufig zu einer unnötigen und unergiebigen zweiten Vernehmung eines Zeugen, der bereits im Strafverfahren richterlich vernommen wurde, im Zivilprozess. Anstelle einer erneuten Vernehmung eines Zeugen bietet es sich vielmehr an, dem Richter die Möglichkeit zu geben, zur Wahrheitsfindung auf die häufig erheblich zeitnäher zur Tat erfolgte richterliche Vernehmung des Zeugen im Strafverfahren oder in einem anderen Verfahren zurückzugreifen.
§ 374 – neu – räumt dem Zivilrichter bei der Frage, ob er der Verwertung der Niederschrift den Vorzug vor einer erneuten Vernehmung der Zeugen gibt, ein weites Ermessen ein. Er kann sich für die Verwertung entscheiden, wenn ihm diese Verfahrensweise zweckmäßig erscheint und er von vornherein annimmt, dass er das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck vom Verlauf der Beweisaufnahme zu würdigen vermag. Diese Kriterien sind aus § 375 Abs. 1a wortgleich übernommen und der gerichtlichen Praxis daher hinreichend vertraut. Die Verwertung der Niederschrift ist zweckmäßig, wenn durch sie Zeit- und Arbeitsaufwand für die Verfahrensbeteiligten (einschließlich der Zeugen) erspart werden kann. Wegen des weiterhin geltenden Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355) kommt eine Verwertung der Niederschrift nur in Betracht, wenn der Richter sich in der Lage sieht, das Beweisergebnis ohne einen unmittelbaren Eindruck von dem Zeugen sachgerecht zu würdigen. Dies wird in der Regel nur dann möglich sein, wenn die persönliche Glaubwürdigkeit des Zeugen außer Frage steht und seine Aussage so klar und widerspruchsfrei ist, dass sich der Richter zu Nachfragen nicht veranlasst sieht. Die Gründe für die Durchbrechung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit gemäß § 374 sind im Urteil darzulegen.
Die Verwertung der Niederschrift in der Beweiswürdigung im Urteil setzt gemäß § 285 Abs. 2 ihre Erörterung in mündlicher Verhandlung voraus. Die Parteien müssen Gelegenheit haben, sich zu der beabsichtigten Verwertung der Vernehmungsniederschrift zu erklären.
Gemäß § 402 gilt die Verwertungsbefugnis auch für die Niederschriften über die richterliche Vernehmung eines Sachverständigen in einem anderen gerichtlichen Verfahren. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift auf die Parteivernehmung kommt nicht in Betracht, weil – insbesondere in den Fällen des § 448 – ein persönlicher Eindruck des Gerichts von der zu vernehmenden Partei regelmäßig unerlässlich ist, um eine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen.
Die neue Vorschrift gilt gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Sie gilt über § 98 VwGO, § 82 FGO sowie § 118 SGG grundsätzlich auch in den öffentlich- rechtlichen Verfahrensordnungen. Modifikationen können sich allerdings dort aufgrund des Grundsatzes der Amtsermittlung ergeben.
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Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens aus einem anderen gerichtlichen Verfahren ist in einem Rechtsstreit nach bisheriger Rechtslage nur eingeschränkt möglich. Sie ist zwar grundsätzlich zulässig, erfolgt jedoch nicht als Sachverständigenbeweis, sondern ausschließlich als Urkundenbeweis (BGH vom 22. April 1997, NJW 1997, 3381 <3382>; BGH vom 26. Mai 1982, NJW 1983, 121 <122>; Stein/Jonas-Leipold, ZPO, Rn. 54 vor § 402; MüKo-Damrau, ZPO, Rn. 8 zu § 402; Zöller-Greger, ZPO, Rn. 6 d zu § 402). Die Beweiskraft und Verwertbarkeit dieses Urkundsbeweises werden in der Praxis unterschiedlich beurteilt.
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass das Gericht sich bei der Verwertung des Gutachtens lediglich die Notwendigkeit, gegebenenfalls ein Obergutachten gemäß § 412 einzuholen, bedenken muss (BGH vom 13. Dezember 1962, VersR 1963, 195; Zöller-Greger, ZPO, Rn. 6 d zu § 402). Die Gegenansicht vertritt die Auffassung, der Antrag einer Partei, einen Sachverständigen im gegenwärtigen Rechtsstreit zu benennen, könne nicht schon mit dem Hinweis auf das bereits vorliegende Gutachten abgelehnt werden (BGH vom 26. Mai 1982, NJW 1983, 121 <122>; Stein/Jonas-Leipold, ZPO, Rn. 55 vor § 402). Vermittelnd wird die Ansicht vertreten, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens dann erforderlich sei, wenn die urkundenbeweislich herangezogenen Ausführungen nicht ausreichten, um die von einer Partei angesprochenen, aufklärungsbedürftigen Fragen zu beantworten (BGH vom 22. April 1997, NJW 1997, 3381 <3382>).
Die Beweiskraft eines Sachverständigengutachtens aus einem anderen gerichtlichen Verfahren ist jedenfalls beschränkt, da es sich auch bei gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten in der Regel nicht um Dokumente handelt, die als öffentliche Urkunden den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen gemäß § 418 begründen. Das Sachverständigengutachten erbringt aus diesem Grunde nur den Beweis dafür, dass die in ihm enthaltenen Erklärungen von dem Sachverständigen abgegeben worden sind. In der Praxis ist daher nach bisheriger Rechtslage häufig die Einholung eines weiteren gerichtlichen Sachverständigengutachtens erforderlich, wenn eine Partei der Verwertung eines vorangegangenen gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht zustimmt. Dies führt bei Prozessen, in denen der zu klärende Lebenssachverhalt im Wesentlichen der gleiche ist – etwa bei Mietprozessen gegen eine größere Gesellschaft als Vermieterin oder bei Unfällen mit mehreren Geschädigten – zu einem unnötigen Mehraufwand sowohl für das Gericht als auch für die Parteien.
Durch die Neuregelung kann dieser Mehraufwand vermieden werden, indem eine Verwertung des verfahrensfremden Gutachtens als Sachverständigenbeweis zugelassen wird. Ob das erkennende Gericht der Verwertung eines verfahrensfremden Gutachtens oder aber der Einholung eines neuen Sachverständigenbeweises den Vorzug gibt, obliegt seinem pflichtgemäßen Ermessen und hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die sich genereller Normierung im Gesetz entziehen. Wird die Verwertung eines verfahrensfremden Gutachtens von einer Partei beantragt, hat das erkennende Gericht sowohl im Falle der Verwertung als auch im Falle der Neubegutachtung die ermessensleitenden Umstände im Urteil darzulegen. Die Verwertung ist auch von Amts wegen möglich, entweder auf einen Beweisantrag einer Partei, ein Sachverständigengutachten einzuholen, oder auf eine entsprechende gerichtliche Initiative gemäß § 144 Abs. 1.
Die Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte der Parteien aus den Vorschriften über den Beweis durch Sachverständige nach §§ 402 ff. bleiben durch die erweiterte Verwertungsmöglichkeit unberührt. Insbesondere bleibt es den Parteien unbenommen, einen Sachverständigen aufgrund der Besorgnis der Befangenheit binnen der gesetzlichen Frist gemäß § 406 abzulehnen sowie bei dem erkennenden Gericht um mündliche Erläuterung des Sachverständigengutachtens nachzusuchen, die das Gericht gemäß § 411 Abs. 3 anordnen kann.
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Die neu eingeführte Beweisregel erhöht die zivilprozessuale Beweiskraft des rechtskräftigen Urteils in einem Straf- oder Bußgeldverfahren. Über die für alle öffentliche Urkunden geltende Beweiswirkung des § 415 hinaus erbringt dieses Urteil grundsätzlich vollen Beweis für die darin für erwiesen erachteten Feststellungen.
Die in Absatz 1 niedergelegte Beweisregel bewirkt eine grundsätzliche Bindung des Zivilrichters an rechtskräftige Erkenntnisse des Gerichts in einem Straf- oder Bußgeldverfahren. Die Vorschrift soll in erster Linie dem Opfer einer Straftat oder einem Geschädigten einer Ordnungswidrigkeit die Beweisführung im Zivilprozess erleichtern. Der Verletzte kann sich zum Beweis für die anspruchsbegründenden Tatsachen, die im Straf- oder Bußgeldverfahren zur Überzeugung des Gerichts festgestellt wurden, auf das Urteil als öffentliche Urkunde berufen. Eine Beweisaufnahme ist entbehrlich, weil das Urteil vollen Beweis für die Richtigkeit der darin für erwiesen erachteten Tatsachen erbringt. Der Anwendungsbereich der Beweisregel ist jedoch nicht auf Verletzte beschränkt. Jede Partei eines Zivilprozesses, die sich auf eine ihr günstige Feststellung aus einem rechtskräftigen Urteil in einem Straf- oder Bußgeldverfahren beruft, kann hierfür Beweis durch dieses Urteil als öffentliche Urkunde antreten und auf die Benennung weiterer Beweismittel verzichten. Damit bedarf es einer Wiederholung der Beweiserhebung über anspruchsbegründende Tatsachen, die schon Gegenstand des Straf- oder Bußgeldverfahrens waren, im Zivilprozess regelmäßig nicht mehr.
Die Vorschrift erfasst nur Feststellungen, die das Gericht im Urteil ausdrücklich für erwiesen erachtet hat. Dagegen fallen Einlassungen des Angeklagten bzw. Betroffenen, deren Richtigkeit das Gericht lediglich nicht ausschließen konnte und die deshalb zu seinen Gunsten berücksichtigt werden mussten, nicht unter den sachlichen Anwendungsbereich der Norm. Behauptungen, die das Gericht gemäß § 244 Abs. 2 StPO als wahr unterstellt hat, sind auch nicht von § 415a erfasst. In beiden Fällen hat sich das Gericht von der Erweislichkeit der behaupteten Tatsache gerade nicht überzeugen können, so dass die für die Beweisregel erforderliche Richtigkeitsgewähr des Urteils hier nicht gegeben ist. Geht aus dem Urteil nicht ausdrücklich hervor, dass das Gericht von der Richtigkeit überzeugt war (z. B. bei abgekürzten Strafurteilen oder bei einem Absehen von Urteilsgründen nach § 77b OWiG), gilt die Feststellung nicht für erwiesen erachtet. § 415a ist auch dann nicht anwendbar, wenn in einem Urteil Feststellungen übernommen werden, die bereits rechtskräftig sind (z. B. bei der Teilrechtskraft eines Strafbefehls) und deshalb keiner erneuten Beweiswürdigung unterzogen werden. Denn bei völligem Fehlen einer Beweiswürdigung im Urteil muss letztlich offen bleiben, ob dessen Tatsachengrundlage die von § 415a vorausgesetzte Richtigkeitsgewähr zukommt.
Dagegen differenziert § 415a nicht zwischen tragenden und sonstigen gerichtlichen Feststellungen. Für die Anwendung des § 415a kommt es nicht auf den Umstand an, dass das Urteil in der Straf- oder Bußgeldsache auf der für erwiesen erachteten Tatsache beruht. Von dem sachlichen Anwendungsbereich des Absatzes 1 sind schließlich auch die Feststellungen zur Person erfasst.
Infolge der Beschränkung auf erwiesene Tatsachen besteht keine Veranlassung, den Anwendungsbereich der Vorschrift auf verurteilende Erkenntnisse zu beschränken. Eine solche Einschränkung wäre unter Gleichheitsaspekten problematisch, denn dem rechtskräftigen freisprechenden Urteil in einer Straf- oder Bußgeldsache kommt, soweit es für erwiesen erachtete Tatsachen enthält, dieselbe Richtigkeitsgewähr wie einem verurteilenden Erkenntnis zu. Damit ist auch dem freigesprochenen Angeklagten bzw. Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich in einem nachfolgenden Zivilprozess zum Beweis entlastender Umstände auf die Feststellungen im Urteil zu berufen.
Die Beweisregel gilt nicht für Feststellungen, die Einstellungsbeschlüssen, Strafbefehlen, Bußgeldbescheiden sowie Entscheidungen nach § 72 OWiG zugrunde liegen, da sie nicht in einer strafprozessualen Vorschrift folgenden Hauptverhandlung gewonnen wurden. Diese Feststellungen besitzen daher nicht die Richtigkeitsgewähr, die es rechtfertigt, sie mit der in § 415a vorgesehenen umfassenden Beweiswirkung auszustatten. Die in diesen Verfahren durchgeführten richterlichen Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen werden allerdings künftig nach Maßgabe des § 374 (vgl. Nummer 13) für den Zivilprozess verwertbar sein, so dass es in vielen Fällen einer erneuten Vernehmung des Zeugen oder Sachverständigen nicht mehr bedarf. Durch Absatz 2 wird einer Prozesspartei indessen die Möglichkeit eröffnet, durch begründeten Antrag eine erneute Sachverhaltsfeststellung im Wege der Beweisaufnahme herbeizuführen. Ein solcher Antrag setzt – in Parallelität zu § 520 Abs. 3 Nr. 3 – voraus, dass die Partei konkrete Anhaltspunkte bezeichnet, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im Sinne des Absatzes 1 begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.
Die vorgesehene Wirkung des Strafurteils wirkt gegen jede Partei des Zivilprozesses, auch wenn sie an dem Strafverfahren nicht beteiligt war. Auch öffentliche Urkunden begründen gemäß § 418 Abs. 1 den Beweis der darin bezeugten Tatsachen unabhängig davon, ob die Beteiligten an der Aufnahme der öffentlichen Urkunde beteiligt waren. Wenn z. B. ein Notar in einer Urkunde feststellt, dass eine durch gültigen Reisepass ausgewiesene Person ihm einen Überweisungsträger vorgelegt hat, aus dem hervorgeht, dass ein bestimmter Arbeitgeber dieser Person einen Geldbetrag überwiesen hat, und wenn diese Urkunde in das arbeitsgerichtliche Verfahren eingeführt wird, um, ohne das Gewerkschaftsmitglied namentlich zu benennen, zu beweisen, dass eine Gewerkschaft in einem Betrieb vertreten ist, begründet die Urkunde den vollen Beweis der in ihr beurkundeten Tatsachen. Den Einwand, dass hierdurch der vor dem Notar nicht vertretene Arbeitgeber ausgeschaltet werde, ja sogar ein „beweisrechtliches Geheimverfahren“ geschaffen werde, hat das Bundesverfassungsgericht nicht durchgreifen lassen (vgl. Kammerbeschluss vom 21. März 1994 – 1 BvR 1485/93).
Die Vorschrift gilt gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Die Vorschrift ist gemäß § 98 VwGO und § 118 SGG auch im verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar. Durch eine Ergänzung in § 82 FGO (vgl. Artikel 7 Nummer 2) wird sie im finanzgerichtlichen Verfahren ebenfalls Anwendung finden.
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Eine Zulassungsberufung kommt nur in Betracht, wenn die beschwerte Partei nicht Wertberufung einlegen kann. Diese Ausschließlichkeit ist ratio legis, kommt aber im Gesetzeswortlaut bisher nicht hinreichend zum Ausdruck. In § 511 Abs. 4 fehlt eine entsprechende Regelung für den erstinstanzlichen Richter, der über die Zulassung der Berufung zu entscheiden hat. Die Wertgrenze in § 511 Abs. 2 Nr. 2 betrifft den Wert des Beschwerdegegenstandes, der im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassungsberufung noch gar nicht feststeht. Sie ist somit für die Frage, ob eine Zulassung Zulassung der Berufung überhaupt in Betracht kommt, unergiebig. Dies hat zu Auslegungsproblemen geführt (vgl. Jauernig NJW 2003, 465 ff.). Der derzeitige Gesetzeswortlaut kann dahingehend missverstanden werden, dass der erstinstanzliche Richter in jedem Fall – unabhängig vom Wert der Beschwer – eine Zulassung der Berufung prüfen muss. Damit ist unnötige Arbeitsbelastung verbunden, die durch die vorliegende Klarstellung vermieden wird.
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Aufgrund des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) wurde in § 527 Abs. 3 die frühere Entscheidungsbefugnis des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen als vorbereitenden Einzelrichters für Verweisungen nach § 100 i. V. m. §§ 97 bis 99 des GVG (§ 524 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a. F.) nicht übernommen. Die jetzige Regelung führt dazu, dass der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen als vorbereitender Einzelrichter nicht mehr befugt ist, allein über die Verweisung an die Zivilkammer zu entscheiden, sondern es hierfür stets der Mitwirkung der Handelsrichter bedarf. Diese Regelung beruht auf einem gesetzgeberischen Versehen, das vorliegend korrigiert wird.
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Durch die Neufassung wird gesetzlich ausdrücklich angeordnet, dass die erstinstanzlichen Gerichte die Prozessakten unverzüglich nach Anforderung durch das Berufungsgericht zu übersenden haben.
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Der Bundesgerichtshof hat mitgeteilt, dass die durch Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) eingeschränkten Verlängerungsmöglichkeiten für die Begründungsfrist der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 551 Abs. 2 Satz 5 und 6, § 544 Abs. 2 Satz 2) zu praktischen Schwierigkeiten führen, weil die Akten von den Berufungsgerichten nicht immer innerhalb der für die Begründung der Revision und Nichtzulassungsbeschwerde vorgesehenen Frist von zwei Monaten ab Zustellung des Berufungsurteils (§ 551 Abs. 2 Satz 2) beim Bundesgerichtshof eintreffen. Auch eine Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist, die ohne Einwilligung des Gegners um weitere zwei Monate möglich ist, schafft nicht in allen Fällen Abhilfe, sodass es vorgekommen ist, dass die Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof erst nach Ablauf oder kurz vor Ablauf der bereits verlängerten Begründungsfrist die notwendige Akteneinsicht erhielten.
Zur Beschleunigung der Aktenlaufzeit vom Berufungsgericht zum Bundesgerichtshof wird zum einen die Pflicht zur unverzüglichen Aktenübersendung in § 565 E i.V. m. § 541 Abs. 1 Satz 2 E (vgl. Nummer 20, 18) im Gesetz ausdrücklich normiert.
Zum anderen wird im zivilprozessualen Revisionsrecht eine spezielle Verlängerungsoption für die Revisionsbegründungsfrist für den Fall verspäteter Akteneinsicht eröffnet. Im Zivilprozess soll dem Revisionsführer die Möglichkeit offen stehen, die gesamte Revisionsbegründung erst anfertigen zu müssen, wenn er Einsicht in die Verfahrensakten nehmen konnte. Die Möglichkeit des Nachschiebens von Verfahrensrügen, die sich aus dem Studium der Verfahrensakten ergeben, kann – anders als im Strafverfahren (vgl. BGH NStZ 2000, 326; NStZ-RR 1997, 302) – als nicht ausreichend angesehen werden, da die Rechtsordnung im zivilprozessualen Revisionsverfahren – abweichend von allen anderen Verfahrensordnungen – einen Anwaltswechsel erzwingt. Dieser Gedanke rechtfertigt es auch, den Geltungsbereich dieses Verlängerungstatbestandes auf die Begründung der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 2 Satz 2) zu beschränken und nicht auf die Frist zur Begründung der Berufung auszudehnen.
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Die Pflicht zur unverzüglichen Aktenübersendung auf Anforderung gilt auch im Verhältnis zwischen Berufungs- und Revisionsgericht. Dies wird durch eine entsprechende Anwendung des durch Nummer 18 eingefügten Vorschrift über die Aktenübersendung an das Berufungsgericht (§ 541 Abs. 1 Satz 2) im Revisionsrecht erreicht. Die gesetzliche Klarstellung dieser Verpflichtung soll dazu beitragen, das Problem der langen Aktenlaufzeiten von den Berufungsgerichten zum Bundesgerichtshof (siehe Nummer 18, 19) zu lindern.
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Eine Revision ist in den in § 542 Abs. 2 genannten Sachen (Arrest, einstweilige Verfügung pp.) nicht statthaft. Das Rechtsbeschwerderecht (§§ 574 ff.) enthält – ungeachtet seines revisionsähnlichen Ansatzes – eine entsprechende Beschränkung nicht, sodass der Beschwerderechtszug nach dem Wortlaut des Gesetzes im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes weitergehend ist als der Rechtszug im Urteilsverfahren. Wegen der Beschränkung in § 542 Abs. 2 Satz 1 ist jedoch auch die Rechtsbeschwerde im Verfahren auf Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung nicht statthaft (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2003 – I ZB 22/02). Dies wird durch die Änderung im Gesetz klargestellt.
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Die Änderungen dienen der Bereinigung eines Redaktionsversehens im Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887).
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Die Änderung passt die Überschrift dem sonstigen Sprachgebrauch in den Vorschriften über das familiengerichtliche Verfahren an und dient der Klarstellung.
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Nach bisherigem Recht sind Urteile der Oberlandesgerichte in vermögensrechtlichen Streitigkeiten ohne Sicherheitsleistung für vollstreckbar zu erklären. Die Beschränkung auf (Berufungs-)Urteile der Oberlandesgerichte erklärte sich vor der ZPO-Reform daraus, dass Berufungsurteile der Landgerichte nicht der Revision unterlagen und damit qua Rechtskraft vollstreckbar waren. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) ist auch gegen landgerichtliche Berufungsurteile die Revision statthaft. Diese Urteile bedürfen daher einer Vollstreckbarerklärung, die – da § 708 Nr. 10 seinem Wortlaut nach nicht eingreift – bisher gemäß § 709 Satz 1 unter den Vorbehalt der Sicherheitsleistung zu stellen ist. Diese unterschiedliche Regelung zwischen land- und oberlandesgerichtlichen Berufungsurteilen erscheint nicht gerechtfertigt und führt in der Praxis zu vermeidbarem Mehraufwand. Daher wird mit der Änderung die Beschränkung des § 708 Nr. 10 auf Urteile der Oberlandesgerichte beseitigt. Alle Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind ohne Sicherheitsleistung für vollstreckbar zu erklären.
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Die Ergänzung des Absatzes 1 Satz 2 trägt der Tatsache Rechnung, dass die Verwaltungsvollstreckungsbehörden zunehmend selbst in der Lage sind, die eidesstattliche Versicherung abzunehmen. Es entspricht dem Gebot der Effizienz und Wirtschaftlichkeit, hier eine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nicht von der Heranziehung eines Gerichtsvollziehers abhängig zu machen.
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