Motive | zu § 208 Neufassung | BGB |
---|
[ « ][ ][ A ][ I ][ » ] |
Begründung des Entwurfs SchuldR-ModG (14/6040) |
---|
Zu § 208 – | Hemmung der Verjährung bei Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung |
Nach dieser - inhaltlich neuen - Vorschrift soll die Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Gläubigers gehemmt sein. Damit wird ein breiter Opferschutz bei Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung angestrebt. Die Vorschrift ist der parallelen Vorschrift für das Strafrecht, dem § 78b Abs.1 Nr.1 StGB, nachgebildet. Die gegenwärtigen zivilrechtlichen Regelungen erweisen sich oft als unzureichend. Es geht dabei vor allem um Fälle, in denen die zur Vertretung der Kinder berufenen Eltern auf die Verfolgung der zivilrechtlichen Ansprüche der Kinder verzichten. Die Motive hierfür sind vielfältig; sie reichen von einer Beschützung der Kinder vor den mit der Rechtsverfolgung einhergehenden, insbesondere seelischen Belastungen, bis hin zu den eher zweifelhaften Motiven der "Rücksichtnahme" auf den Täter oder der Angst vor einem "Skandal". Die deliktischen Ansprüche aus § 823 wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung eines Kindes verjähren - bisher nach § 852 Abs.1, künftig nach den §§ 195, 197 Abs.1 RE - in drei Jahren von der Kenntniserlangung an, wobei es auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters ankommt (Palandt/Thomas, § 852 Rdnr.5). So können bislang Ansprüche noch während der Minderjährigkeit des Opfers verjähren. Mit § 208 RE ist dies künftig ausgeschlossen. Mit Erreichen der Volljährigkeit kann das Opfer selbst entscheiden, ob es seine unverjährten Ansprüche verfolgen will oder nicht.
Die Anknüpfung an die Vollendung des 18. Lebensjahres ergibt sich daraus, dass das Bürgerliche Gesetzbuch mit diesem Zeitpunkt dem Menschen die volle Geschäftsfähigkeit zuweist. Die Verjährung noch über diesen Zeitpunkt hinaus hemmen zu lassen, würde zudem einen Widerspruch zu § 78b Abs.1 Nr.1 StGB hervorrufen. Danach ruht bei einer Reihe von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung die Verfolgungsverjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers. Es wäre nicht sachgerecht, die zivilrechtliche Verjährung länger zu hemmen als die strafrechtliche Verjährung.
(Siehe BGB-E, BT-Drucksache Nr.14/6040, S.119)
§§§
Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zu § 208 |
---|
(Siehe BGB-RA, BT-Drucksache Nr.14/7052, S.9)
Der Ausschuss stimmt dem neuen Hemmungsgrund zu. Allerdings ist er der Ansicht, dass die im Entwurf vorgeschlagene Altersgrenze zu kurz greift. Minderjährige Opfer von Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung sind häufig auch nach Erlangung der vollen Geschäftsfähigkeit mit 18 Jahren emotional nicht in der Lage, ihre Ansprüche wegen solcher Taten selbst zur verfolgen. Im Interesse des Opferschutzes sollte deshalb nicht auf die Volljährigkeit, sondern auf das 21.Lebensjahr abgestellt werden. Diese Grenze ist den Grenzen des § 105 JGG entlehnt. Die Hemmung nach Satz 1 kommt sowohl zum Zuge, wenn die Tat an einem minderjährigen Opfer verübt wird, als auch, wenn die Tat zwischen der Vollendung des 18.und des 21.Lebensjahres des Opfers geschieht.
Diese Hemmung soll ergänzt werden. Mit dem neuen Satz 2 soll eine Hemmung der Verjährung während der Zeit vorgesehen werden, in der Gläubiger und Schuldner zusammen in häuslicher Gemeinschaft leben. Das Opfer von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist oftmals wegen der Rücksichtnahme auf eine häusliche Gemeinschaft mit dem Täter nicht in der Lage, seine Ansprüche zu verfolgen. Es ist daher sachgerecht, dass seine Ansprüche so lange gehemmt sind, bis die häusliche Gemeinschaft beendet ist und er die für eine Verfolgung seiner Ansprüche notwendige Ungebundenheit von den Zwängen der Hausgemeinschaft erlangt. Die Hemmung nach dem neuen Satz 2 ist zum einen eine Anschlussregelung zu der Verjährungshemmung nach Satz 1: Lebt der Gläubiger auch über die Vollendung des 21. Lebensjahres hinaus in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner, dauert die Hemmung fort. Zum anderen wirkt die Hemmung nach dem neuen Satz 2 aber auch in anderen Fällen: Kommt es beispielsweise zu Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.Drucksache 14/7052 - 182 - Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode von zwei volljährigen Partnern, so ist auch dann die Verjährung gehemmt, bis die häusliche Gemeinschaft endet, also einer der Partner aus der gemeinsamen Wohnung auszieht.
(Siehe BGB-RA, BT-Drucksache Nr.14/7052, S.181)
§§§
zu § 208 BGB | [ ] |
Saar-Daten-Bank (SaDaBa) - Frisierte Gesetzestexte - © H-G Schmolke 1998-2005
K-Adenauer-Allee 13, 66740 Saarlouis, Tel: 06831-988099, Fax: 06831-988066, Email: hgs@sadaba.de
Der schnelle Weg durch's Paragraphendickicht!
www.sadaba.de