RsprS zu § 77  LBO Saar
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Allgemeines

  1. Eine Baugenehmigung geht von einer technisch einwandfreien, den Regeln der Baukunst entsprechenden Bauausführung aus. Sofern durch eine mangelhafte, den einschlägigen technischen Normen zuwiderlaufende Bauausführung öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt werden, hat dies ebensowenig wie eine von der Genehmigung abweichende Bau-ausführung Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung. (vgl. OVG Saarl, U 29.05.96 - 2 R 24/95 - Baugenehmigung, SKZ 96,266/20 (L)).


  2. Hat die Genehmigungsbehörde über einen Bauantrag aufgrund einer Rechtsänderung nunmehr nach Ermessen zu entscheiden, so ist das Ermessen regelmäßig auf Null reduziert, wenn dem Antragsteller die Baugenehmigung vor Inkrafttreten der Rechtsänderung zu Unrecht vorenthalten worden ist und nachträglich keine Umstände eingetreten sind, die eine Ermessensausübung zuungunsten des Antragstellers rechtfertigen. Ein Billardcafé kann je nach tatsächlicher Ausgestaltung als Vergnügungsstätte im Sinne der BauNVO anzusehen sein. (vgl. BVerwG, U, 20.08.92 - 4 C 54/89 - Billard-Café, DÖV 93,876 (L-194))


zu Absatz 1

  1. Entscheidend für die Bestimmung des Genehmigungsinhaltes sind, da die verkleinerte Darstellung eines Vorhabens schon von der Natur der Sache her gewisse zeichnerische Ungenauigkeiten mit sich bringt, die im Plan enthaltenen Maßangaben. (vgl. OVG Saarland, E, 11.09.92 - 2 W 15/92 -, Juris)


  2. Die Baugenehmigung erfaßt ungeachtet etwaiger abweichender Vorstellungen des Sachbearbeiters der Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich, das heißt vorbehaltlich nur ihrer offenkundigen Irrelevanz für die Entscheidung, alle in den zugehörigen Bauvorlagen enthaltenen Details des genehmigten Bauwerks einschließlich seiner Höhenlage. Liegt der Erdgeschoßfußboden eines etwa zwanzig Meter hohen Wohnhauses mehr als einen Meter höher als nach den genehmigten Bauvorhaben geplant, so ist die Fortführung der Bauarbeiten durch die erteilte Baugenehmigung nicht gedeckt. Soll die Baugenehmigung nicht erlöschen, so müssen bauliche Maßnahmen mit dem erkennbaren Ziel durchgeführt werden, gerade das genehmigte Vorhaben zu verwirklichen; allein der Wille dazu genügt ebensowenig, wie bloße Vorbereitungs- und Sicherungsarbeiten. (vgl. OVG Saarland, U, 03.12.82 - 2 R 182/81 - Anderes Vorhaben; AS 19,44 -56 = BRS 39 Nr.220, BRS 39 Nr.117, BRS 39 Nr.153, BRS 39 Nr.179 = SKZ 83,69/11 (L) = Juris )


  3. Eine Nachtrags- oder Tekturgenehmigung kommt für die Zulassung kleinerer Änderungen in Betracht, die das Gesamtvorhaben in seinen Grundzügen nur unwesentlich berühren. Ihr Regelungsinhalt beschränkt sich auf die Feststellung, daß die Änderungen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen, während Grundlage des Vorhabens als solchem die ursprüngliche Baugenehmigung bleibt. Entscheidend für die Beurteilung, ob ein Bauherr bei der Bauausführung so wesentlich von der erteilten Genehmigung abweicht, daß er nicht das zugelassene, sondern ein "anderes" Bauvorhaben (aliud) herstellt, ist, ob durch die Abweichung Belange, die bei der Baugenehmigung zu berücksichtigen waren, erneut oder andere Belange so erheblich berührt werden, daß sich die Frage der Zuläs-sigkeit des Bauvorhabens als solches neu stellt (hier bejaht für eine Veränderung des Kellerüberstandes, der Geschoßhöhen, des Kniestockes und der Dachneigung gegenüber der erteilten Genehmigung). (vgl. OVG Saarland, U, 27.09.94 - 2 R 46/93 - Vollge-schoßbegriff, SKZ 95,113/17 (L4+7) = SKZ 95,113/20 (L5+6) = Juris (L1-7))


zu Absatz 2

  1. Bei streitigem Grenzverlauf ist die Baubehörde nicht gehalten, vor Erteilung der Baugenehmigung die Eigentums- bzw Grundstücksverhältnisse zu klären. (vgl. OVG Saarland, B, 04.04.73 - 2 W 22/73 -, Streitiger Grenzverlauf BRS 27 Nr.132)


  2. Der Übergang der Baugenehmigung auf den Grundstückserwerber bedarf keiner besonderen, zB vertraglichen, Übertragung (§ 59 Abs.2 LBO). Soll der Veräußerer eines - noch nicht (fertig) bebauten Baugrundstücks weiterhin Bauherr und Inhaber der erteilten Baugenehmigung bleiben, so muß dies als Abweichung von § 59 Abs.2 LBO ausdrücklich vereinbart werden. (vgl. VG Freib, U, 23.11.89 - 6 K 259/88 - Baugrundstücksverkauf, DVBl 90,1121)


  3. Werden Bauzeichnungen mit unterschiedlichen Darstellungen einzelner Bauteile - hier: Dachgaube genehmigt, so ist die Baugenehmigung als in sich widersprüchlich rechtswidrig und auf die Klage eines betroffenen Nachbarn hin aufzuheben, wenn auch nur eine der zugelassenen Bauausführungen gegen seinem Schutz dienende Vorschriften verstößt. (vgl. OVG Saarland, U 03.05.94, - 2 R 13/92 -, SKZ 94,255/21 (L) = DVBl 95,532 (L) = DÖV 95,741 (L) = BRS 56 Nr.104 = BRS 56 Nr.171 (L) = Juris )


  4. Wird durch Nebenbestimmungen im Bauschein ein Mindestgrenzabstand festgelegt, der zur Aufnahme der vorgeschriebenen Abstandsfläche nicht ausreicht, so führt dies auch dann zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung, wenn das Gebäude in den Planvorlagen in einem an sich ausreichenden Grenzabstand eingezeichnet ist. (vgl. OVG Saarl, B 18.03.96 - 2 W 1/96 - Nebenbestimmungen, SKZ 96,265/16 (L)).


  5. Hat ein Nachbar im Rahmen eines zivilrechtlich vereinbarten wechselseitigen und von ihm bereits ausgenutzten Grenzbebauungsrechts dem Eigentümer des Baugrundstücks die Befugnis zur Bebauung der gemeinsamen seitlichen Grenze eingeräumt, so kann er nach dem die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des "venire contra factum proprium" gehindert sein, gegenüber einem Vorhaben die Unterschreitung der vorgeschriebenen Abstandsfläche einzuwenden, wenn diese hinter dem zurückbleibt, was bei vollständiger Ausnutzung des Grenzbebauungs-rechts zu erwarten gewesen wäre. (vgl. OVG Saarland B 23.02.94 - 2 W 5/94 -, SKZ 94,256/25 (L1-2) = BRS 56 Nr.184 + BRS 56 Nr.107 (L) = Juris (L1-4))


  6. Eine Baugenehmigung ist rechtswidrig und auf Klage des Nachbarn hin auzuheben, wenn die mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen hinsichtlich nachbarrelevanter Merkmale des Vorhabens unbestimmt sind und diese Unbestimmtheit auch nicht durch den Inhalt des Bauscheins selbst bzw den Widerspruchsbescheid behoben worden ist (hier: fehlende Angaben zur Höhenlage der geplanten baulichen Anlage in bezug auf die Geländeoberfläche bei Hanglage und Errichtung einer Grenzgarage mit Aufschüttungen im Grenzbereich. (vgl. OVG NW, U, 13.05.94 - 10 A 1025/90 - Nachbarklage-Höhenlage BauR 94,750 = NWVBl 94,417)


Sofortvollzug

  1. Führt die Behörde für die Anordnung des Sofortvollzugs einer Baugenehmigung Umstände an, die dem Bauwerber gegebenenfalls einen Anspruch auf die Anordnung verschaffen würden, so ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs.3 VwGO genügt. (vgl. OVG Saarland, E, 23.04.93 - 2 W 9/93 -, Störender Betrieb SKZ 93,279/56 = Juris)

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