zu § 17 AGvWGO | (R) | |
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I. Altes Recht
§ 15 Abs.2 des Saarländischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 05.07.60 (Amtsblatt S.558) ist mir Artikel 74 Nummer 1 und Artikel 72 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 78 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21.01.60 (BGBl.I 60,17) unvereinbar und daher nichtig. (vgl. BVerfG, B 11.10.66 - 2 BvL 15/64 - Aufsichtsklage, BVerfGE 20,238 -257 = DNr.66.013)
Aufsichtsklage
"... Ermächtigt also § 73 Abs.2 VwGO den Landesgesetzgeber nicht dazu, die Aufsichtsklage - ihre Zulässigkeit unterstellt - als Klage sui generis frei auszugestalten, sondern allenfalls dazu, für diese Klage bei der Klagebefugnis von einer individuellen Rechtsverletzung abzusehen, so ist der Landesgesetzgeber gehalten, diese Klage im übrigen nach Maßgabe der Klageart zu regeln, die die Verwaltungsgerichtsordnung für Gestaltungsansprüche, wie sie die Aufsichtsbehörde für sich geltend macht, vorsieht. Da die Aufsichtsklage weder Leistungs- noch Feststellungsklage, sondern eine Gestaltungsklage ist, muß sie - wenn sie mit der Verwaltungsgerichtsordnung im Einklang stehen soll - als Anfechtungsklage gedeutet werden können. Der der Verwaltungsgerichtsordnung sonst noch bekannten Gestaltungsklagen, etwa der Vollstreckungsgegenklage (§ 167 Abs.1 VwGO in Verbindung mit § 767 ZPO) sowie den weiteren bei Schunck-de-Clerk, Anm.1 zu § 42 VwGO, angeführten Gestaltungsklagen, kann die Aufsichtsklage keinesfalls zugeordnet werden.
Die Aufsichtsklage kann als Anfechtungsklage charakterisiert werden. Eine Anfechtungsklage liegt vor, wenn durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt wird (§ 42 Abs.1 VwGO). Mit der Aufsichtsklage wird_die Aufhebung eines Widerspruchsbescheides verlangt (õ 15 Abs.1 AG Saarland). Der Widerspruchsbescheid wird von der Verwaltungsgerichtsordnung als Verwaltungsakt angesehen und geregelt. Nach õ 79 Abs.1 Nr.1 VwGO ist Gegenstand der Anfechtungsklage "der ursprüngliche Verwaltungsakt" in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat; das heißt, daß auch der Widerspruchsbescheid, der dem Verwaltungsakt eine neue "Gestalt" gegeben hat, ein Verwaltungsakt ist. Nur wenn der Widerspruch einen Dritten erstmalig beschwert oder gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält", ist er ein gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt selbständiger Klagegegenstand (§ 78 Abs.2, § 79 Abs.1 Nr.2 und Abs.2 VwGO). Das ändert jedoch nichts daran, daß der Widerspruchsbescheid auch in diesen Fällen seiner Natur nach ein Verwaltungsakt ist. Die Aufsichtsklage hat also die Aufhebung eines Verwaltungsaktes zum Gegenstand. Ihre Einführung könnte auf den Vorbehalt in § 42 Abs.2 VwGO gestützt werden. Nach dieser Vorschrift ist der Gesetzgeber, und zwar auch der Landesgesetzgeber, ermächtigt, von dem Erfordernis abzusehen, daß "die Klage nur zulässig (ist), wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt ... in seinen Rechten verletzt zu sein. Es ist demnach unerheblich und kann offenbleiben, ob die Befugnis des Landesgesetzgebers zur Einführung der Aufsichtsklage aus § 73 Abs.2 VwGO oder aus § 42 Abs.2 VwGO hergeleitet wird. Denn in jedem Fall ist der Landesgesetzgeber allenfalls befugt, den Aufsichtsbehörden die Möglichkeit zu eröffnen, mit der Aufsichtsklage die Rechtmäßigkeit der Widerspruchsbescheide der Ausschüsse zu sichern. Für diese Klage kann der Landesgesetzgeber davon dispensieren, daß der Kläger die Verletzung eigener Rechte geltend macht. Gebunden ist er aber an alle übrigen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Anfechtungsklage, also auch an die in § 78 VwGO getroffene Regelung der Frage, gegen wen die Klage zu richten ist. § 78 Abs.1 Nr.1 VwGO sieht vor, daß die Anfechtungsklage grundsätzlich gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft zu richten ist, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat. Nach § 78 Abs.1 Nr.2 VwGO ist der Landesgesetzgeber lediglich befugt zu bestimmen, daß die Klage abweichend von § 78 Abs.1 Nr.1 VwGO nicht gegen die Körperschaft, sondern gegen die Behörde selbst gerichtet wird. Ist - wie bei der Aufsichtsklage - allein der Widerspruchsbescheid Gegenstand der Klage, so tritt nach § 78 Abs.2 VwGO die Widerspruchsbehörde an die Stelle der Behörde nach § 78 Abs.1 VwGO. Sowohl im Falle von § 78 Abs.1 VwGO als auch im Falle von § 78 Abs.2 VwGO ist der Landesgesetzgeber darauf beschränkt, der Behörde an Stelle der Körperschaft die Beklagtenstellung zuzuweisen (§ 78 Abs.1 Nr.2 VwGO). Weitere Vorbehalte zugunsten des Landesgesetzgebers enthält § 78 VwGO nicht. Damit schließt die Verwaltungsgerichtsordnung aus, daß nach Landesrecht eine Anfechtungs-(Aufsichts-)klage gegen den durch den Widerspruchsbescheid Begnstigten gerichtet werden kann. õ 15 Abs.2 S.1 AG Saarland ist also mit der erschöpfenden bundesrechtlichen Regelung der Frage, gegen wen die Anfechtungsklage zu richten ist, nicht vereinbar (so von Oertzen, DVBl.61,650 ff (654); Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2.Auflage, zu § 78, S.268).
Die Nichtigkeit von Satz 1 des § 15 Abs.2 AG Saarland erfaßt auch Satz 2 dieser Bestimmung. Satz 2 ist eine unselbstständige Ausführungsregelung der in Satz 1 enthaltenen Grundregel, nach der der Begünstigte in die Rolle des Beklagten verwiesen wird. ..." (vgl. BVerfG, B 11.10.66 - 2 BvL 15/64 - Aufsichtsklage, BVerfGE 20,238 -257, S.254 = Zitat-Nr Z-100)_VwGO õ 58, VwGO õ 82; SVwVG õ 14; (SL) (65) LBO § 112; AGVwGO § 18
Es gibt keine Rechtsvorschriften, auf Grund deren ein Widerspruchsführer nach einem gemäß den Vorschriften des Saarländischen AG zur VwGO erfolgreich durchgeführten Widerspruchsverfahrens Erstattung seiner für das Verfahren notwendigen Aufwendungen verlangen kann. Es besteht deshalb kein Anspruch gegen die Verwaltungsbehörde, die einem Widerspruch nach § 72 VwGO abgeholfen hat, oder gegen die Widerspruchsbehörde, die einem Widerspruch stattgegeben hat, auf Erlaß einer den § 154 ff VwGO entsprechenden Kostenentscheidung. (vgl.OVG Saarl, U 30.03.67 - 2 K 233/66 - Vorverfahren - Widerspruchsführer - Aufwendungsersatz -, JBl Saar 67,134 = DNr.67.002)
II. Zur Zeit geltendes Recht
Eine Aufsichtsklage entfaltet nach § 15 SaarlAGVwGO auch gegenüber dem durch den Widerspruchsbescheid Begünstigten aufschiebende Wirkung (im Anschluß an OVG Saarland, Beschluß vom 4.Dezember 1972 - 1 W 51/72 - AS 133 71 ff). Vorläufiger Rechtsschutz ist in diesen Fällen in entsprechender Anwendung von § 80a I Nr.1 VwGO iVm §§ 80a III, 2, 80 V, 80 a III 1 VwGO zu gewähren. (vgl. OVG Saarl, B 21.03.97 - 9 W 44/96 - Aufsichtsklage, SKZ 98,275/44 (L) = DNr.97.031)
Der Erfolg einer Aufsichtsklage setzt nicht voraus, daß der Kläger durch die Widerspruchsentscheidung in eigenen Rechten verletzt wird. Ein Widerspruchsbescheid ist nicht schon dann rechtswidrig, wenn er die Ursprungsbehörde zur Neubescheidung eines Vorbescheidsantrages verpflichtet. (vgl.OVG Saarl, E 26.11.91 - 2 R 35/89 - Aufsichtsklage - Widerspruchsbescheid -, DNr.91.179)
Zur Frage der Beiladung des aufsichtsführenden Fachministers im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die Ursprungsbehörde. Die Aufsichtsklage nach § 15 Saarl AGVwGO hat - auch gegenüber dem durch den Widerspruchsbescheid Begünstigten - aufschiebende Wirkung. Dieser kann in entsprechender oder ergänzender Anwendung des § 80 Abs.5 Satz 1 VwGO die Anordnung der sofortigen Vollziehung beantragen. (vgl. OVG Saarl, B 04.12.72 - 1 W 51/72 - Aufsichtsklage, AS 13,71 -81 = DNr.72.018)
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