zu § 80a   VwGO (R)
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  1. Lassen sich die Erfolgsaussichten eines Nachbarrechtsbehelfs im Aussetzungsverfahren nicht abschließend positiv beurteilen, so kommt eine Anordnung der kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§ 212a BauGB) ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen eine Baugenehmigung nur in Betracht, wenn die in diesem Verfahren mögliche Rechtskontrolle (zumindest) gewichtige Zweifel an der nachbarrechtlichen Unbedenklichkeit der angefochtenen Genehmigung ergibt. (vgl OVG Saarl, B, 27.10.03, - 1_W_34/03 - Wandhöhe - SKZ_04,85/40 (L) )

  2. Ein aus der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung mit Blick auf das Effektivitätsgebot des Art.19 Abs.4 GG ableitbares Erfordernis einer verfahrensmäßigen "Vorwegnahme" des Hauptsacheverfahrens, insbesondere hinsichtlich der Tatsachenermittlung, besteht in diesen Verfahren in aller Regel nicht, da die Fertigstellung eines Bauvorhabens als Ergebnis der Ausnutzung der Baugenehmigung unter Inanspruchnahme ihrer vorläufigen Vollziehbarkeit weder irreversibel noch mit Auswirkungen auf den Nachbarn verbunden ist, deren Hinnahme - bei unterstellter Nachbarrechtswidrigkeit - für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens als schlechthin unzumutbar angesehen werden könnte. Die sich insoweit aus der gesetzlichen Vorgabe des § 212a Abs.1 BauGB ergebenden Nachteile des Nachbarn, aber auch die damit einhergehenden erheblichen wirtschaftlichen Risiken für den Bauherrn angesichts der Möglichkeit eines späteren Erfolgs des Nachbarn in der Hauptsache hat der Gesetzgeber dabei in Kauf genommen. (vgl OVG Saarl, B, 27.10.03, - 1_W_34/03 - Wandhöhe - SKZ_04,85/40 (L) )

  3. Ob das Grundstück, auf dem das vom Nachbarn bekämpfte Bauvorhaben ausgeführt werden soll, im Geltungsbereich einer Wasserschutzgebietsverordnung liegt und sich vor diesem Hintergrund ergebende Erfordernisse einer Mitwirkung der Wasserbehörden (§ 37 Abs.4 SWG) im Genehmigungsverfahren nicht beachtet wurden, ist für die Erfolgsaussichten eines Nachbarrechtsbehelfs ohne Bedeutung, da sich diesen Rechtsvorschriften der notwendige unmittelbare Bezug zu subjektiven Rechtspositionen des privaten Grundstücksnachbarn nicht entnehmen lässt. (vgl OVG Saarl, B, 27.10.03, - 1_W_34/03 - Wandhöhe - SKZ_04,85/40 (L) )

  4. Enthalten die zur Baugenehmigung gehörenden Pläne (Bauvorlagen) eine von den tatsächlichen Geländeverhältnissen auf dem Baugrundstück wesentlich abweichende Darstellung, so hat dies zur Folge, dass das Vorhaben möglicherweise nicht in der genehmigten Form ausgeführt werden kann, nicht indes, dass dadurch eine Verletzung von Nachbarrechten durch die angefochtene Genehmigung, deren Inhalt den Beurteilungsgegenstand im Anfechtungsstreit bildet, begründet wird. (vgl OVG Saarl, B, 27.10.03, - 1_W_34/03 - Wandhöhe - SKZ_04,85/40 (L) )

  5. Für den Bereich der Grenzabstandsvorschriften (§ 6, 7 LBO 1996) ist bezüglich des unteren Bezugspunktes bei der Ermittlung der für die Abstandsflächentiefe bedeutsamen Wandhöhe (§ 6 Abs.4 und 5 LBO 1996) davon auszugehen, dass der Umstand, das der ursprüngliche "natürliche" Geländeverlauf aufgrund von Veränderungen, die im Zuge einer vor Jahrzehnten erfolgten Bebauung vorgenommen wurden, nicht mehr in Erscheinung tritt, der Bauaufsichtsbehörde zumindest Raum für eine Festlegung der Geländeoberfläche unter Berücksichtigung des (nunmehr) vorhandenen Niveaus bietet. In diesen Fällen ist im Nachbarrechtsstreit auch unter Rücksichtnahmegesichtspunkten vom konkret vorhandenen Geländeniveau auf dem Baugrundstück auszugehen. (vgl OVG Saarl, B, 27.10.03, - 1_W_34/03 - Wandhöhe - SKZ_04,85/40 (L) )

  6. Das städtebauliche Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) weist auch im beplanten Bereich (§ 30 BauGB) primär rein städtebauliche Qualität ohne Bezug zur Individualrechtssphäre einzelner Grundstücksnachbarn auf, weswegen auch eine Nichtbeachtung faktischer Baugrenzen und Baulinien im Anwendungsbereich des § 34 BauGB, die im Übrigen für sich genommen nicht zwingend auf ein Nichteinfügen des Vorhabens schließen ließe, in Ansehung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme eine subjektive Rechtsverletzung von Nachbarn allein nicht rechtfertigen kann, da es nicht Sache des Nachbarn ist, über die Einhaltung des öffentlichen Rechts im vollen Umfang zu wachen. (vgl OVG Saarl, B, 27.10.03, - 1_W_34/03 - Wandhöhe - SKZ_04,85/40 (L) )

  7. Sowohl ein tiefer liegendes Geländeniveau des Nachbargrundstücks als auch unter Umständen neben einer Bebauung verbleibende nur kleine Freiflächen auf diesem Grundstück können als situationsbedingte Lagenachteile bei der Beurteilung der Frage der "Rücksichtslosigkeit" des Bauvorhabens keine entscheidende Rolle spielen. Die Schaffung der tatsächlichen Voraussetzungen für die Wahrung der ausreichenden Belichtung eines Grundstücks fällt grundsätzlich in den Risiko- und Verantwortungsbereich seines jeweiligen Eigentümers, und die sich diesbezüglich aus der konkreten Grundstücks- und Bebauungssituation beim Nachbarn ergebenden faktischen Defizite können nicht auf den Bauherrn durch Einschränkung der Bebauungsmöglichkeiten seines Grundstücks verlagert werden.. (vgl OVG Saarl, B, 27.10.03, - 1_W_34/03 - Wandhöhe - SKZ_04,85/40 (L) )

  8. Auch wenn mit dem Bundesverwaltungsgericht davon auszugehen ist, dass eine Verletzung des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots in § 34 Abs.1 Satz 1 BauGB unter den Gesichtspunkten eines "Einmauerns" beziehungsweise einer "erdrückenden Wirkung" des Bauvorhabens für den Nachbarn grundsätzlich auch dann in Betracht kommt, wenn die landesrechtlichen Vorschriften über die Grenzabstände (Abstandsflächen) eingehalten sind, so kann dies nur in Ausnahmefällen angenommen werden. (vgl OVG Saarl, B, 27.10.03, - 1_W_34/03 - Wandhöhe - SKZ_04,85/40 (L) )

  9. Dem Eigentümer eines Grundstücks in der Ortslage steht unter Rücksichtnahmegesichtspunkten kein Anspruch auf den Erhalt einer "unverbauten" Aussicht oder auf eine generelle Vermeidung der Schaffung von Einsichtsmöglichkeiten auf sein Grundstück zu. (vgl OVG Saarl, B, 27.10.03, - 1_W_34/03 - Wandhöhe - SKZ_04,85/40 (L) )

  10. Das Merkmal der gesicherten Erschließung eines Bauvorhabens vermittelt keinen Drittschurz in dem Sinne, dass den Nachbarn ein unbedingter Anspruch auf Erfüllung zuzubilligen wäre. Erschließungsmängel können vielmehr nur in Ausnahmefällen nachbarrechtsrelevant werden, wenn sie zum einen schwerwiegend sind und wenn sie zum anderen die Erreichbarkeit des Nachbargrundstücks selbst dauerhaft in Frage stellen. (vgl OVG Saarl, B, 27.10.03, - 1_W_34/03 - Wandhöhe - SKZ_04,85/40 (L) )

  11. Das im Wege einer in das Grundbuch eingetragenen beschränkt persönlichen Dienstbarkeit eingeräumte (dingliche) Wohn- und Benutzungsrecht hinsichtlich eines Grundstücks vermittelt seinem Inhaber weder in Ansehung des Bauplanungsrechts noch hinsichtlich der landesrechtlichen Vorschriften über die Abstandsflächen (Grenzabstände) ein selbständiges subjektiv öffentliches Abwehrrecht gegenüber einem Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück. (vgl OVG Saarl, B, 18.03.03, - 1_W_7/03 - Wohnrecht - SKZ_03,200/41 (L) )

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