zu § 58   VwGO (R)
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Absatz 1

  1. Die Rechtsmittelbelehrung muß nur die im Gesetz ausdrücklich genannten Erfordernisse enthalten. (vgl. OVG Saarl, B 17.12.71 - 2 W 41/71 - Ersatzvornahme, AS 12,333 -335 = Juris = DNr.71.034)

  2. Die Rechtsmittelbelehrung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils muß nicht gemäß § 58 Abs.1 VwGO auf Form und Frist der Sprungrevision hinweisen, wenn dieser Rechtsbehelf nicht im Urteil zugelassen wurde (im Anschluß an BVerwGE 18 53, 54f). (vgl. BVerwG, B 14.09.78 - 6 C 69/78 - Rechtsmittelbelehrung, VRspr 30,506 = DNr.78.041)

  3. Die Rechtsmittelbelehrung beginnt nicht zu laufen, wenn in der Rechtsmittelbelehrung ein über die Anforderungen des § 58 Abs.1 VwGO hinausgehender und unrichtiger Zusatz über die Befugnis zur Rechtsmitteleinlegung enthalten ist, der geeignet ist, einen Beteiligten von der Einlegung des Rechtsmittels abzuhalten. (vgl. BVerwG, B 26.03.62 - 5 B 78/61 - Rechtsmittelbelehrung, NJW 62,1363 = DÖV 62,556 = VRspr 15,99 = DNr.62.003)

  4. Eine Rechtsmittelbelehrung, die im Leser den Eindruck erweckt, die Klage müsse innerhalb der Klagefrist begründet werden, ist nicht geeignet, die Klagefrist in Lauf zu setzen (im Anschluß an BVerwGE 3,273 = NJW 57,724). (vgl. BVerwG, U 01.11.67 - 5 C 92/67 - Rechtsmittelbelehrung, BVerwGE 28,178 = NJW 68,717 = BB 68,62 (L) = MDR 68,347 = VRspr 19,376 = DNr.67.015)

  5. Eine Rechtsmittelbelehrung ist fehlerhaft und setzt deshalb die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf, wenn sie einen über die Anforderungen des § 58 VwGO hinausgehenden Zusatz über den Beginn der Rechtsmittelfrist enthält, der geeignet ist, in dem Empfänger unzutreffende Vorstellungen über den Beginn des Laufes dieser Frist hervorzurufen, und dazu führen kann, daß er annimmt, erst ein späteres Ereignis als die gesetzlichen Zustellungsarten setzte die Frist in Lauf. (vgl. OVG Münst, U 23.01.68 - 1 A 254/67 - Rechtsmittelbelehrung, ZBR 68,154 = DNr.68.002)

  6. Im allgemeinen Verwaltungsverfahren braucht in der Rechtsmittelbelehrung nicht darauf hingewiesen zu werden, daß der Rechtsbehelf innerhalb der angegebenen Frist bei der genannten Behörde oder dem Gericht eingegangen sein muß. (vgl. BVerwG, U 21.01.72 - 4 C 40/70 - Rechtsmittelbelehrung, NJW 72,1435 = DÖV 72,790 = BayVBl 72,560 = DNr.72.004)

  7. Das Anlaufen der Widerspruchsfrist setzt nicht voraus, daß der Beteiligte in der Rechtsbehelfsbelehrung über die erforderliche Form des Widerspruchs belehrt wurde. Ist mangels Belehrung über die Form der Widerspruch zunächst nur mündlich und danach verspätet schriftlich eingelegt worden, so kann dies unter Umständen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen. (vgl. BVerwG, U 27.02.76 - 4 C 74.74 - Widerspruch, BVerwGE 50,248 = NJW 76,1332 = BayVBl 76,568 = MDR 76,603 = DNr.74.013)

  8. Selbst wenn angenommen wird, daß der Beginn der Frist zur Einlegung eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine nicht amtlich bekanntgegebene Baugenehmigung nicht nur erfordert, daß der Nachbar die betreffende Baugenehmigung kannte oder hätte kennen müssen, sondern zumindest im letztgenannten Fall - ebenso wie die Verwirkung nachbarlicher Abwehrrechte - davon abhängt, daß er auch eine Verletzung seiner Rechte erkannt hat oder hätte erkennen müssen, so ist diese zusätzliche Voraussetzung jedenfalls dann erfüllt, wenn er erstmals eine Rechtsbeeinträchtigung hätte erkennen müssen. Keineswegs vertreten läßt sich hingegen, daß für weitere, später festgestellte Rechtsverstöße, gerechnet ab deren Erkennbarkeit die Rechtsbehelfsfrist jeweils von neuem beginnt. (vgl. OVG Saarl, U 05.12.95 - 2 R 4/95 - Nachbarrechtsbehelf, SKZ 96,118/51 (L) = DNr.95.223)

  9. In der Rechtsmittelbelehrung braucht hinsichtlich des Antrages auf Zulassung der Beschwerde nicht auf das Begründungserfordernis nach § 146 Abs.5 S.3 VwGO hingewiesen zu werden. Eine Rechtsmittelbelehrung wird nicht dadurch unrichtig, daß auf das Begründungserfordernis nach § 146 Abs.5 S.3 VwGO als solches, nicht aber auf die einzelnen Zulassungsgründe hingewiesen wird. (vgl. OVG Bautzen, B 04.04.97 - 1 S 120/97 - Rechtsmittelbelehrung, NVwZ 97,1003 -04 = DNr.97.126)

§§§

Absatz 2

a) Allgemeines

  1. Enthält eine Rechtsmittelbelehrung zu Unrecht keine Angabe über die Frist für die Einlegung des Rechtsmittels, wird der Verwaltungsakt nach Ablauf der einjährigen Ausschlußfrist unanfechtbar. § 58 Abs.2 VwGO ist verfassungsrechtlich unbedenklich. (vgl. BVerwG, U 10.11.66 - 2 C 99/64 - Rechtsmittelbelehrung, NJW 67,591 = JuS 67,285 = VRspr 18,889 = DNr.66.016)

  2. Ist dem Nachbar die Baugenehmigung durch die er sich beschwert fühlt, nicht amtlich bekanntgegeben worden, so läuft für ihn weder in unmittelbarer noch in analoger Anwendung der §§ 70 und 58 Abs.2 VwGO eine Widerspruchsfrist. (vgl. BVerwG, U 25.01.74 - 4 C 2/72 - Nachbar, BVerwGE 44,294 = DÖV 74,385 = NJW 74,1260 = BauR 74,401 = MDR 74,695 = = DNr.74.001)

  3. Die in entsprechender Anwendung der §§ 58 II, 70 VwGO maßgebliche Jahresfrist für die Erhebung eines Nachbarwiderspruches gegen eine nicht amtlich bekannt gegebene Baugenehmigung beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Nachbar erstmals die Verletzung seiner Rechte hätte erkennen müssen. Sie wird nicht für weitere, später festgestellte Rechtsverstöße, gerechnet jeweils ab deren Erkennbarkeit von neuem in Lauf gesetzt. (vgl. OVG Saarl, U 24.06.97 - 2 R 35/96 - Abweichende Bauausführung, SKZ 98,271/18 (L) = DNr.97.204)

  4. Die in entsprechender Anwendung der §§ 58 II, 70 VwGO maßgebliche Jahresfrist für die Erhebung eines Nachbarwiderspruches gegen eine nicht amtlich bekannt gegebene Baugenehmigung beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Nachbar erstmals die Verletzung seiner Rechte hätte erkennen müssen. Sie wird nicht für weitere, später festgestellte Rechtsverstöße, gerechnet jeweils ab deren Erkennbarkeit von neuem in Lauf gesetzt. Abwehrrechte gegen eine genehmigungsabweichende Bauausführung sind nicht durch Anfechtung der Baugenehmigung, sondern mit einem Antrag auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten geltend zu machen. (vgl. OVG Saarl, U 24.06.97 - 2 R 35/96 - Abweichende Bauausführung, SKZ 98,271/18 (L) = DNr.97.068)

§§§

b) unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung bejaht

  1. Eine Rechtsmittelbelehrung, die die Stellung eines bestimmten Antrages als Mußinhalt der Klageschrift vorschreibt, erschwert die Rechtsmitteleinlegung und ist nicht geeignet, die Rechtsmittelfrist in Lauf zu setzen. (vgl. BVerwG, U 13.01.71 - 5 C 53/70 - Rechtsmittelbelehrung, BVerwGE 37,85 = BayVBl 71,354 = VRspr 23,121 = DNr.71.002)

  2. Ist nach den Überleitungsvorschriften des 6.VwGO-ÄndG für das Vertretungserfordernis neues Recht, für das Rechtsmittel (hier: Berufung) aber noch altes Recht anzuwenden, so ist eine Rechtsmittelbelehrung irreführend, die den Eindruck erweckt, die Einlegung des Rechtsmittels unterliege nicht dem Vertretungszwang. Eine solche Rechtsmittelbelehrung setzt die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf. (vgl. BVerwG, B 27.08.97 - 1 B 145/97 - Vertretungserfordernis, DVBl 98,233 -34 = DNr.97.264)

  3. Die einem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung, die den Eindruck erweckt, der Widerspruch könne nur schriftlich eingelegt werden und müsse innerhalb der Widerspruchsfrist begründet werden, setzt die Widerspruchsfrist nicht in Lauf. (vgl. BVerwG, U 13.12.78 - 6 C 77/78 - Rechtsbehelfsbelehrung, BVerwGE 57,188 = JuS 79,909 = NJW 79,1670 = ZBR 80,24 -25 = VRspr 30,762 = DNr.78.059)

  4. Eine im übrigen ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht deswegen iS des § 58 VwGO fehlerhaft, weil sie dem Bescheid mit gesondertem Anschreiben beigefügt ist. (vgl. BVerwG, B 11.02.98 - 7 B 30/98 - Rechtsmittelbelehrung, DÖV 98,697-128 (L) = DNr.98.015)

  5. Ein Rechtsmittelbelehrung, die den unrichtigen Zusatz enthält, der Klage seien, wenn sie schriftlich erhoben werde, vier Abschriften beizufügen, erschwert die Rechtsmitteleinlegung und setzt die einmonatige Klagefrist nicht in Lauf. (vgl. BVerwG, U 17.01.80 - 7 C 32/79 - Rechtsmittelbelehrung, NJW 80,1797 = DÖV 80,918 -919 = BayVBl 80,305 = DNr.80.003)

  6. Rechtsmittelbelehrung

    "... Durch die Zustellung des Widerspruchsbescheides an den Kläger war die Klagefrist nicht in Lauf gesetzt worden, weil der Widerspruchsbescheid nicht mit einer ordnungsgemäßigen Rechtsbehelfsbelehrung nach § 58 Abs.1 VwGO versehen war. Nach der Rspr des BVerwG ist eine Rechtsbehelfsbelehrung auch dann fehlerhaft, wenn den in § 58 Abs.1 VwGO zwingend geforderten Angaben ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt ist, der generell geeignet ist, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren (vgl BVerwGE 37,85 86; BVerwGE 57,188 190f). Dies trifft für den hier fraglichen Zusatz der Klage seinen wenn sie schriftlich erhoben werde, vier Abschriften beizufügen, zu. Dieser Hinweis widerspricht § 81 Abs.2 VwGO, der lediglich vorschreibt, daß der Klage Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden "sollen". Der unrichtige Zusatz war geeignet, bei dem Kläger einen Irrtum über die formellen Voraussetzungen einer wirksamen Klageerhebung hervorzurufen und ihn dadurch von der (rechtzeitigen) Klageerhebung abzuhalten. Daß die - mittels einer einfachen Postkarte mögliche - schriftliche Klageerhebung durch den Zwang zur Beifügung von Abschriften erschwert würde, liegt auf der Hand. Der unrichtige Zusatz war daher irreführend und lief auf eine Erschwerung der Rechtsmitteleinlegung hinaus..." (vgl. BVerwG, U 17.01.80 - 7 C 32/79 - Rechtsmittelbelehrung, NJW 80,1797 = DÖV 80,918 -919 = BayVBl 80,305, 918 = Zitat-Nr Z-048)

  7. Eine Rechtmittelbelehrung dahin, daß innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe (statt nach Zustellung) des Widerspruchbescheides Klage erhoben werden könne, ist iS von § 58 Abs.1 und 2 VwGO unrichtig und nicht geeignet, die Klagefrist in Lauf zu setzen. Das gilt auch, wenn im konkreten Fall der Zeitpunkt der Bekanntgabe und der - tatsächlich bewirkten oder gemäß § 4 Abs.1 VwZG fingierten - Zustellung zusammenfallen. (vgl. OVG Münst, B 25.07.72 - 9 B 518/70 - Rechtsmittelbelehrung, NJW 73,165 -166 = DNr.72.016)

c) Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung verneint

  1. Der unrichtige Zusatz in der Rechtmittelbelehrung, der Widerspruch sei schriftlich "bzw" zur Niederschrift bei der Behörde einzulegen, erschwert die Einlegung eines Rechtsbehelfs nicht und ist daher unschädlich. (vgl. BVerwG, B 27.02.81 - 6 B 19/81 - Rechtsmittelbelehrung, DÖV 81,635 -636 = DNr.81.009) Rechtsbehelfsbelehrung

  2. Eine Rechtsmittelbelehrung ist nicht deshalb unrichtig, weil sie keinen Hinweis auf den vor dem Bundesverwaltungsgericht geltenden Vertretungszwang enthält. (vgl. BVerwG, U 15.04.77 - 4 C 3/74 - Rechtsmittelbelehrung, NJW 78,1278 (L) = BayVBl 77,571 = MDR 77,1044 = DNr.77.008)

  3. Soweit die einem Widerspruchsbescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung über die in § 82 Abs.1 S.1 VwGO genannten zwingenden Anforderungen hinaus auch die Angabe der angefochtenen Entscheidung in der Klageschrift als notwendig bezeichnet, ist dies kein die Klageerhebung nennenswert erschwerender Zusatz, der zur Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung iS des § 58 Abs.2 VwGO führt. (vgl. VGH Kasse, U 10.04.91 - 5 UE 3750/89 -, NVwZ-RR 92,334 -335 = DNr.91.043)

  4. Wird in einer Rechtsmittelbelehrung lediglich auf das statthafte Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung hingewiesen, und fehlt die Rechtsmittelbelehrung hinsichtlich der gleichzeitig erfolgten Streitwertfestsetzung, wirkt sich dies auf die auf die Ordnungsgemäßheit der Rechtsmittelbelehrung hinsichtlich der Sachentscheidung nicht aus. (vgl. VGH Kasse, B 22.05.96 - 6 TG 3665/95 - Fraktionsmitglied-Status, NVwZ-RR 97,308 -09 = DNr.96.092)

§§§


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