zu Art.74   GG  
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Konkurrierende Gesetzgebung Bund   (Absatz 1)

  1. Im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde gegen ein Bundesgesetz kann das Bundesverfassungsgericht von Amts wegen prüfen, ob eine Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung bestanden hat. (vgl BVerfG, U, 30.04.52, - 1_BvR_14/52 - Bezirksschornsteinfeger - BVerfGE_1,264 = www.DFR/BVerfGE)

  2. Der Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber nicht, unter allen Umständen Ungleiches ungleich zu behandeln. Entscheidend ist vielmehr, ob für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die tatsächlichen Ungleichheiten in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam sind, daß der Gesetzgeber sie bei seiner Regelung beachten muß. (vgl BVerfG, U, 30.04.52, - 1_BvR_14/52 - Bezirksschornsteinfeger - BVerfGE_1,264 = www.DFR/BVerfGE)

  3. Art.14 GG schützt das Rechtsinstitut des Eigentums, so wie es das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen geformt haben. "Eigentum" im Sinne dieser Bestimmung ist nicht eine vorwiegend durch das öffentliche Recht gewährte und bestimmte Rechtsposition wie der Gewerbebetrieb des Bezirksschornsteinfegermeisters. (vgl BVerfG, U, 30.04.52, - 1_BvR_14/52 - Bezirksschornsteinfeger - BVerfGE_1,264 = www.DFR/BVerfGE)

  4. §§§



    Nummer 1

  5. a) Zum Strafrecht im Sinne des Art.74 Abs.1 Nr.1 GG gehört die Regelung aller staatlichen Reaktionen auf Straftaten, die an die Straftat anknüpfen, ausschließlich für Straftäter gelten und ihre sachliche Rechtfertigung auch aus der Anlasstat beziehen.
    b) Bei der Straftäterunterbringung nach dem Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz und dem Unterbringungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt handelt es sich um Strafrecht im Sinne des Art.74 Abs.1 Nr.1 GG. (vgl BVerfG, U, 10.02.04, - 2_BvR_834/02 - Straftäterunterbringung - = www.bverfg.de)

  6. Die Länder sind nicht befugt, die Straftäterunterbringung zu regeln; der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich abschließend Gebrauch gemacht. (vgl BVerfG, U, 10.02.04, - 2_BvR_834/02 - Straftäterunterbringung - = www.bverfg.de)

  7. Der Bundesgesetzgeber kann, wenn er ein Verhalten als strafwürdig erachtet, im Bereich der im Strafgesetzbuch herkömmlich geregelten Materien Straftatbestände schaffen (Art.74 Nr.1 GG), ohne hierbei an die ihm sonst durch die Zuständigkeitskataloge gezogenen Grenzen gebunden zu sein. (vgl BVerfG, B, 22.02.68, - 2_BvO_2_65 - Blankettstrafrecht - BVerfGE_23,113 = www.DFR/BVerfGE)

  8. Die Befugnis des Bundes zum Erlaß eines Straffreiheitsgesetzes ergibt sich aus seiner Zuständigkeit zur konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafverfahrens und des Strafvollzugs (Art.74 Ziff.1 GG). (vgl BVerfG, B, 22.04.53, - 1_BvL_18_52 - Straffreiheitsgesetz - BVerfGE_2,213 = www.DFR/BVerfGE)

  9. Die Frage, ob ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung besteht (Art.72 Abs.2 GG), ist eine Frage pflichtmäßigen Ermessens des Bundesgesetzgebers und daher der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen. (vgl BVerfG, B, 22.04.53, - 1_BvL_18_52 - Straffreiheitsgesetz - BVerfGE_2,213 = www.DFR/BVerfGE)

  10. Die gesetzliche Regelung nach § 2 DNA-IFG iVm § 81g StPO genügt auch den rechtsstaatlichen Erfordernissen der Normenklarheit und Justiabilität. Dazu reicht es aus, dass sie mit herkömmlichen juristischen Methoden ausgelegt werden kann. Dies ist insbesondere für die Anknüpfung der Maßnahmen an Straftaten von erheblicher Bedeutung anzunehmen. (vgl BVerfG, B, 14.12.00, - 2_BvR_1741/99 - Genetischer Fingerabdruck - BVerfGE_103,21 = NJW_01,679 -882 = www.DFR/BVerfGE)

  11. Nach überwiegender Auffassung muss eine Straftat von erheblicher Bedeutung mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen sein, den Rechtsfrieden ermpfindlich stören und dazu geeignet sein, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Dabei grenzen die in der Vorschrift genannten Regelbeispiele den unbestimmten Rechtsbegriff weiter ein. Dadurch wird dem Bestimmtheitsgebot hinreichend Rechnung getragen. (vgl BVerfG, B, 14.12.00, - 2_BvR_1741/99 - Genetischer Fingerabdruck - BVerfGE_103,21 = NJW_01,679 -882 = www.DFR/BVerfGE)

  12. Allein die Annahme, eine Rückfallgefahr eines vor langer Zeit verurteilten Betroffenen sei "nicht sicher auszuschließen", kann einen Eingriff in das Recht auf informationnelle Selbstbestimmung nicht rechtfertigen. Es bedarf vielmehr positiver, auf den Einzelfall bezogener Gründe für die Annahme einer Wiederholungsgefahr. (vgl BVerfG, B, 14.12.00, - 2_BvR_1741/99 - Genetischer Fingerabdruck - BVerfGE_103,21 = NJW_01,679 -882 = www.DFR/BVerfGE)

  13. Das Land Hamburg war nicht befugt, die Rechtsfigur der öffentliche Last einzuführen. Die Regelung verstößt gegen Art.74 Nr.1 GG. (vgl BVerfG, B, 10.05.77, - 1_BvR_514/68 - Öffentliche Last - BVerfGE_45,297 = www.DFR/BVerfGE)

  14. Die Länder können im Wege der Enteignung nur solche dinglichen Rechte an fremden Grundstücken begründen, die einer privatrechtlichen Vereinbarung zugänglich sind. (vgl BVerfG, B, 10.05.77, - 1_BvR_514/68 - Öffentliche Last - BVerfGE_45,297 = www.DFR/BVerfGE)

  15. Die Länder sind mangels Kompetenz nicht befugt, im Rahmen eines Enteignungsgesetzes Regelungen über Schadenersatz zu treffen. (vgl BVerfG, B, 10.05.77, - 1_BvR_514/68 - Öffentliche Last - BVerfGE_45,297 = www.DFR/BVerfGE)

  16. Die der Gewährleistung des Eigentums zukommende "sichernde und abwehrende Bedeutung" gilt auch für Ansprüche, die den Charakter eines Äquivalentes für Einbußen an Lebenstüchtigkeit besitzen und für die weitere Lebensgestaltung der Betroffenen von hervorragender Bedeutung sind. (vgl BVerfG, U, 08.07.76, - 1_BvL_19/75 - Contergan - BVerfGE_42,263 = www.DFR/BVerfGE)

  17. Die Gewährleistung dieser Ansprüche bedeutet nicht schlechthin ihre Unantastbarkeit; Art.14 Abs.1 Satz 3 GG ermächtigt den Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen, bereits begründeten Rechten einen neuen Inhalt zu geben. (vgl BVerfG, U, 08.07.76, - 1_BvL_19/75 - Contergan - BVerfGE_42,263 = www.DFR/BVerfGE)

  18. Hierzu genügt nicht jedes öffentliche Interesse. Es müssen vielmehr solche Gründe des gemeinen Wohls vorliegen, denen auch bei Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Vorrang vor dem grundsätzlichen Freiheitsanspruchs des Bürgers zukommt; das Zuordnungsverhältnis muß erhalten und die Substanz des Rechtes gewährleistet bleiben. (vgl BVerfG, U, 08.07.76, - 1_BvL_19/75 - Contergan - BVerfGE_42,263 = www.DFR/BVerfGE)

  19. Vorschriften über die Befugnis zur Zeugnisverweigerung sind ihrem Wesen nach Bestandteile des Beweiserhebungsrechts der Verfahrensordnungen. Das strafprozessuale Aussageverweigerungsrecht von Angehörigen der Presse gehört deshalb kompetenzrechtlich zum Bereich des gerichtlichen Verfahrens (Art.74 Nr.1 GG). (vgl BVerfG, B, 28.11.73, - 2_BvL_42/71 - Journalisten - BVerfGE_36,193 = www.DFR/BVerfGE)

  20. § 15 Abs.2 des Saarländischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung vom 05.07.60 (Amtsblatt Seite 558) ist mir Artikel 74 Nummer 1 und Artikel 72 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 78 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21.01.60 (BGBl.I_60,17) unvereinbar und daher nichtig. (vgl BVerfG, B, 11.10.66, - 2_BvL_15/64 - Aufsichtsklage - BVerfGE_20,238 -257 = RS-BVerfG Nr.66.010 )

  21. Absatz 2 des Gesetzes gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen vom 9.Juni 1884 (RGBl.S.61) ist für die Frage, ob ein Landesverfassungsgericht zur Prüfung seiner Gültigkeit zuständig ist, als Bundesrecht anzusehen. (vgl BVerfG, B, 31.01.62, - 2_BvO_1/59 - Blankettstrafgesetz - BVerfGE_13,367 )

  22. § 367 Abs.1 Nr.15 StGB gilt als Bundesrecht fort. (vgl BVerfG, B, 22.02.68, - 2_BvO_2_65 - Blankettstrafrecht - BVerfGE_23,113 = www.DFR/BVerfGE)

  23. 1) a) Zum Strafrecht im Sinne des Art.74 Abs.1 Nr.1 GG gehört die Regelung aller staatlichen Reaktionen auf Straftaten, die an die Straftat anknüpfen, ausschließlich für Straftäter gelten und ihre sachliche Rechtfertigung auch aus der Anlasstat beziehen. b) Bei der Straftäterunterbringung nach dem Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz und dem Unterbringungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt handelt es sich um Strafrecht im Sinne des Art.74 Abs.1 Nr.1 GG. (vgl BVerfG, U, 10.02.04, - 2_BvR_834/02 - Straftäterunterbringung - = www.bverfg.de)

  24. 2) Die Länder sind nicht befugt, die Straftäterunterbringung zu regeln; der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich abschließend Gebrauch gemacht. (vgl BVerfG, U, 10.02.04, - 2_BvR_834/02 - Straftäterunterbringung - = www.bverfg.de)

  25. §§§



    Nummer 7

  26. Die Kompetenz des Bundesgesetzgebers zur Regelung der Erstattung von Sozialleistungen ergibt sich aus Art.74 Nrn.7 und 12 GG. (vgl BVerfG, U, 23.01.90, - 1_BvL_44/86 - Arbeitsförderungsgesetz - BVerfGE_81,156 = www.DFR/BVerfGE)

  27. §§§



    Nummer 11

  28. Die Vorschriften des Pflege-Versicherungsgesetzes (SGB XI) über die Verpflichtung privat Krankenversicherter zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung privater Pflegeversicherungsverträge und über deren nähere inhaltliche Ausgestaltung sind durch die Gesetzgebungskompetenz des Art.74 Abs.1 Nr.11 GG ("privatrechtliches Versicherungswesen") gedeckt. (vgl BVerfG, U, 03.04.01, - 1_BvR_2014/95 - Pflegeversicherung I - BVerfGE_103,197 = www.bverfg.de)

  29. Der zur sozialpolitischen Gestaltung berufene Gesetzgeber durfte eine im Grundsatz alle Bürger erfassende Volksversicherung einrichten, um die für die Pflege hilfebedürftiger Menschen notwendigen Mittel auf der Grundlage einer Pflichtversicherung sicherzustellen. (vgl BVerfG, U, 03.04.01, - 1_BvR_2014/95 - Pflegeversicherung I - BVerfGE_103,197 = www.bverfg.de)

  30. Der mit der gesetzlichen Verpflichtung zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung eines privaten Pflegeversicherungsvertrages verbundene Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art.2 Abs.1 GG) ist verfassungsgemäß. (vgl BVerfG, U, 03.04.01, - 1_BvR_2014/95 - Pflegeversicherung I - BVerfGE_103,197 = www.bverfg.de)

  31. Art.74 Nr.11 GG begründet die Zuständigkeit des Bundes auch für Gesetze, die ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben eingreifen. (vgl BVerfG, U, 20.07.54, - 1_BvR_459/52 - Investitionshilfe - BVerfGE_4,7 = www.DFR/BVerfGE)

  32. Wirtschaftslenkende Gesetze verstoßen nicht schon deshalb gegen den Gleichheitssatz, weil sie die Wettbewerbslage verändern. Sie können auch im Interesse einzelner Gruppen erlassen werden, jedoch nur, wenn dies durch das öffentliche Wohl geboten ist und schutzwürdige Interessen anderer nicht willkürlich vernachlässigt werden. (vgl BVerfG, U, 20.07.54, - 1_BvR_459/52 - Investitionshilfe - BVerfGE_4,7 = www.DFR/BVerfGE)

  33. Ein gesetzlicher Eingriff in die Freiheit der Disposition über Betriebsmittel ist mit Art.2 Abs.1 GG vereinbar, sofern ein angemessener Spielraum zur Entfaltung der Unternehmerinitiative verbleibt. (vgl BVerfG, U, 20.07.54, - 1_BvR_459/52 - Investitionshilfe - BVerfGE_4,7 = www.DFR/BVerfGE)

  34. Art.14 GG schützt nicht das Vermögen als solches. (vgl BVerfG, U, 20.07.54, - 1_BvR_459/52 - Investitionshilfe - BVerfGE_4,7 = www.DFR/BVerfGE)

  35. Die Liquidität des Betriebes ist kein der Eigentumsgarantie unterliegendes Recht. (vgl BVerfG, U, 20.07.54, - 1_BvR_459/52 - Investitionshilfe - BVerfGE_4,7 = www.DFR/BVerfGE)

  36. Ein bestimmtes Wirtschaftssystem ist durch das Grundgesetz nicht gewährleistet. (vgl BVerfG, U, 20.07.54, - 1_BvR_459/52 - Investitionshilfe - BVerfGE_4,7 = www.DFR/BVerfGE)

  37. Die Zuständigkeit des Bundes, die Errichtung von Apotheken zu regeln, ergibt sich aus Art.74 Ziff.11 GG. (vgl BVerfG, U, 30.05.56, - 1_BvF_3/53 - Apothekenerrichtung - BVerfGE_5,25 = www.DFR/BVerfGE)

  38. Die Zuständigkeit des Bundes zur gesetzlichen Regelung des Handwerksrechts nach Art.74 Ziff.11 GG ergreift jeden einzelnen Zweig des Handwerks entsprechend seiner Eigenart in vollem Umfang. (vgl BVerfG, U, 30.04.52, - 1_BvR_14/52 - Bezirksschornsteinfeger - BVerfGE_1,264 = www.DFR/BVerfGE)

  39. Die Erhebung einer Sonderabgabe aufgrund der Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art.74 Nr.11 GG) setzt voraus, daß in dem Gesetz nicht nur die Belastung mit der Abgabe und die Verwendung ihres Aufkommens, sondern auch die gestaltende Einflußnahme auf die Wirtschaft zum Ausdruck kommt. Entsprechendes gilt bei der Inanspruchnahme der Kompetenz für das Wohnungswesen (Art.74 Nr.18 GG). (vgl BVerfG, U, 06.11.84, - 2_BvL_19/83 - Investitionshilfegesetz - BVerfGE_67,256 = www.DFR/BVerfGE)

  40. Die in der Entscheidung BVerfGE_55,274 (Leitsätze 3a - c) dargelegten Erfordernisse für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe gelten für alle Sonderabgaben, mit denen ein Finanzierungszweck -- sei es als Hauptzweck oder als Nebenzweck -- verfolgt wird (Weiterführung BVerfGE_55,274). (vgl BVerfG, U, 06.11.84, - 2_BvL_19/83 - Investitionshilfegesetz - BVerfGE_67,256 = www.DFR/BVerfGE)

  41. Der Steuerbegriff des Art.105 ff GG umfaßt nur Angaben, die dem Staat endgültig zufließen. Abgaben, deren Rückzahlung von vornherein vorgesehen ist (sogenannte Zwangsanleihen), sind keine Steuern im Sinne der Verfassung. (vgl BVerfG, U, 06.11.84, - 2_BvL_19/83 - Investitionshilfegesetz - BVerfGE_67,256 = www.DFR/BVerfGE)

  42. Der Konjunkturzuschlag ist mit dem Grundgesetz vereinbar. (vgl BVerfG, B, 15.12.70, - 1_BvR_559/70 - Konjunkturzuschlag - BVerfGE_29,402 = www.DFR/BVerfGE)

  43. Die Gesetzgebungszuständigkeit für die Einführung des Konjunkturzuschlags läßt sich allerdings nicht auf die für die Steuergesetzgebung geltenden Kompetenznormen des Grundgesetzes (Art.105 GG) stützen, denn der Konjunkturzuschlag stellt keine Steuer dar. (vgl BVerfG, B, 15.12.70, - 1_BvR_559/70 - Konjunkturzuschlag - BVerfGE_29,402 = www.DFR/BVerfGE)

  44. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Einführung eines Konjunkturzuschlages fußt in Art.74 Nr.11 GG. Art.74 Nr.11 räumt dem Bund die konkurrierende Gesetzgebung für "das Recht der Wirtschaft" ein. Der Begriff "Recht der Wirtschaft" ist in einem weiteren Sinn zu verstehen (BVerfGE 5, 25, <28 f>). Er umfaßt nicht nur die Vorschriften, die sich in irgendeiner Form auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs beziehen, sondern auch alle anderen das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigunga ls solche regelnde Normen (BVerfGE 8, 143 <148 f>; 28, 119 <146>). Er beschränkt sich nicht auf Regelungen, die sich nur an einzelne am wirtschaftlichen Leben unmittelbar beteiligte Gruppen wenden. Zum Recht der Wirtschaft gehören vielmehr auch gesetzgeberische Maßnahmen, die zur Lenkung der Konjunktur den privaten Verbrauch drosseln sollen. Daß der Bund nach Art.74 Nr.11 GG auch Gesetze erlassen kann, die ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben eingreifen, und daß er in diesem Zusammenhang auch Geldleistungen auferlegen kann, ist vom Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach ausgesprochen worden (vgl. BVerfGE 4, 7 <13>; 8, 274 <317>; 18, 315 <329>). (vgl BVerfG, B, 15.12.70, - 1_BvR_559/70 - Konjunkturzuschlag - BVerfGE_29,402 = www.DFR/BVerfGE)

  45. Zum Begriff "Recht der Wirtschaft" im Sinne von Art.74/11 GG. (vgl BVerfG, U, 29.04.58, - 2_BvO_3/56 - Recht der Wirtschaft - ESGG_Art.74-1 )

  46. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf einem bestimmten Lebensgebiet schließt das Recht ein, die dieses Gebiet betreffenden sozialplizeilichen Vorschriften zu erlassen. (vgl BVerfG, U, 29.04.58, - 2_BvO_3/56 - Recht der Wirtschaft - ESGG_Art.74-1 )

  47. §§§



    Nummer 12

  48. Die Kompetenz des Bundesgesetzgebers zur Regelung der Erstattung von Sozialleistungen ergibt sich aus Art.74 Nrn.7 und 12 GG. (vgl BVerfG, U, 23.01.90, - 1_BvL_44/86 - Arbeitsförderungsgesetz - BVerfGE_81,156 = www.DFR/BVerfGE)

  49. Die Erstattung nach § 128 AFG ist keine Sonderabgabe im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. (vgl BVerfG, U, 23.01.90, - 1_BvL_44/86 - Arbeitsförderungsgesetz - BVerfGE_81,156 = www.DFR/BVerfGE)

  50. In Anbetracht der gesetzgeberischen Zielsetzung, sozial unzuträgliche Frühverrentungen zu verhindern, verstößt es grundsätzlich nicht gegen Art.12 Abs.1 GG, wenn einem Arbeitgeber, der an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines langjährig bei ihm beschäftigten älteren Arbeitnehmers mitgewirkt hat, die sich daraus ergebenden sozialen Folgekosten auferlegt werden. (vgl BVerfG, U, 23.01.90, - 1_BvL_44/86 - Arbeitsförderungsgesetz - BVerfGE_81,156 = www.DFR/BVerfGE)

  51. Im Hinblick auf die zu fordernde besondere Verantwortung des Arbeitgebers sind die Ausnahmeregelungen des § 128 AFG verfassungskonform auszulegen. (vgl BVerfG, U, 23.01.90, - 1_BvL_44/86 - Arbeitsförderungsgesetz - BVerfGE_81,156 = www.DFR/BVerfGE)

  52. Der Begriff "Sozialversicherung" in Art.74 Nr.12 GG ist als weitgefaßter verfassungsrechtlicher Gattungsbegriff zu verstehen (BVerfGE_11,105 <112>). Neue Lebenssachverhalte können in das Gesamtsystem "Sozialversicherung" einbezogen werden, wenn die neuen Sozialleistungen in ihren wesentlichen Strukturelementen, insbesondere in der organisatorischen Durchführung und hinsichtlich der abzudeckenden Risiken dem Bild entsprechen, das durch die "klassische" Sozialversicherung geprägt ist. (vgl BVerfG, B, 08.04.87, - 2_BvR_909/82 - KünstlersozialversicherungsG - BVerfGE_75,108 = www.DFR/BVerfGE)

  53. Als Beteiligter darf ein nicht selbst Versicherter nur dann zur Finanzierung von Sozialleistungen herangezogen werden, wenn es dafür einen sachorientierten Anknüpfungspunkt in den Beziehungen zwischen Versicherten und Beitragspflichtigen gibt, der diese Heranziehung nicht außerhalb der Vorstellungen liegend erscheinen läßt, von denen die Sozialversicherung in ihrem sachlichen Gehalt bestimmt wird. (vgl BVerfG, B, 08.04.87, - 2_BvR_909/82 - KünstlersozialversicherungsG - BVerfGE_75,108 = www.DFR/BVerfGE)

  54. Sozialversicherungsbeiträge sind keine Sonderabgaben im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl zuletzt BVerfGE_67,256 <274 ff>). (vgl BVerfG, B, 08.04.87, - 2_BvR_909/82 - KünstlersozialversicherungsG - BVerfGE_75,108 = www.DFR/BVerfGE)

  55. Im Sachbereich der Sozialversicherung verlangt der Gleichheitssatz des Art.3 Abs.1 GG einen - bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise - sachlich einleuchtenden Grund dafür, daß ein Privater im Unterschied zu anderen Privaten über seine Steuerpflicht hinaus als Beteiligter im Sinne des Sozialversicherungsrechts zu einer Abgabe herangezogen wird, die weder ihm selbst noch seiner Gruppe zugute kommt, ihm vielmehr als fremdnützige Abgabe auferlegt wird, die sozialen Ausgleich und Umverteilung zum Ziel hat und herstellt. (vgl BVerfG, B, 08.04.87, - 2_BvR_909/82 - KünstlersozialversicherungsG - BVerfGE_75,108 = www.DFR/BVerfGE)

  56. Während jeder Bürger ohne weiteres der Steuergewalt unterworfen ist, bedürfen weitere, auf Ausgleich und Umverteilung angelegte Abgabenbelastungen im Hinblick auf die Belastungsgleichheit der Bürger einer besonderen Rechtfertigung. Eine solche Rechtfertigung fremdnütziger Sozialversicherungsbeiträge kann sich aus spezifischen Solidaritätsbeziehungen und Verantwortlichkeitsbeziehungen zwischen Zahlungsverpflichteten und Versicherten ergeben, die in den Lebensverhältnissen, wie sie sich geschichtlich entwickelt haben und weiter entwickeln, angelegt sind. Solche Beziehungen, die von einer besonderen Verantwortlichkeit geprägt sind, können zB aus auf Dauer ausgerichteten integrierten Arbeitszusammenhängen oder aus einem kulturgeschichtlich gewachsenen besonderen Verhältnis gleichsam symbiotischer Art entstehen. (vgl BVerfG, B, 08.04.87, - 2_BvR_909/82 - KünstlersozialversicherungsG - BVerfGE_75,108 = www.DFR/BVerfGE)

  57. §§§



    Nummer 18

  58. Die Erhebung einer Sonderabgabe aufgrund der Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art.74 Nr.11 GG) setzt voraus, daß in dem Gesetz nicht nur die Belastung mit der Abgabe und die Verwendung ihres Aufkommens, sondern auch die gestaltende Einflußnahme auf die Wirtschaft zum Ausdruck kommt. Entsprechendes gilt bei der Inanspruchnahme der Kompetenz für das Wohnungswesen (Art.74 Nr.18 GG). (vgl BVerfG, U, 06.11.84, - 2_BvL_19/83 - Investitionshilfegesetz - BVerfGE_67,256 = www.DFR/BVerfGE)

  59. Die in § 4 Abs.3 S.1 BauO NS getroffene Bestimmung, daß die Teilung eines bebauten Grundstücks der Genehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde bedarf, ist mit dem GG vereinbar. (vgl BVerfG, U, 28.10.75, - 2_BvL_9/74 - Teilung-Baugrundstück - BVerfGE_40,261 = NJW_76,141 -42 = BGBl_I_75,3004 )

  60. Dem Bund ist vom GG nur für die in Art.74 Nr.18 GG aufgeführten Teile der Gesamtmaterie "Baurecht" die Gesetzgebungszuständigkeit zugewiesen worden. Hingegen ist ihm nicht - auch nicht unter dem Gesichtspunkt des "Sachzusammenhangs", des "Wandels der Verhältnisse" und der Natur der Sache" - die Kompetenz gewährt, Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Bauordnungsrechts zu erlassen; dieses ist vielmehr eine eigenständige Rechtsmaterie (so auch BVerfG, E vom 16.06.54 - 1_PBvV_2/52 - BVerfGE_3,407 ). (vgl BVerfG, U, 28.10.75, - 2_BvL_9/74 - Teilung-Baugrundstück - BVerfGE_40,261 = NJW_76,141 -42 = BGBl_I_75,3004 )

  61. Die hier vorgelegte Rechtsnorm ist eine Vorschrift des Bauordnungsrechts und reicht somit nicht in die dem Bund vorbehaltene Regelungsbefugnis hinein. (vgl BVerfG, U, 28.10.75, - 2_BvL_9/74 - Teilung-Baugrundstück - BVerfGE_40,261 = NJW_76,141 -42 = BGBl_I_75,3004 )

  62. §§§



    Nummer 19

  63. Der Gesetzgeber ist hinsichtlich der Festlegung des Berufsbildes der Altenpflege nicht starr an bestehende, traditionelle Vorprägungen gebunden; er ist vielmehr befugt, zur Durchsetzung wichtiger Gemeinschaftsinteressen die Ausrichtung des überkommenen Berufsbildes zeitgerecht zu verändern. (vgl BVerfG, U, 24.10.02, - 2_BvF_1/01 - Altenpflege - = www.bverfg.de)

  64. Der Beruf des Altenpflegers ist, anders als der Beruf des Altenpflegehelfers, ein "anderer Heilberuf" im Sinne des Art.74 Abs.1 Nr.19 GG. (vgl BVerfG, U, 24.10.02, - 2_BvF_1/01 - Altenpflege - = www.bverfg.de)

  65. Zur Regelung des Facharztwesens besitzt der Bund keine Gesetzgebungsfähigkeit nach Art.74 Nr.19 GG. (vgl BVerfG, B, 09.05.72, - 1_BvR_518/62 - Facharzt - BVerfGE_33,125 = www.DFR/BVerfGE)

  66. Das Facharztwesen darf nicht ausschließlich der Regelung durch Satzung der Ärztekammern (Facharztordnungen) überlassen werden. Mindestens die "statusbildenden" Bestimmungen muß der Gesetgeber selbst treffen. (vgl BVerfG, B, 09.05.72, - 1_BvR_518/62 - Facharzt - BVerfGE_33,125 = www.DFR/BVerfGE)

  67. Zur Frage, ob der Facharzt seine ärztliche Tätigkeit auf sein Fachgebiet beschränken muß und nicht mehr als eine Facharztbezeichnung führen darf. (vgl BVerfG, B, 09.05.72, - 1_BvR_518/62 - Facharzt - BVerfGE_33,125 = www.DFR/BVerfGE)

  68. Der Bund ist nach Art.74 Abs.1 Nr.19 GG nicht befugt, die Herstellung solcher Arzneimittel zu regeln, die der Arzt zur Anwendung bei eigenen Patienten herstellt. (vgl BVerfG, U, 16.02.00, - 1_BvR_420/97 - Frischzellen - BVerfGE_102,26 = www.DFR/BVerfGE)

  69. Das Herstellungsverbot in § 1 Abs.1 der Frischzellen-Verordnung ist nichtig. (vgl BVerfG, U, 16.02.00, - 1_BvR_420/97 - Frischzellen - BVerfGE_102,26 = www.DFR/BVerfGE)

  70. §§§



    Nummer 20

  71. Das Verbot des Züchtens von Hunden zur Vermeidungvon Nachkommen mit erblich bedingten Aggressionssteigerungen in § 11b Abs.2 Buchstabe a des Tierschutzgesetzes in Verbindung mit § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung dient nicht dem Tierschutz im Sinne des Art.74 Abs.1 Nr.20 GG. (vgl BVerfG, U, 16.03.04, - 1_BvR_1778/01 - Hundeverbringungsverbot - = www.bverfg.de)

  72. §§§



    Nummer 21

  73. Die Binnenhäfen (= Stichhäfen) am Rhein gehörden nicht zu den Wasserstraßen des allgemeinen Verkehrs, die durch Staatsvertrag vom 29.07.21 vom Reich übernommen wurden. Sie unterstehen daher weder der Bundesverwaltung nach Art.89 GG, noch der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes nach Art.74 Nr.21 GG. (vgl BVerfG, U, 30.06.53, - 2_BvE_1/52 - Zuständigkeit - Binnenhäfen - BVerfGE_2,347 = HDW_R561 )

  74. §§§



    Nummer 22

  75. Die Verwaltungszuständigkeit für "Bundesautobahnen und sonstige Bundesstraßen des Fernverkehrs" im Sinne von Art.90 Abs.2 GG reicht jedenfalls nicht weiter als die damit korrespondierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für "den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr" nach Art.74 Abs.1 Nr.22 GG. Dies begrenzt zugleich die Weisungsbefugnis im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung. (vgl BVerfG, U, 03.07.00, - 2_BvG_1/96 - B 75 - BVerfGE_102,167 = www.DFR/BVerfGE)

  76. §§§



    Nummer 24

  77. Zur Vereinbarkeit des § 10 des Abfallgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen mit dem Bundesrecht. (vgl BVerfG, B, 29.03.00, - 2_BvL_3/96 - Landesabfallgesetz NRW - BVerfGE_102,99 = www.DFR/BVerfGE)

  78. Dem Bundesgesetzgeber ist durch Art.74 Abs.1 Nr.24 GG eine Zuständigkeit zur umfassenden Regelung des Rechts der Abfallwirtschaft eingeräumt. (vgl BVerfG, U, 07.05.98, - 2_BvR_1991/95 - Kommunale Verpackungssteuer - BVerfGE_98,106 = www.bverfg.de)

  79. Eine steuerrechtliche Regelung, die Lenkungswirkungen in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfaltet, setzt keine zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretende Sachkompetenz voraus. (vgl BVerfG, U, 07.05.98, - 2_BvR_1991/95 - Kommunale Verpackungssteuer - BVerfGE_98,106 = www.bverfg.de)

  80. Der Gesetzgeber darf aufgrund einer Steuerkompetenz nur insoweit lenkend in den Kompetenzbereich eines Sachgesetzgebers übergreifen, als die Lenkung weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen zuwiderläuft. (vgl BVerfG, U, 07.05.98, - 2_BvR_1991/95 - Kommunale Verpackungssteuer - BVerfGE_98,106 = www.bverfg.de)

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Zustimmung Bundesrat   (Absatz 2)

    (Bisher kein Eintrag)

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  Rspr zu Art.74 GG [ › ]

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