zu Art.24   GG  
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Zwischenstaatliche Einrichtungen   (Absatz 1)

  1. Art.24 Abs.1 GG eröffnet nicht den Weg, das Grundgefüge der Verfassung anzutasten. Ein unaufgebbarer Bestandteil des Verfassungsgefüges sind die fundamentalen Rechtsgrundsätze, die in den Grundrechten des Grundgesetzes anerkannt und verbürgt sind. Art.24 Abs.1 GG räumt dem Gesetzgeber ein weites Ermessen ein, ob und inwieweit einer zwischenstaatlichen Einrichtung Hoheitsrechte eingeräumt werden und in welcher Weise diese Einrichtung rechtlich und organisatorisch ausgestaltet werden soll. Dies schließt grundsätzlich auch die Befugnis ein, hinsichtlich der Ausgestaltung des Rechtsschutzes gegen Handlungen der zwischenstaatlichen Einrichtung besondere Regelungen zu treffen. (vgl BVerfG, B, 23.06.81, - 2_BvR_1107/79 - Eurocontrol I - BVerfGE_58,1 = www.DFR/BVerfGE)

  2. Von Verfassungs wegen begegnet es im Grundsatz keinen Bedenken, daß für den Rechtsschutz gegen Akte von Eurocontrol die (internationale) Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedsstaates begründet wurde. Die in bezug auf die Gebührenforderungen von Eurocontrol den betroffenen Benutzern offenstehenden Möglichkeiten des Rechtsschutzes genügen den Anforderungen an einen umfassenden und wirksamen Rechtsschutz. (vgl BVerfG, B, 23.06.81, - 2_BvR_1107/79 - Eurocontrol I - BVerfGE_58,1 = www.DFR/BVerfGE)

  3. Im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht in besonderem Maße darauf zu achten, daß Verletzungen des Völkerrechts, die in der fehlerhaften Anwendung oder Nichtbeachtung völkerrechtlicher Normen durch deutsche Gerichte liegen und eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland begründen könnten, nach Möglichkeit verhindert oder beseitigt werden. Dies kann im Einzelfall eine insoweit umfassende Nachprüfung gebieten. (vgl BVerfG, B, 23.06.81, - 2_BvR_1107/79 - Eurocontrol I - BVerfGE_58,1 = www.DFR/BVerfGE)

  4. Art.19 Abs.4 GG meint die durch die Verfassung gebundene deutsche öffentliche Gewalt. Bestimmungen, die den Rechtsschutz in bezug auf ein Verhalten einer zwischenstaatlichen Einrichtung im Sinne des Art.24 Abs.1 GG regeln, sind nicht unmittelbar an Art.19 Abs.4 GG zu messen, denn sie betreffen nicht den Rechtsschutz gegen die deutsche öffentliche Gewalt. Insoweit käme allenfalls eine Verletzung des Art.24 Abs.1 GG in Betracht.

    Art.19 Abs.4 GG gewährleistet nicht eine subsidiäre Gerichtsbarkeit deutscher Gerichte für den Fall, daß die Übertragung von Hoheitsrechten auf die zwischenstaatliche Einrichtung nach innerstaatlichem Recht - formell oder materiell - fehlerhaft sein sollte.

    Nach Art.19 Abs.4 GG ist insbesondere auch nicht eine internationale Auffangzuständigkeit deutscher Gerichte gewährleistet, falls der Rechtsschutz gegen Handlungen der zwischenstaatlichen Einrichtung gemessen an innerstaatlichenA nforderungen unzulänglich sein sollte. (vgl BVerfG, B, 23.06.81, - 2_BvR_1107/79 - Eurocontrol I - BVerfGE_58,1 = www.DFR/BVerfGE)

  5. Die Mitwirkung der Bundesregierung beim Abschluß von Art.1 Abs.1 des Vertrages über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland vom 23.Oktober 1954 (BGBl.1955 II,253) und von Art.53 Abs.1 Satz 1 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3.August 1959 (BGBl.1961 II,1183, 1218) ist kein tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde.

    Die Mitwirkung der Bundesregierung an dem Abschluß dieser Verträge stellt sich als Verhalten auf der völkerrechtlichen Ebene dar, das noch keine innerstaatlichen Rechtswirkungen auszulösen vermochte. Diese werden erst durch die Zustimmungsgesetze zu den Verträgen bewirkt; sie erteilen den innerstaatlichen Rechtsanwendungsbefehl.

    Soweit der Bundesregierung Akte bei der Beratung, der Ausfertigung und der Verkündung der Zustimmungsgesetze (etwa über Art.58 GG) zuzurechnen sind, haben sie - im vorliegenden Zusammenhang - gegenüber dem Gesetzesbeschluß des Bundestages keine selbständige Bedeutung. (vgl BVerfG, B, 29.10.87, - 2_BvR_624/83 - Lagerung chemischer Waffen - BVerfGE_77,170 = www.DFR/BVerfGE)

  6. Dem Gesetzgeber wie der vollziehenden Gewalt kommt bei der Erfüllung von Schutzpflichten aus Art.2 Abs.2 Satz 1 GG ein weiter Einschätzungsspielraum, Wertungsspielraum und Gestaltungsspielraum zu, der auch Raum läßt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen.

    Diese weite Gestaltungsfreiheit kann von den Gerichten je nach Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden und der Bedeutung der auf dem Spiele stehenden Rechtsgüter, nur in begrenztem Umfang überprüft werden

    Um den Anforderungen an die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde zu entsprechen, die auf die Verletzung der sich aus dem Grundrecht des Art.2 Abs.2 Satz 1 GG ergebenden Schutzpflichtg estützt wird, muß der Beschwerdeführer schlüssig dartun, daß die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen hat oder daß offensichtlich die getroffenen Regelungen und Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das Schutzziel zu erreichen. (vgl BVerfG, B, 29.10.87, - 2_BvR_624/83 - Lagerung chemischer Waffen - BVerfGE_77,170 = www.DFR/BVerfGE)

  7. Zwar können staatliche Maßnahmen zur Abwehr eines bewaffneten Angriffs von außen mit Gefahren für die eigene Zivilbevölkerung verbunden sein. Solche Gefahren und daraus gegebenenfalls entstehende Schäden zu vermeiden, überschreitet indes die staatlichen Möglichkeiten, wenn eine wirkungsvolle Landesverteidigung, die gerade dem Schutz der freiheitlichen- auch die Grundrechte verbürgenden - Ordnung dient, gewährleistet bleiben soll.

    Mit der Entscheidung für die militärische Landesverteidigung (Art.24 Abs.2, 87a, 115a ff GG) hat das Grundgesetz zu erkennen gegeben, daß der Schutzbereich des Art.2 Abs.2 Satz 1 GG Rückwirkungen auf die Bevölkerung bei einem völkerrechtsgemäßen Einsatz von Waffen gegen den militärischen Gegner im Verteidigungsfall nicht umfaßt. (vgl BVerfG, B, 29.10.87, - 2_BvR_624/83 - Lagerung chemischer Waffen - BVerfGE_77,170 = www.DFR/BVerfGE)

  8. Die Stationierung chemischer Waffen in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel, einen möglichen Gegner von einem C-Waffen-Einsatz abzuhalten, und ein etwaiger völkerrechtsgemäßer Zweiteinsatz dieser Waffen halten sich im Rahmen des dem NATO-Vertrag zugrundeliegenden Bündnisprogramms. (vgl BVerfG, B, 29.10.87, - 2_BvR_624/83 - Lagerung chemischer Waffen - BVerfGE_77,170 = www.DFR/BVerfGE)

§§§



Grenznachbarliche Einrichtungen   (Absatz 1a)

    (Kein Eintrag)

§§§



System kollektiver Sicherheit   (Absatz 2)

  1. Die Einordnung Deutschlands in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit bedarf nach Art.24 Abs.2 iVm Art.59 Abs.2 Satz 1 GG der Zustimmung des Gesetzgebers. (vgl BVerfG, U, 22.11.01, - 2_BvE_6/99 - Nato-Konzept - BVerfGE_104,151 = www.bverfg.de)

  2. Die Ermächtigung des Art.24 Abs.2 GG berechtigt den Bund nicht nur zum Eintritt in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit und zur Einwilligung in damit verbundene Beschränkungen seiner Hoheitsrechte. Sie bietet vielmehr auch die verfassungsrechtliche Grundlage für die Übernahme der mit der Zugehörigkeit zu einem solchen System typischerweise verbundenen Aufgaben und damit auch für eine Verwendung der Bundeswehr zu Einsätzen, die im Rahmen und nach den Regeln dieses Systems stattfinden. (vgl BVerfG, U, 12.07.94, - 2_BvE_3/92 - Bundeswehreinsatz - BVerfGE_90,286 = www.DFR/BVerfGE)

  3. Art.87a GG steht der Anwendung des Art.24 Abs.2 GG als verfassungsrechtliche Grundlage für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Rahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit nicht entgegen. (vgl BVerfG, U, 12.07.94, - 2_BvE_3/92 - Bundeswehreinsatz - BVerfGE_90,286 = www.DFR/BVerfGE)

  4. Das Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung, für einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte die grundsätzlich vorherige konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen. Es ist Sache des Gesetzgebers, jenseits der im Urteil dargelegten Mindestanforderungen und Grenzen des Parlamentsvorbehalts für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte die Form und das Ausmaß der parlamentarischen Mitwirkung näher auszugestalten. (vgl BVerfG, U, 12.07.94, - 2_BvE_3/92 - Bundeswehreinsatz - BVerfGE_90,286 = www.DFR/BVerfGE)

  5. Zur Friedenswahrung darf die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art.24 Abs.2 GG in eine "Beschränkung" ihrer Hoheitsrechte einwilligen, indem sie sich an Entscheidungen einer internationalen Organisation bindet, ohne dieser damit schon im Sinne des Art.24 Abs.1 GG Hoheitsrechte zu übertragen. (vgl BVerfG, U, 12.07.94, - 2_BvE_3/92 - Bundeswehreinsatz - BVerfGE_90,286 = www.DFR/BVerfGE)

  6. Ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Art.24 Abs.2 GG ist dadurch gekennzeichnet, daß es durch ein friedensicherndes Regelwerk und den Aufbau einer eigenen Organisation für jedes Mitglied einen Status völkerrechtlicher Gebundenheit begründet, der wechselseitig zur Wahrung des Friedens verpflichtet und Sicherheit gewährt. Ob das System dabei ausschließlich oder vornehmlich unter den Mitgliedstaaten Frieden garantieren oder bei Angriffen von außen zum kollektiven Beistand verpflichten soll, ist unerheblich. (vgl BVerfG, U, 12.07.94, - 2_BvE_3/92 - Bundeswehreinsatz - BVerfGE_90,286 = www.DFR/BVerfGE)

  7. Auch Bündnisse kollektiver Selbstverteidigung können Systeme gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne von Art.24 Abs.2 GG sein, wenn und soweit sie strikt auf die Friedenswahrung verpflichtet s ind. (vgl BVerfG, U, 12.07.94, - 2_BvE_3/92 - Bundeswehreinsatz - BVerfGE_90,286 = www.DFR/BVerfGE)

  8. Hat der Gesetzgeber der Einordnung in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit zugestimmt, so ergreift diese Zustimmung auch die Eingliederung von Streitkräften in integrierte Verbände des Systems oder eine Beteiligung von Soldaten an militärischen Aktionen des Systems unter dessen militärischem Kommando, soweit Eingliederung oder Beteiligung in Gründungsvertrag oder Satzung, die der Zustimmung unterlegen haben, bereits angelegt sind. Die darin liegende Einwilligung in die Beschränkung von Hoheitsrechten umfaßt auch die Beteiligung deutscher Soldaten an militärischen Unternehmungen auf der Grundlage des Zusammenwirkens von Sicherheitssystemen in deren jeweiligem Rahmen, wenn sich Deutschland mit gesetzlicher Zustimmung diesen Systemen eingeordnet hat. (vgl BVerfG, U, 12.07.94, - 2_BvE_3/92 - Bundeswehreinsatz - BVerfGE_90,286 = www.DFR/BVerfGE)

  9. Akte der auswärtigen Gewalt, die vom Tatbestand des Art.59 Abs.2 Satz 1 GG nicht erfaßt werden, sind grundsätzlich dem Kompetenzbereich der Regierung zugeordnet. Art.59 Abs.2 Satz 1 GG kann nicht entnommen werden, daß immer dann, wenn ein Handeln der Bundesregierung im völkerrechtlichen Verkehr die politischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland regelt oder Gegenstände der Bundesgesetzgebung betrifft, die Form eines der gesetzgeberischen Zustimmung bedürftigen Vertrages gewählt werden muß. Auch insoweit kommt eine analoge oder erweiternde Auslegung dieser Vorschrift nicht in Betracht (im Anschluß an BVerfGE_68,1 <84 f>). (vgl BVerfG, U, 12.07.94, - 2_BvE_3/92 - Bundeswehreinsatz - BVerfGE_90,286 = www.DFR/BVerfGE)

  10. Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt greift ein, wenn nach dem jeweiligen Einsatzzusammenhang und den einzelnen rechtlichen und tatsächlichen Umständen die Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen konkret zu erwarten ist. Diese Voraussetzung ist gerichtlich voll überprüfbar. (vgl BVerfG, U, 07.05.08, - 2_BvE_1/03 - AWACS-Flugzeuge - = RS-BVerfG-Nr. 08.018 = www.BVerfG.de)

  11. Die Einordnung Deutschlands in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit bedarf nach Art.24 Abs.2 iVm Art.59 Abs.2 Satz 1 GG der Zustimmung des Gesetzgebers. (vgl BVerfG, U, 22.11.01, - 2_BvE_6/99 - Nato-Konzept - BVerfGE_104,151 = www.bverfg.de)

  12. Die Fortentwicklung eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Art. 24 Abs. 2 GG, die keine Vertragsänderung ist, bedarf keiner gesonderten Zustimmung des Bundestags. (vgl BVerfG, U, 22.11.01, - 2_BvE_6/99 - Nato-Konzept - BVerfGE_104,151 = www.bverfg.de)

  13. Die Zustimmung der Bundesregierung zur Fortentwicklung eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit darf nicht die durch das Zustimmungsgesetz bestehende Ermächtigung und deren verfassungsrechtlichen Rahmen gem Art.24 Abs.2 GG überschreiten. (vgl BVerfG, U, 22.11.01, - 2_BvE_6/99 - Nato-Konzept - BVerfGE_104,151 = www.bverfg.de)

  14. Der Bundestag wird in seinem Recht auf Teilhabe an der auswärtigen Gewalt verletzt, wenn die Bundesregierung die Fortentwicklung des Systems jenseits der ihr erteilten Ermächtigung betreibt. (vgl BVerfG, U, 22.11.01, - 2_BvE_6/99 - Nato-Konzept - BVerfGE_104,151 = www.bverfg.de)

  15. Die Fortentwicklung darf nicht die durch Art.24 Abs.2 GG festgelegte Zweckbestimmung des Bündnisses zur Friedenswahrung verlassen. (vgl BVerfG, U, 22.11.01, - 2_BvE_6/99 - Nato-Konzept - BVerfGE_104,151 = www.bverfg.de)

  16. Das neue Strategische Konzept der NATO von 1999 ist weder ein förmlich noch ein konkludent zu Stande gekommener Vertrag. (vgl BVerfG, U, 22.11.01, - 2_BvE_6/99 - Nato-Konzept - BVerfGE_104,151 = www.bverfg.de)

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Internationale Schiedsgerichtsbarkeit   (Absatz 3)

§§§



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