Motive | zu § 8 | G-10 |
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Begründung des Entwurfs G-10 (14/5655) |
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Wie Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, kann es in einzelnen Krisensituationen, bei denen Gefahr für Leib oder Leben besteht, notwendig sein, die strategische Fernmeldekontrolle des Bundesnachrichtendienstes auch außerhalb ihrer eigentlichen, durch § 5 Abs. 1 umrissenen Bereiche einzusetzen. Beispiele hierfür sind insbesondere Geiselnahmen. Wenn deutsche Staatsangehörige im Ausland entführt werden, muss die Bundesregierung sich schützend für sie einsetzen und versuchen, ein rasches Ende der Geiselnahme zu erreichen. Von zentraler Bedeutung sind dabei die diplomatischen Bemühungen gegenüber jenem Staat, auf dessen Gebiet die Geiselnahme sich ereignet. Doch schließt die primäre Verantwortlichkeit der örtlichen Regierung nicht aus, dass auch die Bundesregierung die ihr verfügbaren Möglichkeiten einsetzt, Leib und Leben der Betroffenen zu schützen. Nachrichtendienstliche Hinweise, wie sich die Lage vor Ort darstellt, können das Krisenmanagement sowohl der Bundes- als auch der örtlichen Regierung wirkungsvoll unterstützen. Als Quelle hierfür kommt nicht zuletzt die Telekommunikation in Betracht, auch soweit sie aus dem Krisengebiet heraus nach Deutschland geführt wird. In einer entsprechenden Krisenlage muss deshalb zum Schutz der Betroffenen die Möglichkeit bestehen, einschlägige Telekommunikation aufzuklären, wenn dadurch Erkenntnisse zum Beispiel über den Aufenthaltsort der Opfer oder über die Verhandlungsziele der Entführer zu erhoffen sind.
Obwohl dies der maßgebliche Anwendungsfall sein wird, beschränkt § 8 sich nicht darauf, dass die gefährdete Person Deutsche oder Deutscher sein muss. Entscheidend ist vielmehr, dass die Gefährdung Belange der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar in besonderer Weise berührt. Auf diese Weise wird die Möglichkeit einbezogen, dass eine Person gefährdet ist, die zwar nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, aber ständig in Deutschland lebt. Eine andere denkbare Fallgestaltung besteht darin, dass zwar eine Person ohne deutsche Staatsangehörigkeit als Geisel genommen ist, die Forderungen der Geiselnehmer sich aber gegen deutsche Staatsangehörige richten, wie etwa die Angehörigen der Geisel oder ihren Arbeitgeber.
Des Weiteren könnte die Bundesregierung sich bei einer Geiselnahme, die teils Deutsche, teils Angehörige anderer Staaten betrifft, nicht aus dem Krisenmanagement zurückziehen, sobald die deutschen Geiseln freigekommen (oder etwa getötet) sind.
Da die Fernmeldekontrolle bei § 8 in einer konkreten Krisensituation eingesetzt wird, kann ihre Aufklärungs„dichte“ höher sein als bei der Fernmeldekontrolle nach § 5. Deshalb werden die Voraussetzungen, unter denen dieses Mittel eingesetzt werden darf, verschärft.
Die Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Bestimmung der Telekommunikationsbeziehungen (§ 5 Abs. 1 Satz 2) erfordert bei § 8 eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder. Im Gegensatz zu § 5 Abs. 1 Satz 2 ist die Bestimmung bei § 8 von vornherein auf zwei Monate befristet. Das entspricht der Besonderheit, dass Maßnahmen nach § 8 auf eine einzelne, örtlich und zeitlich begrenzte Krisensituation zugeschnitten sind. Sollte die Krisensituation jedoch länger als zwei Monate anhalten, bleibt die Möglichkeit, eine erneute Bestimmung zu treffen, was wiederum die Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums erfordert. Weiter gehört zu den besonderen Voraussetzungen, dass eine Maßnahme nach § 8 nur zulässig ist, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
Im technischen Ablauf der Fernmeldekontrolle nach § 8 ergeben sich weitgehend Parallelen zur Fernmeldekontrolle nach § 5. Die Verwendung und Übermittlung von personenbezogenen Daten, die aus der Fernmeldekontrolle nach § 8 gewonnen wurden, ist allerdings erheblich eingeschränkt, um auch insoweit dem Ausnahmecharakter der Maßnahme Rechnung zu tragen. Als Empfänger von Informationen kommen bei § 8 nur die Bundesregierung sowie jene Behörden in Betracht, die zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten zuständig sind.
Im Übrigen gilt eine besonders strenge Zweckbindung. Die durch die Maßnahme gewonnenen Daten dürfen nur für den unmittelbaren Erhebungszweck zur Abwehr einer Gefahr von Leib oder Leben einer Person im Ausland verwendet werden und nur zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten, die zur Entstehung oder Aufrechterhaltung dieser Gefahr beitragen, übermittelt werden. Eine Übermittlung von Zufallserkenntnissen, die keinen Bezug zu der besonderen Krisensituation haben, ist nicht zulässig.
(Siehe BGB-E, BT-Drucksache Nr.14/5655, S.17)
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